Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 18 LW 3/11
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 LW 21/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 23.09.2011 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsrechtszug nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger einen Anspruch auf Gewährung einer Altersrente für Landwirte hat.
Der am 00.00.1946 geborene Kläger entrichtete in seiner Eigenschaft als landwirtschaftlicher Unternehmer aufgrund Aufnahmebescheides der Beklagten vom 6.5.1969 in der Zeit vom 1.4.1969 bis zum 31.1.1990 Pflichtbeiträge zur landwirtschaftlichen Alterssicherung. Sodann gab er sein landwirtschaftliches Unternehmen ab. Aufgrund Bescheides vom 8.11.1988 bezog der Kläger von der Beklagten Betriebs- und Haushaltshilfe bis zum 22.10.1988.
Mit Schreiben vom 16.8.1991 wies ihn die Beklagte darauf hin, dass nach Auswertung der vorliegenden Unterlagen sein landwirtschaftliches Unternehmen seit dem 1.2.1990 keine Existenzgrundlage im Sinne des Gesetzes mehr darstelle. Des Weiteren heißt es in dem Schreiben:
"Wir machen darauf aufmerksam, dass ein Altersgeldanspruch nur gewährleistet ist, wenn u.a. mindestens bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres und für mindestens 180 Kalendermonate Beiträge an die landwirtschaftliche Alterskasse gezahlt werden.
Wir empfehlen Ihnen deshalb dringend über den o.g. Zeitpunkt hinaus (01.02.1990) Beiträge gemäß § 27 GAL weiter zu entrichten.".
Nachdem der Kläger hierauf nicht reagierte, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 12.9.1991 förmlich das Ende der Versicherungspflicht des Klägers zur landwirtschaftlichen Alterskasse zum 31.1.1990 fest.
In der Folgezeit entrichtete der Kläger keine weiteren Beiträge mehr. Ausweislich eines Aktenvermerks wurde er am 24.10.1991 bei einem Telefongespräch mit einem Mitarbeiter der Beklagten noch über die Frage, wie sich sein künftiges Versicherungsverhältnis gestalten könnte, "ausführlich informiert".
Auf Anfrage des Klägers kam es im Jahre 2004 zu einem Schriftwechsel zwischen den Beteiligten. Die Beklagte teilte dem Kläger in diesem Rahmen mit Schreiben vom 23.8.2004 mit, dass ein Anspruch auf Altersrente nicht bestehe, da er seinerzeit die Möglichkeit zur Entrichtung freiwilliger Beiträge nicht genutzt habe.
Nachdem ein erster im Jahre 2006 gestellter Rentenantrag erfolglos geblieben war, weil der Kläger seinerzeit das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, stellte er am 15.2.2011 erneut Antrag auf Gewährung von Rente.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 28.2.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides v. 18.4.2011). Der Kläger habe die Wartezeit von 15 Jahren nicht erfüllt. Nach § 90 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) würden Beitragszeiten vor Januar 1995 auf die Wartezeit für eine Rente nur angerechnet, wenn der Versicherte mindestens bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres, längstens jedoch bis zum 31.12.1994 anrechenbare Beitragszeiten zurückgelegt habe. Der Kläger habe den letzten Beitrag jedoch zum 31.1.1990 entrichtet, so dass die vom Gesetz geforderte "Lückenlosigkeit" der Beitragszahlung nicht gegeben sei.
Mit der hiergegen erhobenen Klage hat der Kläger die Ansicht vertreten, dass die Beklagte ihn aufgrund des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so stellen müsse, als habe er Beiträge über den 31.1.1990 hinaus entrichtet. Sie haben ihren Hinweis- und Aufklärungspflichten mit dem Schreiben vom 16.8.1991 nicht genügt. Angesichts der Tragweite der Entscheidung sei eine besondere Hervorhebung der Notwendigkeit der Entrichtung freiwilliger weiterer Beiträge etwa durch Fettdruck notwendig gewesen. Im Übrigen sei es als verfassungswidrig anzusehen, dass er über 20 Jahre hinweg Beiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse gezahlt habe, die nunmehr völlig verfielen.
