Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 1706/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 U 5650/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 30. Juli 2010 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Weitergewährung einer Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 30 v.H. für die Zeit ab dem 01. Januar 2007.
Der 1967 geborene Kläger ist bei der Firma S. beschäftigt. Auf dem Weg zur Arbeit stürzte er am 13. Januar 2006 auf der Außentreppe seines Hauses. Der Kläger begab sich daraufhin unmittelbar in die Orthopädische Universitätsklinik H ... Prof. Dr. C. diagnostizierte – auf Wunsch des Klägers ohne radiologische Untersuchung – im Durchgangsarztbericht vom 17. Januar 2006 im Hinblick auf die Vorstellung des Klägers am 13. Januar 2006 eine Wirbelsäulenprellung. Im weiteren Verlauf der Behandlung stellte sich allerdings heraus, dass sich der Kläger eine Fraktur des 8. Brustwirbelkörpers zugezogen hatte (Attest Dr. H. vom 21. März 2006 Bl. 29 Verwaltungsakte - VA -; siehe auch MRT-Berichte vom 23. Januar 2006 und 6. April 2006).
In seinem ersten Rentengutachten vom 8. November 2006 gelangte Prof. Dr. W., Ärztlicher Direktor der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L., zu dem Ergebnis, dass als Unfallfolgen beim Kläger nach der konservativ behandelten BWK-8-Fraktur noch radiologische Veränderungen in Form einer Keilwirbelbildung von 10 Grad, eine Bewegungseinschränkung bei der Rumpfdrehung und Seitneigung festzustellen seien. Unfallunabhängig bestehe beim Kläger seit 1998 ein Morbus Hodgkin und ein Zustand nach Radiatio der BWS. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei nach Auffassung von Prof. Dr. W. für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis 22. Oktober 2006 (Zeitpunkt der Untersuchung des Klägers) sowie für die Folgezeit bis zum 1. Dezember 2006 mit 20 v.H. einzuschätzen. Danach liege sie voraussichtlich bei 10 v.H.
Nachdem der Beratungsarzt der Beklagten Dr. S. die MdE für die Zeit vom 14. Februar 2006 bis 31. Mai 2006 mit 40 v.H. einschätzte, bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 13. Dezember 2006 (Bl. 151 VA) für die Zeit vom 14. Februar 2006 bis 31. Mai 2006 eine Verletztenrente nach einer MdE von 40 v.H. und für die Zeit vom 01. Juni 2006 bis 31. Dezember 2006 nach einer MdE von 20 v.H. Die Rente wurde in Form einer Gesamtvergütung in Höhe von 10.378,77 EUR gezahlt. Als Unfallfolgen anerkannte die Beklagte "Bewegungseinschränkung bei Rumpfdrehung und Seitneigung sowie glaubhafte subjektive Beschwerden nach unter Keilwirbelbildung knöchern fest verheiltem Bruch des 8. Brustwirbelkörpers".
Der Kläger hatte in der Folge, zuletzt im April 2007 (Bl. 159 VA) geltend gemacht, dass sich seine Beschwerden nicht gebessert, sondern eher verschlechtert hätten und er daher im Ergebnis die Weitergewährung der Verletztenrente für die Zeit ab 2007 beantrage. In seinem daraufhin im Auftrag der Beklagten erstatteten zweiten Rentengutachten vom 5. Juli 2007 hat Prof. Dr. W. die MdE seit Dezember 2006 auf Dauer mit 10 v.H. eingeschätzt.
Mit Bescheid vom 22. August 2007 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag des Klägers auf Weitergewährung der Verletztenrente ab.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, er habe massive Schmerzen, es bestehe eine neurologische Symptomatik in Form eines stetigen Harn- und Stuhldrangs. Außerdem leide er an einem Psychosyndrom und somatoformen Schmerzen. Er bezog sich in dem Zusammenhang zur Begründung unter anderem auf einen Befundbericht der Fachärztin für Radiologie T., Radiologische Gemeinschaftspraxis in der A.-Praxisklinik H., vom 13. Juli 2007 (Bl. 214 VA) und der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. A. vom 2. August 2007, die einen imperativen Harn- und Stuhldrang beschrieb und ein inkomplettes Querschnitts-Syndrom des thorakalen Rückenmarks annahm.
Die Beklagte zog im Folgenden weitere medizinische Unterlagen bei, so u.a. die Auskunft des Facharztes für Anästhesiologie Dr. S. vom 1. Oktober 2007 (Bl. 231 VA) und der Fachärztin für Angiologie, Hämatologie und Interner Onkologie Dr. B. vom 5. November 2007 (Bl. 235 VA). Im Anschluss daran führte Privatdozent (PD) Dr. R. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 28. November 2007 aus, eine Schädigung des zentralen oder peripheren Nervensystems sei nicht festzustellen. Zur Sicherheit empfehle er allerdings eine neurologische Begutachtung. Falls sich in einer solchen Begutachtung eine Rückenmarksläsion bestätige, könne dies auch eine Folge der Strahlenbehandlung sein, die beim Kläger wegen des früher aufgetretenen Morbus Hodgkin eingetreten sei.
In seinem daraufhin im Auftrag der Beklagten erstellten neurologischen Gutachten vom 28. Januar 2008 (Bl. 253 ff VA) führte der Arzt für Neurologie und Psychiatrie aus, auf das Unfallereignis und auf die dabei erlittenen Verletzungen seien keine neurologischen Defizite zurückzuführen. Eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit oder MdE sei nicht festzustellen. Der Kläger habe 1998 wegen des Morbus Hodgkin eine Bestrahlung und eine Chemotherapie erhalten. Beim Unfall habe er eine BWK 8-Fraktur erlitten. Die Hinterkanten seien nicht beteiligt gewesen. Ein neurologisches Defizit habe am 13. Januar 2006 nicht bestanden. Eine periphere oder zentrale Nervenschädigung sei auszuschließen, dies gelte insbesondere für ein thorakales Querschnittssyndrom.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29. April 2008 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, die vom Kläger vorgebrachten Beschwerden, insbesondere auf urologischem Fachgebiet, seien nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 13. Januar 2006 zurückzuführen. Der Sachverständige B. habe zum Untersuchungszeitpunkt keine krankhaften neurologischen Befunde erheben können.
Hiergegen hat der Kläger am 20. Mai 2008 durch seinen Bevollmächtigten Klage vor dem Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Der Bevollmächtigte hat zur Begründung geltend gemacht, dass die Beklagte zahlreiche weitere beim Kläger bestehende Unfallfolgen zu Unrecht bei der Bemessung der MdE nicht berücksichtigt habe.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat darauf verwiesen, die beim Kläger vorliegenden Beschwerden seien zum Großteil nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen. Sie seien nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit in einem Zusammenhang mit den primär beim Unfall erlittenen Verletzungen zu bringen. Bei der Bemessung der MdE seien daher die zahlreichen vom Kläger geäußerten Beschwerden auszuklammern.
Das SG hat sodann bei Dr. S., Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Orthopädischen Klinik M. das neurochirurgisch-orthopädisch und unfallchirurgische Gutachten vom 20. Januar 2009 eingeholt. Dr. S. hat darin ausgeführt, der Kläger habe beim Unfall einen Bruch des 8. Brustwirbels erlitten. Dieser Bruch sei knöchern in leicht keilförmiger Deformation verheilt. Es bestehe ein chronisches BWS-Syndrom mit Schmerzen und Muskelverspannungen sowie ein wiederkehrendes Impingement-Syndrom der linken Schulter. Daneben sei festzuhalten, dass beim Kläger 1998 ein Morbus Hodgkin diagnostiziert worden sei, deshalb sei der Kläger mit 8 Zyklen Chemotherapie behandelt worden. Anschließend sei eine Bestrahlung durchgeführt worden. Des weiteren bestehe eine erektile Dysfunktion, ein imperativer Harn- und Stuhldrang bei neurogener Blasenstörung, ein algogenes Psychosyndrom, eine somatoforme Schmerzstörung, ein Libidoverlust sowie eine reaktive Sinustachykardie und supraventikuläre Tachykardie. Einen Zusammenhang der von ihm erhobenen Befunde mit dem Unfallereignis halte er nur für den knöchern verheilten Wirbelbruch für gesichert. Für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfall und inkompletter Querschnittslähmung mit neurogener Blasenlähmung einschließlich Störung der Sexualfunktion und imperativen Stuhldrang spreche, dass es grundsätzlich nicht auszuschließen sei, dass im Rahmen eines Sturzes, der immerhin heftig genug gewesen sei, eine knöcherne Verletzung hervorzurufen, auch eine Erschütterung oder Quetschung des Rückenmarkes im Sinne einer Comotio oder Contusio spinalis aufgetreten sei. Im vorliegenden Fall habe wie objektiv anhand des Wirbelbruches nachweisbar, unfallbedingt eine erhebliche Gewalteinwirkung auf Wirbelsäule und Rückenmark stattgefunden. Zusammenfassend halte er allerdings zum jetzigen Zeitpunkt nur die Folgen des knöchern verheilten Wirbelbruches für gesichert als Unfallfolgen, der Zusammenhang der inkompletten Querschnittlähmung mit neurogener Blasenlähmung einschließlich Störung der Sexualfunktion und imperativen Stuhldrang mit dem Unfall sei als wenig wahrscheinlich anzusehen, aber theoretisch nicht gänzlich auszuschließen, obgleich der Gutachter persönlich trotz langjähriger Erfahrungen der Behandlung von Wirbelsäulenverletzungen ohne und mit Rückenmarkschädigung einen solchen Fall nicht erlebt habe und auch eine Abfrage einschlägiger Datenbanken anlässlich dieser Gutachtenerstattung keine solchen Einzelfallberichte in der Literatur gezeigt habe. So sei eine Schädigung des Rückenmarks auch denkbar aufgrund des Bestrahlungsfeldes oder der verwendeten Chemotherapeutika im Rahmen der Morbus Hodgkin-Behandlung.
Das SG hat ergänzend das Gutachten des Chefarztes der Abteilung für Hämatologie, Onkologie und Paliativmedizin des Zentrums für Innere Medizin beim R.-B.-Krankenhaus Prof. Dr. A. vom 26. April 2010 eingeholt. Prof. Dr. A. hat darin im Ergebnis ausgeführt, dass eine neurogene Blasenentleerungsstörung theoretisch Folge der Hodgkin-Therapie sein könne. Beschrieben seien solche Veränderungen jedoch nicht. Die cardialen Beschwerden könnten unabhängig vom Wirbelsäulentrauma als Spätfolge dieser Therapie aufgetreten sein, dies gelte auch für die Sexualfunktionsstörung. Die anhaltende Schmerzsymptomatik sei aufgrund des eindeutigen zeitlichen Zusammenhangs mit dem Trauma nicht als Folge der Morbus Hodgkin-Erkrankung und der Therapie einzuschätzen. Vergleichbare Fälle seien bisher nicht publiziert, so dass insgesamt ein Zusammenhang der Beschwerden mit der Morbus Hodgkin-Erkrankung und deren Therapie nicht wahrscheinlich sei.
