L 5 R 448/11 B ER

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 9 R 282/11 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 448/11 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 31. August 2011 geändert.

Der Antrag des Antragsstellers gemäß § 850c Abs. 4 Zivilprozessordnung (ZPO) wird abgelehnt.

Die Beteiligten haben einander für beide Instanzen keine Kosten zu erstatten.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Dem Antragsteller wird unter Beiordnung von Rechtsanwalt B. C. auch für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt.

Gründe:

Der Antragsteller begehrt mit einem "Antrag gemäß § 850c Abs. 4 ZPO" die Heraufsetzung des ihm von seiner Rente pfändungsfrei zu belassenden Betrages.

Der 1938 geborene Antragsteller bezieht auf der Grundlage eines Bewilligungsbescheides der Antragsgegnerin vom 12. Februar 1998 seit dem 1. Mai 1998 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Unter Offenlegung einer im Rahmen eines Darlehensvertrages getroffenen Abtretungsvereinbarung vom 17. November 1998 forderte die XY-Bank XY-Stadt die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 8. November 2010 auf, den pfändbaren Teil der Rente des Klägers künftig an sie auszuzahlen.

Mit gesondertem Schreiben vom 7. Dezember 2010 teilte die Antragsgegnerin daraufhin der XY-Bank und dem Antragsteller mit, dass aus der Rente in Höhe von insgesamt 1.306,64 EUR monatlich ab 1. Januar 2011 ein Betrag in Höhe von 220,40 EUR an die XY-Bank gezahlt werde. Der Antragsteller machte diesbezüglich mit Schreiben vom 18. Januar 2011 geltend, dass er im QQ. des Evangelischen Vereins für Innere Mission in A-Stadt lebe und die Kosten für den Aufenthalt im Seniorenzentrum nicht mehr tragen könne, sofern ein Betrag in Höhe von 220,40 EUR von seiner Rente zugunsten der XY-Bank abgezogen werde. Es entstehe dann hinsichtlich seiner Lebensunterhaltskosten eine ungedeckte Differenz in Höhe von 218,27 EUR. Mit Schreiben vom 26. Januar 2011 teilte die Antragsgegnerin ihm daraufhin mit, dass er hinsichtlich der Heraufsetzung des pfändungsfreien Betrages eine Absprache mit der XY-Bank als Abtretungsgläubigerin treffen oder notfalls beim zuständigen Sozialgericht einen Antrag auf Erlass einen entsprechenden Beschlusses stellen möge.

Zum 1. Juli 2011 nahm die Antragsgegnerin unter Berücksichtigung der gesetzlichen Rentenerhöhung durch Bescheid vom 25. Mai 2011 eine Neuberechnung der Altersrente einschließlich der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung vor und ermittelte einen monatlichen Zahlbetrag in Höhe von 1.319,61 EUR. Unter Berücksichtigung der zum 1. Juli 2011 erfolgten Änderung der Pfändungsfreigrenzen ermittelte die Antragsgegnerin hieraus bezüglich der Zeit ab 1. Juli 2011 einen zugunsten der XY-Bank abzutrennenden Betrag in Höhe von 196,78 EUR monatlich. Im Neuberechnungsbescheid vom 25. Mai 2011 teilte sie mit, dass ab 1. Juli 2011 ein Betrag in Höhe von 196,78 EUR an die XY-Bank und der verbleibende Restbetrag in Höhe von 1.122,83 EUR an den Antragsteller ausgezahlt werde.

Der Antragsteller erhob gegen den Neuberechnungsbescheid vom 25. Mai 2011 am 15. Juni 2011 Widerspruch "bezüglich der Überweisung an XY-Bank in Höhe von 196,78 EUR" und machte geltend, dass die Sicherstellung seiner laufenden Heimunterbringung vorrangig sei. Das Widerspruchsverfahren ist noch anhängig.

Mit Schreiben vom 29. Juni 2011 teilte die Antragsgegnerin ihm daraufhin mit, dass es dem Rentenversicherungsträger als Drittschuldner nicht möglich sein, den nach § 850c ZPO pfändungsfrei zu belassenden Betrag heraufzusetzen. Es werde nochmals angeregt, mit dem Abtretungsgläubiger über eine eventuelle Reduzierung des pfändbaren Betrages eine Absprache zu treffen oder beim zuständigen Sozialgericht einen Antrag auf Erlass eines entsprechenden Beschlusses zu stellen.

