Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 3109/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 4191/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 23. August 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am 1957 in Rumänien geborene Kläger erlernte keinen Beruf. Er war in Rumänien vom 03. September 1973 bis 21. Oktober 1990 als Staplerfahrer und Maschinenhelfer versicherungspflichtig beschäftigt. Nach Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland am 22. Oktober 1990 war er ab 09. April 1991 mit Unterbrechung durch eine Zeit der Arbeitslosigkeit vom 02. Januar 1993 bis 24. April 1993 sowie vom 13. Juli 1995 bis 01. Januar 1996 zunächst in ungelernten Tätigkeiten als Bauarbeiter und sodann ab 02. Januar 1996 als Gabelstaplerfahrer versicherungspflichtig beschäftigt. Bei der letzten Beschäftigung erlitt er am 24. September 2004 einen Arbeitsunfall, der einen LWK 1-Deckplatteneinbruch, eine Kopfplatzwunde occipital und eine fronto-basale Fraktur links mit Subduralhämatom fronto-lateral links zur Folge hatte (Zwischenbericht/Abschlussbericht des Prof. Dr. M., O.-klinik R., vom 12. Oktober 2004). Nach Beendigung der Lohnfortzahlung erhielt der Kläger bis 06. Juli 2005 Verletztengeld. Eine Verletztenrente bezog und bezieht er nicht. Für die Zeit vom 07. Juli bis 31. August 2005 ist im von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten Versicherungsverlauf des Klägers vom 23. Januar 2012 eine Pflichtbeitragszeit, über die der Arbeitgeber einen Nachweis erteilt hat, vermerkt. Vom 01. September 2005 bis 30. Juni 2007 bezog der Kläger Arbeitslosengeld. Im Anschluss daran war er bis 27. Dezember 2007 bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend gemeldet. Seit 01. August 2011 erhält er Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Der Grad der Behinderung des Klägers beträgt 70 seit 23. Juni 2009.
Während Herr S. vom Ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit in einer gutachterlichen Äußerung vom 02. August 2007 noch die Auffassung vertreten hatte, dass der Kläger vollschichtig überwiegend leichte Arbeiten in wechselnder Arbeitshaltung ausüben könne und Hinweise auf eine geistige Behinderung, die eine Aufnahme in eine Werkstatt für Behinderte rechtfertigen würden, bei ihm nicht vorlägen, kam Dipl.-Psychologin P., Agentur für Arbeit R., in ihrem psychologischen Gutachten vom 29. August 2007 zu der Feststellung, dass beim Kläger die Voraussetzungen zur Aufnahme in eine Werkstatt für Behinderte für geistig behinderte Menschen vorlägen.
Im Zusammenhang mit dem Antrag des Klägers auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vom 09. Oktober 2007, der sich wie die hierauf von der Beklagten erlassenen Bescheide nicht in der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte befindet, veranlasste die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg eine Begutachtung des Klägers durch Dr. Ro ... Dr. Ro. nannte im Gutachten vom 14. November 2007 als Diagnosen einen Folgezustand nach LWK 1-Fraktur und eine supraventrikuläre Tachycardie. Das Vorliegen einer Geisteskrankheit vermochte er beim Kläger nicht zu objektivieren. Wesentliche geistige, psychische oder seelische Störungen stellte er nicht fest. Er vertrat die Auffassung, dass Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und stationäre medizinische Reha-Maßnahmen nicht erforderlich seien und der Kläger seine bisherige Tätigkeit als Staplerfahrer und auch sonstige mittelschwere Tätigkeiten mit Funktionseinschränkungen sechs Stunden und mehr täglich verrichten könne.
Am 27. August 2008 beantragte der Kläger erstmals bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste hierauf eine Begutachtung des Klägers durch Arzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. F ... Dr. F. nannte im Gutachten vom 09. Dezember 2008 als Diagnosen anhaltende Lumbalgien bei Zustand nach LWK 1-Kompressionsfraktur 2004 und Spondylarthrosen der LWS, ein mäßiges Übergewicht, Genua vara beidseits und eine Tachykardie. Der Gutachter führte aus, der Kläger habe bei der Begutachtung nicht über Konzentrations- und Gedächtnisstörungen geklagt, hierauf hätten sich ebenso wie auf sonstige psychische Auffälligkeiten im Rahmen der 90-minütigen Befragung und Untersuchung des Klägers auch keinerlei Hinweise ergeben. Das Gangbild des Klägers sei sicher, gleichschrittig und hinkfrei vorführbar gewesen, Einschränkungen bezüglich der erschwerten Gangarten hätten nicht bestanden. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Staplerfahrer könne der Kläger noch in einem Umfang von drei bis unter sechs Stunden täglich verrichten. Leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne Bücken, Heben, Tragen von Lasten seien dem Kläger noch sechs Stunden und mehr täglich möglich. Mit Bescheid vom 08. Januar 2009 lehnte die Beklagte hierauf den Rentenantrag ab. Auf den vom Kläger dagegen erhobenen Widerspruch veranlasste die Beklagte die Begutachtung des Klägers durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. T ... Dr. T., dem gegenüber die Ehefrau des Klägers trotz seiner dringenden Bitte die Erhebung einer Fremdanamnese ohne Begründung ablehnte, führte in seinem Gutachten vom 30. März 2009 auch unter Berücksichtigung des von der Psychologin P. erstatteten Gutachtens vom 29. August 2007 aus, der Kläger erscheine unterdurchschnittlich intelligent, jedoch nicht intelligenzgemindert. Er sei bisher in allen wesentlichen Bereichen des Lebens zurechtgekommen und durchaus auch in der Lage gewesen, die deutsche Sprache Lesen und Schreiben (mit Fehlern) zu lernen. Bei ihm bestünden eine Lernbehinderung bei niedriger Intelligenz und anhaltende Lumbalgien bei Zustand nach LWK 1-Kompressionsfraktur. Er sei durchaus weiter imstande, leichte und einfache Arbeiten ohne Zeitdruck und Akkordanforderung regelmäßig und vollschichtig zu erbringen. Die Arbeitshaltung solle nach Möglichkeit im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen erfolgen. Schwerere Anforderungen wie z.B. Heben und Tragen von schweren Lasten und Arbeit unter Nässe oder Kälte seien ebenso wie Wechselschicht und Nachtarbeit nicht möglich. Hierauf wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2009 zurück.
Am 16. Februar 2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten erneut eine Rente wegen Erwerbsminderung. Er gab an, sich seit September 2004 wegen Rückenschmerzen und Arthrose für erwerbsgemindert zu halten. Die Beklagte zog hierauf den Befundbericht des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. H. vom 06. März 2010, wonach beim Kläger anhaltende Lumbalgien bei Zustand nach LWK 1-Kompressionsfraktur 2004, degenerativen Veränderungen der LWS, Fehlstatik und myogener Dysbalance, Genua vara beidseits, rezidivierende Gonalgien links bei Zustand nach Meniskusoperation und Verdacht auf Gonarthrose und Retropatellararthrose, chronisch rezidivierende Zervicocephalgien, ein Übergewicht und eine Intelligenzminderung bestünden, bei und veranlasste im Anschluss daran eine Begutachtung durch den Orthopäden Dr. D ... Dr. D. nannte im Gutachten vom 22. April 2010 ein lumbales Facettensyndrom bei präsakraler Chondrose, eine posttraumatische thoracolumbale Skoliose nach LWK 1-Fraktur und eine Varusgonarthrose links. Im Vergleich zur Voruntersuchung bestehe ein unveränderter Befund. Leichte Tätigkeiten ohne Nässe, Hitze, Rauch, Gase, Dämpfe, Wechselschicht, Bücken, Heben, Tragen von Lasten, Klettern und Steigen, Kälte, Nachtschicht und Absturzgefahr könne der Kläger in wechselnder Körperhaltung und ohne besonderen Zeitdruck vollschichtig verrichten. Vermieden werden sollten konzentrierte Arbeiten und haltungsfixierende Tätigkeiten. Die bisherige Tätigkeit als Staplerfahrer sei dem Kläger nicht mehr zumutbar. Verrichtet werden könnten aufsichtführende Tätigkeiten ohne große Anforderungen an die Intelligenz. Die Gehstrecke liege unter 500 Metern. Mit Bescheid vom 11. Juni 2010 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab.