Mit Urteil vom 30. Juli 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei insbesondere gestützt auf das Gutachten von Dr. S. die Auffassung vertreten, dass beim Kläger die MdE, die durch den Unfall vom 13. Januar 2006 und die dabei erlittenen primären Verletzungen verursacht wird, mit Ablauf des Jahres 2006 einen rentenberechtigenden Umfang nicht mehr erreicht, sie vielmehr mit unter 20 v.H. einzuschätzen sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Gutachten von Prof. Dr. A ... Dieser komme zwar zum Ergebnis, dass die vom Kläger geklagten Beschwerden - wenn auch ein Zusammenhang theoretisch denkbar sei - nicht durch die Morbus Hodgkin-Erkrankung und die darauf folgende Therapie zurückzuführen seien. Jedoch ergebe sich daraus nur, dass eine Verursachung durch die Morbus Hodgkin-Erkrankung und die deshalb durchgeführten Therapien nicht wahrscheinlich ist. Hieraus könne allerdings nicht gefolgert werden, dass ein Zusammenhang mit dem Unfallereignis wahrscheinlich sei. Der Sachverständige Dr. S. habe vielmehr dargelegt, dass insoweit ganz erhebliche Zweifel bestünden, allein der Umstand, dass sich die vom Kläger angegebenen Beschwerden zeitlich nach dem Unfallereignis eingestellt hätten, reiche jedenfalls nicht aus, um einen Zusammenhang mit dem Unfallereignis und den dabei erlittenen primären Verletzungen annehmen zu können.
Der Kläger hat gegen das seinem Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 16. November 2010 zugestellte Urteil am 10. Dezember 2010 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht er u.a. geltend, dass insbesondere die außergewöhnliche Schmerzsymptomatik des Klägers bislang in die Bewertung der MdE nicht eingeflossen sei. Der Kläger habe auch über den 31. Dezember 2006 hinaus bis heute unter anhaltenden Schmerzen im Thoraxbereich gelitten. Er nehme seit seinem Unfall bis heute täglich hoch dosierte Schmerzmittel (Opiode und Morphiumpräparate) hinsichtlich seiner Schmerzsymptomatik habe der Kläger sich auch in der Zwischenzeit in die Behandlung der auf diesem Bereich führenden Kapazität Dr. Gerhard M.-S., G. begeben. Entgegen der Auffassung der Beklagten und des SG habe sich als Folge der BWK-Fraktur eine neurologische Symptomatik entwickelt, es sei eine Rückenmarksschädigung eingetreten. Entgegen der Auffassung des SG bestünden auch keine anderen Ursachen für die geklagten Beschwerden. So habe Prof. A. die Morbus Hodgkin-Erkrankung ohnehin ausgeschlossen. Aber auch im Übrigen bestünden keine Ersatzursachen, vielmehr sei durch den engen zeitlichen Zusammenhang ein Indiz für eine Unfallursächlichkeit gegeben. Auch das Argument des SG, die Primärverletzung sei die BWK-Fraktur gewesen und die Kraft, welche sich durch den Sturz auf den Körper ausgewirkt habe, habe das sakrale Miktionszentrum nicht erreichen können, da es von dem BWS Bereich zu weit entfernt liege, gehe fehl. Die Fraktur sei im Bereich der BWK 8 aufgetreten, es habe sich um eine Kompressionsfraktur gehandelt, der Aufprall und die auf den Körper einwirkende Kraft habe so vehement gewesen sein müssen, dass es überhaupt erst zu einer Fraktur gekommen sei, bei einem leichten Sturz breche ein solcher Knochen nicht. Dass durch den vehementen Aufprall durch fortgleitenden Kraftfluss vom Lendenwirbelbereich zum Brustwirbelbereich auch das sakrale Miktionszentrum in Mitleidenschaft gezogen worden sei, sei daher wahrscheinlich. Es sei damit auch wahrscheinlich, dass die erektile Dysfunktion und die neurogene Blasenentleerungsstörungen durch das Unfallereignis kausal herbeigeführt worden seien. Hinzu komme schließlich noch das Auftreten eines nächtlichen Herzrasens, welches von Dr. B. ebenfalls als unfallursächlich angesehen werde. Sie sehe den Ursprung einerseits in dem inkompletten Querschnittsyndrom und den bestehenden Schmerzen aus dem thorakalen Bereich, welche radikulär ausstrahlten. Durch die Fraktur auf Höhe der beim Kläger bestehenden Trichterbrust sei eine Einengung des Brustkorbes hinzu gekommen (Teilwirbelbildung), die in Verbindung mit den neurologischen Schädigungen des Rückenmarks zur entsprechenden Symptomatik führe.
Der Kläger beantragt
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 30. Juli 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 01. Januar 2007 eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 30 v.H. weiterhin zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung des neurologisch-psychiatrischen Gutachtens auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei PD Dr. W., B. S. vom 23. März 2011 mit ergänzender Stellungnahme vom 31. August 2011. Im Ergebnis ist PD Dr. W. der Auffassung, die Fraktur des 8. Brustwirbelkörpers sei ohne vernünftige Zweifel durch den Arbeitsunfall verursacht. Die chronischen Schmerzen, das von ihm festgestellte spastische Syndrom mit neurogener Blasenstörung, die erektile Dysfunktion sowie die gestörte Defäkation seien ebenfalls unfallbedingt aufzufassen. Bezüglich dieser Gesundheitsstörungen sei er zur Bewertung gelangt, dass sie in erster Linie auf das Unfallereignis zurückzuführen seien, während das Auftreten einer Tachycardie (schneller Herzschlag) möglicherweise in ursächlichem Zusammenhang mit dem Unfall bzw. den anhaltenden Schmerzen von ihm gesehen werde, jedoch nicht hinreichend sicher. Für den Bezug zu den Schmerzen spreche die seit Jahrzehnten bekannte Tatsache, dass heftiger Schmerz den Blutdruck anhebe und den Puls beschleunige. Andererseits könne auch die vorbestehende Trichterbrust, welche zu einer Verlagerung des Herzens geführt habe, wesentliche Ursache gewesen sein. Der Kläger selbst habe angegeben, dass es im Zusammenhang mit seiner Trichterbrust zu einer Lageverschiebung des Herzens gekommen sei. Als Unfallfolgen bewertet daher PD Dr. W. zum einen die chronischen Rückenschmerzen nach BWK-Fraktur von paravertebralem Muskelhartspann begleitet, sowie eine Störung funktioneller Abläufe der Wirbelsäule, ein spastisches Syndrom verbunden mit vegetativen Störungen, Dranginkontinenz, erektile Dysfunktion, Defäkationsstörung sowie Beeinträchtigung von motorischen Durchhaltevermögen und Gleichgewicht und psychische Veränderungen durch Schmerz und Beeinträchtigungen. Die chronischen Schmerzen hätten ein algogenes Psychosyndrom herbeigeführt, wie es schon von den Voruntersuchern beschrieben worden sei. In den ersten Monaten nach dem Unfallereignis habe aufgrund der heftigen akuten Schmerzen Arbeitsunfähigkeit bestanden, wie dies auch ärztlicherseits bestätigt worden sei. Störungen beim Wasserlassen, eine Darmschwäche und eine erektile Dysfunktion hätten sich allmählich eingestellt. Zudem sei es in Zusammenhang mit der Funktionsstörung bei nachgewiesener Spastik zu rezidivierenden Entzündungen gekommen, welche urologisch eingeschätzt worden seien. Die MdE hat PD Dr. W. für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis zum Ende Oktober 2006 auf 40 v.H. und für Zeit danach auf 30 v.H. eingeschätzt.
PD Dr. R. ist in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 1. Mai 2011 dem entgegen getreten und hat u.a. darauf verwiesen, PD Dr. W. schildere die Beeinträchtigungen durch die vegetativen Funktionsstörungen (erektile Dysfunktion, Blasen- und Mastdarmstörung) nur kursorisch. Vor allem präzisiere er die zeitliche Entwicklung dieser Störungen in den Monaten nach dem Unfall nicht. Sein Untersuchungsergebnis fasse er in der folgenden Feststellung zusammen: "Eine neurologische und algologische Untersuchung habe das Vorliegen eines spastischen Syndroms im Bereich der unteren Körperhälfte mit Ausgang ab TH 8 eindeutig bestätigen (können), speziell durch pathologische Reflexe an den Füßen und durch die neurophysiologischen Befund ... ". wenige Zeilen später räume er ein, dass das "spastische Syndrom an den Beinen allerdings von geringer Ausprägung" sei. Nach Auffassung von PD Dr. R. sei das Gutachten von PD Dr. W. nicht geeignet die bisherige Bewertung der neurologischen Folgen des Unfalles vom 13. Juli 2006 zu entkräften. Hinsichtlich der vegetativen Funktionsstörung beziehe sich PD Dr. W. ausschließlich auf die Angaben des Verletzten und das Ergebnis der bekannten urologischen Voruntersuchung. Er erwähne zwar eine chemotherapeutische und strahlentherapeutische Vorbehandlung, nehme aber zu der Problematik dieser konkurrierten Ursache der vegetativen Beeinträchtigung nicht Stellung. Auch thematisiere er nicht die Problematik, dass die genannten vegetativen Funktionsstörungen erst mit einer erheblichen zeitlichen Verzögerung nach dem Unfallereignis aufgetreten seien. Obwohl PD Dr. W. ein "spastisches Syndrom an den Beinen, allerdings geringer Ausprägung" diagnostiziere, werde dieser an sich schon relativierte Befund noch dadurch in seiner Bedeutung abgeschwächt, als er sich offensichtlich lediglich auf Reflexauffälligkeiten an den unteren Extremitäten beziehe. Eine "spastische Tonuserhöhung" schließe er in seiner Befundbeschreibung ausdrücklich aus. Im Gegensatz zu PD Dr. W. habe im Übrigen Dr. B. in dem von ihm in seinem Gutachten durchgeführten und beschriebenen Untersuchungen durchweg Normalbefunde erhoben. Zusammengefasst ließen sich aus den von PD Dr. W. mitgeteilten Befunden - mit Ausnahme des Reflexbefundes - keine eindeutigen objektiven Hinweise auf eine Rückenmarksschädigung ableiten. Angemerkt sei ferner, dass der Befundbericht von Dr. W. (vorgelegt von PD Dr. W.) keinesfalls mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Rückschluss auf eine Rückenmarksschädigung erlaube. Er habe einen völlig normal neurologischen Befund erhoben und habe vor allem auch die von PD Dr. W. beschriebenen "pathologischen Reflexe" nicht auslösen können. Schließlich habe sich PD Dr. W. auch nicht in der gehaltenen Notwendigkeit mit dem Gutachten von Dr. S. auseinandergesetzt. Besonders zu rügen sei PD Dr. W. schließlich, dass er an keiner Stelle ausführlich die Pathogenese der von ihm postulierten Rückenmarksstörung diskutiere. Er unterstelle, dass, nachdem eine andere Ursache für die zur Diskussion stehenden Auffälligkeiten nicht dingfest zu machen sei, trotz aller entgegen stehenden Argumente eine bei dem Unfall erlittene Rückenmarksschädigung unterstellt werden müsse. Eine solche Argumentation sei jedoch nicht zwingend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten (3 Bände) sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die form- und fristgerecht eingelegte und statthafte Berufung (§§ 141 Abs. 1, 143 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig. Gegenstand der Klage ist die Gewährung einer vorläufigen bzw. dauerhaften Verletztenrente ab dem 1. Januar 2007. Statthafte Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG).
II. Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen, da die Voraussetzungen für die Gewährung einer Verletztenrente ab dem 1. Januar 2007 nicht vorliegen. Mit Bescheid vom 13. Dezember 2006 hat die Beklagte das Ereignis vom 13. Januar 2006 als Arbeitsunfall anerkannt und für die Zeit vom 14. Februar 2006 bis 31. Dezember 2006 Verletztenrente (nach einer unterschiedlich hohen MdE) in Form einer Gesamtvergütung (gem. § 75 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII)) gewährt. Die Beklagte hat jedoch zu Recht den Antrag des Klägers auf Gewährung von Verletztenrente für die Zeit ab 1. Januar 2007 mit Bescheid vom 22. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2008 abgelehnt.
Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, Anspruch auf Rente, wenn ihre Erwerbsfähigkeit in Folge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Ist die Erwerbsfähigkeit in Folge mehrere Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vom-Hundert-Sätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VII).
Gemäß § 72 SGB VII beginnt eine Rente nach dem Ende des Anspruchs auf Verletztengeld, das bis zum Ende der Arbeitsunfähigkeit bzw. Rehabilitation (s. § 46 SGB VII) gezahlt wird. Versicherungsfälle sind gem. § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 und 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Unfallereignis) und die Gesundheitsstörung, derentwegen Entschädigungsleistungen begehrt werden, erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127,128). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127, 129); das bedeutet, dass unter vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSGE 55, 285, 286).
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (grundlegend: Reichsversicherungsamt, AN 1912, S 930 f; übernommen vom BSG in BSGE 1, 72, 76; BSGE 1, 150, 156 f; st. Rspr. vgl. zuletzt BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb. v § 249 RdNr. 57 ff m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
Anders als bei der für das Zivilrecht maßgebenden Adäquanztheorie (stellvertretend BGHZ 137, 11, 19ff m.w.N.) folgt daraus keine abstrakt-generalisierende Betrachtungsweise; vielmehr ist die Kausalitätsbewertung in der gesetzlichen Unfallversicherung vom ex-post-Standpunkt aus anhand individualisierender und konkretisierender Merkmale des jeweiligen Einzelfalles vorzunehmen. Daher kommt es bei der Wertung im Bereich der Kausalität vor allem darauf an, welche Auswirkungen das Unfallgeschehen gerade bei der betreffenden Einzelperson mit ihrer jeweiligen Struktureigenheit im körperlich-seelischen Bereich hervorgerufen hat (vgl. BSGE 66, 156, 158 = SozR 3-2200 § 553 Nr. 1 m.w.N.). Gleichzeitig ist im Rahmen der gegenseitigen Abwägung mehrerer, zu einem bestimmten "Erfolg" führender Umstände der Schutzzweck sowohl der gesetzlichen Unfallversicherung im Allgemeinen als auch der jeweils anzuwendenden Norm - hier der §§ 45, 56 SGB VII - zu berücksichtigen. Dies führt zu der Wertbestimmung, bis zu welcher Grenze der Versicherungsschutz im Einzelfall reicht (vgl. insgesamt BSG SozR 4-2200 § 589 Nr. 1 m.w.N.; SozR 2200 § 589 Nr. 96).
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen. Dass der Begriff der Gelegenheitsursache durch die Austauschbarkeit der versicherten Einwirkung gegen andere alltäglich vorkommende Ereignisse gekennzeichnet ist, berechtigt jedoch nicht zu dem Umkehrschluss, dass bei einem gravierenden, nicht alltäglichen Unfallgeschehen oder besonderen Problemen in der anschließenden Heilbehandlung, ein gegenüber einer Krankheitsanlage rechtlich wesentlicher Ursachenbeitrag ohne weiteres zu unterstellen ist (vgl. insgesamt zum Vorstehenden BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R -, jeweils m. w. N.).
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Es gibt aber im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSG Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R; zu Berufskrankheiten vgl. § 9 Abs. 3 SGB VII). Für die Feststellung dieses Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.H. auf BSG SozR Nr. 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr. 20 zu § 542 aF RVO; BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 aF RVO; BSG SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Schönberger/Mehrtens/Valentin aaO, Kap 1.8.2, S 119 f; Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 128 RdNr. 3c). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
Ausgehend von diesen Maßstäben hat sich der Kläger bei dem Unfallereignis vom 13. Januar 2006 als Unfallfolgen eine Bewegungseinschränkung bei Rumpfdrehung und Seitneigung sowie glaubhafte subjektive Beschwerden nach unter Keilwirbelbildung, knöchern fest verheiltem Bruch des 8. Brustwirbelkörpers zugezogen.
Die vom Kläger geltend gemachten weiteren Gesundheitsstörungen (neurogene Blasenlähmung einschließlich Störung der Sexualfunktion und imperativer Stuhldrang wie auch Herzrasen) können jedoch nicht zur Überzeugung des Senats ursächlich dem Unfallereignis zugerechnet werden. Der Senat stützt sich hierbei insbesondere auf die im Wege des Urkundenbeweises zu verwertenden Verwaltungsgutachten des Chirurgen Prof. Dr. W. vom 8. November 2006 und 5. Juli 2007 und des Neurologen B. vom 28. Januar 2008 sowie das im SG-Verfahren eingeholte chirurgische Gutachten von Dr. S. vom 20. Januar 2009. Übereinstimmend haben Prof. W. wie auch Dr. S. unstreitig als Unfallfolgen den knöchern in leicht keilförmiger Deformation verheilten Bruch des 8. Brustwirbelkörpers festgestellt. Darüberhinausgehende Gesundheitsstörungen sind von Prof. W. in seinen beiden Gutachten dagegen nicht beschrieben, insbesondere die hier vom Kläger nunmehr geltend gemachten Beschwerden. Schon im Durchgangsarztbericht vom 17. Januar 2006 hinsichtlich der Vorstellung am 13. Januar 2006 sind außer der als Wirbelsäulenprellung genannten Erstdiagnose keine weiteren neurologischen Beeinträchtigungen beschrieben worden. Der Neurologe B. hat in seinem Gutachten vom 28. Januar 2008 darauf verwiesen, dass die nunmehr vom Kläger geklagten Blasen-Darm-Störungen sowie der Libidoverlust und das Herzrasen nicht auf den Unfall zurückgeführt werden könnten. Die BWK-8-Fraktur sei mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen, krankhafte neurologische Befunde bzw. objektive Hinweise für eine Rückenmarksfunktionsstörung konnte er bei seinen Untersuchungen nicht feststellen. Auch Dr. S. konnte in seinem chirurgischen Gutachten vom 20. Januar 2009 letztlich einen Zusammenhang zwischen den vom Kläger hier geltend gemachten weiteren Beschwerden und dem Unfallereignis nicht bestätigen. Die beim Kläger bestehende neurogene Blasenstörung mit Sexualfunktionsstörungen und die Störung der Darmkontrolle sind aufgrund der objektiven aktenkundlichen Befunde als zentralnervös einzustufen, wobei allerdings noch nicht entschieden werden könne, ob sie dem Abschnitt des Rückenmarks oder möglicherweise höher gelegenen Abschnitten, etwa dem Halsmark oder dem Gehirn, zuzuordnen sind. Wenn sie dem Rückenmark zuzuordnen wären, so können sie rein formal auch als inkomplette Querschnittslähmung bezeichnet werden, obwohl weitere Zeichen der Querschnittslähmung - typische und objektive Reflexmuster, Spastik, Ataxie usw. nicht zu erheben waren und auch zu keinem Zeitpunkt dokumentiert worden sind. Wie von Dr. S. bereits ausgeführt stellen die hier beschriebenen Störungen eine zentral-nervöse Störung dar, die möglicherweise dem Abschnitt des Rückenmarks zuzuordnen ist. Die in leichter Keilwirbelform knöchern verheilte BWK-8-Fraktur ohne unfallnahen Nachweis einer Rückenmarksschädigung in der zehn Tage nach dem Unfall angefertigten Kernspintomographie lässt jedoch eine Rückenmarksschädigung prima vista unwahrscheinlich erscheinen, wie auch die nach Aktenlage zunächst nicht dokumentierten neurologischen Ausfallserscheinungen, die Dr. S. gegenüber vom Kläger so erklärt wurden, dass sie zunächst ihm nicht bewusst geworden wären, ebenfalls gegen eine unfallbedingte fulminante Rückenmarksschädigung sprechen. Desweiteren verweist Dr. S. für den Senat überzeugend darauf, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und der objektiv festgestellten neurogenen Blasenstörung grundsätzlich zwar denkbar ist, da der Unfall von der Krafteinwirkung her ausreichte, einen Wirbelbruch hervorzurufen und damit prinzipiell auch als geeignet angesehen werden muss, eine Kontusion des Rückenmarkes hervorzurufen. Allerdings liegt der Ort des Wirbelbruches, nämlich der 8. Brustwirbel, nicht auf gleicher Höhe wie das Blasenzentrum im Bereich des Rückenmarkes auf Höhe des thorakolumbalen Überganges. Auch ist hier als zumindest ungewöhnlich anzusehen, dass es zu einer isolierten neurogenen Blasenstörung gekommen sein sollte ohne weitere objektive Funktionsstörungen im Bereich des Rückenmarkes. Insgesamt weist daher Dr. S. auch zu Recht darauf hin, dass bei intakter Wirbelkörperhinterkante und fehlender Einengung des Rückenmarkkanals durch Knochenfragmente oder Bluterguss intraspinal oder Schädigungszeichen des Rückenmarkparenchyms ausweislich der unfallnahen Röntgendiagnostik sowie der nach 10 Tagen erfolgten MRT-Untersuchung und fehlenden objektiven klinischen Zeichen einer Rückenmarksschädigung unmittelbar nach dem Unfall bei Erhebung des