L 8 AL 503/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 3 AL 3852/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 503/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beigeladenen gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 04. November 2009 wird mit der klarstellenden Maßgabe zurück-gewiesen, dass die Beigeladene verurteilt wird, der Klägerin Krankengeld für den Zeitraum vom 1. August 2007 bis 17. September 2007 zu gewähren.

Die Beigeladene hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten; im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) gegen die Beklagte oder auf Krankengeld gegen die Beigeladene zusteht.

Die 1974 geborene Klägerin meldete sich am 10.07.2007 mit Wirkung zum 01.08.2007 arbeitslos und legte hierzu einen Arbeitsvertrag mit der Firma R. vor, wonach die Klägerin in einem Arbeitsvertrag (als Justiziarin ohne erforderliche Qualifikation für die vertragliche Tätigkeit) stand, zeitlich befristet bis zum 31.07.2007. Des Weiteren legte sie das Attest des Dr. F. G. , U. vom 07.05.2007 über ein unbefristetes Arbeitsverbot vor. Darin ist ausgeführt, die Klägerin befinde sich aktuell in der 14. Schwangerschaftswoche. Der voraussichtliche Entbindungstermin sei der 29.10.2007. Hiermit werde für die Klägerin ab sofort ein absolutes unbefristetes Arbeitsverbot in der Schwangerschaft nach § 3 Abs. 1 Mutterschutzgesetz bei vollem Lohnausgleich ausgesprochen. Zur medizinischen Begründung wurde angegeben, bei der Klägerin liege eine Hochrisikoschwangerschaft vor. Die Schwangerschaft habe sich bereits in den ersten Wochen als recht instabil gezeigt. Rezidivierende Schmierblutungen sowie uterine Kontraktionen seien bis zur zwölften Schwangerschaftswoche aufgetreten. Leider hätten diese - auch unter medikamentöser Maximaltherapie - im weiteren Verlauf nicht nachgelassen, sondern hätten sich zunehmend verstärkt. Um die Schwangerschaft nicht noch weiter zu gefährden, sei somit die absolute körperliche Schonung der Klägerin notwendig.

Mit Bescheid vom 20.08.2007 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Alg ab. Seit dem 07.05.2007 bestehe für die Klägerin aufgrund ihrer Schwangerschaft ein Beschäftigungsverbot. Daher könne sie keine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für die Klägerin in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben. Sie stehe daher den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit nicht zur Verfügung. Empfohlen werde, sich zur Prüfung eines möglichen Krankengeldanspruchs mit der Krankenkasse in Verbindung zu setzen.

Der hiergegen von der Klägerin erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 24.09.2007 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, der behandelnde Arzt der Klägerin habe am 07.05.2007 ein absolutes unbefristetes Arbeitsverbot in der Schwangerschaft nach § 3 Abs. 1 Mutterschutzgesetz bei vollem Lohnausgleich ausgesprochen. Damit könne und dürfe die Klägerin keine Beschäftigung ausüben. Sie stehe deshalb der Arbeitsvermittlung auch nicht zur Verfügung und habe daher keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Aus der medizinischen Begründung des absoluten unbefristeten Arbeitsverbotes lasse sich entnehmen, dass es sich letztlich um die Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit handele. Aus diesem Grunde käme gegebenenfalls ein Anspruch gegen die gesetzliche Krankenversicherung in Betracht.

Dagegen erhob die Klägerin am 23.10.2007 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) mit dem Begehren, die Beklagte zu verurteilen, an sie Alg ab 01.08.2007 zu zahlen. Zwar sei zutreffend, dass sie aufgrund des erteilten absoluten Beschäftigungsverbotes der Arbeitsvermittlung der Beklagten nicht zur Verfügung gestanden habe, die Verfügbarkeit sei vorliegend jedoch aufgrund des Bestehens einer unbeabsichtigten Regelungslücke im Wege der Rechtsanalogie zu fingieren. Das Beschäftigungsverbot könne auch nicht der Arbeitsunfähigkeit gleichgesetzt werden. Die Situationen von Krankheitsfall und Mutterschutz seien gegenüber dem Arbeitgeber im Beschäftigungsfall nicht vergleichbar. Gegen den Arbeitgeber bestehe nämlich - anders im Fall der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall - ein der Höhe und Zeit nach unbeschränkter Anspruch auf Mutterschutzlohn. Gegen die Krankenkasse hingegen bestehe der Anspruch nur für den Zeitraum des zeitlich auf sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Entbindung begrenzten Mutterschutzes.

