Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 1251/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 5808/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16.11.2011 und der Bescheid der Beklagten vom 24.11.2010 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2011 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin aus Anlass des Wegeunfalls des Versicherten vom 09.09.2009 Hinterbliebenenleistungen zu gewähren.
2. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im erstinstanzlichen Klageverfahren und im Berufungsverfahren zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen im Streit, nachdem der bei der Beklagten versicherte Ehemann der Klägerin (Versicherter) nach einem auswärtigen Arbeitseinsatz am 09.09.2009 bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen ist.
Der 1958 in Rumänien geborene Versicherte arbeitete seit dem 31.03.2008 bei der S. Berufsdetektei T. K. GmbH in 94347 A. und wurde hierbei als Detektiv in verschiedenen Niederlassungen eingesetzt. Am 09.09.2009 war er von seinem Arbeitgeber zu einem R.-Markt in M. entsandt worden. Nach dem Polizeibericht der Polizeidirektion V.-S.vom 10.09.2009 befand sich der Versicherte am 09.09.2009 um 23:17 Uhr mit seinem Pkw auf der K 5741 von Hausen vor Wald in Richtung B., wo er in einer langgezogenen Rechtskurve in H. infolge überhöhter Geschwindigkeit von der Fahrbahn abkam, frontal auf einen vereinzelt stehenden Baum aufprallte und hierbei tödlich verletzt wurde. Die Kreisstraße K ... diente nach dem Unfallbericht der Polizeidirektion V.-S. vom 14.10.2009 aufgrund von Bauarbeiten auf der B 31 bei H. über mehrere Wochen als Umleitungsstrecke. Im Obduktionsbericht wurde festgestellt, dass der Kläger unter einer Unterzuckerung sowie einer Herzkrankheit litt, der Tod jedoch durch die beim Unfall entstandenen Verletzungen eingetreten sei. Der Versicherte stand nicht unter dem Einfluss von Alkohol.
Zum Unfallzeitpunkt hatten die Klägerin und der Versicherte eine Wohnung in H.-H. neu angemietet, die gerade grundlegend renoviert wurde. Deswegen war die Klägerin vorübergehend mit ihrer minderjährigen Tochter in einer anderen Wohnung bei ihrer Arbeitgeberin in H. untergebracht, und der Versicherte hatte vorübergehend ein Hotelzimmer in N. (zwischen B. und R.) angemietet. Der Weg über die B 31 wäre für den Versicherten die direkteste Verkehrsverbindung von seinem Einsatzort in M. sowohl zu der gerade in der Renovierung befindlichen Wohnung der Familie in H.-H., zu seiner vorübergehend in H. untergebrachten Familie als auch zu dem vorübergehend von ihm gemieteten Hotelzimmer in N. gewesen.
Die Bevollmächtigten der Klägerin machten mit Schriftsatz vom 30.11.2009 bei der Beklagten geltend, dass der Versicherte am 09.09.2009 auf dem Nachhauseweg von der Arbeit und somit während eines Wegeunfalls tödlich verunglückt sei.
Der Arbeitgeber des Versicherten gab in einem Telefonat mit der Beklagten vom 10.12.2009 an, der Kläger sei bei dem tödlichen Verkehrsunfall auf dem Weg vom Einsatzort (22.00 Uhr) in M. nach Hause nach B. gewesen. Der Unfall habe sich auf halber Strecke bei V.-S. ereignet, allerdings hätte der Versicherte nach Angaben seines Arbeitgebers am Einsatzort bleiben sollen, zumal bereits ein Hotel gebucht gewesen sei und der Einsatz des Versicherten am nächsten Tag in M. habe fortgesetzt werden sollen.
In dem von der Klägerin am 14.01.2010 ausgefüllten Unfallfragebogen ist ebenfalls angegebenen, dass der Versicherte am Unfalltag von dem R.-Markt in M. auf dem Rückweg nach Hause gewesen sei. Ihr sei nicht bekannt, ob der Versicherte noch Besorgungen gemacht habe oder jemanden habe besuchen wollen. Ausweislich eines beigefügten Tätigkeitsberichts der Firma R. vom 09.09.2009 hatte der Versicherte an diesem Tag die Arbeit um 11.00 Uhr aufgenommen und um 21.00 Uhr beendet. Nach der Unfallanzeige der S. Berufsdetektei vom 26.01.2010 hätte der Versicherte vom 09.09. auf den 10.09.2009 im Gasthaus K. in der M.straße in M. übernachten sollen, da er auch am Folgetag wieder in M. eingesetzt worden wäre. Ergänzend teilte die Arbeitgeberin am 27.07.2010 mit, dass ihr nicht bekannt sei, weshalb der Versicherte das gebuchte Hotelzimmer nicht in Anspruch genommen habe. Noch am 09.09.2009 sei der Versicherte telefonisch ausdrücklich angewiesen worden, das Zimmer zu nutzen, da die Arbeitsaufnahme im M. für den nächsten Tag um 9.00 Uhr geplant gewesen sei. Es sei auch nicht öfter vorgekommen, dass ein gebuchtes Hotelzimmer nicht in Anspruch genommen worden sei.
Die Klägerin gab am 17.08.2010 an, dass sie am 09.09.2009 nicht mit einem Besuch ihres Ehemannes gerechnet habe. Sie sei davon ausgegangen, dass ihr Mann in dem vom Arbeitgeber gebuchten Zimmer übernachten und erst am nächsten Tag zurückkehren werde, wie es abgesprochen gewesen sei. Es habe auch keinen Anlass für eine Heimfahrt am 09.09.2009 gegeben. Auch die Klägerin gab an, dass es nicht öfter vorgekommen sei, dass ihr Ehemann ein gebuchtes Zimmer nicht in Anspruch genommen habe. Vielmehr habe ihr Ehemann teilweise auch auf eigene Kosten ein Hotelzimmer gebucht, um am nächsten Tag pünktlich an einem Einsatzort zur Arbeit antreten zu können.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 24.11.2010 die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus Anlass des tödlichen Unfalles des Versicherten vom 09.09.2009 ab, da kein Versicherungsfall vorliege. Zwar befinde sich der Unfallort H. auf direktem Weg zwischen dem Einsatzort M. und der Familienwohnung in H., jedoch habe die Klägerin nicht damit gerechnet, dass der Versicherte an diesem Abend nach Hause komme. Auch nach der Auskunft des Arbeitgebers sei damit zu rechnen gewesen, dass der Versicherte in M. übernachte. Die Fahrt sei auch nicht direkt im Anschluss an die Arbeitszeit, sondern erst um 22:00 Uhr angetreten worden, wobei der direkte Heimweg bereits zwei Stunden Fahrzeit beansprucht hätte. Bei einem Arbeitsende um 21:00 Uhr und einem Arbeitsbeginn am Folgetag um 9:00 Uhr wäre nach Abzug der Fahrtzeit ein Aufenthalt von maximal acht Stunden verblieben, wobei nicht nachvollziehbar sei, weswegen diese relativ kurze Zeit noch zusätzlich um eine Stunde hätte verkürzt werden sollen. Insoweit sei die Handlungstendenz des Versicherten, tatsächlich nach Arbeitsende nach Hause fahren zu wollen, fraglich. Daher sei, obwohl der Kläger sich in H. auf der Strecke seines Heimwegs befunden habe, fraglich, ob dieser nicht doch ein anderes Ziel gehabt habe. Nach Ausschöpfung aller Beweismöglichkeiten (Nachfrage beim Arbeitgeber und Berücksichtigung der Angaben der Klägerin) und unter sorgfältiger Beweiswürdigung habe nicht geklärt werden können, was der Versicherte zum Unfallzeitpunkt vorgehabt habe. Damit liege objektive Beweislosigkeit für eine anspruchsbegründende Tatsache, nämlich den Unfall auf einem Heimweg, vor. Entschädigungsleistungen könnten daher nicht erbracht werden.
Ihren am 20.12.2010 eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass im Anschluss an das Arbeitsende am 09.09.2009 um 21:00 Uhr noch diverse Schreibarbeiten zu erledigen gewesen seien, was die Abfahrt erst um 22:00 Uhr erklären könne. Sie habe an dem Unfalltag nicht mit dem Versicherten telefoniert, jedoch habe ihr Handydisplay einen Anrufseingang angezeigt, mit welchem der Kläger möglicherweise seine Ankunft habe ankündigen wollen. Sie habe nach dem Unfall festgestellt, dass der Versicherte sein Messgerät der Blutgerinnung für die Feststellung der erforderlichen Marcumar-Medikation vergessen habe, sodass davon auszugehen sei, dass der Versicherte dieses Gerät zuhause habe holen wollen.
Die Beklagte forderte daraufhin eine Bestätigung des R.-Marktes M. über das Ende der Arbeitszeit des Klägers, einen Nachweis des Handybetreibers über den entgangenen Anruf und einen Nachweis darüber, in welcher Weise der Versicherte das Gerät zur Messung seiner Blutgerinnung einsetzte.
Aus einer Bestätigung des R.-Marktes M. (Mitarbeiter Herr K.) geht hervor, dass es dem Versicherten am Unfalltag nicht gut gegangen sei und die Arbeitszeit am Unfalltag um 21.00 Uhr geendet hätte, wobei jedoch nicht bekannt sei, ob der Versicherte anschließend noch Büroarbeiten verrichtet habe.
Die Bevollmächtigte der Klägerin hat vorgetragen, dass der Versicherte ein Kartentelefon besessen habe, weswegen sein Anruf allenfalls aus der Anrufliste des Handys der Klägerin ersichtlich sei. Außerdem wurde eine Bestätigung der Ärztin Leins vom 05.02.2011 vorgelegt, wonach der Versicherte an einem chronischen Vorhofflimmern gelitten habe, welches wegen einer Unverträglichkeit gegenüber Marcumar mit Sintrom behandelt worden sei. Da der Versicherte unter Sintrom, welches eine relativ lang Halbwertszeit im Blut von 48 Stunden habe, nur schwer einzustellen gewesen sei, habe er sich nach einer entsprechenden Schulung mit einem Messgerät selbst versorgt. Die Vielzahl der verordneten Messstreifen lasse Rückschlüsse auf die Häufigkeit der Messungen zu, so dass es durchaus denkbar sei, dass der Versicherte das vergessene Messgerät habe holen wollen.
Die Beklagte hat den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2011 als unbegründet zurückgewiesen. Es bestehe nach wie vor keine Gewissheit, dass der Versicherte sich zum Unfallzeitpunkt auf dem Nachhauseweg von der Arbeit befunden habe.
Die Klägerin hat deswegen am 21.04.2011 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben. Es sei davon auszugehen, dass der Versicherte am Unfalltag erkrankt und auf dem Heimweg gewesen sei, um das notwendige Messgerät für seine Behandlung mit Sintrom nachträglich zuhause abzuholen. Unstreitig befinde sich der Unfallort zwischen dem Arbeitsort und dem Heimatort bzw. dem wegen der Renovierungsarbeiten im Haus angemieteten Zimmer in N. bei R ... Die Klägerin habe zum damaligen Zeitpunkt als Haushaltshilfe bei einer an MS erkrankten Frau gearbeitet und mit der damals 4-jährigen Tochter im Haus der Arbeitgeberin gewohnt. Die Klägerin und der Versicherte hätten zum 31.08.2009 aus ihrer bisherigen Wohnung ausziehen müssen und bereits eine neue Wohnung gefunden, welche jedoch noch im Zustand der Renovierung gewesen sei. Für die Zeit der Baumaßnahmen habe der Versicherte für einen Monat ein Zimmer in N. angemietet. Das Blutmessgerät habe sich in dem Hotelzimmer in N. befunden.
