Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 3 KR 429/09
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 144/11
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Kein Krankengeld ohne aktuelle ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 23. Februar 2011 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Bewilligung von Krankengeld.
1.
Die 1956 geborene Klägerin war im Jahr 2008 aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses als Bäckerei-Verkaufskraft gesetzlich krankenversichertes Mitglied der Beklagten. Das befristete Arbeitsverhältnis wurde nach Arbeitgeberkündigung vom 11.08.2008 mit arbeitsgerichtlichem Vergleich vom 15.09.2008 zum gleichen Tage beendet.
2.
Ende Juli 2008 erkrankte die Klägerin während eines Aufenthaltes in Kroatien arbeitsunfähig vom 22.07. und 04.08.2008 gemäß Bescheinigungen nach dem Deutsch-Kroatischen Abkommen über die Soziale Sicherheit. Nach Deutschland zurückgekehrt stellten der Chirurg Dr. B. G. (11.08.2008), der Orthopäde Dr. C.B. (13.08.2008 und 19.08.2008) sowie der Orthopäde Dr. D.S. (16.10.2008) zunächst Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ohne zeitliche Lücken aus, die Beklagte leistete dementsprechend Krankengeld.
Unter dem 26.09.2008 wies die Beklagte die Klägerin schriftlich sowie in einem erläuternden Telefonat darauf hin, dass Krankengeld nur geleistet werden könne, wenn die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit lückenlos attestiert werde. Mit Schreiben vom 07.10.2008 kündigte die Beklagte der Klägerin an, dass die Krankengeldleistung zum 17.10.2008 eingestellt werde, weil nach ärztlicher Feststellung an diesem Tag die Arbeitsunfähigkeit enden werde. Nach Vorlage von neuen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Dr. S. vom 16.10.2008 und 28.10.2008 (zuletzt: Arbeitsfähigkeit bis 02.11.2008) leistete die Beklagte Krankengeld über den 17.10.2008 hinaus bis 02.11.2008.
Mit rückwirkender Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 10.11.2008 bestätigte Dr. S. den Fortbestand der Arbeitsunfähigkeit ab 03.11. bis 17.11.2008. Daraufhin teilte die Beklagte mit Bescheid vom 14.11.2008 mit, dass trotz der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 10.11.2008 Krankengeld nicht geleistet werden könne, weil die Klägerin ab 03.11.2008 familienversichert und damit ohne Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen sei.
Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch und machte geltend, in einem Telefonat der Schwiegertochter mit einer Mitarbeiterin der Beklagten sei verbindlich abgesprochen worden, dass für die Zeit ab 03.11.2008 eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auch nachträglich vorgelegt werden dürfe. Ein Telefonat dieser Art hat die betroffene Mitarbeiterin der Beklagten mit Aktenvermerk vom 24.11.2008 verneint. Mit Widerspruchsbescheid vom 06.04.2009 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Einen Anspruch auf Krankengeld über den 02.11.2008 hinaus scheitere daran, dass eine durchgängige Krankengeldleistung nicht vorliege, die Mitgliedschaft aus Krankengeldbezug somit unterbrochen und durch eine Familienversicherung ohne Anspruch auf Krankengeld abgelöst worden sei. Ein Telefonat am 06.11.2008 hätte bereits zu einer Zeit der Familienversicherung stattgefunden und damit einen Anspruch auf Krankengeld nicht begründen können. Zudem sei eine Aussage, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dürfte nachgereicht werden, in diesem Gespräch nicht getroffen worden.
3.
Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München erhoben und die Zahlung von Krankengeld über den 02.11.2008 hinaus beantragt. Sie hat ihr Vorbringen wiederholt, dass ihr telefonisch die Möglichkeit zugesichert worden sei, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachträglich ausstellen und vorlegen zu dürfen.
Mit Urteil vom 23.02.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen im Wesentlichen mit der Begründung, dass ab 03.11.2008 keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegen habe. Die nachträglich von Dr. D.S. am 10.11.2008 ausgestellte Bescheinigung könne Rechtswirkung erst ab dem Folgetag entfalten, zu diesem Datum habe jedoch wegen Familienversicherung kein Anspruch auf Krankengeld mehr bestanden. Eine Korrektur im Wege des Herstellungsanspruches sei nicht möglich, eine formwirksame Zusicherung habe die Klägerin nicht erhalten.
4.
Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und erneut betont, dass sich die Beklagte an die telefonische Zusicherung ihrer Mitarbeiterin halten lassen müsse.
