L 7 AS 24/12 B ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 29 AS 7319/11 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 24/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Wenn dem Hilfebdürftigen bewusst war, dass die Wohnung hinsichtlich Größe und Kosten nur solange als angemessen anzusehen war, solange der Platzbedarf und die Kosten wegen einer gewerblichen Tätigkeit in der Kindertagespflege erforderlich und die erhöhten Aufwendungen für die Wohnung damit nötig und gerechtfertigt waren, ist eine erneute schriftliche Kostensenkungsaufforderung des Leistungsträgers entbehrlich, wenn sich diese Bedingungen ändern.

2. Es bestehen keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass die kommunalen Träger im Freistaat Sachsen bei
der Bestimmung des angemessenen Bedarfs für Unterkunft die in der VwV Wohnflächenhöchstgrenzen angegebenen Werte zugrunde legen.

3. Es bleibt offen, ob die abstrakte Verfügbarkeit von Wohnungen bereits bei der Ermittlung der Angemessenheitsgrenze einbezogen werden kann. Dies erscheint jedenfalls grundsätzlich möglich, weil maßgeblich ist, ob im konkreten Vergleichsraum eine „angemessene“ Wohnung anzumieten wäre für den Fall, dass die Bestandswohnung unangemessen teuer ist (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2010- B 14 AS 50/10 , RdNr. 27).
I. Auf die Beschwerde der Antragstellerinnen wird der Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 23. Dezember 2011 geändert. Der Antragsgegner wird vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache verpflichtet, den Antragstellerinnen - unter Anrechung des bereits Gewährten - Leistungen unter Berücksichtigung eines Bedarfs für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum vom 9. Dezember 2011 bis 29. Februar 2012 in Höhe von monatlich 620,00 EUR und für den Zeitraum vom 1. März 2012 bis 31. Mai 2012 in Höhe von monatlich 465,80 EUR zu gewähren. Im Übrigen werden die Beschwerde der Antragstellerinnen und die Anschlussbeschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen.

II. Der Antragsgegner hat den Antragstellerinnen ¾ ihrer außergerichtlichen Kosten des gerichtlichen Eilverfahrens in beiden Rechtszügen zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens um die Höhe der Kosten für Unterkunft und Heizung, die der Antragsgegner und Beschwerdegegner bzw. Anschlussbeschwerdeführer (im Folgenden: Antragsgegner) den Antragstellerinnen und Beschwerdeführerinnen bzw. Anschlussbeschwerdegegnerinnen (im Folgenden: Antragstellerinnen) für die Zeit vom 09.12.2011 bis 31.05.2012 zu gewähren hat.

Die Antragstellerinnen beziehen seit 01.12.2009 laufend ergänzende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach den Vorschriften des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II). Seit 01.11.2005 war die Antragstellerin zu 1 als Tagesmutter selbständig tätig. Sie betreute mit bis 31.08.2011 gültiger Erlaubnis der Landeshauptstadt D bis zu fünf Kinder im Alter von 0–3 Jahren in der Kindertagespflege. Dafür erhielt sie pro Kind Aufwendungsersatz und einen Betriebskostenzuschuss sowie Zuschüsse der Landeshauptstadt D zur freiwilligen Krankenversicherung, Pflegeversicherung und Rentenversicherung.

Die Antragstellerinnen bewohnen eine 79 m² große 3-Zimmer-Wohnung. Bis 31.08.2011 wurden zwei der Zimmer von den Antragstellerinnen privat genutzt; ein Zimmer mit der Größe von 25 m² diente der Tagespflege. Nach der Berechnung der Antragstellerin zu 1 entfiel auf die privaten Räume in der gesamten Wohnung ein Wohnflächenanteil von 46,09 m², der 58,33 % der Gesamtnutzfläche entspreche. Die Antragstellerinnen hatten für die Wohnung eine Kaltmiete von monatlich 480,00 EUR und einen Betriebs- und Heizkostenvorschuss von monatlich 140,00 EUR zu entrichten. Nach der Berechnung der Antragstellerin zu 1 entfielen vom Gesamtbetrag 361,64 EUR auf die rein private Nutzung der Wohnung.

Mit Schreiben vom 05.02.2010 teilte der Hausverwalter der Antragstellerin zu 1 mit, dass ab 01.04.2010 eine monatliche Betriebskostenvorauszahlung i.H.v. 229,00 EUR zu entrichten sei, wodurch sich ein Gesamtbetrag von 709,00 EUR errechnete. Die Betriebskostenabrechnungen für 2008 und 2009 ergaben jeweils erhebliche Nachzahlungen von mehr als 1.000,00 EUR bzw. mehr als 800,00 EUR zu Lasten der Antragstellerinnen. Nach ihren eigenen Angaben habe sie der Betriebskostennachzahlung (vertreten durch den Mieterverein) widersprochen. Auf den Antrag der Antragstellerin zu 1 auf Übernahme der Betriebskostennachforderungen des Vermieters für 2008 und 2009 teilte der Antragsgegner am 23.03.2011 mit, dass dies zunächst nicht in Betracht komme, bis die Höhe der Nachzahlung mit dem Vermieter geklärt sei. Aus den vorliegenden Unterlagen ergibt sich, dass die Antragstellerin zu 1 in der Folge und auch im hier streitgegenständlichen Zeitraum Miete und Betriebskostenvorauszahlung tatsächlich i.H.v. monatlich 620,00 EUR an den Vermieter überwies.

Mit Schreiben vom 01.12.2009 forderte die Rechtsvorgängerin des Antragsgegners die Antragstellerin zu 1 zur Kostensenkung auf. Sie habe lediglich Anspruch auf Übernahme angemessener Unterkunftskosten. Laut Stadtratsbeschluss vom 24.01.2008 gälten für Zwei-Personen-Haushalte eine Bruttokaltmiete von 336,60 EUR und Heizkosten von 75,00 EUR als angemessen. Danach seien die Aufwendungen für die Unterkunft unangemessen hoch. Sie werde aufgefordert, ihre Unterkunftskosten bis zum 31.05.2010 zu senken. Bezug nehmend auf eine persönliche Vorsprache am 15.12.2009 wandte die Antragstellerin zu 1 auf ein weiteres Schreiben vom 04.01.2010 ein, dass sie die Unterlagen bereits abgegeben habe, u.a. eine Kopie ihres Raumnutzungskonzeptes. In der Betriebskostenpauschale, die sie vom Eigenbetrieb Kindertageseinrichtung D erhalte, sei auch anteilig die Miete berücksichtigt. Für ihre selbständige Tätigkeit als Tagesmutter im eigenen Haushalt gebe es räumliche Bedingungen, die eine Mindestquadratmeterzahl für jedes von ihr betreute Kind vorschreiben würden, nämlich 5 m² Wohnfläche sowie 3 m² Nutzfläche in Küche, Bad und Flur. Mit Schreiben vom 08.01.2010 teilte die Rechtsvorgängerin des Antragsgegners mit, nach Prüfung könnten in Ausübung des Ermessens keine Gründe erkannt werden, die dazu führten, dass von einer Senkung der Unterkunfts- und Heizkosten abgesehen werden könne. Aufwendungen für Arbeitsräume würden dabei nicht berücksichtigt. Diese Kosten könne sie gegebenenfalls im Rahmen ihrer Selbständigkeit absetzen. Eine Übernahme der Kosten für den gewerblich genutzten Teil im Rahmen der monatlichen Leistungen für Unterkunft und Heizung komme deshalb nicht in Betracht. In der Folge erhielten die Antragstellerinnen aufstockende Leistungen, wobei Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. 608,00 EUR bzw. 609,00 EUR berücksichtigt und gewährt wurden.

