L 11 KR 2769/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 4987/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 2769/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Geschäftsführer einer GmbH, der auch Gesellschafter ist, aber weder über eine Kapitalmehrheit noch über eine Sperrminorität verfügt, steht dennoch nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur GmbH, wenn er als Einziger über ein spezielles Fachwissen verfügt, von dem die GmbH wirtschaftlich abhängig ist.
Auf die Berufung des Klägers werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 07.06.2011 und der Bescheid der Beklagten vom 02.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2008 abgeändert.

Es wird festgestellt, dass der Kläger vom 01.04.2005 bis 31.08.2010 aufgrund seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) nicht der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung und vom 01.01.2006 bis 31.08.2010 auch nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlag.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Rechtszüge zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger in der Zeit vom 01.04.2005 bis 31.08.2010 bei der Beigeladenen zu 1) sozialversicherungspflichtig beschäftigt war.

Der 1957 geborene Kläger, der bei der A. Krankenversicherung krankenversichert ist und dessen letzte gesetzliche Krankenversicherung bei der Beklagten bestand, ist studierter Forstwirt. Im November 1984 erwarb er aufgrund seines Studiums der Forstwissenschaft an der Universität F. den akademischen Grad eines Diplom-Forstwirts (Prüfungszeugnis vom 13.11.1984). Er ist nach eigenen Angaben seit Juli 1985 bei der Beigeladenen zu 1) als Arbeitnehmer beschäftigt gewesen. Gegenstand des Unternehmens der Beigeladenen zu 1) ist die Herstellung und der Vertrieb von Furnieren und Furnierkanten, sowie deren Import und Export. Sie wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 08.02.1982 mit Wirkung zum 15.03.1982 gegründet. Persönlich haftende Gesellschafter waren Herr H. Sch. und Herr A. G. der Vater des Klägers (Handelsregisterauszug des Amtsgerichts K, Blatt 1 HRB 103479). Später erwarb der Bruder des Klägers, Herr R. G. Gesellschaftsanteile. Gemäß dem geänderten Gesellschaftsvertrag vom 12.06.1995 werden Beschlüsse der Gesellschafter in Gesellschafterversammlungen mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst, soweit nicht zwingende gesetzliche Vorschriften oder der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmen (§ 9 Nr 1 Satz 1). Die Anzahl der Stimmen des einzelnen Gesellschafters richtet sich dabei nach der Höhe des Gesellschaftsanteils. Die Änderung des Gesellschaftsvertrages sowie die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern bedarf der Zustimmung von 75 % der abgegebenen Stimmen (§ 9 Nr 3). Darüber hinaus zählt § 9 Nr 5 Handlungen der Geschäftsführung auf, die zuvor eines Beschlusses der Gesellschafterversammlung bedürfen (ua Erwerb, Veräußerung und Belastung von Grundstücken, Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern sowie die Aufnahme von Bankkrediten oder sonstigen langfristigen Darlehen, soweit es sich um Beträge im Einzelfall von mehr als "DM 100.000,00" handelt). In diesem Zusammenhang wurde geregelt, dass die Geschäftsführer H. Sch., R. G. und F. K. bei der Aufnahme der genannten Bankkredite bzw langfristigen Darlehen stets unabhängig von einem Gesellschafterbeschluss sind, soweit es sich um kurzfristige Wechsel mit einer Laufzeit von nicht mehr als 90 Tagen handelt. Die genannten Geschäftsführer konnten auch nicht aus dem Amt des Geschäftsführers abberufen werden (§ 7 Nr 5).

Die Beigeladene zu 1) hat ihren Geschäftsbetrieb und die Betriebsgrundstücke von der Holzkontor Sch. und G. GmbH & Co KG seit ihrer Gründung im Jahr 1982 gepachtet. Gesellschafter der genannten KG waren die Sch. und G. Verwaltungs GmbH (Komplementär, Anteil 0,5 %), R. G. (Kommanditist, Anteil 22,35 %), der Kläger (Kommanditist, Anteil 19,9 %), P. Sch. (Kommanditist, Anteil 28,62 %) und M. Sch. (Kommanditist, Anteil 28,62 %).

Im März 2003 wurde dem Kläger Einzelprokura erteilt. Ab diesem Zeitpunkt war er auch allein zuständig für den Rundholzeinkauf. Seine Stammeinlage bei der Beigeladenen zu 1) betrug 16 %. Zum 31.12.2004 hat der Kläger der Beigeladenen zu 1) ein Darlehen in Höhe von 601.066,72 EUR gewährt.

