Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 353/07
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 36/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 14/11 R
Datum
Kategorie
Gerichtsbescheid
1. Unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 25.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2007 wird die Beklagte verurteilt, die Klägerin über ihren Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
2. Die Beklagte hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine Sonderregelung für das Regelleistungsvolumen ab dem Quartal III/06.
Die Klägerin ist als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin seit 01.07.2006 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Die Praxis gehört der Honorar(unter)gruppe B 2.25 nach dem Honorarverteilungsvertrag der Beklagten an und ist abrechnungstechnisch der Fachgruppe/Arztgruppe VfG 84-93 zugeordnet. Die Beklagte setzte in den Quartalen III/06 bis III/07 das Honorar der Klägerin wie folgt fest:
Quartal III//06 IV/06 I/07 II/07 III/07
Honorarbescheid v. 16.03.2007 17.04.2007 17.07.2007 17.10.2007 17.01.2008
Bruttohonorar PK + EK in EUR 9.569,16 26.823,08 27.712,68 26.976,87 25.656,68
Fallzahl PK + EK 42 48 53 48 53
Anzahl der Leistungen nach
Ziff. 35130 (Bericht Kurzzeitth., 710 P.) 10 9 - - -
Ziff. 35131 (Bericht Langzeitth., 1.420 P.) 12 9 1 5 8
Ziff. 35140 (Biographische Anamnese, 1.310 P.) 32 13 8 6 14
Ziff. 35141 (Zuschlag, 475 P.) 33 13 7 5 8
Ziff. 35150 (Probat. Sitzung 1.495 P.) 109 57 23 35 22
Regelleistungsvolumen
Fallzahl 42 48 53 48 53
Fallwert 1.099,9 1.101,3 1.099,0 1.094,4 1.086,8
Praxisbezogenes RLV 46.195,8 52.862,4 58.247,0 52.531,2 57.600,0
Abgerechnetes Honorarvolumen 345.890,0 198.640 117.175,0 100.865,0 134.580,0
Überschreitung 299.694,2 145.776,6 58.928,0 48.333,8 76.979,6
Ziff. 7.5 bzw. § 5 Abs. 4 HVV
Referenz-Fallzahl 14 20 14 48 14
Referenz-Fallwert 26,3593 23,2210 37,0886 32,4800 26,3593
Aktueller Fallwert EUR 64,7993 44,3488 30,4060 31,5854 31,9264
Kürzungsbetrag je Fall EUR 36,8610 20,4175 4,0821 - -
Auffüllbetrag gesamt in EUR 1.548,16 980,04 57,15 - -
Am 28.07.2006 beantragte die Klägerin, ihre Besonderheiten bei der Zuerkennung des Regelleistungsvolumens zu berücksichtigen. Ihr würden pro Patient ca. 1.000 Punkte zugewiesen werden. Die von ihr übernommene Praxis habe zuvor Erwachsene behandelt. Sie habe nur neue Patienten. Mit diesen müsse sie eine umfangreiche Diagnostik durchführen, um eine bestmögliche Therapie anzubieten und einen ausführlichen Bericht an den Gutachter schreiben zu können. Diese Diagnostik umfasse bei Kindern und Jugendlichen in der Regel:
- 5 probatorische Sitzungen zu je 1.450 Punkten
- 1 biographische Anamnese zu 1.310 Punkten
- 1 vertiefte Exploration zu 475 Punkten
- 1 Intelligenz- oder Leistungstest zu ca. 1.680 Punkten
- 2 Fragebogenverfahren zu je ca. 360 Punkten
- 1 Ordinationsgebühr von 500 Punkten
- 6 Ordinationsgebühren von 50 Punkten
- 1 Bericht an den Gutachter von 710 bzw. 1.420 Punkten
Insgesamt seien dies pro Patient ca. 13.000 Punkte. Würden ihr pro Patient bei einem Punktwert von 2,8 Cent lediglich 1.000 Punkte zugewiesen werden, hieße das bei 30 Patienten ein Quartalseinkommen von ca. 840,00 EUR bei Vollzeittätigkeit. Der Verlust für sie als junge Praxis betrage 10.080,00 EUR. Sie bitte daher, innerhalb der ersten Zeit ihr Regelleistungsvolumen auszusetzen.
Mit Bescheid vom 25.09.2006 wies die Beklagte den Antrag zurück. Darin führte sie aus, gemäß den ab 01.04.2005 geltenden Honorarverteilungsbestimmungen erfolge gemäß Ziffer 6.3 HVV die Bewertung der Honorarforderung in einer Praxis auf Basis eines Regelleistungsvolumens, soweit für die in der Praxis vertretenen Arztgruppen gemäß Ziffer 6.3 arztgruppenspezifische Fallpunktzahlen benannt seien. Die im Abrechnungsquartal für eine Praxis zutreffende Fallpunktzahl bestimme sich aus der Zugehörigkeit der Ärzte einer Praxis zu einer der in der Anlage 1 angeführten Arzt-/Fachgruppe unter Beachtung der angeführten Altersklassen. Das im aktuellen Abrechnungsquartal gültige praxisindividuelle (fallzahlabhängige) Regelleistungsvolumen einer Praxis bestimme sich dann aus der Multiplikation der im aktuellen Quartal ermittelten arztgruppenspezifischen Fallpunktzahl und der Fallzahl der Praxis unter Beachtung der Aufteilung der relevanten Fallzahlen in die verschiedenen Altersklassen. Die Honorarforderungen einer Praxis würden dem so gebildeten und für das aktuelle Abrechnungsquartal berechneten Regelleistungsvolumen einer Praxis gegenüber gestellt und bewertet werden. Dabei blieben Honorarforderungen betreffend u. a. zeitbezogene genehmigungspflichtige psychotherapeutische Leistungen nach den Nrn. 35200 bis 35225 EBM 2005 unberücksichtigt und würden vorab zu einem Punktwert von 4,67 Cent bei Primärkassen bzw. 4,70 Cent bei Ersatzkassen bewertet werden, sofern die Vorgaben des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 zur Zuerkennung des Mindestpunktwertes erfüllt seien. Andernfalls erfolge die Bewertung der vorgenannten Leistungen zu einem Punktwert von 4,0 Cent. Die dann noch verbleibenden Honorarforderungen der Praxis unterlägen der Bewertung mit einem Punktwert von 4,0 Cent bis zu dem nach Ziffer 6.3 für das aktuelle Quartal festgestellte praxisindividuelle Regelleistungsvolumen. Die darüber hinausgehenden Honorarforderungen seien mit einem Punktwert von mindestens 0,51 Cent zu bewerten. Der Honorarverteilungsvertrag sehe für die Fachgruppe der Klägerin folgende arztgruppenspezifische Fallpunktzahlen für das Regelleistungsvolumen vor:
Primärkassen Ersatzkassen
Altersgruppe 0 – 5 6 – 59 -) 60 0 – 5 6 – 59 -) 60
Fallpunktzahl 1.050 1.054 1.054 956 1.166 1.065
Nach der Festlegung ihres Vorstandes komme eine Ausnahmeregelung nur aus Gründen der Sicherstellung in Betracht. Maßgeblich sei hierfür, ob im Umkreis von 50 km ausreichend Ärzte zur Verfügung stünden, die die streitgegenständlichen Leistungen abrechneten. Im Rahmen der allgemeinen Bedarfsplanung nach Abschnitt 2 würden die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten mit den psychologischen Psychotherapeuten zusammen betrachtet werden. Im Planungsbereich A-Stadt-Stadt liege eine Überversorgung an psychologischen Psychotherapeuten vor, weshalb keine unmittelbare Sicherstellungsproblematik festzustellen sei. Die von ihr als junge Praxis geschilderte Situation seit Einführung von Budgets, Regelleistungsvolumina etc. betreffe alle niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten. Eine gesonderte Berücksichtigung des in der Anfangsphase bestehenden deutlich höheren Aufwands an nicht genehmigungspflichtigen Leistungen bezogen auf das medizinische Kennenlernen eines Patienten im Rahmen bei der Festlegung von Abrechnungsobergrenzen sei nicht möglich. Dieses Problem dürfte sich vielmehr sukzessive mit der Anzahl der niedergelassenen Quartale relativieren. Unter Beachtung dieser Sachlage könne im Ergebnis keine Ausnahmeregelung getroffen werden.
Hiergegen legte die Klägerin am 19.10.2006 Widerspruch ein. Sie trug vor, trotz Überversorgung nach dem Bedarfsplan bestehe ein signifikanter Therapieplatzmangel in A-Stadt, insbesondere für Kinder. Familien müssten durchschnittlich sechs bis neun Monate auf einen Therapieplatz in A-Stadt warten. Sie verstehe auch nicht, weshalb sie gegenüber eventuellen Kollegen, die im Rahmen des Sonderbedarfs zugelassen worden seien, benachteiligt werde. Auch wenn die Budgetierung alle Kollegen betreffe, sei dies jedoch nicht in einem Ausmaß wie bei ihr. Sie habe im ersten Quartal ihrer Tätigkeit ca. 70 % nicht genehmigungspflichtige Leistungen erbracht. Diese würden zum Großteil nicht oder miserabel bezahlt werden. Ihre Einnahmen von 10.000,00 EUR im ersten Abrechnungsquartal würden gerade einmal ihre Fixkosten decken. Sie hätte dann 50 Stunden pro Woche ohne Gewinn gearbeitet. Das Problem werde sich auch in den nächsten Quarten nicht relativieren. Da die nicht genehmigungspflichtigen Leistungen allgemein das Regelleistungsvolumen bei weitem überschritten. Es entspreche den berufsethischen Grundsätzen, erst nach einer ausführlichen Diagnostik und Therapieplanung einen Therapieantrag zu stellen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.07.2007, der Klägerin am 18.07. zugestellt, wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Ergänzend zu ihren Ausführungen im angefochtenen Ausgangsbescheid wies sie auf den Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 hin, wonach mit Ausnahme der Ziffern 35200 bis 35225 EBM 2005 keine Zuordnung zu den Leistungsbereichen für extrabudgetär oder vorab zu vergütende Leistungen für kinder- und jugendpsychotherapeutische Leistungen vorgesehen sei und diese somit einem Regelleistungsvolumenansatz unterlägen.
Hiergegen hat die Klägerin am 10.08.2007 die Klage erhoben. Sie trägt ergänzend zu ihrem Vorbringen im Verwaltungsverfahren vor, die Problematik betreffe auch andere psychotherapeutisch tätige Arztgruppen. Die von der Beklagten ermittelten Fallpunktzahlen seien mit den Versorgungsrealitäten und mit den Erfordernissen einer verteilungsgerechten Vergütung nicht vereinbar. Für eine exakte Eingangs-Diagnostik benötige sie eine Punktzahlmenge von 10.965 Punkten, ohne Berücksichtigung der Testungen. Die Eingangsdiagnostik von fünf Sitzungen sei kaum zu verkürzen. In den ersten Niederlassungsquartalen könne sie in Ermangelung bereits laufender Psychotherapien praktisch nur probatorische Sitzungen abrechnen. In diesen Quartalen sei grundsätzlich fast kein Umsatz zu erzielen. Aber auch in den besten Umsatzjahren werde der ganze Bereich der übrigen Leistungen, der dann immer noch bis 25 und mehr % des Umsatzes ausmache, grundsätzlich defizitär. Bei einem Patienten mit regulärer Psychotherapie und zehn Behandlungen/Quartal fielen bereits ein Ordinationskomplex und neun Konsultationsgebühren mit einem Punktzahlvolumen von zusammen 960 Punkten an. Von der Fallpunktzahl von rund 1.110 Punkten blieben noch 150 Punkte übrig, die zur Kompensation eines einzigen neuen Patienten mit 10.965 Punkten beitragen könnten. Für diesen Ausgleich bedürfte es allein 66 "reiner" Psychotherapiepatienten. Diese Anzahl werde von den meisten Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten nicht erreicht. Eine Kompensation sei daher nicht einmal für nur einen neuen Patienten möglich. Zur Überschreitung der Fallpunktzahl trügen auch Patienten bei, mit denen Gespräche nach den Gesprächsziffern des Fachkapitels abgerechnet würden. Dieses könnten einerseits Patienten in Krisensituationen oder Patienten, bei denen statt einer Psychotherapie eine kürzere oder anders geartete Interventionsform medizinisch notwendig sei, sein. Hier sei bereits nach 30 Minuten Gesprächszeit im Quartal (Ordinationsgebühr 510 Punkte, 2 x 10 min GO-Nr. 23220 plus Konsultationsgebühr 660 Punkte) das Punktzahlvolumen der Fallpunktzahl erschöpft. Diese 30 Minuten seien aber absolut nicht ausreichend. Auch mit einem oberen Punktwert von 2,6885 Cent falle die Honorierung unwirtschaftlich niedrig aus, die Vergütung betrage gerade einmal ca. 31,00 EUR. Der 30-minütigen Gesprächszeit entspreche eine Arbeitszeit von 45 Minuten. Bei einem Kostenanteil von 25,00 EUR pro Stunde liege der Gewinn bei ca. 18,50 EUR, bezogen auf die reine Behandlungszeit. Die Nr. 23220 EBM 2005 könne im Quartal 15mal abgerechnet werden, bei 280 Punkten ergebe dies ein Volumen von 4.700 Punkten. Die fehlerhafte Bewertung der arztgruppenspezifischen Fallpunktzahl verstoße gegen das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes. Der obere Punktwert liege bereits 50 % unter der EBM-Kalkulation. Die zeitdefinierten psychotherapeutischen Gesprächsleistungen könnten nicht verdichtet werden. Eine weitere Vergütungsabsenkung durch das Regelleistungsvolumen führe unweigerlich zu Verlusten. Im Quartal III/06 seien lediglich 13,3 % der erbrachten antragsfreien psychotherapeutischen Leistungen zum oberen Punktwert vergütet worden. Hierfür habe sie 1.241,97 EUR erhalten, für den sechsfachen Rest lediglich 1.481,74 EUR. Für den überwiegenden Teil ihrer Praxistätigkeit mit ca. 224 Stunden reiner Behandlungszeit und ca. 340 Stunden Arbeitszeit habe sie insgesamt 2.722,00 EUR erhalten, bei Kosten von mindestens 9.250,00 EUR im Quartal ergebe dies einen Verlust von 6.528,00 EUR. Das Regelleistungsvolumen reiche nicht einmal für eine probatorische Sitzung aus. Ab der zweiten probatorischen Sitzung im Quartal werde eine Honorar von lediglich ca. 7,30 EUR in 50 Minuten erzielt. Die Ausgleichsregelung nach 7.5 HVV könnte mangels Fallwerte in den Referenzquartalen jungen Praxen keinen Ausgleich für ihren Honorarverlust geben. Im Quartal III/06 sei ihr Fallwert von 26,3593 EUR und 38,44 EUR auf 64,7993 EUR gestiegen, weshalb ein Kürzungsbetrag in Höhe von 1.548,16 EUR festgesetzt worden sei. Die Ausgleichsregelung werde zu einer zusätzlichen Honorarkürzungsmaßnahme. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts müsse ein Praxisinhaber in den ersten Jahren nach der Niederlassung wenigstens den Punktzahlendurchschnitt der Fachgruppe ohne Honorarabstaffelung abrechnen können. Für Psychotherapeuten habe dieser im dritten Quartal 2006 bei 60.225 Punkten gelegen. Sie habe lediglich 46.195,8 Punkte ohne Honorarabstaffelung abrechnen können. Es lägen grundsätzlich atypische Bedingungen gegenüber den Fachärzten vor, die nicht psychotherapeutisch tätig seien. Zeitgebundene Leistungen könnten nicht ausgeweitet werden. Die anderen Ärzte könnten sowohl die Leistungsmenge pro Zeiteinheit als auch die Zahl der Patienten, die pro Zeiteinheit versorgt würden, steigern. Während z. B. Augenärzte im zweiten Quartal 2005 zu 81,45 % das Regelleistungsvolumen zu einem oberen und quotierten Punktwert hätten ausschöpfen können und im Leistungsbereich der Regelleistungsvolumina ein quartalsbezogenes Honorar von insgesamt 29.127,79 EUR erzielt hätten, hätten Psychotherapeuten im Schnitt nur zu 57,16 % das Regelleistungsvolumen zu einem oberen quotierten Punktwert ausschöpfen und im Leistungsbereich der Regelleistungsvolumina ein quartalsbezogenes Honorar von lediglich insgesamt 932,54 EUR erzielen können. Ein weiterer Vergleich zeige, dass eine Kompensation auch nicht mit den Leistungen außerhalb des Regelleistungsvolumens möglich sei. Problematisch sei das Zusammenwirken mehrerer Faktoren, nämlich hohe EBM-Punktzahlen für einzelne Leistungen, Variabilität des Leistungsanfalls und Punktzahlanfalles pro Patient und Quartal, vergleichsweise niedrige Fallzahl/Quartal und hohe Varianz der Ausrichtung der Praxen (u. a. variabler Psychotherapieanteil). Dies führe statistisch gesehen zu keinen stabilen Mittelwertbildungen. Die den größten Teil bildenden zeitdefinierten Gesprächsleistungen könnten nicht verdichtet werden. Die Durchschnittsverdienste lägen traditionell am unteren Rand der Skala. Die reine Orientierung an der Fallzahl sei ungeeignet, da es im Bereich der psychotherapeutischen Medizin Praxen mit Fallzahlen von 20 bis hin zu 700 und mehr gebe, die alle ausgelastet seien, ohne dass ein problematisches Abrechnungsverhalten vorliege. Die Varianten ergeben sich aus der unterschiedlichen Ausrichtung im Versorgungsspektrum. Bei niedrigeren Fallzahlen könne sich kein relativ konstanter Mittelwert bilden. Einheitliche Fallpunktzahlen könnten für diesen Bereich nicht vorgegeben werden. Es gebe keine Standard-Mischpraxis. Die Abstaffelung betreffe die Psychotherapeuten deswegen besonders, weil sie durch Zeitgebundenheit keine "Hamsterradeffekte" erzeugen könnten, die den Faktor von 0,8 ausgleichen könnten. Mit der Zeitdefinition der Leistungen sei quasi ein "Stundenansatz" per EBM gegeben, der nur unwesentlich erhöht werden könne. Die Klage sei auch zulässig, da mit der Anfechtung des Widerspruchsbescheides klar zu erkennen gegeben sei, dass der ihm zugrunde liegende Bescheid angefochten werde, wenn auch versehentlich im Klageantrag zunächst angegeben worden sei, dass der Honorarbescheid für das Quartal III/06 angefochten werde.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 25.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2007 die Beklagte zu verurteilen, sie über ihren Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Klage sei bereits unzulässig, weil sich der Klageantrag auch gegen die Aufhebung des Honorarbescheids für das Quartal III/06 richte und eine entsprechende Neubescheidung begehrt werde. Die Widersprüche gegen die Honorarbescheide für die Quartale III und IV/06 habe sie aber derzeit ausgesetzt und noch nicht beschieden. Insofern fehle es an einem Vorverfahren. Der Widerspruchsbescheid vom 11.07.2007 könne aber nicht für sich alleine angefochten werden. Im Übrigen führt sie ergänzend zu ihren Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid aus, die Bildung von praxisindividuellen Regelleistungsvolumen sei nicht zu beanstanden, nach den Feststellungen des Bundessozialgerichts im Urteil vom 08.02.2006 zu Az.: B 6 KA 25/05 R dürfe ein Honorarverteilungsmaßstab vorsehen, dass der größte Teil des Gesamtvergütungsvolumens für eine Honorierung zu vollen Punktwerten verwandt werde und für die restlichen Leistungen lediglich geringere Punktwerte verblieben. In der Änderung des Klageantrags liege eine Klageänderung, der sie nicht zustimme. Die Klageänderung sei auch nicht sachdienlich. Der Bewertungsausschuss habe in seinem Beschluss vom 29.10.2004 die Zusammenfassung von Arztgruppen zugelassen. Ein Grund für die Zusammenfassung der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten mit den Psychologischen Psychotherapeuten in einer Honorargruppe sei, dass von den 1.390 Psychologischen Psychotherapeuten 80 eine sog. Doppelzulassung als Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und 183 auch die Genehmigung zur Behandlung von Kindern- und Jugendlichen nach den Psychotherapierichtlinien besäßen. Es gebe 292 Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Die Zusammenführung beider Gruppen beruhe daher auf sachgerechten Erwägungen. Die unterschiedliche Bewertung des Ordinationskomplexes bei gleichem Regelleistungsvolumen führe zu keiner Schlechterstellung. Die Ziffer 23214 sehe als fakultativen Leistungsinhalt auch die intensive Beratung zu den therapeutischen, familiären, sozialen oder beruflichen bzw. schulischen Auswirkungen und deren Bewältigung vor. Erbringe ein Psychologischer Psychotherapeut eine über die 10 Minuten des Ordinationskomplexes hinausgehende intensive Beratung, werde er neben den Ziffern 23210 bis 23212 eine weitere Gesprächsziffer abrechnen, so z. B. die Ziffer 23220. Es sei davon auszugehen, dass Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten für ein vergleichbar intensives Gespräch ähnlich hohe Punktzahlen anforderten. Ein Psychologischer Psychotherapeut erbringe pro Behandlungsfall 0,62 und ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut 0,84 probatorische Sitzungen pro Behandlungsfall. Sie hat ferner die Berechnung der RLV-Fallpunktzahlen erläutert. Hierzu wird auf den Schriftsatz vom 03.02.2009 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG entscheiden. Die Sache hat keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art, und der Sachverhalt ist geklärt. Die Kammer hat die Beteiligten hierzu angehört. Die Klägerin hat mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten hierzu ihr Einverständnis erklärt. Die Beklagte wurde unter Fristsetzung von zwei Wochen mit bei Ihr am 29.01.2009 eingegangener Verfügung angehört. Sie hat auch nochmals mit Schriftsatz vom 03.02.2009 Stellung zur Sache genommen.