Die Beklagte trat der Klage mit der Begründung entgegen, dass zwischenzeitlich nicht einmal mehr feststellbar sei, wo sich das maßgebliche Zuhause, wohin der Weg des Versicherten am Unfalltag angeblich geführt haben solle, befunden habe. Die gemeinsame Wohnung habe leer gestanden und sei aufgrund der Renovierungsarbeiten nach dem Vortrag der Klägerin nicht bewohnbar gewesen. Dass der Verstorbene nachts noch seine Familie bei der Arbeitgeberin seiner Ehefrau habe aufsuchen wollen, könne ebenfalls ausgeschlossen werden. Es sei sehr erstaunlich, dass diese Wohnverhältnisse zum Unfallzeitpunkt erst jetzt zur Sprache kämen. Der Vortrag, dass der Versicherte sich auf dem Weg nach N. befunden habe, um sein Blutgerinnungsmessgerät zu holen, stütze sich allenfalls auf Vermutungen. Ein Nachweis sei insoweit nicht möglich. Sofern der Versicherte nicht zu seiner Familie, sondern nur nach N. gewollt habe, sei es auch nicht notwendig gewesen, die Klägerin hiervon zu unterrichten. Der Versicherte habe gegenüber dem Arbeitgeber nicht erwähnt, dass er sich krank fühle und voraussichtlich am nächsten Tag nicht zur Arbeit kommen werde. Falls der Versicherte tatsächlich krank gewesen sei, wäre der Antritt einer langen Nachtfahrt nach dem Arbeitsende um 21:00 Uhr ebenfalls nicht im Interesse des Arbeitgebers gewesen. Falls der Versicherte sich hierzu gezwungen gefühlt habe, da er das Messgerät benötigt habe, sei dies eine private Tätigkeit. Wege im Zusammenhang mit Gesundheitsmaßnahmen seien nur dann ausnahmsweise versichert, wenn die gesundheitliche Beeinträchtigung unerwartet eintrete, weil es dem Beschäftigten nicht möglich gewesen sei, die Maßnahmen in der Freizeit durchzuführen. Es verbleibe bei der Feststellung, dass ein Fall objektiver Beweislosigkeit vorliege, welche zu Lasten der Klägerin gehe.
Die Bevollmächtigte der Klägerin trug hierzu vor, dass die angemietete und noch zu renovierende Wohnung am Unfalltag bereits soweit hergerichtet gewesen sei, dass der Versicherte dort zumindest hätte übernachten können. Der Ort N. befinde sich unmittelbar auf der Strecke zwischen dem beruflichen Einsatzort des Versicherten und der angemieteten Wohnung. Der Weg, auf dem der Unfall sich ereignet habe, sei im vorliegenden Fall auch versichert, weil die gesundheitliche Beeinträchtigung des Versicherten unerwartet im Verlauf des Arbeitstages eingetreten sei.
In einer schriftlichen Zeugenaussage gegenüber dem SG gab der Mitarbeiter des R.-Marktes M. Hr. K. am 29.09.2011 an, dass er den Versicherten vor dem 09.09.2009 nicht gekannt habe. Die Arbeitszeiten des Versicherten seien seitens der Revision gemeinsam mit der Detektei geplant worden. Soweit er sich erinnere, sei der Versicherte im Lauf des Vormittags eingetroffen und habe den Markt gegen 21:00 Uhr verlassen. Der Versicherte habe ihn nach dem direkten Weg zum Hotel gefragt und sich nicht dahingehend geäußert, dass er am 10.09.2009 nicht zur Arbeit kommen könne. Beim Verlassen des Marktes habe er noch eine Bestätigung verlangt, dass er anwesend gewesen sei. Dies sei ein ungewöhnlicher Vorgang, da dies normalerweise immer am Ende des gesamten Einsatzes vorgenommen werde. Auch die Überwachungsanlage sei unberührt stehen geblieben.
Mit Urteil vom 16.11.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Für das Vorliegen einer zum Unfallzeitpunkt versicherten Tätigkeit sei der Vollbeweis erforderlich (mit Hinweis auf BSGE 58, 80, 83; 61, 127, 128). Zwar rechtfertige ein beim Auffinden eines toten Versicherten am Arbeitsplatz eventuell auftretender Beweisnotstand der Hinterbliebenen, an die Bildung der richterlichen Überzeugung weniger hohe Anforderungen zu stellen, sodass das Gericht schon aufgrund weniger tatsächlicher Anhaltspunkte von einem bestimmten Geschehensablauf überzeugt sein könne, wenn die überwiegenden Umstände auf einen Arbeitsunfall hinwiesen (mit Hinweis auf Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 20.05.2008 - L 3 U 9/07 -). Es sei jedoch auch unter Berücksichtigung des Beweisnotstandes der Klägerin nicht im Vollbeweis gesichert, dass der Versicherte im Unfallzeitpunkt auf dem unmittelbaren Weg von seiner Arbeitsstätte nach Hause gewesen sei, bzw. bei seiner Rückfahrt betriebliche Interessen verfolgt habe. Eine anhand objektiver Umstände bestätigte, auf die Rückkehr in den Privatbereich nach der Beendigung der Tätigkeit gerichtete Handlungstendenz sei nicht im Vollbeweis gesichert. Der Kläger habe sich zwar auf der Strecke von seinem Einsatzort M. in Richtung H. befunden, jedoch sei bereits nicht feststellbar, welcher Ort am Unfalltag als Privatbereich des Versicherten zu qualifizieren gewesen sei. Zum einen habe der Versicherte eine zum damaligen Zeitpunkt noch nicht bewohnbare Wohnung in H. angemietet, zum anderen habe die Klägerin mit der gemeinsamen Tochter ebenfalls in einer anderen Wohnung in H. bei ihrer Arbeitgeberin übernachtet, wobei der Versicherte dort den Angaben der Klägerin zufolge nicht hätte übernachten dürfen, und des weiteren habe der Versicherte ab dem 01.09.2009 ein Zimmer in einer Pension in N. bei R. bewohnt. Insofern kämen drei verschiedene Orte als "Privatbereich" in Betracht.
Weiterhin habe die Kammer keine anhand objektiver Umstände bestätigte Handlungstendenz des Versicherten erkennen können, die darauf gerichtet gewesen sei, nach der Beendigung der Tätigkeit in den Privatbereich - sei es nun in N. oder H. - zurückzukehren. Da der Versicherte den R.-Markt bereits gegen 21:00 Uhr verlassen habe und der Unfall sich auf halber Strecke Richtung H. um 23:17 Uhr, d. h. über zwei Stunden nach Arbeitsende, ereignet habe, sei gesichert, dass der Versicherte nach der Arbeitsbeendigung nicht unmittelbar den direkten Weg Richtung H. angetreten haben könne. Denn anderenfalls hätte er zu diesem Zeitpunkt bereits sein vermeintliches Ziel erreichen müssen. Auch unter diesem Gesichtspunkt sei im Nachhinein nicht mehr rekonstruierbar, von wo aus bzw. wohin der Versicherte unterwegs gewesen sei. Ferner habe der Versicherte nach den übereinstimmenden Ausführungen der Klägerin und des Arbeitsgebers stets bei seinen Einsätzen in den gebuchten Zimmern übernachtet. Es sei nicht ersichtlich, weshalb gerade am Unfalltag von diesem üblichen Vorgehen abgewichen worden sein solle. Auch wäre eine etwaige Rückkehr in Anbetracht dessen, dass der Versicherte eine einfache Wegstrecke von ca. 180 Kilometern bei einer Fahrzeit von über zwei Stunden zurücklegen habe müssen, aus rein zeitlichen Gesichtspunkten nicht sinnvoll gewesen. Die von der Klägerin vermutete Handlungsweise sei auch insoweit nicht nachvollziehbar, als bis zuletzt kein Grund für eine etwaige Rückkehr nach H. habe glaubhaft gemacht werden können. Gegen eine plötzlich aufgetretene Erkrankung spreche, dass der Versicherte gegenüber dem Mitarbeiter K. vom R.-Markt keinerlei Angaben hierzu gemacht habe und auch nicht angegeben habe, am nächsten Tag nicht zur Arbeit zu erscheinen. Auch habe er den Mitarbeiter nach dem direkten Weg zum Hotel gefragt. Schließlich habe auch die Klägerin selbst gemäß ihrer Angabe vom 17.08.2010 ausgeführt, dass es am Unfalltag keinen Anlass für eine Heimfahrt gegeben habe.
Auch für die weitere Vermutung der Klägerin, dass der Versicherte am Unfalltag entgegen der Anweisung seines Arbeitgebers in die Pension nach N. habe zurückkehren wollen, um sein vergessenes Messgerät zu holen, stünde dieser Weg nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Unabhängig von dem verspäteten Vortrag erscheine dieser Grund nicht plausibel, da das vom Kläger verwendete Medikament Sintrom nach Arztauskunft der Fr. L. eine Halbwertszeit im Blut von 48 Stunden habe, weswegen eine erneute Einnahme des Medikaments vermutlich auch am Abend der geplanten Rückkehr, also am 10.09.2009, ausgereicht hätte. Nach der Information des Herstellers des Blutgerinnungsmessgeräts sei nach einer entsprechenden Schulung auch eine lediglich wöchentliche Kontrolle ausreichend (mit Hinweis auf die Informationen im Internetauftritt des Herstellers). Selbst wenn der Versicherte jedoch im Unfallzeitpunkt tatsächlich auf dem Weg nach N. gewesen sein sollte, um dort sein Messgerät zu holen, hätte es sich dabei um eine eigenwirtschaftliche und damit nicht versicherte Tätigkeit gehandelt. Es habe sich um eine Verrichtung des täglichen Lebens gehandelt, die lediglich mittelbar der Erfüllung von Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis gedient habe. Zwar habe die Rechtsprechung in der Vergangenheit auch bei solchen eigenwirtschaftlichen Verrichtungen einen Versicherungsschutz bejaht, wenn die Gesamtumstände dafür sprechen, das unfallbringende Verhalten den nach den Regeln der gesetzlichen Unfallversicherung geschützten Bereich zuzurechnen, insbesondere wenn die betreffende Verrichtung während der Dienstzeit bzw. bei der Zurücklegung des Betriebsweges unerwartet notwendig geworden sei, um weiterhin die betriebliche Arbeit zu verrichten bzw. den Weg zurücklegen zu können. Eine solche Sachlage sei jedoch im vorliegenden Fall nicht gegeben. Zum einen sei bereits fraglich, ob der Kläger für den zwei Tage andauernden Arbeitseinsatz im M. auf das Messgerät angewiesen gewesen sei. Zum anderen habe die behandlungsbedürftige Herzerkrankung bereits seit einiger Zeit bestanden, sodass die Notwendigkeit zur Blutgerinnungsmessung am Unfalltag nicht unerwartet aufgetreten sei. Der Umstand, dass der Versicherte die Mitnahme des Messgeräts vergessen haben solle, führe zu keiner anderen Bewertung, weil auch dies nicht der betrieblichen, sondern seiner privaten Atmosphäre zuzurechnen und somit nicht geeignet sei, eine stärkere Betriebsbezogenheit zu bewirken (mit Hinweis auf BSG, Urteil vom 07.09.2004 - B 2 U 35/03 R -). Schließlich sei ein betriebliches Interesse selbst bei einer unterstellten Rückfahrt in den Privatbereich des Versicherten alleine deshalb abzulehnen, weil sich dieser der ausdrücklichen Weisung seines Arbeitgebers, in der in M. gebuchten Pension zu übernachten, widersetzt habe. Das Urteil des SG ist dem Kläger-Bevollmächtigten am 01.12.2011 zugestellt worden.