Das Sozialgericht (SG) Köln hat die Klage mit Urteil vom 23.9.2011 abgewiesen. Ein Anspruch auf Altersrente bestehe nicht, da der Kläger die gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 ALG nötige Wartezeit von 15 Jahre nicht erfüllt habe. Auf diese Wartezeit könne die Beitragszeit von April 1969 bis Januar 1990 nicht angerechnet werden, da der Kläger nicht zumindest bis zum 31.12.1994 Beiträge entrichtet habe. Für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch sei kein Raum, da der Beklagten insbesondere die Verletzung von Hinweis- und Beratungspflichten nicht vorzuwerfen sei. Schon mit Schreiben vom 16.8.1991 sei der Kläger mit der nötigen Klarheit auf die geltende Rechtslage hingewiesen worden. Auf den genauen Inhalt der weiteren telefonischen Beratung und des dem Bescheid vom 5.9.1991 beiliegenden Merkblattes komme es daher nicht an. Zudem bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der geforderten Lückenlosigkeit der Beitragszahlung als Voraussetzung für eine Anrechenbarkeit der vor Januar 1995 gezahlten Beiträge auf die geforderte Wartezeit.
Gegen das ihm am 30.9.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger unter dem 21.10.2011 Berufung ausgebracht. Er meint, § 90 Abs. 1 Satz 1 ALG verstoße gegen Art 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und Art. 3 Abs. 1 GG.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 23.9.2011 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.2.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.4.2011 zu verurteilen, ihm Regelaltersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend und § 90 Abs. 1 Satz 1 ALG für verfassungsgemäß.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Inhalte der Prozess- sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die beigezogen worden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert, da er rechtmäßig ist. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Regelaltersrente, da er die Wartezeit von 15 Jahren gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 ALG nicht erfüllt hat. Insofern wird auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Es gibt darüber hinaus keinen Anlass, das Verfahren auszusetzen und den Rechtsstreit gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Insbesondere verstößt § 90 Abs. 1 Satz 1 ALG weder gegen Art. 14 Abs. 1 GG noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
1. Der Senat kann offen lassen, ob Ansprüche auf Altersrente in der Alterssicherung der Landwirte dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterliegen.
a) Auch wenn man dies bejaht, kann auch das Lückenlosigkeitserfordernis, weil es überhaupt erst die Voraussetzungen für die Entstehung eines Anspruchs regelt, in Bezug auf diesen Anspruch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG nicht verletzen (vgl. zu der insoweit vergleichbaren Situation bei der Unternehmensabgabe BSG, Urteil v. 25.2.2010, B 10 LW 1/09 R, SozR 4-5868 § 13 Nr. 5). Das Erfordernis, Beiträge bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres zu zahlen, um einen Rentenanspruch zu erwerben, ist nicht durch § 90 Abs. 1 Satz 1 ALG eingeführt worden. Vielmehr übernimmt diese Vorschrift lediglich das bereits vor Inkrafttreten des Agrarsozialreformgesetzes (ASRG) bis zum 31.12.1994 geltende Recht. Die bis zu diesem Zeitpunkt maßgebende Bestimmung des § 2 Abs. 1 Buchst. b) des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) ist bereits aufgrund von Art. 1 Nr. 2 Buchst. a) des Sechsten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des GAL (6. GALÄndG v. 26.7.1972, BGBl. I S. 1293) mit Wirkung vom 1.10.1972 (Art. 2 § 5 6. GALÄndG) in Kraft getreten. Da der Anspruch auf Altersgeld frühestens nach einer Wartezeit von 180 Kalendermonaten, also 15 Beitragsjahren, entstand (§ 2 Abs. 1 Buchst. b) GAL i.d.F. der gemäß § 30 GAL am 1.10.1957 in Kraft getretenen Ursprungsfassung des GAL v. 27.7.1957, BGBl. I S. 1063), war sichergestellt, dass sämtliche Anwartschaften auf Altersgeld zum Zeitpunkt der Erfüllung der Wartezeit mit dem Erfordernis der Lückenlosigkeit "belastet" waren. Dies gilt auch für den Kläger, der bei Inkrafttreten des § 2 Abs. 1 Buchst. b) GAL i.d.F. des 6. GALÄndG erst 3 ½ Jahre Pflichtbeiträge zur landwirtschaftlichen Alterssicherung entrichtet hatte.
