L 1 KA 21/10

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 7 KA 452/06
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KA 21/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 8. September 2010 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit ist das Begehren des Klägers nach höherem Honorar für seine vertragspsychotherapeutischen Leistungen in den Quartalen I/2000 bis III/2005 und in diesem Rahmen sein Anspruch auf Neubescheidung. Die Neuberechnung des Honorars begehrt er zuletzt nur noch unter Berufung darauf, dass die Beklagte bei der Bildung der Vergleichsarztgruppen zur Ermittlung eines angemessenen Punktwerts für die antrags- und genehmigungsbedürftigen Leistungen nach dem Abschnitt G IV. des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes alter Fassung (EBM a. F.) fehlerhaft von einer verbindlichen Vorgabe des Bewertungsausschusses abgewichen sei.

Der Kläger ist Facharzt für Neurologie und Facharzt für Psychotherapeutische Medizin. Er nimmt im Bezirk der Beklagten seit 11. August 1997 als Facharzt für Neurologie und seit 1. Januar 2000 auch als Facharzt für Psychotherapeutische Medizin an der vertragsärztlichen Versorgung unter der Praxisanschrift F., teil. Er war in den streitbefangenen Quartalen nach den hierfür maßgeblichen Vorgaben des Bewertungsausschusses in seinen Beschlüssen zum Einheitlichen Bewertungsmaßstab ein ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Arzt, d. h. er erzielte mindestens 90 % seines Gesamtleistungsbedarfs aus Leistungen nach Abschnitt G IV. EBM a. F.

Durch Honorarbescheid vom 24. November 2004 rechnete die Beklagte das Honorar des Klägers für das Quartal II/2004 ab. Mit seinem hiergegen eingelegten rechtzeitigen Widerspruch machte der Kläger unter anderem geltend, dass die Vorgaben und Festlegungen des Bundessozialgerichts (BSG 28.1.2004 – B 6 KA 52/03 R, SozR 4-2500 § 85 Nr. 8) zur Höhe der Kosten einer psychotherapeutischen Praxis nur teilweise berücksichtigt worden seien. Deshalb bleibe auch die Höhe der Vergütung durch die Beklagte rechtswidrig zu niedrig.

Durch weiteren Bescheid vom 24. November 2004 vergütete die Beklagte auf der Grundlage einer Neuberechnung der Punktwerte für die antrags- und genehmigungsbedürftigen Leistungen des Abschnitts G IV. EBM a. F. dem Kläger für den Zeitraum vom Quartal I/2000 bis zum Quartal I/2004 insgesamt 30.861,02 EUR nach. Mit seinem gegen diesen Nachvergütungsbescheid eingelegten rechtzeitigen Widerspruch machte der Kläger unter anderem geltend, es ergäben sich zum einen weitere nicht berücksichtigte Ansprüche und zum anderen bedürfe der Rechenweg hinsichtlich der von der Beklagten verwendeten Umsatzzahlen der zum Vergleich herangezogenen anderen Arztgruppen der Überprüfung.

Durch Honorarbescheide vom 23. Februar 2005, 24. Mai 2005, 22. August 2005, 7. Dezember 2005 und 22. Februar 2006 rechnete die Beklagte die Honorare des Klägers für die Quartale III/2004, IV/2004, I/2005, II/2005 und III/2005 ab. Mit seinen hiergegen eingelegten rechtzeitigen Widersprüchen machte der Kläger geltend, dass die Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen weiterhin unzureichend, gesetz- und verfassungswidrig sei. Insbesondere bleibe bei der Honorarberechnung ein ungünstiger Ansatz von Einnahmen der Vergleichsarztgruppen sowie deren Arztzahlen so lange zu vermuten, wie die Beklagte der Bitte nach vollständiger Offenlegung der Vergleichszahlen nicht nachkomme.

Diese Widersprüche wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2006 zurück. Die Honorarabrechnungen seien nach den gültigen Bestimmungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabes und des Honorarverteilungsmaßstabes bzw. Verteilungsmaßstabes durchgeführt worden, die jeweils ordnungsgemäß zustande gekommen und verbindlich seien. Von diesen Bestimmungen könne nicht abgewichen werden. Gleiches gelte für die Beschlussfassung des Bewertungsausschusses über die Berechnung der Vergütungshöhe für Psychotherapeuten.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 15. Juni 2006 hat der Kläger am 21. Juni 2006 Klage erhoben. Das zunächst als Klageerweiterung in den Verfahren S 3 KA 102/05 bis S 3 KA 107/05 vorgetragene Begehren ist, nachdem die Beklagte der Klageerweiterung widersprochen und das Gericht die Erweiterung nicht für sachdienlich gehalten hat, vom Sozialgericht als Klage unter dem Aktenzeichen S 3 KA 452/06 erfasst worden.

Mit ihr hat der Kläger unter anderem vorgetragen, nach wie vor bestünden begründete Zweifel an der korrekten Umsetzung des Beschlusses des Bewertungsausschusses durch die Beklagte. Diese müsse ihre entsprechenden Unterlagen vorlegen, damit eine rational nachvollziehbare Überprüfung der Berechnungen möglich sei. Erst dann könne auch geprüft werden, ob bei der Berechnung des Vergleichsertrages der Ist-Umsatz nur von Ärzten berücksichtigt worden sei, die alle vier Quartale des Jahres abgerechnet hätten. Nach entsprechendem Vortrag der Beklagten hat der Kläger sodann hervorgehoben, diese habe nunmehr eingeräumt, dass sie die Bestimmung zur Berechnung des zu vergleichenden Ist-Umsatzes nicht rechtmäßig angewandt habe.