Mit vorläufigen Bescheiden vom 06.12.2010 bzw. 07.06.2011 wurden Leistungen für die Zeit vom 01.12.2010 bis 30.11.2011 unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. nur noch 388,60 EUR bewilligt. Es erging der Hinweis, dass ab 01.12.2010 – wie angekündigt – nur noch die angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung übernommen würden. Infolge der Veränderungsmitteilung der Antragstellerin zu 1 vom 23.08.2011, dass sie zum 31.08.2011 ihre selbständige Tätigkeit in der Kindertagespflege einstelle, erging am 13.09.2011 ein Änderungsbescheid zu den Leistungen ab 01.09.2011 bis zum Ende des damaligen Bewilligungszeitraumes am 30.11.2011, mit dem Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. monatlich 388,60 EUR gewährt wurden, obwohl ausdrücklich die Übernahme der vollen Miete einschließlich Betriebskostenvorauszahlung i.H.v. 620,00 EUR beantragt worden war (hierzu: Widerspruchsbescheid vom 23.09.2011 – W 11913/11).

Auf den Folgeantrag vom 21.10.2011, mit dem die Antragstellerin zu 1 erneut die Übernahme der vollen Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. 620,00 EUR begehrte, bewilligte der Antragsgegner mit Bescheid vom 14.11.2011 i.d.F des Änderungsbescheides vom 26.11.2011 für den Zeitraum 01.12.2011 bis 31.05.2012 Leistungen, wobei monatliche Kosten der Unterkunft i.H.v. 399,60 EUR gewährt wurden. Dagegen richtete sich der Widerspruch vom 23.11.2011 (W 13890/11).

Mit am 09.12.2011 beim Sozialgericht Dresden eingegangenem Antrag haben die Antragstellerinnen die Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. 709,00 EUR begehrt. Die Kostensenkungsaufforderung des Antragsgegners vom 01.12.2009 sei ins Leere gegangen, da die Antragstellerin zu 1 damals als Tagesmutter tätig gewesen sei. Demzufolge seien ein Teil der Wohnung und somit auch ein Teil der Miete auf die Betriebsausgaben entfallen, sodass für die Miete der Bedarfsgemeinschaft nur 361,00 EUR aufzuwenden gewesen seien; diese Miete der Antragstellerinnen sei angemessen gewesen. In der Folgezeit habe der Antragsgegner die im Rahmen der Bedarfsermittlung anerkannten Unterkunfts- und Heizkosten abgesenkt. Die Antragstellerin zu 1 sei davon ausgegangen, Hintergrund der Absenkung sei, dass der Antragsgegner einen Teil der Miete nunmehr als Betriebsausgaben und lediglich die tatsächlich auf die Wohnfläche entfallenen Unterkunftskosten als Bedarf anerkenne; hierauf habe sie vertrauen können. Die Antragstellerin zu 1 habe ihre Tätigkeit als Tagesmutter zum 01.09.2011 aufgegeben. Es könnte nicht angenommen werden, dass sie Kenntnis von der Obliegenheit gehabt habe, die Unterkunftskosten zu senken. Insbesondere hätten sich seit 01.12.2009 die Angemessenheitsobergrenzen ändern können. Demzufolge seien die Antragstellerinnen entsprechend der Aufklärungs- und Warnfunktion einer Kostensenkungsaufforderung erneut hinzuweisen gewesen. Die Kappung der Unterkunftskosten sei rechtswidrig.

Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin zu 1 aufgrund ihrer starken seelischen Belastungsminderung derzeit nicht in der Lage sei, sich eine Wohnung zu suchen, die den Angemessenheitsanforderungen des Antragsgegners entspreche. Hierzu wurde eine Kopie der Seite 1 von Teil B eines Gutachtens nach Aktenlage vom 11.10.2011 der Agentur für Arbeit D überreicht, wonach die Antragstellerin zu 1 wegen seelischer Belastungsminderung mit Schlafstörung und Abgeschlagenheit voraussichtlich für eine Dauer von bis zu sechs Monaten täglich weniger als drei Stunden leistungsfähig sei. Eine fachärztliche Behandlung habe begonnen und werde noch andauern. Ein positives Leistungsbild sei nicht festzustellen. Die Prozessbevollmächtigte hat weiter vorgetragen, aufgrund des psychisch angeschlagenen Zustandes der Antragstellerin zu 1 sei es ihr nicht möglich, unmittelbar nach Aufgabe der Erwerbstätigkeit als Tagesmutter eine angemessene Wohnung zu suchen und den Umzug zu organisieren. Das im Stadtratsbeschluss vom 24.11.2011 zugrundeliegende Konzept genüge nach ersten Einschätzungen nicht den Vorgaben, weil ihm Daten aus dem Jahr 2009 bzw. Anfang 2010 zugrunde lägen. Diese spiegelten u.a. die zwischenzeitlich vielfach durchgeführte Mieterhöhung der Großvermietergesellschaften als auch der privaten Vermieter nicht wider. Überdies seien dem Konzept nicht in ausreichender Form Referenzwerte zugrunde gelegt.

Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten und hat sich – gestützt auf die Berechnung im IWU-Gutachten – bereit erklärt, eine angemessene Bruttokaltmiete von 347,00 EUR und Heizkosten i.H.v. 68,46 EUR zu übernehmen. Die Antragstellerin zu 1 habe gewusst, dass die Unterkunftskosten zu hoch waren und sie die Differenz lediglich durch die ausgeübte Tätigkeit überbrücken könne, sodass sie auf eine andere Art und Weise die Unterkunftskosten senken müsste, sofern sie diese Tätigkeit aufgebe. Die Änderung der Sachlage sei nicht plötzlich eingetreten. Sie habe bereits vor dem 31.08.2011 gewusst, dass sie ihre Tätigkeit zum 01.09.2011 aufgeben werde. Die Antragstellerin zu 1 hat darauf vorgetragen, dass die Aufgabe der selbständigen Tätigkeit als Tagesmutter ein schleichender Prozess gewesen sei. Im August 2011 habe sie noch zwei Kinder in Betreuung gehabt. Da ihre Erlaubnis zur Kinderpflege nur bis 31.08.2011 befristet gewesen sei, seien auch alle Betreuungsverträge entsprechend befristet gewesen. Aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation habe die Antragstellerin zu 1 keinen Folgeantrag auf Erteilung der Erlaubnis zur Tagespflege ab 01.09.2011 gestellt. Die Aufgabe der Tätigkeit sei somit weniger aktiv, als eher passiv durch Auslaufenlassen der Erlaubnis zur Tagespflege erfolgt. Krankheitsbedingt sei sie nicht in der Lage gewesen, im Vorfeld eine aktive Entscheidung darüber zu fällen. Sie habe letztlich bis zum Schluss zwischen Aufgabe und Fortführung der Tätigkeit geschwankt. Aufgrund des dauernden Erschöpfungszustandes habe sie ihre Situation hinsichtlich der Mietkosten nicht vollständig einschätzen können. Begehrt werde die Übernahme der tatsächlich Kosten für einen zur Kostensenkung angemessenen Zeitraum. Nach Ablauf des Sechs-Monats-Zeitraums seien die nach der Rechtssprechung des BSG angemessenen Unterkunfts- und Heizkosten zu übernehmen.