Mit Wirkung zum 01.01.2006 (Eintrag im Handelsregister am 28.12.2005, vgl Handelsregisterauszug des Amtsgerichts Karlsruhe Bl 2 HRB 103479) wurde der Kläger zusammen mit Herrn Ra. L.-L. zum Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) bestimmt. Im Anstellungsvertrag zwischen der Beigeladenen zu 1) und dem Kläger vom 02.01.2006 wurde vereinbart, dass der Kläger als einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) befreit ist (§ 2 Nr 1). Er erhält als Geschäftsführer ein monatliches Gehalt von brutto 9.500,00 EUR sowie ein 13. Monatsgehalt (§ 3 Nr 1). Des Weiteren hat er Anspruch auf eine Tantieme in Höhe von 2,5 % des Jahresüberschusses der Beigeladenen zu 1) (§ 3 Nr 2). Zusätzlich werden die gesetzlichen Arbeitgeberbeiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung bezahlt, auch wenn der Geschäftsführer nicht pflichtversichert ist (§ 3 Nr 3). Des Weiteren wurde eine Gehaltsfortzahlung im Falle einer Krankheit (sechs Monate; § 4 Nr 1) und ein Urlaubsanspruch in Höhe von 30 Arbeitstagen (§ 8) vereinbart. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Anstellungsvertrags wird auf Bl 10 bis 12 der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Die Entwicklung der Gesellschafteranteile und der Gesellschafterdarlehen ergibt sich aus folgender Übersicht:

Zur Geschäftsführerbestellung R. G. und Prokura an R. L.-L., Juli 1995: Tätigkeit Vertretungs befugnis § 181 BGB befreit Stammeinlage Anteil in %

R. G. Geschäftsführer alleine ja 370.000,00 18,50% F. K. Geschäftsführer alleine ja 287.500,00 14,38% Kläger Rundholzeinkauf 320.000,00 16,00% P. Sch. nicht mitarbeitend 431.300,00 21,57% M. Sch. nicht mitarbeitend 431.200,00 21,56% R. L.-L. Prokurist Einzelprokura 160.000,00 8,00% 2.000.000,00 100,00%

Zur Prokura für den Kläger, März 2003: Tätigkeit Vertretungs befugnis § 181BGB befreit Stammeinlage Anteil in %

R. G. Geschäftsführer alleine ja 370.000,00 18,50% F. K. Geschäftsführer alleine ja 287.500,00 14,38% Kläger Prokurist Einzelprokura - 320.000,00 16,00% P. Sch. Export-Management 431.300,00 21,57% M. Sch. nicht mitarbeitend 431.200,00 21,56% R. L.-L. Prokurist Einzelprokura - 160.000,00 8,00% 2.000.000,00 100,00%

Zur Geschäftsführerbestellung Kläger und R. L.-L., Dezember 2005: Zur

Tätigkeit Vertretungs befuqnis § 181BGB befreit Stammeinlage Anteil in %

R. G. Geschäftsführer alleine ja 370.000,00 18,50% Kläger Geschäftsführer alleine ja 420.000,00 21,00% P. Sch. Export Management - - - 531.300,00 26,57% M. Sch. nicht mitarbeitend - - 431.200,00 21,56% R. L.-L. Geschäftsführer alleine ja 247.500,00 12,38% 2.000.000,00 100,00%

Darlehen der Gesellschafter an die GmbH: 31.12.04 31.12.05 31.12.06 R. G. 846.611,69 1.481.611,69 1.481.611,69 Kläger 601.666,72 823.816,72 823.816,72 P. Sch. 1.050.000,00 1.444.150,00 1.444.150,00 M. Sch. 906.034,47 1.616.034,47 1.616.034,47 R. L.-L. 51.129,19 15.000,00 3.455.442,07 5.380.612,88 5.365.612,88

Mit Vertrag vom 07.12.2007 brachte Herr R. G. die von ihm an der Beigeladenen zu 1) gehaltenen Anteile von 18,5 % in die R. G. Beteiligungs-GmbH & Co KG ein. Einzelvertretungsberechtigter Geschäftsführer der R. G. B.-GmbH & Co KG ist der Kläger. Daraus ergibt sich aktuell folgendes Beteiligungsergebnis an der Beigeladenen zu 1): P. Sch. 35 %, R. G. Beteiligungs-GmbH & Co KG 18,5 %, Kläger 21 %, R. L.-L. 15,5 % und S Gö. 10 %.

Am 20.11.2007 beantragte der Kläger zusammen mit der Beigeladenen zu 1) bei der Beklagten die Feststellung der Sozialversicherungsfreiheit. Im Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status gaben der Kläger und die Beigeladene zu 1) an, die Tätigkeit solle ab März 2003 geprüft werden. Aktuell verfüge der Kläger über eine Stammeinlage von 21 %. Er habe keine regelmäßige Arbeits- oder Anwesenheitszeiten einzuhalten und ihm würden auch keine Weisungen hinsichtlich der Ausführung (Art und Weise) der Tätigkeit erteilt werden. Ohne seine Zustimmung könne die Beigeladene zu 1) auch nicht sein Einsatzgebiet verändern. Die Einstellung von Vertretern bzw Hilfskräften sei auch nicht von der Zustimmung der Beigeladenen zu 1) abhängig. Er sei vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 BGB befreit und die tatsächliche wöchentliche Arbeitszeit betrage zwischen 50 bis 60 Stunden. Einem Direktions- bzw Weisungsrecht bezüglich Zeit, Ort und Art der Beschäftigung unterliege er nicht. Er könne seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) frei bestimmen und gestalten. Auch müsse er sich nicht seinen Urlaub genehmigen lassen. Von der Vergütung werde Lohnsteuer entrichtet und die Verbuchung erfolge als Lohn/Gehalt. Er sei am Gewinn beteiligt und erhalte zudem Tantiemen in Höhe von 2,5 %. Ein Beitragsbescheid sei in der Vergangenheit von einem Versicherungsträger über die Versicherungspflicht nicht erlassen worden. Der weitere Geschäftsführer und Gesellschafter R. G. bestätigte die Richtigkeit dieser Angaben.