Der Antragsteller stellte daraufhin am 5. Juli 2011 bei dem Sozialgericht Wiesbaden einen "Antrag gemäß § 850c Abs. 4 ZPO" und vertrat die Auffassung, dass der Pfändungsfreibetrag zu erhöhen sei.

Das Sozialgericht hat darauf hingewiesen, dass es sich der Sache nach um einen Antrag entsprechend § 850f Abs. 1 ZPO handele, über den nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG vom 23. Mai 1995 -13 RJ 43/93) der Versicherungsträger in eigener Zuständigkeit im Rahmen seiner Entscheidung nach § 53 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) nach billigem Ermessen zu befinden habe. Die Antragsgegnerin möge mitteilen, ob eine solche Entscheidung ergehen werde.

Durch Beschluss vom 31. August 2011 hat das Sozialgericht dem Antragsteller Prozesskostenhilfe bewilligt und festgestellt, dass der Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 25. Mai 2011 aufschiebende Wirkung habe. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers im Wege der Auslegung als Antrag auf (deklaratorische) Feststellung der von Gesetzes wegen gegebenen aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) analog zu verstehen sei. Die Antragsgegnerin werde nochmals darauf hingewiesen, dass sie im Rahmen des noch anhängigen Widerspruchsverfahrens eine Entscheidung über den Antrag des Antragstellers gemäß § 850f ZPO zu treffen haben werde.

Die Antragsgegnerin hat gegen den ihr am 14. September 2011 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts am 6. Oktober 2011 Beschwerde eingelegt. Sie macht geltend, dass es sich bei der Ausführung einer Abtretungsvereinbarung nicht um einen Verwaltungsakt handele, dessen aufschiebende Wirkung angeordnet bzw. festgestellt werden könne. Über die Frage der Heraufsetzung des pfändungsfreien Teils der Altersrente des Antragstellers habe nicht der bloß als Drittschuldner beteiligte Rentenversicherungsträger, sondern das Gericht zu entscheiden.

Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts vom 31. August 2011 aufzuheben
und
über den Antrag des Antragstellers vom 4. Juli 2011 über die Heraufsetzung der Pfändungsfreigrenze zu entscheiden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstands im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der den Antragsteller betreffenden Rentenakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig und zum überwiegenden Teil auch begründet.

Der Beschluss des Sozialgerichts Wiesbaden vom 31. August 2011 ist nur insoweit nicht zu beanstanden, als dem Antragsteller für das Antragsverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist; im Übrigen ist der Beschluss abzuändern.

Die Feststellung, dass der Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 25. Mai 2011 aufschiebende Wirkung habe, geht ins Leere.

Wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat, kann das Gericht der Hauptsache nach der Vorschrift des § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft insoweit nach pflichtgemäßem Ermessen eine Abwägungsentscheidung unter Berücksichtigung des privaten Interesses des Bescheidadressaten an der Aufhebung der Vollziehung einerseits sowie des öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts andererseits. Dabei gilt der Grundsatz, dass an das Aussetzungsinteresse des Antragstellers umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer die Erfolgsaussichten des erhobenen Rechtsbehelfs sind.

Gemäß § 86a Abs. 1 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage grundsätzlich aufschiebende Wirkung, auch soweit Dritte davon betroffen sind. Dieser Grundsatz wird jedoch in § 86a Abs. 2 SGG in zahlreichen Fällen durchbrochen mit der Folge, dass Widerspruch und/oder Klage in den dort im Einzelnen genannten Fällen keine aufschiebende Wirkung zukommt. Die aufschiebende Wirkung entfällt unter anderem gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG bei der Anforderung von Beiträgen einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten sowie gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 3 SGG für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen.

Die "Anforderung von Beiträgen" im Sinne des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG umfasst nicht nur das Geltendmachen einer Geldforderung, sondern alle Verwaltungsakte, die zur Realisierung des behördlichen Anspruchs auf öffentliche Abgaben ergehen, also z. B. auch die Aufhebung einer zuvor eingeräumten Beitragsstundung (vgl. Krasney/Udschig, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, Kapitel V Rdnr. 14).

