Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 1852/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 13 R 1810/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine hochgradige beidseitige Sehbehinderung mit beidseitigem Zentralskotom stellt eine schwere spezifische Leistungsbehinderung dar, welche die Pflicht zur Benennung zumindest einer konkreten Verweisungstätigkeit begründet.
Tätigkeiten, die zu ihrer Ausübung einer blindentechnischen Grundausbildung und regelmäßig auch einer Unterstützung durch technische Zusatzgeräte bedürfen, können nicht mehr als Erwerbstätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes angesehen werden.
Beruht das Unvermögen des Versicherten, durch Arbeit Einkommen zu erzielen, auf dem Fehlen von Verweisungstätigkeiten, die der Versicherte mit seinem körperlichen Leistungsvermögen noch verrichten könnte und ist ausgeschlossen, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann, kommt eine Befristung der Rentengewährung nicht in Betracht.
Tätigkeiten, die zu ihrer Ausübung einer blindentechnischen Grundausbildung und regelmäßig auch einer Unterstützung durch technische Zusatzgeräte bedürfen, können nicht mehr als Erwerbstätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes angesehen werden.
Beruht das Unvermögen des Versicherten, durch Arbeit Einkommen zu erzielen, auf dem Fehlen von Verweisungstätigkeiten, die der Versicherte mit seinem körperlichen Leistungsvermögen noch verrichten könnte und ist ausgeschlossen, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann, kommt eine Befristung der Rentengewährung nicht in Betracht.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. März 2011 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch im Berufungsverfahren.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Bewilligung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Die 1975 geborene Klägerin hat zwischen 1991 und 1994 den Beruf der Zahnarzthelferin erlernt und danach in diesem Beruf gearbeitet. Professor Dr. Ro. von der Augenklinik He. diagnostizierte im Rahmen einer Untersuchung am 25. Oktober 2000 bei der Klägerin einen Verdacht auf Morbus Stargardt. Aufgrund der Beeinträchtigung ihres Sehvermögens infolge der progredienten Augenerkrankung gab die Klägerin den erlernten Beruf zum 1. September 2001 auf. Bereits im Frühjahr 2001 beantragte sie berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation. In der Folgezeit bezog sie Leistungen der Agentur für Arbeit. Im April/Mai 2002 fand eine Berufsfindungs-/Arbeitserprobungsmaßnahme im Berufsförderungswerk He. statt. In ihrer ärztlichen Stellungnahme vom 7. Mai 2002 kam die dortige Sozialmedizinerin zum Ergebnis, in Anbetracht der behinderungsbedingten Einschränkungen bliebe für die Klägerin ausschließlich der kaufmännisch-verwaltende Bereich für eine Weiterbildung. Ab 14. Oktober 2002 bis einschließlich 29. August 2003 arbeitete die Klägerin als Aushilfe bei der Firma L. GmbH und Co. oHG in Bü. als Maschinenbedienerin. Sie nahm dann zum 1. September 2003 die von der Beklagten finanzierte Umschulungsmaßnahme zur Industriekauffrau im Berufsförderungswerk Schö. auf. Aufgrund auch sehbehinderungsbedingt schlechter Leistungen wurde die Umschulung dann in der Folgezeit auf das Ausbildungsprogramm "Büropraktikerin/Bürokauffrau im Verbundmodell" reduziert. Nachdem die Klägerin auch hier lediglich ausreichende Leistungen erzielte, was nach Auffassung des Berufsförderungswerks Schö. im Zusammenhang mit ihrer starken Sehbehinderung stehe, erfolgte eine Arbeitserprobung im Berufsförderungswerk Wü. mit dem Ziel, festzustellen, ob die Klägerin eine Maßnahme für Blinde oder Sehbehinderte benötige. Ausweislich der zusammenfassenden Empfehlung des Berufsförderungswerks Wü. vom 29. März 2004 ergab die Sehhilfenerprobung, dass die Belastbarkeit des Sehvermögens der Klägerin für eine sehbehindertengemäße Ausbildung bzw. Tätigkeit im Bürobereich nicht ausreiche. Hier wäre die Klägerin auf das blindheitsgemäße Arbeiten angewiesen. Es bedürfe daher zunächst eines Rehabilitationsvorbereitungslehrgangs, in welchem die Klägerin das sehbehindertengemäße Arbeiten erlernen und die Belastbarkeit des Sehvermögens steigern müsse. Sehbehindertengemäß sei aus heutiger Sicht der Beruf der Masseurin und medizinischen Bademeisterin bzw. Physiotherapeutin. Die Umschulungsmaßnahme wurde daraufhin vorzeitig am 2. April 2004 beendet. Der Facharzt für Arbeitsmedizin und Sportmedizin Dr. Ko. vom Berufsförderungswerk Schö. wies in einer arbeitsmedizinischen Stellungnahme vom 8. April 2004 ergänzend darauf hin, dass aus arbeitsmedizinischer Sicht weder Qualifizierungsmaßnahmen im kaufmännischen Bereich der vorliegenden Behinderung gerecht würden, noch aufgrund der fehlenden Muttersprachlichkeit der Klägerin eine eventuelle Qualifizierung für eine Tätigkeit in einem Callcenter oder ähnlichem möglich sei. Die Klägerin sei erst im Alter von 13 Jahren nach Deutschland übergesiedelt. Eine von der Klägerin begehrte und von der Beklagten schließlich bewilligte Fortbildungsmaßnahme zur Motopädin kam aufgrund der Schwangerschaft der Klägerin nicht zustande. In der Zeit von November 2004 bis März 2007 war die Klägerin geringfügig als Putzhilfe bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft beschäftigt; danach von April 2007 bis Januar 2008 bediente sie - gleichfalls in einem geringfügigen Umfang - das Telefon im Friseursalon ihres damaligen Lebensgefährten.
Am 13. Mai 2008 beantragte sie durch ihren damaligen Bevollmächtigten bei der Beklagten Rente wegen voller Erwerbsminderung. Auf Grundlage beigezogener Befundberichte kam der von der Beklagten mit einer gutachterlichen Stellungnahme nach Aktenlage beauftragte Arzt für Chirurgie und Sozialmedizin Dr. Schl. in seinem Gutachten vom 29. September 2008 zur Diagnose einer Sehminderung für Nähe und Ferne auf dem Boden einer langsam fortschreitenden Netzhauterkrankung. Wie sich dem Bericht der Augenklinik He. von April 2008 entnehmen lasse, weise die Klägerin mit einem Visus von 0,1, einem bis auf ein kleines Zentralskotom erhaltenen Gesichtsfelds und sonst unauffälligem Befund durchaus noch ein relevantes Restsehvermögen auf, mit welchem die Orientierung im Raum und damit auch das Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel problemlos möglich sei. Die Klägerin könne mit einer Leselupe mit sechsfacher Vergrößerung sicherlich nicht viele Seiten am Stück, wie beispielsweise ein Buch oder ein mehrseitiges Schriftstück rasch erfassen, aber kürzere Textpassagen oder Tabellen durchaus lesen. Für das häusliche Lesen habe sie ein zusätzliches Bildschirmlesegerät. Tätigkeiten, bei denen es nicht auf ein genaues Sehen und rasches Lesen ankomme, könnten von der Klägerin weiterhin in vollem zeitlichen Umfang ausgeführt werden, so dass sowohl Tätigkeiten im Landschaftsgartenbau als auch vielfältige Maschinenarbeiten bei gröberen Produktionsprozessen noch in Frage kämen. Mit Bescheid vom 28. Oktober 2008 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag ab; es läge weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung vor. Den hiergegen am 6. November 2008 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. März 2009 als unbegründet zurück. Dagegen hat die Klägerin am 27. April 2009 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben, mit welcher sie ihr Begehren weiterverfolgt hat. Das SG hat zunächst den behandelnden Augenarzt im Universitätsklinikum He. vernommen. Prof. Dr. Ro. hat in seiner Stellungnahme vom 17. November 2009 über eine erhebliche Funktionsverschlechterung der Augen gegenüber der Erstvorstellung am 25. Oktober 2000 berichtet. So habe die Sehschärfe am 25. Februar 2008 recht 0,1 und links 0,08 bei einem beidseitigen kleinen Zentralskotom von 5 bis 8 Grad betragen. Die Klägerin sei dennoch noch in der Lage, einer körperlich leichten und nervlich wenig belastenden Tätigkeit vollschichtig nachzugehen. Das SG hat weiterhin die Fachärztin für Augenkrankheiten, Dr. Be. mit der Erstattung eines augenärztlichen Gutachtens über die Klägerin beauftragt. In ihrem Gutachten vom 29. Juni 2010, beruhend u.a. auf einer Untersuchung am 27. Mai 2010 hat die Sachverständige bei der Klägerin folgende Befunde erhoben: • Hochgradige Reduktion der Sehschärfe beider Augen, • partieller Ausfall des zentralen