L 8 AL 4893/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 12 AL 2083/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 AL 4893/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 25. Oktober 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung eines Gründungszuschusses zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) streitig.

Die 1960 geborene Klägerin war vom 01.09.2006 bis 31.03.2010 als Betriebsberaterin beim "Fachverband L. R. G." in W. versicherungspflichtig beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis wurde vom Arbeitgeber mit Schreiben vom 13.08.2009 aus betriebsbedingten Gründen zum 31.03.2010 gekündigt. Daneben übte die Klägerin nebenerwerblich eine geringfügige selbständige Tätigkeit (wöchentlich 5 Stunden) aus und studierte ab Oktober 2008 an der Universität H. in der Fachrichtung Politische Wissenschaft (Magister).

Am 01.04.2010 meldete sich die Klägerin bei der Agentur für Arbeit H. (AA) arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Mit Bescheid vom 16.04.2010 und Änderungsbescheid vom 29.04.2010 bewilligte und zahlte die AA der Klägerin Alg mit einer Anspruchsdauer von 360 Tagen für die Zeit vom 01.04.2010 bis 30.03.2011 in Höhe von täglich 27,18 EUR.

Nach - von der Beklagten vorgelegten - Beratungsvermerken äußerte sich die Klägerin am 26.07.2010 hinsichtlich einer hauptberuflichen Selbständigkeit dahin, sich eine solche Tätigkeit nicht vorstellen zu können, da der Nebenerwerb nicht so gut laufe, dass sie diesen ausbauen könne. Am 02.02.2011 zog die Klägerin - im Zusammenhang mit einer laufenden Bewerbung - eine Selbständigkeit im Haupterwerb als nicht vorrangig zu betrachtende Alternative in Betracht. Am 10.03.2011 nannte die Klägerin dann als Hauptziel eine selbständige Tätigkeit als Unternehmensberaterin.

Am 18.03.2011 beantragte die Klägerin rückwirkend zum 31.12.2010 die Gewährung eines Gründungszuschusses zur Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit ab 01.04.2011 als Unternehmensberaterin. Die Klägerin legte eine Stellungnahme der Steuerberaterinnen GbR W. u. W. zur Tragfähigkeit der Existenzgründung vom 28.03.2011, einen beruflichen Lebenslauf, eine Beschreibung des Existenzgründungsvorhabens, einen Kapitalbedarfs- und Finanzierungsplan, eine Umsatz- und Rentabilitätsvorschau jeweils vom 25.03.2011 sowie weitere Unterlagen vor.

Mit Bescheid vom 01.04.2011 lehnte die AA die Gewährung eines Gründungszuschusses ab, da die Klägerin bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit (01.04.2011) nicht über einen erforderlichen Anspruch auf Alg von mindestens 90 Tagen verfüge.

Gegen den Bescheid vom 01.04.2011 legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie machte zur Begründung geltend, sie sei über die Möglichkeit der Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit nicht rechtzeitig beraten worden. Sie habe bereits vom März 2002 bis März 2006 ihren Lebensunterhalt ausschließlich durch eine selbständige Tätigkeit bestritten, weshalb eine Beratung in diese Richtung hätte stattfinden müssen. Auch während ihrer Angestelltentätigkeit von März 2006 bis März 2010 sei sie weiterhin selbständig tätig gewesen, sogar während ihrer Arbeitslosigkeit. Deshalb habe sie sich nicht erst zum 01.04.2011 selbständig gemacht, sie sei vielmehr bereits seit 26.03.2002 beim Gewerbeamt und Finanzamt H. als Selbständige eingetragen. Hierzu legte die Klägerin die Gewerbe-Anmeldung der Stadt H. vom 27.03.2002 in Kopie vor. Darüber hinaus hätte sie darauf hingewiesen und informiert werden müssen, eine hauptberufliche Selbständigkeit zur Beendigung der Arbeitslosigkeit zu wählen, da sowohl wegen ihres Alters als auch ihrer Überqualifikation Hinderungsgründe bestanden hätten, eine Beschäftigung als Angestellte zu finden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 11.05.2011 wies die AA den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 01.04.2011 als unbegründet zurück.

