L 4 SO 30/10

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 52 SO 361/09
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 SO 30/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten, ob die Beklagte dem Kläger bestimmte Sozialhilfeleistungen schuldet.

Der Kläger ist schwerbehindert infolge einer Sehbehinderung. Er bezieht Grundsicherung für Arbeitsuchende sowie von der Beklagten Blindengeld, Blindenhilfe und eine Beförderungspauschale.

Im Jahr 2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für ein Zeitungsabonnement im Wege der Eingliederungshilfe. Des Weiteren beantragte er die Übernahme der Kosten für einen Internet-Zugang und einen Telefonanschluss sowie der Grundgebühr für ein Telefon.

Die Beklagte lehnte beide Anträge ab (Bescheide vom 10.3.2009 und 4.5.2009). Der Widerspruch des Klägers blieb jeweils erfolglos (Widerspruchsbescheide vom 12.8.2009, zugestellt am 14.8.2009).

Am 14. September 2009 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Hamburg Klage erhoben und sein Begehren weiterverfolgt. Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 25. März 2010, zugestellt am 1. April 2010, abgewiesen: Der geltend gemachte Bedarf könne durch die Grundsicherungsleistungen gedeckt werden. Gegen den Gerichtsbescheid hat der Kläger am 3. Mai 2010 (Montag) Berufung eingelegt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Hamburg vom 25. Mai 2010 sowie der entgegenstehenden Bescheide vom 10. März, 4. Mai und 12. August 2009 zu verur¬teilen, die Kosten für die Bereitstellung eines Telefonanschlusses, eines Internet-Zugangs, der Grundgebühren für ein Telefon sowie die Kosten für ein Zeitungsabonnement aus Mitteln der Sozialhilfe zu übernehmen.

Die Beklagte tritt der Berufung entgegen.

Die Beteiligten haben übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter ohne (weitere) mündliche Verhandlung erklärt.

Die Sachakten der Beklagten haben vorgelegen. Auf ihren sowie auf den Inhalt der Prozessakten wird wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts ergänzend B¬ezug ge-nommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach den Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 25. März 2010 hat in der Sache keinen Erfolg. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche nicht zu.

Ein nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) zu beurteilender sozialhilferecht-licher Anspruch auf die vom Kläger hier geltend gemachten Eingliederungshilfe-Leistungen käme nur dann in Betracht, wenn der Zweck der Leistung nicht mit dem des dem Kläger ge¬währten Blindengeldes und der Blindenhilfe (§ 72 SGB XII) identisch und nicht von diesen ab¬gedeckt wäre (vgl. § 83 SGB XII). Eine solche Zweckidentität ist hier jedoch gegeben. Blindengeld und Blindenhilfe dienen blinden Menschen zum Ausgleich der durch die Blindheit bedingten Mehraufwendungen. Um solche Mehraufwendungen handelt es sich auch hier, wenn wegen der Blindheit höhere Kosten für Telefon, Internet und Zeitungen beansprucht werden.

Die Blindengeldgesetze gehen davon aus, dass die Blindheit Mehraufwendungen und Nachteile unterschiedlicher Art mit sich bringt. Diese können mit Hilfe von Geldleistungen – wie auch hier beansprucht – teilweise ausgeglichen werden. Wegen der unterschiedlichen Lebens¬situationen und Ausgleichsbedürfnisse ist vom Gesetzgeber eine generalisierende, pau¬schalierte Geldleistung gewählt worden, gibt sie dem einzelnen Betroffenen doch die Mög¬lich¬keit und Freiheit, seinen Ausgleichsbedarf am genauesten und zweckmäßigsten zu befriedigen. An der grundsätzlichen Zweckbestimmung von Blindengeld und Blindenhilfe ändert sich dadurch jedoch nichts, auch wenn der blinde Mensch über die Verwendung des Geldes autonom entscheiden kann. Mehraufwendungen, die mit der Blindheit oder hoch¬gradigen Sehbehinderung in ursächlichem Zusammenhang stehen, haben ihren Grund vor allem in der Unmöglichkeit, selbst alles in gleicher Weise zu tun, wie dies bei vorhandenem Sehvermögen der Fall ist. Zu den dem Zweck des Blindengeldes und der Blindenhilfe unter¬fallenden Mehraufwendungen gehören daher insbesondere auch solche zur Information und Kommunikation (vgl. Demmel, Zweck des Blinden¬geldes, www.hoerbar-gut.de/daten/Zweck¬desBlindengeldes.rtf, m.w.N.).

Den vom Blindengeld und der Blindenhilfe abgedeckten Mehraufwendungen für Kom¬mu-nikation und Information gehören auch die hier aktuell geltend gemachten Kosten für Tele-fon, Inter¬net und Zeitungen, obwohl, wie der Kläger zu Recht bemerkt, sich bei Einführung des Blindengeldes die Tarifsituation beim Telefon noch anders darstellte und obwohl es da-mals noch kein Internet gab. Denn die Zweckbestimmung von Blindengeld und Blindenhilfe ist, wie dargestellt, eher allgemei¬nerer Art und lässt für den Betroffenen eine flexible Verwendung zu. Ebenso wenig ändert sich die vorstehende Beurteilung deswegen, weil, wie der Kläger angibt, Blindengeld und Blindenhilfe seit längerem nicht mehr an die tatsächliche Preisentwicklung angepasst worden sind. Denn dass die hier anfallenden Mehraufwen¬dun¬gen für Telefon, Internet und Zeitungen – die vom Kläger im Schriftsatz vom 4. März 2012 genannten technischen Hilfseinrichtungen sind hier nicht Klagegegenstand – nicht von Blin¬dengeld und Blindenhilfe bestritten werden könnten, ist nicht ersichtlich.

Darauf, ob der Kläger den geltend gemachten Bedarf schon aus den Mitteln der Grund-sicherung zu decken hätte, kommt es danach nicht mehr.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Ein Grund, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), ist nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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