Die Klage ist zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Eine unzulässige Klageänderung liegt nicht vor.
Die Klage ist ohne Einschränkung am 10.08.2007 erhoben worden. Darin wurde der Widerspruchsbescheid vom 11.07.2007 angefochten. Soweit der im Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 31.10.2007 gestellte Antrag gegen "den Honorarbescheid für das Quartal III/06 und den Widerspruchsbescheid vom 11.07.2007" gerichtet war mit dem Verpflichtungsantrag einer Neubescheidung, so hat es sich hierbei offensichtlich um ein Versehen gehandelt, worauf der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Schriftsatz vom 29.01.2008 hingewiesen hat. Mit der jeweiligen Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid vom 11.07.2007 hat die Klägerin klar zum Ausdruck gebracht, gegen welchen Bescheid sich ihre Klage richtet. Die Beklagte weist selbst darauf hin, dass das Widerspruchsverfahren gegen den Honorarbescheid für das Quartal III/06 ausgesetzt wurde. Die Klägerin hat zu keiner Zeit erklärt, dass sie dennoch eine gerichtliche Entscheidung hierzu wünsche. Von daher konnte die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten ihren Antrag richtig stellen, ohne dass es sich um eine Klageänderung handeln würde. Im Übrigen wäre eine Klageänderung sachdienlich.
Die Klage ist auch begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 25.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2007 ist rechtswidrig und war daher aufzuheben. Die Beklagte ist verpflichtet, die Klägerin über ihren Antrag auf Zuerkennung eines höheren Regelleistungsvolumens für die Quartale ab II/05 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Der Bescheid der Beklagten vom 25.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2007 ist rechtswidrig. Bei der Bemessung des Regelleistungsvolumens werden nicht hinreichend die Unterschiede zwischen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und den übrigen Psychotherapeuten berücksichtigt. Ferner hat die Beklagte verkannt, dass aufgrund der Neuniederlassung der Klägerin ein Ausnahmetatbestand vorliegt.
Nach Ziffer 6.3 der hier maßgeblichen Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und der AOK – Die Gesundheitskasse in Hessen, dem BKK Landesverband Hessen, der IKK Hessen, dem Verband der Angestellten Krankenkassen e. V. (VdAK) – Landesvertretung Hessen, dem AEV-Arbeiter-Ersatzkassenverband e. V. – Landesvertretung Hessen, der Landwirtschaftlichen Krankenkassen Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland, der Krankenkasse für den Gartenbau und der Knappschaft zur Honorarverteilung für die Quartale 2/2005 bis 4/2005 vom 10.11.2005, veröffentlicht durch die Beklagte als Anlage 2 zum Landesrundschreiben/Bekanntmachung - Landesstelle - vom 10.11.2005, die in den Folgequartalen fortgeführt wurde (im Folgenden: HVV), sind praxisindividuelle Regelleistungsvolumina zu bilden, da der Kläger zu den entsprechenden Arztgruppen gehört.
Im Einzelnen bestimmt Ziffer 6.3 HVV:
Die im Abrechnungsquartal für eine Praxis zutreffende Fallpunktzahl bestimmt sich aus der Zugehörigkeit der Ärzte einer Praxis zu einer in der Anlage 1 angeführten Arzt-/Fachgruppe unter Beachtung der angeführten Altersklassen. Bei Gemeinschaftspraxen bestimmt sich die Höhe der in der einzelnen Altersklasse zu treffenden Fallpunktzahl als arithmetischer Mittelwert aus der Fallpunktzahl der in der Gemeinschaftspraxis vertretenen Ärzte (gemäß Zuordnung entsprechend Anlage zu Ziffer 6.3) verbunden mit folgender Zuschlagsregelung:
130 Punkte bei arztgruppen- und schwerpunktgleichen Gemeinschaftspraxen sowie bei Praxen mit angestellten Ärzten, die nicht einer Leistungsbeschränkung gemäß Angestellten-Ärzte Richtlinien unterliegen,
alternativ
30 Punkte je in einer arztgruppen- oder schwerpunktübergreifenden Gemeinschaftspraxis repräsentiertem Fachgebiet oder Schwerpunkt, mindestens jedoch 130 Punkte und höchstens 220 Punkte
Bei der Ermittlung der Zuschlagsregelung bleiben Ärzte aus Arztgruppen, für die gemäß Anlage zu Ziffer 6.3 keine arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen definiert sind, unberücksichtigt.
Die Zuschlagsregelung findet keine Anwendung bei Praxen mit angestellten Ärzten bzw. zugelassenen Ärzten, die einer Leistungsbeschränkung gemäß Bedarfsplanungsrichtlinien bzw. Angestellten-Ärzte-Richtlinien unterliegen. Für Ärzte bzw. Psychotherapeuten, die ihre Tätigkeit unter mehreren Gebiets- oder Schwerpunktbezeichnungen ausüben, richtet sich die Höhe der Fallpunktzahl in den einzelnen Altersklassen nach dem Schwerpunkt der Praxistätigkeit bzw. dem Versorgungsauftrag mit dem der Arzt bzw. Psychotherapeut zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist.
Das im aktuellen Abrechnungsquartal gültige praxisindividuelle (fallzahlabhängige) Regelleistungsvolumen einer Praxis bestimmt sich dann aus der Multiplikation der im aktuellen Quartal nach verstehender Vorgabe ermittelten arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen und der Fallzahl der Praxis unter Beachtung der Aufteilung der relevanten Fallzahlen in die verschiedenen Altersklassen.
Bei der Ermittlung der für die einzelnen Altersklassen gültigen relevanten Fallzahlen einer Praxis sind alle kurativ ambulanten Behandlungsfälle (gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 und Absatz 2 BMVÄ bzw. § 25 Absatz 1 Satz 1 GKV zugrunde zu legen, ausgenommen Behandlungsfälle, die gemäß Anlage 1 Und 2 zu Ziffer 7.1 Honorierung kommen, Notfälle im organisierten ärztlichen Bereitschaftsdienst bzw. Notdienst (Muster 19 A der Vordruckvereinbarung), Überweisungsfälle zur Durchführung ausschließlich von Probenuntersuchungen oder zur Befundung von dokumentierten Untersuchungsergebnissen sowie Behandlungsfälle, in denen ausschließlich Kostenerstattungen des Kapitels V. 40 abgerechnet werden. Die so festgestellten Fallzahlen reduzieren sich dabei (vorab der Berechnung des praxisindividuellen (fallzahlabhängigen) Regelleistungsvolumens) aufgrund einer zuvor durchgeführten fallzahlabhängigen Bewertung (Fallzahlbegrenzungsregelung) gemäß Ziffer 5.2, wobei die aus dieser Maßnahme resultierende Reduzierung anteilig auf die Altersklassen zu verteilen ist.
Das nach dieser Vorschrift festgestellte Regelleistungsvolumen einer Praxis im aktuellen Quartal ist dann nachfolgend für jeden über 150% der durchschnittlichen Fallzahl der Honorar(unter)gruppe im vergleichbaren Vorjahresquartal hinausgehenden Fall um 25% zu mindern. Die Feststellung der relevanten durchschnittlichen Fallzahl erfolgt bei Gemeinschaftspraxen und Praxen mit angestellten Ärzten, die nicht einer Leistungsbeschränkung unterliegen, je in der Gemeinschaftspraxis tätigen Arzt bzw. Psychotherapeuten.
Für die Bildung des Regelleistungsvolumens einer Praxis im Abrechnungsquartal gilt im Übrigen eine Fallzahlobergrenze in Höhe von 200% der durchschnittlichen Fallzahl der Honorar(unter)gruppe im vergleichbaren Vorjahresquartal. Überschreitet eine Praxis im aktuellen Abrechnungsquartal diese Fallzahlobergrenze, tritt diese anstelle der praxisindividuellen Fallzahl bei der Ermittlung des praxisspezifischen Regelleistungsvolumens. Dabei bestimmt sich im Falle von Gemeinschaftspraxen und Praxen mit angestellten Ärzten, die keiner Leistungsbeschränkung unterliegen, die Fallzahlobergrenze aus den arztgruppenbezogenen durchschnittlichen Fallzahlen im entsprechenden Vorjahresquartal je in der Gemeinschaftspraxis tätigen Art bzw. Psychotherapeuten.
Für Ärzte bzw. Psychotherapeuten, die ihre Tätigkeit unter mehreren Gebiets- oder Schwerpunktbezeichnungen ausüben, bestimmt sich die durchschnittliche Fallzahl im entsprechenden Vorjahresquartal für vorstehende Bewertungsvorgaben bzw. Fallzahlobergrenze aus der Honorar(unter)gruppe, zu der sie nach dem Versorgungsauftrag zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind.
Soweit in der Anlage zu Ziffer 6.3 Arztgruppen nicht aufgeführt sind, gehen deren Fälle und Honoraranforderungen nicht in die Berechnung des praxisspezifischen Regelleistungsvolumens ein.
Der Vorstand der KV Hessen ist ermächtigt, aus Gründen der Sicherstellung der ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung praxisbezogenen Änderungen an den arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen gemäß Anlage zu Ziffer 6.3 vorzunehmen.
Die Kammer hält diese Regelungen, soweit sie hier streitbefangen sind, grundsätzlich für rechtmäßig.
Nach § 85 Abs. 4 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung v. 20.12.1988, BGBl. I S. 2477 in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) v. 14.11.2003, BGBl. I S. 2190 mit Gültigkeit ab 01.01.2005 (SGB V), verteilt die Kassenärztliche Vereinigung die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte; in der vertragsärztlichen Versorgung verteilt sie die Gesamtvergütungen getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung (§ 73) (§ 85 Abs. 4 Satz 1 SGB V). Sie wendet dabei ab dem 1. Juli 2004 den mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen erstmalig bis zum 30. April 2004 gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden Verteilungsmaßstab an; für die Vergütung der im ersten und zweiten Quartal 2004 erbrachten vertragsärztlichen Leistungen wird der am 31. Dezember 2003 geltende Honorarverteilungsmaßstab angewandt (§ 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V). Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragsärzte zu Grunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zu Grunde zu legen (§ 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V). Im Verteilungsmaßstab sind Regelungen zur Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen der Psychotherapeuten, der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und psychotherapie, der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, der Fachärzte für Nervenheilkunde, der Fachärzte für psychotherapeutische Medizin sowie der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten (§ 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V). Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden (§ 85 Abs. 4 Satz 5 SGB V). Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes vorzusehen (§ 85 Abs. 4 Satz 6 SGB V). Insbesondere sind arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina) (§ 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V). Für den Fall der Überschreitung der Grenzwerte ist vorzusehen, dass die den Grenzwert überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten vergütet wird (§ 85 Abs. 4 Satz 8 SGB V). Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung (§ 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V). Die vom Bewertungsausschuss nach Absatz 4a Satz 1 getroffenen Regelungen sind Bestandteil der Vereinbarungen nach Satz 2 (§ 85 Abs. 4 Satz 10 SGB V). Dabei bestimmt nach § 85 Abs. 4a Satz 1 SGB V der Bewertungsausschuss Kriterien zur Verteilung der Gesamtvergütungen nach § 85 Abs. 4 SGB V, insbesondere zur Festlegung der Vergütungsanteile für die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung sowie für deren Anpassung an solche Veränderungen der vertragsärztlichen Versorgung, die bei der Bestimmung der Anteile der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung an der Gesamtvergütung zu beachten sind; er bestimmt ferner, erstmalig bis zum 29. Februar 2004, den Inhalt der nach § 85 Abs. 4 Satz 4, 6, 7 und 8 SGB V zu treffenden Regelungen.
Der Bewertungsausschuss ist seinen Regelungsverpflichtungen nach § 85 Abs. 4a SGB V u. a. durch den Beschluss in seiner 93. Sitzung am 29. Oktober 2004 zur Festlegung von Regelleistungsvolumen durch die Kassenärztlichen Vereinigungen gemäß § 85 Abs. 4 SGB V mit Wirkung zum 1. Januar 2005 (Deutsches Ärzteblatt 101, Ausgabe 46 vom 12.11.2004, Seite A-3129 = B-2649 = C-2525) (im Folgenden: BRLV) nachgekommen. Darin bestimmt er, dass Regelleistungsvolumen gemäß § 85 Abs. 4 SGB V arztgruppenspezifische Grenzwerte sind, bis zu denen die von einer Arztpraxis oder einem medizinischen Versorgungszentrum (Arzt-Abrechnungsnummer) im jeweiligen Kalendervierteljahr (Quartal) erbrachten ärztlichen Leistungen mit einem von den Vertragspartnern des Honorarverteilungsvertrages (ggf. jeweils) vereinbarten, festen Punktwert (Regelleistungspunktwert) zu vergüten sind. Für den Fall der Überschreitung der Regelleistungsvolumen ist vorzusehen, dass die das Regelleistungsvolumen überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten (Restpunktwerten) zu vergüten ist (III.2.1 BRLV). Für die Arztpraxis oder das medizinische Versorgungszentrum, die bzw. das mit mindestens einer der in Anlage 1 genannten Arztgruppen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, sind im Honorarverteilungsvertrag nachfolgende Regelleistungsvolumen zu vereinbaren, für die dieser Beschluss die Inhalte der Regelungen vorgibt (III.3.1 Abs. 1 BRLV). Die in 4. aufgeführten Leistungen, Leistungsarten und Kostenerstattungen unterliegen nicht den Regelleistungsvolumen (III.3.1 Abs. 4 BRLV).
Die Kammer sieht in diesen Bestimmungen eine verbindliche Vorgabe des Bewertungsausschusses. Dies hat die Kammer bereits für die von der Beklagten vorgenommene und gegen die Vorgaben des Bewertungsausschusses verstoßende Einbeziehung von Dialyseleistungen in die Regelleistungsvolumina festgestellt (vgl. Urteil der Kammer vom 26.09.2007 - S 12 KA 822/06 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris). Die hiergegen eingelegte Berufung hat das Landessozialgericht zurückgewiesen (LSG Hessen, Urt. v. 23.04.2008 - L 4 KA 69/07 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris, Revision anhängig - B 6 KA 31/08 -). Es hat im Einzelnen dargelegt, dass ein Honorarverteilungsvertrag nach der gesetzlichen Fiktion des § 85 Abs. 4 Satz 10 SGB V aus einem Beschlussteil und dem zwischen den Vertragspartnern vereinbarten Teil besteht, dass im Falle einer divergenten Regelung den bundeseinheitlichen Beschlussregelungen des Bewertungsausschusses der Vorrang zu kommt und dass die Vertragspartner des Honorarverteilungsvertrags an die Beschlussregelungen des Bewertungsausschusses in der Weise gebunden sind, dass sie rechtswirksam keine abweichende Regelung treffen konnten. Dem folgt die Kammer vollumfänglich.
In der Anlage 1 BRLV werden unter den Arztgruppen, für die Arztgruppentöpfe gemäß III.1. BRLV und Regelleistungsvolumen gemäß III.3.1 BRLV berechnet werden, die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten genannt. Daneben werden auch "andere ausschließlich psychotherapeutisch tätige Vertragsärzte, Psychologische Psychotherapeuten" genannt, wobei im Honorarverteilungsvertrag weitere Differenzierungen oder Zusammenfassungen der im BRLV aufgeführten Arztgruppen vereinbart werden können (Anlage 1 zum Teil III Abs. 2 BRLV). Im HVV wird von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht und wird entsprechend die Honorar(unter)gruppe B 2.25 "Psychotherapeutisch tätige Ärzte, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (VfG 55-01, 56, 71, 72, 83-81, 84, 85-21, 85-95, 86 81)" gebildet und werden für "Ausschließlich psychotherapeutisch tätige Vertragsärzte, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten" gemäß der Anlage zu Ziff. 6.3 HVV die im Widerspruchsbescheid genannten Fallpunktzahlen vorgegeben.