Hiergegen erhob die Klägerin am 10.06.2011 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG). Sie trug zur Begründung vor, die Beklagte wäre verpflichtet gewesen, sie explizit auf die Möglichkeit des Gründungszuschusses hinzuweisen, weshalb sie von der Beklagten schadlos zu halten sei. Sie hätte rechtzeitig vor Ablauf der 90-Tage-Frist auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme eines Gründungszuschusses hingewiesen werden müssen. Aufgrund ihres bisherigen Lebenslaufes sei sie in besonderem Maße für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit geeignet. Ein Anspruch könne aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch abgeleitet werden. Die Beklagte habe ihren Anspruch auf Beratung nicht dem gesetzlichen Maßstab entsprechend erfüllt. Durch die überreichte Broschüre sei der Beratungsanspruch nicht erfüllt worden. Es sei auch nicht nachvollziehbar, weshalb die Beklagte sie nicht auf die Möglichkeit eines Gründungszuschusses konkret aufmerksam gemacht habe. Kern des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches sei, dem Geschädigten die Inanspruchnahme eines Leistungsrechts zu ermöglichen, welches er aufgrund einer Fehlberatung nicht habe benutzen können. Immanente Folge sei, dass die jeweilige Behörde entgegen formaler Bestimmungen nachträglich Leistungen zu gewähren habe. Die Klägerin berief sich auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts.

Die Beklagte legte - u. a. - Beratungsvermerke für den Zeitraum vom 04.02.2010 bis 01.04.2011 (Blätter 25 bis 130 der SG-Akte) vor und trat der Klage entgegen.

Mit Urteil vom 25.10.2011 wies das SG die Klage ab. Es führte zur Begründung aus, ein Gründungszuschuss werde gemäß § 57 Abs. 2 SGB III nur geleistet, wenn bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit der Arbeitnehmer noch über einen Anspruch auf Alg von mindestens 90 Tagen verfüge. Zur Zeit der Aufnahme der selbständigen hauptberuflichen Tätigkeit am 01.04.2011 habe kein Restanspruch auf Alg bestanden. Die Klägerin könne einen Anspruch auf die Gewährung eines Gründungszuschusses auch nicht aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ableiten. Eine Fehlberatung der Beklagten sei auch unter dem Gesichtspunkt der sogenannten Spontanberatung nicht erfolgt. Nach den vorgelegten Beratungsvermerken sei der Gedanke einer Selbständigkeit im Hauptgewerbe als nicht vorrangig zu betrachtende Alternative erstmals am 02.02.2011 aufgetaucht. Die Beklagte sei ihren Beratungsobliegenheiten durch die im Merkblatt 1 für Arbeitslose gemachten Hinweise zur Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit durch einen Gründungszuschuss ausreichend gerecht geworden, dessen Erhalt und Kenntnisnahme die Klägerin bei der Antragstellung auf Alg bestätigt habe. Die Beklagte habe zu Recht davon ausgehen dürfen, dass die Klägerin bei konkretem Interesse an der Aufnahme einer hauptberuflichen selbständigen Tätigkeit sich mit einem konkreten Beratungsbegehren an die Mitarbeiter der Beklagten wenden würde. Zu einer Spontanberatung über die im Merkblatt enthaltenden Hinweise hinaus sei die Beklagte nicht verpflichtet gewesen.

Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 08.11.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 09.11.2011 Berufung eingelegt. Die Klägerin hat zur Begründung vorgetragen, das SG verkenne die Reichweite des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches und die Voraussetzungen einer Spontanberatungspflicht. Eine konkrete Beratung hinsichtlich der Möglichkeit der Inanspruchnahme eines Gründungszuschusses habe sich der Beklagten aufgrund der subjektiven Rahmenbedingungen und der objektiven Arbeitsmarktsituation geradezu aufgedrängt. Über eine Selbständigkeit sei durchaus gesprochen worden. Verkannt werde, dass Ihre Äußerung, "derzeit sei eine selbstständige Haupttätigkeit nicht vorstellbar" offen lasse, weshalb dies nicht der Fall gewesen sei. Eine Anschubfinanzierung zur Deckung der Lebenshaltungskosten hätte sie zu einer unmittelbaren früheren hauptberuflichen Selbständigkeit veranlasst. Die Mitarbeiter der Beklagten hätten dies erkennen und die Möglichkeit des Gründungszuschusses explizit benennen müssen. Wenn die Beratungsobliegenheiten der Beklagten bereits durch die Aushändigung des Merkblattes 1 für Arbeitslose erfüllt würden, bestünde die berechtigte Gefahr, dass persönliche Beratungen zu reinen Durchlaufterminen würden. Im Merkblatt sei der Gründungszuschuss weit hinten versteckt und nicht sonderlich hervorgehoben. Allein durch die Aushändigung des Merkblattes sei die Beklagte nicht ihrer Verpflichtung zur persönlichen und individuellen Beratung nachgekommen. Aus der Bestätigung der Kenntnisnahme des Merkblattes zu schließen, den auf Seite 57 beschriebenen Gründungszuschuss auswendig gelernt zu haben und auf ihre persönliche Situation übertragen zu können, sei lebensfremd. Sie habe eine Vielzahl von Beratungsterminen bei der Beklagten wahrgenommen. Ihr Lebenslauf befinde sich in den Akten. Ein qualifizierter Arbeitsvermittler hätte bei diesen Rahmenumständen einen Gründungszuschuss geradezu anpreisen müssen. Dass nicht bei einem einzigen Termin eine Beratung hinsichtlich des Gründungszuschusses vermerkt sei, könne nicht nachvollzogen werden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 25. Oktober 2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Mai 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr einen Gründungszuschuss gemäß § 57 Abs. 2 SGB III a.F. zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Unstreitig sei, dass die Voraussetzungen des § 57 Abs. 2 SGB III nicht erfüllt seien, weil die Klägerin zum 01.04.2011 nicht mehr über einen Restanspruch auf Alg von 90 Tagen verfügt habe. Ein Leistungsanspruch nach den Grundsätzen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches bestehe schon deshalb nicht, da es nicht möglich sei, den Tatbestand so zu fingieren, als hätte die Klägerin eine selbständige hauptberufliche Tätigkeit bereits zu einem Zeitpunkt aufgenommen, zu dem ein Restanspruch auf Alg von mindestens 90 Tagen bestanden habe. Unabhängig davon habe auch kein Anlass zu einer Spontanberatung bestanden. Die Klägerin könne allenfalls einen Amtshaftungsanspruch geltend machen. Insofern wäre eine Verweisung an das zuständige Landgericht angezeigt.

Die Beteiligten sind mit richterlicher Verfügung vom 30.03.2011 auf die Möglichkeit einer Entscheidung gemäß § 153 Abs. 4 SGG ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss hingewiesen worden und haben Gelegenheit erhalten, zur Sache und zum beabsichtigten Verfahren bis spätestens 15.05.2012 Stellung zu nehmen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie ein Band Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

II.

Der Senat kann über die Berufung der Klägerin gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss entscheiden, da er diese einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind auf diese beabsichtigte Vorgehensweise mit richterlicher Verfügung vom 30.03.2012 hingewiesen worden. Innerhalb der ihnen gesetzten Äußerungsfrist wurden gegen diese Verfahrensweise keine Einwände erhoben.

Die nach § 151 SGG form und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten vom 01.04.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.05.2011 verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf den begehrten Gründungszuschuss.

Nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus Amtshaftung. Einen solchen Anspruch hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Ihr Begehren beschränkt sich vielmehr auf die Gewährung eines Gründungszuschusses gemäß § 57 SGB III, wie sich aus ihrem Vorbringen für den Senat zweifelsfrei ergibt. Dem entspricht auch ihr Berufungsantrag. Der Senat sieht deshalb keine Veranlassung, entsprechend der Anregung der Beklagten, den Rechtsstreit an das zuständige Landgericht zu verweisen. Die Klägerin hat einen solchen Verweisungsantrag auch nicht gestellt.

Rechtsgrundlage des von der Klägerin geltend gemachten Anspruches auf Gewährung eines Gründungszuschusses ist § 57 SGB III in der vom 01.08.2009 bis 27.12.2011 geltenden Fassung. Die Übergangsregelungen des § 434j Abs. 12 Nr. 2, §§ 434m und 434o oder § 434r Abs. 3 und 4 Nr. 2. SGB III finden zu Gunsten der Klägerin keine Anwendung.