Die Beklagte trat der Klage mit dem Antrag auf Klagabweisung entgegen und regte an, die T. Betriebskrankenkasse zum Verfahren beizuladen, da ein Anspruch gegen die gesetzliche Krankenkasse nicht auszuschließen sei.

Mit Beschluss vom 12.11.2007 lud das SG die T. Betriebskrankenkasse zum Verfahren bei.

Die Beigeladene führte aus, der Klägerin stehe für den maßgeblichen Zeitraum ein Anspruch auf Leistungen nicht zu. Ein Anspruch auf Mutterschaftsgeld nicht, da die Klägerin zu Beginn der Mutterschutzfrist weder in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe noch Arbeitslosengeld durch die Arbeitsagentur bezogen habe. Ein Anspruch auf Krankengeld bestehe ebenfalls nicht, da die Klägerin seit dem 07.05.2007 einem vollständigen Beschäftigungsverbot unterlegen habe und es sich dabei nicht um eine Krankheit im Sinne des § 27 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) handele. Krankengeld könne jedoch gemäß § 44 SGB V nur gewährt werden, wenn Arbeitsunfähigkeit gegeben sei. Hinzu komme, dass die Klägerin seit 01.08.2007 über ihren Ehemann familienversichert sei. Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB V sei damit der Anspruch auf Krankengeld ausgeschlossen.

Auf Anfrage des SG teilte die Klägerin mit, am 20.12.2007 sei sie nach K. umgezogen. Seit der Geburt ihres Sohnes habe sie weder eine berufliche Tätigkeit aufgenommen noch sich weder in U. noch in K. arbeitslos gemeldet. Sie erweitere ihre Klageanträge dahingehend, dass hilfsweise die Beigeladene verurteilt werde, an sie Krankengeld zu zahlen. Hierzu legte sie ihr Schreiben an die T. BKK vom 08.10.2007 vor.

Das SG hörte Dr. G. als sachverständigen Zeugen. Dieser teilte mit Schreiben vom 08.05.2009 mit, beim Ehepaar S. habe eine primäre Ehesterilität bestanden. Nach Stimulationstherapie sei eine Schwangerschaft eingetreten, die am 05.03.2007 festgestellt worden sei. Am 20.03.2007: Abortus iminenz, psychosomatische Problemsituation. 05.04.2007: Abortus iminenz; intrauterines Hämatom; Gefahr der cervicalen Insuffizienz; 24.04.2007: Ausstellen eines unbefristeten Arbeitsverbotes. Der Klägerin sei dringend empfohlen worden, sich körperlich zu schonen, viel zu schlafen und sich keiner psychischen Belastung, insbesondere am Arbeitsplatz, auszusetzen. Die Klägerin habe zur Arbeitsplatzsituation berichtet, dass sie zum damaligen Zeitpunkt in einer Zeitarbeitsfirma tätig gewesen sei. Anfangs hätte sie sich dort sehr wohl gefühlt; seit Ende Januar 2007 habe dort aber ein sehr schlechtes Klima geherrscht. Parallel dazu habe sich die Frühschwangerschaft - wie bereits detailliert beschrieben - bei der Klägerin äußerst problematisch gestaltet. Es sei zu befürchten gewesen, dass diese Schwangerschaft in einen Abort ende. Vor dem Hintergrund des jahrelangen Kinderwunsches und der Anzeichen eines drohenden Aborts habe zum Wohl des ungeborenen Kindes der Mutter keine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt - insbesondere aber auch am damals bestehenden Arbeitsplatz - zugemutet werden können. Die Gefährdung habe zum damaligen Zeitpunkt in der Gefahr eines drohenden Aborts bestanden.

Mit Urteil vom 04.11.2009 verurteilte das SG die Beigeladene, der Klägerin Krankengeld ab 01.08.2007 zu zahlen; im Übrigen wies es die Klage ab.