Gesichtsfeldes beider Augen (Zentralskotom), • Maculopathie: Zäpfchen-/Stäbchen-Dystrophie; Differenzialdiagnose Morbus Stargardt beider Augen, • mäßig eingeschränkte Binokularfunktion und Stereopsis, • erhöhte Blendempfindlichkeit, • Nachtblindheit sowie • Exophorie. Die beidseitige hochgradige Sehbehinderung der Klägerin mit beidseitigem Zentralskotom bedeute - so die Sachverständige -, dass Schriften und Gegenstände nicht durch unmittelbares direktes Fixieren wahrgenommen werden könnten, sondern nur dadurch, dass ein wenig an ihnen vorbeigesehen werde. Die Augen müssten sich demnach auf ein suchendes Fixieren einstellen; dementsprechend sei der Lesevorgang bei der Klägerin stark verlangsamt und die Objekte im Raum würden bei direktem Fixieren nicht erkannt, unter Umständen schon gar nicht gesehen. Angesichts der hochgradigen Sehbehinderung der Klägerin gäbe es nur wenige Tätigkeiten, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als Erwerbstätigkeit angeboten würden. Als eine mögliche Tätigkeit erachte die Sachverständige beispielsweise die Arbeit in einem Callcenter. Diese könnte auch in einem zeitlichen Umfang von 6 Stunden täglich im Rahmen einer 5-Tage-Woche ausgeübt werden. Durch das suchende Fixieren sei aber die Ermüdbarkeit der Klägerin deutlich erhöht. Sollte eine Tätigkeit mit zeitlich überwiegender Sehbeanspruchung ausgeübt werden, wären sicher betriebsunübliche Pausen, etwa 10 bis 15 Min. alle 2 Std. angezeigt. Die von der Beklagten vorgeschlagenen Verweisungstätigkeiten einer Helferin im Landschaftsgartenbau bzw. einer Maschinenarbeiterin bei gröberen Produktionsprozessen entsprächen nicht dem positiven Leistungsbild der Klägerin; erstere Tätigkeit scheitere daran, dass die Klägerin nicht in der Lage sei, Unkraut von Nutzpflanzen zu unterscheiden, mit landwirtschaftlichen Maschinen umzugehen, sie zu bedienen usw., letztere Tätigkeit sei zu riskant. Eine derartige Tätigkeit sei wegen erhöhten Risikos für die Gesundheit nicht zumutbar. Die Beklagte hat sich dem augenärztlichen Gutachten in einer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 23. August 2010 (Dr. Ho.) weitestgehend angeschlossen. Einzig hat Dr. Ho. die 10- bis 15-minütigen Pausen als betriebsüblich angesehen. Die Tätigkeit in einem Callcenter sei zu empfehlen.
Mit Urteil vom 22. März 2011 auf die mündliche Verhandlung vom selben Tag hat das SG die Beklagte verurteilt, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Mai 2008 bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Die Augenerkrankung der Klägerin stelle eine schwere spezifische Leistungsbehinderung dar. Die von der Beklagten benannten Tätigkeiten einer Helferin im Landschaftsgartenbau, einer Tätigkeit als Maschinenarbeiterin bei gröberen Produktionsprozessen aber auch die Tätigkeiten im Callcenter vermöge die Klägerin aufgrund dessen nicht auszuüben. Letztere Tätigkeit erfordere neben Redegewandtheit auch die zügige Eingabe von Bestellungen in den Computer, die Sachverhaltsprotokollierung und ggf. die Weiterleitung von Aufträgen zur Vorgangsbearbeitung. Vor diesem Hintergrund sei die Kammer der Auffassung, dass diese Tätigkeit nicht dem positiven Leistungsbild der Klägerin entspreche.
Gegen das der Beklagten am 11. April 2011 zugestellte Urteil hat diese am 3. Mai 2011 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung ist vorgetragen worden, aus dem Urteil des SG ergebe sich nicht wann die volle Erwerbsminderung eingetreten sein soll. Im Übrigen sei die Klägerin mit dem festgestellten Leistungsvermögen trotz der Augenerkrankung durchaus in der Lage Tätigkeiten zu verrichten. Hierzu hat Dr. Schl. in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 28. April 2011 ausgeführt, dass es als Helferin im Landschaftsgartenbau eine Vielzahl von Tätigkeiten gebe, für die es mit dem Augenbefund keine Einschränkungen gebe. Auch sei bei weitem nicht jede Maschine per se gefährlich, weshalb der Ausschluss von jeglicher Maschinenarbeit durch die Sachverständige Dr. Be. von einer fehlenden Vertrautheit dieser mit der Arbeitswelt in Produktionsbetrieben zeuge. Beispielhaft seien hier Pressen genannt, die nur dann in Funktion zu setzen seien, wenn über eine Beidhandbedienung sichergestellt sei, dass sich die Hände definitiv nicht mehr im Arbeitsbereich befinden. Im Übrigen wäre durch eine blindenspezifische Grundausbildung mit Erlernen der Brailleschrift eine Möglichkeit gegeben, Blindentätigkeiten suffizient auszuüben. Damit bestünde auch die Möglichkeit die Erwerbsfähigkeit wieder zu bessern. Die Beklagte hat weiterhin eine sozialmedizinische Stellungnahme von Frau Dr. Lang vom 5. September 2011 vorgelegt, wonach die Klägerin zwar als hochgradig sehbehindert einzustufen sei. Es bestünden indes zahlreiche Anhaltspunkte für den beruflichen Einsatz sowohl hochgradig sehbehinderter wie auch blinder Menschen; hierzu bedürfe es natürlich einer speziellen Förderung und einer speziellen Ausgestaltung am Arbeitsplatz und natürlich auch eines gewissen Entgegenkommens seitens des Arbeitgebers bezüglich der speziellen Bedürfnisse eines hochgradig sehbehinderten oder blinden Menschen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. März 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat zunächst aktuelle sachverständige Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte der Klägerin eingeholt. Der behandelnde Augenarzt Dr. Fa. hat in seiner Stellungnahme vom 4. Oktober 2011 Übereinstimmung mit dem Gutachten der Sachverständigen Dr. Be. auch im Hinblick auf die berufliche Leistungsfähigkeit erklärt. Prof. Dr. Ro. hat in seiner Stellungnahme vom 11. Oktober 2011 ausgeführt, es sei innerhalb der letzten Jahre bei der Klägerin nochmals zu einer erheblichen Verschlechterung des Sehschärfe gekommen; so habe diese am 21. Juni 2011 an beiden Augen nur noch 0,08 betragen. Ohne weitere rehabilitative Maßnahmen sei eine Erwerbstätigkeit deshalb grundsätzlich nicht vorstellbar. Die Beklagte hat hierzu eine ergänzende sozialmedizinische Stellungnahme von Dr. Schl. vom 17. November 2011 vorgelegt; dieser hat ausgeführt, es gehe bei der Klägerin nicht um eine vollblinde Person. Vielmehr sei bei der Klägerin lediglich das zentrale Sehen betroffen, das periphere Sehen sei aber intakt. Gerade Letzteres sei entscheidend für die Bewegungsfähigkeit im Straßenraum. Ein genereller Ausschluss aller Maschinenarbeiten verkenne die Differenziertheit der mit Maschinen verbundenen konkreten Gefährdung. Der Senat hat weiterhin am 5. August 2011 eine nichtöffentliche Sitzung zur Erörterung des Sachverhalts durchgeführt.
Wegen der näheren Einzelheiten des Erörterungstermins sowie der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Rentenakte sowie die Rehaakte der Beklagten, die Klageakte des SG sowie die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Sie ist indes unbegründet.
Das SG hat zutreffend entschieden, dass der Klägerin ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Mai 2008 bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze zusteht. Das SG hat ebenso zutreffend die Anspruchsvoraussetzungen der von der Klägerin im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage, gerichtet gegen die Bescheide der Beklagten vom 28. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2009 geltend gemachten Erwerbsminderungsrente gem. § 43 SGB VI im einzelnen dargelegt. Der Senat verweist auf die entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Urteil des SG und sieht von einer Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Zwar ist die Klägerin nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme unter Berücksichtigung der bestehenden Gesundheitsstörungen noch im Stande, leichte Tätigkeiten mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Dies entnimmt der Senat der Leistungseinschätzung der Sachverständigen Dr. Be. in ihrem schlüssigen und nachvollziehbarem Gutachten vom 29. Juni 2010; die dortige Leistungseinschätzung findet ausweislich deren Stellungnahmen im erstinstanzlichen und im Berufungsverfahren auch die Zustimmung der behandelnden Ärzte der Klägerin, Dr. Fa. sowie Prof. Dr. Ro ... Die Klägerin ist aber infolge einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung nicht mehr dazu in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes im zeitlichen Rahmen erwerbstätig zu sein.
