Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 3 KR 3463/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 5577/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11.11.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Erstattung der Kosten stationär durchgeführter Liposuktionen (Fettabsaugungen).
Die 1985 geborene, an einem Lipödem der Beine und Arme und an Adipositas (BMI 44,4) leidende Klägerin beantragte mit Schreiben vom 29.9.2009 die Übernahme der Kosten für Liposuktionen. Sie führte aus, ihr seit 10 Jahren bestehendes Krankheitsbild präge sich weiter aus. Aus den Medien habe sie von der H.-Klinik, L., erfahren, die auf Liposuktionen spezialisiert sei. Andere Möglichkeiten, ihr Körpervolumen und die Schmerzen zu reduzieren, gebe es nicht (Kosten: 4 Eingriffe zu je 4.550 EUR zzgl. Übernachtung 160 EUR und Mieder zu 215 EUR - von der Klägerin vorgelegte e-mail der H.-Klinik).
Die H.-Klinik ist eine Privatklinik und kein zugelassenes Krankenhaus gem. § 108 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V).
Die Beklagte befragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung B. (MDK). In der MDK-Stellungnahme vom 27.10.2009 führte Dr. d. R.-W. aus, bei der Klägerin liege ein fotodokumentiertes Lipödem der unteren Extremität und nach Angaben der Klägerin auch im Bereich der Oberarme vor. Insoweit könne eine funktionale Therapie erfolgen. Die konservative Behandlung bestehe in der komplexen physikalischen Entstauungstherapie mit Lymhdrainage, Hautpflege, Bewegungstherapie und Kompression. Diese Maßnahmen hätten aber keinen Einfluss auf die Fettgewebemengen. Anhand der Unterlagen, insbesondere der Fotodokumentation, könne eine funktionelle Beeinträchtigung durch die Lipödeme nicht verifiziert werden. Durch die beantragte Liposuktion würden nur rein kosmetische Probleme beseitigt. Eine medizinische Indikation für eine Liposuktion liege nicht vor. Diese gehöre nicht zum medizinischen Standard der Behandlung, da dadurch weder das Fortschreiten der Erkrankung verhindert noch die Neigung zu Hämatom- und Ödembildung beseitigt werden könne.
Mit Bescheid vom 4.11.2009 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten einer Liposuktion unter Hinweis auf die MDK-Stellungnahme vom 27.10.2009 ab.
Vom 27.11.2009 bis 28.11.2009 (OP-Bericht vom 28.11.2009) ließ die Klägerin eine erste Liposuktion in der H.-Klinik vornehmen. Weitere Liposuktionen wurden in der Zeit vom 20.1.2010 bis 21.1.2010, 25.2.2010 bis 26.2.2010 und vom 8.4.2010 bis 9.4.2010 durchgeführt. Über die Liposuktionen wurden der Klägerin folgende Rechnungen erteilt:
Privatärztliche Rechnungen des Prof. Dr. Sch. 28.11.2009 1.684,74 EUR 21.1.2010 1.684,74 EUR 26.2.2010 1.684,74 EUR 9.4.2010 1.469,75 EUR
Rechnungen der H.-Klinik: 28.11.2009 3.244,00 EUR 21.1.2010 3.244,00 EUR 26.2.2010 3.244,00 EUR 9.4.2010 3.244,00 EUR
Insgesamt 19.499,79 EUR
Bereits am 16.11.2009 hatte die Klägerin gegen den Ablehnungsbescheid vom 4.11.2009 Widerspruch erhoben. Sie legte u. a. die Stellungnahme des Prof. Dr. Sch. vom 26.11.2009 vor. Darin sind ein Lipödem der Beine und der Arme im Stadium II mit Übergang zum Stadium III sowie Adipositas Grad 3 (BMI 44,4; Größe 163 cm, Gewicht 118,5 kg) diagnostiziert. Bei Adipositas des Rumpfes könnten Diäten und Sport eine Volumenreduzierung herbeiführen; beim Lipödem der Beine sei das nicht möglich. Die Liposuktion diene nicht nur der Optimierung und Harmonisierung der disproportionierten Körperform, sondern vor allem auch der Verminderung bzw. Beseitigung noch bestehender Beschwerden. Es handele sich nicht (wie häufig vermutet) um einen kosmetischen Eingriff, sondern um eine leitliniengerechte Therapie bei einer Erkrankung. In einem Kostenvoranschlag der H.-Klinik vom 26.11.2009 heißt es ergänzend, zur ausreichenden postoperativen Nachsorge und zur Erzielung einer gesicherten Wundheilung sei ein stationärer Aufenthalt mit einer Übernachtung notwendig.