Der Kläger erhob Widerspruch. Er machte geltend, komplexe orthopädische Störungen in Überlagerung einer geistigen Minderbelastbarkeit stünden dem kontinuierlichen Arbeits- und Belastungsprofil eines vollschichtigen Leistungsvermögens vehement entgegen. Aufgrund des Erkrankungsbildes auf orthopädisch-schmerztherapeutischem Gebiet liege zudem eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Er könne nicht mehr zu den üblichen Bedingungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt werden. Unverändert leide er aufgrund der Varusgonarthrose links und Varusfehlstellung des Kniegelenks rechts auch an einer Einschränkung der Gehfähigkeit. Eine zusätzliche Erschwernis bestehe in den Folgen des am 24. September 2004 erlittenen Unfalls. Auch die sozialrechtlich relevante Wegefähigkeit sei daher deutlich in Frage zu stellen. In Überlagerung der orthopädischen Leiden würden sich zudem seelische Stimmungsschwankungen und Niedergeschlagenheit finden. Außerdem unterliege er auch starken Erschöpfungszuständen. Mit Widerspruchsbescheid vom 24. November 2010 wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle den Widerspruch des Klägers zurück. Angepasste Arbeiten könne der Kläger noch vollschichtig ausführen. Die von Dr. D. angeführte Einschränkung der Wegstrecke auf unter 500 Meter sei nicht nachvollziehbar. Dr. D. führe in seinem Gutachten aus, dass im Vergleich zur Voruntersuchung keine Befundänderung eingetreten sei. Dr. F. habe in seinem Vorgutachten vom 09. Dezember 2008 ausdrücklich festgestellt, dass die Wegefähigkeit im rentenrechtlichen Sinne uneingeschränkt erhalten sei. Da zudem keine gutachterliche Untersuchung der Wegstrecke durchgeführt worden sei und Unterschiede zum Gutachten von Dr. F. nicht dargelegt worden seien, sei davon auszugehen, dass keine Einschränkung der Wegefähigkeit im rentenrechtlichen Sinne vorliege. Die Einschränkungen auf nervenärztlichem Fachgebiet seien durch Dr. T. in seinem Gutachten von März 2009 gewürdigt worden. Aus dem Befundbericht des Dr. H. vom 06. März 2010 lasse sich nicht die Notwendigkeit einer erneuten nervenärztlichen Begutachtung ableiten. Der Kläger sei durchaus in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung könne daher nicht gewährt werden.
Der Kläger erhob am 06. Dezember 2010 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG). Er verwies auf seine Widerspruchsbegründung und vertrat weiter die Auffassung, dass er aufgrund der Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem und orthopädischen Fachgebiet nicht mehr in der Lage sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig zu sein. Außerdem sei Dr. D. zu dem Ergebnis gekommen, dass seine Gehstrecke unter 500 Meter liege. Ergänzend verwies er auf die Zeugenauskunft des Dr. H. (hierzu im Folgenden) und regte eine neurologische und psychiatrische Begutachtung an.
Die Beklagte trat der Klage unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid entgegen.
Das SG hörte zunächst Dr. H. als sachverständigen Zeugen. Dr. H. führte aus (Auskunft vom 21. April 2011), er habe beim Kläger folgende Diagnosen gestellt: Anhaltende Lumbalgien bei Zustand nach LWK 1-Kompressionsfraktur 2004, degenerativen Veränderungen der LWS, Fehlstatik und myogener Dysbalance, lumbales Facettensyndrom; posttraumatische Thorakolumbalskoliose; Genua vara beidseits; rezidivierende Gonalgien links bei Zustand nach Meniskusoperation und Varusgonarthrose links und Retropatellararthrose; Intelligenzminderung; kognitives Defizit. Nach seinen Feststellungen sei der Kläger noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dreistündig zu verrichten. Seine Gehstrecke liege unter 500 Meter.
Auf Veranlassung des SG erstattete Orthopäde und Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. He. das Gutachten vom 17. Juni 2011. Dr. He. führte aus, der Kläger habe ihm gegenüber angegeben, dass er morgens nicht selten einen Spaziergang unternehme. Dabei sei er in der Regel ca. ein bis zwei Stunden lang unterwegs, wobei er in letzter Zeit dabei häufig Sitzpausen auf Parkbänken einlege. Manches Mal unternehme er nachmittags einen weiteren Spaziergang. Er könne ungefähr 20 bis 30 Minuten lang ohne Pause gehen, welche Distanz er in dieser Zeit zurücklegen könne, könne er nicht einschätzen. Dr. He. berichtete weiter, der Kläger habe ein in bekleidetem Zustand mit Konfektionsschuhen ohne Zurichtung sicheres, aber langsames Gangbild mit einem etwas variablen Schonhinken links gezeigt. Bei der Inspektion ohne Schuhwerk habe der Kläger kein Hinken gezeigt. Orthopädische Hilfsmittel würden nicht benutzt. Die Kniegelenke des Klägers seien beidseits zwischen 145/0/0 Grad beweglich gewesen. Beidseits habe er keine Reibegeräusche, keinen Kniegelenkserguss und weder einen Druck- noch einen Klopfschmerz festgestellt. Die Kniegelenkskonturen und Kapselverhältnisse seien unauffällig gewesen, die Seitenbänder beidseits fest. Im Stand hätten sich beidseits deutliche O Beine (ca. 15 Grad Varus beidseits) gezeigt. Der Sachverständige diagnostizierte schmerzhafte Funktionsstörungen der Lendenwirbelsäule ohne neurologische Begleiterscheinungen nach in leichter Deformität ausgeheiltem stabilen Stauchungsbruch L 1 und schmerzhafte Funktionsstörungen beider Kniegelenke bei beginnender bis mäßiggradiger innenseitiger Kniearthrose bei deutlicher O-Bein-Deformität. Im Hinblick auf die lumbalen Beschwerden sollte der Kläger nur noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in unterschiedlicher Körperhaltung verrichten. Langes Verharren in Zwangshaltungen der LWS sollte ebenso vermieden werden wie häufiges Heben und Tragen von Lasten über 20 kg in stabilisierter, aufrechter Rumpfhaltung oder über zehn kg in Rumpfvor- oder -seitneigung. Ein ständiger Wechsel zwischen Wärme- und Kältezonen sollte vermieden werden. Wesentlich umfangreicheres Treppensteigen als gelegentliches Treppensteigen in einer Größenordnung von zwei bis drei Stockwerken und das Besteigen von Leitern und Gerüsten würde er dem Kläger nicht mehr zumuten. Das Stehen und Gehen würde er auf 20- bis 30-minütige Phasen begrenzen. Das Sitzen sei ihm mehrfach arbeitstäglich bis zu einer Stunde möglich. Im Hinblick auf die lumbalen Beschwerden sollte der Kläger auch nicht mehr auf Maschinen arbeiten, die starke Vibrationen ausstrahlten. Im Zusammenhang mit den Kniebeschwerden sollten Arbeiten im Knien und in der Hockstellung nur ausnahmsweise sehr kurzfristig abverlangt werden. Arbeiten, die mit Sprungbelastungen einhergingen, seien ungünstig. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen seien dem Kläger Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig (d.h. acht Stunden täglich bei fünf Tagen in der Woche) möglich. Aus orthopädischer Sicht habe er auch keinen Zweifel daran, dass der Kläger arbeitstäglich vierfach eine Gehstrecke von über 500 Metern in jeweils höchstens 20 Minuten zu Fuß zurücklegen könne. Eine massive Intelligenzminderung des Klägers sei im Rahmen der ca. einstündigen Anamnese für ihn nicht offenkundig gewesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 23. August 2011 wies das SG die Klage ab. Der Kläger sei nicht erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Er könne zumindest noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne langes Verharren in Zwangshaltungen der LWS, häufiges Heben und Tragen von Lasten über 20 kg in stabilisierter, aufrechter Rumpfhaltung oder über zehn kg in Rumpfvor- oder -seitneigung, ständigen Wechsel von Wärme- und Kältezonen und Arbeit an Maschinen, die starke Vibrationen ausstrahlten, mindestens sechsstündig verrichten. Vermieden werde sollten auch mehr als kurzfristige Arbeiten im Knien oder in der Hockstellung. Da weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliege, brauche eine bestimmte Verweisungstätigkeit nicht bezeichnet zu werden. Dies entnehme es (das SG) insbesondere dem Gerichtsgutachten von Dr. He ... Dessen Leistungsbeurteilung stimme auch mit den Leistungsbeurteilungen aus den Verwaltungsgutachten von Dr. Ro., Dr. F. und Dr. T. überein. Auch in dem Verwaltungsgutachten von Dr. D. werde keine zeitliche Leistungseinschränkung für den allgemeinen Arbeitsmarkt angenommen. Soweit Dr. D. von einer eingeschränkten Wegefähigkeit ausgehe, folge es (das SG) dem nicht. Dr. He. habe in Übereinstimmung mit Dr. F. eine solche Einschränkung nicht bestätigen können. Die dem Sachverständigen geschilderten Aktivitäten bzw. Selbsteinschätzungen des Klägers sprächen deutlich gegen eine gravierende Einschränkung seiner Gehfähigkeit. Der nur kurz begründeten negativen Einschätzung des Dr. H. folge es (das SG) ebenfalls nicht. Es sehe sie durch das nachfolgende eingeholte Fachgutachten als widerlegt an. Die vom Kläger verlangte weitere Sachaufklärung durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens halte es nach den durchgeführten Ermittlungen, insbesondere nach dem Gutachten des Dr. He., für nicht erforderlich. Der Kläger sei trotz einer etwaigen Intelligenzminderung bislang in allen wesentlichen Bereichen des Lebens zurechtgekommen. Eine Verschlechterung seit dem nervenärztlichen Gutachten von Dr. T. sei insoweit auch nicht ersichtlich. Außerdem finde beim Kläger keine nervenärztliche Behandlung statt und werde vom Hausarzt augenscheinlich auch nicht für notwendig erachtet. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig. Berufsschutz komme bei ihm nicht in Betracht. Er sei auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
Gegen diesen seinen Prozessbevollmächtigten am 29. August 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 26. September 2011 Berufung eingelegt. Er verweist auf sein bisheriges Vorbringen und geht weiter davon aus, dass weitere Sachaufklärung durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens erforderlich sei. Die Einschätzung von Dr. He. hinsichtlich seiner kognitiven Leistungsfähigkeit halte er nicht für maßgeblich. Dr. T. habe eine Fremdanamnese für die Beurteilung für erforderlich gehalten. Diese Fremdanamnese sei nicht durchgeführt worden. Auf Nachfrage des Senats hat der Kläger mitgeteilt, dass er sich in letzter Zeit nicht in psychiatrischer oder neurologischer Behandlung befunden habe. Zuletzt habe in den Achtziger- oder Neunzigerjahren in Rumänien eine entsprechende Behandlung stattgefunden. Er habe eine Lernbehinderung und ein kognitives Defizit, was kein Arzt behandeln könne.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 23. August 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 11. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. November 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01. Februar 2010 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das orthopädische Gutachten von Dr. He. lege aus medizinischer Sicht umfassend die Sachlage dar, eine psychiatrische oder neurologische Begutachtung sei nicht erforderlich.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten, der Gerichtsakten beider Rechtszüge und der Prozessakten S 8 R 3148/09 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 11. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. November 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat für die Zeit ab 01. Februar 2010 keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, denn er ist nicht erwerbsgemindert.
Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voraussetzung ist, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Der Kläger ist seit 01. Februar 2010 weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und es besteht auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen. Dies hat das SG in seinem Gerichtsbescheid vom 23. August 2011 insbesondere unter Auswertung des im Gerichtsverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens von Dr. He. und der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. Ro., Dr. F. und Dr. T., aber auch des Dr. D. und der bei Dr. H. eingeholten sachverständigen Zeugenauskunft zutreffend entschieden. Ausgehend von den Gutachten von Dr. He., Dr. Ro., Dr. F. und Dr. T. ist auch zur Überzeugung des Senats eine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 SGB VI nicht gegeben. Beim Kläger liegen zwar Gesundheitsstörungen vor, diese bedingen jedoch nur qualitative, nicht dagegen quantitative Leistungseinschränkungen. Auch die Wegefähigkeit des Klägers ist entgegen dem von Dr. D. erstatteten Gutachten, das insoweit im Widerspruch zu den weiteren Gutachten steht und deshalb, aber auch unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers hinsichtlich seiner Spaziergänge sowohl gegenüber Dr. He. als auch gegenüber der Berichterstatterin im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 04. April 2012, des von Dr. He. beschriebenen Gangbildes sowie der Tatsache, dass keine Gehstütze benutzt wird, als widerlegt anzusehen ist, gegeben. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat - sowohl im Hinblick auf die Feststellung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Einzelnen als auch auf ihre Auswirkungen für das berufliche Leistungsvermögen des Klägers - auf die zutreffenden und ausführlichen Darlegungen in den Entscheidungsgründen des Gerichtsbescheids des SG Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Etwas anderes lässt sich mit Blick auf das orthopädische Fachgebiet auch nicht auf die vom SG eingeholte sachverständige Zeugenauskunft des Dr. H. vom 21. April 2011 stützen. Wie Dr. He. stellte Dr. H. Diagnosen von Seiten der LWS und der Knie. Darüber hinausgehende Erkrankungen auf orthopädischem Gebiet erwähnte er nicht. Er teilte mit, er habe einen Druck- und Klopfschmerz im Bereich der LWS, Verspannungen der paralumbalen Muskulatur und eine endgradig schmerzhafte Einschränkung der Beweglichkeit im Bereich der LWS, einen Druckschmerz über den Iliosacralgelenken beidseits und über dem medialen Kniegelenkspalt links sowie ein retropatellares Reiben und einen Patellaverschiebeschmerz jeweils links befundet. Mit diesen Befunden, die mit Ausnahme der endgradigen Bewegungseinschränkung im Bereich der LWS, der Schmerzen und des retropatellaren Reibens im Bereich des Knies auch von Dr. He. erhoben wurden, lässt sich eine zeitliche Einschränkung unter den täglichen Umfang von sechs Stunden für Tätigkeiten indessen nicht begründen. Diese Befunde führen zweifelsohne dazu, dass der Kläger nur noch leichte bis allenfalls mittelschwere Tätigkeiten im Bewegungswechsel verrichten kann und ihm Zwangshaltungen, Heben und Tragen von Lasten, Besteigen von Leitern und Gerüsten, dauerndes Treppensteigen und auch Arbeiten auf Maschinen, die starke Vibrationen ausstrahlen, sowie Arbeiten im Knien und in der Hockstellung und Arbeiten, die mit Sprungbelastungen einhergehen, nicht mehr möglich sind. Unter Berücksichtigung dieser Funktionseinschränkungen kann der Kläger eine Tätigkeit jedoch noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