Mit Schreiben vom 17.01.2008 wandte sich die Beklagte an die Beigeladene zu 4) zwecks Abstimmung der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung. Aufgrund der Bestellung zum Geschäftsführer zum 01.01.2006 sei davon auszugehen, dass der Kläger ab diesem Zeitpunkt selbstständig tätig sei. Zwar liege eine Kapitalmehrheit oder Sperrminorität nicht vor. Entscheidend sei jedoch das Gesamtbild der Tätigkeit. Der Kläger wirke wesentlich an der Geschäftsführung mit und sei damit nicht mehr als Arbeitnehmer anzusehen. Mit Schreiben vom 04.04.2008 teilte die Beigeladene zu 4) der Beklagten mit, sie teile diese Auffassung nicht. Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger wesentlichen Einfluss auf die Entscheidungen der Beigeladenen zu 1) ausüben könne, lägen nicht vor. Auch die übrigen Gesellschaftergeschäftsführer stünden in einem abhängigen sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Mit Bescheid vom 02.05.2008 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Er könne aufgrund seiner Beteiligung von 21 % keinen wesentlichen Einfluss auf die Entscheidungen der Beigeladenen zu 1) ausüben. Für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spreche auch, dass der Kläger für seine Tätigkeit ein festes regelmäßiges Gehalt erhalte, das unabhängig von der Ertragslage des Unternehmens gezahlt werde, und dass er einen Anspruch auf Fortzahlung des Gehalts bei Arbeitsunfähigkeit habe. Schließlich sei auch der Anstellungsvertrag zum Schluss eines Kalenderjahres mit einer Frist von sechs Monaten kündbar. Die Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung als Angestellter und die Beiträge zur Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung würden deshalb zu Recht bezahlt werden.

Hiergegen legte der Kläger am 03.06.2008 Widerspruch ein. Aufgrund seiner Beteiligung von 21 % bestehe ein Unternehmerrisiko. Zu beachten sei auch, dass er der Beigeladenen zu 1) ein Darlehen über 823.816,72 EUR gewährt habe und mithin in erheblichem Maße an dem Erfolg des Unternehmens interessiert sei. Er erhalte zudem nur eine geringe Grundvergütung. Die Beigeladene zu 1) erziele seit 1993 durchschnittlich einen Jahresüberschuss nach Steuern von ca 900.000,00 EUR. Diese Überschüsse würden regelmäßig an die Gesellschafter ausgeschüttet und seien damit das Ergebnis des unternehmerischen Erfolgs und auch höher als die laufenden festen Bezüge. Darüber hinaus habe die Beklagte nicht berücksichtigt, dass er gleichzeitig Gesellschafter der Holzkontor Sch. & Co GmbH & Co KG sei, welche den Betrieb an die Beigeladene zu 1) verpachtet habe und hieraus einen Jahresumsatz von knapp 600.000,00 EUR erziele. Auch habe er als Geschäftsführer maßgebenden Einfluss auf die Gesellschaft. Unabhängig von seiner Kapitalbeteiligung verfüge nur er über die für die Gesellschaft notwendigen Branchenkenntnisse. Das entsprechende "Einkaufs-Knowhow" liege allein bei ihm. Innerhalb der Beigeladenen zu 1) übe er seine Tätigkeit vollständig frei und unabhängig von den anderen Gesellschaftern und Geschäftsführern aus. Zu keiner Zeit hätten Restriktionen bezüglich Ort, Zeit, Umfang und Dauer seiner Tätigkeit bestanden. Da er überwiegend in den USA, Europa und Asien unterwegs sei, könne er schon rein faktisch im Hinblick auf den Einkauf keiner Weisungsbefugnis der Beigeladenen zu 1) unterliegen. Als Forstwirt verfüge er allein über die Kenntnisse für den Einkauf der Hölzer. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2008 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund seiner Kapitalanteile trage der Kläger letztlich kein entscheidendes Unternehmerrisiko. Dies werde auch nicht durch das Darlehen bewirkt. Denn damit trage er kein Risiko als Unternehmer sondern als Darlehensgeber. Der Kläger habe mithin keine Möglichkeit, einen entscheidenden Einfluss auf die Beigeladene zu 1) zu nehmen. Er könne damit auch nicht ihm unangenehme Beschlüsse verhindern. Auch seien die Gebrüder G. als Minderheitsgesellschafter nicht verpflichtet gewesen, sich immer und unter allen Umständen gleichgesinnt zu entscheiden, sodass eine Dreiviertelmehrheit in der Gesellschafterversammlung nicht sicher gewesen sei. Zudem sei der Kläger nicht wie ein Alleininhaber einer GmbH tätig und laut Geschäftsführervertrag werde die Tätigkeit weisungsgebunden ausgeübt. Letztlich sprächen gegen eine selbstständige Tätigkeit auch die vereinbarten arbeitnehmertypischen Ansprüche des Klägers.

