L 12 AL 630/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 7 AL 5603/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 630/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 10. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) über den 30. September 2011 hinaus.

Dem 1949 geborenen Kläger wurde auf seinen Antrag vorläufig Alg ab 5. Oktober 2010 für 720 Kalendertage bewilligt (täglicher Leistungssatz 44,96 EUR). Nachdem Dr. W. vom Ärztlichen Dienst der Beklagten am 5. November 2010 festgestellt hatte, dass der Kläger wegen Morbus Parkinson mit Kräfteminderung, Gangstörungen, verminderter Funktionsfähigkeit der rechten Hand und Schluckstörungen voraussichtlich auf Dauer täglich weniger als drei Stunden arbeiten könne, forderte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 10. November 2010 auf, innerhalb eines Monats einen Antrag auf Rehabilitationsleistungen oder Erwerbsminderungsrente beim Rentenversicherungsträger zu stellen. Der Kläger wurde darauf hingewiesen, dass die Zahlung von Alg nach Ablauf der Frist eingestellt werde, wenn der Antrag nicht innerhalb der Monatsfrist gestellt werde. Der Kläger verwies auf den Entlassungsbericht der Reha-Kliniken S., in welchem aufgrund stationärer Behandlung vom 27. Oktober bis 26. November 2009 die Einschätzung vertreten wurde, der Kläger könne auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch vollschichtig arbeiten. Nachdem der Kläger keinen Antrag auf Rehabilitationsleistungen gestellt hatte, erließ die Beklagte am 14. Dezember 2010 einen Entziehungsbescheid sowie einen Aufhebungsbescheid mit Wirkung ab 14. Dezember 2010 wegen fehlender Mitwirkung. Die hiergegen gerichteten Widersprüche wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2010 zurück, der vom Kläger mit der Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) angefochten wurde (S 7 AL 228/11).

Am 23. Dezember 2010 stellte der Kläger sodann Antrag auf Gewährung von Rehabilitationsleistungen beim Rentenversicherungsträger. Die Beklagte bewilligte mit Änderungsbescheid vom 29. Dezember 2010 erneut vorläufig Alg für den Zeitraum 23. Dezember 2010 bis 11. Oktober 2012. Der Rentenversicherungsträger lehnte den Antrag des Klägers auf Gewährung von Rehabilitationsleistungen ab, da das Leistungsvermögen nicht gebessert bzw. Erwerbsfähigkeit nicht wiederhergestellt werden könne. Der Kläger entschloss sich daraufhin, statt der (niedrigeren) Erwerbsminderungsrente Altersrente für schwerbehinderte Menschen zu beantragen (Antragstellung am 19. Januar 2011). Mit Bescheid vom 18. August 2011 bewilligte die D. R. B. dem Kläger Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 1. Januar 2011. Die laufende Zahlung in Höhe von 1.319,97 EUR monatlich wurde ab 1. Oktober 2011 aufgenommen.

Mit Bescheiden vom 23. August und 26. September 2011 hob die Beklagte daraufhin die Bewilligung von Alg ab 1. Oktober 2011 auf. Mit weiterem Bescheid vom 25. August 2011 teilte sie dem Kläger mit, dass für den Zeitraum 1. Januar bis 30. September 2011 vom Rentenversicherungsträger eine Erstattung für geleistetes Alg in Höhe von 11.801,85 EUR verlangt werde. Mit seinem Widerspruch gegen die Aufhebung der Bewilligung ab 1. Oktober 2011 machte der Kläger im Wesentlichen geltend, er sei von der Beklagten zu Unrecht zu einer Reha- bzw. Erwerbsminderungsrentenantragstellung aufgefordert worden. Er sei zu einer Rentenantragstellung durch die Arbeitsagentur gedrängt worden, obwohl er sich noch für leistungsfähig halte. Welche Rente - Altersrente oder Erwerbsminderungsrente - letztlich aufgrund dieser Aufforderung zuerkannt worden sei, sei unerheblich.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26. September 2011 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und führte aus, gemäß § 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) ruhe der Anspruch auf Alg während der Zeit, für die dem Arbeitslosen eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zuerkannt sei. Die Zuerkennung einer Altersrente bewirke ein Ruhen des Leistungsanspruchs ab Beginn der laufenden Rente. Für die Zeit vom tatsächlichen Rentenbeginn bis zum Beginn der laufenden Rentenzahlung bestehe gegenüber dem Rentenversicherungsträger ein Erstattungsanspruch in Höhe der zustehenden Rente. Ab Beginn der laufenden Rentenzahlung ab 1. Oktober 2011 habe Alg infolge der gesetzlichen Ruhenswirkung nicht mehr zugestanden. Alg sei demgemäß bis zur laufenden Rentenzahlung zum 30. September 2011 zu beenden und nach § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) aufzuheben. Soweit auf die im Rahmen des Nahtlosigkeitsverfahrens nach § 125 SGB III durch die Bundesagentur erfolgte Aufforderung zu einer Reha-Antragstellung verwiesen werde, habe dies keinen unmittelbaren rechtlichen Zusammenhang. Die tatsächliche Zuerkennung einer Altersrente im Hinblick auf die bestehenden Ruhensbestimmungen nach § 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB III habe Tatbestandswirkung geschaffen, sodass die entsprechenden Rechtsfolgen durch die Beklagte in Form der angefochtenen Bescheide zu vollziehen gewesen seien.

