Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 17 AL 3841/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 12 AL 1983/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 6. April 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist ein Gründungszuschuss gemäß § 57 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) für eine selbständige Tätigkeit des Klägers als Unternehmensberater.
Der 1976 geborene Kläger machte im Juli 1992 seinen Hauptschulabschluss und begann im September 1992 eine Ausbildung zum Raumausstatter, die er im August 1993 ohne Abschluss beendete. Die Wirtschaftsschule in B. verließ er nach fast zwei Jahren im Juli 1995 mit einem Realschul-Abgangszeugnis. 1998 schloss er eine Ausbildung zum Industriekaufmann ab und war im Anschluss für insgesamt 18 Monate als Sachbearbeiter im Verkauf und Vertrieb tätig. Von März 2000 bis September 2003 arbeitete er im Kundenservice der ...-Bank in M. eG. Anschließend nahm er von Oktober 2003 bis März 2004 an einer kaufmännischen Trainingsmaßnahme in der Übungsfirma der Deutschen Angestellten-Akademie in R. teil und war dort in den Abteilungen Finanzbuchhaltung und Personalwesen eingesetzt. Nachdem er für siebzehn Monate arbeitssuchend war, arbeitete er von September 2005 bis einschließlich März 2006 im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung (sog. 1-Euro-Job) im Verwaltungsbereich in der Fachambulanz des Baden-Württembergischen Landesverbands für Prävention und Rehabilitation. Nachdem er bis September 2006 ohne Beschäftigung war, arbeitete der Kläger von Oktober 2006 bis einschließlich Mai 2007 als freier Handelsvertreter für eine Krankenversicherung. Von Mitte Juli 2007 bis einschließlich Oktober 2008 war er als Produktionsmitarbeiter für die Heinz Schwabe GmbH tätig, wo sein Aufgabenbereich u.a. das Herstellen von Paletten, Kisten und Dämmelementen sowie die Bearbeitung von Acrylglasplatten und die Kommissionierung von Artikeln für Kunden umfasste. Im Dezember 2008 begann der Kläger eine Beschäftigung als Servicemitarbeiter und Automatenbetreuer, die im Dezember 2009 endete. Im Januar und Februar 2010 absolvierte er den IHK-Lehrgang "Kaufmännische und betriebswirtschaftliche Grundlagen", der 60 Unterrichtsstunden umfasste. Bis Mitte April 2010 nahm er an einer beruflichen Weiterbildung teil. Seit Dezember 2008 bezog der Kläger Arbeitslosengeld, das ihm bis zum 14. Dezember 2010 bewilligt wurde.
Am 27. Juli 2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten einen Gründungszuschuss für eine selbständige, hauptberufliche Tätigkeit als Unternehmensberater ab dem 1. September 2010. Der Antrag enthielt neben einer Beschreibung des Existenzgründungsvorhabens und einer Erläuterung der Geschäftsidee auch die Stellungnahme eines Steuerberaters zur Tragfähigkeit der Existenzgründung. Mit Bescheid vom 2. August 2010 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Sie begründete die Entscheidung damit, dass eine Tragfähigkeit der Selbständigkeit als Unternehmensberater aufgrund des beruflichen Werdegangs des Klägers und dem mangelnden Fachwissen bzw. der mangelnden Berufserfahrung in dem Bereich letztendlich nicht erfolgreich scheine.
Den Widerspruch des Kläger, der u.a. darauf hinwies, dass für eine Tätigkeit als Unternehmensberater keine formalen Zulassungsvoraussetzungen gegeben seien, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 13. August 2010 zurück. Auch bei dem gesetzlich ungeschützten Begriff des Unternehmensberaters könne bei der Prüfung der Tragfähigkeit einer Existenzgründung nicht außen vor bleiben, welche Erfahrungen und Vorkenntnisse jemand für die Tätigkeit mitbringe. So verlange auch § 18 des Einkommenssteuergesetz, dass der selbständig Tätige "auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und verantwortlich tätig" werde. Auch der Berufs- und Ehrenkodex von Unternehmensberatern umschreibe häufig die vorauszusetzende Kompetenz ihrer Mitglieder, wonach nur in Feldern beraten werden darf, in welchen der Unternehmensberater nachweislich Kompetenz erlangt habe.
Mit Bescheid vom 25. August 2010 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 1. September 2010 wegen Aufnahme einer Beschäftigung auf.
Am 15. September hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben (S 17 AL 3841/10) und gleichzeitig einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt (S 17 AL 3842/10 ER). Den Antrag auf einstweiligen Rechtschutz hat das SG mit Beschluss vom 19. Oktober 2010 abgelehnt, die Beschwerde dagegen hat der Senat mit Beschluss vom 20. Januar 2011 zurückgewiesen (L 12 AL 5454/10 ER-B). Zur Begründung der Klage hat der Kläger vorgetragen, die Tragfähigkeit der geplanten Tätigkeit sowie die ausreichende Qualifikation und Berufserfahrung ergebe sich schon aus der Prüfung durch den Steuerberater und der Email eines Mitarbeiters des Instituts für Freie Berufe an der F.-A.-Universität E.-N. e.V ... Gleichzeitig legte er Emailverkehr mit der Beklagten und mit Unternehmen vor, denen er Beratung und die Präsentation von Ideen angeboten hat. Für einen Gewerbeverein in R. werde er ehrenamtlich eine Marketing-Aktion durchführen.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 6. April 2011, dem Kläger zugestellt am 9. April 2011, abgewiesen. Nach § 57 Abs. 1 SGB III hätten Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf einen Gründungszuschuss. Voraussetzung für die Gewährung sei gemäß § 57 Abs. 2 SGB III, dass der Arbeitnehmer bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Entgeltersatzleistungen nach SGB III habe oder eine Beschäftigung ausgeübt habe, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nach dem SGB III gefördert worden sei (Nr. 1), bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch über einen Anspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens 90 Tagen verfüge (Nr. 2), der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweise (Nr. 3) und seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlege (Nr. 4). Vorliegend erfülle der Kläger unstreitig die Voraussetzungen gemäß § 57 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGB III. Allerdings sei es ihm vorliegend nicht gelungen, gemäß § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 SGB III die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachzuweisen sowie seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darzulegen. Der Kläger habe eine Stellungnahme von seinem Steuerberater vorgelegt, in der die Tragfähigkeit seiner Existenzgründung bejaht und ein Rohgewinn von 10.000,00 Euro im ersten Geschäftsjahr und 30.000,00 Euro im zweiten Geschäftsjahr prognostiziert werde. Die Beklagte habe diese Stellungnahme grundsätzlich anzweifeln können. Die Beweisführungslast liege hier in Abweichung vom Amtsermittlungsprinzip des § 20 SGB X beim Kläger. Gerade im Bereich der Unternehmensberatung hänge die Tragfähigkeit des Unternehmens unmittelbar von den Kenntnissen und Fähigkeiten der Person ab, die die Tätigkeit ausübe. Eine erfolgreiche Beratungstätigkeit setze zwangsläufig eine gewisse Kompetenz voraus. Der Berater verkaufe den Kunden sein Wissen, das dem Kunden einen Mehrwert bringen solle. Diese Kompetenz liege in der Regel entweder in einer neuartigen Idee und/oder in Fachwissen. Das Fachwissen könne durch eine akademische Ausbildung und/oder durch praktische Berufserfahrung erlangt werden. Vorliegend hätte der Kläger die erforderlichen Fähigkeiten und Kennnisse nicht glaubhaft machen können. Entscheidend sei dabei aber nicht der Umstand gewesen, dass der Kläger nicht studiert habe. Die Tätigkeit als Unternehmensberater unterliege keinem Berufsschutz und damit auch keinen formalen Voraussetzungen. Sie könne grundsätzlich von jedem ausgeübt werden. Allerdings sei im Umkehrschluss nicht davon auszugehen, dass jede beliebige Qualifikation als Kenntnis- und Fähigkeitsnachweis sowie für eine Tragfähigkeit im Sinne des § 57 SGB III ausreiche. Aus dem schulischen und beruflichen Werdegang des Klägers ergäben sich zwar viele verschiedene Fähigkeiten und Berufserfahrungen, die allerdings nicht besonders vertieft, sondern aufgrund der kurzen Dauer eher oberflächlich seien. Der Kläger verfüge über keine überdurchschnittlichen Fachkenntnisse oder langjährige Berufserfahrung in einem Bereich. Auch zeitlich begrenzte Weiterbildungsmaßnahmen könnten nur Grundkenntnisse vermitteln, die jedoch nicht ausreichen dürften, um Unternehmen zu beraten. Es sei auch kein konkretes Konzept oder eine bestimmte originelle Idee ersichtlich, mit denen die mangelnden Fachkenntnisse ausgeglichen werden könnten. Insgesamt habe der Kläger den Nachweis der Tragfähigkeit seiner Unternehmensgründung sowie einen Kenntnis- und Fähigkeitsnachweis im Verwaltungsverfahre nicht erbracht.
Hiergegen richtet sich die am 6. Mai 2011 beim SG eingelegte Berufung des Klägers. Er habe weiter an dem Ziel seiner Existenzgründung gearbeitet und hierzu finanzielle Hilfe von Dritten erhalten. Sie Betrieb benötige wie jeder andere eine Vorlaufzeit. Er sei aber nach wie vor davon überzeugt, dass seine Idee funktioniere, wenn ihm Zeit und finanzielle Mittel gegeben würden. Eine weitere Darstellung wäre zu umfangreich, außerdem würden die Unternehmen, die von ihm angesprochen würden oder mit denen er in tatsächlich ernsthaften Gesprächen stehe, nicht genannt werden wollen. Dies sollte auch von einem Gericht verstanden werden. Er stehe in Kontakt mit Unternehmen und plane, weitere Kontakte zu knüpfen. Klar sei, dass es hier teilweise Monate, vielleicht Jahre dauern könne, bis konkrete Ergebnisse greifbar würden und ein Zeitraum von neun Monaten hier zu kurz gefasst sei. Die Qualifikation sehe er für die Form, Art und Weise, in welcher er seine Unternehmensberatung betreibe - "Ideen und Vorschläge für Produkt, Marketing, Vertriebs und Projektideen; an Unternehmen zu verkaufen und so bei den hier erforderlichen Abläufen teilweise beratend/Tippgebend oder Prozessbegleitend zur Verfügung zu stehen" -, als gegeben. Zusätzlich würden jeweils das Know-how der Mitarbeiter der Unternehmen, denen er eine Idee verkaufe, bewusst und gewollt mit einbezogen und/oder das Wissen dritter externer Projektpartner eingesetzt. Er finde es befremdlich, dass er nach einem Jahr trotz diverser und recht zahlreicher Onlineregistrierungen, dem Werbeeintrag in einer Fachzeitschrift, einer eigenen Homepage und nach Zeitungswerbung bislang keine einzige Anfrage von Dritten/Außenstehenden erhalten habe. Es sei ihm klar, dass er einen längeren Zeitraum eingesetzt habe, ohne aktuell einen konkreten Auftrag erhalten zu haben. Dazwischen sei aber eine fast dreimonatige krankheitsbedingte Ausfallzeit.
Der Kläger verweist auf Listen über Werbemedien und Projekte sowie vorläufige betriebswirtschaftliche Auswertungen. Er äußert in Bezug auf die Bearbeitung seiner Leistungsangelegenheiten und seiner Existenzgründung den Verdacht von Manipulationen versuchter Wirtschaftskriminalität und Korruption.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Karlsruhe vom 6. April 2011 und Aufhebung des Bescheides vom 2. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2010 zu verurteilen, ihm ab 1. September 2010 einen Gründungszuschuss zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren Vortrag im Klageverfahren und die Ausführungen im Gerichtsbescheid des SG.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. In der Sache ist die Berufung jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Gemäß § 57 Abs. 1 SGB III in der hier maßgebenden Fassung vom 15. Juli 2009 (a.F.) haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf einen Gründungszuschuss.
Der Gründungszuschuss wird nach Abs. 2 der Regelung geleistet, wenn der Arbeitnehmer bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III hat oder eine Beschäftigung ausgeübt hat, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nach diesem Buche gefördert worden ist (Nr. 1), bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch über einen Anspruch auf Arbeitslosengeld, dessen Dauer nicht allein auf § 127 Absatz 3 beruht, von mindestens 90 Tagen verfügt (Nr. 2), der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist (Nr. 3) und seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlegt (Nr. 4). Zum Nachweis der Tragfähigkeit der Existenzgründung ist der Agentur für Arbeit die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorzulegen; fachkundige Stellen sind insbesondere die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, berufsständische Kammern, Fachverbände und Kreditinstitute. Bestehen begründete Zweifel an den Kenntnissen und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit, kann die Agentur für Arbeit vom Arbeitnehmer die Teilnahme an Maßnahmen zur Eignungsfeststellung oder zur Vorbereitung der Existenzgründung verlangen.
Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung umfassend zu dem geltend gemachten Anspruch des Klägers ausgeführt und die ablehnende Entscheidung der Beklagten zu Recht bestätigt. Insbesondere hat das SG auch unter Berücksichtigung der Einlassungen des Klägers in nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass der Kläger seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit nicht nachgewiesen hat. Der Senat sieht zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit von einer Begründung ab und verweist nach eigener Überprüfung auf die Ausführungen der Entscheidungsgründe (§ 153 Abs. 2 SGG).
Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Im Gegenteil, indem der Kläger vorträgt, dass es hier teilweise Monate, vielleicht Jahre dauern könne, bis konkrete Ergebnisse greifbar würden und ein Zeitraum von neun Monaten hier zu kurz gefasst sei, räumt er selbst ein, dass von einer wirtschaftlichen Tragfähigkeit der selbständigen Tätigkeit bis zum Ende des möglichen Förderzeitraums nicht ausgegangen werden konnte. Indem der Kläger vorträgt, sein Konzept baue zur Verwirklichung seiner Ideen auf eine Heranziehung von Know-how der Mitarbeiter der zu beratenden Firmen und sogar den Einkauf externer Projektberater, verstärkt er die berechtigten Zweifel daran, ob er selbst über die nötigen Kenntnisse und Fähigkeiten für die Beratung von Unternehmen verfüge und lässt die Darstellung der eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten, insbesondere des eigenen Fachwissens, erst recht unzureichend erscheinen.
Anhaltspunkte für Manipulationen oder sonstige Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Bearbeitung der Leistungsangelegenheit des Klägers hinsichtlich des Gründungszuschusses sind entgegen dem Verdacht des Klägers für den Senat nicht ersichtlich.
Damit hat die Berufung insgesamt keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist ein Gründungszuschuss gemäß § 57 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) für eine selbständige Tätigkeit des Klägers als Unternehmensberater.
Der 1976 geborene Kläger machte im Juli 1992 seinen Hauptschulabschluss und begann im September 1992 eine Ausbildung zum Raumausstatter, die er im August 1993 ohne Abschluss beendete. Die Wirtschaftsschule in B. verließ er nach fast zwei Jahren im Juli 1995 mit einem Realschul-Abgangszeugnis. 1998 schloss er eine Ausbildung zum Industriekaufmann ab und war im Anschluss für insgesamt 18 Monate als Sachbearbeiter im Verkauf und Vertrieb tätig. Von März 2000 bis September 2003 arbeitete er im Kundenservice der ...-Bank in M. eG. Anschließend nahm er von Oktober 2003 bis März 2004 an einer kaufmännischen Trainingsmaßnahme in der Übungsfirma der Deutschen Angestellten-Akademie in R. teil und war dort in den Abteilungen Finanzbuchhaltung und Personalwesen eingesetzt. Nachdem er für siebzehn Monate arbeitssuchend war, arbeitete er von September 2005 bis einschließlich März 2006 im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung (sog. 1-Euro-Job) im Verwaltungsbereich in der Fachambulanz des Baden-Württembergischen Landesverbands für Prävention und Rehabilitation. Nachdem er bis September 2006 ohne Beschäftigung war, arbeitete der Kläger von Oktober 2006 bis einschließlich Mai 2007 als freier Handelsvertreter für eine Krankenversicherung. Von Mitte Juli 2007 bis einschließlich Oktober 2008 war er als Produktionsmitarbeiter für die Heinz Schwabe GmbH tätig, wo sein Aufgabenbereich u.a. das Herstellen von Paletten, Kisten und Dämmelementen sowie die Bearbeitung von Acrylglasplatten und die Kommissionierung von Artikeln für Kunden umfasste. Im Dezember 2008 begann der Kläger eine Beschäftigung als Servicemitarbeiter und Automatenbetreuer, die im Dezember 2009 endete. Im Januar und Februar 2010 absolvierte er den IHK-Lehrgang "Kaufmännische und betriebswirtschaftliche Grundlagen", der 60 Unterrichtsstunden umfasste. Bis Mitte April 2010 nahm er an einer beruflichen Weiterbildung teil. Seit Dezember 2008 bezog der Kläger Arbeitslosengeld, das ihm bis zum 14. Dezember 2010 bewilligt wurde.