Hiergegen hat der Kläger am 14.11.2008 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben, mit der er geltend machte, er unterliege seit dem 13.03.2003 nicht der Versicherungspflicht in der Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung. Er hat sein Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren wiederholt und hat weiter vorgetragen, die Beigeladene zu 1) sei eine Familiengesellschaft, sodass er mit seinem Bruder zusammen über 39,5 % Anteile an der Beigeladenen zu 1) verfüge. Als Geschäftsführer habe er nicht abberufen werden können, da hierfür eine Mehrheit von 75 % notwendig sei, die gegen den Familienzweig G. nicht zustande komme. Das formal bestehende Weisungsrecht sei zu keinem Zeitpunkt ausgeübt worden. Aufgrund seiner Ausbildung zum Diplom-Forstwirt verfüge er auch allein über das maßgebliche "Einkaufs-Knowhow" hinsichtlich der notwendigen Hölzer. Der Umstand, dass er ein regelmäßiges Gehalt erhalte, von welchem auch Lohnsteuer einbehalten und welches als Betriebsausgabe verbucht werde, sei kein Indiz für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Schließlich sei er auch von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Zudem sei er in den letzten fünf Jahren nicht arbeitsunfähig erkrankt gewesen und habe keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall erhalten. Die Beigeladene zu 1) beschäftige momentan 79 Mitarbeiter (Stand Jahr 2009). Zur weiteren Begründung hat der Kläger das Prüfungszeugnis der Forstwissenschaftlichen Fakultät der Universität F. i. B. vom 13.11.1984 sowie den Einbringungsvertrag der R. G. Beteiligungs GmbH & Co KG vom 07.12.2007 vorgelegt.

Mit Beschluss vom 27.10.2009 hat das SG die Sch. und G. GmbH Furniererzeugung Import Export (Beigeladene zu 1), die DAK Pflegekasse (Beigeladene zu 2), die Agentur für Arbeit Karlsruhe (Beigeladene zu 3) und die DRV Bund (Beigeladene zu 4) zum Verfahren beigeladen.

Im Rahmen des Termins zur Erörterung des Sachverhalts am 17.11.2010 hat das SG den Kläger, den Geschäftsführer R. L.-L. sowie den Zeugen P. Sch. vernommen. Im Hinblick auf den Inhalt ihrer Aussagen wird auf die Niederschrift vom 17.11.2010 Bezug genommen (Bl. 61 bis 67 der SG-Akte).

Mit Gerichtsbescheid vom 07.06.2011 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger unterliege aufgrund seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) der Versicherungspflicht zur Arbeitslosen-, Renten- und Pflegeversicherung. Hinsichtlich der Versicherungsfreiheit in der Krankenversicherung aufgrund des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenzen bestünde "Einigkeit zwischen den Beteiligten". Der Kläger arbeite zwar in seinem Zuständigkeitsbereich selbstständig. Dem Umstand, dass er seine Arbeit selbst einteilen sowie Zeit, Ort und Art seiner Tätigkeit selbst bestimmen könne und er insoweit keinen Weisungen unterliege, sei jedoch keine entscheidende, gegen eine abhängige Beschäftigung sprechende Bedeutung zuzumessen. Denn bei den von ihm verrichteten Tätigkeiten handle es sich um sogenannte Dienste höherer Art. Zwischen den Geschäftsführern finde eine Arbeitsteilung statt. Daraus lasse sich schließen, dass der Kläger zwar in seinem eigenen Bereich im Wesentlichen frei schalten und walten könne, allerdings im Rahmen der anfallenden Arbeiten jedoch auch Aufgabenbereiche existierten, für die er nicht zuständig sei und für die er dementsprechend auch keine Alleinentscheidungsbefugnis habe. So sei Herr L.-L. für seinen Bereich allein zuständig. Anhaltspunkte für das Vorliegen besonderer Umstände, die den Schluss zuließen, es liege trotz fehlender Mehrheitsbeteiligung eine selbstständige Tätigkeit vor, seien vorliegend nicht gegeben. Zwar habe der Kläger für den Rohstoffeinkauf zweifellos ein Spezialwissen. Allerdings könne der Kläger nicht in allen anfallenden Bereichen der Führung der Beigeladenen zu 1) als führender Kopf des Unternehmens weisungsfrei entscheiden. Der Kläger habe im Erörterungstermin selbst angegeben, gesamtunternehmerische Entscheidungen nur gemeinsam mit Herrn L.-L. zu treffen. Hierfür würden dann auch Geschäftsleitertreffen einberufen werden. Die umfangreichen Gesellschafterdarlehen sprächen nicht zwingend für den Charakter der Tätigkeit des Klägers als selbstständige, da die Investition von Fremdkapital grundsätzlich auch von einem abhängig Beschäftigten durch Erwerb von Unternehmensanleihen oder vollkommen Außenstehenden vorgenommen werden könne. Entscheidend sei vielmehr, dass der Kläger durch den Erhalt regelmäßiger monatlicher Gehaltszahlungen keinem solchen Unternehmerrisiko ausgesetzt sei, wie es jedoch für eine selbstständige Tätigkeit typisch sei.