Widerlegt wird diese Einschätzung des quantitativen Leistungsvermögens des Klägers auch nicht aufgrund der bei ihm vorliegenden angeborenen Lernbehinderung bei niedriger Intelligenz, die zu kognitiven Einschränkungen führt. Die Lernbehinderung führt ebenfalls nur zu qualitativen Leistungseinschränkungen dergestalt, dass der Kläger keine Arbeiten, die mit Zeitdruck oder Schichtarbeit verbunden sind und ein besonderes Konzentrationsvermögen bzw. Gedächtnisleistungen voraussetzen, verrichten kann. Dies ergibt sich daraus, dass der Kläger, abgesehen davon, dass es sich insoweit um eine angeborene Lernbehinderung handelt und diese in der Vergangenheit einer Berufstätigkeit des Klägers nicht entgegenstand und ihn auch nicht hinderte, die deutsche Sprache zu erlernen - wie der Senat dem Gutachten des Dr. T. vom 30. März 2009 entnimmt -, bei der Begutachtung durch Dr. T. von wacher Bewusstseinslage war, er, der Kläger, in allen Qualitäten voll orientiert war, im Gespräch keine auffälligen Störungen der Gedächtnisfunktionen und der Merkfähigkeit zeigte sowie auch Konzentration und Aufmerksamkeit regelrecht erschienen. Darüber hinaus konnte der Kläger über seine berufliche, private und gesundheitliche Vorgeschichte Auskunft geben, wobei seine Angaben mit den vorliegenden Vorbefunden gut übereinstimmten. Dr. T. vermochte auch weder formale noch inhaltliche Denkstörungen festzustellen. Des Weiteren war - so Dr. T. - die Affektlage des Klägers ausgeglichen und seine Schwingungsfähigkeit und der Antrieb regelrecht. Damit im Einklang steht auch der von Dr. He. bei seiner am 18. Mai 2011 durchgeführten Untersuchung erhobene Befund. Für Dr. He. war im Rahmen der ca. einstündigen Anamnese, obwohl er im Vorfeld von einer Intelligenzminderung gelesen und spezifisch darauf geachtet hatte, eine massive Intelligenzminderung nicht offenkundig. Diese Einschätzung von Dr. He. ist auch nicht deshalb in Zweifel zu ziehen, weil Dr. He. Orthopäde ist, denn hierbei handelt es sich um Erkenntnisse, die, wenn eine schwerwiegende Erkrankung vorliegen würde, im Rahmen der bei einer Begutachtung erfolgenden Befragung zutage treten würde und einem Sachverständigen, insbesondere wenn er hierauf aufgrund des Aktenstudiums achtet, auffallen würden. Im Übrigen haben auch Dr. Ro. und Dr. F. in ihren Gutachten psychische Auffälligkeiten ausdrücklich verneint. Dass es insoweit nunmehr zu einer Verschlechterung gekommen sei, trägt auch der Kläger nicht vor. Auch der Hinweis des Klägers, dass Dr. T. eine Fremdanamnese für erforderlich gehalten habe, diese jedoch nicht durchgeführt worden sei, vermag an dieser Einschätzung nichts zu ändern. Zwar hatte Dr. T. die Ehefrau des Klägers tatsächlich um die Erhebung einer Fremdanamnese gebeten, was diese ohne Begründung ablehnte. Ausweislich des Gutachtens war der Kläger selbst dann aber zur ausreichenden Anamnese in der Lage und seine Angaben waren unter Berücksichtigung der in den Akten bereits vorhandenen Angaben auch stimmig, weshalb Dr. T. auch eine abschließende Einschätzung abgeben konnte und mit Blick auf die Beurteilung eine Fremdanamnese nicht mehr für erforderlich hielt. Aus diesem Grund ergibt sich für den Senat insoweit auch nicht die Notwendigkeit der Einholung eines weiteren Gutachtens auf nervenärztlichem Fachgebiet.
Auch auf die Erwähnung des Dr. H. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 21. April 2011, wonach die Feinmotorik der Hände des Klägers verlangsamt sei und zeitweise ein Tremor der Hände vorliege, sieht der Senat sich nicht veranlasst, hierzu weitere Ermittlungen von Amts wegen durchzuführen. Gestützt auf das von Dr. He. erstattete Gutachten, wonach er bei der am 18. Mai 2011 durchgeführten Untersuchung weder einen Tremor noch eine verlangsamte Feinmotorik der Hände befundete und der Kläger dies auch jeweils nicht beklagte, sieht der Senat den Sachverhalt auch insoweit als geklärt an. Mit der fehlenden Feststellung durch Dr. He. im Einklang steht auch, dass Dr. He. im Rahmen der orientierenden neurologischen Untersuchung der oberen Gliedmaßen keine sicheren Zeichen einer Nerven- bzw. Nervenwurzelschädigung erkennen konnte. Mit Ausnahme von Dr. D., der eine verlangsamte Feinmotorik der Hände feststellte, werden entsprechende Befunde auch von Dr. Ro., Dr. F. und Dr. T. in ihren Gutachten nicht beschrieben, weshalb der Senat davon ausgeht, dass es sich, zumal Dr. H. insoweit keine weitergehenden Ausführungen machte, selbst den Tremor nur als zeitweise vorhanden bezeichnet und weder den Tremor noch die verlangsamte Feinmotorik als Diagnose aufführt, nicht um eine ständige Erkrankung des Klägers handelt. Im Übrigen könnte einer verlangsamten Feinmotorik der Hände und einem zeitweisen Tremor der Hände mit qualitativen Leistungseinschränkungen dahingehend, dass keine Arbeiten mehr verrichtet werden, die eine manuelle Geschicklichkeit erfordern, begegnet werden. Zu einer quantitativen Leistungseinschränkung führen auch diese Beschwerden nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am 1957 in Rumänien geborene Kläger erlernte keinen Beruf. Er war in Rumänien vom 03. September 1973 bis 21. Oktober 1990 als Staplerfahrer und Maschinenhelfer versicherungspflichtig beschäftigt. Nach Zuzug in die Bundesrepublik Deutschland am 22. Oktober 1990 war er ab 09. April 1991 mit Unterbrechung durch eine Zeit der Arbeitslosigkeit vom 02. Januar 1993 bis 24. April 1993 sowie vom 13. Juli 1995 bis 01. Januar 1996 zunächst in ungelernten Tätigkeiten als Bauarbeiter und sodann ab 02. Januar 1996 als Gabelstaplerfahrer versicherungspflichtig beschäftigt. Bei der letzten Beschäftigung erlitt er am 24. September 2004 einen Arbeitsunfall, der einen LWK 1-Deckplatteneinbruch, eine Kopfplatzwunde occipital und eine fronto-basale Fraktur links mit Subduralhämatom fronto-lateral links zur Folge hatte (Zwischenbericht/Abschlussbericht des Prof. Dr. M., O.-klinik R., vom 12. Oktober 2004). Nach Beendigung der Lohnfortzahlung erhielt der Kläger bis 06. Juli 2005 Verletztengeld. Eine Verletztenrente bezog und bezieht er nicht. Für die Zeit vom 07. Juli bis 31. August 2005 ist im von der Beklagten im Berufungsverfahren vorgelegten Versicherungsverlauf des Klägers vom 23. Januar 2012 eine Pflichtbeitragszeit, über die der Arbeitgeber einen Nachweis erteilt hat, vermerkt. Vom 01. September 2005 bis 30. Juni 2007 bezog der Kläger Arbeitslosengeld. Im Anschluss daran war er bis 27. Dezember 2007 bei der Agentur für Arbeit arbeitsuchend gemeldet. Seit 01. August 2011 erhält er Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Der Grad der Behinderung des Klägers beträgt 70 seit 23. Juni 2009.