Erstschadenbefundes in der Universitätsklinik H. ausweislich des Durchgangsarztberichts sowie mehrfacher Kontrolluntersuchungen - H-Arztbericht von Dr. H./Dr. K. vom 23. Januar 2006, Erstes Rentengutachten Unfallklinik L. am 8. November 2006, Bericht des behandelnden Orthopäden Dr. K. vom 18. Juni 2007 (Bl. 186 VA), erneute Begutachtung in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. vom 2./5. Juli 2007, nervenärztlicher Befundbericht der Nervenärztin Dr. A. vom 2. August 2007 (Bl. 216 VA; mit Hinweis von Dr. S., dass im kernspintomographischen Befund vom 6. April 2006 nicht – wie von Dr. A. angenommen – das Rückenmark gemeint war, sondern eine Signalveränderung des Knochenmarkes der Wirbel am ehesten bei Zustand nach Bestrahlung), Befundbericht aus der Schmerztherapie durch den Anästhesiologen Dr. S. vom 14. September 2007 (– Bl. 223 VA; die Diagnose der inkompletten Querschnittlähmung wird auch hier nicht objektiv belegt) - ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Unfall und inkompletter Querschnittlähmung mit neurogener Blasenlähmung einschließlich Störung der Sexualfunktionen und imperativem Stuhldrang zumindest nicht unmittelbar erkennbar ist. Auch der zeitliche Zusammenhang ist vom Kläger selber erst im nachhinein hergestellt worden. Soweit Dr. S. als mögliche alternative Ursache für die Blasen-Darm-Störung des Klägers die frühere Morbus-Hodgkin-Erkrankung und deren Therapie angesprochen hatte, hat dies Prof. Dr. A. in seinem Gutachten nicht bestätigen können und vielmehr darauf hingewiesen, dass zwar die neurogene Blasenentleerungsstörung theoretisch als Folge der Hodgkin-Therapie aufgrund der pathogenetischen Mechanismen bekannter neurologischer Langzeittoxizitäten denkbar ist. Allerdings hat er auch darauf hingewiesen, dass solche Veränderungen in der bisherigen Literatur über Spätfolgen nicht beschrieben werden. Die vom Kläger außerdem geklagten kardialen Beschwerden können auch unabhängig vom Wirbelsäulentrauma als Spätfolge der Therapie aufgetreten sein. Voraussetzung dafür wäre aber der Nachweis einer strukturellen Herzerkrankung in weitergehenden kardiologischen Untersuchungen. Auch die Sexualfunktionsstörung könnte unabhängig vom Wirbelsäulentrauma als Spätfolge der Hodgkin-Therapie aufgetreten sein. Da allerdings entsprechende vergleichbare Fälle bisher nicht publiziert sind, ist nach Auffassung des Gutachters ein Zusammenhang der Beschwerden mit der vorangegangenen Hodgkin-Erkrankung nicht wahrscheinlich. Im Ergebnis schließt damit Prof. Dr. A. einerseits nicht aus, dass die hier vom Kläger geklagten Beschwerden auch eine Spätfolge der Morbus-Hodgkin-Erkrankung und deren Therapie sein können, wobei auf der anderen Seite dies nach dem bisherigen Stand der medizinischen Literatur offenkundig nicht belegt ist.
Dies bedeutet allerdings umgekehrt keineswegs, dass damit zwingend die geklagten Beschwerden des Klägers als weitere Unfallfolgen dem Unfallereignis vom 13. Januar 2006 zuzuordnen wären. Es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSG Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R; zu Berufskrankheiten vgl. § 9 Abs. 3 SGB VII).
Der Senat kann desweiteren daher auch nicht der Einschätzung von PD Dr. W. in seinem Gutachten vom 23. März 2010 folgen, soweit er ein spastisches Syndrom verbunden mit vegetativen Störungen sowie eine Dranginkontinenz, erektile Dysfunktion, Defäkationsstörungen als weitere Unfallfolgen beschreibt. So führt PD Dr. W. selbst aus, dass sich die Störungen beim Wasserlassen, die Darmschwäche und die erektile Dysfunktion erst allmählich nach dem Unfallereignis einstellten, ohne allerdings dies zu problematisieren. In dem Zusammenhang hat nämlich bereits Dr. S. in seinem Gutachten darauf hingewiesen, dass gerade der Umstand, dass diese Störungen erst allmählich mit zeitlicher Verzögerung nach dem Unfallereignis eingetreten sind, gegen eine entsprechende Schädigung aus Anlass des Unfallereignisses sprechen. Desweiteren beschreibt auch PD Dr. W. lediglich ein spastisches Syndrom an den Beinen, allerdings geringer Ausprägung und offensichtlich auch lediglich auf Reflexauffälligkeiten an den unteren Extremitäten bezogen. Eine spastische Tonuserhöhung schließt er in seiner Befundbeschreibung ausdrücklich aus und auch im Übrigen hat er wie alle anderen nervenärztlichen Voruntersucher keine pathologischen Befunde erheben können, die geeignet waren, die Annahme einer Rückenmarksschädigung zu stützen. Desweiteren hat auch der noch von PD Dr. W. miteinbezogene Befundbericht des Neurologen Dr. W. vom 23. September 2010 einen völlig normalen neurologischen Befund ergeben und hat Dr. W. auch keinerlei pathologische Reflexe auslösen können. Soweit Dr. W. im Übrigen die Auffassung vertritt, 2006 sei beim Kläger eine Myelopathie aufgetreten und insgesamt kämen "kaum Alternativen zu der Annahme einer traumatischen Rückenmarkschädigung in Betracht" und in der Diagnose die Blasen-Mastdarm-Störung und erektile Dysfunktion als "wahrscheinliche Traumafolge" stellt, führt auch dies für den Kläger nicht zum Erfolg. Zum einen gibt es acht Alternativen als mögliche Ursachen für eine Myelopathie ((1) traumatisch – wie hier geltend gemacht –, (2) aber auch etwa durch Bandscheibenvorfall verursacht , (3) vaskulär, also durch Erkrankungen und embolische Verschlüsse der Gefäße, (4) durch Entzündungen, (5) aufgrund von Diabetes, (6) aufgrund von Vergiftungen, (7) aufgrund degenerativer Ursache und (8) aufgrund von Strahlen – Pschyrembel 262. Aufl. 2011 Seite 1379) und zum anderen ist nochmals klarzustellen, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache keineswegs automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSG Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R; zu Berufskrankheiten vgl. § 9 Abs. 3 SGB VII).
Hinsichtlich der Tachycardie ("Herzrasen") verneint auch PD Dr. W. einen ursächlichen Zusammenhang. Zwar spreche für den Bezug zu den Schmerzen (und damit – sofern man die Schmerzen überhaupt als Unfallfolge sieht – ursächlich zum Unfallereignis) die seit Jahrzehnten bekannte Tatsache, dass heftiger Schmerz den Blutdruck anhebe und den Puls beschleunige. Andererseits könne auch die vorbestehende Trichterbrust, welche zu einer Verlagerung des Herzens geführt hat, wesentliche Ursache gewesen sein.
Schließlich können auch nicht die vom Kläger geklagten Schmerzen eine rentenberechtigende MdE begründen. Denn die hier allein bestehende und von der Beklagten anerkannte Unfallfolge "Bewegungseinschränkung bei Rumpfdrehung und Seitneigung sowie glaubhafte subjektive Beschwerden nach unter Keilwirbelbildung knöchern fest verheiltem Bruch des 8. Brustwirbelkörpers" vermag dies nicht zu begründen. Hierbei ist nämlich zu berücksichtigen, dass zum einen Rückenschmerzen in Form eines "BWS-Syndroms" – wie es beim Kläger diagnostiziert wird – völlig unabhängig von irgendwelchen Unfallereignissen als Folge z.B. eines Verschleißes auftreten können und bekanntermaßen in der Bevölkerung auch weit verbreitet sind. Demgegenüber führt – wie bereits Dr. S. ausgeführt hat – ein Wirbelbruch in der hier vorliegenden Form zu akuten Beschwerden, die über einige Monate andauern und allmählich nach knöcherner Ausheilung und funktionellem Auftrainieren der durch die erzwungene Schonung geschwächten Muskulatur bis auf einen dem natürlichen, individuellen Alterungsprozess entsprechendes Ausmaß abklingen. Der Wirbelbruch ist beim Kläger auch knöchern ausgeheilt. Deshalb sind auf das Unfallereignis zurückzuführende Gesundheitsstörungen die Folgen des Bruchs des 8. Brustwirbelkörpers, nämlich erhebliche Schmerzen und Funktionseinschränkungen der Brustwirbelsäule nach dem Unfall für sechs Monate bis zur vollständigen knöchernen Heilung und Wiedergewinnung der muskulären und statischen Belastbarkeit sowie die bleibenden Folgen einer keilförmigen Deformierung des Wirbelkörpers mit 40 %iger Höhenminderung der Wirbelkörpervorderkante mit der zunächst für die erste Zeit nach dem Unfall begründeten höheren MdE (40 v.H. vom 14. Februar 2006 bis 31. Mai 2006 und 20 v.H. vom 1. Juni 2006 bis 31. Dezember 2006) sowie für die Zeit ab 1. Januar 2007 auf Dauer mit einer MdE in Höhe von 10 v.H.
Da der Senat sich insgesamt nicht davon hat überzeugen können, dass hier noch weitere Unfallfolgen bestehen, die auch die Annahme einer MdE von mindestens 20 v.H. für die Zeit ab 1. Januar 2007 begründen können, war die Berufung zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Weitergewährung einer Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 30 v.H. für die Zeit ab dem 01. Januar 2007.
Der 1967 geborene Kläger ist bei der Firma S. beschäftigt. Auf dem Weg zur Arbeit stürzte er am 13. Januar 2006 auf der Außentreppe seines Hauses. Der Kläger begab sich daraufhin unmittelbar in die Orthopädische Universitätsklinik H ... Prof. Dr. C. diagnostizierte – auf Wunsch des Klägers ohne radiologische Untersuchung – im Durchgangsarztbericht vom 17. Januar 2006 im Hinblick auf die Vorstellung des Klägers am 13. Januar 2006 eine Wirbelsäulenprellung. Im weiteren Verlauf der Behandlung stellte sich allerdings heraus, dass sich der Kläger eine Fraktur des 8. Brustwirbelkörpers zugezogen hatte (Attest Dr. H. vom 21. März 2006 Bl. 29 Verwaltungsakte - VA -; siehe auch MRT-Berichte vom 23. Januar 2006 und 6. April 2006).