Zwar kann für den Regelfall davon ausgegangen werden, dass ein Versicherter, der nach seinem verbliebenen Restleistungsvermögen noch körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten (wenn auch mit qualitativen Einschränkungen) täglich mindestens 6 Stunden verrichten kann, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen erwerbstätig sein kann. Denn dem Versicherten ist es mit diesem Leistungsvermögen in der Regel noch möglich, diejenigen Verrichtungen auszuführen, die in ungelernten Tätigkeiten in der Regel gefordert werden, wie z.B. das Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw. (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts [BSG], vgl. zuletzt BSG vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 78/09 R - juris Rdnr. 31). Es besteht jedoch auch unter der seit dem 1. Januar 2001 geltenden Rechtslage weiterhin die Pflicht zur Benennung zumindest einer Verweisungstätigkeit, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG a.a.O., juris Rdnr. 33). Denn Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 43 SGB VI setzt nicht nur voraus, dass der Versicherte in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes eine Tätigkeit zu verrichten, sondern darüber hinaus, dass er damit in der Lage ist "erwerbstätig" zu sein, d.h. unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ein Erwerbseinkommen zu erzielen. Während der "allgemeine Arbeitsmarkt" in diesem Sinne jede nur denkbare Tätigkeit, die es auf dem Arbeitsmarkt gibt, umfasst und das Merkmal "allgemein" lediglich den Arbeitsmarkt von Sonderbereichen, wie beispielsweise Werkstätten für Behinderte und anderen geschützten Einrichtungen abgrenzt, ist unter den "üblichen Bedingungen" im Sinne des § 43 SGB VI das tatsächliche Geschehen auf dem Arbeitsmarkt und in den Betrieben zu verstehen, d.h. unter welchen Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt die Entgelterzielung üblicherweise tatsächlich erfolgt (BSG a.a.O., Rdnr. 27 ff). Üblich sind dabei Bedingungen dann, wenn sie nicht nur in Einzel- oder Ausnahmefällen anzutreffen sind, sondern in nennenswertem Umfang und in beachtlicher Zahl (BSG a.a.O., juris Rdnr. 29).
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass das Restleistungsvermögen der Klägerin es dieser nicht mehr erlaubt, die o.g. Verrichtungen oder Tätigkeiten, die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, auszuüben. Bei der Klägerin liegt zwischenzeitlich - zwischen den Beteiligten unstreitig - eine hochgradige Sehbehinderung auf beiden Augen infolge der im 25. Lebensjahr manifest gewordenen Maculopathie vor. Dies steht zur Überzeugung des Senats aufgrund des schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens von Dr. Be. fest. Danach beträgt die auf beiden Augen noch maximal erzielbare Sehschärfe 0,1 rechts und 0,16 links (Gutachten Dr. Be.) bzw. 0,08 beidseits (so von Prof. Dr. Ro. am 21. Juni 2011 gemessen), wobei selbst diese nur mehr geringe Sehschärfe nur durch intensiv suchendes Fixieren erzielt werden kann. Denn wie die Gesichtsfelduntersuchung durch die Sachverständige Dr. Be. gezeigt hat, fällt das zentrale Gesichtsfeld unmittelbar oberhalb des Fixierpunktes auf beiden Augen praktisch vollständig aus. Diese Einschränkung des Sehvermögens führt, wie von der Sachverständigen überzeugend dargestellt, dazu, dass Schriften und Gegenstände nicht mehr durch unmittelbares direktes Fixieren wahrgenommen werden können, sondern nur noch dadurch, dass an ihnen "vorbei" gesehen wird. Erforderlich ist ein suchendes Fixieren durch die Augen; dementsprechend ist der Lesevorgang stark verlangsamt, Objekte im Raum werden bei direktem Fixieren nicht erkannt oder schon überhaupt nicht gesehen. Die vorgenannten einfachen industriellen Arbeiten wie z.B. als Packer, Sortierer oder Maschinenbediener erfordern aber regelmäßig den Umgang mit kleinen leichten Teilen und setzen auch bei einer Zeitlohnvergütung eine Grundschnelligkeit voraus, die die Klägerin aufgrund ihres hochgradig eingeschränkten Sehvermögens nicht mehr zu leisten im Stande ist (vgl. hierzu auch Landessozialgericht Schleswig-Holstein vom 29. April 2008 - L 7 R 8/07 - juris Rdnr. 35). Das Bedienen von Maschinen geht für die Klägerin regelmäßig mit einem erhöhten Maß an Selbstgefährdung einher; auch die von der Beklagten in der Berufungsbegründung angeführten Maschinen mit einem nur geringen Gefährdungspotenzial infolge Umsetzung strengster Unfallverhütungsvorschriften - so solche überhaupt unter den "üblichen Bedingungen" des Arbeitsmarktes im Sinne des § 43 SGB VI zur Verfügung stehen - sind infolge der regelmäßig gegebenen optischen Anzeigen für die Klägerin ungeeignet. Damit stellt die hochgradige beidseitige Sehbehinderung der Klägerin eine schwere spezifische Leistungsbehinderung dar, die eine Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erfordert (vgl. auch BSG vom 19. April 1978 - 4 RJ 55/77 = SozR 2200 § 1246 Nr. 30 - juris Rdnr. 13; BSG, Beschluss des Großen Senats vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8 - juris Rdnr. 37, wonach bereits Einäugigkeit eine solche schwere Einschränkung darstellt; noch weitergehend LSG Baden-Württemberg vom 26. März 2009 - L 6 R 3104/07 - Sozialgerichtsbarkeit.de, welches bei einer rechtsseitigen Einschränkung der Sehkraft auf 0,3 bzw. 0,2 und linksseitig "auf Fingerzählen" bei Gesichtsfeldeinschränkung, Hornhauttrübung und stark herabgesetztem Dämmerungssehen sowie Skotom linksseitig von einem Erwerbsvermögen von weniger als 3 Stunden ausgeht).
Weder konnte aber die Beklagte der Klägerin wenigstens eine konkrete zumutbare Verweisungstätigkeit mit ihrem typischen, das Anforderungsprofil bestimmenden Merkmalen benennen, noch sind andere Tätigkeiten, die die Klägerin mit dem dargestellten Leistungsvermögen hätte verrichten können, ersichtlich. Die von der Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren benannten Verweisungstätigkeiten - Tätigkeiten im Landschaftsgartenbau bzw. Maschinenarbeiten mit gröberen Produktionsprozessen - entsprechen nicht dem positiven Leistungsbild der Klägerin. Diesbezüglich folgt der Senat zunächst der auch insoweit überzeugenden gutachterlichen Stellungnahme der Sachverständigen. Diese hat im Hinblick auf die Verweisungstätigkeit einer Helferin im Landschaftsgartenbau ausgeführt, die Klägerin sei schon nicht in der Lage, Unkraut von Nutzpflanzen zu unterscheiden sowie mit landwirtschaftlichen Maschinen umzugehen, sie zu bedienen, zu warten usw ...
Soweit die Beklagte in der sozialmedizinischen Stellungnahme des Dr. Schl. vom 28. April 2011 entgegnet, der Klägerin sei als Helferin im Landschaftsgartenbau bzw. in der Landwirtschaft in Eierproduktionsbetrieben das Umstallen der Tiere sowie das Einsammeln der Eier und in der Milchwirtschaft der Umgang mit den Tieren einschließlich des Melkens möglich, sie könne auch in Pflanzenaufzuchtsbetrieben das Pikieren, das Umpflanzen usw. vornehmen, kann dies nicht überzeugen. Das Umstallen der Tiere sowie das Einsammeln von Eiern dürfte allenfalls einen Teilaspekt der Tätigkeit einer Helferin im Landschaftsgartenbau/Landwirtschaft darstellen; es handelt sich aber nicht um die typischen, das Anforderungsprofil bestimmenden Merkmale der Tätigkeit (vgl. hierzu BSG vom 19. Oktober 2011 a.a.O., juris Rdnr. 37). Das Verpflanzen von zu dicht stehenden Sämlingen auf größere Abstände im Gartenbau (sog. Pikieren) kann wiederum - den Ausführungen der Sachverständigen folgend - von der Klägerin mit ihrem erheblich eingeschränkten Sehvermögen und insbesondere ihrem Verlust des zentralen Gesichtsfeldes allenfalls äußerst mühselig und sehr stark verlangsamt und damit nicht mehr zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes abverlangt werden. Die von der Sachverständigen zur Beschreibung des positiven Leistungsbildes angeführten erhöhten Gesundheitsrisiken für die Klägerin bei Umgang mit (gefährlichen) Maschinen dürften ohne weiteres auch auf den von der Beklagten angesonnenen Umgang mit Nutztieren zu übertragen sein; ungeachtet der Tatsache, dass das Melken von Tieren im Rahmen der Viehwirtschaft alleine wiederum nur Teilaspekt einer konkreten Verweisungstätigkeit, nicht aber eine solche selbst sein dürfte.