Nach § 57 Abs. 1 SGB III (in der genannten Fassung) haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf einen Gründungszuschuss. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift wird ein Gründungszuschuss geleistet, wenn der Arbeitnehmer 1. bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit a) einen Anspruch auf Entgeltersatzleistungen nach diesem Buch hat oder b) eine Beschäftigung ausgeübt hat, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nach diesem Buche gefördert worden ist, 2. bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch über einen Anspruch auf Arbeitslosengeld, dessen Dauer nicht allein auf § 127 Absatz 3 SGB III beruht, von mindestens 90 Tagen verfügt, 3. der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und 4. seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlegt. Zum Nachweis der Tragfähigkeit der Existenzgründung ist der Agentur für Arbeit die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorzulegen; fachkundige Stellen sind insbesondere die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, berufsständische Kammern, Fachverbände und Kreditinstitute. Bestehen begründete Zweifel an den Kenntnissen und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit, kann die Agentur für Arbeit vom Arbeitnehmer die Teilnahme an Maßnahmen zur Eignungsfeststellung oder zur Vorbereitung der Existenzgründung verlangen.

Diese Voraussetzungen für die Gewährung eines Gründungszuschusses sind bei der Klägerin nicht sämtlich erfüllt. Allerdings liegt ein Ausschlussgrund nach § 57 Abs. 3 bis 5 SGB III bei der Klägerin nicht vor. Auch die Bestimmungen des § 57 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1, 3 und 4 SGB III stehen dem geltend gemachten Anspruch auf Gewährung eines Gründungszuschusses nicht entgegen. Hierauf hat die Beklagte den streitgegenständlichen Ablehnungsbescheid auch nicht gestützt. Die Klägerin erfüllt jedoch die Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB III nicht, da sie bei Aufnahme ihrer hauptberuflichen selbständigen Tätigkeit über keinen Anspruch auf Alg von mindestens 90 Tagen mehr verfügt hat, sondern ihr Alg-Anspruch bereits erschöpft war. Dies wird von der Klägerin auch nicht in Abrede gestellt.

Die Klägerin vermag ihr Begehren auf Bewilligung eines Gründungszuschusses nicht mit Erfolg auf das Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu stützen, worauf sie zur Begründung ihrer Berufung maßgeblich abstellt. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch setzt voraus, dass der Sozialleistungsträger eine ihm aufgrund Gesetzes obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 14, 15 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch) verletzt hat, dass weiter zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht und dass der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden kann (vgl. zum Ganzen Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-4300 § 137 Nr. 1). Denn mit Hilfe des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kann ein Fehlverhalten des Leistungsträgers nur insoweit berichtigt werden, als die Korrektur mit dem Gesetzeszweck in Einklang steht (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. BSG SozR 3-4100 § 249e Nr. 4; BSG SozR 4 4300 § 137 Nr. 1; BSG, Urteil vom 31. Januar 2006 - B 11a AL 15/05 R - (juris)). Rein tatsächliche Gegebenheiten - wie z.B. fehlende Arbeitslosmeldung (BSG SozR 4100 § 105 Nr. 2), fehlende Anwartschaftszeit (BSG SozR 4100 § 102 Nr. 6; BSG SozR 4100 § 112 Nr. 52), fehlende Eingliederungschancen (BSG SozR 4100 § 56 Nr. 18) - können über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht ersetzt werden. Dies gilt ebenso für die Verfügbarkeit (BSG SozR 4100 § 103 Nr. 36) und die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit oder deren Beginn (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13. März 2008 -L 7 AL 4158/07 -; Urteil des Senats vom 28.11.2008 - L 8 AL 589/08 -, juris). Dass die Klägerin bei Aufnahme ihrer hauptberuflichen selbständigen Tätigkeit zum 01.04.2011 noch über ein Restanspruchsdauer von Alg von mindestens 90 Tagen verfügt hat, kann damit durch einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch ebenso wenig fingiert werden, wie die Aufnahme einer solchen Tätigkeit zu einem Zeitpunkt mit einer Restanspruchsdauer von Alg von mindestens 90 Tagen. Auf - vom SG im angefochtenen Urteil verneinte - Beratungsfehler der Mitarbeiter der Beklagten, die die Klägerin zur Begründung ihrer Berufung rügt, kommt es daher nicht an.

Die Berufung der Klägerin kann damit keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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