Gegen das - der Beigeladenen am 30.12.2009 zugestellte - Urteil hat die Beigeladene am 29.01.2010 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht sie geltend, die Beschwerden der Klägerin hätten keinen Krankheitswert gehabt, weshalb auch ein Anspruch der Klägerin gegen die Beigeladene auf Zahlung von Krankengeld nicht begründet sei. Ein Anspruch auf Krankengeld bestehe gemäß § 44 SGB V dann, wenn die Krankheit den Versicherten arbeitsunfähig mache. Es komme nach ständiger Rechtsprechung darauf an, ob es sich bei den Beschwerden der Versicherten um einen krankhaften Zustand handele, der zur Arbeitsunfähigkeit der Versicherten führe. Hätten die Schwangerschaftsbeschwerden dagegen keinen Krankheitswert oder führten sie als solche nicht zur Arbeitsunfähigkeit, so handele es sich um ein Beschäftigungsverbot nach § 3 MuSchG, welches keinen Anspruch auf Krankengeld begründe. Die Entscheidung darüber, ob krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorliege oder ob das Leben oder Gesundheit von Mutter und Kind bei Fortdauer der Beschäftigung gefährdet seien, obliege dem Arzt, welchem ein Ermessensspielraum eingeräumt werde. Das SG führe auf S.7 seines Urteiles aus, dass die in dem Arbeitsverbot getroffenen Feststellungen im Ergebnis die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit beinhalteten. Diese Ausführungen seien jedoch nicht überzeugend. Der behandelnde Arzt habe sich in dem Arbeitsverbot vom 07.05.2007 nicht zu der Frage geäußert, ob es sich bei den Beschwerden der Klägerin um Beschwerden mit Krankheitswert handele. Im Klageverfahren habe der behandelnde Arzt zur Frage des Gerichts nach den Hintergründen des Arbeitsverbotes vielmehr ausgeführt, dass am Arbeitsplatz der Klägerin ein schlechtes Klima geherrscht habe und die Gefahr bestünde, dass die Schwangerschaft bei Fortsetzung der Tätigkeit in einem Abort ende. Zu diesen Angaben des Arztes seien seitens des Gerichts keine Ausführungen vorgenommen worden. Die Ausführungen des Gerichts zu der Frage, ob es sich bei den Beschwerden tatsächlich um Beschwerden mit Krankheitswert handele oder das Beschäftigungsverbot lediglich zur Gefahrenvorsorge erteilt worden sei, erstreckten sich lediglich auf den Satz, dass diese Feststellungen im Arbeitsverbot vom 07.05.2007 im Ergebnis die Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit beinhalteten. Die Erläuterungen zu dem Hintergrund des Arbeitsverbotes deuteten jedoch deutlich darauf hin, dass die Beschwerden der Klägerin keinen Krankheitswert hätten. Der behandelnde Arzt habe eindeutig ausgeführt, dass das Arbeitsklima schlecht gewesen sei und die Befürchtung bestanden habe, dass die Schwangerschaft in einem Abort ende. Diese Ausführungen des Arztes ließen eindeutig darauf schließen, dass das Arbeitsverbot seitens des Arztes lediglich zur Gefahrenvorsorge und Schonung der Mutter und des Kindes ausgesprochen worden seien, nicht jedoch aufgrund krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit. Da den Ausführungen des Arztes laut dem Bundesarbeitsgericht ein hoher Beweiswert zukomme, müssten diese Angaben des Arztes widerlegt werden. Dies sei jedoch seitens der Beklagte nicht geschehen. Auch das SG Ulm habe diesbezüglich keine Ausführungen gemacht. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass der behandelnde Arzt in dem Beschäftigungsverbot mitgeteilt habe, dass es sich um eine Risikoschwangerschaft handele. Eine Risikoschwangerschaft allein begründe nach ständiger Rechtsprechung keine Arbeitsunfähigkeit.

Die Beigeladene beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 4.November 2009 aufzuheben, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 20. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. September 2007 zu verurteilen, der Klägerin Arbeitslosengeld ab 1. August 2007 zu zahlen und die Klage betreffend des Hilfsantrages abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Beigeladenen zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und trägt ergänzend vor, die Beklagte schließe sich dem angefochtenen Urteil unter Bezug auf die BSG-Rechtsprechung vom 09.09.1999 - B 11 AL 77/98 R - vertretenen Rechtsauffassung an, dass ein generelles Beschäftigungsverbot ohne eine die Verfügbarkeit ausschließende Arbeitsunfähigkeit nicht denkbar sein dürfte. Selbst für den Fall, dass während des Ausspruches des Beschäftigungsverbotes nach § 3 Abs. 1 MuSchG keine Arbeitsunfähigkeit vorgelegen haben sollte, sei ein Anspruch auf Arbeitslosengeld zu verneinen. Denn der Anspruch auf Alg setze gemäß § 119 Abs.1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 5 Nr. 1 SGB III voraus, dass die Arbeitnehmerin eine mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für sie in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben dürfe. Das bedeute, eine Arbeitslose dürfe eine Beschäftigung nur aufnehmen und ausüben, wenn rechtliche Verbote einer Beschäftigung nicht entgegenstünden. Ein Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 1 MuSchG stelle ein rechtliches Verbot dar, das die Verfügbarkeit im Sinne des § 119 Abs.1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 5 Nr. 1 SGB III ausschließe. Auch bei einem Beschäftigungsverbot nach § 3 Abs. 2 MuSchG (Beschäftigungsverbot in den letzten sechs Wochen vor der Entbindung) seien Verfügbarkeit und somit ein Anspruch auf Alg nicht gegeben. Insofern sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber auch in Fällen des gesetzlichen Beschäftigungsverbotes nach § 3 Abs. 1 MuSchG - ebenso wie in Fällen eines behördlichen Beschäftigungsverbotes (z.B. wegen einer fehlenden Arbeitserlaubnis) - einen Anspruch auf Alg bewusst ausschließen wollte und dementsprechend für solche Fallgestaltungen absichtlich keinen Auffangtatbestand für den Bezug von Alg vorgesehen habe.