In seinem ersten Rentengutachten vom 8. November 2006 gelangte Prof. Dr. W., Ärztlicher Direktor der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L., zu dem Ergebnis, dass als Unfallfolgen beim Kläger nach der konservativ behandelten BWK-8-Fraktur noch radiologische Veränderungen in Form einer Keilwirbelbildung von 10 Grad, eine Bewegungseinschränkung bei der Rumpfdrehung und Seitneigung festzustellen seien. Unfallunabhängig bestehe beim Kläger seit 1998 ein Morbus Hodgkin und ein Zustand nach Radiatio der BWS. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) sei nach Auffassung von Prof. Dr. W. für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis 22. Oktober 2006 (Zeitpunkt der Untersuchung des Klägers) sowie für die Folgezeit bis zum 1. Dezember 2006 mit 20 v.H. einzuschätzen. Danach liege sie voraussichtlich bei 10 v.H.
Nachdem der Beratungsarzt der Beklagten Dr. S. die MdE für die Zeit vom 14. Februar 2006 bis 31. Mai 2006 mit 40 v.H. einschätzte, bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 13. Dezember 2006 (Bl. 151 VA) für die Zeit vom 14. Februar 2006 bis 31. Mai 2006 eine Verletztenrente nach einer MdE von 40 v.H. und für die Zeit vom 01. Juni 2006 bis 31. Dezember 2006 nach einer MdE von 20 v.H. Die Rente wurde in Form einer Gesamtvergütung in Höhe von 10.378,77 EUR gezahlt. Als Unfallfolgen anerkannte die Beklagte "Bewegungseinschränkung bei Rumpfdrehung und Seitneigung sowie glaubhafte subjektive Beschwerden nach unter Keilwirbelbildung knöchern fest verheiltem Bruch des 8. Brustwirbelkörpers".
Der Kläger hatte in der Folge, zuletzt im April 2007 (Bl. 159 VA) geltend gemacht, dass sich seine Beschwerden nicht gebessert, sondern eher verschlechtert hätten und er daher im Ergebnis die Weitergewährung der Verletztenrente für die Zeit ab 2007 beantrage. In seinem daraufhin im Auftrag der Beklagten erstatteten zweiten Rentengutachten vom 5. Juli 2007 hat Prof. Dr. W. die MdE seit Dezember 2006 auf Dauer mit 10 v.H. eingeschätzt.
Mit Bescheid vom 22. August 2007 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag des Klägers auf Weitergewährung der Verletztenrente ab.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, er habe massive Schmerzen, es bestehe eine neurologische Symptomatik in Form eines stetigen Harn- und Stuhldrangs. Außerdem leide er an einem Psychosyndrom und somatoformen Schmerzen. Er bezog sich in dem Zusammenhang zur Begründung unter anderem auf einen Befundbericht der Fachärztin für Radiologie T., Radiologische Gemeinschaftspraxis in der A.-Praxisklinik H., vom 13. Juli 2007 (Bl. 214 VA) und der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. A. vom 2. August 2007, die einen imperativen Harn- und Stuhldrang beschrieb und ein inkomplettes Querschnitts-Syndrom des thorakalen Rückenmarks annahm.
Die Beklagte zog im Folgenden weitere medizinische Unterlagen bei, so u.a. die Auskunft des Facharztes für Anästhesiologie Dr. S. vom 1. Oktober 2007 (Bl. 231 VA) und der Fachärztin für Angiologie, Hämatologie und Interner Onkologie Dr. B. vom 5. November 2007 (Bl. 235 VA). Im Anschluss daran führte Privatdozent (PD) Dr. R. in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 28. November 2007 aus, eine Schädigung des zentralen oder peripheren Nervensystems sei nicht festzustellen. Zur Sicherheit empfehle er allerdings eine neurologische Begutachtung. Falls sich in einer solchen Begutachtung eine Rückenmarksläsion bestätige, könne dies auch eine Folge der Strahlenbehandlung sein, die beim Kläger wegen des früher aufgetretenen Morbus Hodgkin eingetreten sei.
In seinem daraufhin im Auftrag der Beklagten erstellten neurologischen Gutachten vom 28. Januar 2008 (Bl. 253 ff VA) führte der Arzt für Neurologie und Psychiatrie aus, auf das Unfallereignis und auf die dabei erlittenen Verletzungen seien keine neurologischen Defizite zurückzuführen. Eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit oder MdE sei nicht festzustellen. Der Kläger habe 1998 wegen des Morbus Hodgkin eine Bestrahlung und eine Chemotherapie erhalten. Beim Unfall habe er eine BWK 8-Fraktur erlitten. Die Hinterkanten seien nicht beteiligt gewesen. Ein neurologisches Defizit habe am 13. Januar 2006 nicht bestanden. Eine periphere oder zentrale Nervenschädigung sei auszuschließen, dies gelte insbesondere für ein thorakales Querschnittssyndrom.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29. April 2008 wies die Beklagte daraufhin den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, die vom Kläger vorgebrachten Beschwerden, insbesondere auf urologischem Fachgebiet, seien nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 13. Januar 2006 zurückzuführen. Der Sachverständige B. habe zum Untersuchungszeitpunkt keine krankhaften neurologischen Befunde erheben können.
Hiergegen hat der Kläger am 20. Mai 2008 durch seinen Bevollmächtigten Klage vor dem Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Der Bevollmächtigte hat zur Begründung geltend gemacht, dass die Beklagte zahlreiche weitere beim Kläger bestehende Unfallfolgen zu Unrecht bei der Bemessung der MdE nicht berücksichtigt habe.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat darauf verwiesen, die beim Kläger vorliegenden Beschwerden seien zum Großteil nicht auf das Unfallereignis zurückzuführen. Sie seien nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit in einem Zusammenhang mit den primär beim Unfall erlittenen Verletzungen zu bringen. Bei der Bemessung der MdE seien daher die zahlreichen vom Kläger geäußerten Beschwerden auszuklammern.
Das SG hat sodann bei Dr. S., Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Orthopädischen Klinik M. das neurochirurgisch-orthopädisch und unfallchirurgische Gutachten vom 20. Januar 2009 eingeholt. Dr. S. hat darin ausgeführt, der Kläger habe beim Unfall einen Bruch des 8. Brustwirbels erlitten. Dieser Bruch sei knöchern in leicht keilförmiger Deformation verheilt. Es bestehe ein chronisches BWS-Syndrom mit Schmerzen und Muskelverspannungen sowie ein wiederkehrendes Impingement-Syndrom der linken Schulter. Daneben sei festzuhalten, dass beim Kläger 1998 ein Morbus Hodgkin diagnostiziert worden sei, deshalb sei der Kläger mit 8 Zyklen Chemotherapie behandelt worden. Anschließend sei eine Bestrahlung durchgeführt worden. Des weiteren bestehe eine erektile Dysfunktion, ein imperativer Harn- und Stuhldrang bei neurogener Blasenstörung, ein algogenes Psychosyndrom, eine somatoforme Schmerzstörung, ein Libidoverlust sowie eine reaktive Sinustachykardie und supraventikuläre Tachykardie. Einen Zusammenhang der von ihm erhobenen Befunde mit dem Unfallereignis halte er nur für den knöchern verheilten Wirbelbruch für gesichert. Für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Unfall und inkompletter Querschnittslähmung mit neurogener Blasenlähmung einschließlich Störung der Sexualfunktion und imperativen Stuhldrang spreche, dass es grundsätzlich nicht auszuschließen sei, dass im Rahmen eines Sturzes, der immerhin heftig genug gewesen sei, eine knöcherne Verletzung hervorzurufen, auch eine Erschütterung oder Quetschung des Rückenmarkes im Sinne einer Comotio oder Contusio spinalis aufgetreten sei. Im vorliegenden Fall habe wie objektiv anhand des Wirbelbruches nachweisbar, unfallbedingt eine erhebliche Gewalteinwirkung auf Wirbelsäule und Rückenmark stattgefunden. Zusammenfassend halte er allerdings zum jetzigen Zeitpunkt nur die Folgen des knöchern verheilten Wirbelbruches für gesichert als Unfallfolgen, der Zusammenhang der inkompletten Querschnittlähmung mit neurogener Blasenlähmung einschließlich Störung der Sexualfunktion und imperativen Stuhldrang mit dem Unfall sei als wenig wahrscheinlich anzusehen, aber theoretisch nicht gänzlich auszuschließen, obgleich der Gutachter persönlich trotz langjähriger Erfahrungen der Behandlung von Wirbelsäulenverletzungen ohne und mit Rückenmarkschädigung einen solchen Fall nicht erlebt habe und auch eine Abfrage einschlägiger Datenbanken anlässlich dieser Gutachtenerstattung keine solchen Einzelfallberichte in der Literatur gezeigt habe. So sei eine Schädigung des Rückenmarks auch denkbar aufgrund des Bestrahlungsfeldes oder der verwendeten Chemotherapeutika im Rahmen der Morbus Hodgkin-Behandlung.
Das SG hat ergänzend das Gutachten des Chefarztes der Abteilung für Hämatologie, Onkologie und Paliativmedizin des Zentrums für Innere Medizin beim R.-B.-Krankenhaus Prof. Dr. A. vom 26. April 2010 eingeholt. Prof. Dr. A. hat darin im Ergebnis ausgeführt, dass eine neurogene Blasenentleerungsstörung theoretisch Folge der Hodgkin-Therapie sein könne. Beschrieben seien solche Veränderungen jedoch nicht. Die cardialen Beschwerden könnten unabhängig vom Wirbelsäulentrauma als Spätfolge dieser Therapie aufgetreten sein, dies gelte auch für die Sexualfunktionsstörung. Die anhaltende Schmerzsymptomatik sei aufgrund des eindeutigen zeitlichen Zusammenhangs mit dem Trauma nicht als Folge der Morbus Hodgkin-Erkrankung und der Therapie einzuschätzen. Vergleichbare Fälle seien bisher nicht publiziert, so dass insgesamt ein Zusammenhang der Beschwerden mit der Morbus Hodgkin-Erkrankung und deren Therapie nicht wahrscheinlich sei.