Der Senat hat zur Frage der telefonischen Absprachen hinsichtlich der Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung die Zeuginnen C. und D. einvernommen. Zum Inhalt der Aussagen wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 21.03.2012 Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 23.02.2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.04.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Krankengeld über den 02.11.2008 hinaus zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet. Die Klägerin hat in Folge der Familienversicherung ab 03.11.2008 keinen Anspruch mehr auf die Bewilligung von Krankengeld. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts München vom 23.02.2011 sowie der Bescheid der Beklagten vom 24.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.04.2009 sind daher nicht zu beanstanden.
1.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte u.a. dann Anspruch auf Krankengeld, wenn sie mit einem Anspruch auf Krankengeld versichert sind und wenn eine Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Der Anspruch auf Krankengeld entsteht mit dem Tag, der auf die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (§ 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V). Ein Anspruch auf Krankengeld kann also regelmäßig nur für zukünftige, der Feststellung von Arbeitsunfähigkeit folgende Zeiträume begründet werden (vgl. BSG Urteil vom 26.06.2007 - B 1 KR 8/07 R). Wird Krankengeld - wie vorliegend - zeitabschnittsweise gewährt, muss jedem Zeitabschnitt, für den ein Versicherter Krankengeld geltend macht, eine entsprechende ärztliche Feststellung vorausgehen (st. Rechtsprechung, vgl. BSG Urteil vom 22.03.2005 - B 1 KR 22/04 R).
2.
Im vorliegenden Fall lagen beginnend mit der Erkrankung der Klägerin am 22.07.2008 ununterbrochen aufeinander folgende rechtzeitige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bis einschließlich 02.11.2008 vor, so dass die Beklagte bis dahin rechtmäßig Krankengeld bewilligt hat.
Am 03.11.2008 bestand eine solche attestierte Arbeitsunfähigkeit nicht mehr. Damit hatte die Klägerin ab diesem Tag keinen Anspruch mehr auf Krankengeld, so dass ihre bis dahin gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V fortbestehende Mitgliedschaft als Krankengeldbezieherin geendet hatte.
Auch ein fortbestehender Leistungsanspruch auf Krankengeld gemäß § 19 Abs. 2 SGB V bestand am 03.11.2008 nicht. Denn an diesem Tage hatten bei ihr die Voraussetzungen der Familienversicherung nach ihrem Ehemann gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB V bestanden. Die somit eintretende Familienversicherung war vorrangig vor dem nach laufenden Versicherungsschutz, § 19 Abs. 2 Satz 2 SGB V. Als Familienversicherte hatte aber die Klägerin keinen Anspruch auf Krankengeld, § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V.
Daran kann die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Dr. S. vom 10.11.2008 nichts ändern. Denn diese konnte gemäß § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V nur Wirkung ab dem 11.11.2008 entfalten. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin aber nicht mit Anspruch auf Krankengeld versichertes Mitglied der Beklagten.
Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass diese Rechtsfolge für die Klägerin nicht überraschend und deshalb mit unzumutbaren Härten verbunden ist. Denn bereits mit Formblatt vom 26.09.2008 (Bl. 34 Verwaltungsakte der Beklagten) hatte die Beklagte darauf hingewiesen, dass eine lückenlose Feststellung der Arbeitsunfähigkeit für die Aufrechterhaltung eines Anspruches auf Krankengeld erforderlich ist.
3.
Die Beklagte hat auch keine anders lautende telefonische Regelung mit der Klägerin getroffen wie sich als Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats ergibt.
Eine Erklärung mit dem Inhalt, ein Krankengeldanspruch könne auch über den 02.11.2008 hinaus fortbestehen, wenn eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachträglich vorgelegt wird, ist nicht bewiesen. Eine entsprechende schriftliche und damit formwirksame Zusicherung gemäß § 34 SGB X enthält die Verwaltungsakte der Beklagten nicht, sie ist auch von der Klägerin weder vorgelegt noch behauptet worden. Eine Regelung dieser Art ist auch dem Akteninhalt nicht zu entnehmen. Die Gesprächsnotizen der Zeugin C., die die zuständige Mitarbeiterin der Beklagten im fraglichen Zeitraum in Bezug auf den Krankengeldanspruch der Klägerin war, enthalten eine solche Aussage nicht. Im Gegenteil hat die Zeugin C. mit Vermerk vom 24.11.2008, also zeitnah, festgehalten, dass sie niemals die Aussage getroffen habe, die Arbeitsunfähigkeit nach Rückkehr des behandelnden Arztes nachzureichen, sei unproblematisch.