Mit dem GMG hat der Gesetzgeber die bisher als Soll-Vorschrift ausgestaltete Regelung zu den Regelleistungsvolumina verbindlich vorgegeben. Dadurch soll erreicht werden, dass die von den Ärzten erbrachten Leistungen bis zu einem bestimmten Grenzwert mit festen Punktwerten vergütet werden und den Ärzten insoweit Kalkulationssicherheit hinsichtlich ihrer Praxisumsätze und -einkommen gegeben wird. Leistungen, die den Grenzwert überschreiten, sollen mit abgestaffelten Punktwerten vergütet werden; damit soll zum einen der Kostendegression bei steigender Leistungsmenge Rechnung getragen werden, zum anderen soll der ökonomische Anreiz zur übermäßigen Mengenausweitung begrenzt werden (vgl. BT-Drs. 15/1170, S. 79).
Regelleistungsvolumina dienen damit der Kalkulationssicherheit bei der Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen (vgl. Engelhard in: Hauck/Haines, SGB V, Kommentar, § 85, Rn. 256a f.; Freudenberg in: jurisPK-SGB V, Online-Ausgabe, Stand: 26.02.2008, § 85, Rn. 164). Zum anderen haben sie aufgrund des Zwecks, der Kostendegression bei steigender Leistungsmenge Rechnung zu tragen als auch den ökonomischen Anreiz zur Ausweitung der Leistungsmenge zu verringern, auch den Charakter von Honorarbegrenzungsmaßnahmen (vgl. Engelhard, ebd.). Nach Auffassung der Kammer steht aber angesichts der gesetzgeberischen Vorgaben der Gesetzeszweck der Kalkulationssicherheit im Vordergrund, insbesondere auch im Hinblick auf eine begrenzte Gesamtvergütung bei insgesamt steigenden Leistungsanforderungen.
Soweit die HVV-Vertragsparteien bei der Festsetzung der Fallpunktzahlen abweichend von der Anlage 2 BRLV den Referenzzeitraum auf das 1. Halbjahr 2004 beschränkt haben – nach der Anlage 2 ist der arztgruppenspezifische Leistungsbedarf in Punkten im Zeitraum vom 2. Halbjahr 2003 bis zum 1. Halbjahr 2004 zu ermitteln -, sieht die Kammer dies unter Zurückstellung erheblicher Bedenken für gerade noch vom Gestaltungsspielraum der HVV-Vertragsparteien als gedeckt an. Insofern kann eine Ermächtigung hierfür in Abschnitt III.3.1 Abs. 3 BRLV gesehen werden, wonach die HVV-Vertragsparteien zur Sicherstellung einer ausreichenden medizinischen Versorgung Anpassungen der Regelleistungsvolumen vornehmen können. Der Beschluss des Bewertungsausschusses in seiner 112. Sitzung hat zudem, allerdings erst mit Wirkung zum 01.04.2006, in einer angefügten Fußnote 2 klargestellt, dass die Formel zur Ermittlung der KV-bezogenen, arztgruppenspezifischen Fallpunktzahl im Einvernehmen der Partner der Honorarverteilungsverträge modifiziert werden und ein abweichendes Verfahren zur Festlegung des arztgruppenspezifischen Leistungsbedarfs vereinbart werden kann.
Die Vertragsparteien des HVV haben aber verkannt, dass für die Bemessung des Regelleistungsvolumens zwischen den Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und den anderen ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzten und Psychologischen Psychotherapeuten solche Unterschiede bestehen, die eine unterschiedliche Behandlung gebieten. Insofern verstoßen die einheitlichen Fallpunktzahlen in der Anlage zu Ziff. 6.3 HVV gegen das Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Zudem ermächtigt Abschnitt III.3.1 Abs. 3 BRLV die HVV-Vertragsparteien, zur Sicherstellung einer ausreichenden medizinischen Versorgung Anpassungen der Regelleistungsvolumen vorzunehmen. Im Hinblick auf die signifikanten Unterschiede zwischen den Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und den anderen ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzten, was sogleich im Einzelnen erläutert wird, waren die HVV-Vertragsparteien verpflichtet, hiervon Gebrauch zu machen.
Bei der Ausgestaltung der Honorarverteilungsregelungen ist ein Gestaltungsspielraum eröffnet. Die Gestaltungsfreiheit ist eine Ausprägung des mit Rechtsetzungsakten der Exekutive typischerweise verbundenen normativen Ermessens. Dieses wird erst dann rechtswidrig ausgeübt, wenn die getroffene Regelung in Anbetracht des Zwecks der Ermächtigung schlechterdings unvertretbar oder unverhältnismäßig ist. Allerdings sind bei der Wahrnehmung des Gestaltungsspielraums die gesetzlichen Vorgaben insbesondere in § 85 Abs. 4 ff. SGB V - sowie die Anforderungen des Verfassungsrechts zu beachten, die vor allem in dem aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitenden Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit konkretisiert worden sind (vgl. BSG, Urt. v. 29.08.2007 - B 6 KA 2/07 R - juris Rdnr. 15). Dies bedeutet zwar nicht, dass gleiche Leistungen stets gleich vergütet werden müssten. Das Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit stellt nur einen Grundsatz dar, von dem aus sachlichem Grund abgewichen werden darf (vgl. BSG, Urt. v. 22.06.2005 - B 6 KA 5/04 R - SozR 4 2500 § 85 Nr. 17 = GesR 2005, 567 = USK 2005-104, juris Rdnr. 18).
Innerhalb der klägerischen Honorar(unter)gruppe fallen, da die genehmigungspflichtigen Psychotherapieleistungen in das Regelleistungsvolumen nicht einbezogen werden, insbesondere die Ordinationsgebühr und die probatorischen Sitzungen. Die Ordinationsgebühr fällt regelmäßig einmal im Quartal pro Behandlungsfall an, die nach Ziffer 35150 EBM 2005 mit 1.495 Punkten bewertete probatorische Sitzung erbringt ein Psychologischer Psychotherapeut 0,62-mal und ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut 0,84-mal pro Behandlungsfall im Quartal. Damit fallen durchschnittlich 927 bzw. 1.226 Punkte pro Behandlungsfall im Quartal an. Der Ordinationskomplex für ärztliche und psychologische Psychotherapeuten beträgt nach Ziffer 23210 bis 23212 EBM 2005 jeweils 120 Punkte für alle Altersklassen, dem gegenüber beträgt der Ordinationskomplex für Kinder- und Jungendlichenpsychotherapeuten nach Ziffer 23214 EBM 2005 für alle Altersklassen 510 Punkte. Soweit diese Leistung im Regelfall für jeden Patienten annähernd erbracht wird, fallen bei Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten vorneweg 390 Punkte pro Behandlungsfall mehr an, ohne dass dies bei den Fallpunktzahlen zum Ausdruck kommt. Im Einzelnen folgen hieraus folgende Relationen:
Kinder- und Jungendlichenpsycho-therapeuten
Ausschließlich psychotherapeutisch tätige Vertragsärzte, Psychologi-sche Psychotherapeuten
1 Ordinationskomplex 510 120
2 Probatorischen Sitzungen 1.226 927
3 Summe 1.736 1.047
Regelleistungsvolumen
4 Altersgruppe 6-59 PK/EK 1.054/1.166 1.054/1.166
5 Altersgruppe 0-5 1.050/956 1.050/956
6 Altersgruppe ) 60 1.054/1.065 1.054/1.065
Verhältnis Zeile 3 zu 4 in % 165/148 99/90
Verhältnis Zeile 3 zu 5 in % 165/182 100/109
Verhältnis Zeile 3 zu 6 in % 165/163 99/98
Im Ergebnis bedeutet dies, dass – unter Vernachlässigung weiterer Leistungen, insb. der für alle Behandler gleich bewerteten Leistungen nach Ziffer 23214 (Konsultationskomplex), Ziffer 23220 (Psychotherapeutisches Gespräch als Einzelbehandlung) und der Leistungen nach Ziffer 35100 bis 35142 EBM 2005 - statistisch die Gruppe der Kinder- und Jungendlichenpsychotherapeuten das Regelleistungsvolumen immer um mindestens 48 bis 82 % überschreiten, wobei in der Hauptgruppe der 6 bis 18 Jahre alten Versicherten die Überschreitung 65 % im Primär- und 48 % im Ersatzkassenbereich beträgt, während die Gruppe der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzte und Psychologischen Psychotherapeuten rechnerisch lediglich in der Altersgruppe der 0 bis 5 Jahre alten Versicherten das Regelleistungsvolumen um 9 % überschreitet. Zu beachten ist ferner, das das Regelleistungsvolumen – unter Vernachlässigung der sog. Transkodierung, also unter Berücksichtigung der Neufassung des EBM - auf dem Leistungsbedarf von lediglich 80 % im Referenzzeitraum beruht (vgl. Anlage 2 BRLV), also rechnerische Überschreitungen des Regelleistungsvolumens von 25 % systemimmanent bereits angelegt sind. Dies bedeutet eine Ungleichbehandlung der Kinder- und Jungendlichenpsychotherapeuten und führt insbesondere zur Nichtbeachtung der vom Bewertungsausschuss im EBM festgelegten Höherbewertung des Ordinationskomplexes für die Kinder- und Jungendlichenpsychotherapeuten. Für den Ordinationskomplex und die Probatorischen Sitzungen haben die Kinder- und Jungendlichenpsychotherapeuten von vornherein einen um 66 % erhöhten Leistungsbedarf gegenüber den übrigen Leistungserbringern ihrer Honorar(unter)gruppe, was die Kammer im Hinblick auf die Gleichbehandlung für signifikant hält.
Der Umstand, dass von den 1.390 Psychologischen Psychotherapeuten 80 eine sog. Doppelzulassung als Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und 183 auch die Genehmigung zur Behandlung von Kindern- und Jugendlichen nach den Psychotherapierichtlinien besitzen, folgt keine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung. Im Einzelfall kann hier das Regelleistungsvolumen durch eine Ausnahmegenehmigung ggf. angepasst werden. Die Zusammenführung beider Gruppen beruht nur insoweit auf sachgerechten Erwägungen, als eine einheitliche Honorar(unter)gruppe gebildet wird, was im Übrigen auch im Hinblick auf die genehmigungspflichtigen Leistungen sachgerecht sein kann. Dies führt aber nicht zwangsläufig dazu, dass für alle Teile der Honorar(unter)gruppe gleich große Fallpunktzahlen zu bilden sind.
Die unterschiedliche Bewertung des Ordinationskomplexes bei gleichem Regelleistungsvolumen führt aus den genannten Gründen zu einer Schlechterstellung der Kinder- und Jungendlichenpsychotherapeuten. Die Ziffer 23214 sieht gegenüber den Ziffern 23210 bis 23212 EBM 2005 als fakultativen Leistungsinhalt zusätzlich auch die intensive Beratung zu den therapeutischen, familiären, sozialen oder beruflichen bzw. schulischen Auswirkungen und deren Bewältigung vor. Damit unterstellt der Bewertungsausschuss grundsätzlich, das heißt durchschnittlich einen höheren Leistungsaufwand, was sich im Regelleistungsvolumen wiederfinden muss, da bereits mit der Einbeziehung dieses zusätzlichen Aufwands in eine Komplexziffer eine Budgetierung erfolgt. Es ist nicht ersichtlich, dass die übrigen Psychotherapeuten im Regelfall den gleichen Aufwand haben wie die Kinder- und Jungendlichenpsychotherapeuten. Soweit über den Ordinationskomplex hinaus eine mit dieser Leistungsziffer bereits abgegoltene intensive Beratung notwendig wird, kann dies ggf. über weitere Gesprächsziffern abgerechnet werden, was aber für die gesamte Honorar(unter)gruppe gilt.
Soweit das Regelleistungsvolumen wegen der Herausnahme der genehmigungspflichtigen Psychotherapieleistungen nur einen geringen Teil der Honoraranforderung betrifft, so ändert dies nichts an der Ungleichbehandlung innerhalb der klägerischen Honorar(unter)gruppe.
Vor einer Neubescheidung werden die Vertragsparteien des Honorarverteilungsvertrags eine entsprechende Anpassung der Fallpunktzahlen für die Teilgruppe der Kinder- und Jungendlichenpsychotherapeuten unter Beachtung der unterschiedlichen Bewertung des Ordinationskomplexes vorzunehmen haben. Ferner haben Sie die unterschiedlichen Anforderungen der probatorischen Sitzungen zu berücksichtigen, die offensichtlich der unterschiedlichen Patientenschaft beider Teilgruppen der Honorar(unter)gruppe geschuldet sind. Soweit darüber hinaus signifikante Unterschiede bei den übrigen in das Regelleistungsvolumen einbezogenen Leistungen bestehen, die sachlichen Gesichtspunkten geschuldet sind, kann dies ebf. berücksichtigt werden. Im Rahmen einer Neubescheidung hat die Beklagte diese Erwägungen dann im Einzelnen zu erläutern.
Die Kammer hat auch noch nicht entschieden, dass das Regelleistungsvolumen für die klägerische Honorar(unter)gruppe richtig berechnet sei. Das Urteil der Kammer v. 27.08.2008 - S 12 KA 424/07 – (Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 76/08 -) betraf eine Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie- und –psychotherapie.
Auf die gänzliche Herausnahme der probatorischen Sitzungen aus dem Regelleistungsvolumen besteht kein Anspruch. Dies sieht Abschnitt III.4.1 und III.4.2. BRLV nicht vor. Die Kammer hält dies nicht für rechtswidrig.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, von der hier abzuweichen die Kammer keine Veranlassung sieht, war der Bewertungsausschuss nicht verpflichtet, in der ihm obliegenden Normierung von Vorgaben für eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit eine Punktwertstützung auch für die probatorischen Sitzungen nach Nr. 870 EBM a. F. vorzusehen. Der Bewertungsausschuss ist zwar grundsätzlich befugt, inhaltliche Vorgaben für die angemessene Honorierung psychotherapeutischer Leistungen auch für diejenigen Leistungen festzulegen, die nur zeitgebunden und nicht genehmigungsbedürftig sind. Andererseits ist es dem Bewertungsausschuss aber nicht verwehrt, sich darauf zu beschränken, eine Punktwertstützung nur für diejenigen Leistungen vorzugeben, die sowohl zeitgebunden als auch genehmigungsbedürftig sind (vgl. BSG, Urt. v. 29.08.2007 - B 6 KA 35/06 R - juris Rdnr. 10 ff.). Soweit es aber an einer rechtlichen Vorgabe für einen bestimmten Punktwert fehlt, besteht kein Hindernis, diese Leistungen in das Regelleistungsvolumen einzubeziehen.
Soweit das Bundessozialgericht zunächst in einem obiter dictum der Auffassung war, es sei aber zu beachten, dass die probatorischen Sitzungen zum Kern des Leistungsspektrums der Psychotherapeuten gehörten und bei ihnen deshalb ein beliebiger Punktwertabfall auf Dauer nicht hingenommen werden dürfe (vgl. BSG, Urt. v. 29.08.2007 - B 6 KA 35/06 R - juris Rdnr. 17), so betrifft dies die hier nicht streitgegenständliche Honorierung der probatorischen Sitzungen. Das Bundessozialgericht hat nunmehr diese Rechtsprechung fortgeführt und aus dieser zentralen Funktion der probatorischen Sitzungen gefolgert, dass die Kassenärztliche Vereinigung im Rahmen der ihr - ab 01.07.2004 gemeinsam mit den Verbänden der Krankenkassen - obliegenden Ausgestaltung der Honorarverteilungsregelungen für eine substanzielle Honorierung dieser Leistungen sorgen müsse. Die für eine sachgerechte psychotherapeutische Versorgung in der einzelnen Praxis notwendige Mindestzahl an probatorischen Sitzungen müsse deshalb so honoriert werden, dass - erforderlichenfalls nach Anwendung von Mengenbegrenzungsregelungen o. Ä. - jedenfalls die Hälfte des ursprünglich zur Kalkulation herangezogenen Punktwerts von 10 Pfennig (d. h. 2,56 Cent) für solche Leistungen nicht unterschritten werde (vgl. BSG, Urt. v. 28.05.2008 - B 6 KA 9/07 R - juris Rdnr. 64 f.).
Eine zwingende Herausnahme aus dem Regelleistungsvolumen folgt aus dieser Rechtsprechung nicht. Das Bundessozialgericht verweist selbst auf Mengenbegrenzungsregelungen. Die Honorarhöhe wird insofern maßgeblich auch vom Punktwert bestimmt. Ob die Honorarverteilungsregelungen der Beklagten diesen Anforderungen genügen, ist ggf. in einem Verfahren bzgl. der Anfechtung der Honorarbescheide nachzuprüfen. Streitgegenstand dieses Verfahrens ist aber ausschließlich die Frage der Zuerkennung des Regelleistungsvolumens und nicht die Frage der ordnungsgemäßen Honorierung.
Im Übrigen besteht auch ein Anspruch auf eine Ausnahmegenehmigung.
Nach der Ermächtigung in Ziff. 6.3 HVV ist der Vorstand verpflichtet, bei Vorliegen von Sicherstellungsgründen sein Ermessen im Hinblick auf eine Sonderregelung auszuüben. Dies hat die Beklagte verkannt. Nach Auffassung der Kammer liegt ein Ausnahmefall vor und musste die Beklagte daher von ihrem Ermessen Gebrauch machen.