Hiergegen richtet sich die am 04.07.2011 beim Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung des Klägers, mit der er (vgl Schriftsatz vom 07.11.2011) nunmehr die Feststellung begehrt, dass seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) vom 01.04.2005 bis 31.08.2010 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung unterliege. Zur Begründung wird ausgeführt, vorliegend handle es sich um eine Familiengesellschaft, bei der eine Einflussnahme weder über eine Muttergesellschaft, einen Beirat oder sonstige Institutionen irgendeiner Art erfolgen könne. Seine Tätigkeit sei daher in keiner Weise fremdbestimmt. Des Weiteren seien seine Fachkenntnisse für die Beigeladene zu 1) von elementarer Bedeutung. Aufgrund seiner außergewöhnlichen Kenntnisse und seines besonderen Knowhows könne er nicht durch irgendjemand anderen ersetzt werden. Denn diese Branchenkenntnis sei am freien Markt nicht einkaufbar, was sich auch darin zeige, dass er in wichtigen nationalen Gremien vertreten sei. So sei er Vorstand der IFN, im Verwaltungsrat des Holzabsatz-Fonds und zudem langjähriges Mitglied des Deutschen Holzwirtschaftsrates gewesen. Im deutschen Holzwirtschaftsrat sei er allein zuständig für den Bereich Furnier gewesen. Des Weiteren sei er Beirat der Interzum als wichtigste Zuliefermesse weltweit für die Möbelindustrie, hier im Bereich Furniere. Außerdem müsse er zu jeder Tages- und Nachtzeit wichtige Entscheidungen ohne Rücksprache alleine treffen. Dass er Entscheidungen zu Fragen der internen Unternehmenspolitik mit seinem Mitgeschäftsführer abstimme, führe nicht dazu, dass er abhängig beschäftigt sei. Außerdem sei er aufgrund seiner hervorragenden Fachkenntnisse faktisch auch in der Lage, die Beigeladene zu 1) allein zu führen. Der Umstand, dass in einer großen Gesellschaft zwei Geschäftsführer bestellt seien und der Unternehmensbereich organisatorisch aufgeteilt sei, sei kein Indiz für eine abhängige Beschäftigung. Außerdem sei die Investition von ca 1,3 Mio Privatvermögen absolut ungewöhnlich und zeige, welches immense Unternehmerrisiko er trage. Das SG habe auch nicht berücksichtigt, dass der Mitgeschäftsführer L.-L. bestätigt habe, dass er seine Tätigkeit vollkommen frei bei der Beigeladenen zu 1) ausübe. Der Umstand, dass er ein regelmäßiges Gehalt beziehe, spreche ebenfalls nicht für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Allein schon zur Abgeltung der Arbeitsleistung als mitarbeitender Gesellschaftergeschäftsführer müsse er diese Vergütung erhalten. Auch habe das SG nicht berücksichtigt, dass die Gesellschafterversammlung keinerlei Weisung an die Geschäftsführer erteile. Er könne mithin in seiner Tätigkeit frei schalten und walten und sei deswegen sozialversicherungsfrei tätig.

Der Kläger beantragt - sachdienlich gefasst -,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 07.06.2011 sowie den Bescheid der Beklagten vom 02.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2008 aufzuheben und festzustellen, dass er aufgrund seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) vom 01.04.2005 bis 31.08.2010 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung unterlag.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die übrigen Beteiligten haben sich nicht geäußert und auch keinen Antrag gestellt.

Der Berichterstatter des Senats hat den Rechtsstreit am 13.01.2012 mit den Beteiligten erörtert. Diesbezüglich wird auf die Niederschrift vom 13.01.2012 Bezug genommen (Bl. 47/48 der LSG-Akte).

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gemäß § 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist statthaft und zulässig und überwiegend begründet. Der Kläger unterlag vom 01.04.2005 bis 31.08.2010 aufgrund seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) nicht der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung und vom 01.01.2006 bis 31.08.2010 auch nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung. Der Gerichtsbescheid des SG vom 07.06.2011 und der Bescheid der Beklagten vom 02.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2008 (§ 95 SGG) war daher entsprechend abzuändern. In der gesetzlichen Krankenversicherung bestand aufgrund des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze (§ 6 Abs 1 Nr 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V]) seit dem 01.07.1999 Versicherungsfreiheit. Der Kläger ist seither privat krankenversichert.

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 02.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.10.2008. Aufgrund des Berufungsantrags des Klägers im Schriftsatz vom 07.11.2011 konnte der Senat die Tätigkeit des Klägers bei der Beklagten lediglich für den Zeitraum vom 01.04.2005 bis 31.08.2010 beurteilen. Denn die Nachprüfung durch den Senat (§ 157 SGG) erfolgt im Rahmen der Anträge. Dies ergibt sich aus der auch im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Dispositionsmaxime (Keller in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer, Kommentar zum SGG, 10. Auflage 2012, § 157 Rdnr 1a). Der Senat konnte daher nicht über die Frage entscheiden, ob der Kläger - wie im Klageverfahren noch beantragt - bereits seit dem 13.03.2003 nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, Arbeitslosen- und sozialen Pflegeversicherung unterliegt. Dies gilt aufgrund der Dispositionsmaxime auch dann, wenn der Senat grundsätzlich nicht an die Fassung der Anträge gebunden ist (§ 123 SGG).