Die Beklagte hat unter anderem entgegnet, sie habe die für sie verbindlichen Vorgaben im Beschluss des Bewertungsausschusses ordnungsgemäß umgesetzt und gelte dies auch für die Vorgaben unter Beschlussteil 2.2.1.6, Unterabsatz 2, zur Ermittlung des Ist-Umsatzes der Vergleichsarztgruppe. Mit dieser Regelung habe der Bewertungsausschuss zum Ausdruck gebracht, dass eine aussagekräftige Datenbasis am besten dadurch gewährleistet werde, dass eine Ermittlung quartalsweise für all diejenigen Ärzte erfolge, welche in dem jeweiligen Quartal mindestens eine Leistung abgerechnet hätten. Diese Honorare würden dann, bereinigt durch die Berücksichtigung der sachlich-rechnerischen Richtigstellung, für ein Jahr zusammengezogen, um einen validen Ist-Umsatz zu ermitteln. Diese quartalsweise Ermittlung sei auch sachgerecht, weil einer Kassenärztlichen Vereinigung für die Erstellung der Datensätze als Anknüpfungskriterium ausschließlich die Abrechnungsnummer zur Verfügung stehe, welche die Fachgruppenkennung enthalte. Eine arztweise Ermittlung sei hingegen bei einer solchen Abfrage Hunderte von Praxen betreffend nicht möglich, weil etwa die Erfassung von Wechseln innerhalb von Gemeinschaftspraxen nicht geleistet werden könne. Maßgebliches Argument sei aber, dass angesichts des häufigen Wechsels von Praxen insbesondere zwischen dem hausärztlichen und fachärztlichen Versorgungsbereich und der erfahrungsgemäß besonders ausgeprägten Fluktuation im Zuständigkeitsbereich der Beklagten das Spektrum der zum Vergleich heranzuziehenden Ärzte sonst kleiner wäre, so dass aufgrund der zugrunde gelegten quartalsweisen Ermittlung der Umsatz der maßgeblichen Fachgruppen realistisch abgebildet worden sei. Die alleinige Berücksichtigung von Vertragsärzten, welche zwingend in sämtlichen vier Quartalen eines Jahres mindestens jeweils eine Leistung zur Abrechnung gebracht hätten, würde hingegen keine aussagekräftige Datenbasis geliefert haben.

Während des Klageverfahrens vergütete die Beklagte durch Bescheid vom 17. Juli 2009 auf der Grundlage einer Neuberechnung der Punktwerte für die antrags- und genehmigungsbedürftigen Leistungen der Psychotherapie dem Kläger für den Zeitraum vom Quartal I/2000 bis zum Quartal IV/2001 insgesamt 7.349,81 EUR nach und brachte diesen Bescheid nach § 96 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in das Klageverfahren ein. Durch Bescheid vom 6. Januar 2010 vergütete die Beklagte für die antrags- und genehmigungsbedürftigen Leistungen der Psychotherapie dem Kläger für das noch offen gebliebene Quartal IV/2000 518,66 EUR nach. Und durch Bescheid vom 7. Januar 2010 vergütete die Beklagte für probatorische Sitzungen dem Kläger für den Zeitraum vom Quartal I/2000 bis zum Quartal I/2005 insgesamt 42,10 EUR nach und brachte auch diese Bescheide nach § 96 SGG in das Klageverfahren ein.

Das Sozialgericht hat den Rechtsstreit am 8. September 2010 mündlich verhandelt. Im Termin erklärte der Bevollmächtigte des Klägers, "dass im Anschluss an das Urteil des Bundessozialgerichts vom 28.05.2008 (B 6 KA 9/07 R) streitig nur noch die Umsetzung des 2. Absatzes der Ziffer 2.2.1.6 des Beschlusses des Bewertungsausschusses aus dessen 93. Sitzung am 29. Oktober 2004 ist entsprechend der Ausführungen des Schriftsatzes vom 01.02.2008" (Blatt 138 der Prozessakte). In diesem Schriftsatz hatte der Kläger hervorgehoben, "dass die KV nunmehr einräumt, eine substantielle Bestimmung des Beschlusses zur Berechnung des zu vergleichenden Ist-Umsatzes bzgl. der dazu zu berücksichtigenden Ärzte der jeweiligen Vergleichsgruppe, nämlich nur jene, die in jedem Quartal des Vergleichsjahres mindestens eine Leistung abgerechnet haben, nicht rechtmäßig angewandt hat" (Blatt 81 der Prozessakte).

Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 8. September 2010 die Honorarbescheide für die Quartale II/2004 bis III/2005 sowie den Nachvergütungsbescheid vom 24. November 2004 für die Quartale I/2000 bis I/2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juni 2006 in der Fassung der Nachvergütungsbescheide vom 17. Juli 2009 für die Quartale I/2000 bis IV/2001, vom 6. Januar 2010 für das Quartal IV/2000 und vom 7. Januar 2010 für die Quartale I/2000 bis I/2005 abgeändert und die Beklagte verpflichtet, über die Vergütungsansprüche unter der Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden. Denn die Beklagte sei bei der Bildung der Vergleichsgruppe zur Ermittlung eines angemessenen Punktwertes für die antrags- und genehmigungsbedürftigen Leistungen nach dem Kapitel G IV. EBM a. F. fehlerhaft von der verbindlichen Vorgabe des Bewertungsausschusses in Beschlussteil 2.2.1.6, Unterabsatz 2, abgewichen. Nach deren eindeutigem Wortlaut seien nur die Ärzte einzubeziehen, die im entsprechenden Jahr in allen vier Quartalen jeweils mindestens eine Leistung abgerechnet hätten, und nicht bereits die Ärzte, die lediglich in einem Quartal des Jahres mindestens eine Leistung abgerechnet hätten. Dass sich die Beklagte aus Praktikabilitätsgründen auf die quartalsweise Erfassung beschränkt habe, widerspreche der Beschlussvorgabe und bedürfe der Korrektur. In welchem Umfang sich die Neubestimmung der Vergleichsgruppe auf den Punktwert auswirke, sei für die Frage der Fehlerhaftigkeit nicht von Relevanz; jedenfalls sei nicht auszuschließen, dass es zu einer Verbesserung der Honorarsituation des Klägers kommen werde.