Auch die von der Beklagten vorgeschlagene Tätigkeit als Maschinenbedienerin bei gröberen Produktionsprozessen stellt keine zumutbare Verweisungstätigkeit für die Klägerin dar. Selbst wenn man davon ausgeht, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen ausreichend Arbeitsplätze an Maschinen zur Verfügung stehen, deren Handhabung ohne besondere Gefährdung vonstattengeht, so ist zum einen zu beachten, dass die Steuerung und Kontrolle von Arbeitsabläufen mit Hilfe von Maschinen in aller Regel über optische Anzeigen erfolgt, die nur bedingt durch akustische oder taktil erfassbare Hinweise ersetzt bzw. allenfalls ergänzt werden können. Darüber hinaus fehlt es - wie bereits ausgeführt - der Klägerin infolge der hochgradigen Sehbehinderung an der auch im Zeitlohn vorausgesetzten Grundschnelligkeit. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass ausweislich des Berichts des Berufsförderungswerks Wü. vom 29. März 2004 die Klägerin bei stressenden Bedingungen mit Leistungseinbußen reagiert. Im Zusammenhang mit dem ohnedies durch das erforderliche, intensiv suchende Fixieren der Klägerin verlangsamte Arbeitstempo kann hier nicht mehr von einer Beschäftigung der Klägerin zu den auf dem Arbeitsmarkt üblichen Bedingungen gesprochen werden.
Aber auch die von der Sachverständigen Dr. Be. als Verweisungstätigkeit vorgeschlagenen einfachen Büroarbeiten sowie die Tätigkeit in einem Callcenter stellen keine zumutbare Verweisungstätigkeiten dar. So hat die Sehhilfenerprobung im Rahmen der Arbeitserprobung im Berufsförderungswerk Wü. im Frühjahr 2004 - also zu einem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin noch über ein deutlich besseres Sehvermögen verfügt hat - ergeben, dass die Belastbarkeit des Sehvermögens der Klägerin für eine Tätigkeit im Bürobereich nicht ausreicht. Insoweit wäre die Klägerin auf das blindheitsgemäße Arbeiten angewiesen; die entsprechenden Kenntnisse liegen bei der Klägerin indes nicht vor. Bezüglich einer möglichen Tätigkeit in einem Callcenter hat bereits das SG zutreffend ausgeführt, dass sich diese nicht im Telefonieren erschöpft, sondern neben Redegewandtheit auch die zügige Eingabe von Bestellungen in den Computer, die Sachverhaltsprotokollierung und ggf. die Weiterleitung von Aufträgen zur Vorgangsbearbeitung erfordert. Hierzu ist die Klägerin aber aus den bereits genannten Gründen nicht imstande; wie das SG in der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, kann auch das der Klägerin zur Verfügung stehende vergrößernde Bildschirmlesegerät aufgrund seiner mangelnden Transportfähig¬keit, wie auch der fehlenden Eignung zum Einsatz bei PC-Monitoren keine Abhilfe schaffen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen, welche sich der erkennende Senat zu eigen macht. Im Übrigen hat bereits 2004 der Facharzt für Arbeitsmedizin Dr. Ko. im Rahmen der berufsfördernden Maßnahme im Berufsförderungswerk Schö. in seiner arbeitsmedizinischen Stellungnahme vom 8. April 2004 ausgeführt, dass aufgrund der fehlenden Muttersprachlichkeit der Klägerin eine eventuelle Qualifizierung für eine Tätigkeit in einem Callcenter oder ähnlichem nicht möglich sei. Diese Aussage steht zwar in Widerspruch zu der von der Sachverständigen Dr. Be. festgehaltenen "Eloquenz" der Klägerin; insoweit kommt allerdings der von Dr. Ko. getroffenen Aussage vor dem Hintergrund einer stattgehabten längerfristigen Arbeitserprobung wie auch einer fachspezifischen Einschätzung der Vorzug zu. Letztlich dürfte die Beschäftigung in einem Callcenter auch mit der bereits beschriebenen, erheblichen Stressempfindlichkeit der Klägerin in Konflikt treten.
Zwar zutreffend verweist die Beklagte im Übrigen auf das weite Feld der Blinden und Sehbehinderten mittlerweile offenstehenden Berufsbilder. Beispielhaft sei hier auf das vom Berufsförderungswerk Düren auf seiner Homepage (www.bfw-dueren.de) dargestellte Ausbildungsangebot verwiesen. Voraussetzung der Ausübung all dieser Tätigkeiten ist jedoch eine blindentechnische Grundausbildung, die insbesondere auch die Beherrschung der Blindenschrift umfasst. Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin nicht vor. Im Übrigen können Tätigkeiten, die zu ihrer Ausübung einer blindentechnischen Grundausbildung und regelmäßig auch einer Unterstützung durch technische Zusatzgeräte bedürfen, nicht mehr als Erwerbstätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes angesehen werden (so auch LSG Baden-Württemberg vom 13. Juni 2006 - L 11 R 5778/04 - Sozialgerichtsbarkeit.de). So hat die Beklagte in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 5. September 2011 selbst ausgeführt, dass es für den beruflichen Einsatz sowohl hochgradig sehbehinderter wie auch blinder Menschen neben einer speziellen Förderung auch einer speziellen Ausgestaltung am Arbeitsplatz, insbesondere mit Hilfen im technischen Bereich bedarf; zusätzlich sei auch ein Entgegenkommen seitens des Arbeitgebers in Form der Rücksichtnahme auf die speziellen Bedürfnisse eines hochgradig sehbehinderten bzw. blinden Menschen erforderlich. Diese Anforderungen können aber nicht mehr unter der vorstehend gegebenen Definition der "üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes" subsumiert werden. Aber auch die Ausübung einer konkreten Verweisungstätigkeit muss unter den betriebsüblichen Arbeitsbedingungen möglich sein, um Erwerbsunfähigkeit ausschließen zu können (vgl. BSG vom 28. August 1991, 13/5 RJ 47/90 = SozR 3-2200 § 1247 Nr. 8 - juris Rdnr. 26).
Zu Recht hat das SG im Übrigen in Ansehung von § 102 Abs. 2 Satz 5 SGB VI von einer Befristung der Erwerbsminderungsrente abgesehen. Nach dieser Vorschrift werden Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ausnahmsweise unbefristet geleistet, wenn (1) unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann und (2) der Anspruch nicht von der jeweiligen Arbeitsmarktlage abhängig ist. Bei der Augenerkrankung der Klägerin handelt es sich um eine progrediente Gesundheitsstörung mit Dauercharakter, weshalb ausgeschlossen ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann. Der Vortrag der Beklagten hierzu in der sozialmedizinischen Stellungnahme von Dr. Schl. vom 28. April 2011, wonach zukünftig im Zuge einer blindenspezifischen Grundausbildung eine Möglichkeit geschaffen werden könnte, die Blindentätigkeit suffizient auszuüben und damit die Möglichkeit zur Erwerbsfähigkeit wieder bestünde, geht fehl. Wie bereits ausgeführt, fallen Blindentätigkeiten nicht mehr unter die "üblichen Bedingungen" im Sinne des § 43 SGB VI als diejenigen Bedingungen, unter welchen auf dem Arbeitsmarkt die Entgelterzielung üblicherweise tatsächlich erfolgt. Die weitere Voraussetzung in § 102 Abs. 2 Satz 5 SGB VI stellt klar, dass Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur auf Zeit zu leisten sind, wenn der Rentenanspruch nicht ausschließlich auf dem Gesundheitszustand, sondern auch darauf beruht, dass der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen ist (BSG vom 10. Dezember 2003 - B 5 RJ 64/02 R = SozR 4-2600 § 44 Nr. 1 - juris Rdnr. 34). Die Unfähigkeit der Klägerin, durch Arbeit Einkommen zu erzielen, beruht indes nicht auf der Schwankungen unterworfenen jeweiligen Lage des Arbeitsmarktes, sondern auf dem Fehlen von Verweisungstätigkeiten, die die Klägerin mit ihrem körperlichen Leistungsvermögen unter Berücksichtigung ihrer hochgradigen Sehbehinderung noch verrichten könnte (BSG a.a.O.).