Während Herr S. vom Ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit in einer gutachterlichen Äußerung vom 02. August 2007 noch die Auffassung vertreten hatte, dass der Kläger vollschichtig überwiegend leichte Arbeiten in wechselnder Arbeitshaltung ausüben könne und Hinweise auf eine geistige Behinderung, die eine Aufnahme in eine Werkstatt für Behinderte rechtfertigen würden, bei ihm nicht vorlägen, kam Dipl.-Psychologin P., Agentur für Arbeit R., in ihrem psychologischen Gutachten vom 29. August 2007 zu der Feststellung, dass beim Kläger die Voraussetzungen zur Aufnahme in eine Werkstatt für Behinderte für geistig behinderte Menschen vorlägen.
Im Zusammenhang mit dem Antrag des Klägers auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vom 09. Oktober 2007, der sich wie die hierauf von der Beklagten erlassenen Bescheide nicht in der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte befindet, veranlasste die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg eine Begutachtung des Klägers durch Dr. Ro ... Dr. Ro. nannte im Gutachten vom 14. November 2007 als Diagnosen einen Folgezustand nach LWK 1-Fraktur und eine supraventrikuläre Tachycardie. Das Vorliegen einer Geisteskrankheit vermochte er beim Kläger nicht zu objektivieren. Wesentliche geistige, psychische oder seelische Störungen stellte er nicht fest. Er vertrat die Auffassung, dass Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und stationäre medizinische Reha-Maßnahmen nicht erforderlich seien und der Kläger seine bisherige Tätigkeit als Staplerfahrer und auch sonstige mittelschwere Tätigkeiten mit Funktionseinschränkungen sechs Stunden und mehr täglich verrichten könne.
Am 27. August 2008 beantragte der Kläger erstmals bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung. Die Beklagte veranlasste hierauf eine Begutachtung des Klägers durch Arzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. F ... Dr. F. nannte im Gutachten vom 09. Dezember 2008 als Diagnosen anhaltende Lumbalgien bei Zustand nach LWK 1-Kompressionsfraktur 2004 und Spondylarthrosen der LWS, ein mäßiges Übergewicht, Genua vara beidseits und eine Tachykardie. Der Gutachter führte aus, der Kläger habe bei der Begutachtung nicht über Konzentrations- und Gedächtnisstörungen geklagt, hierauf hätten sich ebenso wie auf sonstige psychische Auffälligkeiten im Rahmen der 90-minütigen Befragung und Untersuchung des Klägers auch keinerlei Hinweise ergeben. Das Gangbild des Klägers sei sicher, gleichschrittig und hinkfrei vorführbar gewesen, Einschränkungen bezüglich der erschwerten Gangarten hätten nicht bestanden. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Staplerfahrer könne der Kläger noch in einem Umfang von drei bis unter sechs Stunden täglich verrichten. Leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne Bücken, Heben, Tragen von Lasten seien dem Kläger noch sechs Stunden und mehr täglich möglich. Mit Bescheid vom 08. Januar 2009 lehnte die Beklagte hierauf den Rentenantrag ab. Auf den vom Kläger dagegen erhobenen Widerspruch veranlasste die Beklagte die Begutachtung des Klägers durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. T ... Dr. T., dem gegenüber die Ehefrau des Klägers trotz seiner dringenden Bitte die Erhebung einer Fremdanamnese ohne Begründung ablehnte, führte in seinem Gutachten vom 30. März 2009 auch unter Berücksichtigung des von der Psychologin P. erstatteten Gutachtens vom 29. August 2007 aus, der Kläger erscheine unterdurchschnittlich intelligent, jedoch nicht intelligenzgemindert. Er sei bisher in allen wesentlichen Bereichen des Lebens zurechtgekommen und durchaus auch in der Lage gewesen, die deutsche Sprache Lesen und Schreiben (mit Fehlern) zu lernen. Bei ihm bestünden eine Lernbehinderung bei niedriger Intelligenz und anhaltende Lumbalgien bei Zustand nach LWK 1-Kompressionsfraktur. Er sei durchaus weiter imstande, leichte und einfache Arbeiten ohne Zeitdruck und Akkordanforderung regelmäßig und vollschichtig zu erbringen. Die Arbeitshaltung solle nach Möglichkeit im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen erfolgen. Schwerere Anforderungen wie z.B. Heben und Tragen von schweren Lasten und Arbeit unter Nässe oder Kälte seien ebenso wie Wechselschicht und Nachtarbeit nicht möglich. Hierauf wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2009 zurück.
Am 16. Februar 2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten erneut eine Rente wegen Erwerbsminderung. Er gab an, sich seit September 2004 wegen Rückenschmerzen und Arthrose für erwerbsgemindert zu halten. Die Beklagte zog hierauf den Befundbericht des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. H. vom 06. März 2010, wonach beim Kläger anhaltende Lumbalgien bei Zustand nach LWK 1-Kompressionsfraktur 2004, degenerativen Veränderungen der LWS, Fehlstatik und myogener Dysbalance, Genua vara beidseits, rezidivierende Gonalgien links bei Zustand nach Meniskusoperation und Verdacht auf Gonarthrose und Retropatellararthrose, chronisch rezidivierende Zervicocephalgien, ein Übergewicht und eine Intelligenzminderung bestünden, bei und veranlasste im Anschluss daran eine Begutachtung durch den Orthopäden Dr. D ... Dr. D. nannte im Gutachten vom 22. April 2010 ein lumbales Facettensyndrom bei präsakraler Chondrose, eine posttraumatische thoracolumbale Skoliose nach LWK 1-Fraktur und eine Varusgonarthrose links. Im Vergleich zur Voruntersuchung bestehe ein unveränderter Befund. Leichte Tätigkeiten ohne Nässe, Hitze, Rauch, Gase, Dämpfe, Wechselschicht, Bücken, Heben, Tragen von Lasten, Klettern und Steigen, Kälte, Nachtschicht und Absturzgefahr könne der Kläger in wechselnder Körperhaltung und ohne besonderen Zeitdruck vollschichtig verrichten. Vermieden werden sollten konzentrierte Arbeiten und haltungsfixierende Tätigkeiten. Die bisherige Tätigkeit als Staplerfahrer sei dem Kläger nicht mehr zumutbar. Verrichtet werden könnten aufsichtführende Tätigkeiten ohne große Anforderungen an die Intelligenz. Die Gehstrecke liege unter 500 Metern. Mit Bescheid vom 11. Juni 2010 lehnte die Beklagte den Rentenantrag des Klägers ab.