b) Soweit der Kläger demgegenüber eine "Entwertung" seiner Ansprüche durch das Lückenlosigkeitserfordernis beanstandet, greifen diese Einwände bereits im Ansatz nicht durch. Im Kern richtet sich das Argument bereits gegen die durch Bescheid vom 6.5.1969 bestandskräftig festgestellte Versicherungspflicht als solche, die - u.a. wegen des Erfordernisses der Lückenlosigkeit - mit dem Risiko behaftet ist, trotz Beitragsleistung keine Rentenansprüche zu realisieren. Die (im Übrigen an Art. 2 Abs. 1 GG zu messende) Versicherungspflicht steht hier indessen nicht zur Diskussion. Lediglich ergänzend weist der Senat daher darauf hin, dass im Sozialversicherungsrecht der Grundsatz des sozialen Ausgleichs, nicht jener der Abgeltung eines individuellen Vorteils herrscht und dementsprechend im Interesse der sozialen Sicherung auch etwaige Einbußen hinzuzunehmen sind (vgl. bereits BSG, Urteil v. 24.11.1964, 7 RLw 28/93, juris, m.w.N.). Unabhängig davon hat den Beitragsleistungen des Klägers stets ein Korrelat in Gestalt aktuellen Versicherungsschutzes, z.B. für das Risiko der Erwerbsminderung, im Rahmen der seinerzeit geltenden gesetzlichen Vorgaben gegenübergestanden. So hat er Leistungsansprüche in Form von Betriebs- und Haushaltshilfe realisiert. Soweit darüber hinaus ein von ihm als "Entwertung" seiner Beitragsleistung empfundener Verlust des Rentenanspruchs eingetreten ist, hat der Kläger diesen allein zu vertreten, indem er von der ihm mit eindeutiger Belehrung empfohlenen Möglichkeit der Weiterversicherung keinen Gebrauch gemacht hat.
2. Es liegt auch keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) vor.
a) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (std. Rspr., vgl. nur BVerfG, Beschluss v. 27.2.2007, 1 BvL 10/00, BVerfGE 117, 272 [300 f.]). Dabei muss er an ein sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungsmerkmal anknüpfen. Auf dem Gebiet des Sozialrechts ist ihm insoweit eine besonders weite Gestaltungsfreiheit zuzugestehen (vgl. BVerfG, Urteil v. 23.1.1990, 1 BvL 44/86, 1 BvL 48/87, BVerfGE 81, 156 [205]; BVerfG, Beschluss v. 7.7.2010, 1 BvR 2556/09, SozR 4-4200 § 11 Nr. 33; m.w.N.). Die verfassungsrechtliche Kontrolle beschränkt sich daher darauf, ob seine Erwägungen offensichtlich verfehlt oder mit der Wertordnung des GG unvereinbar sind (vgl. BVerfG, Beschluss v. 18.12.1981, 1 BvR 943/81, SozR 5850 § 2 Nr. 8), was insbesondere dann der Fall sein kann, wenn sich für die Ungleichbehandlung kein in angemessenem Verhältnis zum Grad der Ungleichbehandlung stehender Rechtfertigungsgrund finden lässt (BVerfG, Beschluss v. 15.3.2000, 1 BvL 16/96 u.a., BVerfGE 102, 68 [87]).
b) Nach diesen Maßstäben lässt sich eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte hier nicht feststellen.
aa) Die ursprüngliche Regelung des § 2 Abs. 1 Buchst. b) GAL, die eine ununterbrochene Beitragsleistung bis zu den bezeichneten Endpunkten verlangte, war durch sachbezogene und einleuchtende Gründe gerechtfertigt und benachteiligte den Kläger daher nicht im Verhältnis zu anderen Gruppen von Versicherten. Der Gesetzgeber durfte die Voraussetzungen des Bezugs von Rente in der Alterssicherung der Landwirte anders regeln als die Voraussetzungen für den Bezug von Rente in der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung. Die landwirtschaftliche Alterssicherung ist vom Gesetzgeber bewusst als eigenständige Materie ausgestaltet worden, die ihrer eigenen Sachgesetzlichkeit unterliegt. Der Gesetzgeber durfte daher bei der Festsetzung der Leistungen und der Bestimmung ihrer Voraussetzungen berücksichtigen, dass die Geldleistungen der Landwirtschaftlichen Alterskassen zu nach wie vor mehr als drei Vierteln aus Bundeszuschüssen finanziert werden und daher im Gegensatz zu den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung weit überwiegend nicht durch Beiträge der Versicherten aufgebracht werden. Dieser Umstand der weitgehenden Fremdfinanzierung, durch den das System der landwirtschaftlichen Altersversorgung einen stark fürsorgerischen Charakter erhält, rechtfertigt es, die Ansprüche der Berechtigten an strengere Voraussetzungen zu binden als die der Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung. (BVerfG, Entscheidung v. 15.4.1969, 1 BvL 18/68, BVerfGE 25, 314 [321 f.]; BSG, Urteil v. 21.3.1991, 4 RLw 1/90, juris; Senat, Urteile v. 19.10.2011, L 8 LW 9/11 u.a.; juris).