Die Beklagte befragte erneut den MDK. In der MDK-Stellungnahme vom 8.2.2010 hielt Dr. A. an der Einschätzung in der MDK-Stellungnahme vom 27.10.2009 fest.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.6.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Liposuktion sei in der Richtlinie zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung nicht aufgeführt. Kosten dieser Behandlung könnten daher bei ambulanter Durchführung gem. § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht erstattet werden. Die Notwendigkeit stationär durchgeführter Liposuktionen sei nicht ersichtlich. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 19.7.2010 zugestellt.
Am 19.8.2010 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Karlsruhe. Sie trug vor, nach der Stellungnahme des Prof. Dr. Sch. vom 26.11.2009 handele es sich bei der Liposuktion nicht um eine kosmetische Operation, sondern um eine leitliniengerechte medizinische Therapie ihrer Erkrankung. Die stationäre Behandlung sei indiziert gewesen. Dass die H.-Klinik kein gem. § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus sei, sei unerheblich, da seinerzeit nur diese Klinik den Eingriff vorgenommen habe. Die Universitätsklinik F. führe zwar in Kooperation mit der E.-L.-Klinik, F., Liposuktionen durch, habe den Eingriff aber (nach Untersuchung) bei ihrem konkreten Krankheitsbild abgelehnt. Nur die H.-Klinik habe sich zur Liposuktion bereit erklärt.
Die Beklagte trug ergänzend vor, die Liposuktion bei Lipödem werde auch in Fachabteilungen von Vertragskrankenhäusern durchgeführt, etwa in der Hautklinik des Klinikum D., in der Abteilung Plastische und Handchirurgie der Universitätsklinik F., in der BG-Klinik L. oder in der Abteilung Ästhetische Chirurgie der Kliniken des M.-T.-K. GmbH, Krankenhaus Bad S ...
Mit Gerichtsbescheid vom 11.11.2011 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs nach § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V seien schon deswegen nicht erfüllt, weil die Klägerin von vornherein auf die Behandlung in der H.-Klinik festgelegt und die Ablehnung ihre Antrags daher für die entstandenen Aufwendungen nicht ursächlich gewesen sei. Das gehe aus dem Schreiben der Klägerin vom 29.9.2009 hervor. Außerdem habe die erste Behandlung bereits am 26./27.11.2009 stattgefunden. Die Beklagte habe die Gewährung von Liposuktionen auch nicht zu Unrecht abgelehnt. Die Kosten für Behandlungen durch nicht zugelassene Leistungserbringer müsse die Krankenkasse nicht erstatten; die Liposuktionen seien in einem gem. § 108 SGB V nicht zugelassenen Krankenhaus durchgeführt worden (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGBV). Das Recht der freien Arztwahl stehe dem Versicherten gem. § 76 Abs. 1 SGB V nur unter zugelassenen Leistungserbringern zu. Andere Ärzte dürften nur in Notfällen in Anspruch genommen werden. Dies gelte entsprechend für die stationäre Versorgung. Zugelassene Krankenhäuser habe die Klägerin vor der Behandlung in der H.-Klinik nicht konsultiert. Es sei auch nicht ersichtlich, dass dort Liposuktionen nicht angeboten würden.
Auf den ihr am 18.11.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am (Montag, dem) 19.12.2011 Berufung eingelegt. Sie bekräftigt ihr bisheriges Vorbringen. Zur Frage, ob sie, was ohnehin nicht zutreffe, auf die Behandlung in der H.-Klinik festgelegt gewesen sei, hätte man ihr rechtliches Gehör gewähren müssen. Sie habe sich beim Universitäts-Klinikum F. (E.-L.-Klinik) um eine Liposuktion bemüht, was jedoch abgelehnt worden sei. Auch die BG-Klinik L. habe die Durchführung einer Liposuktion verweigert; ob die dafür angeführten Gründe zuträfen, müsse ggf. durch Sachverständigengutachten geklärt werden. Sie sei nicht entschlossen gewesen, die Behandlung in jedem Fall auf eigene Kosten vornehmen zu lassen. Erst nach Ergehen des Ablehnungsbescheids habe sie sich wegen eines konkreten Kostenvoranschlags mit der H.-Klinik in Verbindung gesetzt. Der Kostenerstattungsanspruch sei nicht deswegen ausgeschlossen, weil es sich bei der H.-Klinik nicht um ein zugelassenes Krankenhaus handele (vgl. BSG, Urt. v. 24.9.1996, - 1 RK 33/95 -). In zugelassenen Krankenhäusern hätte sie die Liposuktionen nicht erhalten können. Das Sozialgericht hätte hierzu Ermittlungen anstellen müssen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11.11.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 4.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.6.2010 zu verurteilen, ihr die Kosten der in der H.