Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 27 AS 777/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 AS 834/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 27.04.2012 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren und Beiordnung von Rechtsanwalt T, H, wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren von dem Antragsgegner die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).
Die Antragstellerin zu 1), geboren am 00.00.1962, und der Antragsteller zu 2), geboren am 00.00.1961), sind die Eltern der volljährigen Kinder M und S B. Sie sind rumänische Staatsbürger.
Die Antragsteller und ihre Kinder bewohnen eine 130 qm große Wohnung in der X-straße 00 in H. Die Grundmiete beträgt 550,00 EUR pro Monat, die monatlichen Heizkostenvorauszahlungen belaufen sich auf 128,00 EUR. Für Betriebskosten sind von den Antragstellern keine Vorauszahlungen zu erbringen.
Nachdem sie nach Deutschland eingereist waren, wobei zwischen den Beteiligten der genaue Zeitpunkt der Einreise streitig war, arbeiteten die Antragsteller sowie ihre Kinder ca. drei Jahre bei der B GmbH. Es handelte sich hierbei - nach dem eigenen Vortrag der Antragsteller - um sog. "Schwarzarbeit", d.h. es erfolgten keinerlei Anmeldungen bei den zuständigen Krankenversicherungs- und Rentenversicherungsträgern. Auch wurden keine schriftlichen Arbeitsverträge geschlossen. Für die Ausübung der Tätigkeit wurde keine Arbeitserlaubnis erteilt.
Am 17.01.2012 meldete die Antragstellerin zu 1) ein Gewerbe "Gebäudereinigung/Reinigung nach Hausfrauenart (auch im gastronomischen Bereich) an. Auch der Antragsteller zu 2) meldete am 17.01.2012 ein Gewerbe mit der Beschreibung "Fleisch zerlegen (Ausbeiner)" an.
Mit Bescheiden vom 01.03.2012 lehnte die Bundesagentur für Arbeit die Anträge der Antragsteller auf Erteilung einer Arbeitsberechtigung-EU ab, da deren Voraussetzung nicht vorlägen. Die Antragsteller hielten sich nicht drei Jahre erlaubt oder geduldet im Bundesgebiet auf.
Die Antragsteller beantragten für sich und ihre Kinder Leistungen nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 15.03.2012 lehnte der Antragsgegner den Antrag unter Berufung auf § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II ab. Leistungen könnten nicht beansprucht werden, weil die Antragsteller lediglich ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche in der Bundesrepublik hätten.
Hiergegen legten die Antragsteller am 27.03.2012 Widerspruch ein.
Am 29.03.2012 haben die Antragsteller sowie ihre Kinder einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und die vorläufige Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II begehrt. Der Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II sei rechtswidrig. Auf das Fehlen einer Arbeitsberechtigung-EU komme es nicht an, da ihnen zwischenzeitlich Gewerbeerlaubnisse erteilt worden seien. Aus diesen Gewerben flössen jedoch bislang keine Einnahmen zu, weswegen sie hilfebedürftig seien.
Mit Schriftsatz vom 24.04.2012 haben M und S B ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgenommen.
Die Antragsteller haben schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen vorläufig Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Antragsteller hätten keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Zum einen sei der vom Bundesgesetzgeber verfügte Leistungsausschluss in § 7 SGB II nicht europarechtswidrig. Zum anderen seien die Antragsteller überhaupt nicht berechtigt, einer unselbständigen Tätigkeit nachzugehen. Daran änderten auch die erteilten Gewerbeerlaubnisse nichts.
Mit Beschluss vom 27.04.2012, den Antragstellern ausweislich des Empfangsbekenntnisses ihrer Prozessbevollmächtigten zugestellt am 03.05.2012, hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Auf den Inhalt des Beschlusses wird Bezug genommen.
Am 02.05.2012 haben die Antragsteller Beschwerde beim Landessozialgericht gegen den Beschluss vom 27.04.2012 eingelegt.
Sie beantragen,
den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 27.04.2012 zu ändern und den Antragsgegner zu verpflichten, ihnen ab Entscheidung des Landessozialgerichts für die darauf folgenden Monate sechs Monate vorläufig Leistungen nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren
sowie
ihren für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt T aus H ohne Ratenzahlungsanordnung zu bewilligen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig aber unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruches (d.h. eines materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird) sowie das Vorliegen des Anordnungsgrundes (d.h. der Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bzw. die besondere Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO; vgl. zur Glaubhaftmachung BSG Beschluss v. 08.08.2001 - B 9 V 23/01 B).
Hinsichtlich der geltend gemachten Kosten für Unterkunft und Heizung haben die Antragsteller bereits einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Dies folgt dies daraus, dass die Antragsteller bislang zu keinem Zeitpunkt glaubhaft gemacht haben, dass Wohnungs- oder Obdachlosigkeit konkret droht (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 02.03.2012 - L 19 AS 163/12 B ER; LSG NRW Beschluss v. 04.09.2009 - L 12 B 69/09 AS ER = juris Rn 4, m.w.N.).