Mit Beschluss vom 23.12.2011 hat das Sozialgericht Dresden den Antragsgegner verpflichtet, den Antragstellerinnen vorläufig ab 09.12.2011 bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens längstens bis 31.05.2012 Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalt unter Berücksichtigung von Kosten des Unterkunfts- und Heizung i.H.v. monatlich 466,40 EUR zu gewähren und den Antrag im Übrigen abgelehnt. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hat das Sozialgericht festgestellt, dass die Größe der Wohnung der Antragstellerin von ca. 79,00 m² für zwei Personen bereits bei Beginn der Hilfebedürftigkeit nicht abstrakt angemessen gewesen sei und zwar weder nach der Verwaltungsvorschrift Ersatzwohnraumförderung von 27.06.2005 noch nach der Verwaltungsvorschrift Wohnflächenhöchstgrenzen des Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz zur Regelung von Wohnflächenhöchstgrenzen nach § 18 SächsAGSGB vom 07.06.2010, wonach im Regelfall für Zwei-Personen-Haushalte bis zu 60 m² als angemessen erachtet werden. Ein erhöhter Raumbedarf der Antragstellerinnen sei nicht ersichtlich. Insbesondere ergebe sich ein solcher nicht aus der vom ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit erstellten Gutachten vom 11.10.2011. Örtlicher Vergleichsraum für die Prüfung der angemessenen Mietkosten sei das Gebiet der Landeshauptstadt D. Nach dem Stadtratsbeschluss vom 24.11.2011 und dem diesen zugrundeliegenden Gutachten des Instituts für Wohnung und Umwelt GmbH vom 24.10.2011 (IWU-Gutachten) betrage der Richtwert für die Kaltmiete für einen Zwei-Personen-Haushalt 347,00 EUR. Nach summarischer Prüfung im Eilverfahren sei zumindest zweifelhaft, ob das IWU-Gutachten die Anforderungen an ein sog. schlüssiges Konzept erfülle. Unter Bezugnahme auf den Beschluss der 10. Kammer des Sozialgerichts Dresden vom 16.12.2011 – S 10 AS 6969/11 ER – hat sich die Kammer im vorliegenden Verfahren den dortigen Ausführungen nach eigener Prüfung angeschlossen und ausgehend von dem im IWU-Gutachten ermittelten Mittelwert von 6,54 EUR/m² für eine 50–70 m² große Wohnung eine Bruttokaltmiete von 392,40 EUR als noch angemessen zugrunde gelegt. Da noch nicht feststehe, in welcher Höhe die Antragstellerinnen entsprechend den im Streit befindlichen Betriebskostenabrechnungen Vorauszahlungen insbesondere für die Heizkosten zu leisten hätten, gehe das Gericht bei summarischer Prüfung im Eilverfahren vom bundesweiten Heizkostenspiegel 2010 aus. Dieser lege für ein – wie hier – mit Gas beheiztes Haus maximale Kosten von 14,80 EUR/m² zugrunde, sodass vorläufig angemessene Kosten von monatlich durchschnittlich 74,00 EUR zu berücksichtigten seien, insgesamt 466,40 EUR. Die den angemessenen Umfang übersteigenden Kosten der Unterkunft seien nicht gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II als Bedarf anzuerkennen. Die Antragstellerinnen hätten nicht glaubhaft gemacht, dass es ihnen nicht möglich oder nicht zuzumuten gewesen sei, ihre Aufwendungen durch Wohnungswechsel, durch Untervermietung oder andere geeignete Maßnahmen rechtzeitig zum Auslaufen der selbständigen Tätigkeit der Antragstellerin zu 1 zu senken. Es habe keiner weiteren Aufklärung der Antragstellerinnen durch den Antragsgegner bedurft, da der Antragstellerin zu 1 die maßgeblichen Gesichtspunkte durch die frühere Kostenaufforderung bekannt gewesen seien, dass die von ihr angemietete Wohnung ohne die gemischt private und gewerbliche Nutzung unangemessen groß gewesen sei. Der Aufklärung und Warnung durch eine erneute Kostensenkungsaufforderung nach Auslaufen der befristeten Erlaubnis zu der Tagespflege habe es daher nicht bedurft. Dass die Antragstellerin zu 1 durch ihre Erkrankung gehindert gewesen sei, sich rechtzeitig vor Auslaufen ihrer Tätigkeitserlaubnis um eine neue Wohnung oder Untermieter zu kümmern oder jedenfalls den Antragsgegner hierüber zu informieren, folge aus dem Gutachten des ärztlichen Dienstes nicht.

Gegen den ihr am 27.12.2011 zugestellten Beschluss hat die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerinnen am 12.01.2012 beim Sächsischen Landessozialgericht Beschwerde erhoben. Sie trägt vor, frühestens ab dem Zeitpunkt, als die Beendigung der Tätigkeit als Tagesmutter für die Antragstellerin zu 1 endgültig festgestanden habe, habe auch die Möglichkeit bestanden zu erkennen, dass die Wohnung nunmehr für zwei Personen unangemessen sei und sie sich um Kostensenkung bemühen müsse. Aufgrund der geänderten Tatsachen hätte der Antragsgegner die nunmehr zwei Jahre zurückliegende Kostensenkungsanforderung erneuern müssen. § 22 Abs. 1 Satz 3 SBG II gebe dem Hilfebedürftigen eine Übergangszeit von sechs Monaten. Eine derartige Übergangszeit sei den Antragsstellerinnen nicht gewährt worden. Die Kürzung auf die im Beschluss festgesetzte Bruttokaltmiete für einen Zwei-Personen-Haushalt auf 392,40 EUR sei nicht nachvollziehbar. Der Auffassung des Sozialgerichts werde sich dahingehend angeschlossen, dass das dem Stadtratsbeschluss vom 24.11.2011 zugrundeliegende IWU-Gutachten kein schlüssiges Konzept darstelle. Jedoch sei die weitergehende Entscheidung widersprüchlich und die schlussendliche Festlegung der Angemessenheitsgrenze i.H.v. 6,54 EUR/m² nach der Tabelle des Gutachtens gegensätzlich zu den übrigen Entscheidungsgründen. Aus der Beschlussbegründung werde nicht hinreichend deutlich, warum trotz der festgestellten unzureichenden Datengrundlage nunmehr doch darauf zurückgegriffen werde. Auch die vom Gericht als angemessen angesehenen Heizkosten seien nicht korrekt. Es sei der Heizkostenspiegel 2011 heranzuziehen. Da im Falle des Leistungsbezuges die Warmwasserkosten von den Heizkosten mit umfasst seien, müsse der auf den Warmwasserbereitung entfallende Anteil von 2,10 EUR hinzugerechnet werden. Im Falle der Antragstellerinnen ergebe sich ein Oberwert von 17,50 EUR/m², also unter Zugrundelegung einer angemessenen Wohnfläche von 60 m² monatlich 87,50 EUR.

Mit Änderungsbescheid vom 22.12.2011 hat der Antragsgegner die Leistungsbewilligung für den Zeitraum 01.12.2011 bis 31.05.2012 in Bezug auf die Kosten der Unterkunft geändert und den Antragstellerinnen insgesamt 415,46 EUR monatlich als Kosten für Unterkunft und Heizung gewährt. Der Widerspruch der Antragstellerinnen gegen den Bescheid vom 14.11.2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 22.12.2011 ist mit Widerspruchsbescheid vom 02.01.2012 zurückgewiesen worden. Die Antragstellerinnen haben hiergegen am 02.01.2012 beim Sozialgericht Dresden Klage erhoben (S 29 AS 786/12). Am 20.02.2012 hat der Antragsgegner Anschlussbeschwerde eingelegt. Diese hat er nicht begründet.

Die Antragstellerinnen beantragen,

den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 23.12.2011 abzuändern und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. monatlich 709,00 EUR zu bewilligen, sowie die Anschlussbeschwerde des Antragsgegners zurückzuweisen.

Der Antragsgegner beantragt (sinngemäß),

den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 23.12.2011 aufzuheben und den Antrag abzulehnen, sowie die Beschwerde der Antragstellerinnen zurückzuweisen.

Die angekündigte gesonderte Begründung erfolgte nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Leistungsakten des Antragsgegners (3 Bände Bl. 1 – 422) verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Antragstellerinnen ist teilweise begründet. Die Anschlussbeschwerde des Antragsgegners ist unbegründet.

Streitgegenstand ist im vorliegenden Beschwerdeverfahren insbesondere der den Antragstellerinnen im hier streitigen Zeitraum vom 09.12.2011 bis 31.05.2012 zu gewährende Bedarf für Unterkunft und Heizung, über den der Antragsgegner für den Bewilligungszeitraum von 01.12.2011 bis 31.05.2012 mit Bescheid vom 14.11.2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 26.11.2011 und vom 22.12.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.01.2012 entschieden hat. Zwar können die Gerichte und die Beteiligten nach Inkrafttreten des § 19 SGB II in der Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011 (BGBl. I S. 453; Bekanntmachung vom 13.05.2011, BGBl. I 850) den Streitgegenstand insoweit zulässigerweise nicht mehr abtrennen oder begrenzen, da Leistungen für Unterkunft und Heizung nunmehr integraler Bestandteil des Arbeitslosengeldes II sind (siehe BT-Drucks. 17/3404 S. 97-98). Vorliegend sind die sonstigen Bedarfe (Regelleistung und Mehrbedarf für Alleinerziehende für die Antragstellerin zu 1 sowie Sozialgeld für die Antragstellerin zu 2 allerdings nicht streitig und auch nicht zu beanstanden, so dass es insoweit bei der zutreffenden Bedarfsberechnung des Antragsgegners bleibt.