-Klinik, L., vom 26.11.2009 bis 27.11.2009, 20.1.2010 bis 21.1.2010, 25.2.2010 bis 26.2.2010 und 8.4.2010 bis 9.4.2010 durchgeführten Liposuktionen in Höhe von 19.499,97 EUR zzgl. Zinsen von 4 % seit dem 19.8.2010 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Klägerin hat das an ihren Prozessbevollmächtigten gerichtete Schreiben des Prof. Dr. L. (Direktor der BG-Klinik L.) vom 6.2.2012 vorgelegt. Darin ist ausgeführt, eine Operation hätte selbstverständlich prinzipiell auch in einem zugelassenen Vertragskrankenhaus, u. a. der BG-Klinik L., stattfinden können. Bei einem BMI von 44,4 werde eine Liposuktion aber für kontraindiziert erachtet. In der BG-Klinik L. hätte man der Klägerin ebenfalls die Auskunft erteilt, dass eine massive Gewichtsreduktion vor jeglicher operativer Therapie erforderlich sei. Die H.-Klinik sei seit Jahren bestrebt, die Diagnose Lipödem zu etablieren. In der Fachwelt werde kontrovers diskutiert, inwiefern diese Diagnose (überhaupt) existiere und inwiefern ggf. durch eine Fettabsaugung (von Einzelfällen abgesehen) eine Verbesserung erzielt werden könne. Deutlich zweifelhaft sei aber, ob bei einem BMI von 44,4 die Diagnose Lipödem überhaupt gestellt werden könne und sodann eine Fettabsaugung auf Kosten der Klägerin durchgeführt werden solle. Hier dränge sich der Verdacht einer großzügigen Indikationsstellung auf.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei einem streitigen Erstattungsbetrag von 19.499,97 EUR überschritten. Die Berufung ist auch sonst gem. § 151 SGG zulässig.
Die Berufung ist aber nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, der Klägerin die Kosten der in der H.-Klinik durchgeführten Liposuktionen zu erstatten. Sie hat darauf keinen Anspruch.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Erstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Die Vorschrift bestimmt: Konnte eine Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen (1. Alt.) oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt (2. Alt.) und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Eine unaufschiebbare Leistung i. S. d. § 13 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. SGB V steht bei der planbaren und auch geplanten Operation (unstreitig) nicht in Rede. Der Erstattungsanspruch nach § 13 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. SGB V setzt einen Ursachenzusammenhang zwischen der (rechtswidrigen) Ablehnungsentscheidung der Krankenkasse und der Belastung des Versicherten mit den Kosten der selbst beschafften Leistung voraus. Deswegen muss der Versicherte (soweit möglich) die Krankenkasse vor der Beschaffung mit seinem Leistungsbegehren befassen. In der Sache reicht der Kostenerstattungsanspruch nicht weiter als der (rechtswidrig nicht erfüllte) Sachleistungsanspruch (§§ 2, 12 SGB V), an dessen Stelle er tritt. Der Sachleistungsanspruch des Versicherten richtet sich auf (vom Leistungskatalog der Krankenkassen umfasste) Sach- und Dienstleitungen allein durch die zur Leistungserbringung in der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenen Leistungserbringer. Krankenhausbehandlungen (§§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, 39 SGB V) dürfen die Krankenkassen nur durch zugelassene Krankenhäuser i. S. d. § 108 SGB V gewähren, also durch Krankenhäuser, die nach landesrechtlichen Vorschriften als Hochschulklinik anerkannt sind, die in den Krankenhausbedarfsplan eines Landes aufgenommen sind (Plankrankenhäuser) oder die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen haben (§ 108 Nr. 1 bis 3 SGB V). Wer Leistungen von nicht in § 108 SGB V genannten Krankenhäusern, insbesondere von Privatkliniken, in Anspruch nehmen will, verlässt das System der gesetzlichen Krankenversicherung und muss für die Kosten daher selbst aufkommen; er kann sie nicht auf die Solidargemeinschaft der gesetzlich Versicherten abwälzen (zu alledem näher etwa Senatsurteile vom 3.3.2010, - L 5 KR 2035/09 -, vom 22.7.2009, - L 5 KR 5833/08 - und vom 22.11.2006, - L 5 KR 1015/06).
Liposuktionen stellen eine neue Behandlungsmethode i. S. d § 135 Abs. 1 SGB V dar und sind bei ambulanter Durchführung mangels (positiver) Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht umfasst (Senatsurteil vom 23.11.2011, - L 5 KR 2519/11 – m. w. N.); hierüber streiten die Beteiligten nicht. Für Behandlungsmethoden, die – wie bei der Klägerin vorgenommenen Liposuktionen – nicht ambulant, sondern stationär im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden, gilt § 137c Abs. 1 SGB V. Im Verfahren nach § 137c SGB V entscheidet der GBA, ob eine neue Methode von der zugelassenen Leistungserbringung im Krankenhaus wegen nicht bestehender Erforderlichkeit für eine ausreichende, zweckmäßige und notwendige Versorgung ausgeschlossen werden soll. Auch eine solche (negative) Empfehlung des GBA liegt nicht vor.