bb) Der Gesetzgeber hat das Erfordernis der Lückenlosigkeit ab Inkrafttreten des ASRG einheitlich für alle betroffenen Versicherten mit Wirkung für die Zukunft fallen lassen. Die Regelung des § 90 Abs. 1 Satz 1 ALG beinhaltet eine Differenzierung daher lediglich insoweit, als der Gesetzgeber davon abgesehen hat, auch solche Versicherten vom Erfordernis der Lückenlosigkeit freizustellen, die ihrerseits vor dem 31.12.1994 auf eine lückenlose Beitragszahlung verzichtet hatten. Es ist indessen bereits fraglich, ob insoweit überhaupt vergleichbare Sachverhalte vorliegen. Jedenfalls ist es dem Gesetzgeber durch Art. 3 Abs. 1 GG aber nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, soweit die Einführung eines solchen Stichtags notwendig und die Wahl des Zeitpunktes, orientiert am gegebenen Sachverhalt, vertretbar ist (std. Rspr.; statt aller: BVerfG, Beschluss v. 21.7.2010, 1 BvL 11/06 u.a., SozR 4-5050 § 22b Nr. 9; BVerfG, Urteil v. 7.7.1992, 1 BvL 51/86, SozR 3-5761 Allg Nr. 1).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Gesetzgeber hat die Alterssicherung der Landwirte mit dem ASRG in wesentlichen Teilen neu gestaltet. Ein wesentlicher Teil des zum 1.1.1995 in Kraft getretenen Reformkonzepts war die Einführung der Linearisierung der Leistungsgewährung, d.h. die Orientierung der Leistungshöhe an der Zahl der Beitragsjahre (vgl. § 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ALG gegenüber dem bis zum 31.12.1994 in § 4 Abs. 1 Satz 1 GAL geregelten Festbetrag; zu den Gründen für die Umstellung näher BR-Drs. 508/93, S. 65 zu 2.a). Die lückenlose Beitragsentrichtung führte ab dem 1.1.1995 somit nicht mehr nur zur Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Altersrente, sondern zugleich zu einer höheren Rentenleistung. Dieser Systemwechsel rechtfertigt es unbedenklich, auf das Erfordernis der lückenlosen Beitragsentrichtung mit Wirkung für die Zukunft zu verzichten.
Das Festhalten an der Lückenlosigkeit für Versicherungszeiten bis zum 31.12.1994 war hingegen erkennbar von dem Willen getragen zu verhindern, dass durch das ALG Ansprüche auf Leistungen begründet wurden, die vor seinem Inkrafttreten wegen der Nichterfüllung der Wartezeit ausgeschlossen waren (vgl. BSG, Beschluss v. 18.2.2004, B 10 LW 10/03 B, juris). Die darin liegende Differenzierung war notwendig, um eine weitere finanzielle Belastung des Alterssicherungssystems der Landwirte, die gegebenenfalls aus dem Steuerhaushalt hätte finanziert werden müssen, zu vermeiden. Sie war auch angemessen. Denn diejenigen Landwirte, die bis zum 31.12.1994 keine lückenlosen Beiträge entrichtet hatten, hatten sich - wie der Kläger - bewusst und in Kenntnis der damit verbundenen Konsequenzen aus der Alterssicherung der Landwirte verabschiedet. Ihnen wurden damit keine Ansprüche entzogen, die nach der am 31.12.1994 geltenden Gesetzeslage nicht ohnehin bereits verloren gegangen waren. Sie hatten auch keinerlei Vertrauensposition mehr, in der sie durch das Inkrafttreten des ALG hätten enttäuscht werden können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht (§ 160 Abs. 2 SGG). Die Entscheidung ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut der anzuwenden gesetzlichen Regelungen insbesondere der §§ 11 und 90 ALG. Die verfassungsrechtlichen Überlegungen orientieren sich an der Rechtsprechung des BSG und des BVerfG in vergleichbaren Angelegenheiten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger einen Anspruch auf Gewährung einer Altersrente für Landwirte hat.