Wann ein solcher Ausnahmefall aus Gründen der Sicherstellung der ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung vorliegt, wird weder im HVV noch im Beschluss des Bewertungsausschusses noch in den gesetzlichen Regelungen bestimmt und ist daher durch Auslegung zu konkretisieren.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), von der abzuweichen die Kammer hier keine Veranlassung sieht, darf der Vorstand einer Kassenärztlichen Vereinigung, was nach Auffassung der Kammer auch unter Geltung eines Honorarverteilungsvertrags gilt, außer zu konkretisierenden Bestimmungen, die nicht im voraus für mehrere Quartale gleichbleibend festgelegt werden können, auch dazu ermächtigt werden, Ausnahmen für sog. atypische Fälle vorzusehen. Es ist eine typische Aufgabe des Vorstandes, zu beurteilen, ob sog. atypische Fälle die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Freistellung von Obergrenzen erfüllen. Dabei beschränkt sich die Kompetenz des Vorstandes nicht auf die Statuierung von Ausnahmen für "echte Härten", vielmehr müssen sie generell für atypische Versorgungssituationen möglich sein (vgl. BSG, Urt. v. 03.03.1999 - B 6 KA 15/98 R – SozR 3-2500 § 85 Nr. 31 = MedR 2000, 153, juris Rn. 36; BSG, Urt. v. 21.10.1998 - B 6 KA 65/97 R - SozR 3-2500 § 85 Nr. 27, juris Rn. 23). So hat das BSG eine vom Vorstand getroffene Sonderregelung für spezialisierte Internisten nicht beanstandet. Die Entscheidung, dass bei den Internisten, die eine Teilgebietsbezeichnung führten und deren spezielle Leistungen (einschließlich Folgeleistungen) 30 % der Gesamthonoraranforderung ausmachten, diese Leistungen herausgerechnet werden und dass diejenigen, deren spezialisierte Leistungen sogar 50 % der Gesamthonoraranforderung ausmachten, gänzlich von der Teilquotierung freigestellt werden, enthalte Schematisierungen, die nicht als sachwidrig beanstandet werden könnten. Derartige mit scharfen Grenzziehungen einhergehende Härten seien wie z.B. auch für Stichtagsregelungen anerkannt - hinzunehmen, solange sie nicht im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung willkürlich seien (vgl. BSG, Urt. v. 03.03.1999 - B 6 KA 15/98 R – aaO., Rn. 36). Eine Generalklausel könne z.B. zur Anwendung kommen, wenn sich überraschend Änderungen der Versorgungsstruktur in einer bestimmten Region ergeben, weil etwa einer von wenigen Vertragszahnärzten in einer Stadt unvorhergesehen aus der vertragszahnärztlichen Versorgung ausgeschieden sei. Die von diesem Zahnarzt bisher behandelten Patienten müssten dann kurzfristig auf andere Zahnarztpraxen ausweichen, was zwangsläufig zu einer von diesen Praxen nur eingeschränkt steuerbaren Erhöhung der Zahl der dort behandelten Patienten führen werde. Vergleichbares gelte für die Änderung der Behandlungsausrichtung einer zahnärztlichen Praxis im Vergleich zum Bemessungszeitraum, etwa wenn sich ein bisher allgemein zahnärztlich tätiger Vertragszahnarzt auf oral-chirurgische Behandlungen konzentriert und deshalb höhere Fallwerte erreiche (vgl. BSG, Urt. v. 21.10.1998 - B 6 KA 65/97 R – aaO. Rn. 23). Darauf reagierende Differenzierungen hinsichtlich der Festlegung der individuellen Bemessungsgrundlage seien nicht nur dann geboten, wenn ihr Unterlassen zur Existenzgefährdung zahnärztlicher Praxen führen würde. Ein Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass sich auf eine Verletzung des Gebotes der Honorarverteilungsgerechtigkeit nur solche Vertrags(zahn)ärzte berufen können, bei denen die Anwendung der jeweils angegriffenen Honorarverteilungsregelung zu existenzbedrohenden Konsequenzen führen könnte, ist dem Vertrags(zahn)arztrecht fremd (vgl. BSG, Urt. v. 21.10.1998 B 6 KA 65/97 R - aaO. Rn. 25).
Zur Erweiterung von Praxis- und Zusatzbudgets gemäß Nr. 4.3 der Allgemeinen Bestimmungen A I., Teil B, EBM 1996 im Einzelfall zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs hat das BSG zur Auslegung des Begriffs "besonderer Versorgungsbedarf" entschieden, dass der besondere Versorgungsbedarf eine im Leistungsangebot der Praxis tatsächlich zum Ausdruck kommende Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Praxisausrichtung voraussetze, die messbaren Einfluss auf den Anteil der im Spezialisierungsbereich abgerechneten Punkte im Verhältnis zur Gesamtpunktzahl der Praxis habe. Dies erfordere vom Leistungsvolumen her, dass bei dem Arzt das durchschnittliche Punktzahlvolumen je Patient in dem vom Budget erfassten Bereich die Budgetgrenze übersteige und zudem, dass bei ihm im Verhältnis zum Fachgruppendurchschnitt eine signifikant überdurchschnittliche Leistungshäufigkeit vorliegt, die zwar allein noch nicht ausreiche, aber immerhin ein Indiz für eine entsprechende Spezialisierung darstelle (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 22.03.2006 - B 6 KA 80/04 R - SozR 4-2500 § 87 Nr. 12 = GesR 2006, 363, juris Rn. 15 m.w.N.). Zu Erweiterungen der Zusatzbudgets nach den Allgemeinen Bestimmungen A I. Teil B Nr. 4.3 EBM 1996 hat das BSG ebf. entschieden, dies setze voraus, dass im Leistungsangebot der betroffenen Praxis eine Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Ausrichtung zum Ausdruck komme, die messbaren Einfluss auf den Anteil der auf den Spezialisierungsbereich entfallenden abgerechneten Punkte auf die Gesamtpunktzahl der Praxis habe (vgl. BSG, Urt. v. 02.04.2003 - B 6 KA 48/02 - SozR 4-2500 § 87 Nr. 1, juris Rn. 23; BSG, Urt. v. 02.04.2003 – B 6 KA 48/02 R – SozR 3-2500 § 87 Nr. 31, juris Rn. 26 f.).
Die Beurteilung, ob ein Ausnahmefall vorliegt, unterliegt der uneingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Der Beklagten steht insoweit kein – der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher – Beurteilungsspielraum zu. Es gelten dieselben Erwägungen wie zu den Ausnahmen von der Teilbudgetierung nach Nr. 4 der Weiterentwicklungsvereinbarung vom 7. August 1996 (vgl. dazu BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 26) und der Erweiterung der Praxis- und Zusatzbudgets (vgl. dazu BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 31).
Ausgehend hiervon hält die Kammer zunächst die Ermächtigung des Vorstands der Beklagten für rechtmäßig. Die Kammer vermag aber keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Höhe des Honorars und Umfang des Regelleistungsvolumens zu erkennen. Die Fallpunktzahlen werden, KV-bezogen und nach Altersgruppen, anhand des artgruppenspezifischen Leistungsbedarfs in Punkten in den Quartalen III/03 bis II/04 bzw. von den HVV-Vertragsparteien in den Quartalen I und II/04 und der Fallzahl berechnet. Der so ermittelte Fallwert für die in die Regelleistungsvolumina einbezogenen Leistungen wird mit dem Faktor 0,8 malgenommen, d. h. um 20 % vermindert (vgl. Anlage 2 zum Teil III BRLV). Im Ergebnis bedeutet dies, dass jeder Vertragsarzt nicht eigene Durchschnittswerte, sondern die seiner Honorargruppe zuerkannt bekommt. Damit gehen die Honorarregelungen von einem gleichförmigen Leistungsgeschehen aus, was im Grundsatz, da auf die Fachgruppen abgestellt wird, nicht zu beanstanden ist. Eine Ungleichbehandlung und damit ein Verstoß gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit kann jedoch dann vorliegen, wenn die Praxis ein zur Fachgruppe atypischen Versorgungsbedarf abdeckt. Dies ist aber unabhängig von der Honorarhöhe oder evtl. erfolgten Ausgleichszahlungen nach Ziff. 7.5 HVV. Maßstab ist allein, wie bereits ausgeführt, ob im Leistungsangebot der betroffenen Praxis eine Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Ausrichtung zum Ausdruck komme, die messbaren Einfluss auf den Anteil der auf den Spezialisierungsbereich entfallenden abgerechneten Punkte auf die Gesamtpunktzahl der Praxis hat. Die Kammer hält es auch für unzulässig, den Vertragsarzt von vornherein darauf zu verweisen, er könne auf seine Spezialisierung verzichten. In der Konsequenz kann dies bedeuten, dass Spezialisierungen mit besonderen Praxisschwerpunkten nicht mehr gebildet werden können mit der weiteren Konsequenz, dass diese Leistungen nicht oder in nur ungenügendem Umfang erbracht werden. Auch unter einer sog. gedeckelten Gesamtvergütung hat das Honorar grundsätzlich der Leistung nachzufolgen und sich das Leistungsgeschehen nicht, zumindest nicht vordringlich an den Honoraranreizen zu orientieren.
Soweit die Honorarausstattung der einzelnen Honorar(unter)gruppen auf Basis der tatsächlich in den jeweiligen Quartalen des Jahres 2004 erfolgten Honorarzahlungen erfolgt, sodass in der Ermittlung der maßgeblichen RLV-Fallpunktzahlen das von der Arzt-/Fachgruppe abgerechnete Honorarvolumen für die hier streitigen Leistungen einbezogen ist, kann im Rahmen des Grundsatzes der Gleichbehandlung nur maßgebend sein, ob hier eine normale Streuung in der Fachgruppe vorhanden ist oder die Einzelpraxis signifikant hiervon abweicht.
Der Beklagten mag zwar zuzugestehen sein, dass im Ergebnis die Anwendung der Ziff. 7.5 HVV, deren Inhalt und Rechtmäßigkeit nicht Gegenstand dieses Verfahrens war, die Bedeutung des Umfangs des Regelleistungsvolumens verringern, da Ziff. 7.5 HVV wesentlich an den individuellen Fallwerten des Vorjahresquartals anknüpft und auf dieser Grundlage Honorarveränderungen im Bereich von mehr als 5 % nach oben oder unten weitgehend nivelliert. Die Ausnahmeregelung im HVV sieht aber eine solche Verknüpfung zur Regelung nach Ziff. 7.5 HVV nicht vor, sondern ist vielmehr gerade Ausdruck des Gleichbehandlungsgebots, nach dem Ungleiches nicht gleich behandelt werden darf. Im Übrigen verliert die Honorarverteilung an Transparenz und Akzeptanz, wenn Unterschiede im Leistungsgeschehen nicht mehr adäquat erfasst werden.
Bei Feststellung der Sicherstellungsgründe kommt es nicht allein auf die Versorgung im Umkreis einer Praxis an. Maßgebend für die hier strittige Ausnahmeregelung ist der Versorgungsschwerpunkt der Praxis. Mit der Erbringung der Leistungen wird zunächst der Bedarf dokumentiert, soweit eine Fehlabrechnung oder Unwirtschaftlichkeit ausgeschlossen werden kann. Der mit einer Spezialisierung einhergehende vermehrte Zulauf von Patienten mit bestimmten Krankheitsbildern kann gerade auch Ausdruck der Qualität und des Rufs der Praxis sein.
Allerdings ist andererseits zu berücksichtigen, dass nicht jede im Vergleich zur Fachgruppe vermehrte Erbringung von Einzelleistungen oder Leistungsgruppen oder Spezialisierung einen Ausnahmefall begründen kann, da dann die Regelleistungsvolumina ihren Zweck der Kalkulationssicherheit nicht mehr erreichen könnten. § 85 Abs. 4 und 4a SGB V gibt keine Vorgabe für differenzierte Ausnahmen und gibt insoweit die Tendenz der Nivellierung des Leistungsgeschehens vor. Von daher ist es auch nicht zu beanstanden, dass weder der Bewertungsausschuss noch der HVV ein den die früheren Praxisbudgets ergänzenden Zusatzbudgets vergleichbares Instrumentarium vorsehen. Auch wird im Regelfall ein Ausnahmetatbestand nicht vorliegen, wenn generell in allen oder vielen Leistungsbereichen ein gegenüber der Fachgruppe erhöhtes Leistungsvolumen abgerechnet wird, da insoweit die Regelleistungsvolumina auch der Leistungsbegrenzung dienen. Eine generelle Festlegung, wann ein Ausnahmefall vorliegt, kann aber, da es sich um eine Regelung für atypische Einzelfälle handelt, nicht getroffen werden.
Es liegt im Fall der Klägerin aber aufgrund der Neuniederlassung ein Ausnahmefall, der ein Abweichen vom festgesetzten Regelleistungsvolumen rechtfertigt, vor. Die Klägerin hat zutreffend darauf hingewiesen, dass bei neuen Patienten vermehrt Gesprächs- bzw. Beratungsleistungen und Leistungen der Diagnostik anfielen.
Die Kammer hat bereits für eine Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie- und psychotherapie entschieden, dass jedenfalls für diese Fachgruppe, die einen Großteil der Patienten über mehrere Quartale hinweg behandelt und im Wesentlichen eine Behandlung mit zeitintensiven Leistungen vornehmen muss, eine Besonderheit vorliegt. Praxisanfänger müssten sich erst einen Patientenstamm aufbauen. Vor einer evtl. medikamentösen Behandlung und Einstellung bedürfe es gerade auch im Hinblick auf das Alter der Patienten einer sorgfältigen Abklärung. Für die ersten Quartale benötigten Praxisanfänger der Fachgruppe der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie- und psychotherapie daher vermehrt Leistungen nach der Ziffer 14220 EBM 2005. Unter Einrechnung des Ordinations- und Konsultationskomplexes von zusammen 605 Punkten verblieben einer Praxis der Fachgruppe der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie- und –psychotherapie etwa 1.500 Punkte, unter Einrechnung des Umstandes, dass das Regelleistungsvolumen nur 80 % des Durchschnitts betrage, noch ca. 2.000 Punkte. Damit könne die mit 345 Punkten je vollendete 10 Minuten bewertete Leistung nach Ziffer 14220 EBM 2005 (kinder- und jugendpsychiatrisches Gespräch, kinder- und jugendpsychiatrische Behandlung, Beratung, Erörterung und/oder Abklärung) nur höchsten etwa sechsmal im Durchschnitt abgerechnet werden. Das bedeute, dass eine regelleistungsvolumenkonforme Behandlung nur im Durchschnitt eine einstündige Behandlung im Quartal zulasse. Die insoweit fachkundig mit einem Arzt für Allgemeinmedizin und einem Psychotherapeuten besetzte Kammer halte dies jedenfalls für die erste Zeit für unzureichend. Die Kammer gehe dabei davon aus, dass für den Aufbau der Praxis, nach dessen Abschluss möglicherweise das Regelleistungsvolumen ausreichend sei, ein Zeitraum von acht Quartalen benötigt werde. Für das erste Quartal dürfe eine Beschränkung nicht erfolgen, für die Folgequartale, also das zweite bis achte Quartal, sei das Regelleistungsvolumen zu verdoppeln. Diese Größen habe die Kammer aufgrund des ärztlichen und psychotherapeutischen Erfahrungswissens gegriffen, um eine Begrenzung des Leistungsvolumens vorzugeben. Die Kammer weise vorsorglich darauf hin, dass dies nicht für alle Praxisanfänger gelte, sondern der besonderen Situation der Fachgruppe der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie- und psychotherapie bzw. deren Patientenschaft geschuldet sei. Auf dieser Grundlage werde die Beklagte die Klägerin hinsichtlich einer Sonderregelung für das Regelleistungsvolumen neu zu bescheiden haben (SG Marburg, Urt. v. 27.08.2008 S 12 KA 424/07 –, Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 76/08 ).
Die Kammer hat ferner für eine Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin, die ihren Praxissitz innerhalb Hessens verlegt hatte, dass diese aufgrund der räumlichen Entfernung zu ihrem früheren Praxissitz wie eine neu niedergelassene Psychotherapeutin zu behandeln sei und dass für diese Berufsgruppe ebf. nach Neuniederlassung ein Ausnahmefall vorliege. Die Kammer hat darin ausgeführt, gerade für die probatorischen Sitzungen bei Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten gelte ebf., dass diese vermehrt in den ersten Quartalen einer neu gegründeten Praxis anfielen. Die probatorische Sitzung nach Ziffer 35150 EBM 2005 sei mit 1.495 Punkten bewertet. Sie könne jeweils bis zu fünf bzw. acht Sitzungen (Abschnitt E 1.1.1. der Psychotherapie-Richtlinien) abgerechnet werden. Eine Mischkalkulation mit den bereits in Psychotherapie übernommenen Behandlungsfällen sei am Anfang einer Praxistätigkeit nicht bzw. nur begrenz möglich. Zu berücksichtigen sei ferner für Psychotherapeuten, dass die Fallzahlen sehr gering seien und dass insofern einzelne Behandlungsfälle viel stärker ins Gewicht fielen. Die Kammer halte es daher für angemessen, dass im ersten Abrechnungsquartal nach Niederlassung bzw. Neuniederlassung eine Beschränkung nicht erfolgen dürfe, d. h., dass die Leistungen nach Ziffer 35150 EBM 2005 aus dem Regelleistungsvolumen herauszurechnen seien. Für die Folgequartale, also das zweite bis achte Quartal, sei das Regelleistungsvolumen zu verdoppeln. Diese Größen habe die Kammer aufgrund ihres ärztlichen Erfahrungswissens gegriffen, um eine Begrenzung des Leistungsvolumens vorzugeben. Die Kammer weise erneut vorsorglich darauf hin, dass dies nicht für alle Praxisanfänger gelte, sondern der besonderen Situation der Fachgruppe der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Psychotherapeuten und insbesondere der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten bzw. deren Patientenschaft geschuldet sei. Dies werde die Beklagte bei Neubescheidung der Klägerin hinsichtlich einer Sonderregelung für das Regelleistungsvolumen ebf. zu beachten haben (vgl. SG Marburg, Urt. v. 22.10.2008 - 12 KA 235/07 -, Berufung anhängig: LSG Hessen L 4 KA 117/08 - ).
An dieser Rechtsprechung hält die Kammer nach erneuter Überprüfung fest. Bei einer Neubescheidung wird die Beklagte daher ferner für das erste Abrechnungsquartal (III/06) die Leistungen nach Ziffer 35150 EBM 2005 aus dem Regelleistungsvolumen herauszurechnen und für die Folgequartale, also das zweite bis achte Quartal, das Regelleistungsvolumen zu verdoppeln haben.
Nach allem war der Klage stattzugeben und wird die Beklagte die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Streitwertsetzung erfolgte auf den gesetzlichen Grundlagen.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Ein unmittelbarer wirtschaftlicher Wert kann dem Klagebegehren nicht zugeordnet werden, weshalb von dem Regelstreitwert als Streitwert auszugehen war. Dies ergab den festgesetzten Wert.
2. Die Beklagte hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um eine Sonderregelung für das Regelleistungsvolumen ab dem Quartal III/06.