Auf Anfrage des Senats hat die Beklagte mit Schreiben vom 23.07.2010 mitgeteilt, die Klägerin habe sich nach ihrer Entbindung am 08.11.2007 und ihrem Umzug nach K. nicht erneut persönlich bei der Agentur für Arbeit in U. gemeldet und sie habe auch keinen Anspruch auf Alg mehr geltend gemacht.

Die Klägerin hat einen Antrag nicht gestellt.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, der Akten der Beigeladenen, der Akten des SG Ulm und der Senatsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beigeladenen ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht Ulm mit dem angefochtenen Urteil vom 04.11.2009 entschieden, dass die Beigeladene der Klägerin Krankengeld ab 01.08.2007 zu zahlen hat; zu Recht hat auch das SG im Übrigen die Klage abgewiesen.

Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung, die für den Rechtsstreit maßgeblichen Rechtsvorschriften und Grundsätze zutreffend dargestellt. Es hat weiter ausführlich begründet, dass die Klägerin ab dem 01.08.2007 beschäftigungslos gewesen ist, das sie aber wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit der Vermittlung nicht zur Verfügung gestanden hat und deshalb nicht arbeitslos im Sinne von § 119 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) gewesen ist und daher keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat. Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld ergibt sich - wie das SG desweiteren zutreffend ausgeführt hat - auch nicht aus § 126 SGB III, da die Klägerin bei Beginn der Beschäftigungslosigkeit bereits arbeitsunfähig erkrankt war. Der Senat schließt sich nach eigener Überprüfung zur Begründung seiner Entscheidung den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteiles voll an, auf die er zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG). Lediglich hinsichtlich der Frage, bis zu welchem Zeitpunkt die Beigeladene Krankengeld zu zahlen hat, hat der Senat eine Präzisierung vorgenommen.

Ergänzend und im Hinblick auf das Berufungsvorbringen bleibt auszuführen:

Wie das BSG in seinem Urteil vom 30.11.2011 - B 11 AL 7/11 R - ausgeführt hat, erfasst das "Gesetz zum Schutze der erwerbstätigen Mutter" (MuSchG) nicht die erwerbslosen Frauen. Nach § 3 Abs. 1 MuSchG dürfen werdende Mütter nicht beschäftigt werden, soweit nach ärztlichem Zeugnis Leben oder Gesundheit von Mutter oder Kind "bei Fortdauer der Beschäftigung" gefährdet sind; mithin setze das Beschäftigungsverbot ein fortdauerndes Beschäftigungsverhältnis voraus. Dies werde auch durch § 1 Abs. 1 MuSchG verdeutlicht, wonach dieses Gesetz "für Frauen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen" gelte.

Vorliegend ist daher zu berücksichtigen, dass bei der Klägerin das Beschäftigungsverbot in einem Zeitpunkt ausgesprochen worden ist, als sie noch im Arbeitsverhältnis gestanden hat. Zeitlich gesehen ist somit zunächst das Beschäftigungsverbot ausgesprochen worden, dann erfolgte das Ende des befristeten Arbeitsverhältnis und die anschließende Arbeitslosmeldung. Zum Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung galt das Beschäftigungsverbot weiterhin. Wie das BSG in dem o. a. Urteil desweiteren ausgeführt hat, ist maßgebend, wie weit das vom behandelnden Arzt ausgesprochene Beschäftigungsverbot reicht, d. h. ob es sich nur auf die zuletzt von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit oder auf jegliche Art von Tätigkeit, die der Klägerin im Rahmen des § 121 SGB III zumutbar war, erstreckt hat.

