L 13 AS 1802/12 B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 6 AS 467/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 AS 1802/12 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Mannheim vom 21. März 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Beschwerde der Antragstellerin hat keinen Erfolg; das Sozialgericht Mannheim (SG) hat den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das (erledigte) Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes S 12 AS 3179/11 im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

Die Beschwerde ist zwar statthaft (§ 172 Sozialgerichtsgesetz [SGG]), frist- und formgerecht eingelegt (§ 173 SGG) und damit insgesamt zulässig. Die Ausschlusstatbestände des § 172 Abs. 3 Nr. 1 Halbsatz 2 und Nr. 2 SGG in der hier anwendbaren mit Wirkung vom 11. August 2010 in Kraft getretenen Fassung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 5. August 2010 (BGBl. I S. 1127) greifen nicht ein. Da das SG seine Entscheidung nicht auf das Fehlen der persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen gestützt, sondern die Bewilligung von PKH wegen Mutwilligkeit der (beabsichtigten) Rechtsverfolgung in der Hauptsache abgelehnt hat, liegt ein Fall des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG nicht vor. Darüber hinaus findet auch § 173 Abs. 3 Nr. 1 Halbsatz 2 SGG keine Anwendung, denn eine Entscheidung in der Hauptsache (hier: Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes) wäre mit der Beschwerde anfechtbar gewesen.

Die Beschwerde ist aber unbegründet; die Voraussetzungen für die Bewilligung von PKH haben nicht vorgelegen. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ist - wie in den Tatsacheninstanzen der Sozialgerichtsbarkeit - eine Vertretung durch Rechtsanwälte nicht vorgeschrieben, wird auf Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt beigeordnet, wenn diese Vertretung erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs. 2 ZPO). Bei der Prüfung der Erfolgsaussicht ist zu berücksichtigen, dass die Anwendung des § 114 ZPO dem aus Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 und Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz abzuleitenden verfassungsrechtlichen Gebot entsprechen soll, die Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes weitgehend anzugleichen. Daher dürfen die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt werden; hinreichende Erfolgsaussicht ist z. B. zu bejahen, wenn eine Beweisaufnahme ernsthaft in Betracht kommt und keine konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit zum Nachteil der die PKH begehrenden Partei ausgehen wird (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 29. September 2004 - 1 BvR 1281/04, Beschluss vom 14. April 2003 - 1 BvR 1998/02 und Beschluss vom 12. Januar 1993 - 2 BvR 1584/92 - alle veröffentlicht in Juris; Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 17. Februar 1998 - B 13 RJ 83/97 - SozR 3-1500 § 62 Nr. 19, veröffentlicht auch in Juris; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 73a Rdnr. 7a m.w.N.) Wirft der Rechtsstreit hingegen eine Rechtsfrage auf, die in der Rechtsprechung noch nicht abschließend geklärt, aber klärungsbedürftig ist, liegt hinreichende Erfolgsaussicht ebenfalls vor; in diesem Fall muss PKH bewilligt werden (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, § 73a Rdnr. 7b unter Hinweis auf die Rspr. des BVerfG).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat das SG die Bewilligung von PKH im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Nach der hier nur noch vorzunehmenden summarischen Prüfung haben die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten Regelungsanordnung im maßgeblichen Zeitpunkt des Eintritts der Bewilligungsreife nicht (mehr) vorgelegen. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats ist dieser Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung maßgebend (Senatsbeschluss vom 27. Februar 2009 - L 13 AS 4995/08 PKH-B - veröffentlicht in Juris). Bewilligungsreife tritt ein, wenn alle für die Bewilligung von PKH erforderlichen Unterlagen, insbesondere der vollständig ausgefüllte Vordruck über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die entsprechenden Belege vorgelegt sind und der Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hat (Senatsbeschluss a.a.O.). Dies gilt uneingeschränkt auch bei Anträgen auf PKH für ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Beschluss des erkennenden Senats vom 29. Dezember 2011 - L 13 AS 5141/11 B - veröffentlicht in Juris).

Bewilligungsreife im oben dargelegten Sinn ist bis zum Eingang der als Antragsrücknahme auszulegenden einseitigen Erledigungserklärung der Antragstellerin am 21. Februar 2012 nicht eingetreten. Die Erklärung der Antragstellerin über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 28. Februar 2012 ist bei Gericht erst am 5. März 2012 eingegangen, somit zu einem Zeitpunkt, zu dem eine Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg mehr haben konnte. Bei dieser Sachlage kam eine Bewilligung von PKH nicht mehr in Betracht; der Senat braucht deshalb auch nicht zu entscheiden, ob die Rechtsverfolgung in der Hauptsache (Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes) - wie vom SG angenommen - mutwillig gewesen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit § 127 Abs. 4 ZPO.

Diese Entscheidung ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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