Nach § 28h Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Für Beschäftigte, die bei keiner Krankenkasse versichert sind, werden gemäß § 28i Satz 2 SGB IV Beiträge zur Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung an die Einzugsstelle gezahlt, die der Arbeitgeber in entsprechender Anwendung des § 175 Abs 3 Satz 2 SGB V gewählt hat. Danach ist die Beklagte zuständige Einzugsstelle, weil sie entsprechend § 28i Satz 2 SGB IV seit dem 01.07.1999 als Einzugsstelle für die Beiträge zur Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung fungiert.

Nachdem die Beklagte auf entsprechende Anfrage des Klägers und der Beigeladenen zu 1) ein Verwaltungsverfahren zur Feststellung der Versicherungspflicht eingeleitet hat, scheidet das Anfrageverfahren nach § 7a SGB IV aus, für das die Beigeladene zu 4) zuständig wäre. Deren Zuständigkeit, die eine solche der Beklagten ausschlösse, ergibt sich hier auch nicht aus § 7a Abs 1 Satz 2 SGB IV, eingefügt mit Wirkung vom 01.01.2005 durch Art 4 Nr 3 des 4. Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I, 2954). Nach dieser Bestimmung hat die Einzugsstelle einen Antrag nach Satz 1 der Vorschrift zu stellen, wenn sich aus der Meldung des Arbeitgebers (§ 28a SGB IV) ergibt, dass der Beschäftigte (bis 31.12.2008) Angehöriger des Arbeitgebers, (seit 01.01.2009) Ehegatte, Lebenspartner oder Abkömmling des Arbeitgebers (geändert durch Art 1 Nr 1 des Zweites Gesetzes zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze vom 21.12.2008 [BGBl I, 2933]) oder geschäftsführender Gesellschafter einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung ist. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Denn die entsprechende Meldung erfolgte nicht nach, sondern vor Inkrafttreten dieser Bestimmung. Das obligatorische Statusfeststellungsverfahren ist indes erst bei Tätigkeiten durchzuführen, die danach aufgenommen worden sind (vgl. Marschner in Kreikebohm, Kommentar zum SGB IV, § 7a RdNr 3, Lüdtke in LPK-SGB IV, § 7a RdNr 11). In den Fällen, in denen die Tätigkeit - wie im vorliegenden Fall - bereits zuvor ausgeübt worden war, verbleibt es bei der Zuständigkeit der Einzugsstelle nach § 28h Abs 2 SGB IV.

Versicherungspflichtig sind in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Dabei ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht [BVerfG] SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 16).

Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinn sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen Vereinbarung stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinn gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 4; SozR 3-4100 § 168 Nr 18). In diesem Sinn gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSGE 45, 199, 200 ff.; BSG SozR 3-2400 § 7 Nr 13; BSGE 87, 53, 56; jeweils mwN.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl hierzu insgesamt BSG SozR 4-2400 § 7 Nr 7 RdNr 17; Urteile vom 25.01.2006 - B 12 KR 30/04 R - RdNr 22 und vom 28.05.2008 - B 12 KR 13/07 R - RdNr 18).

Auf dieser Grundlage ist auch zu beurteilen, ob der Gesellschafter einer GmbH zu dieser gleichzeitig in einem Beschäftigungsverhältnis steht. Dies ist grundsätzlich neben seiner gesellschaftsrechtlichen Stellung möglich. Dies bedeutet, dass die Versicherungspflicht des Geschäftsführers einer GmbH, der zugleich deren Gesellschafter ist, davon abhängt, ob wegen seiner Kapitalbeteiligung noch ein Verhältnis der persönlichen Abhängigkeit vorliegt. Hat ein solcher Geschäftsführer aufgrund seiner Kapitalbeteiligung einen so maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft, dass er jeden ihm nicht genehmen Beschluss verhindern kann, so fehlt die das versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis wesentlich kennzeichnende persönliche Abhängigkeit (BSG, 14.12.1999, B 2 U 48/98 R, GmbHR 200, 313). Dies ist der Fall, wenn der Geschäftsführer Mehrheitsgesellschafter ist, er also über die Hälfte des Stammkapitals der Gesellschaft oder mehr verfügt (BSGE 23, 83, 84 = SozR aaO; BSGE 42, 1, 2 = SozR 2200 § 723 Nr 1; BSG SozR Nr 30 zu § 539 RVO), und zwar auch dann, wenn er von der ihm zustehenden Rechtsmacht tatsächlich keinen Gebrauch macht und die Entscheidung anderen überlässt (BSG SozR 3-4100 § 168 Nrn 5 und 8; BSGE 66, 69, 71 = SozR 4100 § 104 Nr 19). Unter Umständen genügt auch schon ein geringerer Kapitalanteil, insbesondere wenn er über eine Sperrminorität verfügt, die sich ua darauf erstreckt, ihm nicht genehme Weisungen gerade hinsichtlich Zeit, Dauer, Umfang und Ort der Tätigkeit zu verhindern (vgl BSG SozR 3-4100 § 104 Nr 8; SozR 3-4100 § 168 Nr 8).