Der Kläger erhob Widerspruch. Er machte geltend, komplexe orthopädische Störungen in Überlagerung einer geistigen Minderbelastbarkeit stünden dem kontinuierlichen Arbeits- und Belastungsprofil eines vollschichtigen Leistungsvermögens vehement entgegen. Aufgrund des Erkrankungsbildes auf orthopädisch-schmerztherapeutischem Gebiet liege zudem eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Er könne nicht mehr zu den üblichen Bedingungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt beschäftigt werden. Unverändert leide er aufgrund der Varusgonarthrose links und Varusfehlstellung des Kniegelenks rechts auch an einer Einschränkung der Gehfähigkeit. Eine zusätzliche Erschwernis bestehe in den Folgen des am 24. September 2004 erlittenen Unfalls. Auch die sozialrechtlich relevante Wegefähigkeit sei daher deutlich in Frage zu stellen. In Überlagerung der orthopädischen Leiden würden sich zudem seelische Stimmungsschwankungen und Niedergeschlagenheit finden. Außerdem unterliege er auch starken Erschöpfungszuständen. Mit Widerspruchsbescheid vom 24. November 2010 wies die bei der Beklagten gebildete Widerspruchsstelle den Widerspruch des Klägers zurück. Angepasste Arbeiten könne der Kläger noch vollschichtig ausführen. Die von Dr. D. angeführte Einschränkung der Wegstrecke auf unter 500 Meter sei nicht nachvollziehbar. Dr. D. führe in seinem Gutachten aus, dass im Vergleich zur Voruntersuchung keine Befundänderung eingetreten sei. Dr. F. habe in seinem Vorgutachten vom 09. Dezember 2008 ausdrücklich festgestellt, dass die Wegefähigkeit im rentenrechtlichen Sinne uneingeschränkt erhalten sei. Da zudem keine gutachterliche Untersuchung der Wegstrecke durchgeführt worden sei und Unterschiede zum Gutachten von Dr. F. nicht dargelegt worden seien, sei davon auszugehen, dass keine Einschränkung der Wegefähigkeit im rentenrechtlichen Sinne vorliege. Die Einschränkungen auf nervenärztlichem Fachgebiet seien durch Dr. T. in seinem Gutachten von März 2009 gewürdigt worden. Aus dem Befundbericht des Dr. H. vom 06. März 2010 lasse sich nicht die Notwendigkeit einer erneuten nervenärztlichen Begutachtung ableiten. Der Kläger sei durchaus in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Eine Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung könne daher nicht gewährt werden.
Der Kläger erhob am 06. Dezember 2010 Klage beim Sozialgericht Konstanz (SG). Er verwies auf seine Widerspruchsbegründung und vertrat weiter die Auffassung, dass er aufgrund der Gesundheitsstörungen auf neurologisch-psychiatrischem und orthopädischen Fachgebiet nicht mehr in der Lage sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts erwerbstätig zu sein. Außerdem sei Dr. D. zu dem Ergebnis gekommen, dass seine Gehstrecke unter 500 Meter liege. Ergänzend verwies er auf die Zeugenauskunft des Dr. H. (hierzu im Folgenden) und regte eine neurologische und psychiatrische Begutachtung an.
Die Beklagte trat der Klage unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid entgegen.
Das SG hörte zunächst Dr. H. als sachverständigen Zeugen. Dr. H. führte aus (Auskunft vom 21. April 2011), er habe beim Kläger folgende Diagnosen gestellt: Anhaltende Lumbalgien bei Zustand nach LWK 1-Kompressionsfraktur 2004, degenerativen Veränderungen der LWS, Fehlstatik und myogener Dysbalance, lumbales Facettensyndrom; posttraumatische Thorakolumbalskoliose; Genua vara beidseits; rezidivierende Gonalgien links bei Zustand nach Meniskusoperation und Varusgonarthrose links und Retropatellararthrose; Intelligenzminderung; kognitives Defizit. Nach seinen Feststellungen sei der Kläger noch in der Lage, leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dreistündig zu verrichten. Seine Gehstrecke liege unter 500 Meter.
Auf Veranlassung des SG erstattete Orthopäde und Facharzt für Physikalische und Rehabilitative Medizin Dr. He. das Gutachten vom 17. Juni 2011. Dr. He. führte aus, der Kläger habe ihm gegenüber angegeben, dass er morgens nicht selten einen Spaziergang unternehme. Dabei sei er in der Regel ca. ein bis zwei Stunden lang unterwegs, wobei er in letzter Zeit dabei häufig Sitzpausen auf Parkbänken einlege. Manches Mal unternehme er nachmittags einen weiteren Spaziergang. Er könne ungefähr 20 bis 30 Minuten lang ohne Pause gehen, welche Distanz er in dieser Zeit zurücklegen könne, könne er nicht einschätzen. Dr. He. berichtete weiter, der Kläger habe ein in bekleidetem Zustand mit Konfektionsschuhen ohne Zurichtung sicheres, aber langsames Gangbild mit einem etwas variablen Schonhinken links gezeigt. Bei der Inspektion ohne Schuhwerk habe der Kläger kein Hinken gezeigt. Orthopädische Hilfsmittel würden nicht benutzt. Die Kniegelenke des Klägers seien beidseits zwischen 145/0/0 Grad beweglich gewesen. Beidseits habe er keine Reibegeräusche, keinen Kniegelenkserguss und weder einen Druck- noch einen Klopfschmerz festgestellt. Die Kniegelenkskonturen und Kapselverhältnisse seien unauffällig gewesen, die Seitenbänder beidseits fest. Im Stand hätten sich beidseits deutliche O Beine (ca. 15 Grad Varus beidseits) gezeigt. Der Sachverständige diagnostizierte schmerzhafte Funktionsstörungen der Lendenwirbelsäule ohne neurologische Begleiterscheinungen nach in leichter Deformität ausgeheiltem stabilen Stauchungsbruch L 1 und schmerzhafte Funktionsstörungen beider Kniegelenke bei beginnender bis mäßiggradiger innenseitiger Kniearthrose bei deutlicher O-Bein-Deformität. Im Hinblick auf die lumbalen Beschwerden sollte der Kläger nur noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in unterschiedlicher Körperhaltung verrichten. Langes Verharren in Zwangshaltungen der LWS sollte ebenso vermieden werden wie häufiges Heben und Tragen von Lasten über 20 kg in stabilisierter, aufrechter Rumpfhaltung oder über zehn kg in Rumpfvor- oder -seitneigung. Ein ständiger Wechsel zwischen Wärme- und Kältezonen sollte vermieden werden. Wesentlich umfangreicheres Treppensteigen als gelegentliches Treppensteigen in einer Größenordnung von zwei bis drei Stockwerken und das Besteigen von Leitern und Gerüsten würde er dem Kläger nicht mehr zumuten. Das Stehen und Gehen würde er auf 20- bis 30-minütige Phasen begrenzen. Das Sitzen sei ihm mehrfach arbeitstäglich bis zu einer Stunde möglich. Im Hinblick auf die lumbalen Beschwerden sollte der Kläger auch nicht mehr auf Maschinen arbeiten, die starke Vibrationen ausstrahlten. Im Zusammenhang mit den Kniebeschwerden sollten Arbeiten im Knien und in der Hockstellung nur ausnahmsweise sehr kurzfristig abverlangt werden. Arbeiten, die mit Sprungbelastungen einhergingen, seien ungünstig. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen seien dem Kläger Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtig (d.h. acht Stunden täglich bei fünf Tagen in der Woche) möglich. Aus orthopädischer Sicht habe er auch keinen Zweifel daran, dass der Kläger arbeitstäglich vierfach eine Gehstrecke von über 500 Metern in jeweils höchstens 20 Minuten zu Fuß zurücklegen könne. Eine massive Intelligenzminderung des Klägers sei im Rahmen der ca. einstündigen Anamnese für ihn nicht offenkundig gewesen.