Hinsichtlich des Regelbedarfs im Sinne von § 20 SGB II haben die Antragsteller einen Anordnungsanspruch im Sinne eines im Hauptsacheverfahren voraussichtlich durchsetzbaren Anspruches ebenfalls nicht glaubhaft gemacht. Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen Prüfungsdichte bestehen ernstliche Zweifel am Bestehen eines Leistungsanspruchs ab Antragsstellung bei Gericht. Es spricht deutlich mehr für das Eingreifen des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II als dagegen.
Zunächst ist festzustellen, dass ein Anspruch der Antragsteller sich nicht bereits aus dem Europäischen Fürsorgeabkommen ergibt, weil Rumänien nicht zu den Unterzeichnerstaaten dieses Abkommens zählt (vgl. zum Ratifizierungsstand auf der Internetpräsens des Europarates http://conventions.coe.int/Treaty/Commun/ChercheSig.asp?NT=014&CM=8&DF=9/17/2006&CL=GER).
Es kommt deshalb vielmehr auf die Erfüllung aller Tatbestandsmerkmale für einen Leistungsanspruch nach dem SGB II an.
Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II sind jedoch Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, und ihre Familienangehörigen, vom Leistungsbezug ausgenommen. Zweck dieser durch das Gesetz vom 24.03.2006 (BGBl. I 558) zum 01.04.2006 eingeführten gesetzlichen Neuregelung ist der Ausschluss von Ausländern, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche infolge der Umsetzung der in Art. 24 Abs. 2 i.V.m. Art. 14 Abs. 4d der Richtlinie 2004/38/EG bestehenden Regelungen ergibt (BT-Drucks 16/688, 13).
Die Antragsteller sind als rumänische Staatsbürger Ausländer; ein anderer Aufenthaltszweck als der der Arbeitssuche ist nicht ersichtlich.
Insbesondere haben die Antragsteller bei summarischer Prüfung kein Aufenthaltsrecht als niedergelassene selbständige Erwerbstätige nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) wird der Begriff "Niederlassung" als die tatsächliche Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat auf unbestimmte Zeit als Haupt- oder (selbstständige oder unselbstständige) Zweigniederlassung definiert (HK-Ausländerrecht/Hoffmann, § 2 FreizügG/EU, Rn. 14 mit zahlreichen Nachweisen; Berlin-Brandenburg Beschluss vom 29. November 2010, L 34 AS 1001/10 B ER = juris Rn. 36). Voraussetzung ist damit eine selbständige Tätigkeit in einem Umfang, welcher eine tatsächliche Verbindung zum Arbeits- bzw. Gütermarkt der Bundesrepublik Deutschland aufweist (vgl. dazu LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 17.05.20011 - L 28 AS 566/11 B ER - unter Bezugnahme auf EuGH Urteil vom 04. Juli 2009, C-22/08 und C-23/08 - Vatsouras/Koupatantze = juris). Die Antragsteller haben zwar seit Januar 2012 ein Gewerbe angemeldet, erzielen hieraus aber nach eigenen Angaben keine Einkünfte, so dass bei summarischer Prüfung davon ausgegangen werden muss, dass eine Verbindung zum Arbeits- und/oder Gütermarkt der Bundesrepublik Deutschland nicht hergestellt werden konnte. Allein die Anmeldung eines Gewerbes begründet nicht das Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU (vgl. BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 23/10 R = juris Rn 19).
Ihr Aufenthaltsrecht folgt auch nicht aus § 2 Abs. 3 Nr. 2 FreizügG/EU. Nach dieser Vorschrift bleibt das Recht zur Einreise und zum Aufenthalt nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU für Arbeitnehmer unberührt bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach mehr als einem Jahr Tätigkeit. Zwar haben die Antragsteller nach eigenen Angaben mehrere Jahre im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland abhängig gearbeitet, dies allerdings ohne eine - europarechtlich hierfür erforderliche -Arbeitserlaubnis und zudem ohne hierfür Sozialversicherungsabgaben und Steuern abgeführt zu haben (sog. "Schwarzarbeit"). Eine europarechtswidrig ausgeübte Arbeit ist jedoch nicht geeignet, ein Aufenthaltsrecht über § 2 Abs. 3 Nr. 2 FreizügG/EU zu vermitteln.
Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II sind damit gegeben.