Im vorliegenden Fall ist daher entscheidend, welche Beschäftigungsmöglichkeiten für die schwangere Klägerin in der fraglichen Zeit, nämlich ab 01.08.2007 tatsächlich noch in Betracht kamen und inwieweit ihre Leistungsfähigkeit durch das ärztlicherseits festgestellte gesundheitliche Risikopotenzial beeinträchtigt war. Der die Klägerin behandelnde Arzt Dr. G. hat mit seinem Attest vom 17.05.2007 ein unbefristetes Arbeitsverbot ausgesprochen und zur Begründung angegeben, bei der Klägerin liege eine Hochrisikoschwangerschaft vor und die Schwangerschaft habe sich bereits in den ersten Wochen als recht instabil gezeigt. Rezidivierende Schmierblutungen sowie uterine Kontraktionen seien bis zur 12. Schwangerschaftswoche aufgetreten und derzeit befinde sich die Klägerin in der 14. Schwangerschaftswoche. Die aufgetretenen Schmierblutungen sowie uterine Kontraktionen hätten auch unter medikamentöser Maximaltherapie nicht nachgelassen, sondern sich seit der 12. Schwangerschaftswoche verstärkt. Um die Schwangerschaft nicht noch weiter zu gefährden, sei eine absolute körperliche Schonung von der Klägerin notwendig. Hieraus ergibt sich für den Senat, dass entgegen der Auffassung der Beigeladenen wegen der regelwidrig verlaufenden Schwangerschaft Behandlungsbedürftigkeit gegeben war und bei der Klägerin selbst leichte Arbeiten mit Gesundheitsgefahren verbunden waren. Die Klägerin, die vom 25.10.2006 bis 31.07.2007 bei R. als Justiziarin ohne Qualifikation beschäftigt gewesen ist, hat nach den Ausführungen ihres behandelnden Arztes Dr. G. somit diese Tätigkeit wegen aufgetretener Schmierblutungen und uteriner Kontraktionen nicht mehr ausüben dürfen. Zutreffend ist vom SG daher das Merkmal einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit bejaht worden. Da es sich bei dieser Beschäftigung um leichte körperliche Tätigkeiten am Schreibtisch mit der Möglichkeit des Wechsels zwischen Gehen, Stehen und Sitzen - somit um gesundheitlich günstige Arbeitsbedingungen - gehandelt hat, kommt der Senat zu dem Ergebnis, dass die Klägerin insgesamt somit für keinerlei Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mehr gesundheitlich in der Lage gewesen ist. Das Beschäftigungsverbot hat mithin zur Konsequenz geführt, dass bei der Klägerin nicht nur Einschränkungen - bezogen auf bestimmte Beschäftigungen - vorgelegen haben, sondern dass sie vielmehr keinerlei Tätigkeiten mehr hat verrichten können. Damit fehlt es bereits an einer Verfügbarkeit im Sinne des "Könnens" einer Beschäftigung und es ist vom Vorliegen einer Arbeitsunfähigkeit auszugehen. Der Beginn der Arbeitsunfähigkeit war am 07.05.2007, nämlich mit Ausspruch des Beschäftigungsverbotes durch Dr. G ... Da die Klägerin zu Beginn der Arbeitslosmeldung am 01.08.2007 wegen des Beschäftigungsverbotes seit 07.05.2007 arbeitsunfähig krank gewesen ist und bei Arbeitslosmeldung für die Verrichtung von keinerlei Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mehr in der Lage gewesen ist, hat sie ab 01.08.2007 auch nicht den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung gestanden, weshalb die Beklagte zu Recht den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Alg abgelehnt hat. Bei bis zur Entbindung fortbestehender Arbeitsunfähigkeit kommt es auch nicht darauf an, ob Verfügbarkeit während der Schutzfrist nach § 3 Abs. 2 MuSchG 6 Wochen vor der Geburt durch ausdrücklich erklärte Bereitschaft zur Arbeit hätte erreicht werden können (vgl. BSG Urt. v. 22.02.2012 - B 22 AL 26/10 R-, Juris).

Für die ersten sechs Wochen der Arbeitsunfähigkeit (07.05.2007 bis 17.06.2007) kam Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber in Betracht und nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und Arbeitslosmeldung zum 01.08.2007 kam allenfalls Krankengeld, nicht aber mehr Alg - auch nicht nach § 126 SGB IV (Leistungsfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit) - in Betracht.

Das SG hat zu Recht auch die Beigeladene verurteilt, der Klägerin Krankengeld ab 01.08.2007 zu zahlen. Denn der Klägerin hat wegen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Krankengeld gem. § 44 SGB V zugestanden, und zwar bis 17.09.2007, nämlich 6 Wochen vor dem voraussichtlichen Entbindungstermin. Für Zeiten, in denen die Klägerin Mutterschaftsgeld bezogen hat (ab 6 Wochen vor dem voraussichtlichen Entbindungstermin) ruht der Anspruch auf Krankengeld gem. § 49 Abs. 1 Nr. 3a SGB V.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht.
Rechtskraft
Aus
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