Mit Gerichtsbescheid vom 23. August 2011 wies das SG die Klage ab. Der Kläger sei nicht erwerbsgemindert im Sinne des § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Er könne zumindest noch leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne langes Verharren in Zwangshaltungen der LWS, häufiges Heben und Tragen von Lasten über 20 kg in stabilisierter, aufrechter Rumpfhaltung oder über zehn kg in Rumpfvor- oder -seitneigung, ständigen Wechsel von Wärme- und Kältezonen und Arbeit an Maschinen, die starke Vibrationen ausstrahlten, mindestens sechsstündig verrichten. Vermieden werde sollten auch mehr als kurzfristige Arbeiten im Knien oder in der Hockstellung. Da weder eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen noch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliege, brauche eine bestimmte Verweisungstätigkeit nicht bezeichnet zu werden. Dies entnehme es (das SG) insbesondere dem Gerichtsgutachten von Dr. He ... Dessen Leistungsbeurteilung stimme auch mit den Leistungsbeurteilungen aus den Verwaltungsgutachten von Dr. Ro., Dr. F. und Dr. T. überein. Auch in dem Verwaltungsgutachten von Dr. D. werde keine zeitliche Leistungseinschränkung für den allgemeinen Arbeitsmarkt angenommen. Soweit Dr. D. von einer eingeschränkten Wegefähigkeit ausgehe, folge es (das SG) dem nicht. Dr. He. habe in Übereinstimmung mit Dr. F. eine solche Einschränkung nicht bestätigen können. Die dem Sachverständigen geschilderten Aktivitäten bzw. Selbsteinschätzungen des Klägers sprächen deutlich gegen eine gravierende Einschränkung seiner Gehfähigkeit. Der nur kurz begründeten negativen Einschätzung des Dr. H. folge es (das SG) ebenfalls nicht. Es sehe sie durch das nachfolgende eingeholte Fachgutachten als widerlegt an. Die vom Kläger verlangte weitere Sachaufklärung durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens halte es nach den durchgeführten Ermittlungen, insbesondere nach dem Gutachten des Dr. He., für nicht erforderlich. Der Kläger sei trotz einer etwaigen Intelligenzminderung bislang in allen wesentlichen Bereichen des Lebens zurechtgekommen. Eine Verschlechterung seit dem nervenärztlichen Gutachten von Dr. T. sei insoweit auch nicht ersichtlich. Außerdem finde beim Kläger keine nervenärztliche Behandlung statt und werde vom Hausarzt augenscheinlich auch nicht für notwendig erachtet. Der Kläger sei auch nicht berufsunfähig. Berufsschutz komme bei ihm nicht in Betracht. Er sei auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.
Gegen diesen seinen Prozessbevollmächtigten am 29. August 2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 26. September 2011 Berufung eingelegt. Er verweist auf sein bisheriges Vorbringen und geht weiter davon aus, dass weitere Sachaufklärung durch Einholung eines nervenärztlichen Gutachtens erforderlich sei. Die Einschätzung von Dr. He. hinsichtlich seiner kognitiven Leistungsfähigkeit halte er nicht für maßgeblich. Dr. T. habe eine Fremdanamnese für die Beurteilung für erforderlich gehalten. Diese Fremdanamnese sei nicht durchgeführt worden. Auf Nachfrage des Senats hat der Kläger mitgeteilt, dass er sich in letzter Zeit nicht in psychiatrischer oder neurologischer Behandlung befunden habe. Zuletzt habe in den Achtziger- oder Neunzigerjahren in Rumänien eine entsprechende Behandlung stattgefunden. Er habe eine Lernbehinderung und ein kognitives Defizit, was kein Arzt behandeln könne.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 23. August 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 11. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. November 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01. Februar 2010 Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das orthopädische Gutachten von Dr. He. lege aus medizinischer Sicht umfassend die Sachlage dar, eine psychiatrische oder neurologische Begutachtung sei nicht erforderlich.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten, der Gerichtsakten beider Rechtszüge und der Prozessakten S 8 R 3148/09 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG entschieden hat, ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 11. Juni 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. November 2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat für die Zeit ab 01. Februar 2010 keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, denn er ist nicht erwerbsgemindert.
Versicherte haben gemäß § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze (insoweit mit Wirkung zum 01. Januar 2008 geändert durch Art. 1 Nr. 12 des RV-Altersgrenzenanpassungsgesetzes vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554), wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voraussetzung ist, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs. 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Der Kläger ist seit 01. Februar 2010 weder voll noch teilweise erwerbsgemindert und es besteht auch keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen. Dies hat das SG in seinem Gerichtsbescheid vom 23. August 2011 insbesondere unter Auswertung des im Gerichtsverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens von Dr. He. und der im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. Ro., Dr. F. und Dr. T., aber auch des Dr. D. und der bei Dr. H. eingeholten sachverständigen Zeugenauskunft zutreffend entschieden. Ausgehend von den Gutachten von Dr. He., Dr. Ro., Dr. F. und Dr. T. ist auch zur Überzeugung des Senats eine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 SGB VI nicht gegeben. Beim Kläger liegen zwar Gesundheitsstörungen vor, diese bedingen jedoch nur qualitative, nicht dagegen quantitative Leistungseinschränkungen. Auch die Wegefähigkeit des Klägers ist entgegen dem von Dr. D. erstatteten Gutachten, das insoweit im Widerspruch zu den weiteren Gutachten steht und deshalb, aber auch unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers hinsichtlich seiner Spaziergänge sowohl gegenüber Dr. He. als auch gegenüber der Berichterstatterin im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 04. April 2012, des von Dr. He. beschriebenen Gangbildes sowie der Tatsache, dass keine Gehstütze benutzt wird, als widerlegt anzusehen ist, gegeben. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat - sowohl im Hinblick auf die Feststellung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen im Einzelnen als auch auf ihre Auswirkungen für das berufliche Leistungsvermögen des Klägers - auf die zutreffenden und ausführlichen Darlegungen in den Entscheidungsgründen des Gerichtsbescheids des SG Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Etwas anderes lässt sich mit Blick auf das orthopädische Fachgebiet auch nicht auf die vom SG eingeholte sachverständige Zeugenauskunft des Dr. H. vom 21. April 2011 stützen. Wie Dr. He. stellte Dr. H. Diagnosen von Seiten der LWS und der Knie. Darüber hinausgehende Erkrankungen auf orthopädischem Gebiet erwähnte er nicht. Er teilte mit, er habe einen Druck- und Klopfschmerz im Bereich der LWS, Verspannungen der paralumbalen Muskulatur und eine endgradig schmerzhafte Einschränkung der Beweglichkeit im Bereich der LWS, einen Druckschmerz über den Iliosacralgelenken beidseits und über dem medialen Kniegelenkspalt links sowie ein retropatellares Reiben und einen Patellaverschiebeschmerz jeweils links befundet. Mit diesen Befunden, die mit Ausnahme der endgradigen Bewegungseinschränkung im Bereich der LWS, der Schmerzen und des retropatellaren Reibens im Bereich des Knies auch von Dr. He. erhoben wurden, lässt sich eine zeitliche Einschränkung unter den täglichen Umfang von sechs Stunden für Tätigkeiten indessen nicht begründen. Diese Befunde führen zweifelsohne dazu, dass der Kläger nur noch leichte bis allenfalls mittelschwere Tätigkeiten im Bewegungswechsel verrichten kann und ihm Zwangshaltungen, Heben und Tragen von Lasten, Besteigen von Leitern und Gerüsten, dauerndes Treppensteigen und auch Arbeiten auf Maschinen, die starke Vibrationen ausstrahlen, sowie Arbeiten im Knien und in der Hockstellung und Arbeiten, die mit Sprungbelastungen einhergehen, nicht mehr möglich sind. Unter Berücksichtigung dieser Funktionseinschränkungen kann der Kläger eine Tätigkeit jedoch noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten.