Die Vereinbarkeit dieser Vorschrift mit Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union ist in Rechtsprechung, Kommentierung und inzwischen reichhaltiger Judikatur umstritten (exemplarisch aus jüngerer Zeit: LSG Berlin-Brandenburg Beschlüsse vom 09.09.2010 - L 10 AS 1023/10 B ER - und vom 29.11.2010 - L 34 AS 1001/10 B ER, LSG NRW Beschlüsse vom 04.10.2010 - L 19 AS 942/10 B - und vom 17.05.2011 - L 6 AS 356/11 B ER - m.w.N.). Der Streit besteht im Wesentlichen vor dem Hintergrund der höchstrichterlich bislang nicht entschiedenen Frage, ob der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II entsprechend den Vorstellungen des Gesetzgebers durch den Vorbehalt des Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG gedeckt ist, weil es sich bei den Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II um Sozialhilfeleistungen handelt, oder ob es sich um Leistungen der sozialen Sicherheit bzw. zur Eingliederung in Arbeit handelt, die freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgern unter Verstoß gegen das Verbot der Differenzierung nach Staatsangehörigkeit und/oder das allgemeine Differenzierungsverbot vorenthalten werden. Sowohl der EuGH als auch das BSG haben die Frage in jüngeren Entscheidungen offen gelassen (EuGH Urteil vom 04.06.2009 - C-22/08 und C-23/08 - Vatsouras/Koupatantze; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 23/10 R). Auch der Senat sieht die Frage als weiterhin ungelöst an und gewährt vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SBG II betroffenen freizügigkeitsberechtigten Alt-EU-Bürgern und Bürgern der neuen EU-Staaten nach Ablauf der für die jeweiligen Staaten geltenden einschränkenden Übergangsregelungen einstweilig Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II (z.B. Beschluss vom 17.02.2010 - L 19 B 392/09 AS ER betreffend eine britische Staatsangehörige im Besitz einer Freizügigkeitsbescheinigung nach § 5 FreizügG/EU).
Die auf das Verbot der Ausländerdiskriminierung bei uneingeschränkt freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgern zurückzuführenden Zweifel an der Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit europäischem Primärrecht bestehen bei den Antragstellern nicht. Denn sie sind nicht uneingeschränkt freizügigkeitsberechtigt und ohne vorherige Genehmigung nicht zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet berechtigt. Ihr Freizügigkeitsrecht beruhte auf der zum Zwecke der Arbeitssuche erfolgten Einreise unter den einschränkenden Voraussetzungen des FreizügG/EU sowie der Freizügigkeitsrichtlinie. Wegen erstmaliger Zuwanderung zur Arbeitssuche dürfte sich der gemeinschaftsrechtliche Anspruch der Antragsteller auf Gleichbehandlung schon ohne Beachtung ihrer Sonderstellung als rumänische Staatsangehörige nur auf Gleichheit im Zugang zur Beschäftigung richten. In dieser Hinsicht hat der EuGH im Urteil vom 23.03.2004 - C-138/02 Collins - daran erinnert, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes zwischen Angehörigen der Mitgliedsstaaten zu unterscheiden ist, die im Aufnahmemitgliedsstaat, in dem sie eine Beschäftigung suchen, noch kein Arbeitsverhältnis eingegangen sind und denen, die dort bereits arbeiten und die dort gearbeitet haben, aber nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis stehen und gleichwohl als Arbeitnehmer gelten. Während für Angehörige der Mitgliedsstaaten, die zuwandern, um eine Beschäftigung zu suchen, der Grundsatz der Gleichbehandlung nur für den Zugang zur Beschäftigung gilt, genießen diejenigen, die bereits Zugang zum Arbeitsmarkt gefunden haben, die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen wie die inländischen Arbeitnehmer. Der Gleichheitsanspruch der Antragsteller dürfte sich - der Senat lässt dies im Rahmen des vorliegenden Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes dahingestellt - daher nur auf den Zugang zu einer Beschäftigung richten, der ihr aufgrund der für rumänische Staatsbürger geltenden Einschränkungen ohnehin erschwert ist. Nun haben zwar die Antragsteller nach eigenen Angaben früher im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gearbeitet, allerdings - wie oben bereits dargelegt - ohne eine europarechtlich hierfür erforderliche Arbeitserlaubnis und ohne hierfür Sozialversicherungsabgaben und Steuern abgeführt zu haben. Eine europarechtswidrige Arbeit vermittelt jedoch keinen Zugang zum regulären Arbeitsmarkt im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des EuGH.
Insbesondere betrifft jedoch - soweit ersichtlich - die gesamte Aufarbeitung der zu § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II gesehenen Probleme Fallgestaltungen, in denen uneingeschränkt freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger sich auf der Grundlage eines aus ihrem Status abgeleiteten Aufenthaltsrechts erlaubterweise im Zuzugsstaat aufhielten und zudem nicht durch das die Antragsteller betreffende Beschäftigungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt nach § 284 SGB III hinsichtlich ihrer Integrierbarkeit in den Arbeitsmarkt beeinträchtigt waren. Die Antragsteller haben nicht den gleichen Zugang zum inländischen Arbeitsmarkt wie deutsche Arbeitssuchende, solange sie nicht im Besitz einer Arbeitsgenehmigung-EU sind. Hiernach besteht auch unter Beachtung des allgemeinen Diskriminierungsverbotes nach EGV und AEUV ein objektiver Grund, sie von den Leistungen auszuschließen (vgl. auch Husmann, NZS 2009, 652 f., 657).