Die Klägerin ist als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin seit 01.07.2006 zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen. Die Praxis gehört der Honorar(unter)gruppe B 2.25 nach dem Honorarverteilungsvertrag der Beklagten an und ist abrechnungstechnisch der Fachgruppe/Arztgruppe VfG 84-93 zugeordnet. Die Beklagte setzte in den Quartalen III/06 bis III/07 das Honorar der Klägerin wie folgt fest:
Quartal III//06 IV/06 I/07 II/07 III/07
Honorarbescheid v. 16.03.2007 17.04.2007 17.07.2007 17.10.2007 17.01.2008
Bruttohonorar PK + EK in EUR 9.569,16 26.823,08 27.712,68 26.976,87 25.656,68
Fallzahl PK + EK 42 48 53 48 53
Anzahl der Leistungen nach
Ziff. 35130 (Bericht Kurzzeitth., 710 P.) 10 9 - - -
Ziff. 35131 (Bericht Langzeitth., 1.420 P.) 12 9 1 5 8
Ziff. 35140 (Biographische Anamnese, 1.310 P.) 32 13 8 6 14
Ziff. 35141 (Zuschlag, 475 P.) 33 13 7 5 8
Ziff. 35150 (Probat. Sitzung 1.495 P.) 109 57 23 35 22
Regelleistungsvolumen
Fallzahl 42 48 53 48 53
Fallwert 1.099,9 1.101,3 1.099,0 1.094,4 1.086,8
Praxisbezogenes RLV 46.195,8 52.862,4 58.247,0 52.531,2 57.600,0
Abgerechnetes Honorarvolumen 345.890,0 198.640 117.175,0 100.865,0 134.580,0
Überschreitung 299.694,2 145.776,6 58.928,0 48.333,8 76.979,6
Ziff. 7.5 bzw. § 5 Abs. 4 HVV
Referenz-Fallzahl 14 20 14 48 14
Referenz-Fallwert 26,3593 23,2210 37,0886 32,4800 26,3593
Aktueller Fallwert EUR 64,7993 44,3488 30,4060 31,5854 31,9264
Kürzungsbetrag je Fall EUR 36,8610 20,4175 4,0821 - -
Auffüllbetrag gesamt in EUR 1.548,16 980,04 57,15 - -
Am 28.07.2006 beantragte die Klägerin, ihre Besonderheiten bei der Zuerkennung des Regelleistungsvolumens zu berücksichtigen. Ihr würden pro Patient ca. 1.000 Punkte zugewiesen werden. Die von ihr übernommene Praxis habe zuvor Erwachsene behandelt. Sie habe nur neue Patienten. Mit diesen müsse sie eine umfangreiche Diagnostik durchführen, um eine bestmögliche Therapie anzubieten und einen ausführlichen Bericht an den Gutachter schreiben zu können. Diese Diagnostik umfasse bei Kindern und Jugendlichen in der Regel:
- 5 probatorische Sitzungen zu je 1.450 Punkten
- 1 biographische Anamnese zu 1.310 Punkten
- 1 vertiefte Exploration zu 475 Punkten
- 1 Intelligenz- oder Leistungstest zu ca. 1.680 Punkten
- 2 Fragebogenverfahren zu je ca. 360 Punkten
- 1 Ordinationsgebühr von 500 Punkten
- 6 Ordinationsgebühren von 50 Punkten
- 1 Bericht an den Gutachter von 710 bzw. 1.420 Punkten
Insgesamt seien dies pro Patient ca. 13.000 Punkte. Würden ihr pro Patient bei einem Punktwert von 2,8 Cent lediglich 1.000 Punkte zugewiesen werden, hieße das bei 30 Patienten ein Quartalseinkommen von ca. 840,00 EUR bei Vollzeittätigkeit. Der Verlust für sie als junge Praxis betrage 10.080,00 EUR. Sie bitte daher, innerhalb der ersten Zeit ihr Regelleistungsvolumen auszusetzen.
Mit Bescheid vom 25.09.2006 wies die Beklagte den Antrag zurück. Darin führte sie aus, gemäß den ab 01.04.2005 geltenden Honorarverteilungsbestimmungen erfolge gemäß Ziffer 6.3 HVV die Bewertung der Honorarforderung in einer Praxis auf Basis eines Regelleistungsvolumens, soweit für die in der Praxis vertretenen Arztgruppen gemäß Ziffer 6.3 arztgruppenspezifische Fallpunktzahlen benannt seien. Die im Abrechnungsquartal für eine Praxis zutreffende Fallpunktzahl bestimme sich aus der Zugehörigkeit der Ärzte einer Praxis zu einer der in der Anlage 1 angeführten Arzt-/Fachgruppe unter Beachtung der angeführten Altersklassen. Das im aktuellen Abrechnungsquartal gültige praxisindividuelle (fallzahlabhängige) Regelleistungsvolumen einer Praxis bestimme sich dann aus der Multiplikation der im aktuellen Quartal ermittelten arztgruppenspezifischen Fallpunktzahl und der Fallzahl der Praxis unter Beachtung der Aufteilung der relevanten Fallzahlen in die verschiedenen Altersklassen. Die Honorarforderungen einer Praxis würden dem so gebildeten und für das aktuelle Abrechnungsquartal berechneten Regelleistungsvolumen einer Praxis gegenüber gestellt und bewertet werden. Dabei blieben Honorarforderungen betreffend u. a. zeitbezogene genehmigungspflichtige psychotherapeutische Leistungen nach den Nrn. 35200 bis 35225 EBM 2005 unberücksichtigt und würden vorab zu einem Punktwert von 4,67 Cent bei Primärkassen bzw. 4,70 Cent bei Ersatzkassen bewertet werden, sofern die Vorgaben des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 zur Zuerkennung des Mindestpunktwertes erfüllt seien. Andernfalls erfolge die Bewertung der vorgenannten Leistungen zu einem Punktwert von 4,0 Cent. Die dann noch verbleibenden Honorarforderungen der Praxis unterlägen der Bewertung mit einem Punktwert von 4,0 Cent bis zu dem nach Ziffer 6.3 für das aktuelle Quartal festgestellte praxisindividuelle Regelleistungsvolumen. Die darüber hinausgehenden Honorarforderungen seien mit einem Punktwert von mindestens 0,51 Cent zu bewerten. Der Honorarverteilungsvertrag sehe für die Fachgruppe der Klägerin folgende arztgruppenspezifische Fallpunktzahlen für das Regelleistungsvolumen vor:
Primärkassen Ersatzkassen
Altersgruppe 0 – 5 6 – 59 -) 60 0 – 5 6 – 59 -) 60
Fallpunktzahl 1.050 1.054 1.054 956 1.166 1.065
Nach der Festlegung ihres Vorstandes komme eine Ausnahmeregelung nur aus Gründen der Sicherstellung in Betracht. Maßgeblich sei hierfür, ob im Umkreis von 50 km ausreichend Ärzte zur Verfügung stünden, die die streitgegenständlichen Leistungen abrechneten. Im Rahmen der allgemeinen Bedarfsplanung nach Abschnitt 2 würden die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten mit den psychologischen Psychotherapeuten zusammen betrachtet werden. Im Planungsbereich A-Stadt-Stadt liege eine Überversorgung an psychologischen Psychotherapeuten vor, weshalb keine unmittelbare Sicherstellungsproblematik festzustellen sei. Die von ihr als junge Praxis geschilderte Situation seit Einführung von Budgets, Regelleistungsvolumina etc. betreffe alle niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten. Eine gesonderte Berücksichtigung des in der Anfangsphase bestehenden deutlich höheren Aufwands an nicht genehmigungspflichtigen Leistungen bezogen auf das medizinische Kennenlernen eines Patienten im Rahmen bei der Festlegung von Abrechnungsobergrenzen sei nicht möglich. Dieses Problem dürfte sich vielmehr sukzessive mit der Anzahl der niedergelassenen Quartale relativieren. Unter Beachtung dieser Sachlage könne im Ergebnis keine Ausnahmeregelung getroffen werden.
Hiergegen legte die Klägerin am 19.10.2006 Widerspruch ein. Sie trug vor, trotz Überversorgung nach dem Bedarfsplan bestehe ein signifikanter Therapieplatzmangel in A-Stadt, insbesondere für Kinder. Familien müssten durchschnittlich sechs bis neun Monate auf einen Therapieplatz in A-Stadt warten. Sie verstehe auch nicht, weshalb sie gegenüber eventuellen Kollegen, die im Rahmen des Sonderbedarfs zugelassen worden seien, benachteiligt werde. Auch wenn die Budgetierung alle Kollegen betreffe, sei dies jedoch nicht in einem Ausmaß wie bei ihr. Sie habe im ersten Quartal ihrer Tätigkeit ca. 70 % nicht genehmigungspflichtige Leistungen erbracht. Diese würden zum Großteil nicht oder miserabel bezahlt werden. Ihre Einnahmen von 10.000,00 EUR im ersten Abrechnungsquartal würden gerade einmal ihre Fixkosten decken. Sie hätte dann 50 Stunden pro Woche ohne Gewinn gearbeitet. Das Problem werde sich auch in den nächsten Quarten nicht relativieren. Da die nicht genehmigungspflichtigen Leistungen allgemein das Regelleistungsvolumen bei weitem überschritten. Es entspreche den berufsethischen Grundsätzen, erst nach einer ausführlichen Diagnostik und Therapieplanung einen Therapieantrag zu stellen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.07.2007, der Klägerin am 18.07. zugestellt, wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Ergänzend zu ihren Ausführungen im angefochtenen Ausgangsbescheid wies sie auf den Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29.10.2004 hin, wonach mit Ausnahme der Ziffern 35200 bis 35225 EBM 2005 keine Zuordnung zu den Leistungsbereichen für extrabudgetär oder vorab zu vergütende Leistungen für kinder- und jugendpsychotherapeutische Leistungen vorgesehen sei und diese somit einem Regelleistungsvolumenansatz unterlägen.
Hiergegen hat die Klägerin am 10.08.2007 die Klage erhoben. Sie trägt ergänzend zu ihrem Vorbringen im Verwaltungsverfahren vor, die Problematik betreffe auch andere psychotherapeutisch tätige Arztgruppen. Die von der Beklagten ermittelten Fallpunktzahlen seien mit den Versorgungsrealitäten und mit den Erfordernissen einer verteilungsgerechten Vergütung nicht vereinbar. Für eine exakte Eingangs-Diagnostik benötige sie eine Punktzahlmenge von 10.965 Punkten, ohne Berücksichtigung der Testungen. Die Eingangsdiagnostik von fünf Sitzungen sei kaum zu verkürzen. In den ersten Niederlassungsquartalen könne sie in Ermangelung bereits laufender Psychotherapien praktisch nur probatorische Sitzungen abrechnen. In diesen Quartalen sei grundsätzlich fast kein Umsatz zu erzielen. Aber auch in den besten Umsatzjahren werde der ganze Bereich der übrigen Leistungen, der dann immer noch bis 25 und mehr % des Umsatzes ausmache, grundsätzlich defizitär. Bei einem Patienten mit regulärer Psychotherapie und zehn Behandlungen/Quartal fielen bereits ein Ordinationskomplex und neun Konsultationsgebühren mit einem Punktzahlvolumen von zusammen 960 Punkten an. Von der Fallpunktzahl von rund 1.110 Punkten blieben noch 150 Punkte übrig, die zur Kompensation eines einzigen neuen Patienten mit 10.965 Punkten beitragen könnten. Für diesen Ausgleich bedürfte es allein 66 "reiner" Psychotherapiepatienten. Diese Anzahl werde von den meisten Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten nicht erreicht. Eine Kompensation sei daher nicht einmal für nur einen neuen Patienten möglich. Zur Überschreitung der Fallpunktzahl trügen auch Patienten bei, mit denen Gespräche nach den Gesprächsziffern des Fachkapitels abgerechnet würden. Dieses könnten einerseits Patienten in Krisensituationen oder Patienten, bei denen statt einer Psychotherapie eine kürzere oder anders geartete Interventionsform medizinisch notwendig sei, sein. Hier sei bereits nach 30 Minuten Gesprächszeit im Quartal (Ordinationsgebühr 510 Punkte, 2 x 10 min GO-Nr. 23220 plus Konsultationsgebühr 660 Punkte) das Punktzahlvolumen der Fallpunktzahl erschöpft. Diese 30 Minuten seien aber absolut nicht ausreichend. Auch mit einem oberen Punktwert von 2,6885 Cent falle die Honorierung unwirtschaftlich niedrig aus, die Vergütung betrage gerade einmal ca. 31,00 EUR. Der 30-minütigen Gesprächszeit entspreche eine Arbeitszeit von 45 Minuten. Bei einem Kostenanteil von 25,00 EUR pro Stunde liege der Gewinn bei ca. 18,50 EUR, bezogen auf die reine Behandlungszeit. Die Nr. 23220 EBM 2005 könne im Quartal 15mal abgerechnet werden, bei 280 Punkten ergebe dies ein Volumen von 4.700 Punkten. Die fehlerhafte Bewertung der arztgruppenspezifischen Fallpunktzahl verstoße gegen das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes. Der obere Punktwert liege bereits 50 % unter der EBM-Kalkulation. Die zeitdefinierten psychotherapeutischen Gesprächsleistungen könnten nicht verdichtet werden. Eine weitere Vergütungsabsenkung durch das Regelleistungsvolumen führe unweigerlich zu Verlusten. Im Quartal III/06 seien lediglich 13,3 % der erbrachten antragsfreien psychotherapeutischen Leistungen zum oberen Punktwert vergütet worden. Hierfür habe sie 1.241,97 EUR erhalten, für den sechsfachen Rest lediglich 1.481,74 EUR. Für den überwiegenden Teil ihrer Praxistätigkeit mit ca. 224 Stunden reiner Behandlungszeit und ca. 340 Stunden Arbeitszeit habe sie insgesamt 2.722,00 EUR erhalten, bei Kosten von mindestens 9.250,00 EUR im Quartal ergebe dies einen Verlust von 6.528,00 EUR. Das Regelleistungsvolumen reiche nicht einmal für eine probatorische Sitzung aus. Ab der zweiten probatorischen Sitzung im Quartal werde eine Honorar von lediglich ca. 7,30 EUR in 50 Minuten erzielt. Die Ausgleichsregelung nach 7.5 HVV könnte mangels Fallwerte in den Referenzquartalen jungen Praxen keinen Ausgleich für ihren Honorarverlust geben. Im Quartal III/06 sei ihr Fallwert von 26,3593 EUR und 38,44 EUR auf 64,7993 EUR gestiegen, weshalb ein Kürzungsbetrag in Höhe von 1.548,16 EUR festgesetzt worden sei. Die Ausgleichsregelung werde zu einer zusätzlichen Honorarkürzungsmaßnahme. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts müsse ein Praxisinhaber in den ersten Jahren nach der Niederlassung wenigstens den Punktzahlendurchschnitt der Fachgruppe ohne Honorarabstaffelung abrechnen können. Für Psychotherapeuten habe dieser im dritten Quartal 2006 bei 60.225 Punkten gelegen. Sie habe lediglich 46.195,8 Punkte ohne Honorarabstaffelung abrechnen können. Es lägen grundsätzlich atypische Bedingungen gegenüber den Fachärzten vor, die nicht psychotherapeutisch tätig seien. Zeitgebundene Leistungen könnten nicht ausgeweitet werden. Die anderen Ärzte könnten sowohl die Leistungsmenge pro Zeiteinheit als auch die Zahl der Patienten, die pro Zeiteinheit versorgt würden, steigern. Während z. B. Augenärzte im zweiten Quartal 2005 zu 81,45 % das Regelleistungsvolumen zu einem oberen und quotierten Punktwert hätten ausschöpfen können und im Leistungsbereich der Regelleistungsvolumina ein quartalsbezogenes Honorar von insgesamt 29.127,79 EUR erzielt hätten, hätten Psychotherapeuten im Schnitt nur zu 57,16 % das Regelleistungsvolumen zu einem oberen quotierten Punktwert ausschöpfen und im Leistungsbereich der Regelleistungsvolumina ein quartalsbezogenes Honorar von lediglich insgesamt 932,54 EUR erzielen können. Ein weiterer Vergleich zeige, dass eine Kompensation auch nicht mit den Leistungen außerhalb des Regelleistungsvolumens möglich sei. Problematisch sei das Zusammenwirken mehrerer Faktoren, nämlich hohe EBM-Punktzahlen für einzelne Leistungen, Variabilität des Leistungsanfalls und Punktzahlanfalles pro Patient und Quartal, vergleichsweise niedrige Fallzahl/Quartal und hohe Varianz der Ausrichtung der Praxen (u. a. variabler Psychotherapieanteil). Dies führe statistisch gesehen zu keinen stabilen Mittelwertbildungen. Die den größten Teil bildenden zeitdefinierten Gesprächsleistungen könnten nicht verdichtet werden. Die Durchschnittsverdienste lägen traditionell am unteren Rand der Skala. Die reine Orientierung an der Fallzahl sei ungeeignet, da es im Bereich der psychotherapeutischen Medizin Praxen mit Fallzahlen von 20 bis hin zu 700 und mehr gebe, die alle ausgelastet seien, ohne dass ein problematisches Abrechnungsverhalten vorliege. Die Varianten ergeben sich aus der unterschiedlichen Ausrichtung im Versorgungsspektrum. Bei niedrigeren Fallzahlen könne sich kein relativ konstanter Mittelwert bilden. Einheitliche Fallpunktzahlen könnten für diesen Bereich nicht vorgegeben werden. Es gebe keine Standard-Mischpraxis. Die Abstaffelung betreffe die Psychotherapeuten deswegen besonders, weil sie durch Zeitgebundenheit keine "Hamsterradeffekte" erzeugen könnten, die den Faktor von 0,8 ausgleichen könnten. Mit der Zeitdefinition der Leistungen sei quasi ein "Stundenansatz" per EBM gegeben, der nur unwesentlich erhöht werden könne. Die Klage sei auch zulässig, da mit der Anfechtung des Widerspruchsbescheides klar zu erkennen gegeben sei, dass der ihm zugrunde liegende Bescheid angefochten werde, wenn auch versehentlich im Klageantrag zunächst angegeben worden sei, dass der Honorarbescheid für das Quartal III/06 angefochten werde.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 25.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2007 die Beklagte zu verurteilen, sie über ihren Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die Klage sei bereits unzulässig, weil sich der Klageantrag auch gegen die Aufhebung des Honorarbescheids für das Quartal III/06 richte und eine entsprechende Neubescheidung begehrt werde. Die Widersprüche gegen die Honorarbescheide für die Quartale III und IV/06 habe sie aber derzeit ausgesetzt und noch nicht beschieden. Insofern fehle es an einem Vorverfahren. Der Widerspruchsbescheid vom 11.07.2007 könne aber nicht für sich alleine angefochten werden. Im Übrigen führt sie ergänzend zu ihren Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid aus, die Bildung von praxisindividuellen Regelleistungsvolumen sei nicht zu beanstanden, nach den Feststellungen des Bundessozialgerichts im Urteil vom 08.02.2006 zu Az.: B 6 KA 25/05 R dürfe ein Honorarverteilungsmaßstab vorsehen, dass der größte Teil des Gesamtvergütungsvolumens für eine Honorierung zu vollen Punktwerten verwandt werde und für die restlichen Leistungen lediglich geringere Punktwerte verblieben. In der Änderung des Klageantrags liege eine Klageänderung, der sie nicht zustimme. Die Klageänderung sei auch nicht sachdienlich. Der Bewertungsausschuss habe in seinem Beschluss vom 29.10.2004 die Zusammenfassung von Arztgruppen zugelassen. Ein Grund für die Zusammenfassung der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten mit den Psychologischen Psychotherapeuten in einer Honorargruppe sei, dass von den 1.390 Psychologischen Psychotherapeuten 80 eine sog. Doppelzulassung als Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und 183 auch die Genehmigung zur Behandlung von Kindern- und Jugendlichen nach den Psychotherapierichtlinien besäßen. Es gebe 292 Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten. Die Zusammenführung beider Gruppen beruhe daher auf sachgerechten Erwägungen. Die unterschiedliche Bewertung des Ordinationskomplexes bei gleichem Regelleistungsvolumen führe zu keiner Schlechterstellung. Die Ziffer 23214 sehe als fakultativen Leistungsinhalt auch die intensive Beratung zu den therapeutischen, familiären, sozialen oder beruflichen bzw. schulischen Auswirkungen und deren Bewältigung vor. Erbringe ein Psychologischer Psychotherapeut eine über die 10 Minuten des Ordinationskomplexes hinausgehende intensive Beratung, werde er neben den Ziffern 23210 bis 23212 eine weitere Gesprächsziffer abrechnen, so z. B. die Ziffer 23220. Es sei davon auszugehen, dass Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten für ein vergleichbar intensives Gespräch ähnlich hohe Punktzahlen anforderten. Ein Psychologischer Psychotherapeut erbringe pro Behandlungsfall 0,62 und ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut 0,84 probatorische Sitzungen pro Behandlungsfall. Sie hat ferner die Berechnung der RLV-Fallpunktzahlen erläutert. Hierzu wird auf den Schriftsatz vom 03.02.2009 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid nach § 105 SGG entscheiden. Die Sache hat keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art, und der Sachverhalt ist geklärt. Die Kammer hat die Beteiligten hierzu angehört. Die Klägerin hat mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten hierzu ihr Einverständnis erklärt. Die Beklagte wurde unter Fristsetzung von zwei Wochen mit bei Ihr am 29.01.2009 eingegangener Verfügung angehört. Sie hat auch nochmals mit Schriftsatz vom 03.02.2009 Stellung zur Sache genommen.