Mit Änderungsbescheid vom 28. September 2011 hat die Beklagte sodann endgültig Alg u.a. für die Zeit vom 23. Dezember 2010 bis 30. September 2011 mit einem Leistungsbetrag von 44,96 EUR bewilligt.

Mit seiner am 19. Oktober 2011 zum SG erhobenen Klage wendet sich der Kläger gegen die Aufhebung der Leistungsbewilligung zum 30. September 2011.

Mit Gerichtsbescheid vom 10. Januar 2012 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid der Beklagten Bezug genommen und ergänzend ausgeführt, dass durch die Zuerkennung der Altersrente für schwerbehinderte Menschen kraft Gesetzes das Ruhen des Anspruchs auf Alg ausgelöst werde. Lediglich wenn der Kläger die ruhensbegründende Rente nicht realisieren würde, z.B. durch einen Verzicht auf diese Leistung, käme ein Ruhen des Anspruchs auf Alg nicht in Betracht. Ein solcher Tatbestand sei hier jedoch nicht gegeben. Insbesondere erfülle die vorsorgliche Einlegung des Widerspruchs gegen den Rentenbescheid der D. R. B. diese Voraussetzungen deshalb nicht, weil der Kläger laufend aus diesem Bescheid Rente beziehe.

Gegen den seinem Bevollmächtigten am 13. Januar 2012 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 13. Februar 2012 eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung wird ausgeführt, dass sich die Beklagte nicht auf die Stellungnahme von Dr. W. stützen könne, um damit die Berechtigung zu belegen, den Kläger zur Stellung eines Antrags auf Reha-Leistungen aufzufordern. Die Stellungnahme sei nicht vergleichbar mit einer sozialmedizinischen Epikrise, wie sie der Entlassungsbericht der Kliniken S. vom 11. Dezember 2009 enthalte. Trotz des bestehenden Morbus Parkinson könne im Fall des Klägers weiterhin ein vollschichtiges Leistungsvermögen für den allgemeinen Arbeitsmarkt angenommen werden. Rein vorsorglich werde deshalb ein Sachverständigengutachten zu der Frage beantragt, ob und in welchem Umfang 2010 und in der Folgezeit beim Kläger ein restliches Leistungsvermögen bestanden habe. Der Kläger hätte weder Rente wegen Erwerbsminderung noch Altersrente beantragt, wenn er nicht durch die Beklagte dazu aufgefordert worden wäre. Wenn aber die Voraussetzungen für diese Aufforderung nicht vorlagen, hätte dem Kläger weiterhin lückenlos Alg bewilligt werden müssen. Den vom Kläger gestellten Reha-Antrag habe die D. R. B. als Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung gewertet. Im Anschluss an die Aufforderung der Beklagten sei der Kläger in seiner Dispositionsbefugnis eingeschränkt gewesen, den Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung habe er nicht zurücknehmen können. Er habe dann lediglich vorgezogen, sich rein vorsorglich für die für ihn günstigere Altersrente für schwerbehinderte Menschen zu entscheiden. Mit der Rentenversicherung habe sich der Kläger darauf verständigt, dass die Altersrente zunächst fortbezahlt werde. Die Frage des Vorliegens einer Erwerbsminderung beim Kläger könne also abschließend nur inzident im vorliegenden Fall geprüft werden. Es könne nicht sein, dass allein eine Aufforderung nach § 125 SGB III ausreiche, um einen Versicherten in den Verantwortungsbereich der Rentenversicherung abzuschieben, ohne dass letztlich geprüft werde, ob die Leistungsfähigkeit des Versicherten tatsächlich in einem Maße herabgesunken sei, wie dies nach § 125 SGB III vorausgesetzt werde.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 10. Januar 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 23. August 2011 und 26. September 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. September 2011 und des Änderungsbescheids vom 28. September 2011 aufzuheben und dem Kläger Arbeitslosengeld über den 30. September 2011 hinaus zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Frage, ob die Beklagte den Kläger zu Recht zu einer Reha-Antragstellung aufgefordert habe, sei nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Hier gehe es ausschließlich darum, ob die Beklagte ihren dem Kläger Alg gewährenden Bescheid vom 29. Dezember 2010 rechtsfehlerfrei aufgrund der bewilligten und ab 1. Oktober 2011 gezahlten Altersrente für schwerbehinderte Menschen aufgehoben habe. Hierzu habe das SG zutreffend ausgeführt, dass allein das Zuerkennen und Auszahlen der Rente den in § 142 SGB III formulierten Ruhenstatbestand kraft Gesetzes auslöse.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Der Senat kann nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorliegend ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis mit dieser Verfahrensweise erklärt haben.

Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung ist statthaft (§ 143 SGG) und damit zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstands 750,00 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 SGG). Die Berufung ist in der Sache jedoch nicht begründet, denn die Beklagte hat zu Recht die Bewilligung von Alg mit Wirkung ab 1. Oktober 2011 aufgehoben. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung von Alg über den 30. September 2011 hinaus.

Der Kläger macht sein Begehren vorliegend zutreffend mit der verbundenen Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) geltend. Streitgegenstand sind die Aufhebungsbescheide vom 23. August und 26. September 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. September 2011, mit welcher die vorläufige Bewilligung von Alg ab 1. Oktober 2011 aufgehoben wurde. Da mit dem Änderungsbescheid vom 28. September 2011, welcher nach § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist (vgl. Bundessozialgericht (BSG), BSGE 81, 213, 214), zugleich endgültig über die Bewilligung von Alg entschieden worden ist und - korrespondierend mit den Verfügungen im Aufhebungsbescheid - das Ende des Leistungsbezugs auf den 30. September 2011 gesetzt wurde, kann der Kläger hier auch die endgültige Weiterbewilligung über den 30. September 2011 hinaus im Wege der Leistungsklage geltend machen (vgl. BSGE 104, 76 = SozR 4-4300 § 22 Nr. 2; BSGE 108, 86 = SozR 4-1500 § 54 Nr. 21).

Rechtsgrundlage für die Aufhebung der Entscheidung über die Bewilligung von Alg ist § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Die Bewilligung von Alg mit Bescheid vom 29. Dezember 2010 enthält einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, denn die rechtlichen Wirkungen gehen aufgrund der Bewilligung bis 11. Oktober 2012 über den Zeitpunkt der Bekanntgabe bzw. Bindungswirkung hinaus (vgl. BSGE 78, 109, 111 = SozR 3-1300 § 48 Nr. 48; BSGE 88, 172 = SozR 3-4300 § 119 Nr. 3). Wesentlich i.S.v. § 48 Abs. 1 SGB X ist jede für die bewilligte Leistung rechtserhebliche Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse, ausgehend von dem für die Leistung maßgeblichen materiellen Recht (vgl. BSGE 78, 109, 111 = SozR 3-1300 § 48 Nr. 48). Eine derartige Änderung ist hier für die Zeit ab 1. Oktober 2011 eingetreten.

Nach § 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB III (i.d.F. des Gesetzes vom 23. Dezember 2003, BGBl. I S. 2848) ruht der Anspruch auf Alg während der Zeit, für die dem Arbeitslosen ein Anspruch auf Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung zuerkannt ist. Zuerkannt i.S.d. § 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB III ist der Anspruch dann, wenn der Leistungsträger infolge der Zuerkennung Zahlungen zu erbringen hat (BSGE 70, 51, 52 = SozR 3-4100 § 118 Nr. 3). Bei Rentennachzahlungen, die zur Befriedigung von Erstattungsforderungen einbehalten werden, ist dies nicht der Fall, denn der Zweck der Ruhensvorschrift besteht nicht nur darin, Doppelzahlungen auszuschließen, sondern auch nahtlose Leistungen verschiedener Sozialleistungsträger zu gewährleisten (vgl. BSG SozR 1300 § 48 Nr. 22; BSGE 70, 51, 54 = SozR 3-4100 § 118 Nr. 3; BSGE 89, 13 = SozR 3-4300 § 142 Nr. 1). Der Anspruch auf Alg ruht daher vorliegend, obwohl die Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 1. Januar 2011 bewilligt worden ist, erst ab Beginn der laufenden Zahlungen zum 1. Oktober 2011, denn für die Zeit davor hat der Rentenversicherungsträger die Leistung nicht ausgezahlt, sondern der Beklagten erstattet.

