L 9 U 5713/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 2 U 3659/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 5713/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 12. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt die Feststellung einer weiteren Unfallfolge sowie höhere Verletztenrente wegen eines Arbeitsunfalles.

Der 1957 geborene Kläger erlitt am 25. Juni 1998 gegen 20:30 Uhr auf der Heimfahrt von seiner Arbeitsstätte, wo ab 17:00 Uhr ein Grillfest stattgefunden hatte, an dem alle Betriebsangehörigen sowie der Betriebsinhaber, der auch die Kosten getragen hatte, mit seiner Ehefrau teilgenommen hatten, auf der Bundesstraße 10 zwischen E. und G. einen Unfall. Er prallte mit seinem Fahrzeug, einem Kleinlaster, gegen eine Leitplanke, nachdem er seinen Angaben zufolge "aus unbekannten Gründen das Bewusstsein" verloren hatte.

Der Kläger wurde vom Notarzt in die Klinik am E., G., verbracht, wo er um etwa 21:15 Uhr eintraf. Gemäß dem Durchgangsarztbericht (DAB) vom 29. Juni 1998 ergaben die Röntgenuntersuchung eine parietale Schädelfraktur rechts und das CT ein epidurales Hämatom rechts parietal. Vom 25. Juni bis 13. Juli 1998 war der Kläger mit den Diagnosen offene Schädelfraktur rechts mit epiduralem Hämatom links, Contusio cerebri mit kleinem Contrecoupherd rechts, Diabetes Mellitus Typ II b in stationärer Behandlung. Es erfolgten am 25. Juni 1998 eine osteoklastische Schädeltrepanation und eine Ausräumung des epiduralen Hämatoms links und am 6. Juli 1998 die Replantation der Schädelkalotte links (Bericht Prof. Dr. U. vom 20. Juli 1998). Hinweise für ein Hirnödem oder eine Mittellinienverlagerung fanden sich nicht. Die EEG-Untersuchung ergab einen 12/sec.-Alpharhythmus mit intermittierenden Herdbefunden rechts-temporal-occipital und links-temporo-occipital. Eine erhöhte Krampfbereitschaft oder Krampfpotentiale konnten nicht festgestellt werden. Die Kernspinuntersuchung des Schädels ergab einen kleinen Contrecoupherd rechts. Auf die neurologischen Untersuchungen vom 10. Juli und 17. August 1998 stellte Prof. Dr. S. die Diagnosen offene Schädelfraktur links mit epiduralem Hämatom links und Contusio cerebri links temporal, V. a. Contre-Coup rechts temporal mit leichter Hemiparese links und diätetisch eingestellter Diabetes Mellitus Typ II b. Neurologisch fand sich noch ein Schwindel bei schnellen Kopfdrehbewegungen, jedoch keine weiteren neurologischen Ausfälle (Bericht vom 18. August 1998). Ferner war der Kläger vom 15. Juli bis 12. August 1998 zur Weiterbehandlung in der Rehabilitationsklinik Saulgau. Dort wurden die Diagnosen Contusio cerebri, offene Schädelfraktur links mit epiduralem Hämatom, Z. n. Trepanation und Adipositas gestellt (Bericht vom 17. August 1998).

Der Dipl.-Psych. W. gelangte nach einer Untersuchung vom 20. August 1998 zum Ergebnis, der Kläger zeige bei Aufmerksamkeit, Konzentrationsfähigkeit und Reaktionsfähigkeit durchschnittliche bis überdurchschnittliche Leistungen. Die verbale Merkfähigkeit sei noch durchschnittlich. Hinweise für eine erworbene Minderung der Hirnleistung fanden sich nicht. Eine Kernspintomographie des Schädels vom 29. September 1998 ergab einen unauffälligen Hirnbefund ohne Anhalt für ein Ödem, einen posttraumatischen Infarkt oder eine Restblutung in Epi- oder Subduralraum und auch keine lokale hirnatrophische Veränderung (Berichte Prof. Dr. U. vom 21. Oktober 1998 und Radiologe Dr. T. vom 29. September 1998). Nach neurologischer Untersuchung am 19. Oktober 1998, bei welcher der Kläger noch über leichte 5 bis 8 Mal pro Woche auftretende rechts frontal gelegene dumpfe Kopfschmerzen über längstens 30 Minuten sowie gelegentlichen Schwankschwindel berichtete, zeigten sich noch eine diskrete mimische Fazialismundastschwäche links sowie im Bewegungsbild ein diskretes vermindertes Mitschwingen des linken Armes als Hinweis für eine noch diskrete Hemismyptomatik links und ein klinisch-neurologisch deutlich verbesserter Befund (Bericht Prof. Dr. S. vom 21. Oktober 1998). Ab 26. Oktober 1998 erachtete Prof. Dr. U. den Kläger für arbeitsfähig.

Im Zusammenhang mit der Erstellung des ersten Rentengutachtens durch Prof. Dr. U. erfolgte am 22. Januar 1999 eine Röntgenuntersuchung, bei der der Kläger noch häufige Kopfschmerzen und Schwindel angab. Im neurologischen Zusatzgutachten kam Prof. Dr. S. nach einer Untersuchung vom 9. Februar 1999 zum Ergebnis, das EEG zeige keinen sicheren Herdbefund und keinen Hinweis für eine erhöhte zerebrale Erregbarkeit. Es finde sich nur noch eine allenfalls sehr diskrete leichte Hemisymptomatik links. Der klinisch neurologische Befund habe sich weiter deutlich gebessert. Bei den frontalen Kopfschmerzen handle es sich um unfallunabhängige Spannungskopfschmerzen. Die lageabhängige Schwindelsymptomatik sei im Rahmen einer Störung der Kreislaufregulation zu sehen. Beides sei unfallunabhängig. Für das erste Jahr nach dem Unfall bewertete er die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) auf neurologischem Fachgebiet mit 30 v. H. Nach Ablauf eines Jahres sei von keiner MdE in rentenberechtigendem Ausmaß mehr auszugehen. Prof. Dr. U. gelangte dann nach der Untersuchung vom 22. Januar 2009 zum Ergebnis, auf unfallchirurgischem Gebiet fänden sich keine wesentlichen Unfallfolgen mehr. Ansonsten seien wesentliche Unfallfolgen eine mit diskreter Hemisymptomatik links ausgeheilte offene Schädel-Hirn-Verletzung mit linksparietaler Kalottenfraktur und epiduralem Hämatom. Die MdE schätzte er vom 27. Oktober 1998 bis 24. Juni 1999 auf 30 v. H. und für die Zeit bis zum Ende des zweiten Jahres nach dem Unfall auf voraussichtlich noch unter 20 v. H.

Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. kam in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 17. Mai 1999 zum Ergebnis, der Kläger habe bei dem Unfall eine offene Schädelfraktur links mit epiduralem Hämatom und Contusio cerebri sowie eine Contre-Coup-Contusion auch rechts erlitten. Allerdings sei der Heilungsverlauf sehr günstig gewesen. Bereits im August 1998 seien die Auffälligkeiten sehr gering gewesen, was sich auch durch die Nachuntersuchungen bestätigt habe. Letztlich hätten keine nennenswerten neurologischen Unfallfolgen mehr bestanden. Ein postcontusionelles Psychosyndrom habe auch gemäß dem Ergebnis der Untersuchung von Dipl.-Psych. W. wohl zu keiner Zeit bestanden. Er schätze die MdE bis Oktober 1998 auf 30 v. H., dann auf Grund des sehr günstigen neurologischen Berichtes vom 21. Oktober 1998 bis Dezember 1998 auf 10 v. H. Ab 1. Januar 1999 sei von keiner MdE mehr auszugehen. Auf Nachfrage wegen des von ihm angenommenen "plötzlichen Wegfalles der 30 %igen MdE" und Hinweis der Beklagten auf ihre Erfahrung, dass in vergleichbaren Fällen eher eine gestaffelte MdE-Bewertung erfolge, sowie auf die Literatur zur Bewertung der MdE in der Unfallversicherung bei Schädel-Hirn-Verletzungen äußerte Prof. Dr. S. am 22. Juni 1999, seine MdE-Einschätzung mit 30 v. H. habe auf den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz beruht. Er schließe sich allerdings der vorgeschlagenen Staffelung nach Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, an.

Mit Bescheid vom 26. August 1999 anerkannte die Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft, jetzt Berufsgenossenschaft Handel und Warendistribution, Beklagte, das Ereignis als Arbeitsunfall sowie als Folgen des Arbeitsunfalles "Vorübergegangene Schonungsbedürftigkeit nach knöchern festverheiltem Schädelbruch rechts mit Einblutung und Gehirnerschütterung" und gewährte dem Kläger eine Verletztenrente nach einer MdE um 30 v. H. für die Zeit vom 26. Oktober 1998 bis 30. Juni 1999. Nicht Folge des Unfalles seien der beidseitig frontale Spannungskopfschmerz und eine Kreislaufregulationsstörung mit lagerungsabhängiger Schwindelsymptomatik. Den Widerspruch des Klägers vom 6. September 1999, mit welchem er geltend machte, die Kopfschmerzen und der Schwindel seien Unfallfolge und erforderten die Einnahme starker Schmerzmittel, wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 29. Oktober 1999 zurück.

Am 11. Dezember 2001 beantragte der Kläger die Überprüfung der MdE und legte von der D. Allgemeine Versicherung AG, veranlasste Gutachten von Prof. Dr. S. und Dr. N. vom 31. Juli 2000 (vermehrte Reizbarkeit nach Unfall und Kopfschmerzen bei Wetterwechsel im Rahmen eines postcontusionellen Syndroms; neurologische MdE 20 v. H.) sowie des Prof. Dr. U. vom 31. August 2000 (keine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit oder Funktionseinbuße auf unfallchirurgischem Gebiet) vor.

In seiner von der Beklagten eingeholten Stellungnahme führte Prof. Dr. S. am 4. Februar 2002 aus, anlässlich der von der Debeka Allgemeine Versicherung AG veranlassten Begutachtung habe der Kläger nach wie vor Kopfschmerzen beidseits frontal und auch eine vermehrte Reizbarkeit angegeben. Die Abhängigkeit der Kopfschmerzen vom Wetterwechsel sowie die vermehrte Reizbarkeit seien typisch für ein postcontusionelles Syndrom, weswegen er von einer dauernden MdE um 20 v. H. ausgehe. Der behandelnde Allgemeinmediziner Dr. G. bestätigte, der Kläger habe vor dem Unfall zu keinem Zeitpunkt über Kopfschmerzen geklagt. Dr. S. gelangte dann am 29. April 2002 zum Ergebnis, angesichts der Schwere des Traumas seien die Kopfschmerzen nun doch auf den Unfall zurückzuführen. Unter deren Einbeziehung betrage die MdE seit Oktober 1998 20 v. H. Unfallbedingt seien auch die Läsion des 1. und 2. Trigenminusastes links und eine leichte posttraumatsche Wesensänderung mit vermehrter Reizbarkeit.

Mit Bescheid vom 23. Mai 2002 hob die Beklagte den früheren Bescheid dann teilweise auf und bewilligte über den 30. Juni 1999 hinaus Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H. Unfallfolgen seien noch eine leichte posttraumatische Wesensänderung mit vermehrter Reizbarkeit, posttraumatische Kopfschmerzen und eine Störung der Hirnnerven 1 und 2 mit Gefühlsempfindungsstörungen im Gesichtsbereich.

Anlässlich eines erfolglosen Antrags auf Gewährung einer Rentenabfindung vom April 2004 (Bescheid vom 15. Juli 2004 und Widerspruchsbescheid vom 20. September 2004) erfolgte eine Begutachtung durch den Internisten Dr. H ... Hier gab der Kläger am 8. Juni 2004 u. a. an, er habe keine Krampfanfälle, seit dem Unfall jedoch Kopfschmerzen. Diese seien im letzten Winter häufiger aufgetreten, derzeit jedoch nur noch gelegentlich. Er sei bei der Neurologin Dr. H. in Behandlung. Dr. H. stellte die Diagnosen Z. n. Schädeltrauma links, Adipositas permagna, Diabetes mellitus (insulinpflichtig), arterielle Hypertonie, Asthma bronchiale, Schlaf-apnoe, Proteinuri, Z. n. Hodenseminom links (Operation 1981), Nikotinabusus, Aortenklappens-tenose, Leberwerteerhöhung, Fettstoffwechselstörung und Hyperurikämie.

Am 16. Juni 2005 beantragte der Kläger die Erhöhung der Verletztenrente, da er in den letzten drei Jahren immer wieder für kurze Zeit das Bewusstsein verloren habe. Die letzte Untersuchung bei seiner Neurologin habe nun ergeben, dass er infolge des Unfalles an einer Epilepsie leide.

Die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. H. berichtete dann am 12. Juli 2005, sie habe den Kläger am 11. Mai 2005 und folgend zur Abklärung von Synkopen bei Verdacht auf einen epileptischen Anfall am 10. April 2005 während einer Grillfeier untersucht. Bei dieser sei der Kläger nach seinen Angaben durch einen Hustenstoß bewusstlos geworden, gestürzt und auf den Kopf aufgeschlagen, wobei er sich die Oberlippe verletzt habe und er nach Angaben seiner Freunde bewusstlos am Boden liegend einen epileptischen Krampf erlitten habe. Seinen Angaben zufolge sei er im Jahr 2003 insgesamt zweimal bewusstlos umgefallen. Das EEG mit herdförmiger Störung über der Temporalregion beidseits sei pathologisch. Es bestehe ein V. a. krampfspitzenverdächtige Anfälle. Das MRT vom Juni 2005 bei Dr. H. habe im subkortikalen Marklager, Gyros frontalis Superior winzige signalhelle Läsionen und auch rechts parietal rundliche Läsionen ergeben. Die jetzt geschilderten Synkopen, die nach den Angaben dreimal innerhalb der letzten zwei Jahre aufgetreten seien, zuletzt am 10. April 2005, müssten als epileptischer Anfall gewertet werden. Ihres Erachtens könne es sich nicht allein um eine vagovasale Synkope bei Hustenstoß handeln. Sie habe zu einer antikonvulsiven Einstellung mit Lamotrigin geraten.

Der Kläger gab noch an, bei dem Ereignis vom 10. April 2005 habe er in seinem Angelverein Arbeitsdienst verrichtet und Würstchen gegrillt sowie Getränke verkauft. Dabei sei ihm schwarz vor Augen geworden und sei er hingefallen. Laut "Zeugenaussagen" habe er gekrampft. Er sei am Tag danach zu seinem Hausarzt Dr. G. gegangen, der ihm Arbeitsunfähigkeit für zwei Wochen bescheinigt habe. Auf Grund fortbestehender Kopfschmerzen und Schwindel habe er ihn an die Neurologin Dr. H. überwiesen.

Dr. G. teilte am 4. September 2005 mit, der Kläger habe sich am 11. April 2005 in seiner Sprechstunde vorgestellt und über eine stattgehabte Synkope, wohl im Rahmen eines Hustenanfalls, berichtet. Die Kreislaufparameter und die grobneurologische Untersuchung seien unauffällig gewesen. Der Kläger habe bei der Untersuchung noch über ein dumpfes Gefühl im Kopf sowie über häufiger auftretende Kopfschmerzen, Benommenheit, leichten Schwindel und Neigung zu Synkopen berichtet. Von kardiologischer Seite habe sich keine Ursache der Synkopen finden lassen. Hierzu legte Dr. G. Laborberichte sowie Berichte der Neurologin Dr. M. (M.-D.) vom 18. November 2003 (Untersuchung vom 11. November 2003 [der Kläger klage u. a. über Kopfschmerzen]) und 13. Juni 2005 (V. a. Epilepsie; der Kläger gebe an, in den letzten Jahren wiederholt Attacken mit Bewusstlosigkeit und Hinstürzen erlitten zu haben, das letzte Mal am 10. April 2005 wobei jeweils wie bei früheren Synkopen Auslöser ein Husten gewesen sei, mit Bewusstlosigkeit von etwa einer Minute ohne Reorientierungsphase aber "Bisswunde" am oberen Lippenrand rechts; eine tonisch-klonische Verkrampfung sei nicht beobachtet worden), des Kardiologen Dr. E. vom 27. Mai 2005 (Z. n. Hustensynkope; der Kläger sei am 10. April 2005 plötzlich kollabiert, als er einen Schluck Glühwein genommen und dann einen Hustenanfall bekommen habe) und des Radiologen Dr. H. (Computertomographie des Schädels vom 21. Oktober 2003, Kernspintomographie des Schädels vom 3. Juni 2005) vor. Dr. G. ergänzte am 19. September 2005 telefonisch gegenüber der Beklagten, der Kläger wende sich bei jeglichen Problemen medizinischer Art erfahrungsgemäß immer zuerst an ihn. In den letzten Jahren habe er nie über Synkopen geklagt. Sowohl die synkopale Neigung als auch der V. a. eine Epilepsie hätten sich erst 2005 entwickelt. Dr. G. übersandte dann noch weitere Arztberichte, u. a. der Dr. H. vom 22. September 2005 (unter Gabe von Lamotrigin sei der Kläger anfallsfrei geblieben, das EEG habe keine Herdhinweise und keine Hinweise für Epilepsiepotentiale ergeben) und den Heilverfahren-Entlassungsbericht der Rosentrittklinik Bad Rappenau vom 21. März 2002 (u. a. Anamnese: im letzten Jahr sei es nach einem Hustenanfall zu einer Synkope gekommen).

Der Kläger erklärte (telefonisch), er leide seit 2002 an unregelmäßig auftretenden Synkopen, die ein- bis dreimal pro Jahr aufgetreten seien und immer nur wenige Sekunden gedauert hätten. Sie seien zu jeder Tageszeit aufgetreten. Da er damit nur wenige Probleme gehabt habe, habe er keinen Arzt aufgesucht.

Im von der Beklagten veranlassten neurologischen Gutachten vom 28. November 2005 führte Prof. Dr. S. aus, der Kläger gebe an, er sei am 10. April 2005 ohne Vorboten bewusstlos geworden und nach fremdanamnestischen Angaben für Sekunden nicht ansprechbar gewesen. Dabei habe er sich die Lippe aufgeschlagen. Zum Einnässen sei es nicht gekommen. Er habe sich kurze Zeit danach noch benebelt gefühlt. Freunden hätten berichtet, er sei stocksteif gefallen. Am Tag vor dem Ereignis habe er unter Schlafentzug gelitten. In gleicher Weise sei er davor zwei- bis dreimal umgekippt. Am 30. Oktober 2005 sei es zu zwei Ereignissen in Folge innerhalb einer Stunde gekommen. Beim Fernsehen sei er plötzlich nach hinten in den Sessel zurückgesunken und das zweite Mal sei er, als er einen Gegenstand auf dem Wohnzimmertisch habe greifen wollen, kopfüber aus dem Sessel gefallen. Der Gutachter diagnostizierte als unfallabhängig eine Schädelfraktur rechts mit epiduralem Hämatom links und eine symptomatische Epilepsie. Die zwei weiteren Ereignisse vom 30. Oktober 2005 hätten bereits unter der begonnen antikonvulsiven Medikation stattgefunden. 80 bis 90 % aller Krampfanfälle nach einem Schädelhirntrauma (SHT) ereigneten sich in den ersten zwei Jahren. Trotzdem sei bei den jetzigen messbaren EEG-Veränderungen davon auszugehen, dass sich infolge von Vernarbungen durch das stattgehabte SHT eine symptomatische Epilepsie entwickelt habe. Die MdE sei mit dem ersten Ereignis ab 10. April 2005 mit 30 v. H. zu bewerten, wodurch sich unter Berücksichtigung der vorbestehenden MdE um 20 v. H. eine MdE von zunächst 50 v. H. ergebe. Hieran hielt Prof. Dr. S. nach Durchführung eines Langzeit-EKG fest.

Prof. Dr. S. kam in der beratungsärztlichen Stellungnahme vom 10. März 2006 zum Ergebnis, die nach Angaben des Klägers seit 2003 aufgetretenen und im April 2005 erstmals dokumentierten Bewusstseinsstörungen entsprächen nicht epileptischen Anfällen. Es handle sich um Hustensynkopen bei bekannter Kreislauffehlregulation. Die Diagnose eines posttraumatischen Anfallsleidens sei nicht gesichert und auf Grund der mitgeteilten Befunde nicht nachzuvollziehen. Die Schilderung der in Frage kommenden Ereignisse ergebe keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Epilepsie. Es handle sich, wie von kardiologischer Seite nachvollziehbar und zutreffend diagnostiziert, um sogenannte Hustensynkopen, akut einsetzende Kreislauffehlregulationen auf Grund einer abrupten Druckerhöhung im Brustkorbbereich. Als wesentlicher Risikofaktor bestehe insofern eine abnorme Herzschlagregulation mit Ruhepuls bis 144 Schläge pro Minute. Epileptische Anfälle würden dagegen nicht durch Hustenstöße ausgelöst. Nach der Schilderung bestehe auch weder ein primär generalisierter, noch ein sekundär generalisierter Krampfanfall. Auf Grund der unfallbedingt anfangs bestehenden linksseitigen Halbseitenstörung wäre insbesondere an eine "fokale Epilepsie" mit Beginn an der linken Körperhälfte zu denken. Dies habe jedoch nach den vorliegenden Berichten ebenfalls nicht vorgelegen. Dabei sei nicht zu verkennen, dass das EEG nahezu durchgehend teils einen rechts-temporalen Herdbefund aufgezeigt habe, teils auch krampfverdächtige Abläufe, doch genügten letztere Befunde nicht zur Diagnose einer Epilepsie. Hierfür seien klinisch eindeutige Anfallsereignisse erforderlich.

Mit Bescheid vom 20. April 2006 lehnte die Beklagte die Gewährung einer höheren Verletztenrente ab, da eine wesentliche Änderung nicht feststellbar sei.

Dem Widerspruch des Klägers vom 4. Mai 2006 wies die Beklagte nach Einholung eines weiteren Berichtes der Dr. H. vom 14. Juni 2006 (aus nervenärztlicher Sicht handele es sich um eine partiell komplex generalisierte Epilepsie mit Bewusstseinsstörungen und Sturz selbst aus sitzender Position ohne äußere Einflüsse; Anfälle mit Sturzereignis ohne Krämpfe, Zungenbiss und Einnässen schlössen eine Epilepsie nicht aus; vom SHT und dem zeitlichen Abstand sei eine Epilepsie immerhin posttraumatisch möglich) mit Widerspruchsbescheid vom 15. Septem-ber 2006 zurück, da eine unfallbedingte Epilepsie nicht nachgewiesen sei.

Deswegen hat der Kläger am 25. September 2006 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben.

Der Kläger hat im Wesentlichen vorgetragen, er leide unter einem epileptischen Anfallsleiden, das durch den Arbeitsunfall bedingt sei. Infolge dessen sei von einer unfallbedingten MdE um wenigstens 50 v. H. auszugehen. Hierzu hat er sich auf die Äußerungen von Prof. Dr. S. und Dr. H. berufen. Entgegen der Einschätzung von Prof. Dr. S. sei bei den Anfällen vom 10. April und 30. Oktober 2005 kein Hustenanfall vorausgegangen.

Das SG hat die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. K.-M., Praxisnachfolgerin (seit Januar 2007) von Dr. H., schriftlich als sachverständige Zeugin gehört. Sie hat mitgeteilt, nach den Akten habe sich der Kläger zuletzt am 6. Oktober 2006 bei Dr. H. vorgestellt. Danach sei er gemäß den Unterlagen unter der entsprechenden epileptischen Medikation weiterhin anfallsfrei geblieben. Zum EEG von Oktober 2006 hat sie vermerkt: "Alpha-EEG. Kein Seiten- oder Herdhinweis. Keine Krampfpotentiale. Leichte Frequenzlabilität." Sie hat ferner Arztbriefe der Dr. H. vom 14. Juni und 18. Dezember 2006 vorgelegt.

Das SG hat Sachverständigengutachten - von Amts wegen - bei dem Arztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. Dr. W. vom 10. September 2007 und dessen ergänzende Stellungnahme vom 30. Oktober 2008 sowie - auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) - bei Dr. B., Facharzt für Nervenheilkunde und Chefarzt der Abteilung für Epileptologie der Klinik W., vom 5. September 2008 und dessen weitere Stellungnahme vom 19. Mai 2009 eingeholt.

Prof. Dr. Dr. W. hat die Angaben des Klägers bei der Untersuchung referiert, der u. a. angegeben hat, die Ereignisse seien immer so schnell gekommen, dass er nichts gemerkt habe. Es sei ihm nie schwarz vor Augen geworden. Zu Urin- oder Stuhlabgang, Zungenbiss oder Schaum vor dem Mund sei es nie gekommen, anschließenden Muskelkater habe er nie verspürt. Auch fremdanamnestisch seien nie motorische Entäußerungen beobachtet worden. Nach den Anfällen sei er nach Sekunden wieder fit gewesen. Vor dem Unfall 1998 habe er nie irgendwelche Synkopen gehabt. Der Sachverständige hat als Diagnosen postkontusionelles Kopfschmerzsyndrom, leichte hirnorganische Wesensänderung nach offener links-parietaler Schädelfraktur mit epiduralem Hämatom und Contusio cerebri mit kleinem Contre-Coup-Herd rechts sowie fünf Ereignisse unklarer Bewusstlosigkeit in den Jahren 2003 bis 2005, differenzialdiagnostisch cardiale Synkopen oder epileptische Anfälle genannt. Bei der neurologischen Untersuchung hätten sich keine relevanten Auffälligkeiten ergeben. Im EEG habe sich kein sicherer Herdbefund und keine Zeichen erhöhter cerebraler Erregbarkeit gezeigt. Der psychopathologische Befund sei bis auf eine anamnestisch berichtete vermehrte Reizbarkeit unauffällig. In der Testpsychologie hätten sich bis auf eine subjektiv empfundene Beeinträchtigung durch körperliche Beschwerden, die überwiegend auf internistische Erkrankungen zurückzuführen seien, ebenfalls keine Auffälligkeiten ergeben. Bei den zwischen 2003 und 2005 aufgetretenen Synkopen sei es zwar möglich, dass es sich um Anfallsereignisse gehandelt habe, jedoch sei dies nicht hinreichend sicher nachgewiesen. Der Vollbeweis sei nicht erbracht. Für ein Anfallsereignis spreche, dass es zu keinen Vorboten einer klassischen Synkope, wie z. B. schwarzwerden vor Augen gekommen sei und Ereignisse auch im Sitzen aufgetreten seien. Gegen ein Anfallsereignis spreche das Fehlen von Zungenbiss, Urinabgang, Muskelverkrampfungen und einer Reorientierungsphase sowie die Tatsache, dass der Kläger nach übereinstimmenden anamnestischen Angaben bei sämtlichen Ereignissen sehr blass gewesen sei, was eher für eine kardiale Genese spreche. Bei den mehrmals aufgetretenen Synkopen könne es sich um epileptische Anfälle handeln, die Ursache hierfür könne jedoch auch in den multiplen internistischen Erkrankungen des Klägers liegen. Eine hinreichende sichere Zuordnung als epileptischer Anfall oder als kardial bedingte Synkope sei nicht möglich. Ansonsten bedingten die Unfallfolgen, ein postkontusionelles Kopfschmerzsyndrom und eine leichte hirnorganische Wesensänderung, eine MdE um 20 v. H. Eine Epilepsie könne nicht als gesichert angesehen werden.

Dr. B. hat die Angaben des Klägers bei ihm zu den Bewusstseinsstörungen und zur Medikation referiert. Er hat dann weiter ausgeführt, an weiteren Vorerkrankungen bestehe eine Aortenklappenstenose, eine coronare Herzerkrankung, ein insulinpflichtiger Diabetes mellitus, ein allergisches Asthma und ein Schlafapnoesyndrom. Die EEG-Ableitung habe einen okzipitalen Grundrhythmus von 10 Hz gezeigt, der rhythmisch und regelmäßig ausgeprägt gewesen sei und eine gute Reagibilität nach Augenöffnen gezeigt habe. Die fronto-zentrale Grundaktivität im ß-bereich von 25 bis 35 Hz sei ebenfalls kontinuierlich und gut ausgeprägt. Im Wach-EEG habe sich eine Erhöhung der ß-Aktivität links zentro-temporal gezeigt, was auf das bekannte offene Schädel-Hirn-Trauma (SHT) und die anschließende Kraniotomie zu beziehen sei. Epilepsietypische Potentiale oder regionale Verlangsamungen seien nicht aufgetreten. Eine Fotosensibilität bestehe nicht. Die diagnostischen Bewertungen der Bewusstseinsstörungen gingen weit auseinander. Die Annahme von Hustensynkopen basiere auf den Angaben des Klägers zu seinem ersten Anfall, dass er heftiger habe husten müssen. Da es Anfälle mit Bewusstseinsstörungen ohne vorausgehende Hustenattacke gegeben habe, scheide diese Differenzialdiagnose seines Erachtens gänzlich aus. Bei einer kardiogenen Synkope komme es zu einer vorübergehenden Störung der Herzaktion und vorübergehend zu einer verminderten Durchblutung des Gehirns mit daraus resultierender Bewusstseinsstörung. Der Kläger sei offensichtlich seit Jahren herzkrank, wobei gesichert eine Aortenklappenstenose bestehe. Zudem bestünden eine arterielle Hypertonie und erhebliche Gefäßrisikofaktoren mit Adipositas permagna, arterieller Hypertonie und regelmäßigem Nikotinkonsum sowie einer Fettstoffwechselstörung. Vor diesem Hintergrund wären kardiogene Synkopen durchaus denkbar, wobei solche typischerweise nicht zu einer abrupten Bewusstseinsstörung führten, sondern über eine mehr oder weniger lange präsynkopale Phase mit Schwindelgefühl, verschwommen sehen und schwarzwerden vor Augen eingeleitet würden. Zur Frage epileptischer Anfälle sei festzustellen, dass der Kläger eine Hirnverletzung erlitten habe, die als potenziell epileptogene Läsion anzusehen sei. Die fremdanamnestischen Angaben zu den fünf Anfällen seien spärlich. Bei der Untersuchung bei Prof. Dr. S. sei dokumentiert, dass der Kläger wie ein Baum umgefallen sei. Gehe man von der Annahme epileptischer Anfälle aus, wären eine Generierung dieser Anfälle im Bereich der Unfallnarbe und eine Propagation in das sublimentär-sensomotorische Areal denkbar. Diese Hirnregion liege im Frontallappen in der Nähe des Interhemisphärenspaltes. Bei der epileptischen Aktivierung dieser Region komme es zu Anfälle mit motorischen Haltungsschablonen (tonischen Anfällen), die mit und ohne Bewusstseinsstörung auftreten könnten und in der Regel mit einer allenfalls kurzen Reorientierungszeit einher gingen. Bei diesen Anfällen komme es dann zu einer Anspannung von Armen und Beinen. Bei entsprechender heftiger Ausprägung und fehlender Gleichgewichtskontrolle stürzen die Patienten steif wie ein Baum zu Boden. Damit ergebe sich eine plausible und in sich schlüssige Hypothese für eine epileptische Ursache der berichteten Bewusstseinsverluste. Gestützt werde diese Diagnose durch einen am 25. November 2005 erhobenen EEG-Befund, in dem eine linksparieto-okzipital erhöhte Krampfbereitschaft dokumentiert sei. Dass die weiteren EEG-Untersuchungen ohne Nachweis epilepsietypischer Potenziale verlaufen seien, sei nicht ungewöhnlich und werde bei vielen Patienten, selbst bei Patienten mit häufigen Anfällen, immer wieder beobachtet. Untermauert werde die Annahme einer Epilepsie zudem durch den Behandlungserfolg mit der medikamentösen antikonvulsiven Behandlung. Vor dem Hintergrund der verfügbaren anamnestischen Angaben und der den Unterlagen zu entnehmenden Befunde sei eine fokuale Epilepsie mit komplex-fokalen Anfällen zu diagnostizieren. Die Unfallverletzung sei mit Wahrscheinlichkeit als Epilepsieursache anzusehen. Im April 2005 sei die Epilepsie mit einer MdE um 40 v. H. zu bewerten. Ab November 2008 sei nach dreijähriger Anfallsfreiheit mit weiter notwendiger antikonvulsiver Behandlung eine MdE um 20 v. H. anzunehmen. Für das postkontusionelle Schmerzsyndrom sei bereits eine MdE um 20 v. H. festgesetzt. Da es sich um zwei in ihrem Beeinträchtigungsprofil nur teilweise überlappende Unfallfolgen handle, gehe er für die Zeit vom 1. April bis 31. Oktober 2008 von einer MdE um 50 v. H. aus und ab 1. November 2008 von einer MdE um 30 v. H.

Prof. Dr. Dr. W. hat in seiner ergänzenden Stellungnahme ausgeführt, das Auftreten epileptischer Krampfanfälle sei durchaus möglich, doch sehe er derartige Anfälle in Abgrenzung zu synkopalen Anfällen nicht als im "Vollbeweis" gesichert an. Soweit Dr. B. die Diagnose durch den pathologischen EEG-Befund November 2005, in welchem eine linksparieto-okzipital erhöhte Krampfbereitschaft in der Region der Unfallschädigung dokumentiert sei, trotz Fehlens typischer Symptome wie Muskelverkrampfungen, Zungenbiss und Urinabgang, sowie sofortiger Reorientierung gesichert, weil es sich um Anfälle des Frontallappens handle, die typischerweise nicht mit Zuckungen und allenfalls mit einer kurzen Reorientierungszeit einher gingen und durch den Behandlungserfolg der medikamentösen antikonvulsiven Behandlung für untermauert ansehe, könne er gleichwohl ein epileptisches Anfallsgeschehen nicht als bewiesen ansehen, zumal sich Dr. B. ansonsten lediglich noch auf das fragliche Sistieren der Anfälle unter Lamotrigin-Therapie stütze. Es sei schon nicht klar erkennbar, wo die für das Anfallsgeschehen verantwortlich zu machende Hirnläsion sitze. Aus den Befunden ergäben sich wechselnde Lokalisationen. Immerhin bestehe Übereinstimmung, dass linksseitig durch osteoklastische Schädeltrepanation ein epidurales Hämatom entfernt worden sei. Eine schwerwiegende bleibende Hirnläsion könne jedoch kaum vorgelegen habe, nachdem das auch von Dr. B. zitierte kraniale Kernspintomogramm vom September 1998 drei Monate nach dem Unfall bezüglich der Hirnstrukturen einen völlig unauffälligen Befund gezeigt habe. Während Dr. B. die Lokalisation der Anfälle dem Frontallappen in der Nähe des Interhemishärenspaltes zuordne, habe gemäß den Befunden der Klinik Göppingen die gesicherte Lokalisation der Hirnschädigung nicht frontal, sondern entweder temporal oder parietal gelegen. Auch hätten lediglich einmal in einem EEG vom November 2005 Zeichen einer erhöhten cerebralen Krampfbereitschaft vorgelegen. Weitere sechs EEG-Ableitungen hätten keinen entsprechenden Befund ergeben. Gemäß Dr. B. habe bei der EEG-Ableitung im November 2005 eine erhöhte Krampfbereitschaft links parieto-okzipital vorgelegen. Wenn nun aber ein Krampfherd, der ohnehin nicht da lokalisiert sei, wo die Hirnschädigung dokumentiert sei, vom hinteren Teil des Gehirns nach vorne wandere, sei dies zwar möglich, würde aber eine ganze Reihe weiterer Regionen betreffen und ließe weitere Begleitsymptome erwarten. Wenn das Frontalhirn als Anfallsfokus eher unwahrscheinlich sei, sei erneut die Frage zu stellen, ob dann wenigstens die Symptome so eindeutig seien, dass sie unzweifelhaft auf Anfallsgeschehen hinwiesen. Hauptargument für ein Anfallsgeschehen sei das Fehlen von Prodromalsymptomen (Vorsymptomen, Vorzeichen), wie Schwitzen, schwarz werden vor den Augen oder Schwindelsymptome. Bei nicht epileptogenen Anfällen sei bekannt, dass derartige Symptome bei diesen zwar typisch seien, jedoch nicht in jedem Fall tatsächlich auftreten. Bei schlechten Durchblutungsverhältnissen im hinteren Hirnkreislauf könnten Synkopen auch nahezu schlagartig auftreten. Auch wenn die Ereignisse sowohl im Stehen als auch im Sitzen aufgetreten seien, spreche dies zwar gegen eine orthostatische Synkope, nicht jedoch gegen eine Synkope z. B. auf Grund eines plötzlichen Aussetzens des Herzschlags. Hier seien kardiovaskuläre Risikofaktoren beim Kläger in ausgeprägtem Umfang vorhanden. So sei ein Ruhepuls von bis zu 144/min dokumentiert. Die Anfallsfreiheit unter antikonvulsiver Behandlung stelle zwar ein Argument für einen epileptischen Anfall dar, allerdings habe der Kläger im Oktober 2005 nach seinen Angaben nochmals zwei Anfälle gehabt, obwohl er schon die volle Dosis erhalten habe.

Dr. B. hat an seiner Einschätzung in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme festgehalten, allerdings eingeräumt, dass sich, wie von Prof. Dr. Dr. W. vermerkt, die Beweisführung "auf relativ dünnem Eis" bewege. Die Basis der objektivierbaren Befunde sei zwar schmal, doch handle es sich hierbei um ein generelles Problem der Epileptologie. Menschen mit Epilepsie könnten außerhalb von epileptischen Anfällen gänzlich unauffällige Befunde auch im EEG zeigen. Soweit Prof. Dr. Dr. W. einen Widerspruch in der Annahme einer Anfallsent-stehung im Frontallappen in der Nähe des Interhemisphärenspaltes und der Lokalisation der Unfallfolge sehe, könne er dies nicht nachvollziehen. Bei fokalen Epilepsien unterscheide man im Konzept der Entstehung zwischen eine epileptogenen Zone und einer symptomatogenen Zone, die sich überlappen könnten, nicht jedoch deckungsgleich sein müssten. Fokale Anfälle, die im Parietallappen entstünden, blieben in der initialen Phase der Anfallsentstehung nicht selten ohne Symptome. Bei fokalen Anfällen werde ein Anfall erst symptomatisch, wenn er zu einer Propagation der epileptischen Aktivität führe bzw. es zu der epileptischen Aktivität in anderen Hirnregionen gekommen sei. Somit gebe es aus seiner Sicht aus den anamnestischen Angaben und den vorliegenden Befunden ein in sich schlüssiges Konzept zur Annahme einer symptomatischen fokalen Epilepsie.

Das SG die Klage mit Urteil vom 12. Oktober 2009 abgewiesen. Die - näher dargelegten - Voraussetzungen für die Feststellung einer symptomatischen Epilepsie als Unfallfolge und die Gewährung höherer Verletztenrente seien nicht erfüllt. Der Vollbeweis, dass es sich um epileptische Anfälle handle, sei nicht erbracht. nach dem Ergebnis der Ermittlungen und der vorliegenden gutachterlichen Äußerungen bestehe lediglich die Möglichkeit, dass beim Kläger eine symptomatische Epilepsie vorliege. Der Kläger habe fast sechs Jahre nach dem Unfall am 8. Juni 2004 bei Dr. H. angegeben, er habe keine Krampfanfälle. Der von Prof. Dr. S. erhobene Befund und die durchgeführten EEG begründeten lediglich die Möglichkeit des Vorliegens einer symptomatischen Epilepsie. Auch aus der Aussage der Dr. H. ergebe sich nichts, was den Vollbeweis einer Epilepsie erbringe. Soweit sie zutreffend darauf hinweise, eine Epilepsie könne auch bei bestehendem zeitlichen Abstand auf eine Unfallschädigung zurückgeführt werden, handle es sich lediglich um eine Möglichkeit, nicht aber den Vollbeweis. Die Ausführungen des Prof. Dr. Dr. W. ließen im Übrigen das Vorliegen und die Annahme einer Epilepsie mehr als zweifelhaft erscheinen. Dies ergebe sich sowohl unter Berücksichtigung der vorliegenden Befunde, als auch der geschilderten Abläufe, weswegen eine Epilepsie nicht feststellbar sei. Dr. B. habe in seiner ergänzenden Stellungnahme selbst ausgeführt, dass die Basis objektivierbarer Befunde schmelze und sich die Beweiswürdigung "auf relativ dünnem Eis" bewege. Seine Beurteilung liege deshalb beinahe schon in der Nähe der Spekulation. Letztlich sei das Vorliegen einer Epilepsie zwar durchaus möglich, doch genüge die Möglichkeit nicht, da hier der Vollbeweis erforderlich sei.

Gegen das am 6. November 2009 zugestellte Urteil hat der Kläger am Montag, den 7. Dezember 2009 Berufung eingelegt. Der Vollbeweis des Vorliegens einer Epilepsie sei erbracht. auch Dr. H. habe diese Auffassung vertreten. Dies werde schließlich durch das Gutachten von Prof. Dr. S. gestützt und die Tatsache, dass unter medikamentöser Behandlung keine Anfälle mehr aufgetreten seien. Im Übrigen sei auch durch das Gutachten von Dr. B. nachgewiesen, dass eine Epilepsie vorliege. Prof. Dr. Dr. W. habe allein wegen der medikamentösen Behandlung keine für eine Epilepsie relevante Auffälligkeiten mehr finden können. Er habe auch das Gutachten von Dr. B. nicht widerlegen können.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 12. Oktober 2009 aufzuheben sowie unter Aufhebung des Bescheids vom 20. April 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. September 2006 festzustellen, dass bei ihm eine symptomatische Epilepsie als weitere Unfallfolge vorliegt und die Beklagte ferner zu verurteilen, ihm Verletztenrente nach einer MdE um wenigstens 50 v.H. zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt im Wesentlichen vor, der Vollbeweis des Vorliegens einer Epilepsie sei nicht erbracht. Damit erübrige sich auch eine weitere Diskussion zur Unfallkausalität. Der Kläger habe somit auch keinen Anspruch auf Erhöhung der Verletztenrente wegen der geltend gemachten weiteren Unfallfolgen.

Der Berichterstatter hat die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hingewiesen und Gelegenheit zur Äußerung gegeben.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 SGG zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der geltend gemachten symptomatischen Epilepsie als weitere Unfallfolge sowie auf Gewährung von höherer Verletztenrente, denn eine weitere Unfallfolge liegt nicht vor bzw. ist nicht hinzugetreten und führt deshalb auch nicht zu einer höheren unfallbedingten MdE und zu einer höheren Verletztenrente.

Die Unfallfolgen und die Höhe der unfallbedingten MdE wurde letztmals mit Bescheid vom 23. Mai 2002 bindend festgestellt.

Soweit der Kläger eine Verschlimmerung durch Hinzutreten einer symptomatischen Epilepsie und damit verbunden einer höheren MdE geltend macht, ist sein Begehren unbegründet.

Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine solche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen ist nach Erlass des Bescheids vom 23. Mai 2002 nicht eingetreten, insbesondere ist keine weitere Unfallfolge in Form einer symptomatischen Epilepsie hinzugekommen und bedingen die Unfallfolgen dadurch auch keine höhere MdE.

Voraussetzung für die Berücksichtigung einer Gesundheitsstörung bzw. Funktionseinschränkung bei der Bemessung der MdE ist u. a. ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis bzw. dem dadurch eingetretenen Gesundheitserstschaden und der fortdauernden Gesundheitsstörung (sog. haftungsausfüllende Kausalität). Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen - neben der versicherten Tätigkeit - der Gesundheitserstschaden und die eingetretenen fortdauernden Gesundheitsstörungen gehören, mit einem der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit erwiesen sein. Für die Bejahung eines ursächlichen Zusammenhanges zwischen dem Gesundheitserstschaden und den fortdauernden Gesundheitsstörungen gilt in der gesetzlichen Unfallversicherung die Kausalitätstheorie der "wesentlichen Bedingung". Diese hat zur Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie. In einem ersten Schritt ist zu prüfen, ob das Ereignis nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Auf Grund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachen für einen Erfolg ist für die praktische Rechtsanwendung in einer zweiten Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zugerechnet wird, und anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen. Nach der Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens abgeleitet werden (vgl. die zusammenfassende Darstellung der Kausalitätstheorie der wesentlichen Bedingung im Urteil des BSG vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 = BSGE 96, 196-209 und JURIS).

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls (Arbeitsunfall, der hier am 8. Januar 2001 eingetreten ist) über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, haben nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nach § 56 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern.

Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperli¬chen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2004, B 2 U 14/03 R in SozR 4-2700 § 56 Nr. 1): Den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermö¬gens und dem Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern vielmehr der Funktionsverlust un¬ter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche Meinungsäuße¬rungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit aus¬wirken, haben keine verbindliche Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unent¬behrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem soweit sie sich dar¬auf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletz¬ten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswir-kungen bestimmter körperlicher und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtli¬chen und versicherungsmedizinischen Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.

Gemessen an den vorstehenden Voraussetzungen hat das Begehren des Klägers keinen Erfolg. Es ist schon nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellbar, dass beim Kläger eine symptomatische Epilepsie vorliegt.

Das SG hat in den Gründen des angefochtenen Urteils zutreffend die Voraussetzungen für den erforderlichen Nachweis einer Erkrankung, hier einer symptomatischen Epilepsie, dargelegt und ebenso zutreffend ausgeführt, dass diese Erkrankung nicht im Vollbeweis nachgewiesen ist. Der Senat schließt sich dem nach eigener Überprüfung und unter Berücksichtigung sämtlicher gutachterlicher und ärztlicher Äußerung sowie des Vorbringens der Beteiligten im Berufungsverfahren uneingeschränkt an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung insofern zurück.

Ergänzend ist anzumerken, dass hier nach übereinstimmender Auffassung auch der Sachverständigen grundsätzlich verschiedene Ursachen für die Bewusstseinsstörungen in Betracht kommen (vgl. u. a. Prof. Dr. Dr. W., Prof. Dr. S. und Dr. B.). Zum einen kann es sich um Hustensynkopen handeln, bei denen durch das Husten ein erhöhter intrathorakaler Druck ausgelöst wird, der den venösen Rückstrom des Blutes zum Herz behindert und damit über eine Verminderung der Durchblutung des Gehirns zu einer kurzfristigen Bewusstseinsstörung führt. Bei einer kardiogenen Synkope ist der Mechanismus in einer vorübergehenden Störung der Herzaktion, z. B. im Rahmen einer Herzrhythmusstörung zu suchen, bei der es vorübergehend zu einer verminderten Durchblutung des Gehirns mit daraus resultierender Bewusstseinsstörung kommt. Weiter kommt das Vorliegen einer - hier vom Kläger geltend gemachten - Epilepsie in Betracht.

Prof. Dr. Dr. W. hat hier erhebliche Umstände dargelegt, die Zweifel am Vorliegen einer fokalen Epilepsie begründen. Selbst der auf Antrag des Klägers gehörte Dr. B. hat bestätigt, dass sich seine Argumentation für die Annahme einer fokalen Epilepsie auf "sehr dünnem Eis" bewegt. So hat Prof. Dr. Dr. W. zutreffend und überzeugend dargelegt, dass trotz des (auch nach Auffassung von Dr. B. einmaligen) pathologischen EEG-Befundes vom November 2005 bei Fehlen typischer Symptome wie Muskelverkrampfungen, Zungenbiss und Urinabgang, sowie sofortiger Reorientierung ein epileptisches Anfallgeschehen nicht bewiesen ist. Wie er für den Senat nachvollziehbar dargelegt hat, ist schon nicht klar erkennbar, wo die für das Anfallsgeschehen verantwortlich zu machende Hirnläsion sitzen soll. Aus den Befunden ergeben sich wechselnde Lokalisationen. Es besteht zwar Übereinstimmung, dass linksseitig durch die osteoklastische Schädeltrepanation ein epidurales Hämatom entfernt worden ist. Eine schwerwiegende bleibende Hirnläsion lag jedoch nicht vor, nachdem das auch von Dr. B. zitierte kraniale Kernspintomogramm vom September 1998 drei Monate nach dem Unfall bezüglich der Hirnstrukturen einen völlig unauffälligen Befund gezeigt hat. Während Dr. B. die Lokalisation der Anfälle dem Frontallappen in der Nähe des Interhemishärenspaltes zuordnet und deswegen das Fehlen von Muskelverkrampfungen sowie einer Orientierungsphase als einer Epilepsie nicht entgegenstehend erachtet, hat - so Prof. Dr. Dr. W. - gemäß den Befunden der Klinik Göppingen die gesicherte Lokalisation der Hirnschädigung nicht frontal, sondern entweder temporal oder parietal gelegen. Ferner haben weitere sechs EEG-Ableitungen keinen entsprechenden Befund ergeben.

Soweit von Dr. B. als Argument für ein Anfallsgeschehen das Fehlen von Prodromalsymptomen (Vorsymptomen, Vorzeichen), wie Schwitzen, schwarz werden vor den Augen oder Schwindelsymptome hervorgehoben wird, ist - so Prof. Dr. Dr. W. - bei nicht epileptogenen Anfällen bekannt, dass derartige Symptome bei diesen zwar typisch sind, jedoch nicht in jedem Fall tatsächlich auftreten. Andererseits können bei schlechten Durchblutungsverhältnissen im hinteren Hirnkreislauf Synkopen auch nahezu schlagartig auftreten. Auch wenn die Ereignisse sowohl im Stehen als auch im Sitzen aufgetreten sind, spricht dies zwar gegen eine orthostatische Synkope, nicht jedoch gegen eine Synkope z. B. auf Grund eines plötzlichen Aussetzens des Herzschlags. Hier sind kardiovaskuläre Risikofaktoren beim Kläger in ausgeprägtem Umfang vorhanden. So ist ein Ruhepuls von bis zu 144/min dokumentiert. Der Kläger ist - wie auch Dr. B. einräumt und es sich aus den vorliegenden ärztlichen Äußerungen ergibt, seit Jahren herzkrank, wobei gesichert eine Aortenklappenstenose besteht. Zudem bestehen eine arterielle Hypertonie und erhebliche Gefäßrisikofaktoren mit Adipositas permagna, arterieller Hypertonie und regelmäßigem Nikotinkonsum sowie einer Fettstoffwechselstörung. Vor diesem Hintergrund sind kardiogene Synkopen infolge einer Herzrhythmusstörung mindestens genauso möglich wie eine epileptische Ursache. Für die Auffassung Prof. Dr. Dr. W. spricht auch, dass Prof. Dr. S. in seinem Gutachten von 1999 bereits von einer lageabhängigen Schwindelsymptomatik im Rahmen einer Störung der Kreislaufregulation ausgegangen ist, die er als unfallunabhängig bewertet hat.

Die Anfallsfreiheit unter antikonvulsiver Behandlung stellt zwar ein Argument für einen epileptischen Anfall dar, allerdings hatte der Kläger zum einen im Oktober 2005 nach seinen Angaben nochmals zwei Anfälle, obwohl er schon die volle Dosis erhielt, so Prof. Dr. Dr. W ... Andererseits stellt eine Anfallsfreiheit unter antikonvulsiver Behandlung keinen zwingenden Beweis für das Vorliegen einer Epilepsie dar.

Soweit demgegenüber Dr. B. darauf verweist, dass der einmalige EEG-Befund aus dem Jahr 2005, anamnestische Angaben ("gefallen wie ein Baum") und Anfallsfreiheit unter medikamentöser Therapie eine Epilepsie schlüssig erscheinen ließen, rechtfertigt dies allein - die auch von Prof. Dr. Dr. W. eingeräumte - Möglichkeit des Vorliegens dieser Erkrankung, ist jedoch nicht geeignet, den erforderlichen Vollbeweis zu erbringen, zumal Dr. B. selbst einräumt, dass sich seine Beweiswürdigung "auf relativ dünnem Eis" bewegt.

Im Übrigen hat der Kläger gemäß seinen Angaben zum Hergang des Unfalles vom 25. Juni 1998 bei diesem Ereignis "aus unbekannten Gründen das Bewusstsein" verloren und ist infolge dessen mit seinem Fahrzeug erst gegen die Leitplanke geprallt. Dies spricht zusätzlich für eine vom SHT unabhängige Genese der nach dem Unfall aufgetretenen Störungen und gegen eine (durch das SHT bedingte) Epilepsie. Der Bewusstseinsverlust, der zu dem Unfallereignis führte, kann auch naturgemäß nicht auf das nach ihm eingetretene SHT zurückgeführt werden.

Weil somit erhebliche Zweifel für die Annahme, dass eine symptomatische Epilepsie besteht, verbleiben, fehlt es schon am Nachweis dieser Erkrankung im Sinne des Vollbeweises, sodass ihre Feststellung als Unfallfolge nicht möglich ist.

Da aus den genannten Gründen weitere Unfallfolgen nicht hinzugetreten und festzustellen sind, hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Gewährung von höherer Verletztenrente. Die Einschätzung der unfallbedingten MdE in den Vorgutachten, die zum Bescheid vom 23. Mai 2002 geführt haben, sind schlüssig und nachvollziehbar. Eine danach eingetretene Verschlimmerung und daraus resultierende höhere MdE ist gleichfalls nicht feststellbar, sodass der Kläger auch keinen Anspruch auf Gewährung höherer Verletztenrente hat.

Aus den vorstehenden Gründen weist der Senat die Berufung zurück. Hierauf und auf § 193 SGG beruht die Kostenentscheidung.

Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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