Die H.-Klinik in L. ist indessen eine Privatklinik und kein zugelassenes Krankenhaus gem. § 108 SGB V. Die Erstattung der Kosten für die dort (stationär) durchgeführten Liposuktionen kommt nach dem Gesagten schon deshalb nicht in Betracht. Die Behauptung der Klägerin, Liposuktionen würden in zugelassenen Krankenhäusern i. S. d. § 108 SGB V nicht angeboten, trifft nicht zu. Operative Behandlungen dieser Art werden bspw. in der Hautklinik des Klinikum D., in der Abteilung Plastische und Handchirurgie der Universitätsklinik F., in der BG-Unfallklinik L. oder in der Abteilung Ästhetische Chirurgie der Kliniken des M.-T.-K. GmbH, Krankenhaus Bad S. durchgeführt. Das setzt freilich die medizinische Indikation für diesen (erheblichen) Eingriff voraus. Dafür genügt es nicht, dass die Liposuktion nach Auffassung der H.-Klinik keine allein ästhetisch indizierte Behandlungsmethode zur Optimierung der Körperform darstellt. Wie aus den MDK-Stellungnahmen der Dres. d. R.-W. und A. vom 27.10.2009 bzw. 8.2.2010 hervorgeht, liegt bei der Klägerin ein (fotodokumentiertes) Lipödem der unteren Extremität und nach Angaben der Klägerin auch im Bereich der Oberarme vor, was funktional konservativ durch komplexe physikalische Entstauungstherapie mit Lymphdrainage, Hautpflege, Bewegungstherapie und Kompression zu behandeln ist. Damit sind die Fettmenge und die Körperform der Klägerin – im Unterschied zur Liposuktion - freilich nicht zu beeinflussen. Die Liposuktion, die – so die genannten MDK-Stellungnahmen - nicht zum medizinischen Standard der Behandlung von Lipödemen gehört, sollte daher die ästhetischen Probleme der Klägerin beseitigen. Hierfür muss sie selbst aufkommen; Leistungen dieser Art sind nicht Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung.
Die Auffassung der Dres. d. R.-W. und A. wird dadurch bestätigt, dass die Ärzte der beispielhaft angeführten Vertragskrankenhäuser, der Universitätsklinik F. und der BG-Klinik L., den Eingriff (nach Untersuchung der Klägerin) mangels medizinischer Indikation (und nicht mangels entsprechenden Leistungsangebots der Klinik) abgelehnt haben. So hat der Direktor der BG-Klinik L., Prof. Dr. L., unter dem 6.2.2012 dargelegt, dass eine Liposuktion (selbstverständlich) auch in einem zugelassenen Krankenhaus, etwa in seinem Haus, vorgenommen werden kann, dass dieser Eingriff bei der Klägerin aber kontraindiziert ist und vor der operativen Therapie zunächst eine massive Gewichtsreduktion stattzufinden hat. Aus dem Schreiben des Prof. Dr. Sch. (H.-Klinik) vom 26.11.2009 folgt nichts anderes. Die medizinische Indikation der Liposuktionen ist darin nicht dargetan. Auch dieser Arzt bestätigt vielmehr, dass bei Adipositas des Rumpfes Diäten und Sport eine Volumenreduzierung herbeiführen können, nicht jedoch beim Lipödem der Beine. Im Übrigen erschöpfen sich seine Darlegungen in nicht weiter substantiierten allgemeinen Ausführungen zur Zielsetzung der in seinem Haus angebotenen Liposuktionen – wozu die Optimierung und Harmonisierung der disproportionierten Körperform gehört - und zur (angeblichen) Verminderung bzw. Beseitigung noch bestehender Beschwerden. Wenn die Klägerin den von den Ärzten der Vertragskrankenhäuser, etwa der BG-Klinik L., aufgezeigten Weg nicht gehen und statt dessen in einer Privatklinik Liposuktionen vornehmen lassen will, geschieht dies auf ihre Verantwortung und auf ihre Kosten; letzteres wird auch für die Kosten etwaiger Folgebehandlungen gelten müssen, die wegen der Liposuktionen notwendig werden könnten.
Bei dieser Sach- und Rechtslage sind weitere Ermittlungen angesichts der vorliegenden Arztberichte und MDK-Stellungnahmen nicht durchzuführen, auch nicht zu den Einzelheiten der medizinischen Gründe, aus denen etwa die BG-Klinik L. Liposuktionen bei der Klägerin für kontraindiziert erachtet hat. Da die Beklagte die Erstattung der Kosten für stationäre Liposuktionen in der H.-Klinik nicht zu Unrecht abgelehnt hat, kommt es auf die Einhaltung des in § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V vorausgesetzten Beschaffungswegs nicht mehr an; auch hierzu sind weitere Feststellungen daher entbehrlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Erstattung der Kosten stationär durchgeführter Liposuktionen (Fettabsaugungen).