Eine "laufende Leistung" wird im Sinne von § 86a Abs. 2 Nr. 3 SGG nicht nur dann "herabgesetzt oder entzogen", wenn der angefochtene Verwaltungsakt das Stammrecht selbst in seinem Bestand berührt, sondern in gleicher Weise auch dann, wenn die sich aus dem Stammrecht ergebenden einzelnen Leistungsansprüche im Wege der Verrechnung geschmälert und damit dem Leistungsberechtigten (zumindest teilweise) vorenthalten werden (vgl. Beschluss des erkennenden Senats vom 1. November 2007 -5 R 303/07 ER -; in diesem Sinne auch LSG Baden-Württemberg vom 5. September 1997 – L 13 An 2403/97 EA-B -, LSG Nordrhein-Westfalen vom 10. Mai 2000 -L 14 B 1/00 RA -, LSG Nordrhein-Westfalen vom 6. Januar 2003 -L 14 B 17/02 RJ -sowie LSG Nordrhein-Westfalen vom 12. Februar 2003 -L 14 B 2/03 RA ER -, jeweils mit weiteren Nachweisen). Denn es ist kein vernünftiger Grund dafür ersichtlich, dass eine Anfechtungsklage, die im Falle der vollständigen Entziehung des Stammrechts nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut keine aufschiebende Wirkung hat, nach dem Willen des Gesetzgebers in prozessualer Hinsicht weitergehende Rechtswirkungen haben soll, sofern sie sich lediglich gegen die für den Leistungsberechtigten weit weniger belastende Verrechnung mit einzelnen, sich aus dem Stammrecht ergebenden Leistungsansprüchen richtet. Wenn die Anfechtungsklage schon bei Entziehung des Stammrechts keine aufschiebende Wirkung hat, dann muss dies erst recht gelten im Falle der Verrechnung hinsichtlich einzelner sich aus dem Stammrecht ergebender Einzelleistungsansprüche.

Wie das Sozialgericht im Ergebnis zutreffend ausgeführt hat, ist ein solcher Ausnahmefall, in welchem der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung hat, im Hinblick auf die durch den Bescheid vom 25. Mai 2011 getroffene Regelung vorliegend allerdings nicht gegeben.

Ausgehend vom Verfügungssatz des Bescheides vom 25. Mai 2011 hat die Antragsgegnerin durch diesen Bescheid die dem Antragsteller gewährte "Rente ... neu berechnet", weil "die Berechnungsgrundlagen ... sich geändert" haben. Um welche Änderungen es sich dabei im Einzelnen handelt, ergibt sich aus der Anlage 1 des Bescheides vom 25. Mai 2011: Der für den Antragsteller maßgebliche aktuelle Rentenwert im Sinne des § 68 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI), d.h. die für ein Kalenderjahr mit Beiträgen in Höhe des Durchschnittsverdienstes zu leistende monatliche Altersrente, hat sich danach infolge der maßgeblichen Rentenanpassungsverordnung ab 1. Juli 2011 auf 27,47 EUR erhöht, woraus sich im Falle des Antragstellers eine im Vergleich zum vorangegangenen Rentenbescheid vom 7. Dezember 2010 auf 1.468,68 EUR brutto bzw. (nach Abzug der gestiegenen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung) auf 1.319,61 EUR netto gestiegene Monatsrente ergibt. Die insoweit im Bescheid vom 25. Mai 2011 getroffene Regelung ist freilich nicht Gegenstand des vom Antragsteller erhobenen Widerspruchs, so dass es keiner Entscheidung zu der Frage bedarf, ob ein Widerspruch gegen die oben bezeichnete Regelung – wenn denn insoweit ein Widerspruch erhoben worden wäre – aufschiebende Wirkung haben würde.