Ausgehend von einem spätestens am 25. Februar 2008 eingetretenen Leistungsfall - spätestens zu diesem Zeitpunkt lagen ausweislich der sachverständigen Zeugenaussage von Prof. Dr. Ro. vom 17. November 2009 die im Gutachten von Dr. Be. später bestätigten maximal erzielbaren Sehschärfen von knapp 0,1 und damit die hochgradige Sehbehinderung vor - begegnet der vom SG gewählte Rentenbeginn vom Kalendermonat an, in welchem die Rente beantragt worden ist (§ 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI), keinen Bedenken.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei berücksichtigte der Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens, dass die Beklagte in beiden Instanzen unterlegen ist.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin auch im Berufungsverfahren.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Bewilligung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI).
Die 1975 geborene Klägerin hat zwischen 1991 und 1994 den Beruf der Zahnarzthelferin erlernt und danach in diesem Beruf gearbeitet. Professor Dr. Ro. von der Augenklinik He. diagnostizierte im Rahmen einer Untersuchung am 25. Oktober 2000 bei der Klägerin einen Verdacht auf Morbus Stargardt. Aufgrund der Beeinträchtigung ihres Sehvermögens infolge der progredienten Augenerkrankung gab die Klägerin den erlernten Beruf zum 1. September 2001 auf. Bereits im Frühjahr 2001 beantragte sie berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation. In der Folgezeit bezog sie Leistungen der Agentur für Arbeit. Im April/Mai 2002 fand eine Berufsfindungs-/Arbeitserprobungsmaßnahme im Berufsförderungswerk He. statt. In ihrer ärztlichen Stellungnahme vom 7. Mai 2002 kam die dortige Sozialmedizinerin zum Ergebnis, in Anbetracht der behinderungsbedingten Einschränkungen bliebe für die Klägerin ausschließlich der kaufmännisch-verwaltende Bereich für eine Weiterbildung. Ab 14. Oktober 2002 bis einschließlich 29. August 2003 arbeitete die Klägerin als Aushilfe bei der Firma L. GmbH und Co. oHG in Bü. als Maschinenbedienerin. Sie nahm dann zum 1. September 2003 die von der Beklagten finanzierte Umschulungsmaßnahme zur Industriekauffrau im Berufsförderungswerk Schö. auf. Aufgrund auch sehbehinderungsbedingt schlechter Leistungen wurde die Umschulung dann in der Folgezeit auf das Ausbildungsprogramm "Büropraktikerin/Bürokauffrau im Verbundmodell" reduziert. Nachdem die Klägerin auch hier lediglich ausreichende Leistungen erzielte, was nach Auffassung des Berufsförderungswerks Schö. im Zusammenhang mit ihrer starken Sehbehinderung stehe, erfolgte eine Arbeitserprobung im Berufsförderungswerk Wü. mit dem Ziel, festzustellen, ob die Klägerin eine Maßnahme für Blinde oder Sehbehinderte benötige. Ausweislich der zusammenfassenden Empfehlung des Berufsförderungswerks Wü. vom 29. März 2004 ergab die Sehhilfenerprobung, dass die Belastbarkeit des Sehvermögens der Klägerin für eine sehbehindertengemäße Ausbildung bzw. Tätigkeit im Bürobereich nicht ausreiche. Hier wäre die Klägerin auf das blindheitsgemäße Arbeiten angewiesen. Es bedürfe daher zunächst eines Rehabilitationsvorbereitungslehrgangs, in welchem die Klägerin das sehbehindertengemäße Arbeiten erlernen und die Belastbarkeit des Sehvermögens steigern müsse. Sehbehindertengemäß sei aus heutiger Sicht der Beruf der Masseurin und medizinischen Bademeisterin bzw. Physiotherapeutin. Die Umschulungsmaßnahme wurde daraufhin vorzeitig am 2. April 2004 beendet. Der Facharzt für Arbeitsmedizin und Sportmedizin Dr. Ko. vom Berufsförderungswerk Schö. wies in einer arbeitsmedizinischen Stellungnahme vom 8. April 2004 ergänzend darauf hin, dass aus arbeitsmedizinischer Sicht weder Qualifizierungsmaßnahmen im kaufmännischen Bereich der vorliegenden Behinderung gerecht würden, noch aufgrund der fehlenden Muttersprachlichkeit der Klägerin eine eventuelle Qualifizierung für eine Tätigkeit in einem Callcenter oder ähnlichem möglich sei. Die Klägerin sei erst im Alter von 13 Jahren nach Deutschland übergesiedelt. Eine von der Klägerin begehrte und von der Beklagten schließlich bewilligte Fortbildungsmaßnahme zur Motopädin kam aufgrund der Schwangerschaft der Klägerin nicht zustande. In der Zeit von November 2004 bis März 2007 war die Klägerin geringfügig als Putzhilfe bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft beschäftigt; danach von April 2007 bis Januar 2008 bediente sie - gleichfalls in einem geringfügigen Umfang - das Telefon im Friseursalon ihres damaligen Lebensgefährten.
Am 13. Mai 2008 beantragte sie durch ihren damaligen Bevollmächtigten bei der Beklagten Rente wegen voller Erwerbsminderung. Auf Grundlage beigezogener Befundberichte kam der von der Beklagten mit einer gutachterlichen Stellungnahme nach Aktenlage beauftragte Arzt für Chirurgie und Sozialmedizin Dr. Schl. in seinem Gutachten vom 29. September 2008 zur Diagnose einer Sehminderung für Nähe und Ferne auf dem Boden einer langsam fortschreitenden Netzhauterkrankung. Wie sich dem Bericht der Augenklinik He. von April 2008 entnehmen lasse, weise die Klägerin mit einem Visus von 0,1, einem bis auf ein kleines Zentralskotom erhaltenen Gesichtsfelds und sonst unauffälligem Befund durchaus noch ein relevantes Restsehvermögen auf, mit welchem die Orientierung im Raum und damit auch das Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel problemlos möglich sei. Die Klägerin könne mit einer Leselupe mit sechsfacher Vergrößerung sicherlich nicht viele Seiten am Stück, wie beispielsweise ein Buch oder ein mehrseitiges Schriftstück rasch erfassen, aber kürzere Textpassagen oder Tabellen durchaus lesen. Für das häusliche Lesen habe sie ein zusätzliches Bildschirmlesegerät. Tätigkeiten, bei denen es nicht auf ein genaues Sehen und rasches Lesen ankomme, könnten von der Klägerin weiterhin in vollem zeitlichen Umfang ausgeführt werden, so dass sowohl Tätigkeiten im Landschaftsgartenbau als auch vielfältige Maschinenarbeiten bei gröberen Produktionsprozessen noch in Frage kämen. Mit Bescheid vom 28. Oktober 2008 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag ab; es läge weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung vor. Den hiergegen am 6. November 2008 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. März 2009 als unbegründet zurück. Dagegen hat die Klägerin am 27. April 2009 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben, mit welcher sie ihr Begehren weiterverfolgt hat. Das SG hat zunächst den behandelnden Augenarzt im Universitätsklinikum He. vernommen. Prof. Dr. Ro. hat in seiner Stellungnahme vom 17. November 2009 über eine erhebliche Funktionsverschlechterung der Augen gegenüber der Erstvorstellung am 25. Oktober 2000 berichtet. So habe die Sehschärfe am 25. Februar 2008 recht 0,1 und links 0,08 bei einem beidseitigen kleinen Zentralskotom von 5 bis 8 Grad betragen. Die Klägerin sei dennoch noch in der Lage, einer körperlich leichten und nervlich wenig belastenden Tätigkeit vollschichtig nachzugehen. Das SG hat weiterhin die Fachärztin für Augenkrankheiten, Dr. Be. mit der Erstattung eines augenärztlichen Gutachtens über die Klägerin beauftragt. In ihrem Gutachten vom 29. Juni 2010, beruhend u.a. auf einer Untersuchung am 27. Mai 2010 hat die Sachverständige bei der Klägerin folgende Befunde erhoben: • Hochgradige Reduktion der Sehschärfe beider Augen, • partieller Ausfall des zentralen Gesichtsfeldes beider Augen (Zentralskotom), • Maculopathie: Zäpfchen-/Stäbchen-Dystrophie; Differenzialdiagnose Morbus Stargardt beider Augen, • mäßig eingeschränkte Binokularfunktion und