Die 1985 geborene, an einem Lipödem der Beine und Arme und an Adipositas (BMI 44,4) leidende Klägerin beantragte mit Schreiben vom 29.9.2009 die Übernahme der Kosten für Liposuktionen. Sie führte aus, ihr seit 10 Jahren bestehendes Krankheitsbild präge sich weiter aus. Aus den Medien habe sie von der H.-Klinik, L., erfahren, die auf Liposuktionen spezialisiert sei. Andere Möglichkeiten, ihr Körpervolumen und die Schmerzen zu reduzieren, gebe es nicht (Kosten: 4 Eingriffe zu je 4.550 EUR zzgl. Übernachtung 160 EUR und Mieder zu 215 EUR - von der Klägerin vorgelegte e-mail der H.-Klinik).
Die H.-Klinik ist eine Privatklinik und kein zugelassenes Krankenhaus gem. § 108 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V).
Die Beklagte befragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung B. (MDK). In der MDK-Stellungnahme vom 27.10.2009 führte Dr. d. R.-W. aus, bei der Klägerin liege ein fotodokumentiertes Lipödem der unteren Extremität und nach Angaben der Klägerin auch im Bereich der Oberarme vor. Insoweit könne eine funktionale Therapie erfolgen. Die konservative Behandlung bestehe in der komplexen physikalischen Entstauungstherapie mit Lymhdrainage, Hautpflege, Bewegungstherapie und Kompression. Diese Maßnahmen hätten aber keinen Einfluss auf die Fettgewebemengen. Anhand der Unterlagen, insbesondere der Fotodokumentation, könne eine funktionelle Beeinträchtigung durch die Lipödeme nicht verifiziert werden. Durch die beantragte Liposuktion würden nur rein kosmetische Probleme beseitigt. Eine medizinische Indikation für eine Liposuktion liege nicht vor. Diese gehöre nicht zum medizinischen Standard der Behandlung, da dadurch weder das Fortschreiten der Erkrankung verhindert noch die Neigung zu Hämatom- und Ödembildung beseitigt werden könne.
Mit Bescheid vom 4.11.2009 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten einer Liposuktion unter Hinweis auf die MDK-Stellungnahme vom 27.10.2009 ab.
Vom 27.11.2009 bis 28.11.2009 (OP-Bericht vom 28.11.2009) ließ die Klägerin eine erste Liposuktion in der H.-Klinik vornehmen. Weitere Liposuktionen wurden in der Zeit vom 20.1.2010 bis 21.1.2010, 25.2.2010 bis 26.2.2010 und vom 8.4.2010 bis 9.4.2010 durchgeführt. Über die Liposuktionen wurden der Klägerin folgende Rechnungen erteilt:
Privatärztliche Rechnungen des Prof. Dr. Sch. 28.11.2009 1.684,74 EUR 21.1.2010 1.684,74 EUR 26.2.2010 1.684,74 EUR 9.4.2010 1.469,75 EUR
Rechnungen der H.-Klinik: 28.11.2009 3.244,00 EUR 21.1.2010 3.244,00 EUR 26.2.2010 3.244,00 EUR 9.4.2010 3.244,00 EUR
Insgesamt 19.499,79 EUR
Bereits am 16.11.2009 hatte die Klägerin gegen den Ablehnungsbescheid vom 4.11.2009 Widerspruch erhoben. Sie legte u. a. die Stellungnahme des Prof. Dr. Sch. vom 26.11.2009 vor. Darin sind ein Lipödem der Beine und der Arme im Stadium II mit Übergang zum Stadium III sowie Adipositas Grad 3 (BMI 44,4; Größe 163 cm, Gewicht 118,5 kg) diagnostiziert. Bei Adipositas des Rumpfes könnten Diäten und Sport eine Volumenreduzierung herbeiführen; beim Lipödem der Beine sei das nicht möglich. Die Liposuktion diene nicht nur der Optimierung und Harmonisierung der disproportionierten Körperform, sondern vor allem auch der Verminderung bzw. Beseitigung noch bestehender Beschwerden. Es handele sich nicht (wie häufig vermutet) um einen kosmetischen Eingriff, sondern um eine leitliniengerechte Therapie bei einer Erkrankung. In einem Kostenvoranschlag der H.-Klinik vom 26.11.2009 heißt es ergänzend, zur ausreichenden postoperativen Nachsorge und zur Erzielung einer gesicherten Wundheilung sei ein stationärer Aufenthalt mit einer Übernachtung notwendig.
Die Beklagte befragte erneut den MDK. In der MDK-Stellungnahme vom 8.2.2010 hielt Dr. A. an der Einschätzung in der MDK-Stellungnahme vom 27.10.2009 fest.
Mit Widerspruchsbescheid vom 25.6.2010 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Liposuktion sei in der Richtlinie zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen Versorgung nicht aufgeführt. Kosten dieser Behandlung könnten daher bei ambulanter Durchführung gem. § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V nicht erstattet werden. Die Notwendigkeit stationär durchgeführter Liposuktionen sei nicht ersichtlich. Der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 19.7.2010 zugestellt.