Mit Urteil vom 30. Juli 2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei insbesondere gestützt auf das Gutachten von Dr. S. die Auffassung vertreten, dass beim Kläger die MdE, die durch den Unfall vom 13. Januar 2006 und die dabei erlittenen primären Verletzungen verursacht wird, mit Ablauf des Jahres 2006 einen rentenberechtigenden Umfang nicht mehr erreicht, sie vielmehr mit unter 20 v.H. einzuschätzen sei. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Gutachten von Prof. Dr. A ... Dieser komme zwar zum Ergebnis, dass die vom Kläger geklagten Beschwerden - wenn auch ein Zusammenhang theoretisch denkbar sei - nicht durch die Morbus Hodgkin-Erkrankung und die darauf folgende Therapie zurückzuführen seien. Jedoch ergebe sich daraus nur, dass eine Verursachung durch die Morbus Hodgkin-Erkrankung und die deshalb durchgeführten Therapien nicht wahrscheinlich ist. Hieraus könne allerdings nicht gefolgert werden, dass ein Zusammenhang mit dem Unfallereignis wahrscheinlich sei. Der Sachverständige Dr. S. habe vielmehr dargelegt, dass insoweit ganz erhebliche Zweifel bestünden, allein der Umstand, dass sich die vom Kläger angegebenen Beschwerden zeitlich nach dem Unfallereignis eingestellt hätten, reiche jedenfalls nicht aus, um einen Zusammenhang mit dem Unfallereignis und den dabei erlittenen primären Verletzungen annehmen zu können.
Der Kläger hat gegen das seinem Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 16. November 2010 zugestellte Urteil am 10. Dezember 2010 Berufung eingelegt. Zur Begründung macht er u.a. geltend, dass insbesondere die außergewöhnliche Schmerzsymptomatik des Klägers bislang in die Bewertung der MdE nicht eingeflossen sei. Der Kläger habe auch über den 31. Dezember 2006 hinaus bis heute unter anhaltenden Schmerzen im Thoraxbereich gelitten. Er nehme seit seinem Unfall bis heute täglich hoch dosierte Schmerzmittel (Opiode und Morphiumpräparate) hinsichtlich seiner Schmerzsymptomatik habe der Kläger sich auch in der Zwischenzeit in die Behandlung der auf diesem Bereich führenden Kapazität Dr. Gerhard M.-S., G. begeben. Entgegen der Auffassung der Beklagten und des SG habe sich als Folge der BWK-Fraktur eine neurologische Symptomatik entwickelt, es sei eine Rückenmarksschädigung eingetreten. Entgegen der Auffassung des SG bestünden auch keine anderen Ursachen für die geklagten Beschwerden. So habe Prof. A. die Morbus Hodgkin-Erkrankung ohnehin ausgeschlossen. Aber auch im Übrigen bestünden keine Ersatzursachen, vielmehr sei durch den engen zeitlichen Zusammenhang ein Indiz für eine Unfallursächlichkeit gegeben. Auch das Argument des SG, die Primärverletzung sei die BWK-Fraktur gewesen und die Kraft, welche sich durch den Sturz auf den Körper ausgewirkt habe, habe das sakrale Miktionszentrum nicht erreichen können, da es von dem BWS Bereich zu weit entfernt liege, gehe fehl. Die Fraktur sei im Bereich der BWK 8 aufgetreten, es habe sich um eine Kompressionsfraktur gehandelt, der Aufprall und die auf den Körper einwirkende Kraft habe so vehement gewesen sein müssen, dass es überhaupt erst zu einer Fraktur gekommen sei, bei einem leichten Sturz breche ein solcher Knochen nicht. Dass durch den vehementen Aufprall durch fortgleitenden Kraftfluss vom Lendenwirbelbereich zum Brustwirbelbereich auch das sakrale Miktionszentrum in Mitleidenschaft gezogen worden sei, sei daher wahrscheinlich. Es sei damit auch wahrscheinlich, dass die erektile Dysfunktion und die neurogene Blasenentleerungsstörungen durch das Unfallereignis kausal herbeigeführt worden seien. Hinzu komme schließlich noch das Auftreten eines nächtlichen Herzrasens, welches von Dr. B. ebenfalls als unfallursächlich angesehen werde. Sie sehe den Ursprung einerseits in dem inkompletten Querschnittsyndrom und den bestehenden Schmerzen aus dem thorakalen Bereich, welche radikulär ausstrahlten. Durch die Fraktur auf Höhe der beim Kläger bestehenden Trichterbrust sei eine Einengung des Brustkorbes hinzu gekommen (Teilwirbelbildung), die in Verbindung mit den neurologischen Schädigungen des Rückenmarks zur entsprechenden Symptomatik führe.
Der Kläger beantragt
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 30. Juli 2010 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 01. Januar 2007 eine Verletztenrente nach einer MdE von mindestens 30 v.H. weiterhin zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung des neurologisch-psychiatrischen Gutachtens auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei PD Dr. W., B. S. vom 23. März 2011 mit ergänzender Stellungnahme vom 31. August 2011. Im Ergebnis ist PD Dr. W. der Auffassung, die Fraktur des 8. Brustwirbelkörpers sei ohne vernünftige Zweifel durch den Arbeitsunfall verursacht. Die chronischen Schmerzen, das von ihm festgestellte spastische Syndrom mit neurogener Blasenstörung, die erektile Dysfunktion sowie die gestörte Defäkation seien ebenfalls unfallbedingt aufzufassen. Bezüglich dieser Gesundheitsstörungen sei er zur Bewertung gelangt, dass sie in erster Linie auf das Unfallereignis zurückzuführen seien, während das Auftreten einer Tachycardie (schneller Herzschlag) möglicherweise in ursächlichem Zusammenhang mit dem Unfall bzw. den anhaltenden Schmerzen von ihm gesehen werde, jedoch nicht hinreichend sicher. Für den Bezug zu den Schmerzen spreche die seit Jahrzehnten bekannte Tatsache, dass heftiger Schmerz den Blutdruck anhebe und den Puls beschleunige. Andererseits könne auch die vorbestehende Trichterbrust, welche zu einer Verlagerung des Herzens geführt habe, wesentliche Ursache gewesen sein. Der Kläger selbst habe angegeben, dass es im Zusammenhang mit seiner Trichterbrust zu einer Lageverschiebung des Herzens gekommen sei. Als Unfallfolgen bewertet daher PD Dr. W. zum einen die chronischen Rückenschmerzen nach BWK-Fraktur von paravertebralem Muskelhartspann begleitet, sowie eine Störung funktioneller Abläufe der Wirbelsäule, ein spastisches Syndrom verbunden mit vegetativen Störungen, Dranginkontinenz, erektile Dysfunktion, Defäkationsstörung sowie Beeinträchtigung von motorischen Durchhaltevermögen und Gleichgewicht und psychische Veränderungen durch Schmerz und Beeinträchtigungen. Die chronischen Schmerzen hätten ein algogenes Psychosyndrom herbeigeführt, wie es schon von den Voruntersuchern beschrieben worden sei. In den ersten Monaten nach dem Unfallereignis habe aufgrund der heftigen akuten Schmerzen Arbeitsunfähigkeit bestanden, wie dies auch ärztlicherseits bestätigt worden sei. Störungen beim Wasserlassen, eine Darmschwäche und eine erektile Dysfunktion hätten sich allmählich eingestellt. Zudem sei es in Zusammenhang mit der Funktionsstörung bei nachgewiesener Spastik zu rezidivierenden Entzündungen gekommen, welche urologisch eingeschätzt worden seien. Die MdE hat PD Dr. W. für die Zeit vom 1. Juni 2006 bis zum Ende Oktober 2006 auf 40 v.H. und für Zeit danach auf 30 v.H. eingeschätzt.
PD Dr. R. ist in seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 1. Mai 2011 dem entgegen getreten und hat u.a. darauf verwiesen, PD Dr. W. schildere die Beeinträchtigungen durch die vegetativen Funktionsstörungen (erektile Dysfunktion, Blasen- und Mastdarmstörung) nur kursorisch. Vor allem präzisiere er die zeitliche Entwicklung dieser Störungen in den Monaten nach dem Unfall nicht. Sein Untersuchungsergebnis fasse er in der folgenden Feststellung zusammen: "Eine neurologische und algologische Untersuchung habe das Vorliegen eines spastischen Syndroms im Bereich der unteren Körperhälfte mit Ausgang ab TH 8 eindeutig bestätigen (können), speziell durch pathologische Reflexe an den Füßen und durch die neurophysiologischen Befund ... ". wenige Zeilen später räume er ein, dass das "spastische Syndrom an den Beinen allerdings von geringer Ausprägung" sei. Nach Auffassung von PD Dr. R. sei das Gutachten von PD Dr. W. nicht geeignet die bisherige Bewertung der neurologischen Folgen des Unfalles vom 13. Juli 2006 zu entkräften. Hinsichtlich der vegetativen Funktionsstörung beziehe sich PD Dr. W. ausschließlich auf die Angaben des Verletzten und das Ergebnis der bekannten urologischen Voruntersuchung. Er erwähne zwar eine chemotherapeutische und strahlentherapeutische Vorbehandlung, nehme aber zu der Problematik dieser konkurrierten Ursache der vegetativen Beeinträchtigung nicht Stellung. Auch thematisiere er nicht die Problematik, dass die genannten vegetativen Funktionsstörungen erst mit einer erheblichen zeitlichen Verzögerung nach dem Unfallereignis aufgetreten seien. Obwohl PD Dr. W. ein "spastisches Syndrom an den Beinen, allerdings geringer Ausprägung" diagnostiziere, werde dieser an sich schon relativierte Befund noch dadurch in seiner Bedeutung abgeschwächt, als er sich offensichtlich lediglich auf Reflexauffälligkeiten an den unteren Extremitäten beziehe. Eine "spastische Tonuserhöhung" schließe er in seiner Befundbeschreibung ausdrücklich aus. Im Gegensatz zu PD Dr. W. habe im Übrigen Dr. B. in dem von ihm in seinem Gutachten durchgeführten und beschriebenen Untersuchungen durchweg Normalbefunde erhoben. Zusammengefasst ließen sich aus den von PD Dr. W. mitgeteilten Befunden - mit Ausnahme des Reflexbefundes - keine eindeutigen objektiven Hinweise auf eine Rückenmarksschädigung ableiten. Angemerkt sei ferner, dass der Befundbericht von Dr. W. (vorgelegt von PD Dr. W.) keinesfalls mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Rückschluss auf eine Rückenmarksschädigung erlaube. Er habe einen völlig normal neurologischen Befund erhoben und habe vor allem auch die von PD Dr. W. beschriebenen "pathologischen Reflexe" nicht auslösen können. Schließlich habe sich PD Dr. W. auch nicht in der gehaltenen Notwendigkeit mit dem Gutachten von Dr. S. auseinandergesetzt. Besonders zu rügen sei PD Dr. W. schließlich, dass er an keiner Stelle ausführlich die Pathogenese der von ihm postulierten Rückenmarksstörung diskutiere. Er unterstelle, dass, nachdem eine andere Ursache für die zur Diskussion stehenden Auffälligkeiten nicht dingfest zu machen sei, trotz aller entgegen stehenden Argumente eine bei dem Unfall erlittene Rückenmarksschädigung unterstellt werden müsse. Eine solche Argumentation sei jedoch nicht zwingend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten (3 Bände) sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I.