Am 30.12.2011 haben die Kläger-Bevollmächtigten beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt, mit der sie ihren bisherigen Vortrag vertiefen. Die objektiven Umstände bestätigten vorliegend, dass eine Handlungstendenz des Versicherten auf Rückkehr in den Privatbereich im Sinne eines versicherten Arbeitsweges vorgelegen habe. Dabei könne dahinstehen, welcher Ort am Unfalltag als Privatbereich des Versicherten zu qualifizieren gewesen sei, da sich der Unfall in einem Streckenbereich ereignet habe, der zum Erreichen aller drei Orte zwingend zu befahren gewesen sei. Die Arbeitszeit des Versicherten habe nicht mit dem Verlassen des Marktes geendet, da er noch einen Bericht habe schreiben müssen. Der Unfall habe sich innerhalb des zeitlichen Rahmens zwischen Beendigung der Tätigkeit und der Ankunft im Privatbereich ereignet. Die Familie des Versicherten sei aus Rumänien nach Deutschland gezogen und habe weder auf der Strecke zwischen M. und H. noch in der näheren Umgebung Freunde oder Verwandte. Der Versicherte habe als Detektiv an ständig wechselnden Arbeitsorten ohne Kollegen allein gearbeitet, wobei in den jeweils wechselnden Märkten keine Freundschaften entstanden seien, was zur Strategie des Arbeitgebers gehört habe. Der Versicherte habe daher weder in M. noch unterwegs Menschen aus seinem privaten Bereich gekannt, die er hätte besuchen wollen oder können. Da nach 21:00 Uhr auch die meisten Geschäfte geschlossen gewesen seien, schieden aus diesem Grund auch weitere private Verrichtungen wie Einkaufen, aus. Gerade weil der Versicherte sich üblicherweise in dem für ihn gebuchten Zimmer und teilweise sogar auf eigene Kosten am Einsatzort aufgehalten habe, sei davon auszugehen, dass am 09.09.2009 ein plötzliches Ereignis aufgetreten sei, dass den Versicherten zum Abbruch des Einsatzes in M. und zur Heimreise bewogen habe. Der Mitarbeiter des R.-Marktes habe in einem Telefonat mit der Bevollmächtigten angegeben, dass es dem Versicherten am Unfalltag nicht gut gegangen sei und dass dieser nur mit einem T-Shirt bekleidet in dem kühlen Lagerraum vor den Überwachungsmonitoren mit einem Handtuch um den Hals gesessen habe, um den Schweiß aufzufangen. Außerdem habe der Versicherte seinen Tätigkeitsnachweis bereits am Ende des ersten Einsatztages abzeichnen lassen, was unüblich sei. Zum Beweis wurde die mündliche Vernehmung des Zeugen K. benannt. Der Versicherte habe auch keine Veranlassung gehabt, seine Arbeitsunfähigkeit dem Zeugen K. zu melden, da für die Entgegennahme dieser Erklärung und für die Entsendung eines Vertreters die Detektei als Arbeitgeber zuständig gewesen sei. Es sei daher davon auszugehen, dass der Versicherte, da er sich nicht in einer guten gesundheitlichen Verfassung befunden habe, unerwartet erkrankt sei, sich nicht wohlgefühlt habe und auf das Messgerät angewiesen gewesen sei, um den Blutgerinnungsfaktor zu überprüfen. Die Anweisung des Arbeitgebers, in der gebuchten Pension zu übernachten, entfalte im Krankheitsfalle keine Wirkung mehr.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16.11.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 24.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2011 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, ihr aus Anlass des Arbeitsunfalles vom 09.09.2009 Hinterbliebenenleistungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Im Berufungsverfahren seien keine neuen Argumente vorgetragen worden. Es sei nicht zutreffend, dass eine Handlungstendenz des Versicherten auf Rückkehr in den Privatbereich durch objektive Umstände bestätigt werde. Ob der Versicherte nach Verlassen des Marktes noch einen Bericht geschrieben habe, sei unerheblich. Denn es sei nicht nachvollziehbar, wohin der Verletzte sich tatsächlich habe begeben wollen, und welche Motivation dafür ausschlaggebend gewesen sei. Das alle drei von der Klägerin in Betracht gezogenen Ziele auf der tatsächlich gefahrenen Strecke lägen, führe nicht zum Versicherungsschutz. Denn entscheidend sei allein die Handlungstendenz des Versicherten. Fehle es am Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, sei das Zurücklegen des Weges auch dann keine versicherte Tätigkeit, wenn der Versicherte dieselbe Strecke zurückgelegt habe, die er als Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit gewöhnlich benutze. Die Behauptung, der Verletzte sei stark verschwitzt gewesen und es sei deshalb davon auszugehen, dass er krank gewesen sei, sei ebenfalls Spekulation. Selbst wenn man unterstelle, dass der Verletzte sich tatsächlich krank gefühlt habe, sei gerade dann nicht nachvollziehbar, weshalb er bei Dunkelheit und nach einem langen Arbeitstag den langen Heimweg angetreten habe, statt sich in die nahe gelegene Pension zu begeben. Der Anruf des Versicherten bei seiner Ehefrau lasse sich ebenfalls nicht nachweisen, und über dessen hypothetischen Inhalt lasse sich ebenfalls nur spekulieren.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten sowie die Akten des SG und des LSG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist begründet. Die Klägerin hat aufgrund des Unfalles ihres Ehemanns Anspruch auf die geltend gemachten Hinterbliebenenleistungen.
Dabei ist die Klage als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig, obwohl die Beklagte mit den streitgegenständlichen Bescheiden schon deshalb Hinterbliebenenleistungen abgelehnt hat, weil sie den Verkehrsunfall des bei ihr versicherten Ehemannes der Klägerin nicht als Arbeitsunfall anerkannt hat. Anders als ein Versicherter, der im Falle eines Arbeitsunfalls zunächst dessen Feststellung bzw. darauf aufbauend die Feststellung bestimmter Gesundheitsstörungen als Folge dieses Arbeitsunfalls und erst im Anschluss Leistungen wie Heilbehandlung, Verletztengeld und/oder Verletztenrente beantragen kann (zur Klage auf Feststellung eines Ereignisses als Arbeitsunfall: BSG, Urteil vom 15.02.2005 - B 2 U 1/04 R; BSG, Urteil vom 07.09.2004 - B 2 U 46/03 R; jeweils zitiert nach juris), ist ein Hinterbliebener nicht verpflichtet, die Grundlagen der in Frage kommenden Hinterbliebenenleistungen vorab im Wege einer Feststellungsklage klären zu lassen (BSG, Urteil vom 12.01.2010 - B 2 U 5/08 R - SozR 4-2700 § 9 Nr. 7; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteile vom 24.11.2011 - L 6 U 5773/09 - und vom 29.09.2011 - L 6 U 5889/06 -).
Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch [SGB VII]). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2,3, oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII). Rechtsgrundlage des streitigen Anspruchs auf Hinterbliebenenrente ist § 63 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 3 SGB VII, wonach Hinterbliebene Anspruch auf Hinterbliebenenrenten haben.
Versichert ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Der Versicherungsschutz auf dem Weg nach und von der Arbeitsstätte oder einer anderen versicherten Tätigkeit wird damit begründet, dass diese Wege nicht aus privaten Interessen, sondern wegen der versicherten Tätigkeit unternommen werden und somit eine Art Vor- oder Nachbereitungshandlung zur eigentlichen versicherten Tätigkeit darstellen. Andererseits sind diese Wege noch nicht Teil der eigentlichen versicherten Tätigkeit und rein tatsächlich werden mit solchen Wegen häufig auch private Verrichtungen und Zwecke verbunden (vgl. zur Vorgängerregelung des § 550 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung [RVO] BSG, Urteil vom 02.12.2008 - B 2 U 26/06 R - BSGE 102, 111 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 29).
Für einen Arbeitsunfall ist im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang, vgl. BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr. 92 S 258; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 19; BSG SozR 3-2700 § 8 Nr. 10), diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis (dem Unfallereignis) geführt hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität) (vgl. zuletzt BSG vom 9. November 2010 - B 2 U 14/10 R unter Verweis auf BSG vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196, 198 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 RdNr. 10 m.w.N.; BSG vom 18. November 2008 - B 2 U 27/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 30 RdNr. 10 m.w.N.). Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG vom 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Für die tatsächlichen Grundlagen der versicherten Tätigkeit muss demnach der volle Beweis erbracht werden, das Vorhandensein versicherter Tätigkeit also sicher feststehen (BSG, Urteil vom 19.12.2000 - B 2 U 45/99 R -, NJW 2001, 3652, SGb 2001, 513 m. Anm. Benz).
Der Versicherte befand sich zwar nicht auf einem versicherten Betriebsweg (vgl. hierzu BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 36 BSG unter Verweis auf SozR 4-2700 § 8 Nr. 6 RdNr 13). Eine Betriebsdienlichkeit der letzten Autofahrt des Versicherten wird weder von der Klägerin behauptet, noch sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich.
Nach der Gesamtwürdigung des vorliegenden Sachverhalts ist der Senat jedoch überzeugt, dass es sich bei der letzten Autofahrt des Versicherten um einen versicherten Heimweg gehandelt hat. Die in § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII gebrauchte Formulierung "Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit" kennzeichnet den sachlichen Zusammenhang des unfallbringenden Weges mit der eigentlichen versicherten Tätigkeit. Dieser besteht, wenn der Weg wesentlich zu dem Zweck zurückgelegt wird, den Ort der Tätigkeit oder nach deren Beendigung im typischen Fall die eigene Wohnung zu erreichen. Die darauf gerichtete Handlungstendenz muss durch die objektiven Umstände bestätigt werden. Da der Gesetzgeber die Grundentscheidung "Versicherungsschutz auf dem Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit" in § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII getroffen hat, ist von der Rechtsprechung nur zu klären, ob der Versicherte, als er verunglückte, einen solchen versicherten Weg zurückgelegt und infolge dessen einen Gesundheitsschaden erlitten hat. Dieser Unfallschutz setzt voraus, dass der Weg mit der versicherten Haupttätigkeit zusammenhängt, weil er nur versichert ist, solange und soweit er eng mit der Aufnahme oder der Beendigung der Haupttätigkeit verbunden ist. Maßgebliches Kriterium hierfür ist, ob die anhand objektiver Umstände zu beurteilende Handlungstendenz des Versicherten beim Zurücklegen des Weges darauf gerichtet war, die Haupttätigkeit aufzunehmen oder nach deren Beendigung in seinen Privatbereich zurückzukehren; denn nur dann hängt sein Handeln mit der versicherten betrieblichen Tätigkeit zusammen. Fehlt es an diesem Zusammenhang, ist das Zurücklegen des Weges auch dann keine versicherte Tätigkeit, wenn der Versicherte dieselbe Strecke zurücklegt, die er als Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit gewöhnlich benutzt (vgl. auch hierzu BSG, Urteil vom 02.12.2008 - B 2 U 26/06 R - a. a. O., m. w. N.)