Gegen das am 16. September 2010 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 8. Oktober 2010 Berufung eingelegt. Mit dieser hat sie unter anderem vorgetragen, das Sozialgericht habe außer Acht gelassen, dass der Beschluss des Bewertungsausschusses mit der Verwendung des Begriffes "Arzt" einen Begriff gewählt habe, der vermeintlich eindeutig sei, dass aber die Kassenärztlichen Vereinigungen jedenfalls in dem hier maßgeblichen Zeitraum vor Einführung der lebenslangen Arztnummer mit Wirkung zum 1. Juli 2008 nicht Honorare einzelner Ärzte abgerechnet hätten, sondern die Honorare der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Praxen. Die Ermittlung der Honorare der einzelnen Ärzte sei deshalb objektiv nicht möglich gewesen, auch wenn dies der Idee des Bewertungsausschusses entsprochen haben und sachgerecht gewesen sein möge. Doch lasse dies eben außer Betracht, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen die bestehenden Praxen nach Abrechnungsnummern, welche unter anderem die Fachgruppenzugehörigkeit auswiesen, abrechnen würden und alle für die Ermittlung relevanten Daten allein für Praxen als Abrechnungssubjekte vorlägen. Sie würden als Einheit behandelt und erhielten einen einheitlichen Honorarbescheid. Der Begriff "Praxen" umfasse sowohl "Einzelpraxen" als auch "Gemeinschaftspraxen" beliebiger Größe und Zusammensetzung. Damit sei vermacht, dass in allen Gemeinschaftspraxen (fachgleiche, fachüberübergreifende und versorgungsbereichsübergreifende) – bis auf den Umsatz für die kennzeichnungspflichtigen Leistungen eines Vertragsarztes aufgrund einer persönlichen Genehmigung – faktisch nicht festzustellen sei, welcher Arzt welches Honorar erzielt habe; ein Zugriff sei nur auf die nicht weiter aufschlüsselbaren Honorarsummen von Praxen möglich. Der Beschluss des Bewertungsausschusses fordere daher in seiner vermeintlichen Einfachheit und Klarheit mit dem Zugriff auf das Honorar je Arzt etwas objektiv Unmögliches. Der damit faktisch nicht umsetzbare Wortlaut des Beschlusses führe, um arztbezogene Umsätze ermitteln zu können, zu einem vom Sozialgericht verkannten Beurteilungsspielraum der Kassenärztlichen Vereinigungen, welche Handlungsoption unter den mehreren zur Verfügung stehenden Ermittlungswegen die sachgerechteste sei, um der Zielsetzung des Beschlusses einer möglichst genau angenäherten arztweisen Umsatzermittlung am besten zu entsprechen. Die Beklagte habe sich für die Lösung entschieden, dass quartalsweise die Zahl der an der Honorarverteilung teilnehmenden, ihrer Fachgruppenzugehörigkeit nach relevanten Praxen – ermittelt anhand ihrer Fachgruppenkennung – mit der Zahl der in ihr tätigen Vertragsärzte zugrunde gelegt worden sei, um jeweils den Vergleichsertrag zu ermitteln. Diese Lösung habe alle an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte erfasst und sei so die repräsentativste Ermittlung, die dem Sinn und Zweck des Beschlusses am ehesten entspreche. Alternativ wäre es zwar möglich gewesen, in den relevanten Fachgruppen nur die Einzelpraxen, welche in dem jeweiligen Jahreszeitraum tätig gewesen seien, in die Berechnung einzubeziehen, weil bei ihnen Arzt und Praxis identisch seien. Doch wäre dies nicht sachgerecht gewesen, weil so zahlreiche Gemeinschaftspraxen tätig gewesen seien, dass die Datenbasis insgesamt zu eingeschränkt und nicht mehr repräsentativ gewesen wäre. Auch wäre es alternativ möglich gewesen, alle Einzel- und die Gemeinschaftspraxen herauszufiltern, die in dem jeweiligen Jahreszeitraum in identischer personeller Konstellation bestanden hätten. Auch dann aber wäre eine Vielzahl von Praxen/Vertragsärzten nicht in die Betrachtung miteinbezogen worden, weil in den Praxiszusammensetzungen eine sehr große Fluktuation bestehe und ein Wechsel im Jahresverlauf eher die Regel als die Ausnahme sei. Auch so würde man die Datenlage massiv verkürzt und der erforderlichen Repräsentativität entgegen gewirkt haben. Der von der Beklagten umgesetzte Berechnungsweg halte sich daher in ihrem Beurteilungsspielraum und sei sachgerecht. Das Urteil des Sozialgerichts verkenne die Problematik, die in dem Wortlaut mit seinem Arztbezug stecke. Entsprechend enthalte es keine Ausführungen dazu, wie eine beschlusskonforme Umsetzung auszusehen habe.

Die Beklagte hat eine von ihr eingeholte Stellungnahme der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vorgelegt. Danach habe der Bewertungsausschuss ganz bewusst die Einbeziehung nur der Vertragsärzte vorgegeben, die in jedem Quartal des entsprechenden Jahres jeweils mindestens eine Leistung abgerechnet hätten. Die Umsatzermittlung habe über die Abrechnungsnummer als Kennzeichnung für das einzelne Abrechnungssubjekt erfolgen müssen. Liege eine Abrechnungsnummer für alle vier Quartale vor, würden die abgerechneten Leistungen dieser Abrechnungsnummer für die Ermittlung des Ist-Umsatzes herangezogen, andernfalls nicht. Allerdings bezögen sich Abrechnungsnummern auf Praxen, nicht auf einzelne Ärzte, und schlössen somit auch Gemeinschaftspraxen ein. Deshalb sei mit der Ermittlung der Umsätze über die Abrechnungsnummer insbesondere vermacht, dass Gemeinschaftspraxen, in denen es im Laufe eines Jahres zu einem personellen Wechsel in der Praxiskonstellation gekommen sei, so dass durch die Kassenärztliche Vereinigung eine neue Abrechnungsnummer für das neue Abrechnungssubjekt vergeben worden sei, keine Berücksichtigung in der Umsatzermittlung fänden, obwohl die beteiligten Vertragsärzte möglicherweise in allen Quartalen des Jahres Leistungen abgerechnet hätten. Im Rahmen ihrer Veröffentlichung von Honorardaten greife die Kassenärztliche Bundesvereinigung gelegentlich ebenfalls nur auf die Vertragsärzte zurück, für die vier Quartalsabrechnungen im Jahr vorlägen. Die technische Umsetzung erfolge dabei durch Auswertung der von den Kassenärztlichen Vereinigungen zur Verfügung gestellten Daten wie eben beschrieben.