Etwas Anderes hat auch die Einvernahme der Zeuginnen C. und D. im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 20.03.2012 nicht ergeben. Die Zeugin C. hat glaubhaft angegeben, dass sie sich an den Vorgang nicht mehr erinnern kann. Sie ist bei dieser Darstellung auch auf Vorhalt der Beklagtenakten geblieben. Die Aussage der Zeugin C. kann damit die Darstellung der Klägerin nicht belegen.
Zwar hat die Zeugin D. demgegenüber angegeben, sie erinnere sich an ein Telefonat, in der ihr die Zeugin C. gesagt habe, ein Attest könne nachgereicht werden. Diese mehrere Jahre nach dem Telefonat getätigte Zeugenaussage steht aber im diametralen Gegensatz zu dem, was die Zeugin C. als zuständige Mitarbeiterin zum Inhalt der Akten der Beklagten mit Vermerk vom 24.11.2008 und damit nur wenige Wochen nach dem Telefonat gemacht hatte. Bereits die zeitnähere Angabe erschüttert damit die Beweiskraft der Aussage der Zeugin D ... Zweifel an der Beweiskraft der Zeugenaussage D., ergeben sich zudem daraus, dass die Zeugin im Sommer/Herbst wegen der Krankengeldansprüche der Klägerin drei Telefonate mit Mitarbeitern der Beklagten geführt hatte, sich detailreich aber nur an das für den vorliegenden Rechtsstreit relevante Gespräch erinnern kann. An die anderen beiden Gespräche hingegen konnte sich die Zeugin nicht ebenso genau erinnern. In einer Gesamtwürdigung ist es somit die Absprache wie von der Klägerin vorgetragen nicht zu beweisen, so dass es bei dem Ende des Krankengeldanspruches mit dem 02.11.2008 verbleibt.
Die Berufung bleibt somit in vollem Umfange der Erfolg versagt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 SGG.
Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich, § 160 SGG.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Bewilligung von Krankengeld.
1.
Die 1956 geborene Klägerin war im Jahr 2008 aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses als Bäckerei-Verkaufskraft gesetzlich krankenversichertes Mitglied der Beklagten. Das befristete Arbeitsverhältnis wurde nach Arbeitgeberkündigung vom 11.08.2008 mit arbeitsgerichtlichem Vergleich vom 15.09.2008 zum gleichen Tage beendet.
2.
Ende Juli 2008 erkrankte die Klägerin während eines Aufenthaltes in Kroatien arbeitsunfähig vom 22.07. und 04.08.2008 gemäß Bescheinigungen nach dem Deutsch-Kroatischen Abkommen über die Soziale Sicherheit. Nach Deutschland zurückgekehrt stellten der Chirurg Dr. B. G. (11.08.2008), der Orthopäde Dr. C.B. (13.08.2008 und 19.08.2008) sowie der Orthopäde Dr. D.S. (16.10.2008) zunächst Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ohne zeitliche Lücken aus, die Beklagte leistete dementsprechend Krankengeld.
Unter dem 26.09.2008 wies die Beklagte die Klägerin schriftlich sowie in einem erläuternden Telefonat darauf hin, dass Krankengeld nur geleistet werden könne, wenn die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit lückenlos attestiert werde. Mit Schreiben vom 07.10.2008 kündigte die Beklagte der Klägerin an, dass die Krankengeldleistung zum 17.10.2008 eingestellt werde, weil nach ärztlicher Feststellung an diesem Tag die Arbeitsunfähigkeit enden werde. Nach Vorlage von neuen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen des Dr. S. vom 16.10.2008 und 28.10.2008 (zuletzt: Arbeitsfähigkeit bis 02.11.2008) leistete die Beklagte Krankengeld über den 17.10.2008 hinaus bis 02.11.2008.
Mit rückwirkender Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 10.11.2008 bestätigte Dr. S. den Fortbestand der Arbeitsunfähigkeit ab 03.11. bis 17.11.2008. Daraufhin teilte die Beklagte mit Bescheid vom 14.11.2008 mit, dass trotz der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 10.11.2008 Krankengeld nicht geleistet werden könne, weil die Klägerin ab 03.11.2008 familienversichert und damit ohne Anspruch auf Krankengeld versichert gewesen sei.
Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch und machte geltend, in einem Telefonat der Schwiegertochter mit einer Mitarbeiterin der Beklagten sei verbindlich abgesprochen worden, dass für die Zeit ab 03.11.2008 eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auch nachträglich vorgelegt werden dürfe. Ein Telefonat dieser Art hat die betroffene Mitarbeiterin der Beklagten mit Aktenvermerk vom 24.11.2008 verneint. Mit Widerspruchsbescheid vom 06.04.2009 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Einen Anspruch auf Krankengeld über den 02.11.2008 hinaus scheitere daran, dass eine durchgängige Krankengeldleistung nicht vorliege, die Mitgliedschaft aus Krankengeldbezug somit unterbrochen und durch eine Familienversicherung ohne Anspruch auf Krankengeld abgelöst worden sei. Ein Telefonat am 06.11.2008 hätte bereits zu einer Zeit der Familienversicherung stattgefunden und damit einen Anspruch auf Krankengeld nicht begründen können. Zudem sei eine Aussage, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dürfte nachgereicht werden, in diesem Gespräch nicht getroffen worden.
3.
Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München erhoben und die Zahlung von Krankengeld über den 02.11.2008 hinaus beantragt. Sie hat ihr Vorbringen wiederholt, dass ihr telefonisch die Möglichkeit zugesichert worden sei, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachträglich ausstellen und vorlegen zu dürfen.
Mit Urteil vom 23.02.2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen im Wesentlichen mit der Begründung, dass ab 03.11.2008 keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegen habe. Die nachträglich von Dr. D.S. am 10.11.2008 ausgestellte Bescheinigung könne Rechtswirkung erst ab dem Folgetag entfalten, zu diesem Datum habe jedoch wegen Familienversicherung kein Anspruch auf Krankengeld mehr bestanden. Eine Korrektur im Wege des Herstellungsanspruches sei nicht möglich, eine formwirksame Zusicherung habe die Klägerin nicht erhalten.
4.
Dagegen hat die Klägerin Berufung eingelegt und erneut betont, dass sich die Beklagte an die telefonische Zusicherung ihrer Mitarbeiterin halten lassen müsse.
Der Senat hat zur Frage der telefonischen Absprachen hinsichtlich der Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung die Zeuginnen C. und D. einvernommen. Zum Inhalt der Aussagen wird auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 21.03.2012 Bezug genommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 23.02.2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.04.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Krankengeld über den 02.11.2008 hinaus zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren die Verwaltungsakten der Beklagten. Darauf sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 SGG), aber unbegründet. Die Klägerin hat in Folge der Familienversicherung ab 03.11.2008 keinen Anspruch mehr auf die Bewilligung von Krankengeld. Das angefochtene Urteil des Sozialgerichts München vom 23.02.2011 sowie der Bescheid der Beklagten vom 24.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.04.2009 sind daher nicht zu beanstanden.
1.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte u.a. dann Anspruch auf Krankengeld, wenn sie mit einem Anspruch auf Krankengeld versichert sind und wenn eine Krankheit sie arbeitsunfähig macht. Der Anspruch auf Krankengeld entsteht mit dem Tag, der auf die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt (§ 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V). Ein Anspruch auf Krankengeld kann also regelmäßig nur für zukünftige, der Feststellung von Arbeitsunfähigkeit folgende Zeiträume begründet werden (vgl. BSG Urteil vom 26.06.2007 - B 1 KR 8/07 R). Wird Krankengeld - wie vorliegend - zeitabschnittsweise gewährt, muss jedem Zeitabschnitt, für den ein Versicherter Krankengeld geltend macht, eine entsprechende ärztliche Feststellung vorausgehen (st. Rechtsprechung, vgl. BSG Urteil vom 22.03.2005 - B 1 KR 22/04 R).
2.
Im vorliegenden Fall lagen beginnend mit der Erkrankung der Klägerin am 22.07.2008 ununterbrochen aufeinander folgende rechtzeitige Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bis einschließlich 02.11.2008 vor, so dass die Beklagte bis dahin rechtmäßig Krankengeld bewilligt hat.
Am 03.11.2008 bestand eine solche attestierte Arbeitsunfähigkeit nicht mehr. Damit hatte die Klägerin ab diesem Tag keinen Anspruch mehr auf Krankengeld, so dass ihre bis dahin gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGB V fortbestehende Mitgliedschaft als Krankengeldbezieherin geendet hatte.