Der Versicherte ist vorliegend auf dem Weg in Richtung seiner drei Privatunterkünfte verunglückt, wobei inzwischen auch von der Beklagten anerkannt ist, dass der Unfallort H. sich auf dem direkten Weg vom Arbeitsplatz in M. zu den für eine Heimreise in Betracht kommenden zwei Wohnungen in H. und dem Hotelzimmer in N. befand. Dass unklar geblieben ist, zu welcher dieser drei möglichen Unterkünfte der Versicherte fahren wollte, ist insoweit unschädlich. Denn eine andere Motivation des Klägers als die, eine dieser drei Wohnungen aufzusuchen, ist für den Senat selbst als entfernte Möglichkeit äußerst unwahrscheinlich. Die Motivation des Versicherten, den Heimweg antreten zu wollen, wird nach Auffassung des Senats durch ausreichende Indizien belegt. Andere denkbare Zielorte oder Motivationen hält der Senat für nahezu ausgeschlossen (vgl. hierzu BSG a.a.O.).
Für den Versicherungsschutz spricht, dass der Versicherte nach Angaben der Klägerin keinerlei Verwandte, Freunde oder Bekannte auf der gefahrenen Strecke hatte, so dass eine andere Motivation als eine Heimfahrt nicht nahe liegt. Selbst beim Vorhandensein von Verwandten oder Bekannten auf der Wegstrecke wäre es angesichts der Uhrzeit der Heimfahrt nach 22:00 Uhr eher fernliegend, von einem Verwandten- oder Freundesbesuch auszugehen. Auch hält der Senat es für unwahrscheinlich, dass der Versicherte um die späte Uhrzeit ggf. noch ein Lokal aufsuchen wollte, weil er hierzu eher im Umkreis seines Einsatzortes geblieben wäre und es keiner einstündigen nächtlichen Überlandfahrt in Richtung seiner Privatunterkünfte bedurft hätte.
Der Senat hat auch keine Gründe, an der Glaubwürdigkeit der Klägerin und an ihren tatsächlichen Angaben zum Sachverhalt zu zweifeln. Die Klägerin hat im vorliegenden Verfahren teils für die Erreichung ihres Prozessziels ungünstige Aussagen getätigt, was für das Fehlen einer Selbstbegünstigungstendenz spricht (vgl. die Einlassungen vom 17.08.2010, am Unfalltag sei keine Heimkehr ihres Mannes geplant gewesen, es habe keinen Anlass für eine Heimfahrt gegeben, und ihr Mann habe seine Heimkehr auch nicht spontan angekündigt).
Für das Vorliegen von Versicherungsschutz wegen des Zurücklegens eines Heimwegs spricht auch, dass der Versicherte nach Angaben des REWE-Mitarbeiters am Ende seines ersten Arbeitstages in M. stark verschwitzt war und offensichtlich den Eindruck vermittelt hat, es gehe ihm nicht gut. Dies könnte im Zusammenhang damit stehen, dass ihm sein Messgerät fehlte und er dieses in seinem Hotelzimmer in N. holen wollte, um am nächsten Tag ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen seine Tätigkeit fortführen zu können. In diesem Fall wäre auch eine objektiv unvernünftige Heimfahrt nach N. vom Versicherungsschutz gedeckt gewesen, da dieser sich nicht auf vernünftige Handlungen und legale Handlungen beschränkt (BSG, Urteil vom 04.06.2002 - B U 11/01 R -, SozR 3-2700 § 8 Nr. 10).
Der Senat hält dies für die naheliegendste Erklärung für die von dem Versicherten begonnene Autofahrt. Der Grundsatz, dass das hiermit vergleichbare Besorgen von Medikamenten zu den Maßnahmen der Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit nicht unter den Versicherungsschutz fällt (BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 16 m.w.N.), würde vorliegend nicht zu einem anderen Ergebnis führen, da es sich gleichzeitig um einen Heimweg handelte und insofern anderweitig bereits ein Versicherungsschutz bestanden hat, der beim gleichzeitigen Holen von Medikamenten oder medizinischen Geräten nicht entfiele.
Der Umstand, dass der Versicherte am Ende seines ersten Arbeitstages in M. eine Anwesenheitsbestätigung erbeten hat, obwohl dies bei zweitägigen Arbeitseinsätzen üblicherweise erst am Ende des zweiten Tages erfolgte, spricht nicht gegen eine solche Deutung des Handelns des Versicherten. Denn ggf. war sich der Versicherte nicht sicher, wie sein Zustand sich weiter entwickeln würde. Eine Abmeldung beim Arbeitgeber wäre angesichts der späten Uhrzeit nach dem Arbeitsende des Versicherten nicht naheliegend gewesen, da er wohl niemandem mehr im Büro seiner Firma erreicht hätte. Eine Abmeldung beim Kunden wäre ebenfalls nicht veranlasst gewesen, da der Versicherte in diesem Fall ggf. durchaus nachvollziehbar erst seinen Arbeitgeber benachrichtigen wollte. Der Senat hielt in diesem Zusammenhang die angebotene Zeugeneinvernehmung des Herrn K. nicht für erforderlich, weil dieser bereits Auskünfte gegeben hat und nichts Wesentliches zu der maßgeblichen Motivation des Versicherten für seine abendliche Autofahrt am Unfalltag beitragen konnte. Dass der Versicherte am Ende seines ersten Arbeitstages in M. Zeichen von Unwohlsein oder gar einer Erkrankung zeigte, wofür der Zeuge K. als Beweis angeboten worden ist, kann in diesem Zusammenhang als wahr unterstellt werden, weil es weder für noch gegen eine Heimfahrt spricht. Ein Unwohlsein des Versicherten hätte nämlich sowohl eine Heimfahrt zwecks Verwendung des Messgerätes als auch ein Ausruhen im Hotelzimmer am Einsatzort nahelegen können.
Dass der Versicherte vor seiner Heimfahrt auch nicht bei seiner Ehefrau angerufen hat, lässt sich ohne Weiteres damit erklären, dass er nur in sein Hotelzimmer in N. fahren wollte, wo sich das Messgerät befand. Aufgrund der vorgerückten Stunde wollte der Versicherte ggf. auch nicht mehr seine Ehefrau stören, welche schließlich keine eigene Wohnung hatte, sondern vorübergehend mit dem kleinen gemeinsamen Kind bei ihrer Arbeitgeberin untergebracht war.
Auch wenn der Versicherte von seinem Arbeitgeber kurz zuvor ausdrücklich angewiesen worden war, das Hotelzimmer in M. zu nutzen und am nächsten Tag dort um 9:00 Uhr mit der Arbeit zu beginnen, spricht dies nicht gegen eine - aus objektiver Sicht ggf. unvernünftige - Heimfahrt. Denn Zeit für einen kurzen Familienbesuch oder zum Abholen des Messgeräts aus dem Hotelzimmer bestand durchaus, ohne dass hierdurch ein Arbeitseinsatz am nächsten Tag um 9:00 Uhr in M. nicht mehr möglich gewesen wäre.
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass ein nicht zu führender Nachweis einer versicherten Tätigkeit nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten geht. Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung sind indes typische Beweisschwierigkeiten zu berücksichtigen, die sich aus Besonderheiten der versicherten Tätigkeit ergeben. Verunglückt ein Versicherter tödlich unter ungeklärten Umständen an seinem Arbeitsplatz, an dem er zuletzt betriebliche Arbeit verrichtet hat, so entfällt beispielsweise der Versicherungsschutz nur dann, wenn von Seiten des Versicherungsträgers bewiesen wird, dass er die versicherte Tätigkeit im Unfallzeitpunkt für eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit unterbrochen hat (BSG, Urteil vom 09.04.2007 - B 2 U 28/06 R; BSG, Urteil vom 26.10.2004 - B 2 U 24/03 R). Die Ungewissheit hinsichtlich der Motivation des Versicherten geht in diesem Fall zu Lasten des Versicherungsträgers. Denn er trägt bei dieser Sachlage die objektive Beweislast dafür, dass der Verunglückte sich während der grundsätzlich versicherten Tätigkeit vorübergehend einer anderen, privaten Zwecken dienenden Verrichtung zugewandt hat (BSG, Urteil vom 26.10.2004, a.a.O.). Auch muss der genaue Unfallhergang nicht bewiesen sein, wenn sonst nachgewiesene Umstände überwiegend auf einen Versicherungsfall hinweisen und die ernsthafte Möglichkeit anderer Geschehensabläufe ausgeschlossen erscheint (BSG, Urteil vom 14.11.1984 - 9 b RU 68/93 - zitiert nach juris; LSG Rheinland-Pfalz, Breithaupt 1982, 763). Bezogen auf Wegeunfälle ergibt sich hieraus, dass im Falle eines erwiesenen Antritts der beschäftigungsmotivierten Wegstrecke der Versicherungsträger für seine Behauptung, der Versicherte habe diese Strecke mit privater Handlungstendenz zurückgelegt, als anspruchsvernichtende Tatsache beweispflichtig ist (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 24.11.2011 - L 6 U 5773/09 -).
Da der Antritt einer beschäftigungsmotivierten Wegstrecke (Heimfahrt) im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung der oben aufgeführten Gesamtumstände für den Senat nachgewiesen ist, konnte die von der Beklagten angeführte theoretische Möglichkeit alleine, dass der Versicherte eine andere Motivation als den Heimweg hatte, nicht zur Verneinung des Versicherungsschutzes führen. Der Senat ist davon überzeugt, dass der Versicherte nach Arbeitsende eine der drei in Betracht kommenden Privatunterkünfte aufsuchen wollte, weswegen der Antritt eines Arbeitsweges nachgewiesen ist. Nur ergänzend ist deshalb darauf hinzuweisen, dass der Unfallzeitpunkt keineswegs feststeht, sondern der Kläger um 23.17 Uhr von einem vorbeifahrenden LKW lediglich aufgefunden worden ist.
Zwar kann die Anwendung der Grundsätze einer erleichterten Beweisführung zugunsten von Hinterbliebenen, die sich mangels Beweismittel bei einem tödlichen Unfall des Versicherten in einem Beweisnotstand befinden, nicht dazu führen, dass einem möglichen Geschehensablauf gegenüber einem anderen ebenfalls möglichen in letztlich nicht begründbarer Weise der Vorzug gegeben und einer der beiden als erwiesen angesehen werden kann (Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 20.05.2008 - L 3 U 9/07 -, juris-Rn. 29). Ein solcher Fall liegt jedoch nicht vor, da der Sachverhalt deutlich überwiegende Anhaltspunkte für einen Arbeitsweg enthält und die von der Beklagten angeführten alternativen Geschehensabläufe im Vergleich hierzu eher fernliegend sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
2. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin im erstinstanzlichen Klageverfahren und im Berufungsverfahren zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Hinterbliebenenleistungen im Streit, nachdem der bei der Beklagten versicherte Ehemann der Klägerin (Versicherter) nach einem auswärtigen Arbeitseinsatz am 09.09.2009 bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen ist.