Stereopsis, • erhöhte Blendempfindlichkeit, • Nachtblindheit sowie • Exophorie. Die beidseitige hochgradige Sehbehinderung der Klägerin mit beidseitigem Zentralskotom bedeute - so die Sachverständige -, dass Schriften und Gegenstände nicht durch unmittelbares direktes Fixieren wahrgenommen werden könnten, sondern nur dadurch, dass ein wenig an ihnen vorbeigesehen werde. Die Augen müssten sich demnach auf ein suchendes Fixieren einstellen; dementsprechend sei der Lesevorgang bei der Klägerin stark verlangsamt und die Objekte im Raum würden bei direktem Fixieren nicht erkannt, unter Umständen schon gar nicht gesehen. Angesichts der hochgradigen Sehbehinderung der Klägerin gäbe es nur wenige Tätigkeiten, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt als Erwerbstätigkeit angeboten würden. Als eine mögliche Tätigkeit erachte die Sachverständige beispielsweise die Arbeit in einem Callcenter. Diese könnte auch in einem zeitlichen Umfang von 6 Stunden täglich im Rahmen einer 5-Tage-Woche ausgeübt werden. Durch das suchende Fixieren sei aber die Ermüdbarkeit der Klägerin deutlich erhöht. Sollte eine Tätigkeit mit zeitlich überwiegender Sehbeanspruchung ausgeübt werden, wären sicher betriebsunübliche Pausen, etwa 10 bis 15 Min. alle 2 Std. angezeigt. Die von der Beklagten vorgeschlagenen Verweisungstätigkeiten einer Helferin im Landschaftsgartenbau bzw. einer Maschinenarbeiterin bei gröberen Produktionsprozessen entsprächen nicht dem positiven Leistungsbild der Klägerin; erstere Tätigkeit scheitere daran, dass die Klägerin nicht in der Lage sei, Unkraut von Nutzpflanzen zu unterscheiden, mit landwirtschaftlichen Maschinen umzugehen, sie zu bedienen usw., letztere Tätigkeit sei zu riskant. Eine derartige Tätigkeit sei wegen erhöhten Risikos für die Gesundheit nicht zumutbar. Die Beklagte hat sich dem augenärztlichen Gutachten in einer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 23. August 2010 (Dr. Ho.) weitestgehend angeschlossen. Einzig hat Dr. Ho. die 10- bis 15-minütigen Pausen als betriebsüblich angesehen. Die Tätigkeit in einem Callcenter sei zu empfehlen.
Mit Urteil vom 22. März 2011 auf die mündliche Verhandlung vom selben Tag hat das SG die Beklagte verurteilt, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Mai 2008 bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Die Augenerkrankung der Klägerin stelle eine schwere spezifische Leistungsbehinderung dar. Die von der Beklagten benannten Tätigkeiten einer Helferin im Landschaftsgartenbau, einer Tätigkeit als Maschinenarbeiterin bei gröberen Produktionsprozessen aber auch die Tätigkeiten im Callcenter vermöge die Klägerin aufgrund dessen nicht auszuüben. Letztere Tätigkeit erfordere neben Redegewandtheit auch die zügige Eingabe von Bestellungen in den Computer, die Sachverhaltsprotokollierung und ggf. die Weiterleitung von Aufträgen zur Vorgangsbearbeitung. Vor diesem Hintergrund sei die Kammer der Auffassung, dass diese Tätigkeit nicht dem positiven Leistungsbild der Klägerin entspreche.
Gegen das der Beklagten am 11. April 2011 zugestellte Urteil hat diese am 3. Mai 2011 schriftlich beim Landessozialgericht Berufung eingelegt. Zur Begründung ist vorgetragen worden, aus dem Urteil des SG ergebe sich nicht wann die volle Erwerbsminderung eingetreten sein soll. Im Übrigen sei die Klägerin mit dem festgestellten Leistungsvermögen trotz der Augenerkrankung durchaus in der Lage Tätigkeiten zu verrichten. Hierzu hat Dr. Schl. in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 28. April 2011 ausgeführt, dass es als Helferin im Landschaftsgartenbau eine Vielzahl von Tätigkeiten gebe, für die es mit dem Augenbefund keine Einschränkungen gebe. Auch sei bei weitem nicht jede Maschine per se gefährlich, weshalb der Ausschluss von jeglicher Maschinenarbeit durch die Sachverständige Dr. Be. von einer fehlenden Vertrautheit dieser mit der Arbeitswelt in Produktionsbetrieben zeuge. Beispielhaft seien hier Pressen genannt, die nur dann in Funktion zu setzen seien, wenn über eine Beidhandbedienung sichergestellt sei, dass sich die Hände definitiv nicht mehr im Arbeitsbereich befinden. Im Übrigen wäre durch eine blindenspezifische Grundausbildung mit Erlernen der Brailleschrift eine Möglichkeit gegeben, Blindentätigkeiten suffizient auszuüben. Damit bestünde auch die Möglichkeit die Erwerbsfähigkeit wieder zu bessern. Die Beklagte hat weiterhin eine sozialmedizinische Stellungnahme von Frau Dr. Lang vom 5. September 2011 vorgelegt, wonach die Klägerin zwar als hochgradig sehbehindert einzustufen sei. Es bestünden indes zahlreiche Anhaltspunkte für den beruflichen Einsatz sowohl hochgradig sehbehinderter wie auch blinder Menschen; hierzu bedürfe es natürlich einer speziellen Förderung und einer speziellen Ausgestaltung am Arbeitsplatz und natürlich auch eines gewissen Entgegenkommens seitens des Arbeitgebers bezüglich der speziellen Bedürfnisse eines hochgradig sehbehinderten oder blinden Menschen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 22. März 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat zunächst aktuelle sachverständige Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte der Klägerin eingeholt. Der behandelnde Augenarzt Dr. Fa. hat in seiner Stellungnahme vom 4. Oktober 2011 Übereinstimmung mit dem Gutachten der Sachverständigen Dr. Be. auch im Hinblick auf die berufliche Leistungsfähigkeit erklärt. Prof. Dr. Ro. hat in seiner Stellungnahme vom 11. Oktober 2011 ausgeführt, es sei innerhalb der letzten Jahre bei der Klägerin nochmals zu einer erheblichen Verschlechterung des Sehschärfe gekommen; so habe diese am 21. Juni 2011 an beiden Augen nur noch 0,08 betragen. Ohne weitere rehabilitative Maßnahmen sei eine Erwerbstätigkeit deshalb grundsätzlich nicht vorstellbar. Die Beklagte hat hierzu eine ergänzende sozialmedizinische Stellungnahme von Dr. Schl. vom 17. November 2011 vorgelegt; dieser hat ausgeführt, es gehe bei der Klägerin nicht um eine vollblinde Person. Vielmehr sei bei der Klägerin lediglich das zentrale Sehen betroffen, das periphere Sehen sei aber intakt. Gerade Letzteres sei entscheidend für die Bewegungsfähigkeit im Straßenraum. Ein genereller Ausschluss aller Maschinenarbeiten verkenne die Differenziertheit der mit Maschinen verbundenen konkreten Gefährdung. Der Senat hat weiterhin am 5. August 2011 eine nichtöffentliche Sitzung zur Erörterung des Sachverhalts durchgeführt.
Wegen der näheren Einzelheiten des Erörterungstermins sowie der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Rentenakte sowie die Rehaakte der Beklagten, die Klageakte des SG sowie die Berufungsakte des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gem. §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung ist zulässig; sie ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Sie ist indes unbegründet.
Das SG hat zutreffend entschieden, dass der Klägerin ein Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Mai 2008 bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze zusteht. Das SG hat ebenso zutreffend die Anspruchsvoraussetzungen der von der Klägerin im Wege einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage, gerichtet gegen die Bescheide der Beklagten vom 28. Oktober 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. März 2009 geltend gemachten Erwerbsminderungsrente gem. § 43 SGB VI im einzelnen dargelegt. Der Senat verweist auf die entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Urteil des SG und sieht von einer Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab (§ 153 Abs. 2 SGG).