Zutreffend hat das Sozialgericht entschieden, dass der im Verfahren nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) geltend gemachte Anordnungsanspruch und der entsprechende Anordnungsgrund von den Antragstellerinnen nur zum Teil glaubhaft gemacht wurden. Allerdings stellt sich die Rechtslage nach der vom Senat im vorliegenden Beschwerdeverfahren nur möglichen summarischen Prüfung etwas anders als vom Sozialgericht und den Beteiligten angenommen dar.

Zunächst hat der Antragsgegner gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II (hier und im Folgenden in der o.g. Bekanntmachung vom 13.05.2011) vorläufig für längstens sechs Monate die den angemessenen Bedarf der Antragstellerinnen für Unterkunft und Heizung übersteigenden tatsächlichen Wohnungskosten zu übernehmen. Unabhängig davon, in welchem Umfang die von der Antragstellerin zu 1 an ihren Vermieter tatsächlich entrichtete Miete einschließlich Betriebskostenvorschuss in Höhe von 620,00 EUR monatlich unangemessen hoch sind, ist der Senat zu der Auffassung gelangt, dass den Antragstellerinnen für eine angemessene Übergangszeit die tatsächlichen Kosten zustehen. Denn bis zum 31.08.2011 war nicht der Betrag von 620,00 EUR als Bedarf für Unterkunft und Heizung bei den Antragstellerinnen zu berücksichtigen, sondern lediglich der Anteil an den Wohnungskosten für den von ihnen rein privat genutzten Teil (vgl. BSG, Urteil vom 06.04.2011 – B 4 AS 119/10 R, RdNr. 36). Dabei war aufgrund der Angaben der Antragstellerin zu 1 und der von ihr angestellten Berechnung, die der Antragsgegner nicht angegriffen hat und an deren Richtigkeit kein Zweifel besteht, von monatlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von nur 361,64 EUR bis zum 31.08.2011 auszugehen. Diese lagen somit innerhalb der vom Antragsgegner jetzt und 2009 angegebenen Angemessenheitsgrenzen.

Dass der Antragsgegner in der Vergangenheit (fälschlich) darüber hinaus bis 30.11.2010 einen Betrag von bis zu 609,00 EUR als Kosten der Unterkunft und Heizung geleistet hat, obwohl der von der Antragstellerin zu 1 errechnete monatliche Kostenanteil von 258,36 EUR für die gewerbliche Nutzung als Betriebskosten im Rahmen ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen gewesen wäre, ist insoweit ohne Belang. In der Sache dürfte es sich zudem lediglich um eine andere Berücksichtigung als Berechnungsgröße handeln, da die höheren Betriebskosten der Antragstellerin zu 1 ihr bis 31.08.2011 anzurechnendes Einkommen tatsächlich minderten (was allerdings den kommunalen Leistungsträger entlasten würde).

Eine Übernahme des vollständigen Bedarfs der Antragstellerinnen für Unterkunft und Heizung über den 28.02.2012 hinaus kommt nicht in Betracht. Dabei ist es unerheblich, ob die Kostensenkungsaufforderung des damaligen Leistungsträgers von 2009 verbraucht ist, wie die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerinnen meint. Denn auf ein etwaiges Kostensenkungsverfahren durch den Antragsgegner kommt es nicht mehr an, weil der Antragstellerin zu 1 nach dem eigenen Vortrag bewusst war, dass die Wohnung hinsichtlich Größe und Kosten nur solange als angemessen anzusehen war, solange der Platzbedarf und die Kosten wegen ihrer gewerblichen Tätigkeit in der Kindertagespflege erforderlich und die erhöhten Aufwendungen für die Wohnung damit nötig und gerechtfertigt waren. Eine erneute schriftliche Kostensenkungsaufforderung des Antragsgegners war somit entbehrlich, um der Antragstellerin zu 1 ihre Obliegenheit zur Kostensenkung dem Grunde nach zu verdeutlichen. Die Aufklärungs- und Warnfunktion konnte und musste somit nicht in Form einer (erneuten) Kostensenkungsaufforderung erfolgen, da die Antragstellerinnen über die Unangemessenheit der Wohnung bzw. der für diese zu entrichtenden monatlichen Kosten bereits informiert waren. Allenfalls hinsichtlich der Höhe des vom Antragsgegner als angemessen erachteten Bedarfs für Unterkunft und Heizung für die Bedarfsgemeinschaft der Antragstellerinnen, also des nunmehr angemessenen Mietpreises bestand Aufklärungsbedarf innerhalb der "Schonfrist" (vgl. BSG, Urteil vom 01.06.2010 – B 4 AS 78/09 R, RdNr. 15 und Urteil vom 17.12.2009 – B 4 As 19/09 R, RdNr. 16). Unzutreffende Angaben des Grundsicherungsträgers zur Angemessenheit des Wohnraums können einen Anspruch auf Übernahme zu hoher Kosten der Unterkunft und Heizung aber nur begründen, wenn diese Angaben zur Unmöglichkeit von Kostensenkungsmaßnahmen geführt haben (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009 – B 4 AS 30/08 R, RdNr. 27). Dies ist hier nicht der Fall.

Auch waren den Antragstellerinnen kostensenkende Maßnahmen bis zum Ablauf einer Übergangszeit von sechs Monaten grundsätzlich zuzumuten. Die Erkrankung der Antragstellerin zu 1 rechtfertigt es aus den vom Sozialgericht zutreffend dargestellten Gründen nicht, über die Übergangsfrist hinaus die tatsächlichen Unterkunftskosten zu übernehmen. Dass die Antragstellerin zu 1 aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen wäre, sich trotz Arbeitsunfähigkeit ihrer eigenen Angelegenheiten anzunehmen, ist weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Denn dem ärztlichen Gutachten vom 11.10.2011 sind lediglich eine Diagnose und eine sozialmedizinische Prognose zu ihrem Leistungsvermögen zu entnehmen.

Als tatsächliche Kosten sind (jedenfalls derzeit) nur 620,00 EUR Miete einschließlich Betriebskostenvorschuss monatlich anzuerkennen. Der Senat geht entgegen dem Vorbringen der Prozessbevollmächtigten der Antragstellerinnen nicht davon aus, dass die Antragstellerin zu 1 tatsächlich einer ernsthaften Betriebskostenforderung des Vermieters von 229,00 EUR zusätzlich zur vereinbarten Kaltmiete von 480,00 EUR ausgesetzt ist. Die Forderung des erhöhten Betriebskostenvorschusses besteht seit 01.04.2010, ohne dass die Antragstellerin zu 1 dieser bisher nachgekommen oder der Vermieter zu deren Durchsetzung aktiv geworden wäre. Es ist nicht mitgeteilt worden, zu welchem Ergebnis die Auseinandersetzung zu den Betriebskosten für 2008 und 2009 bzw. in Bezug auf den monatlichen Betriebskostenvorschuss mit dem Vermieter, bei der die Antragstellerin zu 1 vom Mieterverein unterstützt wird, geführt hat. Entscheidend ist, dass die Antragstellerin zu 1 beim Antragsgegner seit 2010 stets und auch im Folgeantrag vom 21.10.2011 nur die Übernahme der ("vollständigen") Unterkunftskosten in Höhe von 620,00 EUR beantragt hat. Es handelt sich dabei um die tatsächlich gezahlten Kosten (vgl. auch BSG, Urteil vom 22.09.2009 – B 4 AS 8/09 R, RdNr. 17). Jedenfalls im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens sind daher nicht die beantragten 709,00 EUR bis 28.02.2012 vorläufig zuzusprechen. Sollte sich im Rahmen des Hauptsacheverfahrens herausstellen, dass für diesen Zeitraum tatsächlich ein höherer Bedarf für Unterkunft und Heizung der Antragstellerinnen bestanden hat, den der Vermieter (u.U. aufgrund rechtskräftiger Entscheidung) beanspruchen kann, käme für eine Übergangszeit i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II ggf. eine weitere Kostenübernahme durch den Antragsgegner in Betracht. Dies könnte auch für die bereits seit langem beantragte Übernahme der Betriebskostennachforderungen gelten, die wohl ebenfalls noch offen sind (vgl. insoweit BSG, Urteil vom 24.11.2011 – B 14 AS 15/11 R, RdNrn. 16ff).