Soweit dem Antragsteller im Bescheid vom 25. Mai 2011 mitgeteilt worden ist, dass der sich aus der Tabelle zu § 850c ZPO ergebende pfändbare Teilbetrag in Höhe von 196,78 EUR an die XY-Bank ausgezahlt werde, handelt es sich nicht um eine vom Verfügungssatz dieses Bescheides erfasste Regelung, sondern um eine lediglich bei Gelegenheit der Bescheiderteilung erfolgte Unterrichtung des Antragstellers durch schlichtes Verwaltungshandeln. Zwar hat der 13. Senat des Bundessozialgerichts (vgl. BSG vom 23. Mai 1995 -13 RJ 43/93) in früherer Zeit erwogen, ob die Errechnung des pfändbaren Betrages – weil sie bezogen auf den jeweiligen Einzelfall vorgenommen werden müsse – einen eigenständigen Regelungscharakter habe. Der Senat folgt insoweit allerdings der nach wie vor überzeugenden Rechtsprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts (vgl. BSG vom 27. November 1991 -4 RA 80/90 = BSGE 70, 37, 40 = SozR 3-1200 § 53 Nr. 2), wonach die Ermittlung des auszuzahlenden Betrages der Abtretung und seine Auszahlung durch den Rentenversicherungsträger als (Dritt-) Schuldner der abgetretenen Forderung eben gerade keine Regelung im Sinne des § 31 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) enthält.

Bei der Abtretung von Teilen des Rentenanspruchs handelt es sich um die – zulässige – sog. Vorausabtretung künftiger, bestimmbarer Forderungen (zu den Anforderungen an die Bestimmbarkeit von gepfändeten Forderungen, vgl. BSGE 53, 260, 264 f = SozR 1200 § 54 Nr. 6). Bei dieser Abtretung obliegt es dem Rentenversicherungsträger als Schuldner sowohl des Versicherten (Zedent) als auch des Abtretungsempfängers (Zessionar), gemäß § 53 Abs. 3 SGB I in Verbindung mit § 850c Abs. 1 bis 3 ZPO analog die konkrete Höhe des bestimmbaren abgetretenen Betrages zu ermitteln. In der Errechnung dieses Betrages und der nachfolgenden Auszahlung liegt allerdings keine eigenständige Regelung im Sinne des § 31 SGB X. Kennzeichnend für eine "Regelung" ist nämlich, dass seitens der Behörde mit dem Ziel der Setzung einer Rechtsfolge eine rechtsverbindliche Anordnung vorgenommen wird. Eine solche Regelung nimmt bei der Abtretung des Rentenanspruchs in bestimmbarer Höhe jedoch nicht der Rentenversicherungsträger vor, sondern der Versicherte, der als Altgläubiger der Forderung mit der Abtretung rechtsgeschäftlich über diese verfügt. Mit dieser Verfügung wird die Rechtszuständigkeit über die abgetretene Forderung verändert (vgl. dazu stellvertretend: Staudinger/Kaduk, Einf. zu §§ 398 ff. BGB, Rdnrn. 16, 18, 99 f.); denn als Verfügung ist die Abtretung auf Seiten des Altgläubigers darauf gerichtet, das bestehende Recht, die Forderung also, zu übertragen. Den Handlungen des Rentenversicherungsträgers – Ermittlung des abgetretenen Betrages und seine Auszahlung – kommt dagegen keine konstitutive Bedeutung mehr zu; der Rentenversicherungsträger vollzieht lediglich nach, was die Parteien des Abtretungsvertrages im Vorfeld bewirkt haben. Mithin können die Handlungen des Rentenversicherungsträgers nicht als Regelung gemäß § 31 SGB X qualifiziert werden. Demgemäß ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts in den Fällen, in denen über die Auszahlung von Sozialleistungen nach Abtretungen bzw. Pfändungen gestritten wird, die Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG zulässig (vgl. BSGE 53, 182, 183 f. = SozR 1200 § 54 Nr. 5; BSGE 64, 17, 19 = SozR 1200 § 54 Nr. 13; BSGE 67, 143, 145 = SozR 3-1200 § 52 Nr. 1 m.w.N.; im Verhältnis zum Abtretungsgläubiger siehe BSG vom 22. Februar 1990 -4 RA 19/89; vgl. dagegen aber auch BSGE 61, 100, 102 f = SozR 1200 § 54 Nr. 11).