Die Beklagte hat sich durch diese Stellungnahme in ihrer Auffassung bestätigt gesehen, dass eine wörtliche Umsetzung des Beschlusses des Bewertungsausschusses angesichts der bestehenden Datenlage nicht möglich gewesen sei. Würden von dieser ausgehend aber nur Praxen in die Umsatzermittlung einbezogen werden, die mit ihrer Abrechnungsnummer alle vier Quartale des Jahres bestanden hätten, bedeutete dies, dass auch alle diejenigen Ärzte in der Umsatzermittlung außer Betracht blieben, die in allen vier Quartalen eines Jahres tätig gewesen seien, jedoch in formal unterschiedlichen Praxen, und eben nicht nur anlaufende oder aufhörende Praxen, von denen vermutet werde, dass sie tendenziell umsatzschwächer seien. Auch eine solche Lösung würde zudem dem Wortlaut des Beschlusses nicht entsprochen haben. Es sei der Beklagten deshalb zuzugestehen, dass sie sich in der Berechnung sachgerecht dem Sinn und Zweck der Regelung des Beschlusses im Wege einer geltungserhaltenden Reduktion genähert habe.

Zuletzt hat die Beklagte noch geltend gemacht, die hier maßgebliche Regelung im Beschluss des Bewertungsausschusses sei unbestimmt und wegen des Verstoßes gegen das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot von Anfang an nichtig. Sie könnte daher erst nach verfassungskonformer Änderung des Beschlusses des Bewertungsausschusses über die Vergütungsansprüche des Klägers neu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 8. September 2010 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er halte nach wie vor die Vergütung vertragspsychotherapeutischer Leistungen für zu niedrig. Dabei richte sich seine Kritik gegen die durch die Beklagte jeweils angewandten Honorarverteilungsregelungen nur noch darauf, dass die Beklagte bei der Bildung der Vergleichsarztgruppen zur Ermittlung eines angemessenen Punktwerts für die antrags- und genehmigungsbedürftigen Leistungen nach dem Abschnitt G IV. EBM a. F. fehlerhaft von der verbindlichen Vorgabe in Beschlussteil 2.2.1.6, Unterabsatz 2, des Beschlusses des Bewertungsausschusses in seiner 93. Sitzung am 29. Oktober 2004 abgewichen sei. Der Kläger hat auf die Berufung der Beklagten unter anderem erwidert, der Beschluss des Bewertungsausschusses sei in dem hier noch strittigen Punkt unter 2.2.1.6 eindeutig und unmissverständlich. Es sei erstaunlich, dass alle übrigen Kassenärztlichen Vereinigungen diesen sachgerecht hätten umsetzen können und nur die Beklagte sich hierzu nicht in der Lage sehe und eine eigene Auslegung zur Anwendung bringe. Ausweislich der Daten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung bestünden die erforderlichen Daten zu Vertragsärzten mit vier Quartalsabrechnungen im Jahr und würden erhoben. Auch sei der Sinn der Regelung, dass nur Ärzte berücksichtigt werden könnten, die vier Quartale im Jahr abgerechnet hätten, unmittelbar einleuchtend. Vermieden werden solle eine Verzerrung der Umsatz- und Einkommensverhältnisse dadurch, dass Ärzte, die sich während des Jahres neu niedergelassen oder den Praxisbetrieb eingestellt hätten, den Durchschnittsumsatz und das -einkommen unsachgemäß drücken würden. Ein auf diese Weise errechnetes Vergleichseinkommen fiele zu niedrig aus. Die Auslegung des Beschlusses des Bewertungsausschusses durch die Beklagte sei weder mit dessen Wortlaut noch dem Sinn der Regelung vereinbar. Der Kläger hat sich zudem durch die von der Beklagten vorgelegte Stellungnahme der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in seiner Rechtsauffassung bestätigt gesehen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte, der Akte der Beklagten und der ausweislich der Sitzungsniederschrift hinzugezogenen weiteren Akten des Sozial- und Landessozialgerichts Hamburg Bezug genommen. Diese Unterlagen haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben.

Sie ist auch begründet. Das Sozialgericht hat der zulässigen (Teil-)Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG) in Gestalt einer Bescheidungsklage (§ 131 Abs. 3 SGG) zu Unrecht im tenorierten Umfang stattgegeben. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten und die diesen zugrunde liegenden Honorarverteilungsregelungen sind, soweit sie hier noch zur Überprüfung gestellt sind, jeweils rechtmäßig. Der Kläger hat insoweit keinen Anspruch auf Neubescheidung über seinen Honoraranspruch.

In der Sache gestritten wird nur noch um die korrekte Umsetzung von Vorgaben des Bewertungsausschusses zur Ermittlung des Vergleichsertrages von Vergleichsarztgruppen durch die Beklagte.

Diese Vorgaben haben folgenden Hintergrund: Die psychotherapeutische Tätigkeit und deren Vergütung weisen Besonderheiten im Vergleich zu anderen vertragsärztlichen Tätigkeiten und deren Vergütung auf. Das beruht darauf, dass die psychotherapeutisch tätigen Leistungserbringer (Psychotherapeuten und psychotherapeutisch tätige Ärzte) im Wesentlichen strikt zeitabhängige Leistungen erbringen, die zuvor bei den Krankenkassen der Versicherten beantragt und von diesen genehmigt werden müssen (zeitgebundene und genehmigungsbedürftige Leistungen der sog. großen Psychotherapie aus Abschnitt G IV. EBM a. F.). Sie können im Kernbereich ihrer Tätigkeit die Menge der abrechnungsfähigen Leistungen nicht bzw. kaum ausweiten, auch weil die eigene Arbeitskapazität eine nicht mehr zu überschreitende Grenze bildet. Bei diesen Leistungserbringern führt deshalb jedes Absinken des Verteilungspunktwertes zu niedrigeren Honorarüberschüssen, während andere vertragsärztliche Leistungserbringer die Chance haben, trotz sinkender Punktwerte durch Ausweitung der Menge der abrechnungsfähigen Leistungen ihren Honorarumsatz aus vertragsärztlicher Tätigkeit konstant zu halten. Bei dieser Ausgangslage ist den psychotherapeutisch tätigen Leistungserbringern die Möglichkeit einzuräumen, bei vollem Arbeitseinsatz, einer voll ausgelasteten Praxis und wirtschaftlicher Praxisführung einen Überschuss aus ihrer Tätigkeit in der Größenordnung anderer, vom Tätigkeitsfeld her vergleichbarer Arztgruppen zu erzielen. Das Bundessozialgericht hat deshalb in seiner Rechtsprechung einen gestützten Mindestpunktwert für die Leistungen der sog. großen Psychotherapie für die Psychotherapeuten und ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte für erforderlich gehalten (vgl. die Zusammenfassung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts bei Wenner, Vertragsarztrecht nach der Gesundheitsreform, 2008, § 21 Rn 59 ff.).