Am 19.8.2010 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Karlsruhe. Sie trug vor, nach der Stellungnahme des Prof. Dr. Sch. vom 26.11.2009 handele es sich bei der Liposuktion nicht um eine kosmetische Operation, sondern um eine leitliniengerechte medizinische Therapie ihrer Erkrankung. Die stationäre Behandlung sei indiziert gewesen. Dass die H.-Klinik kein gem. § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus sei, sei unerheblich, da seinerzeit nur diese Klinik den Eingriff vorgenommen habe. Die Universitätsklinik F. führe zwar in Kooperation mit der E.-L.-Klinik, F., Liposuktionen durch, habe den Eingriff aber (nach Untersuchung) bei ihrem konkreten Krankheitsbild abgelehnt. Nur die H.-Klinik habe sich zur Liposuktion bereit erklärt.
Die Beklagte trug ergänzend vor, die Liposuktion bei Lipödem werde auch in Fachabteilungen von Vertragskrankenhäusern durchgeführt, etwa in der Hautklinik des Klinikum D., in der Abteilung Plastische und Handchirurgie der Universitätsklinik F., in der BG-Klinik L. oder in der Abteilung Ästhetische Chirurgie der Kliniken des M.-T.-K. GmbH, Krankenhaus Bad S ...
Mit Gerichtsbescheid vom 11.11.2011 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Voraussetzungen des Erstattungsanspruchs nach § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V seien schon deswegen nicht erfüllt, weil die Klägerin von vornherein auf die Behandlung in der H.-Klinik festgelegt und die Ablehnung ihre Antrags daher für die entstandenen Aufwendungen nicht ursächlich gewesen sei. Das gehe aus dem Schreiben der Klägerin vom 29.9.2009 hervor. Außerdem habe die erste Behandlung bereits am 26./27.11.2009 stattgefunden. Die Beklagte habe die Gewährung von Liposuktionen auch nicht zu Unrecht abgelehnt. Die Kosten für Behandlungen durch nicht zugelassene Leistungserbringer müsse die Krankenkasse nicht erstatten; die Liposuktionen seien in einem gem. § 108 SGB V nicht zugelassenen Krankenhaus durchgeführt worden (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGBV). Das Recht der freien Arztwahl stehe dem Versicherten gem. § 76 Abs. 1 SGB V nur unter zugelassenen Leistungserbringern zu. Andere Ärzte dürften nur in Notfällen in Anspruch genommen werden. Dies gelte entsprechend für die stationäre Versorgung. Zugelassene Krankenhäuser habe die Klägerin vor der Behandlung in der H.-Klinik nicht konsultiert. Es sei auch nicht ersichtlich, dass dort Liposuktionen nicht angeboten würden.
Auf den ihr am 18.11.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am (Montag, dem) 19.12.2011 Berufung eingelegt. Sie bekräftigt ihr bisheriges Vorbringen. Zur Frage, ob sie, was ohnehin nicht zutreffe, auf die Behandlung in der H.-Klinik festgelegt gewesen sei, hätte man ihr rechtliches Gehör gewähren müssen. Sie habe sich beim Universitäts-Klinikum F. (E.-L.-Klinik) um eine Liposuktion bemüht, was jedoch abgelehnt worden sei. Auch die BG-Klinik L. habe die Durchführung einer Liposuktion verweigert; ob die dafür angeführten Gründe zuträfen, müsse ggf. durch Sachverständigengutachten geklärt werden. Sie sei nicht entschlossen gewesen, die Behandlung in jedem Fall auf eigene Kosten vornehmen zu lassen. Erst nach Ergehen des Ablehnungsbescheids habe sie sich wegen eines konkreten Kostenvoranschlags mit der H.-Klinik in Verbindung gesetzt. Der Kostenerstattungsanspruch sei nicht deswegen ausgeschlossen, weil es sich bei der H.-Klinik nicht um ein zugelassenes Krankenhaus handele (vgl. BSG, Urt. v. 24.9.1996, - 1 RK 33/95 -). In zugelassenen Krankenhäusern hätte sie die Liposuktionen nicht erhalten können. Das Sozialgericht hätte hierzu Ermittlungen anstellen müssen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 11.11.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 4.11.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.6.2010 zu verurteilen, ihr die Kosten der in der H.-Klinik, L., vom 26.11.2009 bis 27.11.2009, 20.1.2010 bis 21.1.2010, 25.2.2010 bis 26.2.2010 und 8.4.2010 bis 9.4.2010 durchgeführten Liposuktionen in Höhe von 19.499,97 EUR zzgl. Zinsen von 4 % seit dem 19.8.2010 zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Klägerin hat das an ihren Prozessbevollmächtigten gerichtete Schreiben des Prof. Dr. L. (Direktor der BG-Klinik L.) vom 6.2.2012 vorgelegt. Darin ist ausgeführt, eine Operation hätte selbstverständlich prinzipiell auch in einem zugelassenen Vertragskrankenhaus, u. a. der BG-Klinik L., stattfinden können. Bei einem BMI von 44,4 werde eine Liposuktion aber für kontraindiziert erachtet. In der BG-Klinik L. hätte man der Klägerin ebenfalls die Auskunft erteilt, dass eine massive Gewichtsreduktion vor jeglicher operativer Therapie erforderlich sei. Die H.