Konsequenz dieser rechtlichen Einordnung ist es, dass der Bescheid vom 25. Mai 2011 hinsichtlich der Mitteilung des nach der Tabelle zu § 850c ZPO pfändbaren und seitens der Antragsgegnerin aufgrund der erfolgten Abtretung an die XY-Bank auszuzahlenden Teils der Altersrente keine Regelung enthält, die Gegenstand des insoweit am 15. Juni 2011 erhobenen Widerspruchs sein könnte. Die (deklaratorische) Feststellung des Sozialgerichts, dass dieser Widerspruch aufschiebende Wirkung habe, geht deshalb -jedenfalls was die vorliegend streitige Frage nach der "richtigen" Höhe des unpfändbaren Betrages aus der Altersrente des Antragsstellers angeht – ins Leere.

Der Antragsteller beruft sich andererseits zu Recht darauf, dass der aus seiner Rente an die XY-Bank ausgekehrte Teilbetrag zu hoch bemessen sei.

Gemäß § 53 Abs. 2 SGB I können Ansprüche auf Geldleistungen grundsätzlich nur übertragen und verpfändet werden

1. zur Erfüllung oder zur Sicherung von Ansprüchen auf Rückzahlung von Darlehen und auf Erstattung von Aufwendungen, die im Vorgriff auf fällig gewordene Sozialleistungen zu einer angemessenen Lebensführung gegeben oder gemacht worden sind oder,
2. wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, dass die Übertragung oder Verpfändung im wohlverstandenen Interesse des Berechtigten liegt.

Darüber hinausgehend können gemäß § 53 Abs. 3 SGB I Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die – wie vorliegend die Altersrente des Antragstellers – der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, in anderen Fällen übertragen und verpfändet werden, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Betrag übersteigen.

Die Beteiligten gehen zu Recht davon aus, dass die zwischen dem Antragsteller und der XY-Bank unter dem 17. November 1998 getroffene Vereinbarung einen wirksamen Abtretungsvertrag im Sinne des § 398 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) darstellt, aufgrund dessen der Anspruch des abtretenden Versicherten (Zedent) auf die XY-Bank als Abtretungsempfängerin (Zessionarin) übergegangen ist. Die XY-Bank ist damit – in den Grenzen des § 53 Abs. 3 SGB I – neue Gläubigerin der Antragsgegnerin als Schuldnerin des Versicherten geworden. Werden künftige Ansprüche abgetreten, so gehen diese im Zeitpunkt ihres Entstehens auf den neuen Gläubiger über.

Liegt eine wirksame Abtretung vor, so ist diese vom zuständigen Rentenversicherungsträger zu beachten. Ein in Kenntnis einer Abtretung noch gegenüber dem Zedenten erfüllter Leistungsanspruch kann von dem Zessionar nochmals verlangt werden, weil diesem gegenüber keine befreiende Wirkung geltend gemacht werden kann (vgl. § 407 BGB).

Die Beteiligten gehen zutreffend davon aus, dass die gemäß § 53 Abs. 3 SGB I auf den vorliegenden Fall anzuwendenden Pfändungsgrenzen für Arbeitseinkommen sich aus § 850c ZPO bzw. aus der als Anlage zu § 850c ZPO veröffentlichten Tabelle in der ab 1. Juli 2011 gültigen Fassung vom 9. Mai 2011 (vgl. BGBl. I S. 825) ergeben. Danach beläuft sich der pfändbare Betrag aus einem Nettolohn zwischen 1.310,00 EUR und 1.319,99 EUR monatlich bei Unterhaltspflicht für null Personen auf den seitens der Antragsgegnerin an die XY-Bank ausgekehrten Betrag in Höhe von 196,78 EUR.