Der am 00.00.1946 geborene Kläger entrichtete in seiner Eigenschaft als landwirtschaftlicher Unternehmer aufgrund Aufnahmebescheides der Beklagten vom 6.5.1969 in der Zeit vom 1.4.1969 bis zum 31.1.1990 Pflichtbeiträge zur landwirtschaftlichen Alterssicherung. Sodann gab er sein landwirtschaftliches Unternehmen ab. Aufgrund Bescheides vom 8.11.1988 bezog der Kläger von der Beklagten Betriebs- und Haushaltshilfe bis zum 22.10.1988.
Mit Schreiben vom 16.8.1991 wies ihn die Beklagte darauf hin, dass nach Auswertung der vorliegenden Unterlagen sein landwirtschaftliches Unternehmen seit dem 1.2.1990 keine Existenzgrundlage im Sinne des Gesetzes mehr darstelle. Des Weiteren heißt es in dem Schreiben:
"Wir machen darauf aufmerksam, dass ein Altersgeldanspruch nur gewährleistet ist, wenn u.a. mindestens bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres und für mindestens 180 Kalendermonate Beiträge an die landwirtschaftliche Alterskasse gezahlt werden.
Wir empfehlen Ihnen deshalb dringend über den o.g. Zeitpunkt hinaus (01.02.1990) Beiträge gemäß § 27 GAL weiter zu entrichten.".
Nachdem der Kläger hierauf nicht reagierte, stellte die Beklagte mit Bescheid vom 12.9.1991 förmlich das Ende der Versicherungspflicht des Klägers zur landwirtschaftlichen Alterskasse zum 31.1.1990 fest.
In der Folgezeit entrichtete der Kläger keine weiteren Beiträge mehr. Ausweislich eines Aktenvermerks wurde er am 24.10.1991 bei einem Telefongespräch mit einem Mitarbeiter der Beklagten noch über die Frage, wie sich sein künftiges Versicherungsverhältnis gestalten könnte, "ausführlich informiert".
Auf Anfrage des Klägers kam es im Jahre 2004 zu einem Schriftwechsel zwischen den Beteiligten. Die Beklagte teilte dem Kläger in diesem Rahmen mit Schreiben vom 23.8.2004 mit, dass ein Anspruch auf Altersrente nicht bestehe, da er seinerzeit die Möglichkeit zur Entrichtung freiwilliger Beiträge nicht genutzt habe.
Nachdem ein erster im Jahre 2006 gestellter Rentenantrag erfolglos geblieben war, weil der Kläger seinerzeit das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte, stellte er am 15.2.2011 erneut Antrag auf Gewährung von Rente.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 28.2.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides v. 18.4.2011). Der Kläger habe die Wartezeit von 15 Jahren nicht erfüllt. Nach § 90 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) würden Beitragszeiten vor Januar 1995 auf die Wartezeit für eine Rente nur angerechnet, wenn der Versicherte mindestens bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres, längstens jedoch bis zum 31.12.1994 anrechenbare Beitragszeiten zurückgelegt habe. Der Kläger habe den letzten Beitrag jedoch zum 31.1.1990 entrichtet, so dass die vom Gesetz geforderte "Lückenlosigkeit" der Beitragszahlung nicht gegeben sei.
Mit der hiergegen erhobenen Klage hat der Kläger die Ansicht vertreten, dass die Beklagte ihn aufgrund des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so stellen müsse, als habe er Beiträge über den 31.1.1990 hinaus entrichtet. Sie haben ihren Hinweis- und Aufklärungspflichten mit dem Schreiben vom 16.8.1991 nicht genügt. Angesichts der Tragweite der Entscheidung sei eine besondere Hervorhebung der Notwendigkeit der Entrichtung freiwilliger weiterer Beiträge etwa durch Fettdruck notwendig gewesen. Im Übrigen sei es als verfassungswidrig anzusehen, dass er über 20 Jahre hinweg Beiträge zur landwirtschaftlichen Alterskasse gezahlt habe, die nunmehr völlig verfielen.
Das Sozialgericht (SG) Köln hat die Klage mit Urteil vom 23.9.2011 abgewiesen. Ein Anspruch auf Altersrente bestehe nicht, da der Kläger die gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 ALG nötige Wartezeit von 15 Jahre nicht erfüllt habe. Auf diese Wartezeit könne die Beitragszeit von April 1969 bis Januar 1990 nicht angerechnet werden, da der Kläger nicht zumindest bis zum 31.12.1994 Beiträge entrichtet habe. Für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch sei kein Raum, da der Beklagten insbesondere die Verletzung von Hinweis- und Beratungspflichten nicht vorzuwerfen sei. Schon mit Schreiben vom 16.8.1991 sei der Kläger mit der nötigen Klarheit auf die geltende Rechtslage hingewiesen worden. Auf den genauen Inhalt der weiteren telefonischen Beratung und des dem Bescheid vom 5.9.1991 beiliegenden Merkblattes komme es daher nicht an. Zudem bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der geforderten Lückenlosigkeit der Beitragszahlung als Voraussetzung für eine Anrechenbarkeit der vor Januar 1995 gezahlten Beiträge auf die geforderte Wartezeit.
Gegen das ihm am 30.9.2011 zugestellte Urteil hat der Kläger unter dem 21.10.2011 Berufung ausgebracht. Er meint, § 90 Abs. 1 Satz 1 ALG verstoße gegen Art 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) und Art. 3 Abs. 1 GG.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 23.9.2011 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.2.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.4.2011 zu verurteilen, ihm Regelaltersrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des SG für zutreffend und § 90 Abs. 1 Satz 1 ALG für verfassungsgemäß.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Inhalte der Prozess- sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die beigezogen worden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert, da er rechtmäßig ist. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Regelaltersrente, da er die Wartezeit von 15 Jahren gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 ALG nicht erfüllt hat. Insofern wird auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Es gibt darüber hinaus keinen Anlass, das Verfahren auszusetzen und den Rechtsstreit gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Insbesondere verstößt § 90 Abs. 1 Satz 1 ALG weder gegen Art. 14 Abs. 1 GG noch gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
1. Der Senat kann offen lassen, ob Ansprüche auf Altersrente in der Alterssicherung der Landwirte dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG unterliegen.
a) Auch wenn man dies bejaht, kann auch das Lückenlosigkeitserfordernis, weil es überhaupt erst die Voraussetzungen für die Entstehung eines Anspruchs regelt, in Bezug auf diesen Anspruch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG nicht verletzen (vgl. zu der insoweit vergleichbaren Situation bei der Unternehmensabgabe BSG, Urteil v. 25.2.2010, B 10 LW 1/09 R, SozR 4-5868 § 13 Nr. 5). Das Erfordernis, Beiträge bis zur Vollendung des 60. Lebensjahres zu zahlen, um einen Rentenanspruch zu erwerben, ist nicht durch § 90 Abs. 1 Satz 1 ALG eingeführt worden. Vielmehr übernimmt diese Vorschrift lediglich das bereits vor Inkrafttreten des Agrarsozialreformgesetzes (ASRG) bis zum 31.12.1994 geltende Recht. Die bis zu diesem Zeitpunkt maßgebende Bestimmung des § 2 Abs. 1 Buchst. b) des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) ist bereits aufgrund von Art. 1 Nr. 2 Buchst. a) des Sechsten Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des GAL (6. GALÄndG v. 26.7.1972, BGBl. I S. 1293) mit Wirkung vom 1.10.1972 (Art. 2 § 5 6. GALÄndG) in Kraft getreten. Da der Anspruch auf Altersgeld frühestens nach einer Wartezeit von 180 Kalendermonaten, also 15 Beitragsjahren, entstand (§ 2 Abs. 1 Buchst. b) GAL i.d.F. der gemäß § 30 GAL am 1.10.1957 in Kraft getretenen Ursprungsfassung des GAL v. 27.7.1957, BGBl. I S. 1063), war sichergestellt, dass sämtliche Anwartschaften auf Altersgeld zum Zeitpunkt der Erfüllung der Wartezeit mit dem Erfordernis der Lückenlosigkeit "belastet" waren. Dies gilt auch für den Kläger, der bei Inkrafttreten des § 2 Abs. 1 Buchst. b) GAL i.d.F. des 6. GALÄndG erst 3 ½ Jahre Pflichtbeiträge zur landwirtschaftlichen Alterssicherung entrichtet hatte.