In Anlehnung an diese Rechtsprechung waren als den § 85 Abs. 4 Satz 1 bis 3 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) ergänzende Regelung für die Honorierung psychotherapeutischer Leistungen nach § 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V in den streitbefangenen Quartalen in den Honorarverteilungsregelungen auch Regelungen zur Vergütung der Leistungen der Psychotherapeuten und der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten (in der Fassung des GKV-Gesundheitsreformgesetzes 2000 vom 22. Dezember 1999, BGBl. I S. 2626, ab 1. Januar 2000 bis 31. Dezember 2003) bzw. Regelungen zur Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen der Psychotherapeuten, der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, der Fachärzte für Nervenheilkunde, der Fachärzte für psychotherapeutische Medizin sowie der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten (in der Fassung des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14. November 2003, BGBl. I S. 2190, ab 1. Januar 2004).

Der Bewertungsausschuss (§ 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V) hatte nach § 85 Abs. 4a Satz 1 letzter Halbsatz SGB V den Inhalt der nach § 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V von den Kassenärztlichen Vereinigungen im Rahmen der Honorarverteilung zu treffenden Regelungen zu bestimmen. Ihm war durch diese Ermächtigung die Sicherung einer angemessenen Vergütung für psychotherapeutische Leistungen je Zeiteinheit in erster Linie aufgetragen.

In dem Beschluss durch den Bewertungsausschuss gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V in seiner 93. Sitzung am 29. Oktober 2004 gemäß § 85 Abs. 4a SGB V zur Festlegung der angemessenen Höhe der Vergütung ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte und -therapeuten mit Wirkung vom 1. Januar 2000 (DÄ 2004, A-3133) sind in den Vorgaben zur Festlegung der angemessenen Höhe der Vergütung mithilfe eines regionalen Mindestpunktwertes für antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen des Abschnitts G IV. EBM a. F. in Beschlussteil 2.2.1.6 nähere Regelungen zur Errechnung des Vergleichsertrags der Vergleichsarztgruppen enthalten. Nach dem Unterabsatz 1 dieses Beschlussteils wird für die Ermittlung des Vergleichsertrages der durchschnittliche Ist-Umsatz der Vergleichsarztgruppen des betreffenden Jahres in EUR, vermindert um näher definierte Betriebsausgaben in EUR, herangezogen und die Ermittlung des Vergleichsertrages sodann in diesem Unterabsatz näher geregelt.

Der Unterabsatz 2 des Beschlussteils 2.2.1.6. lautet:

"Als Datengrundlage für den Ist-Umsatz wird das durchschnittliche zum jeweiligen Zeitpunkt anerkannte Honorar je Arzt in Euro im entsprechenden Jahr nach sachlich-rechnerischer Richtigstellung, alle abrechnenden Ärzte der Arztgruppe, die in jedem Quartal des entsprechenden Jahres jeweils mindestens eine Leistung abgerechnet haben (ohne ermächtigte Ärzte), alle Leistungsarten, jedoch ohne Honorar aus belegärztlicher Behandlung, aus Kapitel O und U, ohne Dialysesachkosten, ohne regional vereinbarte Kosten und ohne Honorar aus Vergütungen nach § 63 SGB V, verwendet."

Für den vorliegenden Rechtsstreit ist von diesen Vorgaben relevant nur noch die Regelung, dass als Datengrundlage das Honorar aller abrechnenden Ärzte der Arztgruppe, die in jedem Quartal des entsprechenden Jahres jeweils mindestens eine Leistung abgerechnet haben, verwendet wird. Noch genauer geht es darum, dass als Datengrundlage alle abrechnenden Ärzte der Arztgruppe, die in jedem Quartal des entsprechenden Jahres jeweils mindestens eine Leistung abgerechnet haben, mit ihrem Honorar zu erfassen sind.

Diese Regelung ist unverändert geblieben durch den am 18. Februar 2005 veröffentlichten Beschluss gemäß § 85 Abs. 4a SGB V durch den Bewertungsausschuss nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V in seiner 96. Sitzung (schriftliche Beschlussfassung) zur Änderung des Beschlusses nach § 85 Abs. 4a SGBV zur Festlegung der angemessenen Höhe der Vergütung ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte und -therapeuten durch den Bewertungsausschuss nach § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V mit Wirkung ab dem 1. Januar 2000 (DÄ 2005, A-459; Wiedergabe der dadurch aktualisierten Beschlussfassung in DÄ 2005, A-457). Sie ist – soweit vorliegend relevant – auch unverändert geblieben durch den Beschluss des Bewertungsausschusses in seiner 172. Sitzung (schriftliche Beschlussfassung) zur Änderung des Beschlusses nach § 85 Abs. 4a SGBV zur Festlegung der angemessenen Höhe der Vergütung ausschließlich psychotherapeutisch tätiger Vertragsärzte und -therapeuten durch den Bewertungsausschuss gemäß § 87 Abs. 1 Satz 1 SGB V rückwirkend zum 1. Januar 2000 (DÄ 2009, A-212). Durch diesen ist dem zitierten Unterabsatz 2 jedoch der Satz angefügt worden, dass für den Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum 31. Dezember 2000 sowie für den Zeitraum vom 1. Januar 2001 bis zum 31. Dezember 2001 eine Bereinigung um das Honorar aus Kapitel O und U nicht vorzunehmen ist. Damit folgte der Bewertungsausschuss dem Bundessozialgericht (BSG 28.5.2008 – B 6 KA 9/07 R, SozR 4-2500 § 85 Nr. 42), das insoweit die Regelung zur Ermittlung des Vergleichsertrages für rechtswidrig, im Übrigen aber für rechtmäßig gehalten hatte. Diese Änderung betrifft also allein die Honorarbereinigung der Vergleichsarztgruppen hinsichtlich der Leistungen nach Kapitel O und U EBM a. F.