Der 1958 in Rumänien geborene Versicherte arbeitete seit dem 31.03.2008 bei der S. Berufsdetektei T. K. GmbH in 94347 A. und wurde hierbei als Detektiv in verschiedenen Niederlassungen eingesetzt. Am 09.09.2009 war er von seinem Arbeitgeber zu einem R.-Markt in M. entsandt worden. Nach dem Polizeibericht der Polizeidirektion V.-S.vom 10.09.2009 befand sich der Versicherte am 09.09.2009 um 23:17 Uhr mit seinem Pkw auf der K 5741 von Hausen vor Wald in Richtung B., wo er in einer langgezogenen Rechtskurve in H. infolge überhöhter Geschwindigkeit von der Fahrbahn abkam, frontal auf einen vereinzelt stehenden Baum aufprallte und hierbei tödlich verletzt wurde. Die Kreisstraße K ... diente nach dem Unfallbericht der Polizeidirektion V.-S. vom 14.10.2009 aufgrund von Bauarbeiten auf der B 31 bei H. über mehrere Wochen als Umleitungsstrecke. Im Obduktionsbericht wurde festgestellt, dass der Kläger unter einer Unterzuckerung sowie einer Herzkrankheit litt, der Tod jedoch durch die beim Unfall entstandenen Verletzungen eingetreten sei. Der Versicherte stand nicht unter dem Einfluss von Alkohol.
Zum Unfallzeitpunkt hatten die Klägerin und der Versicherte eine Wohnung in H.-H. neu angemietet, die gerade grundlegend renoviert wurde. Deswegen war die Klägerin vorübergehend mit ihrer minderjährigen Tochter in einer anderen Wohnung bei ihrer Arbeitgeberin in H. untergebracht, und der Versicherte hatte vorübergehend ein Hotelzimmer in N. (zwischen B. und R.) angemietet. Der Weg über die B 31 wäre für den Versicherten die direkteste Verkehrsverbindung von seinem Einsatzort in M. sowohl zu der gerade in der Renovierung befindlichen Wohnung der Familie in H.-H., zu seiner vorübergehend in H. untergebrachten Familie als auch zu dem vorübergehend von ihm gemieteten Hotelzimmer in N. gewesen.
Die Bevollmächtigten der Klägerin machten mit Schriftsatz vom 30.11.2009 bei der Beklagten geltend, dass der Versicherte am 09.09.2009 auf dem Nachhauseweg von der Arbeit und somit während eines Wegeunfalls tödlich verunglückt sei.
Der Arbeitgeber des Versicherten gab in einem Telefonat mit der Beklagten vom 10.12.2009 an, der Kläger sei bei dem tödlichen Verkehrsunfall auf dem Weg vom Einsatzort (22.00 Uhr) in M. nach Hause nach B. gewesen. Der Unfall habe sich auf halber Strecke bei V.-S. ereignet, allerdings hätte der Versicherte nach Angaben seines Arbeitgebers am Einsatzort bleiben sollen, zumal bereits ein Hotel gebucht gewesen sei und der Einsatz des Versicherten am nächsten Tag in M. habe fortgesetzt werden sollen.
In dem von der Klägerin am 14.01.2010 ausgefüllten Unfallfragebogen ist ebenfalls angegebenen, dass der Versicherte am Unfalltag von dem R.-Markt in M. auf dem Rückweg nach Hause gewesen sei. Ihr sei nicht bekannt, ob der Versicherte noch Besorgungen gemacht habe oder jemanden habe besuchen wollen. Ausweislich eines beigefügten Tätigkeitsberichts der Firma R. vom 09.09.2009 hatte der Versicherte an diesem Tag die Arbeit um 11.00 Uhr aufgenommen und um 21.00 Uhr beendet. Nach der Unfallanzeige der S. Berufsdetektei vom 26.01.2010 hätte der Versicherte vom 09.09. auf den 10.09.2009 im Gasthaus K. in der M.straße in M. übernachten sollen, da er auch am Folgetag wieder in M. eingesetzt worden wäre. Ergänzend teilte die Arbeitgeberin am 27.07.2010 mit, dass ihr nicht bekannt sei, weshalb der Versicherte das gebuchte Hotelzimmer nicht in Anspruch genommen habe. Noch am 09.09.2009 sei der Versicherte telefonisch ausdrücklich angewiesen worden, das Zimmer zu nutzen, da die Arbeitsaufnahme im M. für den nächsten Tag um 9.00 Uhr geplant gewesen sei. Es sei auch nicht öfter vorgekommen, dass ein gebuchtes Hotelzimmer nicht in Anspruch genommen worden sei.
Die Klägerin gab am 17.08.2010 an, dass sie am 09.09.2009 nicht mit einem Besuch ihres Ehemannes gerechnet habe. Sie sei davon ausgegangen, dass ihr Mann in dem vom Arbeitgeber gebuchten Zimmer übernachten und erst am nächsten Tag zurückkehren werde, wie es abgesprochen gewesen sei. Es habe auch keinen Anlass für eine Heimfahrt am 09.09.2009 gegeben. Auch die Klägerin gab an, dass es nicht öfter vorgekommen sei, dass ihr Ehemann ein gebuchtes Zimmer nicht in Anspruch genommen habe. Vielmehr habe ihr Ehemann teilweise auch auf eigene Kosten ein Hotelzimmer gebucht, um am nächsten Tag pünktlich an einem Einsatzort zur Arbeit antreten zu können.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 24.11.2010 die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus Anlass des tödlichen Unfalles des Versicherten vom 09.09.2009 ab, da kein Versicherungsfall vorliege. Zwar befinde sich der Unfallort H. auf direktem Weg zwischen dem Einsatzort M. und der Familienwohnung in H., jedoch habe die Klägerin nicht damit gerechnet, dass der Versicherte an diesem Abend nach Hause komme. Auch nach der Auskunft des Arbeitgebers sei damit zu rechnen gewesen, dass der Versicherte in M. übernachte. Die Fahrt sei auch nicht direkt im Anschluss an die Arbeitszeit, sondern erst um 22:00 Uhr angetreten worden, wobei der direkte Heimweg bereits zwei Stunden Fahrzeit beansprucht hätte. Bei einem Arbeitsende um 21:00 Uhr und einem Arbeitsbeginn am Folgetag um 9:00 Uhr wäre nach Abzug der Fahrtzeit ein Aufenthalt von maximal acht Stunden verblieben, wobei nicht nachvollziehbar sei, weswegen diese relativ kurze Zeit noch zusätzlich um eine Stunde hätte verkürzt werden sollen. Insoweit sei die Handlungstendenz des Versicherten, tatsächlich nach Arbeitsende nach Hause fahren zu wollen, fraglich. Daher sei, obwohl der Kläger sich in H. auf der Strecke seines Heimwegs befunden habe, fraglich, ob dieser nicht doch ein anderes Ziel gehabt habe. Nach Ausschöpfung aller Beweismöglichkeiten (Nachfrage beim Arbeitgeber und Berücksichtigung der Angaben der Klägerin) und unter sorgfältiger Beweiswürdigung habe nicht geklärt werden können, was der Versicherte zum Unfallzeitpunkt vorgehabt habe. Damit liege objektive Beweislosigkeit für eine anspruchsbegründende Tatsache, nämlich den Unfall auf einem Heimweg, vor. Entschädigungsleistungen könnten daher nicht erbracht werden.
Ihren am 20.12.2010 eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass im Anschluss an das Arbeitsende am 09.09.2009 um 21:00 Uhr noch diverse Schreibarbeiten zu erledigen gewesen seien, was die Abfahrt erst um 22:00 Uhr erklären könne. Sie habe an dem Unfalltag nicht mit dem Versicherten telefoniert, jedoch habe ihr Handydisplay einen Anrufseingang angezeigt, mit welchem der Kläger möglicherweise seine Ankunft habe ankündigen wollen. Sie habe nach dem Unfall festgestellt, dass der Versicherte sein Messgerät der Blutgerinnung für die Feststellung der erforderlichen Marcumar-Medikation vergessen habe, sodass davon auszugehen sei, dass der Versicherte dieses Gerät zuhause habe holen wollen.
Die Beklagte forderte daraufhin eine Bestätigung des R.-Marktes M. über das Ende der Arbeitszeit des Klägers, einen Nachweis des Handybetreibers über den entgangenen Anruf und einen Nachweis darüber, in welcher Weise der Versicherte das Gerät zur Messung seiner Blutgerinnung einsetzte.
Aus einer Bestätigung des R.-Marktes M. (Mitarbeiter Herr K.) geht hervor, dass es dem Versicherten am Unfalltag nicht gut gegangen sei und die Arbeitszeit am Unfalltag um 21.00 Uhr geendet hätte, wobei jedoch nicht bekannt sei, ob der Versicherte anschließend noch Büroarbeiten verrichtet habe.
Die Bevollmächtigte der Klägerin hat vorgetragen, dass der Versicherte ein Kartentelefon besessen habe, weswegen sein Anruf allenfalls aus der Anrufliste des Handys der Klägerin ersichtlich sei. Außerdem wurde eine Bestätigung der Ärztin Leins vom 05.02.2011 vorgelegt, wonach der Versicherte an einem chronischen Vorhofflimmern gelitten habe, welches wegen einer Unverträglichkeit gegenüber Marcumar mit Sintrom behandelt worden sei. Da der Versicherte unter Sintrom, welches eine relativ lang Halbwertszeit im Blut von 48 Stunden habe, nur schwer einzustellen gewesen sei, habe er sich nach einer entsprechenden Schulung mit einem Messgerät selbst versorgt. Die Vielzahl der verordneten Messstreifen lasse Rückschlüsse auf die Häufigkeit der Messungen zu, so dass es durchaus denkbar sei, dass der Versicherte das vergessene Messgerät habe holen wollen.
Die Beklagte hat den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24.03.2011 als unbegründet zurückgewiesen. Es bestehe nach wie vor keine Gewissheit, dass der Versicherte sich zum Unfallzeitpunkt auf dem Nachhauseweg von der Arbeit befunden habe.
Die Klägerin hat deswegen am 21.04.2011 beim Sozialgericht Reutlingen (SG) Klage erhoben. Es sei davon auszugehen, dass der Versicherte am Unfalltag erkrankt und auf dem Heimweg gewesen sei, um das notwendige Messgerät für seine Behandlung mit Sintrom nachträglich zuhause abzuholen. Unstreitig befinde sich der Unfallort zwischen dem Arbeitsort und dem Heimatort bzw. dem wegen der Renovierungsarbeiten im Haus angemieteten Zimmer in N. bei R ... Die Klägerin habe zum damaligen Zeitpunkt als Haushaltshilfe bei einer an MS erkrankten Frau gearbeitet und mit der damals 4-jährigen Tochter im Haus der Arbeitgeberin gewohnt. Die Klägerin und der Versicherte hätten zum 31.08.2009 aus ihrer bisherigen Wohnung ausziehen müssen und bereits eine neue Wohnung gefunden, welche jedoch noch im Zustand der Renovierung gewesen sei. Für die Zeit der Baumaßnahmen habe der Versicherte für einen Monat ein Zimmer in N. angemietet. Das Blutmessgerät habe sich in dem Hotelzimmer in N. befunden.