Gemäß § 850f Abs. 1 ZPO kann allerdings das Vollstreckungsgericht dem Schuldner auf Antrag von dem nach den Bestimmungen der §§ 850c, 850d und 850i ZPO pfändbaren Teil seines Arbeitseinkommens einen Teil belassen, wenn

a) der Schuldner nachweist, dass bei Anwendung der Pfändungsfreigrenzen entsprechend der Anlage zu diesem Gesetz (zu § 850c) der notwendige Lebensunterhalt im Sinne des Dritten und Elften Kapitels des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch oder nach Kapitel 3 Abschnitt 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch für sich und für die Personen, denen er Unterhalt zu gewähren hat, nicht gedeckt ist,
b) besondere Bedürfnisse des Schuldners aus persönlichen oder beruflichen Gründen oder
c) der besondere Umfang der gesetzlichen Unterhaltspflichten des Schuldners, insbesondere die Zahl der Unterhaltsberechtigten, dies erfordern

und überwiegende Belange des Gläubigers nicht entgegenstehen.

Vollstreckungsgericht ist im vorliegenden Fall abweichend von § 828 Abs. 2 ZPO nicht das Amtsgericht, bei dem der Antragsteller im Inland seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, sondern das zuständige Gericht der Sozialgerichtsbarkeit. Das ergibt sich daraus, dass es sich bei der abgetretenen Forderung um einen öffentlich-rechtlichen Anspruch in Angelegenheiten der Sozialversicherung handelt, für welchen nicht die Zuständigkeit der Zivilgerichte, sondern gemäß § 51 Abs. 1 SGG die Zuständigkeit der Sozialgerichte begründet ist (vgl. BSG vom 27. November 1991 -4 RA 80/90 = SozR 3-1200 § 53 Nr. 2). Die Sozialgerichte treten dabei an die Stelle des Vollstreckungsgerichts nach § 828 Abs. 2 ZPO und haben aus Gründen der Rechtsklarheit und praktikablen Durchsetzung von öffentlich-rechtlichen Ansprüchen aus dem Sozialrechtsverhältnis den danach gebotenen Rechtsschutz in entsprechender Anwendung des § 850f Abs. 1 ZPO zu gewähren.

Einen Antrag gemäß § 850f Abs. 1 ZPO hat der durch rechtskundige Prozessbevollmächtigte vertretene Antragsteller jedoch – auch nach Auffassung des Sozialgerichts – ganz offenkundig nicht gestellt. Es kann dahingestellt bleiben, ob der beim Sozialgericht eingereichte "Antrag gemäß § 850c Abs. 4 ZPO" – weil auf den ersten Blick erkennbar ist, dass die Voraussetzungen des § 850c Abs. 4 ZPO vorliegend ganz offenkundig nicht erfüllt sind – im Wege der Auslegung als Rechtsschutzbegehren gemäß § 850f Abs. 1 ZPO zu verstehen sein könnte. Denn ein Verfahren nach § 850f Abs. 1 ZPO wäre zu richten gegen den Zessionar als Gläubiger des Antragstellers (im vorliegenden Fall also gegen die XY-Bank) und nicht gegen den Rentenversicherungsträger als Drittschuldner. Der Antrag des durch rechtskundige Prozessbevollmächtigte vertretenen Antragstellers richtet sich jedoch – so, wie es bereits das Sozialgericht zutreffend verstanden hat – gegen den Rentenversicherungsträger und damit gegen den falschen Antragsgegner.

Das Rechtsinstitut der Beiladung nach § 75 SGG vermag insoweit nicht weiter zu helfen, denn auch im Falle einer Beiladung der XY-Bank könnte im vorliegenden Verfahren eine Entscheidung zu deren Lasten über eine Heraufsetzung des pfändungsfreien Betrages nach § 850f Abs. 1 ZPO nicht ergehen, weil gemäß § 75 Abs. 5 SGG nur ein Versicherungsträger, ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende, ein Träger der Sozialhilfe oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts ein Land nach Beiladung verurteilt werden kann.

Der Antragsteller wird demzufolge – wie ihm dies bereits seitens der Antragsgegnerin nahe gelegt worden ist – mit der XY-Bank als Zessionarin eine Absprache hinsichtlich einer eventuellen Reduzierung des pfändbaren Betrages zu treffen oder beim zuständigen Sozialgericht einen Antrag gegen die XY-Bank gerichteten auf Erlass eines entsprechenden Beschlusses nach § 850f Abs. 1 ZPO zu stellen haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 73a SGG in Verbindung mit § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO.

Diese Entscheidung des Landessozialgerichts kann nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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