Für die Zeit von 01.03.2012 bis 31.05.2012, einen Zeitraum nachdem der Stadtrat der Landeshauptstadt D am 24.11.2011 auf der Grundlage des IWU-Gutachtens vom 24.10.2011 Angemessenheitsrichtwerte verabschiedet hatte, können die Antragstellerinnen einen angemessenen Bedarf für Unterkunft in Höhe von monatlich 465,80 EUR vorläufig beanspruchen. Nach summarischer Prüfung im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hält der Senat eine abstrakte Wohnungsgröße von 60 m2 für einen Zwei-Personen-Haushalt und hierfür einen Quadratmeterpreis von 6,48 EUR in D für angemessen.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ((BSG); insbesondere des 14. Senats: vgl. zuletzt Urteil vom 06.10.2011 – B 14 AS 131/10 R, RdNr. 20) ist zur Festlegung der angemessenen Wohnfläche auf die Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen, so dass sich die Angemessenheit der Wohnungsgröße grundsätzlich nach den Werten richtet, die die Länder aufgrund des § 10 Wohnraumförderungsgesetz vom 13.9.2001 (BGBl. I S. 2376) festgelegt haben. In Ermangelung solcher Vorschriften im Freistaat Sachsen bedeute dies, dass nicht auf die außer Kraft getretene Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums des Innern (SMI) zum Sächsischen Belegungsgesetz vom 22.04.1996 (SächsABl. S. 478 - VwV-SächsBelG), sondern auf die von 01.07.2005 bis 31.12.2009 geltende Verwaltungsvorschrift des SMI zur Modernisierung und Instandsetzung von Mietwohnungen als Ersatzwohnraum im Rahmen des Stadtumbaus vom 27.06.2005 (SächsABl. S. 682 - VwV-Ersatz¬wohnraum¬förderung) abzustellen sei (vgl. BSG, Urteil vom 26.05.2011 – B 14 AS 86/09 R, RdNr. 18, und Urteil vom 22.09.2009 – B 4 AS 70/08 R, RdNr. 15).

Inzwischen hat das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz (SMS) die Verwaltungsvorschrift zur Regelung von Wohnflächenhöchstgrenzen zu § 18 des Sächsischen Gesetzes zur Ausführung des Sozialgesetzbuches vom 06.06.2002 (Sächs¬AGSGB; in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung der Sächsischen Verwaltung vom 29.01.2008, SächsGVBl. S. 138) vom 07.06.2010 (VwV Wohnflächenhöchstgrenzen; SächsABl. Nr. 28 S. 963) erlassen, die am 16.07.2010 in Kraft getreten ist und die die Wohnflächenhöchstgrenzen für Bezieher von Leistungen nach dem SGB II und dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) regelt. Danach gelten als Wohnflächenhöchstgrenzen in der Regel folgende Wohnungsgrößen: 1. Alleinstehende 45 m² 2. 2-Personen-Haushalte 60 m² 3. 3-Personen-Haushalte 75 m² und 4. 4-Personen-Haushalte 85 m².

und für jede weitere zum Haushalt rechnende Person erhöht sich die Wohnfläche höchstens um weitere 10 m². Zur Wohnfläche zählen alle Nebenräume wie Küche, Flur, Bad, WC oder Ähnliches und den kommunalen Trägern sind für ihre Regelungen Abweichungen nach unten um 10 Prozent zu den Wohnflächenhöchstgrenzen gestattet.

Nach Ansicht des Senats bestehen keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass die kommunalen Träger bei der Bestimmung des angemessenen Bedarfs für Unterkunft die in der VwV Wohnflächenhöchstgrenzen angegebenen Werte zugrunde legen. Die kommunalen Träger sind für die Ermittlung des im Vergleichsraum angemessenen Bedarfs für Unterkunft auf der Grundlage eines sog. schlüssigen Konzepts (vgl. BSG, Urteil vom 20.12.2011 – B 4 AS 19/11 R, RdNr. 23 m.w.N.) zuständig. Gemäß § 22a SGB II können die Länder durch Gesetz die Kommunen ermächtigen oder verpflichten, durch Satzung zu bestimmen, in welcher Höhe Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in ihrem Gebiet angemessen sind. Inhaltlich ist hierfür in Anwendung der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in einem ersten Schritt zunächst die angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche örtliche Vergleichsraum zu ermitteln. Eine vorgesetzte Behörde kann – wie hier – durch allgemeine Verwaltungsvorschriften und sonstige Anweisungen auf eine bestimmte Gesetzesauslegung und -anwendung durch die ihr nachgeordneten Behörden hinwirken. Der Begriff der Angemessenheit, der durch § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II den Jobcentern und hinsichtlich der Kosten der Unterkunft den kommunalen Trägern als Grundlage ihres Handelns vorgegeben wird, bedarf insbesondere im Hinblick auf das in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vorgezeichnete Verfahren in der Verwaltungspraxis weiterer Konkretisierung. Wenn die Verwaltung dabei im Interesse der Einheitlichkeit und Praktikabilität Richtlinien erlässt, so ist das nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.05.1988 – 1 BvR 520/83, RdNr. 41).

Das SMS ist gemäß § 15 Abs. 1 SächsAGSGB zuständige Landesbehörde nach § 47 Abs. 1 Satz 3 SGB II (in der bis 31.12.2010 geltenden Fassung (a.F.); jetzt: § 47 Abs. 2 SGB II) für die Aufsicht über die zugelassenen kommunalen Träger (Nr. 1 Buchstabe a) und zuständige oberste Landesbehörde nach §§ 6a, 44b Abs. 3 Satz 4 SGB II a.F. über die gemeinsamen Einrichtungen ("Jobcenter"; vgl. Korte in LPK-SGB II, 4. Aufl. 2011, § 44b RdNr. 4). Dem SMS stehen gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 SächsAGSGB als Aufsichtsbehörde alle Aufsichtsbefugnisse nach den §§ 113-116 der Sächsischen Gemeindeordnung (SächsGemO) zu. Nach Ziffer VIII Nr. 6 des Beschlusses der Sächsischen Staatsregierung über die Abgrenzung der Geschäftsbereiche der Staatsministerien vom 18.02.2008 (zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 19.12.2011, SächsABl. SDR. S. S 1642) gehört die Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II zum Geschäftsbereich des SMS; es ist nach § 16 Sächsisches Verwaltungsorganisationsgesetz (SächsVwOrg) umfassend zuständig und das Weisungsrecht ist nicht beschränkt (§ 17 Abs. 1 SächsVwOrg).

Der sachsenweiten Anwendung der VwV Wohnflächenhöchstgrenzen vom 07.06.2010 durch die kommunalen Träger steht somit nicht entgegen, dass es sich nicht um eine auf der Grundlage des § 10 WoFG erlassene Verwaltungsvorschrift handelt, für die wegen der Zuständigkeitsverteilung im Beschluss der Sächsischen Staatsregierung über die Abgrenzung der Geschäftsbereiche der Staatsministerien vom 18.02.2008 das SMI als zu seinem Ressort gehörend zuständig wäre. Wegen der nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 SächsAGSGB i.V.m. § 16 Abs. 1 Satz 1 SächsVwOrgG allumfassenden materiellen Zuständigkeit des SMS als Aufsichtsbehörde in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitssuchende ist außerdem unschädlich, dass in der VwV Wohnflächenhöchstgrenzen auf § 18 Sächs¬AG¬SGB Bezug genommen wird, obwohl nicht ohne Weiteres erkennbar ist, inwiefern der Gegenstand der Verwaltungsvorschrift mit dem in § 18 SächsAGSGB geregelten Sonderlastenausgleich im Zusammenhang stehen könnte. Eine Rechtsverordnung i.S.d. § 18 Abs. 4 Sächs¬AGSGB ist die VwV Wohnflächenhöchstgrenzen ganz offensichtlich nicht.