Die form- und fristgerecht eingelegte und statthafte Berufung (§§ 141 Abs. 1, 143 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig. Gegenstand der Klage ist die Gewährung einer vorläufigen bzw. dauerhaften Verletztenrente ab dem 1. Januar 2007. Statthafte Klageart ist die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG).
II. Die Berufung des Klägers ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht die Klage abgewiesen, da die Voraussetzungen für die Gewährung einer Verletztenrente ab dem 1. Januar 2007 nicht vorliegen. Mit Bescheid vom 13. Dezember 2006 hat die Beklagte das Ereignis vom 13. Januar 2006 als Arbeitsunfall anerkannt und für die Zeit vom 14. Februar 2006 bis 31. Dezember 2006 Verletztenrente (nach einer unterschiedlich hohen MdE) in Form einer Gesamtvergütung (gem. § 75 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII)) gewährt. Die Beklagte hat jedoch zu Recht den Antrag des Klägers auf Gewährung von Verletztenrente für die Zeit ab 1. Januar 2007 mit Bescheid vom 22. August 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. April 2008 abgelehnt.
Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) haben Versicherte, Anspruch auf Rente, wenn ihre Erwerbsfähigkeit in Folge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist. Ist die Erwerbsfähigkeit in Folge mehrere Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vom-Hundert-Sätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern (§ 56 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VII).
Gemäß § 72 SGB VII beginnt eine Rente nach dem Ende des Anspruchs auf Verletztengeld, das bis zum Ende der Arbeitsunfähigkeit bzw. Rehabilitation (s. § 46 SGB VII) gezahlt wird. Versicherungsfälle sind gem. § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nach § 8 Abs. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 und 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Unfallereignis) und die Gesundheitsstörung, derentwegen Entschädigungsleistungen begehrt werden, erwiesen sein, d. h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127,128). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSGE 58, 80, 83; 61, 127, 129); das bedeutet, dass unter vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSGE 55, 285, 286).
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (grundlegend: Reichsversicherungsamt, AN 1912, S 930 f; übernommen vom BSG in BSGE 1, 72, 76; BSGE 1, 150, 156 f; st. Rspr. vgl. zuletzt BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 15, jeweils RdNr. 11). Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs bzw. Gesundheitsschadens abgeleitet werden (BSGE 1, 72, 76).
Die Theorie der wesentlichen Bedingung beruht ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie (vgl. dazu nur Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 65. Aufl. 2006, Vorb. v § 249 RdNr. 57 ff m. w. N. sowie zu den Unterschieden BSGE 63, 277, 280 = SozR 2200 § 548 Nr. 91) auf der naturwissenschaftlich-philosophischen Bedingungstheorie als Ausgangsbasis. Nach dieser ist jedes Ereignis Ursache eines Erfolges, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen.
Anders als bei der für das Zivilrecht maßgebenden Adäquanztheorie (stellvertretend BGHZ 137, 11, 19ff m.w.N.) folgt daraus keine abstrakt-generalisierende Betrachtungsweise; vielmehr ist die Kausalitätsbewertung in der gesetzlichen Unfallversicherung vom ex-post-Standpunkt aus anhand individualisierender und konkretisierender Merkmale des jeweiligen Einzelfalles vorzunehmen. Daher kommt es bei der Wertung im Bereich der Kausalität vor allem darauf an, welche Auswirkungen das Unfallgeschehen gerade bei der betreffenden Einzelperson mit ihrer jeweiligen Struktureigenheit im körperlich-seelischen Bereich hervorgerufen hat (vgl. BSGE 66, 156, 158 = SozR 3-2200 § 553 Nr. 1 m.w.N.). Gleichzeitig ist im Rahmen der gegenseitigen Abwägung mehrerer, zu einem bestimmten "Erfolg" führender Umstände der Schutzzweck sowohl der gesetzlichen Unfallversicherung im Allgemeinen als auch der jeweils anzuwendenden Norm - hier der §§ 45, 56 SGB VII - zu berücksichtigen. Dies führt zu der Wertbestimmung, bis zu welcher Grenze der Versicherungsschutz im Einzelfall reicht (vgl. insgesamt BSG SozR 4-2200 § 589 Nr. 1 m.w.N.; SozR 2200 § 589 Nr. 96).
Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob das Unfallereignis wesentlich war. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber (im zweiten Prüfungsschritt) nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte. Bei der Abwägung kann der Schwere des Unfallereignisses Bedeutung zukommen. Dass der Begriff der Gelegenheitsursache durch die Austauschbarkeit der versicherten Einwirkung gegen andere alltäglich vorkommende Ereignisse gekennzeichnet ist, berechtigt jedoch nicht zu dem Umkehrschluss, dass bei einem gravierenden, nicht alltäglichen Unfallgeschehen oder besonderen Problemen in der anschließenden Heilbehandlung, ein gegenüber einer Krankheitsanlage rechtlich wesentlicher Ursachenbeitrag ohne weiteres zu unterstellen ist (vgl. insgesamt zum Vorstehenden BSG, Urteile vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R, B 2 U 40/05 R, B 2 U 26/04 R -, jeweils m. w. N.).
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Es gibt aber im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSG Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R; zu Berufskrankheiten vgl. § 9 Abs. 3 SGB VII). Für die Feststellung dieses Ursachenzusammenhangs - der haftungsbegründenden und der haftungsausfüllenden Kausalität - genügt hinreichende Wahrscheinlichkeit (st. Rspr. BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr. 15 zu § 1263 a. F. RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr. 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr. 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG, Urteil vom 09.05.2006 a.a.O. m.H. auf BSG SozR Nr. 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr. 20 zu § 542 aF RVO; BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 aF RVO; BSG SozR 3-1300 § 48 Nr. 67; Schönberger/Mehrtens/Valentin aaO, Kap 1.8.2, S 119 f; Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 128 RdNr. 3c). Dagegen müssen die Krankheit, die versicherte Tätigkeit und die durch sie bedingten schädigenden Einwirkungen einschließlich deren Art und Ausmaß i. S. des "Vollbeweises", also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachgewiesen werden (BSG SozR 3-5670 Anl. 1 Nr. 2108 Nr. 2 m. w. N.).
Ausgehend von diesen Maßstäben hat sich der Kläger bei dem Unfallereignis vom 13. Januar 2006 als Unfallfolgen eine Bewegungseinschränkung bei Rumpfdrehung und Seitneigung sowie glaubhafte subjektive Beschwerden nach unter Keilwirbelbildung, knöchern fest verheiltem Bruch des 8. Brustwirbelkörpers zugezogen.
Die vom Kläger geltend gemachten weiteren Gesundheitsstörungen (neurogene Blasenlähmung einschließlich Störung der Sexualfunktion und imperativer Stuhldrang wie auch Herzrasen) können jedoch nicht zur Überzeugung des Senats ursächlich dem Unfallereignis zugerechnet werden. Der Senat stützt sich hierbei insbesondere auf die im Wege des Urkundenbeweises zu verwertenden Verwaltungsgutachten des Chirurgen Prof. Dr. W. vom 8. November 2006 und 5. Juli 2007 und des Neurologen B. vom 28. Januar 2008 sowie das im SG-Verfahren eingeholte chirurgische Gutachten von Dr. S. vom 20. Januar 2009. Übereinstimmend haben Prof. W. wie auch Dr. S. unstreitig als Unfallfolgen den knöchern in leicht keilförmiger Deformation verheilten Bruch des 8. Brustwirbelkörpers festgestellt. Darüberhinausgehende Gesundheitsstörungen sind von Prof. W. in seinen beiden Gutachten dagegen nicht beschrieben, insbesondere die hier vom Kläger nunmehr geltend gemachten Beschwerden. Schon im Durchgangsarztbericht vom 17. Januar 2006 hinsichtlich der Vorstellung am 13. Januar 2006 sind außer der als Wirbelsäulenprellung genannten Erstdiagnose keine weiteren neurologischen Beeinträchtigungen beschrieben worden. Der Neurologe B. hat in seinem Gutachten vom 28. Januar 2008 darauf verwiesen, dass die nunmehr vom Kläger geklagten Blasen-Darm-Störungen sowie der Libidoverlust und das Herzrasen nicht auf den Unfall zurückgeführt werden könnten. Die BWK-8-Fraktur sei mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückzuführen, krankhafte neurologische Befunde bzw. objektive Hinweise für eine Rückenmarksfunktionsstörung konnte er bei seinen Untersuchungen nicht feststellen. Auch Dr. S. konnte in seinem chirurgischen Gutachten vom 20. Januar 2009 letztlich einen Zusammenhang zwischen den vom Kläger hier geltend gemachten weiteren Beschwerden und dem Unfallereignis nicht bestätigen. Die beim Kläger bestehende neurogene Blasenstörung mit Sexualfunktionsstörungen und die Störung der Darmkontrolle sind aufgrund der objektiven aktenkundlichen Befunde als zentralnervös einzustufen, wobei allerdings noch nicht entschieden werden könne, ob sie dem Abschnitt des Rückenmarks oder möglicherweise höher gelegenen Abschnitten, etwa dem Halsmark oder dem Gehirn, zuzuordnen sind. Wenn sie dem Rückenmark zuzuordnen wären, so können sie rein formal auch als inkomplette Querschnittslähmung bezeichnet werden, obwohl weitere Zeichen der Querschnittslähmung - typische und objektive Reflexmuster, Spastik, Ataxie usw. nicht zu erheben waren und auch zu keinem Zeitpunkt dokumentiert worden sind. Wie von Dr. S. bereits ausgeführt stellen die hier beschriebenen Störungen eine zentral-nervöse Störung dar, die möglicherweise dem Abschnitt des Rückenmarks zuzuordnen ist. Die in leichter Keilwirbelform knöchern verheilte BWK-8-Fraktur ohne unfallnahen Nachweis einer Rückenmarksschädigung in der zehn Tage nach dem Unfall angefertigten Kernspintomographie lässt jedoch eine Rückenmarksschädigung prima vista unwahrscheinlich erscheinen, wie auch die nach Aktenlage zunächst nicht dokumentierten neurologischen Ausfallserscheinungen, die Dr. S. gegenüber vom Kläger