Zwar ist die Klägerin nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme unter Berücksichtigung der bestehenden Gesundheitsstörungen noch im Stande, leichte Tätigkeiten mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten. Dies entnimmt der Senat der Leistungseinschätzung der Sachverständigen Dr. Be. in ihrem schlüssigen und nachvollziehbarem Gutachten vom 29. Juni 2010; die dortige Leistungseinschätzung findet ausweislich deren Stellungnahmen im erstinstanzlichen und im Berufungsverfahren auch die Zustimmung der behandelnden Ärzte der Klägerin, Dr. Fa. sowie Prof. Dr. Ro ... Die Klägerin ist aber infolge einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung nicht mehr dazu in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes im zeitlichen Rahmen erwerbstätig zu sein.
Zwar kann für den Regelfall davon ausgegangen werden, dass ein Versicherter, der nach seinem verbliebenen Restleistungsvermögen noch körperlich leichte bis mittelschwere Tätigkeiten (wenn auch mit qualitativen Einschränkungen) täglich mindestens 6 Stunden verrichten kann, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen erwerbstätig sein kann. Denn dem Versicherten ist es mit diesem Leistungsvermögen in der Regel noch möglich, diejenigen Verrichtungen auszuführen, die in ungelernten Tätigkeiten in der Regel gefordert werden, wie z.B. das Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw. (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts [BSG], vgl. zuletzt BSG vom 19. Oktober 2011 - B 13 R 78/09 R - juris Rdnr. 31). Es besteht jedoch auch unter der seit dem 1. Januar 2001 geltenden Rechtslage weiterhin die Pflicht zur Benennung zumindest einer Verweisungstätigkeit, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG a.a.O., juris Rdnr. 33). Denn Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 43 SGB VI setzt nicht nur voraus, dass der Versicherte in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes eine Tätigkeit zu verrichten, sondern darüber hinaus, dass er damit in der Lage ist "erwerbstätig" zu sein, d.h. unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ein Erwerbseinkommen zu erzielen. Während der "allgemeine Arbeitsmarkt" in diesem Sinne jede nur denkbare Tätigkeit, die es auf dem Arbeitsmarkt gibt, umfasst und das Merkmal "allgemein" lediglich den Arbeitsmarkt von Sonderbereichen, wie beispielsweise Werkstätten für Behinderte und anderen geschützten Einrichtungen abgrenzt, ist unter den "üblichen Bedingungen" im Sinne des § 43 SGB VI das tatsächliche Geschehen auf dem Arbeitsmarkt und in den Betrieben zu verstehen, d.h. unter welchen Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt die Entgelterzielung üblicherweise tatsächlich erfolgt (BSG a.a.O., Rdnr. 27 ff). Üblich sind dabei Bedingungen dann, wenn sie nicht nur in Einzel- oder Ausnahmefällen anzutreffen sind, sondern in nennenswertem Umfang und in beachtlicher Zahl (BSG a.a.O., juris Rdnr. 29).
Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass das Restleistungsvermögen der Klägerin es dieser nicht mehr erlaubt, die o.g. Verrichtungen oder Tätigkeiten, die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, auszuüben. Bei der Klägerin liegt zwischenzeitlich - zwischen den Beteiligten unstreitig - eine hochgradige Sehbehinderung auf beiden Augen infolge der im 25. Lebensjahr manifest gewordenen Maculopathie vor. Dies steht zur Überzeugung des Senats aufgrund des schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachtens von Dr. Be. fest. Danach beträgt die auf beiden Augen noch maximal erzielbare Sehschärfe 0,1 rechts und 0,16 links (Gutachten Dr. Be.) bzw. 0,08 beidseits (so von Prof. Dr. Ro. am 21. Juni 2011 gemessen), wobei selbst diese nur mehr geringe Sehschärfe nur durch intensiv suchendes Fixieren erzielt werden kann. Denn wie die Gesichtsfelduntersuchung durch die Sachverständige Dr. Be. gezeigt hat, fällt das zentrale Gesichtsfeld unmittelbar oberhalb des Fixierpunktes auf beiden Augen praktisch vollständig aus. Diese Einschränkung des Sehvermögens führt, wie von der Sachverständigen überzeugend dargestellt, dazu, dass Schriften und Gegenstände nicht mehr durch unmittelbares direktes Fixieren wahrgenommen werden können, sondern nur noch dadurch, dass an ihnen "vorbei" gesehen wird. Erforderlich ist ein suchendes Fixieren durch die Augen; dementsprechend ist der Lesevorgang stark verlangsamt, Objekte im Raum werden bei direktem Fixieren nicht erkannt oder schon überhaupt nicht gesehen. Die vorgenannten einfachen industriellen Arbeiten wie z.B. als Packer, Sortierer oder Maschinenbediener erfordern aber regelmäßig den Umgang mit kleinen leichten Teilen und setzen auch bei einer Zeitlohnvergütung eine Grundschnelligkeit voraus, die die Klägerin aufgrund ihres hochgradig eingeschränkten Sehvermögens nicht mehr zu leisten im Stande ist (vgl. hierzu auch Landessozialgericht Schleswig-Holstein vom 29. April 2008 - L 7 R 8/07 - juris Rdnr. 35). Das Bedienen von Maschinen geht für die Klägerin regelmäßig mit einem erhöhten Maß an Selbstgefährdung einher; auch die von der Beklagten in der Berufungsbegründung angeführten Maschinen mit einem nur geringen Gefährdungspotenzial infolge Umsetzung strengster Unfallverhütungsvorschriften - so solche überhaupt unter den "üblichen Bedingungen" des Arbeitsmarktes im Sinne des § 43 SGB VI zur Verfügung stehen - sind infolge der regelmäßig gegebenen optischen Anzeigen für die Klägerin ungeeignet. Damit stellt die hochgradige beidseitige Sehbehinderung der Klägerin eine schwere spezifische Leistungsbehinderung dar, die eine Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erfordert (vgl. auch BSG vom 19. April 1978 - 4 RJ 55/77 = SozR 2200 § 1246 Nr. 30 - juris Rdnr. 13; BSG, Beschluss des Großen Senats vom 19. Dezember 1996 - GS 2/95 = SozR 3-2600 § 44 Nr. 8 - juris Rdnr. 37, wonach bereits Einäugigkeit eine solche schwere Einschränkung darstellt; noch weitergehend LSG Baden-Württemberg vom 26. März 2009 - L 6 R 3104/07 - Sozialgerichtsbarkeit.de, welches bei einer rechtsseitigen Einschränkung der Sehkraft auf 0,3 bzw. 0,2 und linksseitig "auf Fingerzählen" bei Gesichtsfeldeinschränkung, Hornhauttrübung und stark herabgesetztem Dämmerungssehen sowie Skotom linksseitig von einem Erwerbsvermögen von weniger als 3 Stunden ausgeht).
Weder konnte aber die Beklagte der Klägerin wenigstens eine konkrete zumutbare Verweisungstätigkeit mit ihrem typischen, das Anforderungsprofil bestimmenden Merkmalen benennen, noch sind andere Tätigkeiten, die die Klägerin mit dem dargestellten Leistungsvermögen hätte verrichten können, ersichtlich. Die von der Beklagten im erstinstanzlichen Verfahren benannten Verweisungstätigkeiten - Tätigkeiten im Landschaftsgartenbau bzw. Maschinenarbeiten mit gröberen Produktionsprozessen - entsprechen nicht dem positiven Leistungsbild der Klägerin. Diesbezüglich folgt der Senat zunächst der auch insoweit überzeugenden gutachterlichen Stellungnahme der Sachverständigen. Diese hat im Hinblick auf die Verweisungstätigkeit einer Helferin im Landschaftsgartenbau ausgeführt, die Klägerin sei schon nicht in der Lage, Unkraut von Nutzpflanzen zu unterscheiden sowie mit landwirtschaftlichen Maschinen umzugehen, sie zu bedienen, zu warten usw ...
