Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AS 503/12 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 343/12 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Für die Beurteilung hinreichender Erfolgsaussichten bzgl. Prozesskostenhilfe ist auf den Zeitpunkt der Entscheidungsreife abzustellen.
2. Entscheidugnsreife setzt regelmäßig die vorherige Anhörung der weiteren Beteiligten voraus.
3. Ist bei Entscheidungsreife bereits Erledigung eingetreten und wird das Verfahren nicht für erledigt erklärt, ist Prozesskostenhilfe nicht mehr zu bewilligen.
2. Entscheidugnsreife setzt regelmäßig die vorherige Anhörung der weiteren Beteiligten voraus.
3. Ist bei Entscheidungsreife bereits Erledigung eingetreten und wird das Verfahren nicht für erledigt erklärt, ist Prozesskostenhilfe nicht mehr zu bewilligen.
Die Beschwerde gegen Ziffer III des Beschlusses des Sozialgerichts München vom 26. März 2012, Az.: S 13 AS 503/12 ER, wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Bf) beantragte beim Antragsgegner (Ag) mit Weiterbewilligungsantrag vom 30.01.2012 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II ab 01.02.2012.
Offensichtlich am 22.02.2012 war die Bf bei ihrem Prozessbevollmächtigten, um diesen mit der Wahrnehmung ihrer Interessen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu beauftragen und gleichzeitig Prozesskostenhilfeantrag für das Eilverfahren zu beantragen; die von ihr ausgefüllte Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ist mit Datum vom 22.02.2012 unterschrieben.
Mit Bescheid vom 24.02.2012, am selben Tag zur Post gegeben, bewilligte der Ag Leistungen wie beantragt ab 01.02.2012.
Mit Schreiben vom 27.02.2012 beantragte die Bf beim Sozialgericht München (SG) einstweiligen Rechtsschutz. Im Rahmen der Anhörung durch das SG verwies der Ag mit Schriftsatz vom 29.02.2012 auf den Bewilligungsbescheid vom 24.02.2012.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 05.03.2012 fragte das SG bei der Bf. an, ob das Verfahren für erledigt erklärt werde. Die Ast. reagierte bis zur vom SG gesetzten Frist am 13.03.2012 nicht.
Daraufhin wies das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit Beschluss vom 26.03.2012 ab (Ziffer I), entschied unter Ziffer II des Beschlusses, dass Kosten nicht zu erstatten seien, und lehnte unter Ziffer III des Beschlusses die beantragte Prozesskostenhilfe mit der Begründung ab, die beabsichtigte Rechtsverfolgung habe im maßgeblichen Entscheidungszeitraum keine hinreichende Aussicht auf Erfolg gehabt. Abzustellen sei insoweit auf die Entscheidungsreife des Antrags. Voraussetzung für die Entscheidungsreife über den Prozesskostenhilfeantrag sei neben der vollständig ausgefüllten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, dass dem Prozessgegner die Möglichkeit rechtlichen Gehörs eingeräumt werde. Evtl. Erfolgsaussichten des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz seien bereits vor der Entscheidungsreife des Antrags auf Prozesskostenhilfe untergegangen.
Gegen Ziffer III des Beschlusses vom 26.03.2012 hat die Bf Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt.
Der Bewilligungsbescheid habe am Tag der Einlegung einstweiligen Rechtsschutzes (27.02.2012) nicht vorgelegen und sei erst am 02.03.2012 bei ihr eingegangen. Das rechtliche Gehör des Ag sei dadurch gewährleistet gewesen, dass die Bf mit Schreiben vom 21.02.2012 um unverzügliche Verbescheidung gebeten habe, da sie auf die Leistung angewiesen sei, aber von der Ag daraufhin nichts gehört habe.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hatte schon am 27.02.2012 keine hinreichenden Erfolgsaussichten mehr, nachdem der Bg. bereits mit Bescheid vom 24.02.2012 Leistungen an die Bf. bewilligt hatte.
Zwar wäre es im Rahmen einer Kostenentscheidung nach § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Abs.1 Satz 2 SGG durchaus möglich gewesen, den Verfahrensablauf im Wege des Veranlassungsprinzips zu berücksichtigen, wenn der Prozessbevollmächtigte der Bf. Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz sofort für erledigt erklärt hätte, wie es das Sozialgericht nahegelegt hatte. Im Rahmen einer solchen Kostenentscheidung hätten dann auch Verursachungsgründe berücksichtigt werden können. Dies hat der Prozessbevollmächtigte der Bf. jedoch unterlassen, so dass das SG eine Entscheidung nach § 193 Abs.1 Satz 2 SGG nicht treffen konnte.