Der Umkehrschluss, dass mangels eines durch die Kapitalbeteiligung hervorgerufenen beherrschenden Einflusses auf die Gesellschaft regelmäßig ein Abhängigkeitsverhältnis des Gesellschafter-Geschäftsführers anzunehmen ist, ist allerdings von der Rechtsprechung des BSG nicht gebilligt worden (BSGE 13, 196, 200). In solchen Fällen hängt das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nach allgemeinen Grundsätzen wesentlich davon ab, ob der Geschäftsführer nach dem Gesamtbild seiner Tätigkeit einem seine persönliche Abhängigkeit begründenden Weisungsrecht der GmbH unterliegt. Denn auch wenn der geschäftsführende Gesellschafter über keine Mehrheit am Stammkapital und auch nicht über eine Sperrminorität verfügt, kann eine abhängige Beschäftigung weiter dann ausgeschlossen sein, wenn es ihm sein tatsächlicher Einfluss auf die Willensbildung der GmbH gestattet, nicht genehme Weisungen der genannten Art zu verhindern (vgl BSG SozR 2100 § 7 Nr 7; SozR 3-2400 § 7 Nr 4). Dies kann zB der Fall sein, wenn er auch als externer (angestellter) Geschäftsführer in der GmbH "schalten und walten" kann, wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert oder weil diese wirtschaftlich von ihm abhängig sind (BSG, 14.12.1999, B 2 U 48/98 R, GmbHR 200, 313 mwN). Insbesondere kommt bei einem Geschäftsführer einer Familiengesellschaft, sofern dieser mit den Gesellschaftern familiär verbunden ist, eine selbständige Tätigkeit in Betracht. Die in einer derartigen Familiengesellschaft vorliegende Verbundenheit zwischen Gesellschaftern und Geschäftsführer kann zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung füreinander schaffen und einen Einklang der Interessen bewirken.

Gemessen an diesen Maßstäben war der Kläger mit seiner Bestellung zum Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) am 28.12.2005 (in der noch streitigen Zeit) vom 01.01.2006 bis 31.08.2010 nicht abhängig bei der Beigeladenen zu 1) beschäftigt. Zwar sprechen einige Indizien für eine abhängige Beschäftigung des Klägers. Diejenigen Anhaltspunkte, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, überwiegen jedoch.

Prüfungsmaßstab sind zunächst die im Anstellungs- bzw im Gesellschaftsvertrag zur Rechtsstellung des Gesellschafter-Geschäftsführers getroffenen Regelungen. Die vertraglichen Vereinbarungen im Anstellungsvertrag vom 02.01.2006 zur regelmäßigen monatlichen Vergütung in Höhe von 9.500,00 EUR und die Gewährung eines 13. Monatsgehalts (§ 3 Nr 1), zur Abführung der Pflichtversicherungsbeiträge (§ 3 Nr 3), zur Gehaltsfortzahlung im Krankheitsfall (§ 4 Nr 1), zum Anspruch auf Urlaub in Höhe von 30 Arbeitstagen (§ 8) und die Bindung an Weisungen der Gesellschafterversammlung im Innenverhältnis (§ 2 Nr 4) sprechen für eine abhängige Tätigkeit des Klägers. Hierauf hat das SG zu Recht hingewiesen. Die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB (§ 2 Nr 1) sowie die Vereinbarung einer Tantieme in Höhe von 2,5 % des Jahresüberschusses der Beigeladenen zu 1) (§ 3 Nr 2) sind hingegen Indizien für eine selbstständige Tätigkeit (vgl BSG, Urteil vom 08.08.1990 - 11 Rar 77/89 - SozR 3-2400 § 7 Nr 4). Für eine selbstständige Tätigkeit spricht auch, dass sich der Kläger seine Arbeit selbst einteilen sowie Zeit, Ort und Art seiner Tätigkeit selbst bestimmen konnte und er insoweit keinen Weisungen unterlag.

Allerdings handelte es sich bei dem Kläger im hier streitigen Zeitraum durchgehend um einen Minderheitsgesellschafter, der weder über die Kapitalmehrheit noch (bis zum 06.12.2007) über eine Sperrminorität verfügt hat. Dies entnimmt der Senat dem Gesellschaftsvertrag vom 12.06.1995 und der Tatsache, dass der Kläger bis November 2005 nur zu 16 % und ab Dezember 2005 nur zu 21 % an der Stammeinlage beteiligt war. Ob der Kläger ab dem Zeitpunkt des Einbringungsvertrags vom 07.12.2007 faktisch über eine Sperrminorität verfügte, weil beispielsweise die Abberufung als Geschäftsführer nur mit einer Mehrheit von 75 % der abgegebenen Stimmen der Gesellschafterversammlung möglich war und der Kläger durch die Verwaltung der Stimmanteile seines Bruders R. G. über fast 40 % der Stimmen an der Beigeladenen zu 1) verfügte, kann der Senat letztlich offenlassen, da es im vorliegenden Fall auf die gesellschaftsrechtliche Stellung allein nicht ankommt. Denn aufgrund seines tatsächlichen Einflusses auf die Beigeladene zu 1) ist davon auszugehen, dass er "schalten und walten" konnte, wie er wollte, weil er die Beigeladene zu 1) aufgrund seines Fachwissens persönlich dominierte und weil diese letztlich wirtschaftlich von seinem Fachwissen abhängig war und ist.