Rumänische Staatsangehörige in der Situation der Antragsteller nicht als vom Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach SGB II ausgeschlossen anzusehen, hieße im Übrigen, den Willen der vertragschließenden Parteien des Beitrittsvertrages sowie den Willen der Bundesregierung bei Ausübung der Vorbehaltsrechte zu ignorieren. Die Nichtanwendung bzw. Außerkraftsetzung der allgemeinen Regeln und Prinzipien des EU-Freizügigkeitsrechts für Arbeitnehmer im Beitrittsvertrag hat im Wesentlichen zwei Gründe. Der erste ist die Situation der nationalen Arbeitsmärkte. Der zweite Grund liegt in der befürchteten Belastung mit zusätzlichen Sozialausgaben, weil Arbeitnehmertätigkeit und soziale Sicherung in den meisten Ländern eng miteinander verknüpft sind (Fuchs, ZESAR 2007, 97 f., 102). Vor diesem Hintergrund erscheint ein Verständnis der Rechtslage dahin, dass Freizügigkeit und Zugang zu den nationalen Arbeitsmärkten vorübergehend nur eingeschränkt eröffnet, Sozialleistungen jedoch uneingeschränkt zugänglich gemacht werden sollten, ausgeschlossen.
Der Senat sieht danach keine Veranlassung, den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II in der vorliegenden Fallkonstellation europarechtlich in Frage zu stellen oder gar von seiner Anwendung abzusehen, solange jedenfalls keine eindeutigen Hinweise auf die Notwendigkeit einer einschränkenden Auslegung in der Judikative des Bundesverfassungsgerichts bzw. des EuGH gegeben werden (vgl. Entscheidungen des Senats vom 07.12.2011 - L 19 AS 1956/11 B ER = juris; Beschluss vom 07.10.2011 - L 19 AS 1560/11 B ER = juris).
Der Senat hat von einer Beiladung der Trägerin der Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) abgesehen. Dabei kann dahinstehen, ob die Antragsteller gegenüber dem Sozialhilfeträger einen Anspruch auf Leistungen haben (vgl. hierzu LSG NRW, Beschlüsse vom 28.06.2011 - L 19 AS 317/11 B ER und vom 18.11.2011 L 7 AS 614/11 B ER). Die Antragstellerin hat jedenfalls keinen Anordnungsgrund hinsichtlich der Gewährung von Leistungen glaubhaft gemacht. Nach ständiger Rechtsprechung auch des hier befassten Senats ist die Notwendigkeit gerichtlichen Eingreifens nur dann glaubhaft gemacht, wenn zuvor zumutbare Möglichkeiten ausgeschöpft worden sind, das erstrebte Ziel auch ohne Einschaltung des Gerichts zu erreichen, insbesondere durch die vorherige Kontaktaufnahme mit den zuständigen Verwaltungsträger (Beschluss vom 07.11.2011 - L 19 As 1217/11 B m.w.N.). Hierauf sind die Antragsteller zu verweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Prozesskostenhilfe steht den Antragstellern für das Beschwerdeverfahren nicht zu, weil es der beabsichtigten Rechtsverfolgung nach Vorstehendem an hinreichender Erfolgsaussicht i.S.v. §§ 73a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) mangelt. Soweit in der Vergangenheit in Vergleichsfällen Prozesskostenhilfe im Hinblick auf die Schwierigkeit und Intransparenz der Rechtslage gewährt worden ist, besteht hierzu keine Veranlassung mehr. Seit mehr als einem Jahr und soweit ersichtlich einhellig entscheiden die für Leistungen nach dem SGB II zuständigen Senate des LSG NRW, dass weder abhängig noch selbständig beschäftigten Unionsbürgern der neuen Mitgliedsstaaten Rumänien und Bulgarien bis zum Ablauf der für diese Staaten geltenden Übergangsfristen Leistungen nach dem SGB II zustehen, wenn sie vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II betroffen sind und in eine Folgenabwägung nur dann einzutreten ist, wenn besondere Umstände vorliegen (vgl. z.B. Beschlüsse vom 30.05.2011 - L 19 AS 388/11 B ER, vom 28.06.2011 - L 19 AS 317/11 B ER, vom 07.10.2011 - L 19 AS 1516/11 B ER, vom 18.11.2011 - L 7 AS 614/11 B ER, L 7 AS 615/11 B; vom 07.12.2011 - L 19 AS 1956/11 B ER, vom 16.05.2012 - L 19 AS 719/12 B ER, vom 23.05.2012 - L 7 AS 2252/11 B ER, allesamt zugänglich unter www.sozialgerichtsbarkeit.de). Solche sind im vorliegenden Verfahren nicht gegeben.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren von dem Antragsgegner die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).
Die Antragstellerin zu 1), geboren am 00.00.1962, und der Antragsteller zu 2), geboren am 00.00.1961), sind die Eltern der volljährigen Kinder M und S B. Sie sind rumänische Staatsbürger.
Die Antragsteller und ihre Kinder bewohnen eine 130 qm große Wohnung in der X-straße 00 in H. Die Grundmiete beträgt 550,00 EUR pro Monat, die monatlichen Heizkostenvorauszahlungen belaufen sich auf 128,00 EUR. Für Betriebskosten sind von den Antragstellern keine Vorauszahlungen zu erbringen.
Nachdem sie nach Deutschland eingereist waren, wobei zwischen den Beteiligten der genaue Zeitpunkt der Einreise streitig war, arbeiteten die Antragsteller sowie ihre Kinder ca. drei Jahre bei der B GmbH. Es handelte sich hierbei - nach dem eigenen Vortrag der Antragsteller - um sog. "Schwarzarbeit", d.h. es erfolgten keinerlei Anmeldungen bei den zuständigen Krankenversicherungs- und Rentenversicherungsträgern. Auch wurden keine schriftlichen Arbeitsverträge geschlossen. Für die Ausübung der Tätigkeit wurde keine Arbeitserlaubnis erteilt.
Am 17.01.2012 meldete die Antragstellerin zu 1) ein Gewerbe "Gebäudereinigung/Reinigung nach Hausfrauenart (auch im gastronomischen Bereich) an. Auch der Antragsteller zu 2) meldete am 17.01.2012 ein Gewerbe mit der Beschreibung "Fleisch zerlegen (Ausbeiner)" an.
Mit Bescheiden vom 01.03.2012 lehnte die Bundesagentur für Arbeit die Anträge der Antragsteller auf Erteilung einer Arbeitsberechtigung-EU ab, da deren Voraussetzung nicht vorlägen. Die Antragsteller hielten sich nicht drei Jahre erlaubt oder geduldet im Bundesgebiet auf.
Die Antragsteller beantragten für sich und ihre Kinder Leistungen nach dem SGB II. Mit Bescheid vom 15.03.2012 lehnte der Antragsgegner den Antrag unter Berufung auf § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II ab. Leistungen könnten nicht beansprucht werden, weil die Antragsteller lediglich ein Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche in der Bundesrepublik hätten.
Hiergegen legten die Antragsteller am 27.03.2012 Widerspruch ein.
Am 29.03.2012 haben die Antragsteller sowie ihre Kinder einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt und die vorläufige Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II begehrt. Der Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II sei rechtswidrig. Auf das Fehlen einer Arbeitsberechtigung-EU komme es nicht an, da ihnen zwischenzeitlich Gewerbeerlaubnisse erteilt worden seien. Aus diesen Gewerben flössen jedoch bislang keine Einnahmen zu, weswegen sie hilfebedürftig seien.
Mit Schriftsatz vom 24.04.2012 haben M und S B ihren Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgenommen.
Die Antragsteller haben schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen vorläufig Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Antragsteller hätten keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Zum einen sei der vom Bundesgesetzgeber verfügte Leistungsausschluss in § 7 SGB II nicht europarechtswidrig. Zum anderen seien die Antragsteller überhaupt nicht berechtigt, einer unselbständigen Tätigkeit nachzugehen. Daran änderten auch die erteilten Gewerbeerlaubnisse nichts.
Mit Beschluss vom 27.04.2012, den Antragstellern ausweislich des Empfangsbekenntnisses ihrer Prozessbevollmächtigten zugestellt am 03.05.2012, hat das Sozialgericht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Auf den Inhalt des Beschlusses wird Bezug genommen.
Am 02.05.2012 haben die Antragsteller Beschwerde beim Landessozialgericht gegen den Beschluss vom 27.04.2012 eingelegt.
Sie beantragen,
den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 27.04.2012 zu ändern und den Antragsgegner zu verpflichten, ihnen ab Entscheidung des Landessozialgerichts für die darauf folgenden Monate sechs Monate vorläufig Leistungen nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren
sowie
ihren für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt T aus H ohne Ratenzahlungsanordnung zu bewilligen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig aber unbegründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruches (d.h. eines materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird) sowie das Vorliegen des Anordnungsgrundes (d.h. der Unzumutbarkeit, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten) voraus. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bzw. die besondere Eilbedürftigkeit sind glaubhaft zu machen (§ 86 Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO; vgl. zur Glaubhaftmachung BSG Beschluss v. 08.08.2001 - B 9 V 23/01 B).
Hinsichtlich der geltend gemachten Kosten für Unterkunft und Heizung haben die Antragsteller bereits einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Dies folgt dies daraus, dass die Antragsteller bislang zu keinem Zeitpunkt glaubhaft gemacht haben, dass Wohnungs- oder Obdachlosigkeit konkret droht (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 02.03.2012 - L 19 AS 163/12 B ER; LSG NRW Beschluss v. 04.09.2009 - L 12 B 69/09 AS ER = juris Rn 4, m.w.N.).
Hinsichtlich des Regelbedarfs im Sinne von § 20 SGB II haben die Antragsteller einen Anordnungsanspruch im Sinne eines im Hauptsacheverfahren voraussichtlich durchsetzbaren Anspruches ebenfalls nicht glaubhaft gemacht. Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes allein möglichen Prüfungsdichte bestehen ernstliche Zweifel am Bestehen eines Leistungsanspruchs ab Antragsstellung bei Gericht. Es spricht deutlich mehr für das Eingreifen des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II als dagegen.
Zunächst ist festzustellen, dass ein Anspruch der Antragsteller sich nicht bereits aus dem Europäischen Fürsorgeabkommen ergibt, weil Rumänien nicht zu den Unterzeichnerstaaten dieses Abkommens zählt (vgl. zum Ratifizierungsstand auf der Internetpräsens des Europarates http://conventions.coe.int/Treaty/Commun/ChercheSig.asp?NT=014&CM=8&DF=9/17/2006&CL=GER).
Es kommt deshalb vielmehr auf die Erfüllung aller Tatbestandsmerkmale für einen Leistungsanspruch nach dem SGB II an.
Nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II sind jedoch Ausländer, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche ergibt, und ihre Familienangehörigen, vom Leistungsbezug ausgenommen. Zweck dieser durch das Gesetz vom 24.03.2006 (BGBl. I 558) zum 01.04.2006 eingeführten gesetzlichen Neuregelung ist der Ausschluss von Ausländern, deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitssuche infolge der Umsetzung der in Art. 24 Abs. 2 i.V.m. Art. 14 Abs. 4d der Richtlinie 2004/38/EG bestehenden Regelungen ergibt (BT-Drucks 16/688, 13).
Die Antragsteller sind als rumänische Staatsbürger Ausländer; ein anderer Aufenthaltszweck als der der Arbeitssuche ist nicht ersichtlich.
Insbesondere haben die Antragsteller bei summarischer Prüfung kein Aufenthaltsrecht als niedergelassene selbständige Erwerbstätige nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) wird der Begriff "Niederlassung" als die tatsächliche Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung in einem anderen Mitgliedstaat auf unbestimmte Zeit als Haupt- oder (selbstständige oder unselbstständige) Zweigniederlassung definiert (HK-Ausländerrecht/Hoffmann, § 2 FreizügG/EU, Rn. 14 mit zahlreichen Nachweisen; Berlin-Brandenburg Beschluss vom 29. November 2010, L 34 AS 1001/10 B ER = juris Rn. 36). Voraussetzung ist damit eine selbständige Tätigkeit in einem Umfang, welcher eine tatsächliche Verbindung zum Arbeits- bzw. Gütermarkt der Bundesrepublik Deutschland aufweist (vgl. dazu LSG Berlin-Brandenburg Beschluss vom 17.05.20011 - L 28 AS 566/11 B ER - unter Bezugnahme auf EuGH Urteil vom 04. Juli 2009, C-22/08 und C-23/08 - Vatsouras/Koupatantze = juris). Die Antragsteller haben zwar seit Januar 2012 ein Gewerbe angemeldet, erzielen hieraus aber nach eigenen Angaben keine Einkünfte, so dass bei summarischer Prüfung davon ausgegangen werden muss, dass eine Verbindung zum Arbeits- und/oder Gütermarkt der Bundesrepublik Deutschland nicht hergestellt werden konnte. Allein die Anmeldung eines Gewerbes begründet nicht das Aufenthaltsrecht nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 FreizügG/EU (vgl. BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 23/10 R = juris Rn 19).
Ihr Aufenthaltsrecht folgt auch nicht aus § 2 Abs. 3 Nr. 2 FreizügG/EU. Nach dieser Vorschrift bleibt das Recht zur Einreise und zum Aufenthalt nach § 2 Abs. 1 FreizügG/EU für Arbeitnehmer unberührt bei unfreiwilliger durch die zuständige Agentur für Arbeit bestätigter Arbeitslosigkeit nach mehr als einem Jahr Tätigkeit. Zwar haben die Antragsteller nach eigenen Angaben mehrere Jahre im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland abhängig gearbeitet, dies allerdings ohne eine - europarechtlich hierfür erforderliche -Arbeitserlaubnis und zudem ohne hierfür Sozialversicherungsabgaben und Steuern abgeführt zu haben (sog. "Schwarzarbeit"). Eine europarechtswidrig ausgeübte Arbeit ist jedoch nicht geeignet, ein Aufenthaltsrecht über § 2 Abs. 3 Nr. 2 FreizügG/EU zu vermitteln.
Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II sind damit gegeben.
Die Vereinbarkeit dieser Vorschrift mit Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union ist in Rechtsprechung, Kommentierung und inzwischen reichhaltiger Judikatur umstritten (exemplarisch aus jüngerer Zeit: LSG Berlin-Brandenburg Beschlüsse vom 09.09.2010 - L 10 AS 1023/10 B ER - und vom 29.11.2010 - L 34 AS 1001/10 B ER, LSG NRW Beschlüsse vom 04.10.2010 - L 19 AS 942/10 B - und vom 17.05.2011 - L 6 AS 356/11 B ER - m.w.N.). Der Streit besteht im Wesentlichen vor dem Hintergrund der höchstrichterlich bislang nicht entschiedenen Frage, ob der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II entsprechend den Vorstellungen des Gesetzgebers durch den Vorbehalt des Art. 24 Abs. 2 der Richtlinie 2004/38/EG gedeckt ist, weil es sich bei den Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II um Sozialhilfeleistungen handelt, oder ob es sich um Leistungen der sozialen Sicherheit bzw. zur Eingliederung in Arbeit handelt, die freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgern unter Verstoß gegen das Verbot der Differenzierung nach Staatsangehörigkeit und/oder das allgemeine Differenzierungsverbot vorenthalten werden. Sowohl der EuGH als auch das BSG haben die Frage in jüngeren Entscheidungen offen gelassen (EuGH Urteil vom 04.06.2009 - C-22/08 und C-23/08 - Vatsouras/Koupatantze; BSG Urteil vom 19.10.2010 - B 14 AS 23/10 R). Auch der Senat sieht die Frage als weiterhin ungelöst an und gewährt vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SBG II betroffenen freizügigkeitsberechtigten Alt-EU-Bürgern und Bürgern der neuen EU-Staaten nach Ablauf der für die jeweiligen Staaten geltenden einschränkenden Übergangsregelungen einstweilig Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II (z.B. Beschluss vom 17.02.2010 - L 19 B 392/09 AS ER betreffend eine britische Staatsangehörige im Besitz einer Freizügigkeitsbescheinigung nach § 5 FreizügG/EU).
Die auf das Verbot der Ausländerdiskriminierung bei uneingeschränkt freizügigkeitsberechtigten Unionsbürgern zurückzuführenden Zweifel an der Vereinbarkeit des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II mit europäischem Primärrecht bestehen bei den Antragstellern nicht. Denn sie sind nicht uneingeschränkt freizügigkeitsberechtigt und ohne vorherige Genehmigung nicht zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet berechtigt. Ihr Freizügigkeitsrecht beruhte auf der zum Zwecke der Arbeitssuche erfolgten Einreise unter den einschränkenden Voraussetzungen des FreizügG/EU sowie der Freizügigkeitsrichtlinie. Wegen erstmaliger Zuwanderung zur Arbeitssuche dürfte sich der gemeinschaftsrechtliche Anspruch der Antragsteller auf Gleichbehandlung schon ohne Beachtung ihrer Sonderstellung als rumänische Staatsangehörige nur auf Gleichheit im Zugang zur Beschäftigung richten. In dieser Hinsicht hat der EuGH im Urteil vom 23.03.2004 - C-138/02 Collins - daran erinnert, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes zwischen Angehörigen der Mitgliedsstaaten zu unterscheiden ist, die im Aufnahmemitgliedsstaat, in dem sie eine Beschäftigung suchen, noch kein Arbeitsverhältnis eingegangen sind und denen, die dort bereits arbeiten und die dort gearbeitet haben, aber nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis stehen und gleichwohl als Arbeitnehmer gelten. Während für Angehörige der Mitgliedsstaaten, die zuwandern, um eine Beschäftigung zu suchen, der Grundsatz der Gleichbehandlung nur für den Zugang zur Beschäftigung gilt, genießen diejenigen, die bereits Zugang zum Arbeitsmarkt gefunden haben, die gleichen sozialen und steuerlichen Vergünstigungen wie die inländischen Arbeitnehmer. Der Gleichheitsanspruch der Antragsteller dürfte sich - der Senat lässt dies im Rahmen des vorliegenden Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes dahingestellt - daher nur auf den Zugang zu einer Beschäftigung richten, der ihr aufgrund der für rumänische Staatsbürger geltenden Einschränkungen ohnehin erschwert ist. Nun haben zwar die Antragsteller nach eigenen Angaben früher im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gearbeitet, allerdings - wie oben bereits dargelegt - ohne eine europarechtlich hierfür erforderliche Arbeitserlaubnis und ohne hierfür Sozialversicherungsabgaben und Steuern abgeführt zu haben. Eine europarechtswidrige Arbeit vermittelt jedoch keinen Zugang zum regulären Arbeitsmarkt im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des EuGH.
Insbesondere betrifft jedoch - soweit ersichtlich - die gesamte Aufarbeitung der zu § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II gesehenen Probleme Fallgestaltungen, in denen uneingeschränkt freizügigkeitsberechtigte Unionsbürger sich auf der Grundlage eines aus ihrem Status abgeleiteten Aufenthaltsrechts erlaubterweise im Zuzugsstaat aufhielten und zudem nicht durch das die Antragsteller betreffende Beschäftigungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt nach § 284 SGB III hinsichtlich ihrer Integrierbarkeit in den Arbeitsmarkt beeinträchtigt waren. Die Antragsteller haben nicht den gleichen Zugang zum inländischen Arbeitsmarkt wie deutsche Arbeitssuchende, solange sie nicht im Besitz einer Arbeitsgenehmigung-EU sind. Hiernach besteht auch unter Beachtung des allgemeinen Diskriminierungsverbotes nach EGV und AEUV ein objektiver Grund, sie von den Leistungen auszuschließen (vgl. auch Husmann, NZS 2009, 652 f., 657).
Rumänische Staatsangehörige in der Situation der Antragsteller nicht als vom Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach SGB II ausgeschlossen anzusehen, hieße im Übrigen, den Willen der vertragschließenden Parteien des Beitrittsvertrages sowie den Willen der Bundesregierung bei Ausübung der Vorbehaltsrechte zu ignorieren. Die Nichtanwendung bzw. Außerkraftsetzung der allgemeinen Regeln und Prinzipien des EU-Freizügigkeitsrechts für Arbeitnehmer im Beitrittsvertrag hat im Wesentlichen zwei Gründe. Der erste ist die Situation der nationalen Arbeitsmärkte. Der zweite Grund liegt in der befürchteten Belastung mit zusätzlichen Sozialausgaben, weil Arbeitnehmertätigkeit und soziale Sicherung in den meisten Ländern eng miteinander verknüpft sind (Fuchs, ZESAR 2007, 97 f., 102). Vor diesem Hintergrund erscheint ein Verständnis der Rechtslage dahin, dass Freizügigkeit und Zugang zu den nationalen Arbeitsmärkten vorübergehend nur eingeschränkt eröffnet, Sozialleistungen jedoch uneingeschränkt zugänglich gemacht werden sollten, ausgeschlossen.
Der Senat sieht danach keine Veranlassung, den Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB II in der vorliegenden Fallkonstellation europarechtlich in Frage zu stellen oder gar von seiner Anwendung abzusehen, solange jedenfalls keine eindeutigen Hinweise auf die Notwendigkeit einer einschränkenden Auslegung in der Judikative des Bundesverfassungsgerichts bzw. des EuGH gegeben werden (vgl. Entscheidungen des Senats vom 07.12.2011 - L 19 AS 1956/11 B ER = juris; Beschluss vom 07.10.2011 - L 19 AS 1560/11 B ER = juris).
Der Senat hat von einer Beiladung der Trägerin der Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) abgesehen. Dabei kann dahinstehen, ob die Antragsteller gegenüber dem Sozialhilfeträger einen Anspruch auf Leistungen haben (vgl. hierzu LSG NRW, Beschlüsse vom 28.06.2011 - L 19 AS 317/11 B ER und vom 18.11.2011 L 7 AS 614/11 B ER). Die Antragstellerin hat jedenfalls keinen Anordnungsgrund hinsichtlich der Gewährung von Leistungen glaubhaft gemacht. Nach ständiger Rechtsprechung auch des hier befassten Senats ist die Notwendigkeit gerichtlichen Eingreifens nur dann glaubhaft gemacht, wenn zuvor zumutbare Möglichkeiten ausgeschöpft worden sind, das erstrebte Ziel auch ohne Einschaltung des Gerichts zu erreichen, insbesondere durch die vorherige Kontaktaufnahme mit den zuständigen Verwaltungsträger (Beschluss vom 07.11.2011 - L 19 As 1217/11 B m.w.N.). Hierauf sind die Antragsteller zu verweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Prozesskostenhilfe steht den Antragstellern für das Beschwerdeverfahren nicht zu, weil es der beabsichtigten Rechtsverfolgung nach Vorstehendem an hinreichender Erfolgsaussicht i.S.v. §§ 73a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) mangelt. Soweit in der Vergangenheit in Vergleichsfällen Prozesskostenhilfe im Hinblick auf die Schwierigkeit und Intransparenz der Rechtslage gewährt worden ist, besteht hierzu keine Veranlassung mehr. Seit mehr als einem Jahr und soweit ersichtlich einhellig entscheiden die für Leistungen nach dem SGB II zuständigen Senate des LSG NRW, dass weder abhängig noch selbständig beschäftigten Unionsbürgern der neuen Mitgliedsstaaten Rumänien und Bulgarien bis zum Ablauf der für diese Staaten geltenden Übergangsfristen Leistungen nach dem SGB II zustehen, wenn sie vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II betroffen sind und in eine Folgenabwägung nur dann einzutreten ist, wenn besondere Umstände vorliegen (vgl. z.B. Beschlüsse vom 30.05.2011 - L 19 AS 388/11 B ER, vom 28.06.2011 - L 19 AS 317/11 B ER, vom 07.10.2011 - L 19 AS 1516/11 B ER, vom 18.11.2011 - L 7 AS 614/11 B ER, L 7 AS 615/11 B; vom 07.12.2011 - L 19 AS 1956/11 B ER, vom 16.05.2012 - L 19 AS 719/12 B ER, vom 23.05.2012 - L 7 AS 2252/11 B ER, allesamt zugänglich unter www.sozialgerichtsbarkeit.de). Solche sind im vorliegenden Verfahren nicht gegeben.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
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