Das Ruhen erfasst den Anspruch auf Alg in voller Höhe, auch wenn die Altersrente monatlich um ca. 30,00 EUR niedriger liegt, als der Alg-Anspruch. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen insoweit nicht. Bereits zur Ruhensvorschrift des § 118 Abs. 1 Nr. 4 Arbeitsförderungsgesetz, die dem hier geltenden § 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB III entspricht, hat das BSG ausgeführt, dass die Regelung nicht verfassungswidrig ist (vgl. BSGE 73, 10, 17 f. = SozR 3-4100 § 118 Nr. 4). Auch zu § 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB III hat es die Auffassung vertreten, dass der Gesetzgeber befugt sei, im Sinne einer typisierenden Betrachtung Ruhensregelungen zu normieren, die eine Prüfung der Bedürftigkeit schon vom Ansatz her überflüssig machen (BSGE 89, 13 = SozR 3-4300 § 142 Nr. 1 zur Arbeitslosenhilfe). Die Leistung muss nur in ihrer Gesamtkonzeption so bemessen sein, dass sie den Unterhalt des Berechtigten in der Regel gewährleistet (vgl. BSG SozR 4100 § 118 Nr. 3). Das ist bei der hier dem Kläger gewährten Altersrente für schwerbehinderte Menschen zweifellos der Fall. Ab Beginn der laufenden Rentenzahlung ab 1. Oktober 2011 stand dem Kläger Alg infolge der gesetzlichen Ruhenswirkung nach § 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB III somit nicht mehr zu. Damit besteht ab 1. Oktober 2011 kein Anspruch auf Alg mehr und die Aufhebung der Leistungsbewilligung ist nicht zu beanstanden.

Dabei spielt es im vorliegenden Verfahren keine Rolle, ob der Kläger tatsächlich erwerbsgemindert ist und ob die Beklagte den Kläger zu Recht zur Stellung eines Reha- bzw. Erwerbsminderungsrentenantrags aufgefordert hat. Auch wenn erst hierdurch letztlich der Kläger dazu gebracht worden ist, Altersrente für schwerbehinderte Menschen zu beantragen, ergibt sich keine Auswirkung auf das gesetzlich geregelte Ruhen des Anspruchs auf Alg für den Zeitraum der Zuerkennung der Altersrente. Die Rechtsfolge des Ruhens knüpft nicht an die Aufforderung zur Rentenantragstellung an - die sich hier ohnehin nur auf Erwerbsminderungsrente, nicht auf Altersrente bezogen hat - sondern allein an die Zuerkennung der Rente. Diese hat Tatbestandswirkung, was bedeutet, dass die Entscheidung des Rentenversicherungsträgers über die Altersrente von der Beklagten wie eine unbestrittene Tatsache zu beachten ist. Für die Entscheidung der Bundesagentur sind daher nur Einwendungen gegen die Wirksamkeit der Rentenzuerkennung erheblich, nicht solche, die nur die Rechtmäßigkeit der Rentenbewilligung in Frage stellen (vgl. BSGE 70, 51, 53 f. = SozR 3-4100 § 118 Nr. 3; BSGE 76, 224, 226; BSGE 89, 13 = SozR 3-4300 § 142 Nr. 1). Abgesehen davon, bestehen vorliegend weder Zweifel an der Wirksamkeit noch an der Rechtmäßigkeit der auf den Antrag des Klägers ergangenen Rentenbewilligung. Die hier geltend gemachte Rechtswidrigkeit der Aufforderung, einen Reha- bzw. Rentenantrag zu stellen, ist für die Rechtmäßigkeit der Entziehung von Alg nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X i.V.m. § 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB III ohne Bedeutung und kann die Ruhensfolge nicht beseitigen (BSGE 89, 13 = SozR 3-4300 § 142 Nr. 1). Insoweit besteht daher auch kein Anlass für weitere Ermittlungen.

Auch unter dem Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kann sich nichts anderes ergeben, denn dieses richterrechtlich entwickelte Rechtsinstitut findet seine Grenze in Gestaltungsmöglichkeiten, die nach materiellem Recht zulässig sind (vgl. BSGE 71, 17, 22 f. = SozR 3-4100 § 103 Nr. 8; SozR 3-4100 § 249e Nr. 4). Das Begehren des Klägers, über den 30. September 2011 hinaus Alg zu erhalten, ist aber, solange die Rente weiter zuerkannt ist, auf eine nach § 142 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB III ausgeschlossene Rechtsfolge gerichtet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved