L 18 AS 1313/12 B ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 206 AS 8996/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AS 1313/12 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 25. April 2012 aufgehoben, soweit das Sozialgericht den Antragsgegner einstweilen zur Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung verpflichtet hat. Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird auch insoweit zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht zu erstatten.

Gründe:

Über die Beschwerde hat in entsprechender Anwendung von § 155 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Vorsitzende und Berichterstatter entschieden.

Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist innerhalb der Monatsfrist des § 173 SGG erhoben worden. Ausweislich des vorliegenden Empfangsbekenntnisses wurde der angefochtene Beschluss dem Antragsgegner am 2. Mai 2012 zugestellt. Der Antragsgegner hat die Beschwerde am 4. Juni 2012, einem Montag, eingelegt. Die Monatsfrist ist damit gewahrt (vgl § 64 Abs. 2 und 3 SGG).

Die Beschwerde, mit der der Antragsgegner sich bei verständiger Würdigung (vgl § 123 SGG) gegen die in dem angefochtenen Beschluss erlassene Regelungsanordnung iSv § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG wendet, der Antragsgegnerin für die Zeit ab 5. April 2012 (Antragseingang) bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, längstens aber bis 30. September 2012, einstweilen Leistungen für Unterkunft und Heizung iHv 211,89 EUR monatlich zu gewähren, ist auch begründet.

Ungeachtet dessen, ob ein entsprechender Anspruch der Antragstellerin besteht, fehlt es nämlich bereits an einem Anordnungsgrund iS eines zur Vermeidung nicht mehr rückgängig zu machender Nachteile unaufschiebbar eiligen Regelungsbedürfnisses. Die Antragstellerin bewohnt ungekündigt die im Rubrum bezeichnete Unterkunft, ohne dass derzeit eine Wohnungs- oder gar Obdachlosigkeit zu besorgen wäre. Ein möglicher zivilrechtlicher Rechtsstreit mit entsprechendem Kostenrisiko ist konkret nicht absehbar, und zwar schon deshalb nicht, weil nach dem eigenen Vorbringen der Antragstellerin (vgl ihre "eidesstattliche Versicherung" vom 13. März 2012) ihr "Mietanteil" derzeit von ihrem Mitbewohner übernommen wird und sie diesen Anteil zurückzahlen muss. Es ist daher nicht ansatzweise dargetan, dass in absehbarer Zeit überhaupt eine Kündigung, und schon gar kein Verlust des Wohnraums, erfolgen könnte. Selbst im Falle einer solchen Kündigung und auch im Fall einer Räumungsklage enthält § 22 Abs. 8 und 9 Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende – (SGB II) eine Regelung zur Sicherung der Unterkunft (vgl BVerfG, Beschluss vom 30. März 2007 – 1 BvR 535/07 -). Für eine "vorsorgliche" Regelungsanordnung besteht keine gesetzliche Grundlage.

Überdies verkennt die Antragstellerin, dass sie vorläufig auch den Betrag des Kindergeldes, der die von ihr geltend gemachte Regelleistung iHv 374,- EUR monatlich unter Berücksichtigung der insoweit bereits gewährten Leistungen iHv 299,- EUR monatlich übersteigt, dh 111,- EUR monatlich, zur Begleichung der Mietzinsforderung einsetzen konnte, zumindest bis einschließlich Mai 2012. Gleiches gälte für Einnahmen aus einem – hier wohl noch nicht beendeten - Beschäftigungsverhältnis, die vorläufig auch insoweit einzusetzen wären, als es sich um nicht anrechenbares Einkommen nach dem SGB II handeln sollte. Denn der vorrangige Einsatz geschützten Vermögens bzw nicht anrechenbaren Einkommens kann nach einer zusprechenden Entscheidung in der Hauptsache ausgeglichen werden. Jedenfalls im April 2012 sind danach der Antragstellerin 326,49 EUR zugeflossen; mit diesem Betrag konnte auch der geltend gemachte Unterkunftskostenanteil für April und Mai 2012 unter Berücksichtigung des überschießenden Kindergeldes vollständig beglichen werden. Für die Zeit ab Juni 2012 gilt das oben Dargelegte, wonach ein Unterkunftsverlust jedenfalls derzeit nicht ersichtlich ist. Im Übrigen dürfte dabei auch zu berücksichtigen sein, dass der Antragstellerin, die vorträgt, derzeit "krank geschrieben" zu sein, nach mehr als vierwöchiger Dauer des Arbeitsverhältnisses ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFGZ) zustehen dürfte (vgl § 3 Abs. 3 EFZG).

Die vorläufige Gewährung von Regelleistungen hat das Sozialgericht bereits abgelehnt, ohne dass die Antragstellerin hiergegen Beschwerde eingelegt hätte. Im Beschwerdeverfahren war hierüber daher nicht zu befinden.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Der Antrag auf Aussetzung der Vollstreckung des angefochtenen Beschlusses gemäß § 199 Abs. 2 SGG hat sich mit der Entscheidung über die Beschwerde erledigt.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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