Auch ein fortbestehender Leistungsanspruch auf Krankengeld gemäß § 19 Abs. 2 SGB V bestand am 03.11.2008 nicht. Denn an diesem Tage hatten bei ihr die Voraussetzungen der Familienversicherung nach ihrem Ehemann gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 SGB V bestanden. Die somit eintretende Familienversicherung war vorrangig vor dem nach laufenden Versicherungsschutz, § 19 Abs. 2 Satz 2 SGB V. Als Familienversicherte hatte aber die Klägerin keinen Anspruch auf Krankengeld, § 44 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V.
Daran kann die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung des Dr. S. vom 10.11.2008 nichts ändern. Denn diese konnte gemäß § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V nur Wirkung ab dem 11.11.2008 entfalten. Zu diesem Zeitpunkt war die Klägerin aber nicht mit Anspruch auf Krankengeld versichertes Mitglied der Beklagten.
Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass diese Rechtsfolge für die Klägerin nicht überraschend und deshalb mit unzumutbaren Härten verbunden ist. Denn bereits mit Formblatt vom 26.09.2008 (Bl. 34 Verwaltungsakte der Beklagten) hatte die Beklagte darauf hingewiesen, dass eine lückenlose Feststellung der Arbeitsunfähigkeit für die Aufrechterhaltung eines Anspruches auf Krankengeld erforderlich ist.
3.
Die Beklagte hat auch keine anders lautende telefonische Regelung mit der Klägerin getroffen wie sich als Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats ergibt.
Eine Erklärung mit dem Inhalt, ein Krankengeldanspruch könne auch über den 02.11.2008 hinaus fortbestehen, wenn eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachträglich vorgelegt wird, ist nicht bewiesen. Eine entsprechende schriftliche und damit formwirksame Zusicherung gemäß § 34 SGB X enthält die Verwaltungsakte der Beklagten nicht, sie ist auch von der Klägerin weder vorgelegt noch behauptet worden. Eine Regelung dieser Art ist auch dem Akteninhalt nicht zu entnehmen. Die Gesprächsnotizen der Zeugin C., die die zuständige Mitarbeiterin der Beklagten im fraglichen Zeitraum in Bezug auf den Krankengeldanspruch der Klägerin war, enthalten eine solche Aussage nicht. Im Gegenteil hat die Zeugin C. mit Vermerk vom 24.11.2008, also zeitnah, festgehalten, dass sie niemals die Aussage getroffen habe, die Arbeitsunfähigkeit nach Rückkehr des behandelnden Arztes nachzureichen, sei unproblematisch.
Etwas Anderes hat auch die Einvernahme der Zeuginnen C. und D. im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 20.03.2012 nicht ergeben. Die Zeugin C. hat glaubhaft angegeben, dass sie sich an den Vorgang nicht mehr erinnern kann. Sie ist bei dieser Darstellung auch auf Vorhalt der Beklagtenakten geblieben. Die Aussage der Zeugin C. kann damit die Darstellung der Klägerin nicht belegen.
Zwar hat die Zeugin D. demgegenüber angegeben, sie erinnere sich an ein Telefonat, in der ihr die Zeugin C. gesagt habe, ein Attest könne nachgereicht werden. Diese mehrere Jahre nach dem Telefonat getätigte Zeugenaussage steht aber im diametralen Gegensatz zu dem, was die Zeugin C. als zuständige Mitarbeiterin zum Inhalt der Akten der Beklagten mit Vermerk vom 24.11.2008 und damit nur wenige Wochen nach dem Telefonat gemacht hatte. Bereits die zeitnähere Angabe erschüttert damit die Beweiskraft der Aussage der Zeugin D ... Zweifel an der Beweiskraft der Zeugenaussage D., ergeben sich zudem daraus, dass die Zeugin im Sommer/Herbst wegen der Krankengeldansprüche der Klägerin drei Telefonate mit Mitarbeitern der Beklagten geführt hatte, sich detailreich aber nur an das für den vorliegenden Rechtsstreit relevante Gespräch erinnern kann. An die anderen beiden Gespräche hingegen konnte sich die Zeugin nicht ebenso genau erinnern. In einer Gesamtwürdigung ist es somit die Absprache wie von der Klägerin vorgetragen nicht zu beweisen, so dass es bei dem Ende des Krankengeldanspruches mit dem 02.11.2008 verbleibt.
Die Berufung bleibt somit in vollem Umfange der Erfolg versagt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 183 SGG.
Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich, § 160 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved