Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 170 AS 19196/10
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 AS 495/12 B PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerden der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 13. Januar 2012 werden zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Beschwerdeführer bilden eine Familie: die 1970 geborene deutsche Klägerin zu 1. ist die Lebensgefährtin des 1975 geborenen nigerianischen Klägers zu 3.; beide sind die Eltern des 2009 geborenen Klägers zu 2. Der Kläger zu 3., dem bis einschließlich Februar 2010 Asylbewerberleistungen bewilligt wurden, erhielt am 11. Februar 2010 eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs 1 Satz 1 Nr 3, Satz 2 Aufenthaltsgesetz (Familiennachzug des Elternteils eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge). Am 17. Februar 2010 meldete er sich unter der (im Rubrum genannten) Wohnanschrift der Kläger zu 1. und 2. polizeilich an. Am 22. Februar 2010 beantragte der Kläger 3. beim Beklagten, ihm – ebenso wie bereits den Klägern zu 1. und 2. – Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu gewähren; dem kam der Beklagte für die Zeit ab dem 01. März 2010 nach (Bescheid vom 18. März 2010). Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Berlin wird (ausschließlich) geltend gemacht, dass dem Kläger zu 3. Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II bereits für die Zeit vom 22. bis zum 28. Februar 2010 zustehen.
Mit dem im Tenor bezeichneten Beschluss hat es das SG abgelehnt, den Klägern für das Verfahren erster Instanz Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung ihrer Bevollmächtigten zu bewilligen. Gegen diese Entscheidung richten sich die vorliegenden Beschwerden der Kläger, die trotz Erinnerung nicht begründet worden sind.
II.
Die Beschwerden der Kläger sind unbegründet.
Soweit sich die Beschwerden gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für die Kläger zu 1. und 2. richten, verweist der Senat zur weiteren Begründung auf die diesbezüglichen Ausführungen des SG im angefochtenen Beschluss, denen er nach eigener Prüfung folgt (vgl § 142 Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Unbegründet ist auch die Beschwerde des Klägers zu 3. gegen die Ablehnung seines PKH-Antrages. Auch seiner Klage auf SGB II-Leistungen für die Zeit vom 22. bis zum 28. Februar 2010 hat das SG im Ergebnis zu Recht eine hinreichende Aussicht auf Erfolg abgesprochen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO)), wobei das angerufene Gericht die Erfolgsaussicht regelmäßig in summarischer Prüfung des Sach- und Streitstandes ohne strenge Anforderungen beurteilt, dh ohne abschließende tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffs. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe (PKH) vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Für die Annahme hinreichender Erfolgsaussicht reicht die "reale Chance zum Obsiegen" aus, nicht hingegen eine "nur entfernte Erfolgschance" (vgl Bundesverfassungs-gericht (BVerfG), Beschluss vom 13. März 1990 - 2 BvR 94/88, juris RdNr 26 = BVerfGE 81, 347, 357f).
Allerdings hält der Senat die diesbezügliche Klage des Klägers zu 3. anders als das SG nicht bereits für unzulässig. Der Senat ist insbesondere der Auffassung, dass der angefochtene Bescheid vom 18. März 2010 bei verständiger Würdigung aus dem Empfängerhorizont so zu verstehen ist, dass mit ihm die Gewährung von Leistungen an den Kläger zu 3. für die Zeit ab Antragstellung am 22. Februar 2010 bis zum Monatsende (dh bis zur zum 01. März 2010 erfolgten Leistungsaufnahme zugunsten des Klägers zu 3.) abgelehnt worden ist, dass – mit anderen Worten – erkennbar vollständig über den Leistungsantrag vom 22. Februar 2010 entschieden wurde. Entsprechend ist der vom Kläger zu 3. gegen diesen Bescheid erhobene Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. Mai 2010 zu Unrecht als unzulässig zurückgewiesen worden; das Widerspruchsverfahren mit dem behördlichen Az , zu dessen Gegenstand der Bescheid vom 18. März 2010 nach Auffassung des Beklagten geworden sein soll, betraf eine Leistungsgewährung (nur) zugunsten der Kläger zu 1. und 2.
Es ist indes in der Sache fern liegend iSd oben bezeichneten PKH-Voraussetzungen, dass der Kläger zu 3. Leistungen nach dem SGB II bereits für die Zeit vom 22. bis zum 28. Februar 2010 beanspruchen kann, so dass seine Klage als unbegründet zurückzuweisen sein dürfte. Denn nach § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB II (in der damals gültigen Fassung) war der Kläger zu 3. von Leistungen nach diesem Buch (SGB II) ausgeschlossen, da er für diese Zeit noch Leistungsberechtigter nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) war. Nach § 1 Abs 3 Nr 1 AsylbLG endet die Leistungsberechtigung nach diesem Gesetz mit der Ausreise oder mit Ablauf des Monats, in dem die Leistungsvoraussetzung entfällt. Hier gehörte der Kläger zu 3. seit dem 11. Februar 2010 – dem Tag, an dem ihm die Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug erteilt worden ist, – nicht mehr zu dem in § 1 Abs 1 AsylbLG bezeichneten Kreis der Leistungsberechtigten nach diesem Gesetz. Der Gesetzgeber hat das Monatsende nach Entfallen der Leistungsvoraussetzung als maßgeblichen Termin für das Ende der Leistungsberechtigung nach dem AsylbLG aus Praktikabilitätsgründen bestimmt (BT-Drucks 12/4451, S 8). Ausdrücklich heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs (aaO) weiter, den Betroffenen stehe ggf der Zugang zu Leistungen des Bundessozialhilfegesetzes (heute: Leistungen nach dem SGB II oder XII; dazu Hohm, Kommentar zum AsylbLG, § 1 RdNr 115) erst nach dem Ende der Leistungsberechtigung nach diesem Gesetz offen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Regelung des AsylbLG bestehen nicht (vgl zur Verfassungsmäßigkeit des Leistungsausschlusses des § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB II Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 13. November 2008 – B 14 AS 24/07 R, juris). Sofern sich infolge des Monatsendes als maßgeblichen Termins für das Ende der Leistungsberechtigung nach dem AsylbLG verfassungrechtliche Unzuträglichkeiten mit Blick auf bis dahin fortdauernde Sachleistungsgewährung (vgl § 3 Abs 1 Satz 1 AsylbLG) ergeben sollten, etwa weil im Falle der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug aus familiären Gründen ein sofortiges Verlassen einer Aufnahmeeinrichtung angezeigt wäre, wären Vorschriften des AsylbLG (also nicht etwa solche des SGB II oder XII) heranzuziehen, die eine variable Leitungserbringung vorsehen (vgl etwa § 3 Abs 2, 6 AsylbLG).
Im PKH-Beschwerdeverfahren sind gemäß § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 127 Abs 4 ZPO Kosten nicht zu erstatten.
Dieser Beschluss ist nicht mit einer Beschwerde an das BSG anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Die Beschwerdeführer bilden eine Familie: die 1970 geborene deutsche Klägerin zu 1. ist die Lebensgefährtin des 1975 geborenen nigerianischen Klägers zu 3.; beide sind die Eltern des 2009 geborenen Klägers zu 2. Der Kläger zu 3., dem bis einschließlich Februar 2010 Asylbewerberleistungen bewilligt wurden, erhielt am 11. Februar 2010 eine Aufenthaltserlaubnis gemäß § 28 Abs 1 Satz 1 Nr 3, Satz 2 Aufenthaltsgesetz (Familiennachzug des Elternteils eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge). Am 17. Februar 2010 meldete er sich unter der (im Rubrum genannten) Wohnanschrift der Kläger zu 1. und 2. polizeilich an. Am 22. Februar 2010 beantragte der Kläger 3. beim Beklagten, ihm – ebenso wie bereits den Klägern zu 1. und 2. – Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu gewähren; dem kam der Beklagte für die Zeit ab dem 01. März 2010 nach (Bescheid vom 18. März 2010). Im Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Berlin wird (ausschließlich) geltend gemacht, dass dem Kläger zu 3. Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II bereits für die Zeit vom 22. bis zum 28. Februar 2010 zustehen.
Mit dem im Tenor bezeichneten Beschluss hat es das SG abgelehnt, den Klägern für das Verfahren erster Instanz Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung ihrer Bevollmächtigten zu bewilligen. Gegen diese Entscheidung richten sich die vorliegenden Beschwerden der Kläger, die trotz Erinnerung nicht begründet worden sind.
II.
Die Beschwerden der Kläger sind unbegründet.
Soweit sich die Beschwerden gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für die Kläger zu 1. und 2. richten, verweist der Senat zur weiteren Begründung auf die diesbezüglichen Ausführungen des SG im angefochtenen Beschluss, denen er nach eigener Prüfung folgt (vgl § 142 Abs 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Unbegründet ist auch die Beschwerde des Klägers zu 3. gegen die Ablehnung seines PKH-Antrages. Auch seiner Klage auf SGB II-Leistungen für die Zeit vom 22. bis zum 28. Februar 2010 hat das SG im Ergebnis zu Recht eine hinreichende Aussicht auf Erfolg abgesprochen (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO)), wobei das angerufene Gericht die Erfolgsaussicht regelmäßig in summarischer Prüfung des Sach- und Streitstandes ohne strenge Anforderungen beurteilt, dh ohne abschließende tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffs. Die Prüfung der Erfolgsaussicht soll nicht dazu dienen, die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe (PKH) vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Hauptsacheverfahrens treten zu lassen. Für die Annahme hinreichender Erfolgsaussicht reicht die "reale Chance zum Obsiegen" aus, nicht hingegen eine "nur entfernte Erfolgschance" (vgl Bundesverfassungs-gericht (BVerfG), Beschluss vom 13. März 1990 - 2 BvR 94/88, juris RdNr 26 = BVerfGE 81, 347, 357f).
Allerdings hält der Senat die diesbezügliche Klage des Klägers zu 3. anders als das SG nicht bereits für unzulässig. Der Senat ist insbesondere der Auffassung, dass der angefochtene Bescheid vom 18. März 2010 bei verständiger Würdigung aus dem Empfängerhorizont so zu verstehen ist, dass mit ihm die Gewährung von Leistungen an den Kläger zu 3. für die Zeit ab Antragstellung am 22. Februar 2010 bis zum Monatsende (dh bis zur zum 01. März 2010 erfolgten Leistungsaufnahme zugunsten des Klägers zu 3.) abgelehnt worden ist, dass – mit anderen Worten – erkennbar vollständig über den Leistungsantrag vom 22. Februar 2010 entschieden wurde. Entsprechend ist der vom Kläger zu 3. gegen diesen Bescheid erhobene Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. Mai 2010 zu Unrecht als unzulässig zurückgewiesen worden; das Widerspruchsverfahren mit dem behördlichen Az , zu dessen Gegenstand der Bescheid vom 18. März 2010 nach Auffassung des Beklagten geworden sein soll, betraf eine Leistungsgewährung (nur) zugunsten der Kläger zu 1. und 2.
Es ist indes in der Sache fern liegend iSd oben bezeichneten PKH-Voraussetzungen, dass der Kläger zu 3. Leistungen nach dem SGB II bereits für die Zeit vom 22. bis zum 28. Februar 2010 beanspruchen kann, so dass seine Klage als unbegründet zurückzuweisen sein dürfte. Denn nach § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB II (in der damals gültigen Fassung) war der Kläger zu 3. von Leistungen nach diesem Buch (SGB II) ausgeschlossen, da er für diese Zeit noch Leistungsberechtigter nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes (AsylbLG) war. Nach § 1 Abs 3 Nr 1 AsylbLG endet die Leistungsberechtigung nach diesem Gesetz mit der Ausreise oder mit Ablauf des Monats, in dem die Leistungsvoraussetzung entfällt. Hier gehörte der Kläger zu 3. seit dem 11. Februar 2010 – dem Tag, an dem ihm die Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug erteilt worden ist, – nicht mehr zu dem in § 1 Abs 1 AsylbLG bezeichneten Kreis der Leistungsberechtigten nach diesem Gesetz. Der Gesetzgeber hat das Monatsende nach Entfallen der Leistungsvoraussetzung als maßgeblichen Termin für das Ende der Leistungsberechtigung nach dem AsylbLG aus Praktikabilitätsgründen bestimmt (BT-Drucks 12/4451, S 8). Ausdrücklich heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs (aaO) weiter, den Betroffenen stehe ggf der Zugang zu Leistungen des Bundessozialhilfegesetzes (heute: Leistungen nach dem SGB II oder XII; dazu Hohm, Kommentar zum AsylbLG, § 1 RdNr 115) erst nach dem Ende der Leistungsberechtigung nach diesem Gesetz offen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Regelung des AsylbLG bestehen nicht (vgl zur Verfassungsmäßigkeit des Leistungsausschlusses des § 7 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB II Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 13. November 2008 – B 14 AS 24/07 R, juris). Sofern sich infolge des Monatsendes als maßgeblichen Termins für das Ende der Leistungsberechtigung nach dem AsylbLG verfassungrechtliche Unzuträglichkeiten mit Blick auf bis dahin fortdauernde Sachleistungsgewährung (vgl § 3 Abs 1 Satz 1 AsylbLG) ergeben sollten, etwa weil im Falle der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug aus familiären Gründen ein sofortiges Verlassen einer Aufnahmeeinrichtung angezeigt wäre, wären Vorschriften des AsylbLG (also nicht etwa solche des SGB II oder XII) heranzuziehen, die eine variable Leitungserbringung vorsehen (vgl etwa § 3 Abs 2, 6 AsylbLG).
Im PKH-Beschwerdeverfahren sind gemäß § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 127 Abs 4 ZPO Kosten nicht zu erstatten.
Dieser Beschluss ist nicht mit einer Beschwerde an das BSG anfechtbar (§ 177 SGG).
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