Die Klage ist zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben worden.
Eine unzulässige Klageänderung liegt nicht vor.
Die Klage ist ohne Einschränkung am 10.08.2007 erhoben worden. Darin wurde der Widerspruchsbescheid vom 11.07.2007 angefochten. Soweit der im Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 31.10.2007 gestellte Antrag gegen "den Honorarbescheid für das Quartal III/06 und den Widerspruchsbescheid vom 11.07.2007" gerichtet war mit dem Verpflichtungsantrag einer Neubescheidung, so hat es sich hierbei offensichtlich um ein Versehen gehandelt, worauf der Prozessbevollmächtigte der Klägerin im Schriftsatz vom 29.01.2008 hingewiesen hat. Mit der jeweiligen Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid vom 11.07.2007 hat die Klägerin klar zum Ausdruck gebracht, gegen welchen Bescheid sich ihre Klage richtet. Die Beklagte weist selbst darauf hin, dass das Widerspruchsverfahren gegen den Honorarbescheid für das Quartal III/06 ausgesetzt wurde. Die Klägerin hat zu keiner Zeit erklärt, dass sie dennoch eine gerichtliche Entscheidung hierzu wünsche. Von daher konnte die Klägerin über ihren Prozessbevollmächtigten ihren Antrag richtig stellen, ohne dass es sich um eine Klageänderung handeln würde. Im Übrigen wäre eine Klageänderung sachdienlich.
Die Klage ist auch begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 25.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2007 ist rechtswidrig und war daher aufzuheben. Die Beklagte ist verpflichtet, die Klägerin über ihren Antrag auf Zuerkennung eines höheren Regelleistungsvolumens für die Quartale ab II/05 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Der Bescheid der Beklagten vom 25.09.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2007 ist rechtswidrig. Bei der Bemessung des Regelleistungsvolumens werden nicht hinreichend die Unterschiede zwischen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und den übrigen Psychotherapeuten berücksichtigt. Ferner hat die Beklagte verkannt, dass aufgrund der Neuniederlassung der Klägerin ein Ausnahmetatbestand vorliegt.
Nach Ziffer 6.3 der hier maßgeblichen Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und der AOK – Die Gesundheitskasse in Hessen, dem BKK Landesverband Hessen, der IKK Hessen, dem Verband der Angestellten Krankenkassen e. V. (VdAK) – Landesvertretung Hessen, dem AEV-Arbeiter-Ersatzkassenverband e. V. – Landesvertretung Hessen, der Landwirtschaftlichen Krankenkassen Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland, der Krankenkasse für den Gartenbau und der Knappschaft zur Honorarverteilung für die Quartale 2/2005 bis 4/2005 vom 10.11.2005, veröffentlicht durch die Beklagte als Anlage 2 zum Landesrundschreiben/Bekanntmachung - Landesstelle - vom 10.11.2005, die in den Folgequartalen fortgeführt wurde (im Folgenden: HVV), sind praxisindividuelle Regelleistungsvolumina zu bilden, da der Kläger zu den entsprechenden Arztgruppen gehört.
Im Einzelnen bestimmt Ziffer 6.3 HVV:
Die im Abrechnungsquartal für eine Praxis zutreffende Fallpunktzahl bestimmt sich aus der Zugehörigkeit der Ärzte einer Praxis zu einer in der Anlage 1 angeführten Arzt-/Fachgruppe unter Beachtung der angeführten Altersklassen. Bei Gemeinschaftspraxen bestimmt sich die Höhe der in der einzelnen Altersklasse zu treffenden Fallpunktzahl als arithmetischer Mittelwert aus der Fallpunktzahl der in der Gemeinschaftspraxis vertretenen Ärzte (gemäß Zuordnung entsprechend Anlage zu Ziffer 6.3) verbunden mit folgender Zuschlagsregelung:
130 Punkte bei arztgruppen- und schwerpunktgleichen Gemeinschaftspraxen sowie bei Praxen mit angestellten Ärzten, die nicht einer Leistungsbeschränkung gemäß Angestellten-Ärzte Richtlinien unterliegen,
alternativ
30 Punkte je in einer arztgruppen- oder schwerpunktübergreifenden Gemeinschaftspraxis repräsentiertem Fachgebiet oder Schwerpunkt, mindestens jedoch 130 Punkte und höchstens 220 Punkte
Bei der Ermittlung der Zuschlagsregelung bleiben Ärzte aus Arztgruppen, für die gemäß Anlage zu Ziffer 6.3 keine arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen definiert sind, unberücksichtigt.
Die Zuschlagsregelung findet keine Anwendung bei Praxen mit angestellten Ärzten bzw. zugelassenen Ärzten, die einer Leistungsbeschränkung gemäß Bedarfsplanungsrichtlinien bzw. Angestellten-Ärzte-Richtlinien unterliegen. Für Ärzte bzw. Psychotherapeuten, die ihre Tätigkeit unter mehreren Gebiets- oder Schwerpunktbezeichnungen ausüben, richtet sich die Höhe der Fallpunktzahl in den einzelnen Altersklassen nach dem Schwerpunkt der Praxistätigkeit bzw. dem Versorgungsauftrag mit dem der Arzt bzw. Psychotherapeut zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist.
Das im aktuellen Abrechnungsquartal gültige praxisindividuelle (fallzahlabhängige) Regelleistungsvolumen einer Praxis bestimmt sich dann aus der Multiplikation der im aktuellen Quartal nach verstehender Vorgabe ermittelten arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen und der Fallzahl der Praxis unter Beachtung der Aufteilung der relevanten Fallzahlen in die verschiedenen Altersklassen.
Bei der Ermittlung der für die einzelnen Altersklassen gültigen relevanten Fallzahlen einer Praxis sind alle kurativ ambulanten Behandlungsfälle (gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 und Absatz 2 BMVÄ bzw. § 25 Absatz 1 Satz 1 GKV zugrunde zu legen, ausgenommen Behandlungsfälle, die gemäß Anlage 1 Und 2 zu Ziffer 7.1 Honorierung kommen, Notfälle im organisierten ärztlichen Bereitschaftsdienst bzw. Notdienst (Muster 19 A der Vordruckvereinbarung), Überweisungsfälle zur Durchführung ausschließlich von Probenuntersuchungen oder zur Befundung von dokumentierten Untersuchungsergebnissen sowie Behandlungsfälle, in denen ausschließlich Kostenerstattungen des Kapitels V. 40 abgerechnet werden. Die so festgestellten Fallzahlen reduzieren sich dabei (vorab der Berechnung des praxisindividuellen (fallzahlabhängigen) Regelleistungsvolumens) aufgrund einer zuvor durchgeführten fallzahlabhängigen Bewertung (Fallzahlbegrenzungsregelung) gemäß Ziffer 5.2, wobei die aus dieser Maßnahme resultierende Reduzierung anteilig auf die Altersklassen zu verteilen ist.
Das nach dieser Vorschrift festgestellte Regelleistungsvolumen einer Praxis im aktuellen Quartal ist dann nachfolgend für jeden über 150% der durchschnittlichen Fallzahl der Honorar(unter)gruppe im vergleichbaren Vorjahresquartal hinausgehenden Fall um 25% zu mindern. Die Feststellung der relevanten durchschnittlichen Fallzahl erfolgt bei Gemeinschaftspraxen und Praxen mit angestellten Ärzten, die nicht einer Leistungsbeschränkung unterliegen, je in der Gemeinschaftspraxis tätigen Arzt bzw. Psychotherapeuten.
Für die Bildung des Regelleistungsvolumens einer Praxis im Abrechnungsquartal gilt im Übrigen eine Fallzahlobergrenze in Höhe von 200% der durchschnittlichen Fallzahl der Honorar(unter)gruppe im vergleichbaren Vorjahresquartal. Überschreitet eine Praxis im aktuellen Abrechnungsquartal diese Fallzahlobergrenze, tritt diese anstelle der praxisindividuellen Fallzahl bei der Ermittlung des praxisspezifischen Regelleistungsvolumens. Dabei bestimmt sich im Falle von Gemeinschaftspraxen und Praxen mit angestellten Ärzten, die keiner Leistungsbeschränkung unterliegen, die Fallzahlobergrenze aus den arztgruppenbezogenen durchschnittlichen Fallzahlen im entsprechenden Vorjahresquartal je in der Gemeinschaftspraxis tätigen Art bzw. Psychotherapeuten.
Für Ärzte bzw. Psychotherapeuten, die ihre Tätigkeit unter mehreren Gebiets- oder Schwerpunktbezeichnungen ausüben, bestimmt sich die durchschnittliche Fallzahl im entsprechenden Vorjahresquartal für vorstehende Bewertungsvorgaben bzw. Fallzahlobergrenze aus der Honorar(unter)gruppe, zu der sie nach dem Versorgungsauftrag zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind.
Soweit in der Anlage zu Ziffer 6.3 Arztgruppen nicht aufgeführt sind, gehen deren Fälle und Honoraranforderungen nicht in die Berechnung des praxisspezifischen Regelleistungsvolumens ein.
Der Vorstand der KV Hessen ist ermächtigt, aus Gründen der Sicherstellung der ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung praxisbezogenen Änderungen an den arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen gemäß Anlage zu Ziffer 6.3 vorzunehmen.
Die Kammer hält diese Regelungen, soweit sie hier streitbefangen sind, grundsätzlich für rechtmäßig.
Nach § 85 Abs. 4 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung v. 20.12.1988, BGBl. I S. 2477 in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG) v. 14.11.2003, BGBl. I S. 2190 mit Gültigkeit ab 01.01.2005 (SGB V), verteilt die Kassenärztliche Vereinigung die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte; in der vertragsärztlichen Versorgung verteilt sie die Gesamtvergütungen getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung (§ 73) (§ 85 Abs. 4 Satz 1 SGB V). Sie wendet dabei ab dem 1. Juli 2004 den mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen erstmalig bis zum 30. April 2004 gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden Verteilungsmaßstab an; für die Vergütung der im ersten und zweiten Quartal 2004 erbrachten vertragsärztlichen Leistungen wird der am 31. Dezember 2003 geltende Honorarverteilungsmaßstab angewandt (§ 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V). Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der Vertragsärzte zu Grunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zu Grunde zu legen (§ 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V). Im Verteilungsmaßstab sind Regelungen zur Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen der Psychotherapeuten, der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und psychotherapie, der Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie, der Fachärzte für Nervenheilkunde, der Fachärzte für psychotherapeutische Medizin sowie der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit gewährleisten (§ 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V). Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden (§ 85 Abs. 4 Satz 5 SGB V). Der Verteilungsmaßstab hat Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes vorzusehen (§ 85 Abs. 4 Satz 6 SGB V). Insbesondere sind arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina) (§ 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V). Für den Fall der Überschreitung der Grenzwerte ist vorzusehen, dass die den Grenzwert überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten vergütet wird (§ 85 Abs. 4 Satz 8 SGB V). Widerspruch und Klage gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung (§ 85 Abs. 4 Satz 9 SGB V). Die vom Bewertungsausschuss nach Absatz 4a Satz 1 getroffenen Regelungen sind Bestandteil der Vereinbarungen nach Satz 2 (§ 85 Abs. 4 Satz 10 SGB V). Dabei bestimmt nach § 85 Abs. 4a Satz 1 SGB V der Bewertungsausschuss Kriterien zur Verteilung der Gesamtvergütungen nach § 85 Abs. 4 SGB V, insbesondere zur Festlegung der Vergütungsanteile für die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung sowie für deren Anpassung an solche Veränderungen der vertragsärztlichen Versorgung, die bei der Bestimmung der Anteile der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung an der Gesamtvergütung zu beachten sind; er bestimmt ferner, erstmalig bis zum 29. Februar 2004, den Inhalt der nach § 85 Abs. 4 Satz 4, 6, 7 und 8 SGB V zu treffenden Regelungen.
Der Bewertungsausschuss ist seinen Regelungsverpflichtungen nach § 85 Abs. 4a SGB V u. a. durch den Beschluss in seiner 93. Sitzung am 29. Oktober 2004 zur Festlegung von Regelleistungsvolumen durch die Kassenärztlichen Vereinigungen gemäß § 85 Abs. 4 SGB V mit Wirkung zum 1. Januar 2005 (Deutsches Ärzteblatt 101, Ausgabe 46 vom 12.11.2004, Seite A-3129 = B-2649 = C-2525) (im Folgenden: BRLV) nachgekommen. Darin bestimmt er, dass Regelleistungsvolumen gemäß § 85 Abs. 4 SGB V arztgruppenspezifische Grenzwerte sind, bis zu denen die von einer Arztpraxis oder einem medizinischen Versorgungszentrum (Arzt-Abrechnungsnummer) im jeweiligen Kalendervierteljahr (Quartal) erbrachten ärztlichen Leistungen mit einem von den Vertragspartnern des Honorarverteilungsvertrages (ggf. jeweils) vereinbarten, festen Punktwert (Regelleistungspunktwert) zu vergüten sind. Für den Fall der Überschreitung der Regelleistungsvolumen ist vorzusehen, dass die das Regelleistungsvolumen überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten (Restpunktwerten) zu vergüten ist (III.2.1 BRLV). Für die Arztpraxis oder das medizinische Versorgungszentrum, die bzw. das mit mindestens einer der in Anlage 1 genannten Arztgruppen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, sind im Honorarverteilungsvertrag nachfolgende Regelleistungsvolumen zu vereinbaren, für die dieser Beschluss die Inhalte der Regelungen vorgibt (III.3.1 Abs. 1 BRLV). Die in 4. aufgeführten Leistungen, Leistungsarten und Kostenerstattungen unterliegen nicht den Regelleistungsvolumen (III.3.1 Abs. 4 BRLV).
Die Kammer sieht in diesen Bestimmungen eine verbindliche Vorgabe des Bewertungsausschusses. Dies hat die Kammer bereits für die von der Beklagten vorgenommene und gegen die Vorgaben des Bewertungsausschusses verstoßende Einbeziehung von Dialyseleistungen in die Regelleistungsvolumina festgestellt (vgl. Urteil der Kammer vom 26.09.2007 - S 12 KA 822/06 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris). Die hiergegen eingelegte Berufung hat das Landessozialgericht zurückgewiesen (LSG Hessen, Urt. v. 23.04.2008 - L 4 KA 69/07 - www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris, Revision anhängig - B 6 KA 31/08 -). Es hat im Einzelnen dargelegt, dass ein Honorarverteilungsvertrag nach der gesetzlichen Fiktion des § 85 Abs. 4 Satz 10 SGB V aus einem Beschlussteil und dem zwischen den Vertragspartnern vereinbarten Teil besteht, dass im Falle einer divergenten Regelung den bundeseinheitlichen Beschlussregelungen des Bewertungsausschusses der Vorrang zu kommt und dass die Vertragspartner des Honorarverteilungsvertrags an die Beschlussregelungen des Bewertungsausschusses in der Weise gebunden sind, dass sie rechtswirksam keine abweichende Regelung treffen konnten. Dem folgt die Kammer vollumfänglich.
In der Anlage 1 BRLV werden unter den Arztgruppen, für die Arztgruppentöpfe gemäß III.1. BRLV und Regelleistungsvolumen gemäß III.3.1 BRLV berechnet werden, die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten genannt. Daneben werden auch "andere ausschließlich psychotherapeutisch tätige Vertragsärzte, Psychologische Psychotherapeuten" genannt, wobei im Honorarverteilungsvertrag weitere Differenzierungen oder Zusammenfassungen der im BRLV aufgeführten Arztgruppen vereinbart werden können (Anlage 1 zum Teil III Abs. 2 BRLV). Im HVV wird von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht und wird entsprechend die Honorar(unter)gruppe B 2.25 "Psychotherapeutisch tätige Ärzte, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (VfG 55-01, 56, 71, 72, 83-81, 84, 85-21, 85-95, 86 81)" gebildet und werden für "Ausschließlich psychotherapeutisch tätige Vertragsärzte, Psychologische Psychotherapeuten, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten" gemäß der Anlage zu Ziff. 6.3 HVV die im Widerspruchsbescheid genannten Fallpunktzahlen vorgegeben.