b) Soweit der Kläger demgegenüber eine "Entwertung" seiner Ansprüche durch das Lückenlosigkeitserfordernis beanstandet, greifen diese Einwände bereits im Ansatz nicht durch. Im Kern richtet sich das Argument bereits gegen die durch Bescheid vom 6.5.1969 bestandskräftig festgestellte Versicherungspflicht als solche, die - u.a. wegen des Erfordernisses der Lückenlosigkeit - mit dem Risiko behaftet ist, trotz Beitragsleistung keine Rentenansprüche zu realisieren. Die (im Übrigen an Art. 2 Abs. 1 GG zu messende) Versicherungspflicht steht hier indessen nicht zur Diskussion. Lediglich ergänzend weist der Senat daher darauf hin, dass im Sozialversicherungsrecht der Grundsatz des sozialen Ausgleichs, nicht jener der Abgeltung eines individuellen Vorteils herrscht und dementsprechend im Interesse der sozialen Sicherung auch etwaige Einbußen hinzuzunehmen sind (vgl. bereits BSG, Urteil v. 24.11.1964, 7 RLw 28/93, juris, m.w.N.). Unabhängig davon hat den Beitragsleistungen des Klägers stets ein Korrelat in Gestalt aktuellen Versicherungsschutzes, z.B. für das Risiko der Erwerbsminderung, im Rahmen der seinerzeit geltenden gesetzlichen Vorgaben gegenübergestanden. So hat er Leistungsansprüche in Form von Betriebs- und Haushaltshilfe realisiert. Soweit darüber hinaus ein von ihm als "Entwertung" seiner Beitragsleistung empfundener Verlust des Rentenanspruchs eingetreten ist, hat der Kläger diesen allein zu vertreten, indem er von der ihm mit eindeutiger Belehrung empfohlenen Möglichkeit der Weiterversicherung keinen Gebrauch gemacht hat.
2. Es liegt auch keine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) vor.
a) Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht vielmehr nur, wenn er eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten verschieden behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (std. Rspr., vgl. nur BVerfG, Beschluss v. 27.2.2007, 1 BvL 10/00, BVerfGE 117, 272 [300 f.]). Dabei muss er an ein sachlich gerechtfertigtes Unterscheidungsmerkmal anknüpfen. Auf dem Gebiet des Sozialrechts ist ihm insoweit eine besonders weite Gestaltungsfreiheit zuzugestehen (vgl. BVerfG, Urteil v. 23.1.1990, 1 BvL 44/86, 1 BvL 48/87, BVerfGE 81, 156 [205]; BVerfG, Beschluss v. 7.7.2010, 1 BvR 2556/09, SozR 4-4200 § 11 Nr. 33; m.w.N.). Die verfassungsrechtliche Kontrolle beschränkt sich daher darauf, ob seine Erwägungen offensichtlich verfehlt oder mit der Wertordnung des GG unvereinbar sind (vgl. BVerfG, Beschluss v. 18.12.1981, 1 BvR 943/81, SozR 5850 § 2 Nr. 8), was insbesondere dann der Fall sein kann, wenn sich für die Ungleichbehandlung kein in angemessenem Verhältnis zum Grad der Ungleichbehandlung stehender Rechtfertigungsgrund finden lässt (BVerfG, Beschluss v. 15.3.2000, 1 BvL 16/96 u.a., BVerfGE 102, 68 [87]).
b) Nach diesen Maßstäben lässt sich eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung vergleichbarer Sachverhalte hier nicht feststellen.
aa) Die ursprüngliche Regelung des § 2 Abs. 1 Buchst. b) GAL, die eine ununterbrochene Beitragsleistung bis zu den bezeichneten Endpunkten verlangte, war durch sachbezogene und einleuchtende Gründe gerechtfertigt und benachteiligte den Kläger daher nicht im Verhältnis zu anderen Gruppen von Versicherten. Der Gesetzgeber durfte die Voraussetzungen des Bezugs von Rente in der Alterssicherung der Landwirte anders regeln als die Voraussetzungen für den Bezug von Rente in der allgemeinen gesetzlichen Rentenversicherung. Die landwirtschaftliche Alterssicherung ist vom Gesetzgeber bewusst als eigenständige Materie ausgestaltet worden, die ihrer eigenen Sachgesetzlichkeit unterliegt. Der Gesetzgeber durfte daher bei der Festsetzung der Leistungen und der Bestimmung ihrer Voraussetzungen berücksichtigen, dass die Geldleistungen der Landwirtschaftlichen Alterskassen zu nach wie vor mehr als drei Vierteln aus Bundeszuschüssen finanziert werden und daher im Gegensatz zu den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung weit überwiegend nicht durch Beiträge der Versicherten aufgebracht werden. Dieser Umstand der weitgehenden Fremdfinanzierung, durch den das System der landwirtschaftlichen Altersversorgung einen stark fürsorgerischen Charakter erhält, rechtfertigt es, die Ansprüche der Berechtigten an strengere Voraussetzungen zu binden als die der Versicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung. (BVerfG, Entscheidung v. 15.4.1969, 1 BvL 18/68, BVerfGE 25, 314 [321 f.]; BSG, Urteil v. 21.3.1991, 4 RLw 1/90, juris; Senat, Urteile v. 19.10.2011, L 8 LW 9/11 u.a.; juris).