Widerlegt wird diese Einschätzung des quantitativen Leistungsvermögens des Klägers auch nicht aufgrund der bei ihm vorliegenden angeborenen Lernbehinderung bei niedriger Intelligenz, die zu kognitiven Einschränkungen führt. Die Lernbehinderung führt ebenfalls nur zu qualitativen Leistungseinschränkungen dergestalt, dass der Kläger keine Arbeiten, die mit Zeitdruck oder Schichtarbeit verbunden sind und ein besonderes Konzentrationsvermögen bzw. Gedächtnisleistungen voraussetzen, verrichten kann. Dies ergibt sich daraus, dass der Kläger, abgesehen davon, dass es sich insoweit um eine angeborene Lernbehinderung handelt und diese in der Vergangenheit einer Berufstätigkeit des Klägers nicht entgegenstand und ihn auch nicht hinderte, die deutsche Sprache zu erlernen - wie der Senat dem Gutachten des Dr. T. vom 30. März 2009 entnimmt -, bei der Begutachtung durch Dr. T. von wacher Bewusstseinslage war, er, der Kläger, in allen Qualitäten voll orientiert war, im Gespräch keine auffälligen Störungen der Gedächtnisfunktionen und der Merkfähigkeit zeigte sowie auch Konzentration und Aufmerksamkeit regelrecht erschienen. Darüber hinaus konnte der Kläger über seine berufliche, private und gesundheitliche Vorgeschichte Auskunft geben, wobei seine Angaben mit den vorliegenden Vorbefunden gut übereinstimmten. Dr. T. vermochte auch weder formale noch inhaltliche Denkstörungen festzustellen. Des Weiteren war - so Dr. T. - die Affektlage des Klägers ausgeglichen und seine Schwingungsfähigkeit und der Antrieb regelrecht. Damit im Einklang steht auch der von Dr. He. bei seiner am 18. Mai 2011 durchgeführten Untersuchung erhobene Befund. Für Dr. He. war im Rahmen der ca. einstündigen Anamnese, obwohl er im Vorfeld von einer Intelligenzminderung gelesen und spezifisch darauf geachtet hatte, eine massive Intelligenzminderung nicht offenkundig. Diese Einschätzung von Dr. He. ist auch nicht deshalb in Zweifel zu ziehen, weil Dr. He. Orthopäde ist, denn hierbei handelt es sich um Erkenntnisse, die, wenn eine schwerwiegende Erkrankung vorliegen würde, im Rahmen der bei einer Begutachtung erfolgenden Befragung zutage treten würde und einem Sachverständigen, insbesondere wenn er hierauf aufgrund des Aktenstudiums achtet, auffallen würden. Im Übrigen haben auch Dr. Ro. und Dr. F. in ihren Gutachten psychische Auffälligkeiten ausdrücklich verneint. Dass es insoweit nunmehr zu einer Verschlechterung gekommen sei, trägt auch der Kläger nicht vor. Auch der Hinweis des Klägers, dass Dr. T. eine Fremdanamnese für erforderlich gehalten habe, diese jedoch nicht durchgeführt worden sei, vermag an dieser Einschätzung nichts zu ändern. Zwar hatte Dr. T. die Ehefrau des Klägers tatsächlich um die Erhebung einer Fremdanamnese gebeten, was diese ohne Begründung ablehnte. Ausweislich des Gutachtens war der Kläger selbst dann aber zur ausreichenden Anamnese in der Lage und seine Angaben waren unter Berücksichtigung der in den Akten bereits vorhandenen Angaben auch stimmig, weshalb Dr. T. auch eine abschließende Einschätzung abgeben konnte und mit Blick auf die Beurteilung eine Fremdanamnese nicht mehr für erforderlich hielt. Aus diesem Grund ergibt sich für den Senat insoweit auch nicht die Notwendigkeit der Einholung eines weiteren Gutachtens auf nervenärztlichem Fachgebiet.
Auch auf die Erwähnung des Dr. H. in seiner sachverständigen Zeugenauskunft vom 21. April 2011, wonach die Feinmotorik der Hände des Klägers verlangsamt sei und zeitweise ein Tremor der Hände vorliege, sieht der Senat sich nicht veranlasst, hierzu weitere Ermittlungen von Amts wegen durchzuführen. Gestützt auf das von Dr. He. erstattete Gutachten, wonach er bei der am 18. Mai 2011 durchgeführten Untersuchung weder einen Tremor noch eine verlangsamte Feinmotorik der Hände befundete und der Kläger dies auch jeweils nicht beklagte, sieht der Senat den Sachverhalt auch insoweit als geklärt an. Mit der fehlenden Feststellung durch Dr. He. im Einklang steht auch, dass Dr. He. im Rahmen der orientierenden neurologischen Untersuchung der oberen Gliedmaßen keine sicheren Zeichen einer Nerven- bzw. Nervenwurzelschädigung erkennen konnte. Mit Ausnahme von Dr. D., der eine verlangsamte Feinmotorik der Hände feststellte, werden entsprechende Befunde auch von Dr. Ro., Dr. F. und Dr. T. in ihren Gutachten nicht beschrieben, weshalb der Senat davon ausgeht, dass es sich, zumal Dr. H. insoweit keine weitergehenden Ausführungen machte, selbst den Tremor nur als zeitweise vorhanden bezeichnet und weder den Tremor noch die verlangsamte Feinmotorik als Diagnose aufführt, nicht um eine ständige Erkrankung des Klägers handelt. Im Übrigen könnte einer verlangsamten Feinmotorik der Hände und einem zeitweisen Tremor der Hände mit qualitativen Leistungseinschränkungen dahingehend, dass keine Arbeiten mehr verrichtet werden, die eine manuelle Geschicklichkeit erfordern, begegnet werden. Zu einer quantitativen Leistungseinschränkung führen auch diese Beschwerden nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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