-Klinik sei seit Jahren bestrebt, die Diagnose Lipödem zu etablieren. In der Fachwelt werde kontrovers diskutiert, inwiefern diese Diagnose (überhaupt) existiere und inwiefern ggf. durch eine Fettabsaugung (von Einzelfällen abgesehen) eine Verbesserung erzielt werden könne. Deutlich zweifelhaft sei aber, ob bei einem BMI von 44,4 die Diagnose Lipödem überhaupt gestellt werden könne und sodann eine Fettabsaugung auf Kosten der Klägerin durchgeführt werden solle. Hier dränge sich der Verdacht einer großzügigen Indikationsstellung auf.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch sonst zulässig. Der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG (750 EUR) ist bei einem streitigen Erstattungsbetrag von 19.499,97 EUR überschritten. Die Berufung ist auch sonst gem. § 151 SGG zulässig.
Die Berufung ist aber nicht begründet. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, der Klägerin die Kosten der in der H.-Klinik durchgeführten Liposuktionen zu erstatten. Sie hat darauf keinen Anspruch.
Rechtsgrundlage des geltend gemachten Erstattungsanspruchs ist § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Die Vorschrift bestimmt: Konnte eine Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen (1. Alt.) oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt (2. Alt.) und sind dadurch Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Eine unaufschiebbare Leistung i. S. d. § 13 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. SGB V steht bei der planbaren und auch geplanten Operation (unstreitig) nicht in Rede. Der Erstattungsanspruch nach § 13 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. SGB V setzt einen Ursachenzusammenhang zwischen der (rechtswidrigen) Ablehnungsentscheidung der Krankenkasse und der Belastung des Versicherten mit den Kosten der selbst beschafften Leistung voraus. Deswegen muss der Versicherte (soweit möglich) die Krankenkasse vor der Beschaffung mit seinem Leistungsbegehren befassen. In der Sache reicht der Kostenerstattungsanspruch nicht weiter als der (rechtswidrig nicht erfüllte) Sachleistungsanspruch (§§ 2, 12 SGB V), an dessen Stelle er tritt. Der Sachleistungsanspruch des Versicherten richtet sich auf (vom Leistungskatalog der Krankenkassen umfasste) Sach- und Dienstleitungen allein durch die zur Leistungserbringung in der gesetzlichen Krankenversicherung zugelassenen Leistungserbringer. Krankenhausbehandlungen (§§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, 39 SGB V) dürfen die Krankenkassen nur durch zugelassene Krankenhäuser i. S. d. § 108 SGB V gewähren, also durch Krankenhäuser, die nach landesrechtlichen Vorschriften als Hochschulklinik anerkannt sind, die in den Krankenhausbedarfsplan eines Landes aufgenommen sind (Plankrankenhäuser) oder die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen haben (§ 108 Nr. 1 bis 3 SGB V). Wer Leistungen von nicht in § 108 SGB V genannten Krankenhäusern, insbesondere von Privatkliniken, in Anspruch nehmen will, verlässt das System der gesetzlichen Krankenversicherung und muss für die Kosten daher selbst aufkommen; er kann sie nicht auf die Solidargemeinschaft der gesetzlich Versicherten abwälzen (zu alledem näher etwa Senatsurteile vom 3.3.2010, - L 5 KR 2035/09 -, vom 22.7.2009, - L 5 KR 5833/08 - und vom 22.11.2006, - L 5 KR 1015/06).
Liposuktionen stellen eine neue Behandlungsmethode i. S. d § 135 Abs. 1 SGB V dar und sind bei ambulanter Durchführung mangels (positiver) Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) von der Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht umfasst (Senatsurteil vom 23.11.2011, - L 5 KR 2519/11 – m. w. N.); hierüber streiten die Beteiligten nicht. Für Behandlungsmethoden, die – wie bei der Klägerin vorgenommenen Liposuktionen – nicht ambulant, sondern stationär im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden, gilt § 137c Abs. 1 SGB V. Im Verfahren nach § 137c SGB V entscheidet der GBA, ob eine neue Methode von der zugelassenen Leistungserbringung im Krankenhaus wegen nicht bestehender Erforderlichkeit für eine ausreichende, zweckmäßige und notwendige Versorgung ausgeschlossen werden soll. Auch eine solche (negative) Empfehlung des GBA liegt nicht vor.