Am 27. Juli 2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten einen Gründungszuschuss für eine selbständige, hauptberufliche Tätigkeit als Unternehmensberater ab dem 1. September 2010. Der Antrag enthielt neben einer Beschreibung des Existenzgründungsvorhabens und einer Erläuterung der Geschäftsidee auch die Stellungnahme eines Steuerberaters zur Tragfähigkeit der Existenzgründung. Mit Bescheid vom 2. August 2010 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Sie begründete die Entscheidung damit, dass eine Tragfähigkeit der Selbständigkeit als Unternehmensberater aufgrund des beruflichen Werdegangs des Klägers und dem mangelnden Fachwissen bzw. der mangelnden Berufserfahrung in dem Bereich letztendlich nicht erfolgreich scheine.
Den Widerspruch des Kläger, der u.a. darauf hinwies, dass für eine Tätigkeit als Unternehmensberater keine formalen Zulassungsvoraussetzungen gegeben seien, wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 13. August 2010 zurück. Auch bei dem gesetzlich ungeschützten Begriff des Unternehmensberaters könne bei der Prüfung der Tragfähigkeit einer Existenzgründung nicht außen vor bleiben, welche Erfahrungen und Vorkenntnisse jemand für die Tätigkeit mitbringe. So verlange auch § 18 des Einkommenssteuergesetz, dass der selbständig Tätige "auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und verantwortlich tätig" werde. Auch der Berufs- und Ehrenkodex von Unternehmensberatern umschreibe häufig die vorauszusetzende Kompetenz ihrer Mitglieder, wonach nur in Feldern beraten werden darf, in welchen der Unternehmensberater nachweislich Kompetenz erlangt habe.
Mit Bescheid vom 25. August 2010 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 1. September 2010 wegen Aufnahme einer Beschäftigung auf.
Am 15. September hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben (S 17 AL 3841/10) und gleichzeitig einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt (S 17 AL 3842/10 ER). Den Antrag auf einstweiligen Rechtschutz hat das SG mit Beschluss vom 19. Oktober 2010 abgelehnt, die Beschwerde dagegen hat der Senat mit Beschluss vom 20. Januar 2011 zurückgewiesen (L 12 AL 5454/10 ER-B). Zur Begründung der Klage hat der Kläger vorgetragen, die Tragfähigkeit der geplanten Tätigkeit sowie die ausreichende Qualifikation und Berufserfahrung ergebe sich schon aus der Prüfung durch den Steuerberater und der Email eines Mitarbeiters des Instituts für Freie Berufe an der F.-A.-Universität E.-N. e.V ... Gleichzeitig legte er Emailverkehr mit der Beklagten und mit Unternehmen vor, denen er Beratung und die Präsentation von Ideen angeboten hat. Für einen Gewerbeverein in R. werde er ehrenamtlich eine Marketing-Aktion durchführen.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 6. April 2011, dem Kläger zugestellt am 9. April 2011, abgewiesen. Nach § 57 Abs. 1 SGB III hätten Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf einen Gründungszuschuss. Voraussetzung für die Gewährung sei gemäß § 57 Abs. 2 SGB III, dass der Arbeitnehmer bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Entgeltersatzleistungen nach SGB III habe oder eine Beschäftigung ausgeübt habe, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nach dem SGB III gefördert worden sei (Nr. 1), bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch über einen Anspruch auf Arbeitslosengeld von mindestens 90 Tagen verfüge (Nr. 2), der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweise (Nr. 3) und seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlege (Nr. 4). Vorliegend erfülle der Kläger unstreitig die Voraussetzungen gemäß § 57 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGB III. Allerdings sei es ihm vorliegend nicht gelungen, gemäß § 57 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 4 SGB III die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachzuweisen sowie seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darzulegen. Der Kläger habe eine Stellungnahme von seinem Steuerberater vorgelegt, in der die Tragfähigkeit seiner Existenzgründung bejaht und ein Rohgewinn von 10.000,00 