Regelungsinhalt des Beschlusses des Bewertungsausschusses zur Festlegung der angemessenen Höhe der Vergütung für die hier relevanten psychotherapeutischen Leistungen ist die Vorgabe eines regionalen Mindestpunktwertes für antrags- und genehmigungspflichtige Leistungen des Abschnittes G IV. EBM a. F. Dieser Mindestpunktwert knüpft unter anderem an einen Vergleichsertrag an. Dieser knüpft seinerseits an den durchschnittlichen Jahres-Ist-Umsatz der Vergleichsarztgruppen auf der Datengrundlage des durchschnittlichen Honorars aller abrechnenden Ärzte der Arztgruppe, die jedem Quartal des entsprechenden Jahres jeweils mindestens eine Leistung abgerechnet haben, an.

Dahinter steht das Regelungsziel, eine annähernd gleichberechtigte Teilhabe der psychotherapeutisch tätigen Leistungserbringer an der vertragsärztlichen Gesamtvergütung zu gewährleisten. Hierfür soll der Bewertungsausschuss im Interesse einheitlicher Vergütungsgrundsätze für psychotherapeutische Leistungen im ganzen Bundesgebiet die maßgeblichen Vorgaben treffen. Seine in diesem Rahmen vorgenommenen Inhaltsbestimmungen binden die Kassenärztlichen Vereinigungen. Honorarverteilungsregelungen, die der vom Bewertungsausschuss vorgegebenen Inhaltsbestimmung nicht entsprechen, sind allein deshalb rechtswidrig und – weil es sich um einen Akt der Normsetzung handelt – unwirksam (vgl. BSG 28.1.2004 – B 6 KA 52/03 R, SozR 4-2500 § 85 Nr. 8).

Die Beklagte setzte die Regelung, dass als Datengrundlage das Honorar aller abrechnenden Ärzte der Arztgruppe, die in jedem Quartal des entsprechenden Jahres jeweils mindestens eine Leistung abgerechnet haben, verwendet wird, in der Weise um, dass quartalsweise die Zahl der abrechnenden und an der Honorarverteilung teilnehmenden, ihrer Fachgruppenzugehörigkeit nach relevanten Praxen (nicht: Ärzte) mit der Zahl der in ihr tätigen Vertragsärzte ermittelt wurde und deren Quartalshonorare sodann für ein Jahr zusammengezogen wurden, um jeweils den Vergleichsertrag zu ermitteln. Diese Umsetzung erfasste also auch die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte, die nicht notwendig in jedem Quartal des entsprechenden Jahres jeweils mindestens eine Leistung abgerechnet hatten.

Den in seinem Wortlaut zum Ausdruck gebrachten Regelungsinhalt des Beschlusses des Bewertungsausschusses hat die Beklagte damit nicht wortgetreu umgesetzt. Denn danach hätte sie in die Ermittlung des Vergleichsertrages der Vergleichsarztgruppen (vom 1. Januar 2000 bis 31. Dezember 2001: die in der hausärztlichen Versorgung tätigen Allgemeinärzte; ab 1. Januar 2002: die sieben großen Arztgruppen aus dem fachärztlichen Versorgungsbereich = "Fachgruppenmix") das jahresdurchschnittliche Honorar nur aller der Ärzte, die in jedem Quartal des entsprechenden Jahres jeweils mindestens eine Leistung abgerechnet haben, einbeziehen dürfen. Statt dessen hat sie quartalsweise alle die Ärzte der Vergleichsarztgruppen einbezogen, unter deren praxisbezogener Abrechnungsnummer in dem Quartal Leistungen abgerechnet wurden, und hat diese Quartalsergebnisse sodann für das entsprechende Jahr zusammengezogen. Das ist etwas anderes, als der Wortlaut der Regelung des Bewertungsausschusses vorgab. Das sieht auch die Beklagte so.

Dennoch ist die hier streitbefangene Art und Weise der Umsetzung des Beschlussteils 2.2.1.6, Unterabsatz 2, des Beschlusses des Bewertungsausschusses nicht rechtswidrig, sind die Honorarverteilungsregelungen deshalb auch nicht insoweit unwirksam und die auf ihrer Grundlage ergangenen Bescheide der Beklagten vorliegend rechtlich nicht zu beanstanden. Denn die vom Wortlaut der Regelung des Bewertungsausschusses abweichende Umsetzung der Ermittlung des Vergleichsertrages durch die Beklagte findet ihre Rechtfertigung darin, dass eine vollständige wortgetreue Umsetzung der Regelung objektiv und damit auch für die Beklagte nicht möglich war. Unmögliches kann aber nicht verlangt werden. Gleichwohl hält sich ihre Umsetzung bei ermächtigungskonformer Auslegung des Beschlusses im Rahmen der Vorgaben des Bewertungsausschusses zur Art und Weise, in der die angemessene Vergütung und annähernd gleichberechtigte Teilhabe der psychotherapeutisch tätigen Leistungserbringer an der vertragsärztlichen Gesamtvergütung zu gewährleisten ist.

Dabei ist zunächst festzuhalten, dass die Regelung des Bewertungsausschusses nicht bereits deshalb, weil ihre vollständige wortgetreue Umsetzung objektiv unmöglich war, von Anfang an nichtig war. Vielmehr ist es hier wie auch sonst geboten, nicht allein am Wortlaut zu haften, sondern die Regelung mit Blick insbesondere auf ihren Sinn und Zweck sowie auf die sie prägenden Umstände des Sachbereichs, in dem sie wirken soll, zu konkretisieren. Bei einer solchen Konkretisierung, die die dargestellten gesetzlichen Vorgaben zu Inhalt und Reichweite der Ermächtigung des Bewertungsausschusses und die zu ihnen ergangene ausdifferenzierte Rechtsprechung des Bundessozialgerichts würdigt, ergibt sich für den Senat, dass aufgrund der Regelung zum einen auf die bei den Kassenärztlichen Vereinigungen bereits vorhandenen Daten Rückgriff genommen werden sollte, und zum anderen, dass unter Nutzung dieser Datengrundlage der Vergleichsertrag von Vergleichsarztgruppen ermittelt sowie unter Anknüpfung hieran eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit und eine annähernd gleichberechtigte Teilhabe der psychotherapeutisch tätigen Leistungserbringer an der vertragsärztlichen Gesamtvergütung gewährleistet werden sollten.

Mit den so konkretisierten, hinreichend bestimmten und verbindlichen Vorgaben der hier maßgeblichen Regelung des Bewertungsausschusses ist die konkrete Art und Weise der Umsetzung durch die Beklagte vereinbar. Den Spielraum rechtlich möglicher und tatsächlich sachgerechter Umsetzungen der Regelung, die deren Sinn und Zweck Rechnung tragen, hat die Beklagte mit der von ihr gewählten regelungsnahen Umsetzung nicht verlassen.