Die H.-Klinik in L. ist indessen eine Privatklinik und kein zugelassenes Krankenhaus gem. § 108 SGB V. Die Erstattung der Kosten für die dort (stationär) durchgeführten Liposuktionen kommt nach dem Gesagten schon deshalb nicht in Betracht. Die Behauptung der Klägerin, Liposuktionen würden in zugelassenen Krankenhäusern i. S. d. § 108 SGB V nicht angeboten, trifft nicht zu. Operative Behandlungen dieser Art werden bspw. in der Hautklinik des Klinikum D., in der Abteilung Plastische und Handchirurgie der Universitätsklinik F., in der BG-Unfallklinik L. oder in der Abteilung Ästhetische Chirurgie der Kliniken des M.-T.-K. GmbH, Krankenhaus Bad S. durchgeführt. Das setzt freilich die medizinische Indikation für diesen (erheblichen) Eingriff voraus. Dafür genügt es nicht, dass die Liposuktion nach Auffassung der H.-Klinik keine allein ästhetisch indizierte Behandlungsmethode zur Optimierung der Körperform darstellt. Wie aus den MDK-Stellungnahmen der Dres. d. R.-W. und A. vom 27.10.2009 bzw. 8.2.2010 hervorgeht, liegt bei der Klägerin ein (fotodokumentiertes) Lipödem der unteren Extremität und nach Angaben der Klägerin auch im Bereich der Oberarme vor, was funktional konservativ durch komplexe physikalische Entstauungstherapie mit Lymphdrainage, Hautpflege, Bewegungstherapie und Kompression zu behandeln ist. Damit sind die Fettmenge und die Körperform der Klägerin – im Unterschied zur Liposuktion - freilich nicht zu beeinflussen. Die Liposuktion, die – so die genannten MDK-Stellungnahmen - nicht zum medizinischen Standard der Behandlung von Lipödemen gehört, sollte daher die ästhetischen Probleme der Klägerin beseitigen. Hierfür muss sie selbst aufkommen; Leistungen dieser Art sind nicht Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung.
Die Auffassung der Dres. d. R.-W. und A. wird dadurch bestätigt, dass die Ärzte der beispielhaft angeführten Vertragskrankenhäuser, der Universitätsklinik F. und der BG-Klinik L., den Eingriff (nach Untersuchung der Klägerin) mangels medizinischer Indikation (und nicht mangels entsprechenden Leistungsangebots der Klinik) abgelehnt haben. So hat der Direktor der BG-Klinik L., Prof. Dr. L., unter dem 6.2.2012 dargelegt, dass eine Liposuktion (selbstverständlich) auch in einem zugelassenen Krankenhaus, etwa in seinem Haus, vorgenommen werden kann, dass dieser Eingriff bei der Klägerin aber kontraindiziert ist und vor der operativen Therapie zunächst eine massive Gewichtsreduktion stattzufinden hat. Aus dem Schreiben des Prof. Dr. Sch. (H.-Klinik) vom 26.11.2009 folgt nichts anderes. Die medizinische Indikation der Liposuktionen ist darin nicht dargetan. Auch dieser Arzt bestätigt vielmehr, dass bei Adipositas des Rumpfes Diäten und Sport eine Volumenreduzierung herbeiführen können, nicht jedoch beim Lipödem der Beine. Im Übrigen erschöpfen sich seine Darlegungen in nicht weiter substantiierten allgemeinen Ausführungen zur Zielsetzung der in seinem Haus angebotenen Liposuktionen – wozu die Optimierung und Harmonisierung der disproportionierten Körperform gehört - und zur (angeblichen) Verminderung bzw. Beseitigung noch bestehender Beschwerden. Wenn die Klägerin den von den Ärzten der Vertragskrankenhäuser, etwa der BG-Klinik L., aufgezeigten Weg nicht gehen und statt dessen in einer Privatklinik Liposuktionen vornehmen lassen will, geschieht dies auf ihre Verantwortung und auf ihre Kosten; letzteres wird auch für die Kosten etwaiger Folgebehandlungen gelten müssen, die wegen der Liposuktionen notwendig werden könnten.
Bei dieser Sach- und Rechtslage sind weitere Ermittlungen angesichts der vorliegenden Arztberichte und MDK-Stellungnahmen nicht durchzuführen, auch nicht zu den Einzelheiten der medizinischen Gründe, aus denen etwa die BG-Klinik L. Liposuktionen bei der Klägerin für kontraindiziert erachtet hat. Da die Beklagte die Erstattung der Kosten für stationäre Liposuktionen in der H.-Klinik nicht zu Unrecht abgelehnt hat, kommt es auf die Einhaltung des in § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V vorausgesetzten Beschaffungswegs nicht mehr an; auch hierzu sind weitere Feststellungen daher entbehrlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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