Mit dem GMG hat der Gesetzgeber die bisher als Soll-Vorschrift ausgestaltete Regelung zu den Regelleistungsvolumina verbindlich vorgegeben. Dadurch soll erreicht werden, dass die von den Ärzten erbrachten Leistungen bis zu einem bestimmten Grenzwert mit festen Punktwerten vergütet werden und den Ärzten insoweit Kalkulationssicherheit hinsichtlich ihrer Praxisumsätze und -einkommen gegeben wird. Leistungen, die den Grenzwert überschreiten, sollen mit abgestaffelten Punktwerten vergütet werden; damit soll zum einen der Kostendegression bei steigender Leistungsmenge Rechnung getragen werden, zum anderen soll der ökonomische Anreiz zur übermäßigen Mengenausweitung begrenzt werden (vgl. BT-Drs. 15/1170, S. 79).
Regelleistungsvolumina dienen damit der Kalkulationssicherheit bei der Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen (vgl. Engelhard in: Hauck/Haines, SGB V, Kommentar, § 85, Rn. 256a f.; Freudenberg in: jurisPK-SGB V, Online-Ausgabe, Stand: 26.02.2008, § 85, Rn. 164). Zum anderen haben sie aufgrund des Zwecks, der Kostendegression bei steigender Leistungsmenge Rechnung zu tragen als auch den ökonomischen Anreiz zur Ausweitung der Leistungsmenge zu verringern, auch den Charakter von Honorarbegrenzungsmaßnahmen (vgl. Engelhard, ebd.). Nach Auffassung der Kammer steht aber angesichts der gesetzgeberischen Vorgaben der Gesetzeszweck der Kalkulationssicherheit im Vordergrund, insbesondere auch im Hinblick auf eine begrenzte Gesamtvergütung bei insgesamt steigenden Leistungsanforderungen.
Soweit die HVV-Vertragsparteien bei der Festsetzung der Fallpunktzahlen abweichend von der Anlage 2 BRLV den Referenzzeitraum auf das 1. Halbjahr 2004 beschränkt haben – nach der Anlage 2 ist der arztgruppenspezifische Leistungsbedarf in Punkten im Zeitraum vom 2. Halbjahr 2003 bis zum 1. Halbjahr 2004 zu ermitteln -, sieht die Kammer dies unter Zurückstellung erheblicher Bedenken für gerade noch vom Gestaltungsspielraum der HVV-Vertragsparteien als gedeckt an. Insofern kann eine Ermächtigung hierfür in Abschnitt III.3.1 Abs. 3 BRLV gesehen werden, wonach die HVV-Vertragsparteien zur Sicherstellung einer ausreichenden medizinischen Versorgung Anpassungen der Regelleistungsvolumen vornehmen können. Der Beschluss des Bewertungsausschusses in seiner 112. Sitzung hat zudem, allerdings erst mit Wirkung zum 01.04.2006, in einer angefügten Fußnote 2 klargestellt, dass die Formel zur Ermittlung der KV-bezogenen, arztgruppenspezifischen Fallpunktzahl im Einvernehmen der Partner der Honorarverteilungsverträge modifiziert werden und ein abweichendes Verfahren zur Festlegung des arztgruppenspezifischen Leistungsbedarfs vereinbart werden kann.
Die Vertragsparteien des HVV haben aber verkannt, dass für die Bemessung des Regelleistungsvolumens zwischen den Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und den anderen ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzten und Psychologischen Psychotherapeuten solche Unterschiede bestehen, die eine unterschiedliche Behandlung gebieten. Insofern verstoßen die einheitlichen Fallpunktzahlen in der Anlage zu Ziff. 6.3 HVV gegen das Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Zudem ermächtigt Abschnitt III.3.1 Abs. 3 BRLV die HVV-Vertragsparteien, zur Sicherstellung einer ausreichenden medizinischen Versorgung Anpassungen der Regelleistungsvolumen vorzunehmen. Im Hinblick auf die signifikanten Unterschiede zwischen den Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und den anderen ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzten, was sogleich im Einzelnen erläutert wird, waren die HVV-Vertragsparteien verpflichtet, hiervon Gebrauch zu machen.
Bei der Ausgestaltung der Honorarverteilungsregelungen ist ein Gestaltungsspielraum eröffnet. Die Gestaltungsfreiheit ist eine Ausprägung des mit Rechtsetzungsakten der Exekutive typischerweise verbundenen normativen Ermessens. Dieses wird erst dann rechtswidrig ausgeübt, wenn die getroffene Regelung in Anbetracht des Zwecks der Ermächtigung schlechterdings unvertretbar oder unverhältnismäßig ist. Allerdings sind bei der Wahrnehmung des Gestaltungsspielraums die gesetzlichen Vorgaben insbesondere in § 85 Abs. 4 ff. SGB V - sowie die Anforderungen des Verfassungsrechts zu beachten, die vor allem in dem aus Art. 12 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG abzuleitenden Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit konkretisiert worden sind (vgl. BSG, Urt. v. 29.08.2007 - B 6 KA 2/07 R - juris Rdnr. 15). Dies bedeutet zwar nicht, dass gleiche Leistungen stets gleich vergütet werden müssten. Das Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit stellt nur einen Grundsatz dar, von dem aus sachlichem Grund abgewichen werden darf (vgl. BSG, Urt. v. 22.06.2005 - B 6 KA 5/04 R - SozR 4 2500 § 85 Nr. 17 = GesR 2005, 567 = USK 2005-104, juris Rdnr. 18).
Innerhalb der klägerischen Honorar(unter)gruppe fallen, da die genehmigungspflichtigen Psychotherapieleistungen in das Regelleistungsvolumen nicht einbezogen werden, insbesondere die Ordinationsgebühr und die probatorischen Sitzungen. Die Ordinationsgebühr fällt regelmäßig einmal im Quartal pro Behandlungsfall an, die nach Ziffer 35150 EBM 2005 mit 1.495 Punkten bewertete probatorische Sitzung erbringt ein Psychologischer Psychotherapeut 0,62-mal und ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut 0,84-mal pro Behandlungsfall im Quartal. Damit fallen durchschnittlich 927 bzw. 1.226 Punkte pro Behandlungsfall im Quartal an. Der Ordinationskomplex für ärztliche und psychologische Psychotherapeuten beträgt nach Ziffer 23210 bis 23212 EBM 2005 jeweils 120 Punkte für alle Altersklassen, dem gegenüber beträgt der Ordinationskomplex für Kinder- und Jungendlichenpsychotherapeuten nach Ziffer 23214 EBM 2005 für alle Altersklassen 510 Punkte. Soweit diese Leistung im Regelfall für jeden Patienten annähernd erbracht wird, fallen bei Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten vorneweg 390 Punkte pro Behandlungsfall mehr an, ohne dass dies bei den Fallpunktzahlen zum Ausdruck kommt. Im Einzelnen folgen hieraus folgende Relationen:
Kinder- und Jungendlichenpsycho-therapeuten
Ausschließlich psychotherapeutisch tätige Vertragsärzte, Psychologi-sche Psychotherapeuten
1 Ordinationskomplex 510 120
2 Probatorischen Sitzungen 1.226 927
3 Summe 1.736 1.047
Regelleistungsvolumen
4 Altersgruppe 6-59 PK/EK 1.054/1.166 1.054/1.166
5 Altersgruppe 0-5 1.050/956 1.050/956
6 Altersgruppe ) 60 1.054/1.065 1.054/1.065
Verhältnis Zeile 3 zu 4 in % 165/148 99/90
Verhältnis Zeile 3 zu 5 in % 165/182 100/109
Verhältnis Zeile 3 zu 6 in % 165/163 99/98
Im Ergebnis bedeutet dies, dass – unter Vernachlässigung weiterer Leistungen, insb. der für alle Behandler gleich bewerteten Leistungen nach Ziffer 23214 (Konsultationskomplex), Ziffer 23220 (Psychotherapeutisches Gespräch als Einzelbehandlung) und der Leistungen nach Ziffer 35100 bis 35142 EBM 2005 - statistisch die Gruppe der Kinder- und Jungendlichenpsychotherapeuten das Regelleistungsvolumen immer um mindestens 48 bis 82 % überschreiten, wobei in der Hauptgruppe der 6 bis 18 Jahre alten Versicherten die Überschreitung 65 % im Primär- und 48 % im Ersatzkassenbereich beträgt, während die Gruppe der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Vertragsärzte und Psychologischen Psychotherapeuten rechnerisch lediglich in der Altersgruppe der 0 bis 5 Jahre alten Versicherten das Regelleistungsvolumen um 9 % überschreitet. Zu beachten ist ferner, das das Regelleistungsvolumen – unter Vernachlässigung der sog. Transkodierung, also unter Berücksichtigung der Neufassung des EBM - auf dem Leistungsbedarf von lediglich 80 % im Referenzzeitraum beruht (vgl. Anlage 2 BRLV), also rechnerische Überschreitungen des Regelleistungsvolumens von 25 % systemimmanent bereits angelegt sind. Dies bedeutet eine Ungleichbehandlung der Kinder- und Jungendlichenpsychotherapeuten und führt insbesondere zur Nichtbeachtung der vom Bewertungsausschuss im EBM festgelegten Höherbewertung des Ordinationskomplexes für die Kinder- und Jungendlichenpsychotherapeuten. Für den Ordinationskomplex und die Probatorischen Sitzungen haben die Kinder- und Jungendlichenpsychotherapeuten von vornherein einen um 66 % erhöhten Leistungsbedarf gegenüber den übrigen Leistungserbringern ihrer Honorar(unter)gruppe, was die Kammer im Hinblick auf die Gleichbehandlung für signifikant hält.
Der Umstand, dass von den 1.390 Psychologischen Psychotherapeuten 80 eine sog. Doppelzulassung als Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und 183 auch die Genehmigung zur Behandlung von Kindern- und Jugendlichen nach den Psychotherapierichtlinien besitzen, folgt keine Rechtfertigung der Ungleichbehandlung. Im Einzelfall kann hier das Regelleistungsvolumen durch eine Ausnahmegenehmigung ggf. angepasst werden. Die Zusammenführung beider Gruppen beruht nur insoweit auf sachgerechten Erwägungen, als eine einheitliche Honorar(unter)gruppe gebildet wird, was im Übrigen auch im Hinblick auf die genehmigungspflichtigen Leistungen sachgerecht sein kann. Dies führt aber nicht zwangsläufig dazu, dass für alle Teile der Honorar(unter)gruppe gleich große Fallpunktzahlen zu bilden sind.
Die unterschiedliche Bewertung des Ordinationskomplexes bei gleichem Regelleistungsvolumen führt aus den genannten Gründen zu einer Schlechterstellung der Kinder- und Jungendlichenpsychotherapeuten. Die Ziffer 23214 sieht gegenüber den Ziffern 23210 bis 23212 EBM 2005 als fakultativen Leistungsinhalt zusätzlich auch die intensive Beratung zu den therapeutischen, familiären, sozialen oder beruflichen bzw. schulischen Auswirkungen und deren Bewältigung vor. Damit unterstellt der Bewertungsausschuss grundsätzlich, das heißt durchschnittlich einen höheren Leistungsaufwand, was sich im Regelleistungsvolumen wiederfinden muss, da bereits mit der Einbeziehung dieses zusätzlichen Aufwands in eine Komplexziffer eine Budgetierung erfolgt. Es ist nicht ersichtlich, dass die übrigen Psychotherapeuten im Regelfall den gleichen Aufwand haben wie die Kinder- und Jungendlichenpsychotherapeuten. Soweit über den Ordinationskomplex hinaus eine mit dieser Leistungsziffer bereits abgegoltene intensive Beratung notwendig wird, kann dies ggf. über weitere Gesprächsziffern abgerechnet werden, was aber für die gesamte Honorar(unter)gruppe gilt.
Soweit das Regelleistungsvolumen wegen der Herausnahme der genehmigungspflichtigen Psychotherapieleistungen nur einen geringen Teil der Honoraranforderung betrifft, so ändert dies nichts an der Ungleichbehandlung innerhalb der klägerischen Honorar(unter)gruppe.
Vor einer Neubescheidung werden die Vertragsparteien des Honorarverteilungsvertrags eine entsprechende Anpassung der Fallpunktzahlen für die Teilgruppe der Kinder- und Jungendlichenpsychotherapeuten unter Beachtung der unterschiedlichen Bewertung des Ordinationskomplexes vorzunehmen haben. Ferner haben Sie die unterschiedlichen Anforderungen der probatorischen Sitzungen zu berücksichtigen, die offensichtlich der unterschiedlichen Patientenschaft beider Teilgruppen der Honorar(unter)gruppe geschuldet sind. Soweit darüber hinaus signifikante Unterschiede bei den übrigen in das Regelleistungsvolumen einbezogenen Leistungen bestehen, die sachlichen Gesichtspunkten geschuldet sind, kann dies ebf. berücksichtigt werden. Im Rahmen einer Neubescheidung hat die Beklagte diese Erwägungen dann im Einzelnen zu erläutern.
Die Kammer hat auch noch nicht entschieden, dass das Regelleistungsvolumen für die klägerische Honorar(unter)gruppe richtig berechnet sei. Das Urteil der Kammer v. 27.08.2008 - S 12 KA 424/07 – (Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 76/08 -) betraf eine Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie- und –psychotherapie.
Auf die gänzliche Herausnahme der probatorischen Sitzungen aus dem Regelleistungsvolumen besteht kein Anspruch. Dies sieht Abschnitt III.4.1 und III.4.2. BRLV nicht vor. Die Kammer hält dies nicht für rechtswidrig.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, von der hier abzuweichen die Kammer keine Veranlassung sieht, war der Bewertungsausschuss nicht verpflichtet, in der ihm obliegenden Normierung von Vorgaben für eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit eine Punktwertstützung auch für die probatorischen Sitzungen nach Nr. 870 EBM a. F. vorzusehen. Der Bewertungsausschuss ist zwar grundsätzlich befugt, inhaltliche Vorgaben für die angemessene Honorierung psychotherapeutischer Leistungen auch für diejenigen Leistungen festzulegen, die nur zeitgebunden und nicht genehmigungsbedürftig sind. Andererseits ist es dem Bewertungsausschuss aber nicht verwehrt, sich darauf zu beschränken, eine Punktwertstützung nur für diejenigen Leistungen vorzugeben, die sowohl zeitgebunden als auch genehmigungsbedürftig sind (vgl. BSG, Urt. v. 29.08.2007 - B 6 KA 35/06 R - juris Rdnr. 10 ff.). Soweit es aber an einer rechtlichen Vorgabe für einen bestimmten Punktwert fehlt, besteht kein Hindernis, diese Leistungen in das Regelleistungsvolumen einzubeziehen.
Soweit das Bundessozialgericht zunächst in einem obiter dictum der Auffassung war, es sei aber zu beachten, dass die probatorischen Sitzungen zum Kern des Leistungsspektrums der Psychotherapeuten gehörten und bei ihnen deshalb ein beliebiger Punktwertabfall auf Dauer nicht hingenommen werden dürfe (vgl. BSG, Urt. v. 29.08.2007 - B 6 KA 35/06 R - juris Rdnr. 17), so betrifft dies die hier nicht streitgegenständliche Honorierung der probatorischen Sitzungen. Das Bundessozialgericht hat nunmehr diese Rechtsprechung fortgeführt und aus dieser zentralen Funktion der probatorischen Sitzungen gefolgert, dass die Kassenärztliche Vereinigung im Rahmen der ihr - ab 01.07.2004 gemeinsam mit den Verbänden der Krankenkassen - obliegenden Ausgestaltung der Honorarverteilungsregelungen für eine substanzielle Honorierung dieser Leistungen sorgen müsse. Die für eine sachgerechte psychotherapeutische Versorgung in der einzelnen Praxis notwendige Mindestzahl an probatorischen Sitzungen müsse deshalb so honoriert werden, dass - erforderlichenfalls nach Anwendung von Mengenbegrenzungsregelungen o. Ä. - jedenfalls die Hälfte des ursprünglich zur Kalkulation herangezogenen Punktwerts von 10 Pfennig (d. h. 2,56 Cent) für solche Leistungen nicht unterschritten werde (vgl. BSG, Urt. v. 28.05.2008 - B 6 KA 9/07 R - juris Rdnr. 64 f.).
Eine zwingende Herausnahme aus dem Regelleistungsvolumen folgt aus dieser Rechtsprechung nicht. Das Bundessozialgericht verweist selbst auf Mengenbegrenzungsregelungen. Die Honorarhöhe wird insofern maßgeblich auch vom Punktwert bestimmt. Ob die Honorarverteilungsregelungen der Beklagten diesen Anforderungen genügen, ist ggf. in einem Verfahren bzgl. der Anfechtung der Honorarbescheide nachzuprüfen. Streitgegenstand dieses Verfahrens ist aber ausschließlich die Frage der Zuerkennung des Regelleistungsvolumens und nicht die Frage der ordnungsgemäßen Honorierung.
Im Übrigen besteht auch ein Anspruch auf eine Ausnahmegenehmigung.
Nach der Ermächtigung in Ziff. 6.3 HVV ist der Vorstand verpflichtet, bei Vorliegen von Sicherstellungsgründen sein Ermessen im Hinblick auf eine Sonderregelung auszuüben. Dies hat die Beklagte verkannt. Nach Auffassung der Kammer liegt ein Ausnahmefall vor und musste die Beklagte daher von ihrem Ermessen Gebrauch machen.