Euro im ersten Geschäftsjahr und 30.000,00 Euro im zweiten Geschäftsjahr prognostiziert werde. Die Beklagte habe diese Stellungnahme grundsätzlich anzweifeln können. Die Beweisführungslast liege hier in Abweichung vom Amtsermittlungsprinzip des § 20 SGB X beim Kläger. Gerade im Bereich der Unternehmensberatung hänge die Tragfähigkeit des Unternehmens unmittelbar von den Kenntnissen und Fähigkeiten der Person ab, die die Tätigkeit ausübe. Eine erfolgreiche Beratungstätigkeit setze zwangsläufig eine gewisse Kompetenz voraus. Der Berater verkaufe den Kunden sein Wissen, das dem Kunden einen Mehrwert bringen solle. Diese Kompetenz liege in der Regel entweder in einer neuartigen Idee und/oder in Fachwissen. Das Fachwissen könne durch eine akademische Ausbildung und/oder durch praktische Berufserfahrung erlangt werden. Vorliegend hätte der Kläger die erforderlichen Fähigkeiten und Kennnisse nicht glaubhaft machen können. Entscheidend sei dabei aber nicht der Umstand gewesen, dass der Kläger nicht studiert habe. Die Tätigkeit als Unternehmensberater unterliege keinem Berufsschutz und damit auch keinen formalen Voraussetzungen. Sie könne grundsätzlich von jedem ausgeübt werden. Allerdings sei im Umkehrschluss nicht davon auszugehen, dass jede beliebige Qualifikation als Kenntnis- und Fähigkeitsnachweis sowie für eine Tragfähigkeit im Sinne des § 57 SGB III ausreiche. Aus dem schulischen und beruflichen Werdegang des Klägers ergäben sich zwar viele verschiedene Fähigkeiten und Berufserfahrungen, die allerdings nicht besonders vertieft, sondern aufgrund der kurzen Dauer eher oberflächlich seien. Der Kläger verfüge über keine überdurchschnittlichen Fachkenntnisse oder langjährige Berufserfahrung in einem Bereich. Auch zeitlich begrenzte Weiterbildungsmaßnahmen könnten nur Grundkenntnisse vermitteln, die jedoch nicht ausreichen dürften, um Unternehmen zu beraten. Es sei auch kein konkretes Konzept oder eine bestimmte originelle Idee ersichtlich, mit denen die mangelnden Fachkenntnisse ausgeglichen werden könnten. Insgesamt habe der Kläger den Nachweis der Tragfähigkeit seiner Unternehmensgründung sowie einen Kenntnis- und Fähigkeitsnachweis im Verwaltungsverfahre nicht erbracht.
Hiergegen richtet sich die am 6. Mai 2011 beim SG eingelegte Berufung des Klägers. Er habe weiter an dem Ziel seiner Existenzgründung gearbeitet und hierzu finanzielle Hilfe von Dritten erhalten. Sie Betrieb benötige wie jeder andere eine Vorlaufzeit. Er sei aber nach wie vor davon überzeugt, dass seine Idee funktioniere, wenn ihm Zeit und finanzielle Mittel gegeben würden. Eine weitere Darstellung wäre zu umfangreich, außerdem würden die Unternehmen, die von ihm angesprochen würden oder mit denen er in tatsächlich ernsthaften Gesprächen stehe, nicht genannt werden wollen. Dies sollte auch von einem Gericht verstanden werden. Er stehe in Kontakt mit Unternehmen und plane, weitere Kontakte zu knüpfen. Klar sei, dass es hier teilweise Monate, vielleicht Jahre dauern könne, bis konkrete Ergebnisse greifbar würden und ein Zeitraum von neun Monaten hier zu kurz gefasst sei. Die Qualifikation sehe er für die Form, Art und Weise, in welcher er seine Unternehmensberatung betreibe - "Ideen und Vorschläge für Produkt, Marketing, Vertriebs und Projektideen; an Unternehmen zu verkaufen und so bei den hier erforderlichen Abläufen teilweise beratend/Tippgebend oder Prozessbegleitend zur Verfügung zu stehen" -, als gegeben. Zusätzlich würden jeweils das Know-how der Mitarbeiter der Unternehmen, denen er eine Idee verkaufe, bewusst und gewollt mit einbezogen und/oder das Wissen dritter externer Projektpartner eingesetzt. Er finde es befremdlich, dass er nach einem Jahr trotz diverser und recht zahlreicher Onlineregistrierungen, dem Werbeeintrag in einer Fachzeitschrift, einer eigenen Homepage und nach Zeitungswerbung bislang keine einzige Anfrage von Dritten/Außenstehenden erhalten habe. Es sei ihm klar, dass er einen längeren Zeitraum eingesetzt habe, ohne aktuell einen konkreten Auftrag erhalten zu haben. Dazwischen sei aber eine fast dreimonatige krankheitsbedingte Ausfallzeit.