Ebenso wenig bestand ein Kompetenzkonflikt zu der Verordnungsermächtigung in § 27 Nr. 1 SGB II in der bis 31.03.2011 geltenden Fassung, wonach das Bundesministerium für Arbeit und Soziales befugt war, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung zu bestimmen, welche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung angemessen sind. Da einerseits der Verordnungsgeber auf Bundesebene keine Regelung getroffen hatte, anderseits anerkanntermaßen ein Bedürfnis für eine möglichst einheitliche Festlegung bestand (vgl. BSG, Urteil vom 19.09.2009 – B 4 AS 30/08 R, RdNr. 18), bestehen keine Bedenken dagegen, den nachgeordneten Behörden eine Handlungsanweisung in Form einer Verwaltungsvorschrift vorzugeben. Dies ist auch im Hinblick auf die im Interesse der Leistungsempfänger zu fordernde Rechtsklarheit und Rechtssicherheit nicht zu beanstanden, da die VwV Wohnflächenhöchstgrenzen allgemein bekannt gemacht und veröffentlichet wurde.

Durchgreifende rechtliche Bedenken gegen die konkret festgelegten Wohnungsgrößen bestehen nicht. Vielmehr entsprechen die Größen der Wohnflächen für Ein- bis Drei-Personen-Haushalte den in Abschnitt II zu § 2 in Ziffer 2.1.5 der Verwaltungsvorschrift des Sächsischen Staatsministeriums der Finanzen zum Vollzug der Sächsischen Trennungsgeldverordnung vom 10.11.1999 (VwV-SächsTGV; zuletzt enthalten in der Verwaltungsvorschrift vom 19.12.2011, SächsABl. SDr. S. S 1702) festgelegten angemessenen Wohnungsgrößen, die als Orientierungshilfe für Wohnflächen dienen, die für umzugswillige Beamte als angemessen angesehen werden. Dabei verkennt der Senat nicht, dass Verwaltungsvorschriften mit materiell-rechtlichem Gehalt grundsätzlich Gegenstand und nicht Maßstab richterlicher Kontrolle sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 31.05.1988, a.a.O., RdNr. 37). Ob die Regelung, dass den kommunalen Trägern für ihre Regelungen Abweichungen nach unten um 10 Prozent zu den Wohnflächenhöchstgrenzen gestattet sind, Bestand haben kann, muss hier nicht erörtert werden, da der Antragsgegner vorliegend einen derartigen Abschlag nicht vorgenommen hat, sondern von 60 m2 als für einen Zwei-Personen-Haushalt abstrakt angemessener Wohnungsgröße ausgeht. Im Übrigen gehen auch die Antragstellerinnen von einer angemessenen Wohnfläche von 60 m2 aus.

Im vorliegenden Eilverfahren kann schon wegen des nur vorläufigen Charakters dieses Verfahrens nicht abschließend entschieden werden, ob die im IWU-Gutachten ermittelte Bruttokaltmiete von 347,00 EUR für einen Zwei-Personen-Haushalt die zutreffende Angemessenheitsgrenze i.S.d. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II darstellt. Ob die im IWU-Gutachten für das gesamte Stadtgebiet D als räumlichem Vergleichsmaßstab ermittelten Quadratmeterpreise für unterschiedlich große Wohnungen als Angemessenheitsobergrenze den Wohnungsstandard widerspiegelt, den Leistungsberechtigte nach dem SGB II beanspruchen können, bedarf weiterer Ermittlungen und ggf. weiterer Feststellungen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. etwa Urteil vom 20.12.2011 – B 4 AS 19/11 R, RdNr. 20 m.w.N.), der sich der Senat in ständiger Rechtsprechung anschließt, ist ein einfacher, im unteren Marktsegment liegender Standard zugrunde zu legen; die Wohnung muss hinsichtlich ihrer Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen. Nach diesen inhaltlichen Vorgaben soll die Festlegung der Mietobergrenze auf der Grundlage eines deren Einhaltung ermöglichenden schlüssigen Konzepts erfolgen. Dies erfordert, dass die Datenerhebung ausschließlich in dem genau eingegrenzten und über den gesamten Vergleichsraum erfolgt, der Beobachtungszeitraum und der Gegenstand der Beobachtung nachvollziehbar dargelegt sind, die Art und Weise der Datenerhebung festgelegt ist, die einbezogenen Daten repräsentativ sind und eine Validität der Datenerhebung angenommen werden kann. Bei der Datenauswertung müssen anerkannte mathematisch-statistische Grundsätze eingehalten werden und Angaben über die gezogenen Schlüsse erfolgen.

Daran gemessen könnten die Schlussfolgerungen im IWU-Gutachten diversen Bedenken begegnen, die im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens, das – anders als das vorliegende Beschwerdeverfahren – einer auch umfangreichen Beweiserhebung zugänglich ist, zu klären sind, ohne dass bereits jetzt absehbar wäre, ob dies zu abweichenden Ergebnissen führen wird. Hinsichtlich einiger für die Berechnungen bzw. die Begründung der Schlussfolgerungen verwendeten Daten, z.B. des Mikrozensus’ 2006, erscheinen manche Einwände des Sozialgerichts Dresden beachtlich. Darüber hinaus hat der Senat Bedenken dagegen, bei der Simulation, in welchem Ausmaß Vermieter in den letzten Jahren Transferleistungsempfänger als Mieter akzeptiert haben, wegen der relativ geringen Fallzahlen im Mikrozensus für D ... als "Mittelweg" insoweit einen "Vergleichsraums ähnlich strukturierter Städte" (D , L , Ch , E , G und J ) zu bilden und einzubeziehen. Denn damit werden Erkenntnisse in das Konzept zur Ermittlung einer Angemessenheitsgrenze eingeführt, die den maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum überschreiten.

Allerdings teilt der Senat die grundsätzlichen Bedenken nicht, die in den Entscheidungen des Sozialgerichts Dresden gegen den Ansatz des IWU-Gutachtens, die abstrakte Verfügbarkeit von Wohnungen bereits bei der Ermittlung der Angemessenheitsgrenze einzubeziehen, vorgebracht werden. Zum Einen sieht die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts selbst eine solche "abstrakte Verfügbarkeit" von ausreichendem Wohnraum vor: Es wird nämlich ohne Weiteres postuliert, dass es in der Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich keine allgemeine Wohnungsnot gibt (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009 – B 4 AS 30/08 R (München), RdNr. 36) bzw. dass jedenfalls die Existenz eines qualifizierten Mietspiegels indiziert, dass davon ausgegangen werden kann, dass es in ausreichendem Maße Wohnungen zu der abstrakt angemessenen Leistung für Unterkunft gibt (vgl. BSG, Urteil vom 13.04.2011 – B 14 AS 106/10 R (Freiburg) RdNr. 30). Zudem ist zu berücksichtigen, dass sowohl das Angebot als auch die Nachfrage hinsichtlich kleinerer und größerer Wohnungen erheblich differieren können, so dass bei der Ermittlung des angemessenen Quadratmeterpreises nach Wohnungsgrößen entsprechend den Besonderheiten des jeweils maßgebenden örtlichen Wohnungsmarktes zu differenzieren ist (vgl. BSG; Urteil vom 20.08.2009 – B 14 AS 65/08 R (Zweibrücken), RdNr. 18). Auch ist entscheidend, ob im konkreten Vergleichsraum eine "angemessene" Wohnung anzumieten wäre für den Fall, dass die Bestandswohnung unangemessen teuer ist (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2010- B 14 AS 50/10 (Berlin), RdNr. 27). So werden statistische Nachweise gefordert, denen entnommen werden kann, dass es entsprechende Wohnungen in ausreichender Zahl im zu betrachtenden Vergleichsraum gibt (vgl. BSG Urteil vom 13.04.2011 – B 14 AS 106/10 R (Freiburg), RdNr. 26). Zum Anderen ist nicht nachvollziehbar, wieso durch die Koppelung der Angebotsseite mit der Nachfrageseite die absoluten Grenzen nicht nach oben, sondern nach unten verschoben bzw. gedeckelt würden. Vielmehr erscheint eher die Annahme zutreffend, dass bei einer Verminderung der Nachfrage nach angemessenen Wohnungen durch Leistungsempfänger in einer wirtschaftlichen Aufschwungphase das gesamte Preisniveau steigen und der Wohnflächenkonsum pro Person zunehmen würde (vgl. S. 5 der IWU-Stellung¬nahme vom 16.02.2012).