Im Rahmen des dann notwendigen Beschlusses hatte das SG bei seiner Kostenentscheidung darauf abzustellen, dass der Antrag nicht für erledigt erklärt worden ist und die Bf. demgemäß weiterhin Leistungen beantragt hatte, die sie schon erhalten hatte, die Hauptsache also erledigt war. Kosten nach § 193 SGG konnten der Bf. im Rahmen der Entscheidung des SG demgemäß nicht mehr zugesprochen werden.
Bei der Entscheidung über die Prozesskostenhilfe in Ziffer III des Beschlusses hat das SG zutreffend darauf abgestellt, dass für den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz keine hinreichenden Erfolgsaussichten iSv § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) gegeben waren.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob bereits bei Antragstellung beim SG am 27.03.2012 aufgrund des - allerdings möglicherweise der Bf noch nicht zugegangen Bescheides -bereits keine Erfolgsaussichten mehr gegeben waren.
Denn zumindest bei Entscheidungsreife über den Antrag auf Prozesskostenhilfe waren keine hinreichenden Erfolgsaussichten mehr gegeben.
Voraussetzung für das Eintreten von Entscheidungsreife ist regelmäßig, dass alle Beteiligten gehört wurden (Beschluss des Senats vom 19.03.2009, L 7 AS 52/09 B PKH, vgl insbesondere Rz 14 und 18 zur Bedeutung der in § 118 Abs 1 Satz 1 ZPO vorgesehenen Gelegenheit zur Stellungnahme insoweit). Die Anhörung muss im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens erfolgen; eine vorherige Auseinandersetzung zwischen Bf. und Bg. kann nicht die im gerichtlichen Verfahren notwendige Anhörung eines Beteiligten ersetzen. Eine Sondersituation, in der die Anhörung ausnahmsweise entfallen könnte (vgl. § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO: "aus besonderen Gründen unzweckmäßig"), liegt hier nicht vor.
Erst nach Anhörung des Ag, also am 03.02.2012, war der Antrag auf Prozesskostenhilfe entscheidungsreif. Zum diesem Zeitpunkt war die Hauptsache jedoch bereits erledigt, da - auch nach der Einlassung der Bf. im Beschwerdeverfahren - der Bewilligungsbescheid vom 24.02.2012 dieser spätestens am 03.02.2012 zugegangen und damit wirksam geworden war.
Da am 03.02.2012 die Hauptsache erledigt war, hatte der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife über den Prozesskostenhilfeantrag nicht mehr die nach § 114 ZPO notwendigen hinreichenden Erfolgsaussichten.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Bf) beantragte beim Antragsgegner (Ag) mit Weiterbewilligungsantrag vom 30.01.2012 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II ab 01.02.2012.
Offensichtlich am 22.02.2012 war die Bf bei ihrem Prozessbevollmächtigten, um diesen mit der Wahrnehmung ihrer Interessen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu beauftragen und gleichzeitig Prozesskostenhilfeantrag für das Eilverfahren zu beantragen; die von ihr ausgefüllte Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ist mit Datum vom 22.02.2012 unterschrieben.
Mit Bescheid vom 24.02.2012, am selben Tag zur Post gegeben, bewilligte der Ag Leistungen wie beantragt ab 01.02.2012.
Mit Schreiben vom 27.02.2012 beantragte die Bf beim Sozialgericht München (SG) einstweiligen Rechtsschutz. Im Rahmen der Anhörung durch das SG verwies der Ag mit Schriftsatz vom 29.02.2012 auf den Bewilligungsbescheid vom 24.02.2012.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 05.03.2012 fragte das SG bei der Bf. an, ob das Verfahren für erledigt erklärt werde. Die Ast. reagierte bis zur vom SG gesetzten Frist am 13.03.2012 nicht.
Daraufhin wies das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit Beschluss vom 26.03.2012 ab (Ziffer I), entschied unter Ziffer II des Beschlusses, dass Kosten nicht zu erstatten seien, und lehnte unter Ziffer III des Beschlusses die beantragte Prozesskostenhilfe mit der Begründung ab, die beabsichtigte Rechtsverfolgung habe im maßgeblichen Entscheidungszeitraum keine hinreichende Aussicht auf Erfolg gehabt. Abzustellen sei insoweit auf die Entscheidungsreife des Antrags. Voraussetzung für die Entscheidungsreife über den Prozesskostenhilfeantrag sei neben der vollständig ausgefüllten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, dass dem Prozessgegner die Möglichkeit rechtlichen Gehörs eingeräumt werde. Evtl. Erfolgsaussichten des Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz seien bereits vor der Entscheidungsreife des Antrags auf Prozesskostenhilfe untergegangen.