so erklärt wurden, dass sie zunächst ihm nicht bewusst geworden wären, ebenfalls gegen eine unfallbedingte fulminante Rückenmarksschädigung sprechen. Desweiteren verweist Dr. S. für den Senat überzeugend darauf, dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und der objektiv festgestellten neurogenen Blasenstörung grundsätzlich zwar denkbar ist, da der Unfall von der Krafteinwirkung her ausreichte, einen Wirbelbruch hervorzurufen und damit prinzipiell auch als geeignet angesehen werden muss, eine Kontusion des Rückenmarkes hervorzurufen. Allerdings liegt der Ort des Wirbelbruches, nämlich der 8. Brustwirbel, nicht auf gleicher Höhe wie das Blasenzentrum im Bereich des Rückenmarkes auf Höhe des thorakolumbalen Überganges. Auch ist hier als zumindest ungewöhnlich anzusehen, dass es zu einer isolierten neurogenen Blasenstörung gekommen sein sollte ohne weitere objektive Funktionsstörungen im Bereich des Rückenmarkes. Insgesamt weist daher Dr. S. auch zu Recht darauf hin, dass bei intakter Wirbelkörperhinterkante und fehlender Einengung des Rückenmarkkanals durch Knochenfragmente oder Bluterguss intraspinal oder Schädigungszeichen des Rückenmarkparenchyms ausweislich der unfallnahen Röntgendiagnostik sowie der nach 10 Tagen erfolgten MRT-Untersuchung und fehlenden objektiven klinischen Zeichen einer Rückenmarksschädigung unmittelbar nach dem Unfall bei Erhebung des Erstschadenbefundes in der Universitätsklinik H. ausweislich des Durchgangsarztberichts sowie mehrfacher Kontrolluntersuchungen - H-Arztbericht von Dr. H./Dr. K. vom 23. Januar 2006, Erstes Rentengutachten Unfallklinik L. am 8. November 2006, Bericht des behandelnden Orthopäden Dr. K. vom 18. Juni 2007 (Bl. 186 VA), erneute Begutachtung in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. vom 2./5. Juli 2007, nervenärztlicher Befundbericht der Nervenärztin Dr. A. vom 2. August 2007 (Bl. 216 VA; mit Hinweis von Dr. S., dass im kernspintomographischen Befund vom 6. April 2006 nicht – wie von Dr. A. angenommen – das Rückenmark gemeint war, sondern eine Signalveränderung des Knochenmarkes der Wirbel am ehesten bei Zustand nach Bestrahlung), Befundbericht aus der Schmerztherapie durch den Anästhesiologen Dr. S. vom 14. September 2007 (– Bl. 223 VA; die Diagnose der inkompletten Querschnittlähmung wird auch hier nicht objektiv belegt) - ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Unfall und inkompletter Querschnittlähmung mit neurogener Blasenlähmung einschließlich Störung der Sexualfunktionen und imperativem Stuhldrang zumindest nicht unmittelbar erkennbar ist. Auch der zeitliche Zusammenhang ist vom Kläger selber erst im nachhinein hergestellt worden. Soweit Dr. S. als mögliche alternative Ursache für die Blasen-Darm-Störung des Klägers die frühere Morbus-Hodgkin-Erkrankung und deren Therapie angesprochen hatte, hat dies Prof. Dr. A. in seinem Gutachten nicht bestätigen können und vielmehr darauf hingewiesen, dass zwar die neurogene Blasenentleerungsstörung theoretisch als Folge der Hodgkin-Therapie aufgrund der pathogenetischen Mechanismen bekannter neurologischer Langzeittoxizitäten denkbar ist. Allerdings hat er auch darauf hingewiesen, dass solche Veränderungen in der bisherigen Literatur über Spätfolgen nicht beschrieben werden. Die vom Kläger außerdem geklagten kardialen Beschwerden können auch unabhängig vom Wirbelsäulentrauma als Spätfolge der Therapie aufgetreten sein. Voraussetzung dafür wäre aber der Nachweis einer strukturellen Herzerkrankung in weitergehenden kardiologischen Untersuchungen. Auch die Sexualfunktionsstörung könnte unabhängig vom Wirbelsäulentrauma als Spätfolge der Hodgkin-Therapie aufgetreten sein. Da allerdings entsprechende vergleichbare Fälle bisher nicht publiziert sind, ist nach Auffassung des Gutachters ein Zusammenhang der Beschwerden mit der vorangegangenen Hodgkin-Erkrankung nicht wahrscheinlich. Im Ergebnis schließt damit Prof. Dr. A. einerseits nicht aus, dass die hier vom Kläger geklagten Beschwerden auch eine Spätfolge der Morbus-Hodgkin-Erkrankung und deren Therapie sein können, wobei auf der anderen Seite dies nach dem bisherigen Stand der medizinischen Literatur offenkundig nicht belegt ist.
Dies bedeutet allerdings umgekehrt keineswegs, dass damit zwingend die geklagten Beschwerden des Klägers als weitere Unfallfolgen dem Unfallereignis vom 13. Januar 2006 zuzuordnen wären. Es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSG Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R; zu Berufskrankheiten vgl. § 9 Abs. 3 SGB VII).
Der Senat kann desweiteren daher auch nicht der Einschätzung von PD Dr. W. in seinem Gutachten vom 23. März 2010 folgen, soweit er ein spastisches Syndrom verbunden mit vegetativen Störungen sowie eine Dranginkontinenz, erektile Dysfunktion, Defäkationsstörungen als weitere Unfallfolgen beschreibt. So führt PD Dr. W. selbst aus, dass sich die Störungen beim Wasserlassen, die Darmschwäche und die erektile Dysfunktion erst allmählich nach dem Unfallereignis einstellten, ohne allerdings dies zu problematisieren. In dem Zusammenhang hat nämlich bereits Dr. S. in seinem Gutachten darauf hingewiesen, dass gerade der Umstand, dass diese Störungen erst allmählich mit zeitlicher Verzögerung nach dem Unfallereignis eingetreten sind, gegen eine entsprechende Schädigung aus Anlass des Unfallereignisses sprechen. Desweiteren beschreibt auch PD Dr. W. lediglich ein spastisches Syndrom an den Beinen, allerdings geringer Ausprägung und offensichtlich auch lediglich auf Reflexauffälligkeiten an den unteren Extremitäten bezogen. Eine spastische Tonuserhöhung schließt er in seiner Befundbeschreibung ausdrücklich aus und auch im Übrigen hat er wie alle anderen nervenärztlichen Voruntersucher keine pathologischen Befunde erheben können, die geeignet waren, die Annahme einer Rückenmarksschädigung zu stützen. Desweiteren hat auch der noch von PD Dr. W. miteinbezogene Befundbericht des Neurologen Dr. W. vom 23. September 2010 einen völlig normalen neurologischen Befund ergeben und hat Dr. W. auch keinerlei pathologische Reflexe auslösen können. Soweit Dr. W. im Übrigen die Auffassung vertritt, 2006 sei beim Kläger eine Myelopathie aufgetreten und insgesamt kämen "kaum Alternativen zu der Annahme einer traumatischen Rückenmarkschädigung in Betracht" und in der Diagnose die Blasen-Mastdarm-Störung und erektile Dysfunktion als "wahrscheinliche Traumafolge" stellt, führt auch dies für den Kläger nicht zum Erfolg. Zum einen gibt es acht Alternativen als mögliche Ursachen für eine Myelopathie ((1) traumatisch – wie hier geltend gemacht –, (2) aber auch etwa durch Bandscheibenvorfall verursacht , (3) vaskulär, also durch Erkrankungen und embolische Verschlüsse der Gefäße, (4) durch Entzündungen, (5) aufgrund von Diabetes, (6) aufgrund von Vergiftungen, (7) aufgrund degenerativer Ursache und (8) aufgrund von Strahlen – Pschyrembel 262. Aufl. 2011 Seite 1379) und zum anderen ist nochmals klarzustellen, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache keineswegs automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542 a. F. RVO; BSG Urteil vom 7. September 2004 - B 2 U 34/03 R; zu Berufskrankheiten vgl. § 9 Abs. 3 SGB VII).
Hinsichtlich der Tachycardie ("Herzrasen") verneint auch PD Dr. W. einen ursächlichen Zusammenhang. Zwar spreche für den Bezug zu den Schmerzen (und damit – sofern man die Schmerzen überhaupt als Unfallfolge sieht – ursächlich zum Unfallereignis) die seit Jahrzehnten bekannte Tatsache, dass heftiger Schmerz den Blutdruck anhebe und den Puls beschleunige. Andererseits könne auch die vorbestehende Trichterbrust, welche zu einer Verlagerung des Herzens geführt hat, wesentliche Ursache gewesen sein.
Schließlich können auch nicht die vom Kläger geklagten Schmerzen eine rentenberechtigende MdE begründen. Denn die hier allein bestehende und von der Beklagten anerkannte Unfallfolge "Bewegungseinschränkung bei Rumpfdrehung und Seitneigung sowie glaubhafte subjektive Beschwerden nach unter Keilwirbelbildung knöchern fest verheiltem Bruch des 8. Brustwirbelkörpers" vermag dies nicht zu begründen. Hierbei ist nämlich zu berücksichtigen, dass zum einen Rückenschmerzen in Form eines "BWS-Syndroms" – wie es beim Kläger diagnostiziert wird – völlig unabhängig von irgendwelchen Unfallereignissen als Folge z.B. eines Verschleißes auftreten können und bekanntermaßen in der Bevölkerung auch weit verbreitet sind. Demgegenüber führt – wie bereits Dr. S. ausgeführt hat – ein Wirbelbruch in der hier vorliegenden Form zu akuten Beschwerden, die über einige Monate andauern und allmählich nach knöcherner Ausheilung und funktionellem Auftrainieren der durch die erzwungene Schonung geschwächten Muskulatur bis auf einen dem natürlichen, individuellen Alterungsprozess entsprechendes Ausmaß abklingen. Der Wirbelbruch ist beim Kläger auch knöchern ausgeheilt. Deshalb sind auf das Unfallereignis zurückzuführende Gesundheitsstörungen die Folgen des Bruchs des 8. Brustwirbelkörpers, nämlich erhebliche Schmerzen und Funktionseinschränkungen der Brustwirbelsäule nach dem Unfall für sechs Monate bis zur vollständigen knöchernen Heilung und Wiedergewinnung der muskulären und statischen Belastbarkeit sowie die bleibenden Folgen einer keilförmigen Deformierung des Wirbelkörpers mit 40 %iger Höhenminderung der Wirbelkörpervorderkante mit der zunächst für die erste Zeit nach dem Unfall begründeten höheren MdE (40 v.H. vom 14. Februar 2006 bis 31. Mai 2006 und 20 v.H. vom 1. Juni 2006 bis 31. Dezember 2006) sowie für die Zeit ab 1. Januar 2007 auf Dauer mit einer MdE in Höhe von 10 v.H.
Da der Senat sich insgesamt nicht davon hat überzeugen können, dass hier noch weitere Unfallfolgen bestehen, die auch die Annahme einer MdE von mindestens 20 v.H. für die Zeit ab 1. Januar 2007 begründen können, war die Berufung zurückzuweisen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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