Selbst wenn es rechtlich nicht zu beanstanden ist, die Nachfrage schon bei der Ermittlung einer Angemessenheitsgrenze zu berücksichtigen, kann indes ein Fehler in der Auswahl einer Berechnungsgröße dazu führen, dass das gesamte Konzept unschlüssig wird, wenn der kommunale Träger sich entschlossen hat, diese (u.U. zweifelhafte) Datengrundlage in sein Konzept einzubeziehen. Dabei ist nach Ansicht des Senats aber zu beachten, dass ein schlüssiges Konzept nicht unter allen Gesichtspunkten das einzig richtige oder das beste Konzept für den betreffenden Vergleichsraum sein muss. Vielmehr erlaubt auch das von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vorgegebene und angewandte Prüfungsschema für schlüssige Konzepte der kommunalen Träger die Berücksichtigung unterschiedlicher Aspekte auf örtlicher Ebene, die zu unterschiedlichen Rechenergebnissen führen und trotzdem allesamt einer rechtlichen Überprüfung standhalten können, wenn die Daten repräsentativ, valide, statistisch-mathematisch korrekt sowie in ihren Schlussfolgerungen nachvollziehbar sind. Diese Gestaltungsmöglichkeit der kommunalen Träger entspricht ihrer verfassungsrechtlich durch Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz garantierten Eigenverantwortlichkeit in Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft, so dass einerseits ein Mindestmaß an Spielraum für eine eigenverantwortliche Gestaltung im örtlichen Bereich verbleibt und andererseits dennoch eine vollständige Rechtmäßigkeitskontrolle des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit stattfindet.

Anhand der derzeitigen Feststellungen und Erkenntnisse kann der Senat u.a. wegen der o.g. Kritikpunkte noch nicht abschließend beurteilen, ob das mit dem IWU-Gutachten vom 24.10.2011 vorgelegte Konzept insbesondere mit seinen ab Kapitel 4.5 (S. 20) verwendeten Daten und den daraus folgenden Berechnungen "unheilbar" unschlüssig oder – mit Nachbesserungen – im Ergebnis doch schlüssig ist. Es wird Aufgabe des Hauptsacheverfahrens sein, womöglich im Rahmen einer Beweisaufnahme, jedenfalls mit Hilfe weiterer Erläuterungen der Gutachter (vgl. BSG, Urteil vom 26.05.2011 – B 14 AS 132/10 R (Bremen), RdNr. 28) die weiteren Ermittlungsschritte nachzuvollziehen und ggf. um ungeeignete, nicht repräsentative oder nicht valide Daten zu bereinigen, um sodann die zutreffenden Schlussfolgerungen zu ziehen (vgl. BSG, Urteil vom 20.08.2009 – B 14 AS 41/08 R (Augsburg), RdNr. 22). Daher erscheint es zum jetzigen Zeitpunkt unangebracht, die in der IWU-Stellungnahme vom 16.02.2012 unter Punkt B allein aufgrund der Kritik des Sozialgerichts Dresden – die der Senat nicht in allen Punkten teilt – nachgeschobenen Berechnungen (vgl. Tabelle 1 auf S. 13 der IWU-Stellungnahme) aufzugreifen. Denn die dort in der Spalte C aufgeführten Quadratmeterpreise sind nicht schlüssiger oder unschlüssiger ermittelt als die in der Tabelle 2 des Gutachtens (S. 18) dargestellten Werte, sondern gleichermaßen plausibel und nachvollziehbar. Das Mietpreisniveau ohne sog. Altverträge und mit Inflationierung zu ermitteln, war eine Festlegung des (ursprünglichen) Gutachtens, die nicht zu beanstanden ist und ohne Weiteres sachgerecht erscheint. Dieses Vorgehen (an dieser Stelle des Konzeptes) wurde zudem vom Stadtrat der Landeshauptstadt D mit seinem Beschluss vom 24.11.2011 gebilligt, sodass ein Abrücken davon ggf. ebenfalls einer entsprechenden Willensbekundung des kommunalen Trägers durch die dafür zuständigen Organe bedürfte.

Aus der Sicht des Senats sind im IWU-Gutachten der Beobachtungszeitraum und der Gegenstand der Beobachtung nachvollziehbar dargelegt. Der Vergleichsraum umfasst zutreffend das gesamte Stadtgebiet D. Es bestehen auch keine grundsätzlichen Bedenken, auf die in den Jahren 2009 und 2010 erhobenen Daten des Mietspiegels 2010, die Daten der Bedarfsgemeinschaften nach SGB II und der Einstandsgemeinschaften nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII), die kommunale Bürgerbefragung (KBU) und amtliche Statistiken zurückzugreifen. Bei dem Dresdner Mietspiegel 2010 handelt es sich um einen qualifizierten Mietspiegel gemäß § 558d Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch. Insbesondere erscheinen die maßgeblich für die Berechnung verwendeten Datengrundlagen nicht veraltet und hinreichend aktuell. Es liegt in der Natur der Sache, dass nur auf Daten und Zahlenmaterial aus vergangenen Zeiträumen zurückgegriffen werden kann. In Anbetracht des unumgänglichen Zeitbedarfs für die erforderlichen Berechnungen sowie um die Ausgangsparameter für die Erstellung des Gutachtens (hier z.B. Selektionsschritte) festzulegen, die Datenquellen zu ermitteln und auszuwerten und schließlich die Ergebnisse darzustellen und Schlussfolgerungen zu ziehen, kann der Senat nicht erkennen, dass die Möglichkeit bestanden hätte, auf noch aktuellere Daten und Zahlen zurückzugreifen und ggf. seit 2010 erfolgte Mieterhöhungen bei den angestellten Berechnungen zu berücksichtigen. Dies wird Aufgabe einer Fortschreibung sein, die – entsprechend den Vorgaben für den qualifizierten Mietspiegel – im IWU-Gutachten selbst für die Zeit ab 01.12.2012 vorgesehen ist. Aus Sicht des Senats gibt es keine rechtlichen Vorgaben, die gegen eine Verwendung der Ergebnisse bis zu diesem selbst vorgegebenen Zeitpunkt sprechen.

Die Art und Weise der Datenerhebung ist dem Grunde nach nachvollziehbar und plausibel festgelegt. Es bestehen auch keine grundsätzlichen Bedenken dagegen, die Leerstandserhebungen der Stadt D und die Konkurrenz mit anderen Nachfragergruppen für Wohnungen einfachen Standards in die Berechnungen einzubeziehen. Ob es nötig ist, die Verfügbarkeit von Wohnungen bzw. die Häufigkeit von Angeboten und Anzahl der Nachfrager pro Monat einzubeziehen, um ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der Angemessenheitsgrenzen zu präsentieren, obliegt der Einschätzung des Antragsgegners. Keinerlei Bedenken hat der Senat gegen die Vorgehensweise im IWU-Gutachten, keine normative Vorabselektion einer Referenzgruppe zu treffen, sondern den ganzen Wohnungsmarkt zu analysieren und die Entscheidung über das einfache Segment in den Bereich der Schlussfolgerung zu verlagern (vgl. S. 12 der IWU-Stellungnahme).