Wie bereits dargelegt, kann eine abhängige Beschäftigung ausgeschlossen sein, wenn der Gesellschaftergeschäftsführer in der GmbH "schalten und walten" kann, wie er will, weil er die Gesellschafter persönlich dominiert oder weil diese wirtschaftlich von ihm abhängig sind (BSG, Urteil vom 14.12.1999, B 2 U 48/98 R - GmbHR 2000, 618; Urteil vom 08.08.1990 - 11 Rar 77/89 - SozR 3-2400 § 7 Nr 4; Urteil vom 25.10.1989 - 2 RU 12/89 - juris; Urteil vom 07.09.1988 - 10 RAr 10/87 - SozR 4100 § 141b Nr 41). So liegt der Fall hier. Die Beigeladene zu 1) ist aufgrund des Fachwissens des Klägers im Hinblick auf dem maßgeblichen Betätigungsfeld der Beigeladenen zu 1), nämlich dem Im- und Export von Hölzern zur Herstellung von Furnieren, in wirtschaftlicher Hinsicht vom Kläger abhängig. Dies entnimmt der Senat zum einen den Angaben des Klägers im Rahmen des Termins zur Erörterung des Sachverhalts am 13.01.2012. Hierbei hat der Kläger ausführlich und eindrücklich beschrieben, dass er zu den wenigen Personen weltweit zählt (ungefähr zehn Personen), die über die Fähigkeit verfügen, allein beim Anblick eines Baumes auf dessen Maserung schließen zu können. Dabei spielt das Fachwissen des Klägers für die insoweit für Deutschland geltenden Marktpreise eine wichtige Rolle. Der Kläger ist aufgrund seines speziellen Fachwissens nicht nur Vorstand bei der Initiative Furnier plus Natur e.V. (IFN), sondern auch Mitglied im Verwaltungsrat des Holzabsatzfonds und war zudem langjährig Mitglied des deutschen Holzwirtschaftsrates. Darüber hinaus ist er im Beirat der Interzum. Der Senat unterstellt hierbei die Angaben des Klägers in seinem Schreiben vom 27. März 2012 als wahr. Darüber hinaus hat der Mitgeschäftsführer, Herr L.-L., im Rahmen des Termins zur Erörterung des Sachverhalts am 17.11.2010 das hohe Spezialwissen des Klägers bestätigt (Bl 65 der SG-Akte). Danach kann Herr L.-L. die Entscheidungen des Klägers nicht nachvollziehen, da ihm dieses Spezialwissen fehlt. Dabei hat er auch von der besonderen "Gabe" des Klägers gesprochen, der einschätzen kann, ob ein bestimmtes Holz den Kriterien für Furniere entspricht. Vor diesem Hintergrund ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger die Beigeladene zu 1) faktisch beherrscht. Er konnte daher im hier streitigen Zeitraum wie ein Unternehmer und damit als Selbstständiger auftreten. Seine Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 1) kann daher ab dem 01.01.2006 nicht als die eines Arbeitnehmers gewertet werden. Denn die faktische Beherrschung der Beigeladenen zu 1) überwiegt bei einer Gesamtbetrachtung die Anhaltspunkte, die für eine abhängige Tätigkeit sprechen.

Allerdings gelten die oben genannten Ausführungen erst ab der Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer mit Wirkung zum 01.01.2006. In der Zeit davor war er mangels Beteiligung an der Geschäftsführung - trotz seines Spezialwissens - nicht in der Stellung, die Beigeladene zu 1) faktisch zu beherrschen. Erst mit Aufnahme in die Geschäftsführung erwarb er sich diese Stellung. Der Senat stützt sich hierbei insbesondere darauf, dass der Kläger bis zur Aufnahme in die Geschäftsführung nur über eine Einzelprokura verfügte, die jedoch jederzeit durch Gesellschafterbeschluss aufgehoben werden konnte. Er war mithin vor dem 01.01.2006 noch nicht "Kopf und Seele" der Beigeladenen zu 1). Der Senat konnte vor diesem Hintergrund im Übrigen die Frage offenlassen, ob der Kläger aufgrund der von ihm an die Beigeladene zu 1) zur Verfügung gestellten Darlehen ein Unternehmerrisiko traf (vgl hierzu - ablehnend - Senatsurteil vom 28.06.2011 - L 11 KR 2109/10 mwN).

Nachdem der Kläger bereits seit dem 01.07.1999 nicht mehr Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung ist, folgt daraus zugleich, dass er nicht der Versicherungspflicht zur sozialen Pflegeversicherung (§ 20 SGB XI) unterliegt. Die Feststellung einer gesetzlichen Pflegeversicherungspflicht (§ 23 Abs 1 und 2 SGB XI) in einer privaten Versicherung ist aber nicht Gegenstand des Statusverfahrens und nicht Aufgabe der Beklagten. Der Kläger war auch nicht freiwilliges Mitglied der Beklagten, sodass auch ihre Feststellung in ihrem Bescheid vom 02.05.2008, wonach der Kläger aufgrund einer freiwilligen Krankenversicherung Mitglied in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 Abs 3 SGB XI sei, rechtswidrig ist. Der Bescheid war dementsprechend im Hinblick auf die Versicherungsfreiheit in der sozialen Pflegeversicherung bereits ab dem (im Berufungsverfahren noch streitigen Zeitpunkt) 01.04.2005 abzuändern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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