Die Beklagte trat der Klage mit der Begründung entgegen, dass zwischenzeitlich nicht einmal mehr feststellbar sei, wo sich das maßgebliche Zuhause, wohin der Weg des Versicherten am Unfalltag angeblich geführt haben solle, befunden habe. Die gemeinsame Wohnung habe leer gestanden und sei aufgrund der Renovierungsarbeiten nach dem Vortrag der Klägerin nicht bewohnbar gewesen. Dass der Verstorbene nachts noch seine Familie bei der Arbeitgeberin seiner Ehefrau habe aufsuchen wollen, könne ebenfalls ausgeschlossen werden. Es sei sehr erstaunlich, dass diese Wohnverhältnisse zum Unfallzeitpunkt erst jetzt zur Sprache kämen. Der Vortrag, dass der Versicherte sich auf dem Weg nach N. befunden habe, um sein Blutgerinnungsmessgerät zu holen, stütze sich allenfalls auf Vermutungen. Ein Nachweis sei insoweit nicht möglich. Sofern der Versicherte nicht zu seiner Familie, sondern nur nach N. gewollt habe, sei es auch nicht notwendig gewesen, die Klägerin hiervon zu unterrichten. Der Versicherte habe gegenüber dem Arbeitgeber nicht erwähnt, dass er sich krank fühle und voraussichtlich am nächsten Tag nicht zur Arbeit kommen werde. Falls der Versicherte tatsächlich krank gewesen sei, wäre der Antritt einer langen Nachtfahrt nach dem Arbeitsende um 21:00 Uhr ebenfalls nicht im Interesse des Arbeitgebers gewesen. Falls der Versicherte sich hierzu gezwungen gefühlt habe, da er das Messgerät benötigt habe, sei dies eine private Tätigkeit. Wege im Zusammenhang mit Gesundheitsmaßnahmen seien nur dann ausnahmsweise versichert, wenn die gesundheitliche Beeinträchtigung unerwartet eintrete, weil es dem Beschäftigten nicht möglich gewesen sei, die Maßnahmen in der Freizeit durchzuführen. Es verbleibe bei der Feststellung, dass ein Fall objektiver Beweislosigkeit vorliege, welche zu Lasten der Klägerin gehe.
Die Bevollmächtigte der Klägerin trug hierzu vor, dass die angemietete und noch zu renovierende Wohnung am Unfalltag bereits soweit hergerichtet gewesen sei, dass der Versicherte dort zumindest hätte übernachten können. Der Ort N. befinde sich unmittelbar auf der Strecke zwischen dem beruflichen Einsatzort des Versicherten und der angemieteten Wohnung. Der Weg, auf dem der Unfall sich ereignet habe, sei im vorliegenden Fall auch versichert, weil die gesundheitliche Beeinträchtigung des Versicherten unerwartet im Verlauf des Arbeitstages eingetreten sei.
In einer schriftlichen Zeugenaussage gegenüber dem SG gab der Mitarbeiter des R.-Marktes M. Hr. K. am 29.09.2011 an, dass er den Versicherten vor dem 09.09.2009 nicht gekannt habe. Die Arbeitszeiten des Versicherten seien seitens der Revision gemeinsam mit der Detektei geplant worden. Soweit er sich erinnere, sei der Versicherte im Lauf des Vormittags eingetroffen und habe den Markt gegen 21:00 Uhr verlassen. Der Versicherte habe ihn nach dem direkten Weg zum Hotel gefragt und sich nicht dahingehend geäußert, dass er am 10.09.2009 nicht zur Arbeit kommen könne. Beim Verlassen des Marktes habe er noch eine Bestätigung verlangt, dass er anwesend gewesen sei. Dies sei ein ungewöhnlicher Vorgang, da dies normalerweise immer am Ende des gesamten Einsatzes vorgenommen werde. Auch die Überwachungsanlage sei unberührt stehen geblieben.
Mit Urteil vom 16.11.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Für das Vorliegen einer zum Unfallzeitpunkt versicherten Tätigkeit sei der Vollbeweis erforderlich (mit Hinweis auf BSGE 58, 80, 83; 61, 127, 128). Zwar rechtfertige ein beim Auffinden eines toten Versicherten am Arbeitsplatz eventuell auftretender Beweisnotstand der Hinterbliebenen, an die Bildung der richterlichen Überzeugung weniger hohe Anforderungen zu stellen, sodass das Gericht schon aufgrund weniger tatsächlicher Anhaltspunkte von einem bestimmten Geschehensablauf überzeugt sein könne, wenn die überwiegenden Umstände auf einen Arbeitsunfall hinwiesen (mit Hinweis auf Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 20.05.2008 - L 3 U 9/07 -). Es sei jedoch auch unter Berücksichtigung des Beweisnotstandes der Klägerin nicht im Vollbeweis gesichert, dass der Versicherte im Unfallzeitpunkt auf dem unmittelbaren Weg von seiner Arbeitsstätte nach Hause gewesen sei, bzw. bei seiner Rückfahrt betriebliche Interessen verfolgt habe. Eine anhand objektiver Umstände bestätigte, auf die Rückkehr in den Privatbereich nach der Beendigung der Tätigkeit gerichtete Handlungstendenz sei nicht im Vollbeweis gesichert. Der Kläger habe sich zwar auf der Strecke von seinem Einsatzort M. in Richtung H. befunden, jedoch sei bereits nicht feststellbar, welcher Ort am Unfalltag als Privatbereich des Versicherten zu qualifizieren gewesen sei. Zum einen habe der Versicherte eine zum damaligen Zeitpunkt noch nicht bewohnbare Wohnung in H. angemietet, zum anderen habe die Klägerin mit der gemeinsamen Tochter ebenfalls in einer anderen Wohnung in H. bei ihrer Arbeitgeberin übernachtet, wobei der Versicherte dort den Angaben der Klägerin zufolge nicht hätte übernachten dürfen, und des weiteren habe der Versicherte ab dem 01.09.2009 ein Zimmer in einer Pension in N. bei R. bewohnt. Insofern kämen drei verschiedene Orte als "Privatbereich" in Betracht.
Weiterhin habe die Kammer keine anhand objektiver Umstände bestätigte Handlungstendenz des Versicherten erkennen können, die darauf gerichtet gewesen sei, nach der Beendigung der Tätigkeit in den Privatbereich - sei es nun in N. oder H. - zurückzukehren. Da der Versicherte den R.-Markt bereits gegen 21:00 Uhr verlassen habe und der Unfall sich auf halber Strecke Richtung H. um 23:17 Uhr, d. h. über zwei Stunden nach Arbeitsende, ereignet habe, sei gesichert, dass der Versicherte nach der Arbeitsbeendigung nicht unmittelbar den direkten Weg Richtung H. angetreten haben könne. Denn anderenfalls hätte er zu diesem Zeitpunkt bereits sein vermeintliches Ziel erreichen müssen. Auch unter diesem Gesichtspunkt sei im Nachhinein nicht mehr rekonstruierbar, von wo aus bzw. wohin der Versicherte unterwegs gewesen sei. Ferner habe der Versicherte nach den übereinstimmenden Ausführungen der Klägerin und des Arbeitsgebers stets bei seinen Einsätzen in den gebuchten Zimmern übernachtet. Es sei nicht ersichtlich, weshalb gerade am Unfalltag von diesem üblichen Vorgehen abgewichen worden sein solle. Auch wäre eine etwaige Rückkehr in Anbetracht dessen, dass der Versicherte eine einfache Wegstrecke von ca. 180 Kilometern bei einer Fahrzeit von über zwei Stunden zurücklegen habe müssen, aus rein zeitlichen Gesichtspunkten nicht sinnvoll gewesen. Die von der Klägerin vermutete Handlungsweise sei auch insoweit nicht nachvollziehbar, als bis zuletzt kein Grund für eine etwaige Rückkehr nach H. habe glaubhaft gemacht werden können. Gegen eine plötzlich aufgetretene Erkrankung spreche, dass der Versicherte gegenüber dem Mitarbeiter K. vom R.-Markt keinerlei Angaben hierzu gemacht habe und auch nicht angegeben habe, am nächsten Tag nicht zur Arbeit zu erscheinen. Auch habe er den Mitarbeiter nach dem direkten Weg zum Hotel gefragt. Schließlich habe auch die Klägerin selbst gemäß ihrer Angabe vom 17.08.2010 ausgeführt, dass es am Unfalltag keinen Anlass für eine Heimfahrt gegeben habe.
Auch für die weitere Vermutung der Klägerin, dass der Versicherte am Unfalltag entgegen der Anweisung seines Arbeitgebers in die Pension nach N. habe zurückkehren wollen, um sein vergessenes Messgerät zu holen, stünde dieser Weg nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Unabhängig von dem verspäteten Vortrag erscheine dieser Grund nicht plausibel, da das vom Kläger verwendete Medikament Sintrom nach Arztauskunft der Fr. L. eine Halbwertszeit im Blut von 48 Stunden habe, weswegen eine erneute Einnahme des Medikaments vermutlich auch am Abend der geplanten Rückkehr, also am 10.09.2009, ausgereicht hätte. Nach der Information des Herstellers des Blutgerinnungsmessgeräts sei nach einer entsprechenden Schulung auch eine lediglich wöchentliche Kontrolle ausreichend (mit Hinweis auf die Informationen im Internetauftritt des Herstellers). Selbst wenn der Versicherte jedoch im Unfallzeitpunkt tatsächlich auf dem Weg nach N. gewesen sein sollte, um dort sein Messgerät zu holen, hätte es sich dabei um eine eigenwirtschaftliche und damit nicht versicherte Tätigkeit gehandelt. Es habe sich um eine Verrichtung des täglichen Lebens gehandelt, die lediglich mittelbar der Erfüllung von Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis gedient habe. Zwar habe die Rechtsprechung in der Vergangenheit auch bei solchen eigenwirtschaftlichen Verrichtungen einen Versicherungsschutz bejaht, wenn die Gesamtumstände dafür sprechen, das unfallbringende Verhalten den nach den Regeln der gesetzlichen Unfallversicherung geschützten Bereich zuzurechnen, insbesondere wenn die betreffende Verrichtung während der Dienstzeit bzw. bei der Zurücklegung des Betriebsweges unerwartet notwendig geworden sei, um weiterhin die betriebliche Arbeit zu verrichten bzw. den Weg zurücklegen zu können. Eine solche Sachlage sei jedoch im vorliegenden Fall nicht gegeben. Zum einen sei bereits fraglich, ob der Kläger für den zwei Tage andauernden Arbeitseinsatz im M. auf das Messgerät angewiesen gewesen sei. Zum anderen habe die behandlungsbedürftige Herzerkrankung bereits seit einiger Zeit bestanden, sodass die Notwendigkeit zur Blutgerinnungsmessung am Unfalltag nicht unerwartet aufgetreten sei. Der Umstand, dass der Versicherte die Mitnahme des Messgeräts vergessen haben solle, führe zu keiner anderen Bewertung, weil auch dies nicht der betrieblichen, sondern seiner privaten Atmosphäre zuzurechnen und somit nicht geeignet sei, eine stärkere Betriebsbezogenheit zu bewirken (mit Hinweis auf BSG, Urteil vom 07.09.2004 - B 2 U 35/03 R -). Schließlich sei ein betriebliches Interesse selbst bei einer unterstellten Rückfahrt in den Privatbereich des Versicherten alleine deshalb abzulehnen, weil sich dieser der ausdrücklichen Weisung seines Arbeitgebers, in der in M. gebuchten Pension zu übernachten, widersetzt habe. Das Urteil des SG ist dem Kläger-Bevollmächtigten am 01.12.2011 zugestellt worden.