bb) Der Gesetzgeber hat das Erfordernis der Lückenlosigkeit ab Inkrafttreten des ASRG einheitlich für alle betroffenen Versicherten mit Wirkung für die Zukunft fallen lassen. Die Regelung des § 90 Abs. 1 Satz 1 ALG beinhaltet eine Differenzierung daher lediglich insoweit, als der Gesetzgeber davon abgesehen hat, auch solche Versicherten vom Erfordernis der Lückenlosigkeit freizustellen, die ihrerseits vor dem 31.12.1994 auf eine lückenlose Beitragszahlung verzichtet hatten. Es ist indessen bereits fraglich, ob insoweit überhaupt vergleichbare Sachverhalte vorliegen. Jedenfalls ist es dem Gesetzgeber durch Art. 3 Abs. 1 GG aber nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, soweit die Einführung eines solchen Stichtags notwendig und die Wahl des Zeitpunktes, orientiert am gegebenen Sachverhalt, vertretbar ist (std. Rspr.; statt aller: BVerfG, Beschluss v. 21.7.2010, 1 BvL 11/06 u.a., SozR 4-5050 § 22b Nr. 9; BVerfG, Urteil v. 7.7.1992, 1 BvL 51/86, SozR 3-5761 Allg Nr. 1).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Der Gesetzgeber hat die Alterssicherung der Landwirte mit dem ASRG in wesentlichen Teilen neu gestaltet. Ein wesentlicher Teil des zum 1.1.1995 in Kraft getretenen Reformkonzepts war die Einführung der Linearisierung der Leistungsgewährung, d.h. die Orientierung der Leistungshöhe an der Zahl der Beitragsjahre (vgl. § 23 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ALG gegenüber dem bis zum 31.12.1994 in § 4 Abs. 1 Satz 1 GAL geregelten Festbetrag; zu den Gründen für die Umstellung näher BR-Drs. 508/93, S. 65 zu 2.a). Die lückenlose Beitragsentrichtung führte ab dem 1.1.1995 somit nicht mehr nur zur Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für den Anspruch auf Altersrente, sondern zugleich zu einer höheren Rentenleistung. Dieser Systemwechsel rechtfertigt es unbedenklich, auf das Erfordernis der lückenlosen Beitragsentrichtung mit Wirkung für die Zukunft zu verzichten.
Das Festhalten an der Lückenlosigkeit für Versicherungszeiten bis zum 31.12.1994 war hingegen erkennbar von dem Willen getragen zu verhindern, dass durch das ALG Ansprüche auf Leistungen begründet wurden, die vor seinem Inkrafttreten wegen der Nichterfüllung der Wartezeit ausgeschlossen waren (vgl. BSG, Beschluss v. 18.2.2004, B 10 LW 10/03 B, juris). Die darin liegende Differenzierung war notwendig, um eine weitere finanzielle Belastung des Alterssicherungssystems der Landwirte, die gegebenenfalls aus dem Steuerhaushalt hätte finanziert werden müssen, zu vermeiden. Sie war auch angemessen. Denn diejenigen Landwirte, die bis zum 31.12.1994 keine lückenlosen Beiträge entrichtet hatten, hatten sich - wie der Kläger - bewusst und in Kenntnis der damit verbundenen Konsequenzen aus der Alterssicherung der Landwirte verabschiedet. Ihnen wurden damit keine Ansprüche entzogen, die nach der am 31.12.1994 geltenden Gesetzeslage nicht ohnehin bereits verloren gegangen waren. Sie hatten auch keinerlei Vertrauensposition mehr, in der sie durch das Inkrafttreten des ALG hätten enttäuscht werden können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht (§ 160 Abs. 2 SGG). Die Entscheidung ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut der anzuwenden gesetzlichen Regelungen insbesondere der §§ 11 und 90 ALG. Die verfassungsrechtlichen Überlegungen orientieren sich an der Rechtsprechung des BSG und des BVerfG in vergleichbaren Angelegenheiten.
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