Wann ein solcher Ausnahmefall aus Gründen der Sicherstellung der ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung vorliegt, wird weder im HVV noch im Beschluss des Bewertungsausschusses noch in den gesetzlichen Regelungen bestimmt und ist daher durch Auslegung zu konkretisieren.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), von der abzuweichen die Kammer hier keine Veranlassung sieht, darf der Vorstand einer Kassenärztlichen Vereinigung, was nach Auffassung der Kammer auch unter Geltung eines Honorarverteilungsvertrags gilt, außer zu konkretisierenden Bestimmungen, die nicht im voraus für mehrere Quartale gleichbleibend festgelegt werden können, auch dazu ermächtigt werden, Ausnahmen für sog. atypische Fälle vorzusehen. Es ist eine typische Aufgabe des Vorstandes, zu beurteilen, ob sog. atypische Fälle die Voraussetzungen für eine ausnahmsweise Freistellung von Obergrenzen erfüllen. Dabei beschränkt sich die Kompetenz des Vorstandes nicht auf die Statuierung von Ausnahmen für "echte Härten", vielmehr müssen sie generell für atypische Versorgungssituationen möglich sein (vgl. BSG, Urt. v. 03.03.1999 - B 6 KA 15/98 R – SozR 3-2500 § 85 Nr. 31 = MedR 2000, 153, juris Rn. 36; BSG, Urt. v. 21.10.1998 - B 6 KA 65/97 R - SozR 3-2500 § 85 Nr. 27, juris Rn. 23). So hat das BSG eine vom Vorstand getroffene Sonderregelung für spezialisierte Internisten nicht beanstandet. Die Entscheidung, dass bei den Internisten, die eine Teilgebietsbezeichnung führten und deren spezielle Leistungen (einschließlich Folgeleistungen) 30 % der Gesamthonoraranforderung ausmachten, diese Leistungen herausgerechnet werden und dass diejenigen, deren spezialisierte Leistungen sogar 50 % der Gesamthonoraranforderung ausmachten, gänzlich von der Teilquotierung freigestellt werden, enthalte Schematisierungen, die nicht als sachwidrig beanstandet werden könnten. Derartige mit scharfen Grenzziehungen einhergehende Härten seien wie z.B. auch für Stichtagsregelungen anerkannt - hinzunehmen, solange sie nicht im Hinblick auf den gegebenen Sachverhalt und das System der Gesamtregelung willkürlich seien (vgl. BSG, Urt. v. 03.03.1999 - B 6 KA 15/98 R – aaO., Rn. 36). Eine Generalklausel könne z.B. zur Anwendung kommen, wenn sich überraschend Änderungen der Versorgungsstruktur in einer bestimmten Region ergeben, weil etwa einer von wenigen Vertragszahnärzten in einer Stadt unvorhergesehen aus der vertragszahnärztlichen Versorgung ausgeschieden sei. Die von diesem Zahnarzt bisher behandelten Patienten müssten dann kurzfristig auf andere Zahnarztpraxen ausweichen, was zwangsläufig zu einer von diesen Praxen nur eingeschränkt steuerbaren Erhöhung der Zahl der dort behandelten Patienten führen werde. Vergleichbares gelte für die Änderung der Behandlungsausrichtung einer zahnärztlichen Praxis im Vergleich zum Bemessungszeitraum, etwa wenn sich ein bisher allgemein zahnärztlich tätiger Vertragszahnarzt auf oral-chirurgische Behandlungen konzentriert und deshalb höhere Fallwerte erreiche (vgl. BSG, Urt. v. 21.10.1998 - B 6 KA 65/97 R – aaO. Rn. 23). Darauf reagierende Differenzierungen hinsichtlich der Festlegung der individuellen Bemessungsgrundlage seien nicht nur dann geboten, wenn ihr Unterlassen zur Existenzgefährdung zahnärztlicher Praxen führen würde. Ein Rechtsgrundsatz des Inhalts, dass sich auf eine Verletzung des Gebotes der Honorarverteilungsgerechtigkeit nur solche Vertrags(zahn)ärzte berufen können, bei denen die Anwendung der jeweils angegriffenen Honorarverteilungsregelung zu existenzbedrohenden Konsequenzen führen könnte, ist dem Vertrags(zahn)arztrecht fremd (vgl. BSG, Urt. v. 21.10.1998 B 6 KA 65/97 R - aaO. Rn. 25).
Zur Erweiterung von Praxis- und Zusatzbudgets gemäß Nr. 4.3 der Allgemeinen Bestimmungen A I., Teil B, EBM 1996 im Einzelfall zur Sicherstellung eines besonderen Versorgungsbedarfs hat das BSG zur Auslegung des Begriffs "besonderer Versorgungsbedarf" entschieden, dass der besondere Versorgungsbedarf eine im Leistungsangebot der Praxis tatsächlich zum Ausdruck kommende Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Praxisausrichtung voraussetze, die messbaren Einfluss auf den Anteil der im Spezialisierungsbereich abgerechneten Punkte im Verhältnis zur Gesamtpunktzahl der Praxis habe. Dies erfordere vom Leistungsvolumen her, dass bei dem Arzt das durchschnittliche Punktzahlvolumen je Patient in dem vom Budget erfassten Bereich die Budgetgrenze übersteige und zudem, dass bei ihm im Verhältnis zum Fachgruppendurchschnitt eine signifikant überdurchschnittliche Leistungshäufigkeit vorliegt, die zwar allein noch nicht ausreiche, aber immerhin ein Indiz für eine entsprechende Spezialisierung darstelle (vgl. zuletzt BSG, Urt. v. 22.03.2006 - B 6 KA 80/04 R - SozR 4-2500 § 87 Nr. 12 = GesR 2006, 363, juris Rn. 15 m.w.N.). Zu Erweiterungen der Zusatzbudgets nach den Allgemeinen Bestimmungen A I. Teil B Nr. 4.3 EBM 1996 hat das BSG ebf. entschieden, dies setze voraus, dass im Leistungsangebot der betroffenen Praxis eine Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Ausrichtung zum Ausdruck komme, die messbaren Einfluss auf den Anteil der auf den Spezialisierungsbereich entfallenden abgerechneten Punkte auf die Gesamtpunktzahl der Praxis habe (vgl. BSG, Urt. v. 02.04.2003 - B 6 KA 48/02 - SozR 4-2500 § 87 Nr. 1, juris Rn. 23; BSG, Urt. v. 02.04.2003 – B 6 KA 48/02 R – SozR 3-2500 § 87 Nr. 31, juris Rn. 26 f.).
Die Beurteilung, ob ein Ausnahmefall vorliegt, unterliegt der uneingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Der Beklagten steht insoweit kein – der gerichtlichen Nachprüfung nur eingeschränkt zugänglicher – Beurteilungsspielraum zu. Es gelten dieselben Erwägungen wie zu den Ausnahmen von der Teilbudgetierung nach Nr. 4 der Weiterentwicklungsvereinbarung vom 7. August 1996 (vgl. dazu BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 26) und der Erweiterung der Praxis- und Zusatzbudgets (vgl. dazu BSG SozR 3-2500 § 87 Nr. 31).
Ausgehend hiervon hält die Kammer zunächst die Ermächtigung des Vorstands der Beklagten für rechtmäßig. Die Kammer vermag aber keinen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Höhe des Honorars und Umfang des Regelleistungsvolumens zu erkennen. Die Fallpunktzahlen werden, KV-bezogen und nach Altersgruppen, anhand des artgruppenspezifischen Leistungsbedarfs in Punkten in den Quartalen III/03 bis II/04 bzw. von den HVV-Vertragsparteien in den Quartalen I und II/04 und der Fallzahl berechnet. Der so ermittelte Fallwert für die in die Regelleistungsvolumina einbezogenen Leistungen wird mit dem Faktor 0,8 malgenommen, d. h. um 20 % vermindert (vgl. Anlage 2 zum Teil III BRLV). Im Ergebnis bedeutet dies, dass jeder Vertragsarzt nicht eigene Durchschnittswerte, sondern die seiner Honorargruppe zuerkannt bekommt. Damit gehen die Honorarregelungen von einem gleichförmigen Leistungsgeschehen aus, was im Grundsatz, da auf die Fachgruppen abgestellt wird, nicht zu beanstanden ist. Eine Ungleichbehandlung und damit ein Verstoß gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit kann jedoch dann vorliegen, wenn die Praxis ein zur Fachgruppe atypischen Versorgungsbedarf abdeckt. Dies ist aber unabhängig von der Honorarhöhe oder evtl. erfolgten Ausgleichszahlungen nach Ziff. 7.5 HVV. Maßstab ist allein, wie bereits ausgeführt, ob im Leistungsangebot der betroffenen Praxis eine Spezialisierung und eine von der Typik der Arztgruppe abweichende Ausrichtung zum Ausdruck komme, die messbaren Einfluss auf den Anteil der auf den Spezialisierungsbereich entfallenden abgerechneten Punkte auf die Gesamtpunktzahl der Praxis hat. Die Kammer hält es auch für unzulässig, den Vertragsarzt von vornherein darauf zu verweisen, er könne auf seine Spezialisierung verzichten. In der Konsequenz kann dies bedeuten, dass Spezialisierungen mit besonderen Praxisschwerpunkten nicht mehr gebildet werden können mit der weiteren Konsequenz, dass diese Leistungen nicht oder in nur ungenügendem Umfang erbracht werden. Auch unter einer sog. gedeckelten Gesamtvergütung hat das Honorar grundsätzlich der Leistung nachzufolgen und sich das Leistungsgeschehen nicht, zumindest nicht vordringlich an den Honoraranreizen zu orientieren.
Soweit die Honorarausstattung der einzelnen Honorar(unter)gruppen auf Basis der tatsächlich in den jeweiligen Quartalen des Jahres 2004 erfolgten Honorarzahlungen erfolgt, sodass in der Ermittlung der maßgeblichen RLV-Fallpunktzahlen das von der Arzt-/Fachgruppe abgerechnete Honorarvolumen für die hier streitigen Leistungen einbezogen ist, kann im Rahmen des Grundsatzes der Gleichbehandlung nur maßgebend sein, ob hier eine normale Streuung in der Fachgruppe vorhanden ist oder die Einzelpraxis signifikant hiervon abweicht.
Der Beklagten mag zwar zuzugestehen sein, dass im Ergebnis die Anwendung der Ziff. 7.5 HVV, deren Inhalt und Rechtmäßigkeit nicht Gegenstand dieses Verfahrens war, die Bedeutung des Umfangs des Regelleistungsvolumens verringern, da Ziff. 7.5 HVV wesentlich an den individuellen Fallwerten des Vorjahresquartals anknüpft und auf dieser Grundlage Honorarveränderungen im Bereich von mehr als 5 % nach oben oder unten weitgehend nivelliert. Die Ausnahmeregelung im HVV sieht aber eine solche Verknüpfung zur Regelung nach Ziff. 7.5 HVV nicht vor, sondern ist vielmehr gerade Ausdruck des Gleichbehandlungsgebots, nach dem Ungleiches nicht gleich behandelt werden darf. Im Übrigen verliert die Honorarverteilung an Transparenz und Akzeptanz, wenn Unterschiede im Leistungsgeschehen nicht mehr adäquat erfasst werden.
Bei Feststellung der Sicherstellungsgründe kommt es nicht allein auf die Versorgung im Umkreis einer Praxis an. Maßgebend für die hier strittige Ausnahmeregelung ist der Versorgungsschwerpunkt der Praxis. Mit der Erbringung der Leistungen wird zunächst der Bedarf dokumentiert, soweit eine Fehlabrechnung oder Unwirtschaftlichkeit ausgeschlossen werden kann. Der mit einer Spezialisierung einhergehende vermehrte Zulauf von Patienten mit bestimmten Krankheitsbildern kann gerade auch Ausdruck der Qualität und des Rufs der Praxis sein.
Allerdings ist andererseits zu berücksichtigen, dass nicht jede im Vergleich zur Fachgruppe vermehrte Erbringung von Einzelleistungen oder Leistungsgruppen oder Spezialisierung einen Ausnahmefall begründen kann, da dann die Regelleistungsvolumina ihren Zweck der Kalkulationssicherheit nicht mehr erreichen könnten. § 85 Abs. 4 und 4a SGB V gibt keine Vorgabe für differenzierte Ausnahmen und gibt insoweit die Tendenz der Nivellierung des Leistungsgeschehens vor. Von daher ist es auch nicht zu beanstanden, dass weder der Bewertungsausschuss noch der HVV ein den die früheren Praxisbudgets ergänzenden Zusatzbudgets vergleichbares Instrumentarium vorsehen. Auch wird im Regelfall ein Ausnahmetatbestand nicht vorliegen, wenn generell in allen oder vielen Leistungsbereichen ein gegenüber der Fachgruppe erhöhtes Leistungsvolumen abgerechnet wird, da insoweit die Regelleistungsvolumina auch der Leistungsbegrenzung dienen. Eine generelle Festlegung, wann ein Ausnahmefall vorliegt, kann aber, da es sich um eine Regelung für atypische Einzelfälle handelt, nicht getroffen werden.
Es liegt im Fall der Klägerin aber aufgrund der Neuniederlassung ein Ausnahmefall, der ein Abweichen vom festgesetzten Regelleistungsvolumen rechtfertigt, vor. Die Klägerin hat zutreffend darauf hingewiesen, dass bei neuen Patienten vermehrt Gesprächs- bzw. Beratungsleistungen und Leistungen der Diagnostik anfielen.
Die Kammer hat bereits für eine Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie- und psychotherapie entschieden, dass jedenfalls für diese Fachgruppe, die einen Großteil der Patienten über mehrere Quartale hinweg behandelt und im Wesentlichen eine Behandlung mit zeitintensiven Leistungen vornehmen muss, eine Besonderheit vorliegt. Praxisanfänger müssten sich erst einen Patientenstamm aufbauen. Vor einer evtl. medikamentösen Behandlung und Einstellung bedürfe es gerade auch im Hinblick auf das Alter der Patienten einer sorgfältigen Abklärung. Für die ersten Quartale benötigten Praxisanfänger der Fachgruppe der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie- und psychotherapie daher vermehrt Leistungen nach der Ziffer 14220 EBM 2005. Unter Einrechnung des Ordinations- und Konsultationskomplexes von zusammen 605 Punkten verblieben einer Praxis der Fachgruppe der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie- und –psychotherapie etwa 1.500 Punkte, unter Einrechnung des Umstandes, dass das Regelleistungsvolumen nur 80 % des Durchschnitts betrage, noch ca. 2.000 Punkte. Damit könne die mit 345 Punkten je vollendete 10 Minuten bewertete Leistung nach Ziffer 14220 EBM 2005 (kinder- und jugendpsychiatrisches Gespräch, kinder- und jugendpsychiatrische Behandlung, Beratung, Erörterung und/oder Abklärung) nur höchsten etwa sechsmal im Durchschnitt abgerechnet werden. Das bedeute, dass eine regelleistungsvolumenkonforme Behandlung nur im Durchschnitt eine einstündige Behandlung im Quartal zulasse. Die insoweit fachkundig mit einem Arzt für Allgemeinmedizin und einem Psychotherapeuten besetzte Kammer halte dies jedenfalls für die erste Zeit für unzureichend. Die Kammer gehe dabei davon aus, dass für den Aufbau der Praxis, nach dessen Abschluss möglicherweise das Regelleistungsvolumen ausreichend sei, ein Zeitraum von acht Quartalen benötigt werde. Für das erste Quartal dürfe eine Beschränkung nicht erfolgen, für die Folgequartale, also das zweite bis achte Quartal, sei das Regelleistungsvolumen zu verdoppeln. Diese Größen habe die Kammer aufgrund des ärztlichen und psychotherapeutischen Erfahrungswissens gegriffen, um eine Begrenzung des Leistungsvolumens vorzugeben. Die Kammer weise vorsorglich darauf hin, dass dies nicht für alle Praxisanfänger gelte, sondern der besonderen Situation der Fachgruppe der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie- und psychotherapie bzw. deren Patientenschaft geschuldet sei. Auf dieser Grundlage werde die Beklagte die Klägerin hinsichtlich einer Sonderregelung für das Regelleistungsvolumen neu zu bescheiden haben (SG Marburg, Urt. v. 27.08.2008 S 12 KA 424/07 –, Berufung anhängig: LSG Hessen - L 4 KA 76/08 ).
Die Kammer hat ferner für eine Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin, die ihren Praxissitz innerhalb Hessens verlegt hatte, dass diese aufgrund der räumlichen Entfernung zu ihrem früheren Praxissitz wie eine neu niedergelassene Psychotherapeutin zu behandeln sei und dass für diese Berufsgruppe ebf. nach Neuniederlassung ein Ausnahmefall vorliege. Die Kammer hat darin ausgeführt, gerade für die probatorischen Sitzungen bei Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten gelte ebf., dass diese vermehrt in den ersten Quartalen einer neu gegründeten Praxis anfielen. Die probatorische Sitzung nach Ziffer 35150 EBM 2005 sei mit 1.495 Punkten bewertet. Sie könne jeweils bis zu fünf bzw. acht Sitzungen (Abschnitt E 1.1.1. der Psychotherapie-Richtlinien) abgerechnet werden. Eine Mischkalkulation mit den bereits in Psychotherapie übernommenen Behandlungsfällen sei am Anfang einer Praxistätigkeit nicht bzw. nur begrenz möglich. Zu berücksichtigen sei ferner für Psychotherapeuten, dass die Fallzahlen sehr gering seien und dass insofern einzelne Behandlungsfälle viel stärker ins Gewicht fielen. Die Kammer halte es daher für angemessen, dass im ersten Abrechnungsquartal nach Niederlassung bzw. Neuniederlassung eine Beschränkung nicht erfolgen dürfe, d. h., dass die Leistungen nach Ziffer 35150 EBM 2005 aus dem Regelleistungsvolumen herauszurechnen seien. Für die Folgequartale, also das zweite bis achte Quartal, sei das Regelleistungsvolumen zu verdoppeln. Diese Größen habe die Kammer aufgrund ihres ärztlichen Erfahrungswissens gegriffen, um eine Begrenzung des Leistungsvolumens vorzugeben. Die Kammer weise erneut vorsorglich darauf hin, dass dies nicht für alle Praxisanfänger gelte, sondern der besonderen Situation der Fachgruppe der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Psychotherapeuten und insbesondere der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten bzw. deren Patientenschaft geschuldet sei. Dies werde die Beklagte bei Neubescheidung der Klägerin hinsichtlich einer Sonderregelung für das Regelleistungsvolumen ebf. zu beachten haben (vgl. SG Marburg, Urt. v. 22.10.2008 - 12 KA 235/07 -, Berufung anhängig: LSG Hessen L 4 KA 117/08 - ).
An dieser Rechtsprechung hält die Kammer nach erneuter Überprüfung fest. Bei einer Neubescheidung wird die Beklagte daher ferner für das erste Abrechnungsquartal (III/06) die Leistungen nach Ziffer 35150 EBM 2005 aus dem Regelleistungsvolumen herauszurechnen und für die Folgequartale, also das zweite bis achte Quartal, das Regelleistungsvolumen zu verdoppeln haben.
Nach allem war der Klage stattzugeben und wird die Beklagte die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Streitwertsetzung erfolgte auf den gesetzlichen Grundlagen.
In Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach den sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der Sach- und Streitwert für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 5.000,00 Euro anzunehmen (§ 52 Abs. 1 und 2 GKG).
Ein unmittelbarer wirtschaftlicher Wert kann dem Klagebegehren nicht zugeordnet werden, weshalb von dem Regelstreitwert als Streitwert auszugehen war. Dies ergab den festgesetzten Wert.
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