Am 30.12.2011 haben die Kläger-Bevollmächtigten beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) Berufung eingelegt, mit der sie ihren bisherigen Vortrag vertiefen. Die objektiven Umstände bestätigten vorliegend, dass eine Handlungstendenz des Versicherten auf Rückkehr in den Privatbereich im Sinne eines versicherten Arbeitsweges vorgelegen habe. Dabei könne dahinstehen, welcher Ort am Unfalltag als Privatbereich des Versicherten zu qualifizieren gewesen sei, da sich der Unfall in einem Streckenbereich ereignet habe, der zum Erreichen aller drei Orte zwingend zu befahren gewesen sei. Die Arbeitszeit des Versicherten habe nicht mit dem Verlassen des Marktes geendet, da er noch einen Bericht habe schreiben müssen. Der Unfall habe sich innerhalb des zeitlichen Rahmens zwischen Beendigung der Tätigkeit und der Ankunft im Privatbereich ereignet. Die Familie des Versicherten sei aus Rumänien nach Deutschland gezogen und habe weder auf der Strecke zwischen M. und H. noch in der näheren Umgebung Freunde oder Verwandte. Der Versicherte habe als Detektiv an ständig wechselnden Arbeitsorten ohne Kollegen allein gearbeitet, wobei in den jeweils wechselnden Märkten keine Freundschaften entstanden seien, was zur Strategie des Arbeitgebers gehört habe. Der Versicherte habe daher weder in M. noch unterwegs Menschen aus seinem privaten Bereich gekannt, die er hätte besuchen wollen oder können. Da nach 21:00 Uhr auch die meisten Geschäfte geschlossen gewesen seien, schieden aus diesem Grund auch weitere private Verrichtungen wie Einkaufen, aus. Gerade weil der Versicherte sich üblicherweise in dem für ihn gebuchten Zimmer und teilweise sogar auf eigene Kosten am Einsatzort aufgehalten habe, sei davon auszugehen, dass am 09.09.2009 ein plötzliches Ereignis aufgetreten sei, dass den Versicherten zum Abbruch des Einsatzes in M. und zur Heimreise bewogen habe. Der Mitarbeiter des R.-Marktes habe in einem Telefonat mit der Bevollmächtigten angegeben, dass es dem Versicherten am Unfalltag nicht gut gegangen sei und dass dieser nur mit einem T-Shirt bekleidet in dem kühlen Lagerraum vor den Überwachungsmonitoren mit einem Handtuch um den Hals gesessen habe, um den Schweiß aufzufangen. Außerdem habe der Versicherte seinen Tätigkeitsnachweis bereits am Ende des ersten Einsatztages abzeichnen lassen, was unüblich sei. Zum Beweis wurde die mündliche Vernehmung des Zeugen K. benannt. Der Versicherte habe auch keine Veranlassung gehabt, seine Arbeitsunfähigkeit dem Zeugen K. zu melden, da für die Entgegennahme dieser Erklärung und für die Entsendung eines Vertreters die Detektei als Arbeitgeber zuständig gewesen sei. Es sei daher davon auszugehen, dass der Versicherte, da er sich nicht in einer guten gesundheitlichen Verfassung befunden habe, unerwartet erkrankt sei, sich nicht wohlgefühlt habe und auf das Messgerät angewiesen gewesen sei, um den Blutgerinnungsfaktor zu überprüfen. Die Anweisung des Arbeitgebers, in der gebuchten Pension zu übernachten, entfalte im Krankheitsfalle keine Wirkung mehr.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 16.11.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 24.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2011 aufzuheben sowie die Beklagte zu verurteilen, ihr aus Anlass des Arbeitsunfalles vom 09.09.2009 Hinterbliebenenleistungen zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Im Berufungsverfahren seien keine neuen Argumente vorgetragen worden. Es sei nicht zutreffend, dass eine Handlungstendenz des Versicherten auf Rückkehr in den Privatbereich durch objektive Umstände bestätigt werde. Ob der Versicherte nach Verlassen des Marktes noch einen Bericht geschrieben habe, sei unerheblich. Denn es sei nicht nachvollziehbar, wohin der Verletzte sich tatsächlich habe begeben wollen, und welche Motivation dafür ausschlaggebend gewesen sei. Das alle drei von der Klägerin in Betracht gezogenen Ziele auf der tatsächlich gefahrenen Strecke lägen, führe nicht zum Versicherungsschutz. Denn entscheidend sei allein die Handlungstendenz des Versicherten. Fehle es am Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit, sei das Zurücklegen des Weges auch dann keine versicherte Tätigkeit, wenn der Versicherte dieselbe Strecke zurückgelegt habe, die er als Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit gewöhnlich benutze. Die Behauptung, der Verletzte sei stark verschwitzt gewesen und es sei deshalb davon auszugehen, dass er krank gewesen sei, sei ebenfalls Spekulation. Selbst wenn man unterstelle, dass der Verletzte sich tatsächlich krank gefühlt habe, sei gerade dann nicht nachvollziehbar, weshalb er bei Dunkelheit und nach einem langen Arbeitstag den langen Heimweg angetreten habe, statt sich in die nahe gelegene Pension zu begeben. Der Anruf des Versicherten bei seiner Ehefrau lasse sich ebenfalls nicht nachweisen, und über dessen hypothetischen Inhalt lasse sich ebenfalls nur spekulieren.
Für die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten sowie die Akten des SG und des LSG Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143 f. und 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und zulässige Berufung ist begründet. Die Klägerin hat aufgrund des Unfalles ihres Ehemanns Anspruch auf die geltend gemachten Hinterbliebenenleistungen.
Dabei ist die Klage als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage zulässig, obwohl die Beklagte mit den streitgegenständlichen Bescheiden schon deshalb Hinterbliebenenleistungen abgelehnt hat, weil sie den Verkehrsunfall des bei ihr versicherten Ehemannes der Klägerin nicht als Arbeitsunfall anerkannt hat. Anders als ein Versicherter, der im Falle eines Arbeitsunfalls zunächst dessen Feststellung bzw. darauf aufbauend die Feststellung bestimmter Gesundheitsstörungen als Folge dieses Arbeitsunfalls und erst im Anschluss Leistungen wie Heilbehandlung, Verletztengeld und/oder Verletztenrente beantragen kann (zur Klage auf Feststellung eines Ereignisses als Arbeitsunfall: BSG, Urteil vom 15.02.2005 - B 2 U 1/04 R; BSG, Urteil vom 07.09.2004 - B 2 U 46/03 R; jeweils zitiert nach juris), ist ein Hinterbliebener nicht verpflichtet, die Grundlagen der in Frage kommenden Hinterbliebenenleistungen vorab im Wege einer Feststellungsklage klären zu lassen (BSG, Urteil vom 12.01.2010 - B 2 U 5/08 R - SozR 4-2700 § 9 Nr. 7; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteile vom 24.11.2011 - L 6 U 5773/09 - und vom 29.09.2011 - L 6 U 5889/06 -).
Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch [SGB VII]). Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2,3, oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeiten (versicherte Tätigkeiten). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 SGB VII). Rechtsgrundlage des streitigen Anspruchs auf Hinterbliebenenrente ist § 63 Abs. 1 Satz 1 Ziffer 3 SGB VII, wonach Hinterbliebene Anspruch auf Hinterbliebenenrenten haben.
Versichert ist nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII auch das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Der Versicherungsschutz auf dem Weg nach und von der Arbeitsstätte oder einer anderen versicherten Tätigkeit wird damit begründet, dass diese Wege nicht aus privaten Interessen, sondern wegen der versicherten Tätigkeit unternommen werden und somit eine Art Vor- oder Nachbereitungshandlung zur eigentlichen versicherten Tätigkeit darstellen. Andererseits sind diese Wege noch nicht Teil der eigentlichen versicherten Tätigkeit und rein tatsächlich werden mit solchen Wegen häufig auch private Verrichtungen und Zwecke verbunden (vgl. zur Vorgängerregelung des § 550 Abs. 1 Reichsversicherungsordnung [RVO] BSG, Urteil vom 02.12.2008 - B 2 U 26/06 R - BSGE 102, 111 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 29).
Für einen Arbeitsunfall ist im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang, vgl. BSGE 63, 273, 274 = SozR 2200 § 548 Nr. 92 S 258; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 19; BSG SozR 3-2700 § 8 Nr. 10), diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis (dem Unfallereignis) geführt hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität) (vgl. zuletzt BSG vom 9. November 2010 - B 2 U 14/10 R unter Verweis auf BSG vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196, 198 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 RdNr. 10 m.w.N.; BSG vom 18. November 2008 - B 2 U 27/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 30 RdNr. 10 m.w.N.). Dabei müssen die versicherte Tätigkeit, die Schädigung und die eingetretene Gesundheitsstörung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, während für den ursächlichen Zusammenhang als Voraussetzung der Entschädigungspflicht, welcher nach der auch sonst im Sozialrecht geltenden Lehre von der wesentlichen Bedingung zu bestimmen ist, grundsätzlich die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die bloße Möglichkeit ausreicht (BSGE 58, 80, 82; 61, 127, 129; BSG vom 27. Juni 2000 - B 2 U 29/99 R - m.w.N.). Für die tatsächlichen Grundlagen der versicherten Tätigkeit muss demnach der volle Beweis erbracht werden, das Vorhandensein versicherter Tätigkeit also sicher feststehen (BSG, Urteil vom 19.12.2000 - B 2 U 45/99 R -, NJW 2001, 3652, SGb 2001, 513 m. Anm. Benz).
Der Versicherte befand sich zwar nicht auf einem versicherten Betriebsweg (vgl. hierzu BSG SozR 4-2700 § 8 Nr. 36 BSG unter Verweis auf SozR 4-2700 § 8 Nr. 6 RdNr 13). Eine Betriebsdienlichkeit der letzten Autofahrt des Versicherten wird weder von der Klägerin behauptet, noch sind Anhaltspunkte dafür ersichtlich.
Nach der Gesamtwürdigung des vorliegenden Sachverhalts ist der Senat jedoch überzeugt, dass es sich bei der letzten Autofahrt des Versicherten um einen versicherten Heimweg gehandelt hat. Die in § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII gebrauchte Formulierung "Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit" kennzeichnet den sachlichen Zusammenhang des unfallbringenden Weges mit der eigentlichen versicherten Tätigkeit. Dieser besteht, wenn der Weg wesentlich zu dem Zweck zurückgelegt wird, den Ort der Tätigkeit oder nach deren Beendigung im typischen Fall die eigene Wohnung zu erreichen. Die darauf gerichtete Handlungstendenz muss durch die objektiven Umstände bestätigt werden. Da der Gesetzgeber die Grundentscheidung "Versicherungsschutz auf dem Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit" in § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII getroffen hat, ist von der Rechtsprechung nur zu klären, ob der Versicherte, als er verunglückte, einen solchen versicherten Weg zurückgelegt und infolge dessen einen Gesundheitsschaden erlitten hat. Dieser Unfallschutz setzt voraus, dass der Weg mit der versicherten Haupttätigkeit zusammenhängt, weil er nur versichert ist, solange und soweit er eng mit der Aufnahme oder der Beendigung der Haupttätigkeit verbunden ist. Maßgebliches Kriterium hierfür ist, ob die anhand objektiver Umstände zu beurteilende Handlungstendenz des Versicherten beim Zurücklegen des Weges darauf gerichtet war, die Haupttätigkeit aufzunehmen oder nach deren Beendigung in seinen Privatbereich zurückzukehren; denn nur dann hängt sein Handeln mit der versicherten betrieblichen Tätigkeit zusammen. Fehlt es an diesem Zusammenhang, ist das Zurücklegen des Weges auch dann keine versicherte Tätigkeit, wenn der Versicherte dieselbe Strecke zurücklegt, die er als Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit gewöhnlich benutzt (vgl. auch hierzu BSG, Urteil vom 02.12.2008 - B 2 U 26/06 R - a. a. O., m. w. N.)