Dieser Umsetzungsspielraum war eröffnet, weil eine vollständige wortgetreue Umsetzung des Beschlusses des Bewertungsausschusses mit den vorhandenen Abrechnungsdaten nicht möglich war. Denn diese Daten bezogen sich durch die Abrechnung mit Praxen auf diese und nicht durchgängig nur auf einzelne Ärzte. Insbesondere bei personellen Wechseln in Gemeinschaftspraxen konnten damit nicht alle Ärzte dieser Praxen, die in jedem Quartal des entsprechenden Jahres jeweils mindestens eine Leistung abgerechnet haben, erfasst werden. Die für eine wortgetreue Umsetzung des Beschlusses des Bewertungsausschusses notwendigen arztbezogenen Abrechnungsdaten waren auch nicht zu beschaffen. Denn die praxenbezogene Abrechnungsnummer erlaubte bei Gemeinschaftspraxen keine Unterscheidung nach deren einzelnen Ärzten.

Die Lösung, die die Beklagte gewählt hat, hält sich in dem ihr eröffneten Spielraum, denn sie stellt eine sachgerechte Umsetzung von Sinn und Zweck des Beschlusses des Bewertungsausschusses dar, und ist rechtlich deshalb nicht zu beanstanden. Wie bereits dargelegt war es Sinn und Zweck der Regelung des Bewertungsausschusses nach der Ermächtigungsgrundlage und in Übereinstimmung mit den verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Vorgaben, die Angemessenheit der Höhe der Vergütung psychotherapeutischer Leistungen je Zeiteinheit und die Gleichbehandlung ihrer Leistungserbringer hinsichtlich der Ertragschancen zu gewährleisten (dazu BSG 28.1.2004 – B 6 KA 52/03 R, SozR 4-2500 § 85 Nr. 8).

Sachgerecht ist daher, was diesem Sinn und Zweck dient. Angemessenheit und Gleichbehandlung erfordern jeweils eine Bewertung auf einer validen Vergleichsgrundlage. Der Grad der Sachgerechtigkeit bemisst sich vor allem daran, dass so viel relevante Tatsachen wie möglich in die Bildung der Vergleichsgrundlage einbezogen worden sind, weil dies zu wirklichkeitsnäheren und rationaleren Bewertungen von Angemessenheit und Gleichbehandlung führt. Diesem Ziel dient es, so viel Ärzte wie möglich bei der Umsatzermittlung als Vergleichsgrundlage zu erfassen, die in allen Quartalen eines Jahres Leistungen erbracht und abgerechnet haben. Jede Lösung kann sich angesichts der Differenz zwischen geforderter arztbezogener Honorarberücksichtigung und nur praxenbezogener Abrechnungsdaten diesem Ziel nur nähern. Es kommen mehrere Möglichkeiten der regelungsnahen Umsetzung in Betracht, ohne dass ein Königsweg erkennbar ist. Hier ist lediglich relevant, ob die Lösung der Beklagten der Regelung nah genug kommt. Das ist der Fall. Die Lösung der Beklagten erfasst quartalsweise alle Ärzte der Vergleichsarztgruppen. Den Umstand, dass diese möglicherweise nicht in allen Quartalen eines Jahres Leistungen erbracht und abgerechnet haben, berücksichtigt sie von vornherein nicht. Dafür erfasst sie alle Ärzte, die in allen Quartalen, aber in unterschiedlichen Praxiskonstellationen Leistungen erbracht und abgerechnet haben.

Die Beklagte hat mit Rücksicht auf die tatsächliche Lage in H. plausibel machen können, dass ihr Weg der Umsetzung näher am Sinn und Zweck der Regelung als alternativ zur Verfügung gestandene Wege war. Denn angesichts der erfahrungsgemäß zahlreichen unterjährigen Veränderungen in den Praxiskonstellationen von Gemeinschaftspraxen in ihrem Bereich würde sie bei einer Lösung, die ausschließlich die Praxen berücksichtigte, die in allen vier Quartalen eines Jahres unter derselben Abrechnungsnummer Leistungen erbracht und abgerechnet haben, einen erheblichen Teil der in H. ganzjährig praktizierenden Ärzte bei der Ermittlung eines möglichst realitätsgerechten Durchschnittsumsatzes unberücksichtigt gelassen haben. Doch geht es bei der vergleichenden Betrachtung zur Festlegung der angemessenen Höhe der Vergütung von Psychotherapieleistungen eben darum, möglichst valide, also sowohl breit fundierte als auch die Honorarwirklichkeit ganzjährig praktizierender Ärzte widerspiegelnde Abrechnungsdaten heranzuziehen. Das erste Ziel wird durch die Umsetzung der Beklagten erreicht, das zweite nur begrenzt, weil sie in ihrer Methodik nicht ausschließen kann, auch diejenigen Ärzte aufgrund ihrer quartalsweisen Ermittlung berücksichtigt zu haben, die nicht in allen vier Quartalen eines Jahres Leistungen erbracht und abgerechnet haben. Das erste Ziel ist aber das weitaus bedeutendere. Denn mit der Einbeziehung möglichst vieler Ärzte liegt dem durchschnittlichen Vergleichsertrag eine breite Datenbasis zugrunde und orientiert sich damit die Vergütung der Psychotherapeuten an allgemeinen Tatsachen. Das zweite Ziel dient dagegen nur einer Korrektur: Nicht berücksichtigt werden sollen insbesondere Ärzte, die erst unterjährig ihre vertragsärztliche Tätigkeit aufgenommen haben – und deshalb typischerweise noch unterdurchschnittlich abrechnen – oder die ihre Tätigkeit unterjährig beendet haben – und deshalb typischerweise schon unterdurchschnittlich abrechnen – und die deshalb jeweils nicht vier Abrechnungsquartale im entsprechenden Jahr aufweisen. Es sollen also Verzerrungen bei der Jahresdurchschnittsbildung vermieden werden. Diese aber fallen um so weniger ins Gewicht, je mehr Abrechnungsdaten in die Ermittlung des jahresdurchschnittlichen Vergleichsertrages einbezogen werden.