Gegen Ziffer III des Beschlusses vom 26.03.2012 hat die Bf Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht eingelegt.
Der Bewilligungsbescheid habe am Tag der Einlegung einstweiligen Rechtsschutzes (27.02.2012) nicht vorgelegen und sei erst am 02.03.2012 bei ihr eingegangen. Das rechtliche Gehör des Ag sei dadurch gewährleistet gewesen, dass die Bf mit Schreiben vom 21.02.2012 um unverzügliche Verbescheidung gebeten habe, da sie auf die Leistung angewiesen sei, aber von der Ag daraufhin nichts gehört habe.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz hatte schon am 27.02.2012 keine hinreichenden Erfolgsaussichten mehr, nachdem der Bg. bereits mit Bescheid vom 24.02.2012 Leistungen an die Bf. bewilligt hatte.
Zwar wäre es im Rahmen einer Kostenentscheidung nach § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Abs.1 Satz 2 SGG durchaus möglich gewesen, den Verfahrensablauf im Wege des Veranlassungsprinzips zu berücksichtigen, wenn der Prozessbevollmächtigte der Bf. Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz sofort für erledigt erklärt hätte, wie es das Sozialgericht nahegelegt hatte. Im Rahmen einer solchen Kostenentscheidung hätten dann auch Verursachungsgründe berücksichtigt werden können. Dies hat der Prozessbevollmächtigte der Bf. jedoch unterlassen, so dass das SG eine Entscheidung nach § 193 Abs.1 Satz 2 SGG nicht treffen konnte.
Im Rahmen des dann notwendigen Beschlusses hatte das SG bei seiner Kostenentscheidung darauf abzustellen, dass der Antrag nicht für erledigt erklärt worden ist und die Bf. demgemäß weiterhin Leistungen beantragt hatte, die sie schon erhalten hatte, die Hauptsache also erledigt war. Kosten nach § 193 SGG konnten der Bf. im Rahmen der Entscheidung des SG demgemäß nicht mehr zugesprochen werden.
Bei der Entscheidung über die Prozesskostenhilfe in Ziffer III des Beschlusses hat das SG zutreffend darauf abgestellt, dass für den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz keine hinreichenden Erfolgsaussichten iSv § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) gegeben waren.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob bereits bei Antragstellung beim SG am 27.03.2012 aufgrund des - allerdings möglicherweise der Bf noch nicht zugegangen Bescheides -bereits keine Erfolgsaussichten mehr gegeben waren.
Denn zumindest bei Entscheidungsreife über den Antrag auf Prozesskostenhilfe waren keine hinreichenden Erfolgsaussichten mehr gegeben.
Voraussetzung für das Eintreten von Entscheidungsreife ist regelmäßig, dass alle Beteiligten gehört wurden (Beschluss des Senats vom 19.03.2009, L 7 AS 52/09 B PKH, vgl insbesondere Rz 14 und 18 zur Bedeutung der in § 118 Abs 1 Satz 1 ZPO vorgesehenen Gelegenheit zur Stellungnahme insoweit). Die Anhörung muss im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens erfolgen; eine vorherige Auseinandersetzung zwischen Bf. und Bg. kann nicht die im gerichtlichen Verfahren notwendige Anhörung eines Beteiligten ersetzen. Eine Sondersituation, in der die Anhörung ausnahmsweise entfallen könnte (vgl. § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO: "aus besonderen Gründen unzweckmäßig"), liegt hier nicht vor.
Erst nach Anhörung des Ag, also am 03.02.2012, war der Antrag auf Prozesskostenhilfe entscheidungsreif. Zum diesem Zeitpunkt war die Hauptsache jedoch bereits erledigt, da - auch nach der Einlassung der Bf. im Beschwerdeverfahren - der Bewilligungsbescheid vom 24.02.2012 dieser spätestens am 03.02.2012 zugegangen und damit wirksam geworden war.
Da am 03.02.2012 die Hauptsache erledigt war, hatte der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife über den Prozesskostenhilfeantrag nicht mehr die nach § 114 ZPO notwendigen hinreichenden Erfolgsaussichten.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist unanfechtbar, § 177 SGG.
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