Datengrundlage sind vorliegend zum einen der dem qualifizierten Mietspiegel 2010 für D zugrundeliegende Datensatz, vermindert um unzumutbare Wohnungen, unplausible Fälle und mietspiegelrelevante Verträge, die vor März 2006 abgeschlossen wurden, also 3.238 Fälle und zum anderen der Bestandsdatensatz der Dresdner Bedarfsgemeinschaften (33.352) bzw. Einstandsgemeinschaften nach dem SGB XII (2.889). In Kombination werde in der Summe die Soll-Fallzahl von 6.759 Fällen erreicht (siehe S. 50/51 und Tabelle 23 des IWU-Gutachtens). So beruhen die Berechnungen wegen der Berücksichtigung der Daten des Mietspiegels nicht ausschließlich auf dem Wohnungsbestand von Leistungsempfängern (vgl. insoweit BSG, Urteil vom 06.10.2011 – B 14 As 131/10 R (Landkreis Cuxhavven), RdNr. 22). Es handelt sich auch nicht um eine Ermittlung unter Berücksichtigung aller Wohnungen aus dem Gesamtwohnungsbestand (vgl. BSG, Urteil vom 20.09.2009 – B 4 AS 18/09 R) oder unter Berücksichtigung allein des qualifizierten Mietspiegels (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 13.04.2011 – B 14 AS 85/09 R (Berlin), RdNr. 22; jeweils m.W.N.). Allerdings ist es zulässig, sich hinsichtlich der Datenermittlung auf eine Stichprobe zu beschränken, die sich hinsichtlich Umfang und Auswertung an den für Mietspiegel geltenden Standard anlehnen kann, so dass die Repräsentativität und Validität der Datenerhebung auch im Rahmen des schlüssigen Konzepts regelmäßig als ausreichend anzusehen ist (vgl. BSG, Urteil vom 20.12.2011 – B 4 AS 19/11 R (Duisburg), RdNr. 24, und Urteil vom 22.09.2009 – B 4 AS 18/09 R, RdNr. 24).

Das IWU-Gutachten liefert somit – der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Verwendung von qualifizierten Mietspiegeln entsprechend (vgl. BSG, Urteil vom 13.04.2011 – B 14 AS 106/10 R (Freiburg), RdNr. 25) – eine quadratmeterbezogene Auswertung der Mietspiegelneuvertragsmieten nach Perzentilen (Tabelle 2 auf S. 18 des IWU-Gutachtens), der das Sozialgericht den (arithmetischen) Mittelwert in EUR je Quadratmeter bruttokalt als sachgerechte Kappungsgrenze für unangemessene Unterkunftskosten entnommen hat. Die Selektions- und Rechenschritte, die zu dieser Tabelle geführt haben, sind ohne Weiteres nachvollziehbar und plausibel. Dies gilt insbesondere für die Inflationierung auf das Preisniveau 2010 und für den Ausschluss von sog. Altverträgen (S. 16), d.h. die Berücksichtigung nur derjenigen Mietverträge, die in den letzten vier Jahren vor Erstellung des qualifizierten Mietspiegels (ab März 2006) abgeschlossen wurden. Aus Sicht des Senats spiegelt die Verwendung nur relativ aktueller (Neu-)Mietverträge einerseits das gewünschte aktuelle Mietpreisniveau wider und bezieht andererseits in ausreichender Anzahl Bestandsmietverträge ein (vgl. BSG, Urteil vom 06.10.2011 – B 14 AS 131/10 R (Landkreis Cuxhaven), RdNr. 23, m.w.N.), die zwar ebenfalls Abbild der geltenden Mietpreise sind, als vermietete Wohnungen für umzugswillige Leistungsempfänger aber nicht zur Verfügung stünden. Die Ausführungen des Sozialgerichts Dresden insoweit entsprechen der Beurteilung des Senats und der Schlussfolgerung des IWU in seiner Stellungnahme vom 16.02.2012 (S. 16).

Anders als das Sozialgericht Dresden geht der Senat allerdings nicht von dem in der ersten Zeile der Tabelle angegebenen arithmetischen Mittelwert, sondern vom Wert des Median (siehe Definition im Glossar auf S. 51 des IWU-Gutachtens) aus, bei dem – anders als beim nicht gewichteten arithmetischen Mittelwert – sog. Ausreißer nicht so stark ins Gewicht fallen (sog. Robustheit des Median). In diesem Sinne meint auch das Bundessozialgericht, das arithmetische Mittel biete für sich genommen nicht die Gewähr, das einfache Mietsegment realistisch abzubilden (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2010 – B 14 AS 50/10 R, RdNr. 30). Daher erscheint es vorzugswürdig, jedenfalls bis zu einer abschließenden Entscheidung in der Hauptsache von dem 50 %-Perzentil-Wert (Median) in der Tabelle 2 des IWU-Gutachtens als Kappungsgrenze für die Angemessenheit der Bedarfe für Unterkunft (ohne Heizungskosten) für die unterschiedlichen Wohnungsgrößen auszugehen. Da der dem Mietspiegel zugrundeliegende Datensatz nicht nur die Wohnungen einfachen Standards abbildet, kann die Kappungsgrenze bei dem Median als Mittelwert angesetzt werden. Denn den an dieser Stelle des IWU-Gutachtens ermittelten Werten liegt der Gesamtwohnungsbestand vom einfachen bis zum gehobenen Standard zugrunde, da die Entscheidung über das einfache Segment erst später im Rahmen der Schlussfolgerung erfolgt. Außerdem ist wegen dieses tendenziell zu hohen Wertes davon auszugehen, dass ausreichend häufig Wohnungen zu diesen Preisen auf dem Wohnungsmarkt verfügbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 20.12.2011 – B 4 AS 19/11 R (Duisburg), RdNr. 26, und Urteil vom 13.04.2011 – B 14 AS 32/09 (Berlin), RdNr. 29).

Hinsichtlich der Frage, ob die Daten, die im IWU-Gutachten für die nachfolgenden Rechenschritte, Bewertungen und Schlussfolgerungen verwendet wurden, für sich genommen repräsentativ und valide sind, kann sich der Senat mit den derzeit vorliegenden Erkenntnissen noch keine abschließende Überzeugung verschaffen. Daher ist ebenfalls offen, ob der Antragsgegner bzw. der kommunale Träger aus den herangezogenen Daten die sachlich gebotenen Schlüsse gezogen hat. Dies gelingt auch mit der nachgeschobenen Mittelwertbildung (vgl. Tabelle 1 auf S. 13 der IWU-Stellung¬nahme) nicht, weil nicht ganz nachvollziehbar ist, wie die Abzugsbeträge für das jeweils gehobene Wohnwertmerkmal ermittelt wurden. Hierzu muss im Rahmen des Hauptsacheverfahrens die Datengrundalge des Mietspiegels herangezogen und geprüft werden.

Die abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten sind in dieser Berechnung bereits ermittelt und einbezogen (siehe S. 16/17 des IWU-Gutachtens). Gegen ihre Ermittlung bestehen auch unter Berücksichtung der Anforderungen des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2010 – B 14 AS 50/10 R, RdNr. 33-34) keine Bedenken. Denn Grundlage sind die (bereinigten) Daten des Dresdner Mietspiegels 2010, die Kommunale Bürgerumfrage und der Betriebskostenspiegel des Mieterbundes, die in Beziehung gesetzt wurden und so die örtlichen Verhältnisse repräsentativ und valide abbilden.

Zutreffend hat die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerinnen darauf hingewiesen, dass bei der Ermittlung angemessener Heizkosten der bereits 2011 veröffentlichte Heizkostenspiegel 2011 (mit den Vergleichswerten für 2010) zugrunde gelegt werden kann. Damit ergibt sich für eine 60 m2 große Wohnung in einem mit Erdgas beheizten Gebäude mit einer Fläche von 500-1.000 m2 ein maximaler Wert von 15,40 EUR, also (60 x 15,40 = 924: 12 =) monatlich 77,00 EUR, statt der vom Sozialgericht errechneten 74,00 EUR. Weitere 2,10 EUR sind indes nicht hinzuzurechnen, da sie vor der Berechnung nicht abgezogen worden waren (vgl. Hinweise im Faltblatt Heizkostenspiegel 2011, S. 11).

Nach alledem sind den Antragstellerinnen für die Zeit vom 01.03.2012 bis 31.05.2012 (60 m2 x 6,48 EUR = 388,80 EUR bruttokalt + 77 EUR =) 465,80 EUR monatlich für ihren Bedarf für Unterkunft und Heizung vorläufig zu gewähren.

Hinsichtlich des Vorliegens des Anordnungsgrundes wird auf die zutreffenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidungen verwiesen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und der Umfang der Kostenerstattungspflicht entspricht dem Verhältnis von Unterliegen und Obsiegen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

Dr. Anders Reichert Wagner
Rechtskraft
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