Es ist nicht feststellbar, dass einer der in diesem Zielkonflikt möglichen anderen Lösungswege dem Regelungsziel näher käme. Zwar hätte die Beklagte ihre Datenbasis auf reine Einzelpraxen beschränken können. Dann aber wären die zahlreichen in H. ganzjährig in Gemeinschaftspraxen praktizierenden Ärzte von vornherein außen vor geblieben.

Die Beklagte hätte neben reinen Einzelpraxen auch nur die Gemeinschaftspraxen einbeziehen können, die ganzjährig unter derselben Abrechnungsnummer abrechneten. Auch dann aber wäre die Datenbasis noch sehr eingeschränkt geblieben, weil alle Ärzte in Gemeinschaftspraxen außen vor geblieben wären, die das ganze Jahr über praktizierten, dies aber in verschiedenen Gemeinschaftspraxen taten oder in deren Gemeinschaftspraxen unterjährige personelle Veränderungen stattgefunden hatten. Außen vor bleiben aber sollten nach dem Regelungskonzept des Bewertungsausschusses nur die unterjährigen Zu- und Abgänge in die oder aus der vertragsärztlichen Versorgung, nicht jedoch auch die ständigen Mitglieder einer Gemeinschaftspraxis oder ständig in Gemeinschaftspraxen tätige Ärzte, die nur unterjährig die Praxis wechselten, und auch nicht ganzjährig praktizierende Ärzte, die zwischen Einzelpraxis und Gemeinschaftspraxis wechselten.

Der auch von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in ihrer Stellungnahme beschriebene Weg der Ermittlung des Umsatzes in der Weise, nur die abgerechneten Leistungen zu den Abrechnungsnummern, für die für alle vier Quartale eines Jahres Abrechnungen vorliegen (also Leistungen von Einzelpraxen und unterjährig unverändert gebliebenen Gemeinschaftspraxen), zu berücksichtigen, hätte zwar das Problem der Einbeziehung auch von Ärzten, die nicht in allen vier Quartalen Leistungen abgerechnet haben, erledigt. Auch dieser Weg aber wäre keine wortgetreue Umsetzung des Beschlusses des Bewertungsausschusses gewesen, denn er hätte nicht zur Einbeziehung aller Ärzte, die in allen vier Quartalen Leistungen abgerechnet haben, geführt. Vielmehr wäre jeder Arzt einer Gemeinschaftspraxis, in der es unterjährig Veränderungen gab, außen vor geblieben, auch wenn er in allen vier Quartalen Leistungen erbracht und abgerechnet hat.

Die Beklagte musste sich also für einen Weg entscheiden. In diesem Zielkonflikt hat sie sich mit plausiblen Erwägungen für einen geeigneten und sachlich gerechtfertigten Weg zur möglichst regelungsnahen Umsetzung des Beschlusses des Bewertungsausschusses entschieden. Der Senat sieht daher keine Veranlassung, diese Umsetzung zu beanstanden und die Beklagte zu einer anderen Lösung für verpflichtet zu halten.

Dies liegt zudem auch auf der vom Bundessozialgericht – mit Blick auf die Betriebskostenquoten des Fachgruppenmix – vertretenen Linie, dass es eine Grenze der Ermittlung bildet, wenn andere als die ermittelten Daten nicht vorhanden sind. Nur auf diese kann dann im Rahmen typisierender Berechnungen zugegriffen werden, und sie dürfen auch herangezogen werden, wenn aufgrund sachlich begründeter Erwägungen einzelne Umsatzbestandteile mit punktuell nach oben oder unten abweichenden Anteilen dadurch in die Berechnung eingehen. Denn auch mit Blick auf die Ermittlung des Vergleichsertrages geht es um eine normative Festlegung zur Annäherung an die Wirklichkeit, die zu treffen oder – wie hier – umzusetzen mit vertretbarem Aufwand noch möglich sein muss (vgl. BSG 28.5.2008 – B 6 KA 9/07 R, SozR 4-2500 § 85 Nr. 42).

Soweit der Kläger demgegenüber vortragen hat, andere Kassenärztliche Vereinigungen seien zu einer wortgetreuen Umsetzung des Beschlusses des Bewertungsausschusses in der Lage gewesen, hat er hierfür keinerlei konkrete Tatsachen vorlegen können und seine Behauptung nicht substantiiert. Vielmehr ist seinem Vorbringen zu entnehmen, dass der Kläger auf eine Umsetzung Bezug nimmt, die nur die Ärzte einbezieht, die ganzjährig unter derselben Praxisnummer abrechneten. Auch dies stellt aber wie gezeigt keine wortgetreue Umsetzung des Beschlusses dar, weil so nicht alle Ärzte erfasst werden konnten, die ganzjährig Leistungen erbrachten und abrechneten. Letztlich hat der Kläger diese Art und Weise der Umsetzung des Beschlusses des Bewertungsausschusses für regelungsnäher als die von der Beklagten gewählte gehalten. Ob dies zutrifft, kann aus den dargelegten Gründen dahingestellt bleiben.

Auch dass in einer Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (2.6.2010 – L 7 KA 5/05, juris) die vorliegend zu entscheidende Rechtsfrage anders bewertet worden ist, führt den Senat zu keinem anderen Ergebnis. Denn dieser Entscheidung (Rn. 32 und 33 der in juris dokumentierten Fassung) ist schon nicht zu entnehmen, ob überhaupt reflektiert worden ist, warum die dort beklagte Kassenärztliche Vereinigung einen durchschnittlichen Umsatz herangezogen hat, der – vermeintlich – anders als die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in den Grunddaten der vertragsärztlichen Versorgung zugrunde gelegten Umsatzzahlen auch Ärzte erfasst, die nicht während des gesamten Kalenderjahres vertragsärztlich tätig waren. In der von der Beklagten des vorliegenden Verfahrens eingereichten Stellungnahme der Kassenärztlichen Bundesvereinigung ist jedenfalls konzediert, dass diese für ihre Veröffentlichung von Honorardaten schlicht auf die ihr von den Kassenärztlichen Vereinigungen zur Verfügung gestellten Daten für die Vertragsärzte, für die vier Quartalsabrechnungen im Jahr vorliegen, zurückgegriffen hat. Bei den Kassenärztlichen Vereinigungen aber waren nur praxenbezogene Abrechnungsdaten vorhanden. Eine Differenz der Daten dürfte danach schon nicht vorliegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Revision war zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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