Der Versicherte ist vorliegend auf dem Weg in Richtung seiner drei Privatunterkünfte verunglückt, wobei inzwischen auch von der Beklagten anerkannt ist, dass der Unfallort H. sich auf dem direkten Weg vom Arbeitsplatz in M. zu den für eine Heimreise in Betracht kommenden zwei Wohnungen in H. und dem Hotelzimmer in N. befand. Dass unklar geblieben ist, zu welcher dieser drei möglichen Unterkünfte der Versicherte fahren wollte, ist insoweit unschädlich. Denn eine andere Motivation des Klägers als die, eine dieser drei Wohnungen aufzusuchen, ist für den Senat selbst als entfernte Möglichkeit äußerst unwahrscheinlich. Die Motivation des Versicherten, den Heimweg antreten zu wollen, wird nach Auffassung des Senats durch ausreichende Indizien belegt. Andere denkbare Zielorte oder Motivationen hält der Senat für nahezu ausgeschlossen (vgl. hierzu BSG a.a.O.).
Für den Versicherungsschutz spricht, dass der Versicherte nach Angaben der Klägerin keinerlei Verwandte, Freunde oder Bekannte auf der gefahrenen Strecke hatte, so dass eine andere Motivation als eine Heimfahrt nicht nahe liegt. Selbst beim Vorhandensein von Verwandten oder Bekannten auf der Wegstrecke wäre es angesichts der Uhrzeit der Heimfahrt nach 22:00 Uhr eher fernliegend, von einem Verwandten- oder Freundesbesuch auszugehen. Auch hält der Senat es für unwahrscheinlich, dass der Versicherte um die späte Uhrzeit ggf. noch ein Lokal aufsuchen wollte, weil er hierzu eher im Umkreis seines Einsatzortes geblieben wäre und es keiner einstündigen nächtlichen Überlandfahrt in Richtung seiner Privatunterkünfte bedurft hätte.
Der Senat hat auch keine Gründe, an der Glaubwürdigkeit der Klägerin und an ihren tatsächlichen Angaben zum Sachverhalt zu zweifeln. Die Klägerin hat im vorliegenden Verfahren teils für die Erreichung ihres Prozessziels ungünstige Aussagen getätigt, was für das Fehlen einer Selbstbegünstigungstendenz spricht (vgl. die Einlassungen vom 17.08.2010, am Unfalltag sei keine Heimkehr ihres Mannes geplant gewesen, es habe keinen Anlass für eine Heimfahrt gegeben, und ihr Mann habe seine Heimkehr auch nicht spontan angekündigt).
Für das Vorliegen von Versicherungsschutz wegen des Zurücklegens eines Heimwegs spricht auch, dass der Versicherte nach Angaben des REWE-Mitarbeiters am Ende seines ersten Arbeitstages in M. stark verschwitzt war und offensichtlich den Eindruck vermittelt hat, es gehe ihm nicht gut. Dies könnte im Zusammenhang damit stehen, dass ihm sein Messgerät fehlte und er dieses in seinem Hotelzimmer in N. holen wollte, um am nächsten Tag ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen seine Tätigkeit fortführen zu können. In diesem Fall wäre auch eine objektiv unvernünftige Heimfahrt nach N. vom Versicherungsschutz gedeckt gewesen, da dieser sich nicht auf vernünftige Handlungen und legale Handlungen beschränkt (BSG, Urteil vom 04.06.2002 - B U 11/01 R -, SozR 3-2700 § 8 Nr. 10).
Der Senat hält dies für die naheliegendste Erklärung für die von dem Versicherten begonnene Autofahrt. Der Grundsatz, dass das hiermit vergleichbare Besorgen von Medikamenten zu den Maßnahmen der Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit nicht unter den Versicherungsschutz fällt (BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 16 m.w.N.), würde vorliegend nicht zu einem anderen Ergebnis führen, da es sich gleichzeitig um einen Heimweg handelte und insofern anderweitig bereits ein Versicherungsschutz bestanden hat, der beim gleichzeitigen Holen von Medikamenten oder medizinischen Geräten nicht entfiele.
Der Umstand, dass der Versicherte am Ende seines ersten Arbeitstages in M. eine Anwesenheitsbestätigung erbeten hat, obwohl dies bei zweitägigen Arbeitseinsätzen üblicherweise erst am Ende des zweiten Tages erfolgte, spricht nicht gegen eine solche Deutung des Handelns des Versicherten. Denn ggf. war sich der Versicherte nicht sicher, wie sein Zustand sich weiter entwickeln würde. Eine Abmeldung beim Arbeitgeber wäre angesichts der späten Uhrzeit nach dem Arbeitsende des Versicherten nicht naheliegend gewesen, da er wohl niemandem mehr im Büro seiner Firma erreicht hätte. Eine Abmeldung beim Kunden wäre ebenfalls nicht veranlasst gewesen, da der Versicherte in diesem Fall ggf. durchaus nachvollziehbar erst seinen Arbeitgeber benachrichtigen wollte. Der Senat hielt in diesem Zusammenhang die angebotene Zeugeneinvernehmung des Herrn K. nicht für erforderlich, weil dieser bereits Auskünfte gegeben hat und nichts Wesentliches zu der maßgeblichen Motivation des Versicherten für seine abendliche Autofahrt am Unfalltag beitragen konnte. Dass der Versicherte am Ende seines ersten Arbeitstages in M. Zeichen von Unwohlsein oder gar einer Erkrankung zeigte, wofür der Zeuge K. als Beweis angeboten worden ist, kann in diesem Zusammenhang als wahr unterstellt werden, weil es weder für noch gegen eine Heimfahrt spricht. Ein Unwohlsein des Versicherten hätte nämlich sowohl eine Heimfahrt zwecks Verwendung des Messgerätes als auch ein Ausruhen im Hotelzimmer am Einsatzort nahelegen können.
Dass der Versicherte vor seiner Heimfahrt auch nicht bei seiner Ehefrau angerufen hat, lässt sich ohne Weiteres damit erklären, dass er nur in sein Hotelzimmer in N. fahren wollte, wo sich das Messgerät befand. Aufgrund der vorgerückten Stunde wollte der Versicherte ggf. auch nicht mehr seine Ehefrau stören, welche schließlich keine eigene Wohnung hatte, sondern vorübergehend mit dem kleinen gemeinsamen Kind bei ihrer Arbeitgeberin untergebracht war.
Auch wenn der Versicherte von seinem Arbeitgeber kurz zuvor ausdrücklich angewiesen worden war, das Hotelzimmer in M. zu nutzen und am nächsten Tag dort um 9:00 Uhr mit der Arbeit zu beginnen, spricht dies nicht gegen eine - aus objektiver Sicht ggf. unvernünftige - Heimfahrt. Denn Zeit für einen kurzen Familienbesuch oder zum Abholen des Messgeräts aus dem Hotelzimmer bestand durchaus, ohne dass hierdurch ein Arbeitseinsatz am nächsten Tag um 9:00 Uhr in M. nicht mehr möglich gewesen wäre.
Beweisrechtlich ist zu beachten, dass ein nicht zu führender Nachweis einer versicherten Tätigkeit nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der materiellen Beweislast zu Lasten des Versicherten geht. Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung sind indes typische Beweisschwierigkeiten zu berücksichtigen, die sich aus Besonderheiten der versicherten Tätigkeit ergeben. Verunglückt ein Versicherter tödlich unter ungeklärten Umständen an seinem Arbeitsplatz, an dem er zuletzt betriebliche Arbeit verrichtet hat, so entfällt beispielsweise der Versicherungsschutz nur dann, wenn von Seiten des Versicherungsträgers bewiesen wird, dass er die versicherte Tätigkeit im Unfallzeitpunkt für eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit unterbrochen hat (BSG, Urteil vom 09.04.2007 - B 2 U 28/06 R; BSG, Urteil vom 26.10.2004 - B 2 U 24/03 R). Die Ungewissheit hinsichtlich der Motivation des Versicherten geht in diesem Fall zu Lasten des Versicherungsträgers. Denn er trägt bei dieser Sachlage die objektive Beweislast dafür, dass der Verunglückte sich während der grundsätzlich versicherten Tätigkeit vorübergehend einer anderen, privaten Zwecken dienenden Verrichtung zugewandt hat (BSG, Urteil vom 26.10.2004, a.a.O.). Auch muss der genaue Unfallhergang nicht bewiesen sein, wenn sonst nachgewiesene Umstände überwiegend auf einen Versicherungsfall hinweisen und die ernsthafte Möglichkeit anderer Geschehensabläufe ausgeschlossen erscheint (BSG, Urteil vom 14.11.1984 - 9 b RU 68/93 - zitiert nach juris; LSG Rheinland-Pfalz, Breithaupt 1982, 763). Bezogen auf Wegeunfälle ergibt sich hieraus, dass im Falle eines erwiesenen Antritts der beschäftigungsmotivierten Wegstrecke der Versicherungsträger für seine Behauptung, der Versicherte habe diese Strecke mit privater Handlungstendenz zurückgelegt, als anspruchsvernichtende Tatsache beweispflichtig ist (Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 24.11.2011 - L 6 U 5773/09 -).
Da der Antritt einer beschäftigungsmotivierten Wegstrecke (Heimfahrt) im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung der oben aufgeführten Gesamtumstände für den Senat nachgewiesen ist, konnte die von der Beklagten angeführte theoretische Möglichkeit alleine, dass der Versicherte eine andere Motivation als den Heimweg hatte, nicht zur Verneinung des Versicherungsschutzes führen. Der Senat ist davon überzeugt, dass der Versicherte nach Arbeitsende eine der drei in Betracht kommenden Privatunterkünfte aufsuchen wollte, weswegen der Antritt eines Arbeitsweges nachgewiesen ist. Nur ergänzend ist deshalb darauf hinzuweisen, dass der Unfallzeitpunkt keineswegs feststeht, sondern der Kläger um 23.17 Uhr von einem vorbeifahrenden LKW lediglich aufgefunden worden ist.
Zwar kann die Anwendung der Grundsätze einer erleichterten Beweisführung zugunsten von Hinterbliebenen, die sich mangels Beweismittel bei einem tödlichen Unfall des Versicherten in einem Beweisnotstand befinden, nicht dazu führen, dass einem möglichen Geschehensablauf gegenüber einem anderen ebenfalls möglichen in letztlich nicht begründbarer Weise der Vorzug gegeben und einer der beiden als erwiesen angesehen werden kann (Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 20.05.2008 - L 3 U 9/07 -, juris-Rn. 29). Ein solcher Fall liegt jedoch nicht vor, da der Sachverhalt deutlich überwiegende Anhaltspunkte für einen Arbeitsweg enthält und die von der Beklagten angeführten alternativen Geschehensabläufe im Vergleich hierzu eher fernliegend sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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