Der Kläger verweist auf Listen über Werbemedien und Projekte sowie vorläufige betriebswirtschaftliche Auswertungen. Er äußert in Bezug auf die Bearbeitung seiner Leistungsangelegenheiten und seiner Existenzgründung den Verdacht von Manipulationen versuchter Wirtschaftskriminalität und Korruption.
Der Kläger beantragt (sinngemäß),
die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts Karlsruhe vom 6. April 2011 und Aufhebung des Bescheides vom 2. August 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. August 2010 zu verurteilen, ihm ab 1. September 2010 einen Gründungszuschuss zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren Vortrag im Klageverfahren und die Ausführungen im Gerichtsbescheid des SG.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Abs. 1 SGG statthafte Berufung ist zulässig; sie ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. In der Sache ist die Berufung jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Gemäß § 57 Abs. 1 SGB III in der hier maßgebenden Fassung vom 15. Juli 2009 (a.F.) haben Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung Anspruch auf einen Gründungszuschuss.
Der Gründungszuschuss wird nach Abs. 2 der Regelung geleistet, wenn der Arbeitnehmer bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Entgeltersatzleistungen nach dem SGB III hat oder eine Beschäftigung ausgeübt hat, die als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nach diesem Buche gefördert worden ist (Nr. 1), bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch über einen Anspruch auf Arbeitslosengeld, dessen Dauer nicht allein auf § 127 Absatz 3 beruht, von mindestens 90 Tagen verfügt (Nr. 2), der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist (Nr. 3) und seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlegt (Nr. 4). Zum Nachweis der Tragfähigkeit der Existenzgründung ist der Agentur für Arbeit die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle vorzulegen; fachkundige Stellen sind insbesondere die Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, berufsständische Kammern, Fachverbände und Kreditinstitute. Bestehen begründete Zweifel an den Kenntnissen und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit, kann die Agentur für Arbeit vom Arbeitnehmer die Teilnahme an Maßnahmen zur Eignungsfeststellung oder zur Vorbereitung der Existenzgründung verlangen.
Das SG hat in der angefochtenen Entscheidung umfassend zu dem geltend gemachten Anspruch des Klägers ausgeführt und die ablehnende Entscheidung der Beklagten zu Recht bestätigt. Insbesondere hat das SG auch unter Berücksichtigung der Einlassungen des Klägers in nicht zu beanstandender Weise angenommen, dass der Kläger seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit nicht nachgewiesen hat. Der Senat sieht zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit von einer Begründung ab und verweist nach eigener Überprüfung auf die Ausführungen der Entscheidungsgründe (§ 153 Abs. 2 SGG).
Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Im Gegenteil, indem der Kläger vorträgt, dass es hier teilweise Monate, vielleicht Jahre dauern könne, bis konkrete Ergebnisse greifbar würden und ein Zeitraum von neun Monaten hier zu kurz gefasst sei, räumt er selbst ein, dass von einer wirtschaftlichen Tragfähigkeit der selbständigen Tätigkeit bis zum Ende des möglichen Förderzeitraums nicht ausgegangen werden konnte. Indem der Kläger vorträgt, sein Konzept baue zur Verwirklichung seiner Ideen auf eine Heranziehung von Know-how der Mitarbeiter der zu beratenden Firmen und sogar den Einkauf externer Projektberater, verstärkt er die berechtigten Zweifel daran, ob er selbst über die nötigen Kenntnisse und Fähigkeiten für die Beratung von Unternehmen verfüge und lässt die Darstellung der eigenen Kenntnisse und Fähigkeiten, insbesondere des eigenen Fachwissens, erst recht unzureichend erscheinen.
Anhaltspunkte für Manipulationen oder sonstige Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Bearbeitung der Leistungsangelegenheit des Klägers hinsichtlich des Gründungszuschusses sind entgegen dem Verdacht des Klägers für den Senat nicht ersichtlich.
Damit hat die Berufung insgesamt keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
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