Soweit die Beklagte in der sozialmedizinischen Stellungnahme des Dr. Schl. vom 28. April 2011 entgegnet, der Klägerin sei als Helferin im Landschaftsgartenbau bzw. in der Landwirtschaft in Eierproduktionsbetrieben das Umstallen der Tiere sowie das Einsammeln der Eier und in der Milchwirtschaft der Umgang mit den Tieren einschließlich des Melkens möglich, sie könne auch in Pflanzenaufzuchtsbetrieben das Pikieren, das Umpflanzen usw. vornehmen, kann dies nicht überzeugen. Das Umstallen der Tiere sowie das Einsammeln von Eiern dürfte allenfalls einen Teilaspekt der Tätigkeit einer Helferin im Landschaftsgartenbau/Landwirtschaft darstellen; es handelt sich aber nicht um die typischen, das Anforderungsprofil bestimmenden Merkmale der Tätigkeit (vgl. hierzu BSG vom 19. Oktober 2011 a.a.O., juris Rdnr. 37). Das Verpflanzen von zu dicht stehenden Sämlingen auf größere Abstände im Gartenbau (sog. Pikieren) kann wiederum - den Ausführungen der Sachverständigen folgend - von der Klägerin mit ihrem erheblich eingeschränkten Sehvermögen und insbesondere ihrem Verlust des zentralen Gesichtsfeldes allenfalls äußerst mühselig und sehr stark verlangsamt und damit nicht mehr zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes abverlangt werden. Die von der Sachverständigen zur Beschreibung des positiven Leistungsbildes angeführten erhöhten Gesundheitsrisiken für die Klägerin bei Umgang mit (gefährlichen) Maschinen dürften ohne weiteres auch auf den von der Beklagten angesonnenen Umgang mit Nutztieren zu übertragen sein; ungeachtet der Tatsache, dass das Melken von Tieren im Rahmen der Viehwirtschaft alleine wiederum nur Teilaspekt einer konkreten Verweisungstätigkeit, nicht aber eine solche selbst sein dürfte.
Auch die von der Beklagten vorgeschlagene Tätigkeit als Maschinenbedienerin bei gröberen Produktionsprozessen stellt keine zumutbare Verweisungstätigkeit für die Klägerin dar. Selbst wenn man davon ausgeht, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen ausreichend Arbeitsplätze an Maschinen zur Verfügung stehen, deren Handhabung ohne besondere Gefährdung vonstattengeht, so ist zum einen zu beachten, dass die Steuerung und Kontrolle von Arbeitsabläufen mit Hilfe von Maschinen in aller Regel über optische Anzeigen erfolgt, die nur bedingt durch akustische oder taktil erfassbare Hinweise ersetzt bzw. allenfalls ergänzt werden können. Darüber hinaus fehlt es - wie bereits ausgeführt - der Klägerin infolge der hochgradigen Sehbehinderung an der auch im Zeitlohn vorausgesetzten Grundschnelligkeit. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass ausweislich des Berichts des Berufsförderungswerks Wü. vom 29. März 2004 die Klägerin bei stressenden Bedingungen mit Leistungseinbußen reagiert. Im Zusammenhang mit dem ohnedies durch das erforderliche, intensiv suchende Fixieren der Klägerin verlangsamte Arbeitstempo kann hier nicht mehr von einer Beschäftigung der Klägerin zu den auf dem Arbeitsmarkt üblichen Bedingungen gesprochen werden.
Aber auch die von der Sachverständigen Dr. Be. als Verweisungstätigkeit vorgeschlagenen einfachen Büroarbeiten sowie die Tätigkeit in einem Callcenter stellen keine zumutbare Verweisungstätigkeiten dar. So hat die Sehhilfenerprobung im Rahmen der Arbeitserprobung im Berufsförderungswerk Wü. im Frühjahr 2004 - also zu einem Zeitpunkt, zu dem die Klägerin noch über ein deutlich besseres Sehvermögen verfügt hat - ergeben, dass die Belastbarkeit des Sehvermögens der Klägerin für eine Tätigkeit im Bürobereich nicht ausreicht. Insoweit wäre die Klägerin auf das blindheitsgemäße Arbeiten angewiesen; die entsprechenden Kenntnisse liegen bei der Klägerin indes nicht vor. Bezüglich einer möglichen Tätigkeit in einem Callcenter hat bereits das SG zutreffend ausgeführt, dass sich diese nicht im Telefonieren erschöpft, sondern neben Redegewandtheit auch die zügige Eingabe von Bestellungen in den Computer, die Sachverhaltsprotokollierung und ggf. die Weiterleitung von Aufträgen zur Vorgangsbearbeitung erfordert. Hierzu ist die Klägerin aber aus den bereits genannten Gründen nicht imstande; wie das SG in der angefochtenen Entscheidung festgestellt hat, kann auch das der Klägerin zur Verfügung stehende vergrößernde Bildschirmlesegerät aufgrund seiner mangelnden Transportfähig¬keit, wie auch der fehlenden Eignung zum Einsatz bei PC-Monitoren keine Abhilfe schaffen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die entsprechenden Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen, welche sich der erkennende Senat zu eigen macht. Im Übrigen hat bereits 2004 der Facharzt für Arbeitsmedizin Dr. Ko. im Rahmen der berufsfördernden Maßnahme im Berufsförderungswerk Schö. in seiner arbeitsmedizinischen Stellungnahme vom 8. April 2004 ausgeführt, dass aufgrund der fehlenden Muttersprachlichkeit der Klägerin eine eventuelle Qualifizierung für eine Tätigkeit in einem Callcenter oder ähnlichem nicht möglich sei. Diese Aussage steht zwar in Widerspruch zu der von der Sachverständigen Dr. Be. festgehaltenen "Eloquenz" der Klägerin; insoweit kommt allerdings der von Dr. Ko. getroffenen Aussage vor dem Hintergrund einer stattgehabten längerfristigen Arbeitserprobung wie auch einer fachspezifischen Einschätzung der Vorzug zu. Letztlich dürfte die Beschäftigung in einem Callcenter auch mit der bereits beschriebenen, erheblichen Stressempfindlichkeit der Klägerin in Konflikt treten.
Zwar zutreffend verweist die Beklagte im Übrigen auf das weite Feld der Blinden und Sehbehinderten mittlerweile offenstehenden Berufsbilder. Beispielhaft sei hier auf das vom Berufsförderungswerk Düren auf seiner Homepage (www.bfw-dueren.de) dargestellte Ausbildungsangebot verwiesen. Voraussetzung der Ausübung all dieser Tätigkeiten ist jedoch eine blindentechnische Grundausbildung, die insbesondere auch die Beherrschung der Blindenschrift umfasst. Diese Voraussetzungen liegen bei der Klägerin nicht vor. Im Übrigen können Tätigkeiten, die zu ihrer Ausübung einer blindentechnischen Grundausbildung und regelmäßig auch einer Unterstützung durch technische Zusatzgeräte bedürfen, nicht mehr als Erwerbstätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes angesehen werden (so auch LSG Baden-Württemberg vom 13. Juni 2006 - L 11 R 5778/04 - Sozialgerichtsbarkeit.de). So hat die Beklagte in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 5. September 2011 selbst ausgeführt, dass es für den beruflichen Einsatz sowohl hochgradig sehbehinderter wie auch blinder Menschen neben einer speziellen Förderung auch einer speziellen Ausgestaltung am Arbeitsplatz, insbesondere mit Hilfen im technischen Bereich bedarf; zusätzlich sei auch ein Entgegenkommen seitens des Arbeitgebers in Form der Rücksichtnahme auf die speziellen Bedürfnisse eines hochgradig sehbehinderten bzw. blinden Menschen erforderlich. Diese Anforderungen können aber nicht mehr unter der vorstehend gegebenen Definition der "üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes" subsumiert werden. Aber auch die Ausübung einer konkreten Verweisungstätigkeit muss unter den betriebsüblichen Arbeitsbedingungen möglich sein, um Erwerbsunfähigkeit ausschließen zu können (vgl. BSG vom 28. August 1991, 13/5 RJ 47/90 = SozR 3-2200 § 1247 Nr. 8 - juris Rdnr. 26).
Zu Recht hat das SG im Übrigen in Ansehung von § 102 Abs. 2 Satz 5 SGB VI von einer Befristung der Erwerbsminderungsrente abgesehen. Nach dieser Vorschrift werden Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ausnahmsweise unbefristet geleistet, wenn (1) unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann und (2) der Anspruch nicht von der jeweiligen Arbeitsmarktlage abhängig ist. Bei der Augenerkrankung der Klägerin handelt es sich um eine progrediente Gesundheitsstörung mit Dauercharakter, weshalb ausgeschlossen ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann. Der Vortrag der Beklagten hierzu in der sozialmedizinischen Stellungnahme von Dr. Schl. vom 28. April 2011, wonach zukünftig im Zuge einer blindenspezifischen Grundausbildung eine Möglichkeit geschaffen werden könnte, die Blindentätigkeit suffizient auszuüben und damit die Möglichkeit zur Erwerbsfähigkeit wieder bestünde, geht fehl. Wie bereits ausgeführt, fallen Blindentätigkeiten nicht mehr unter die "üblichen Bedingungen" im Sinne des § 43 SGB VI als diejenigen Bedingungen, unter welchen auf dem Arbeitsmarkt die Entgelterzielung üblicherweise tatsächlich erfolgt. Die weitere Voraussetzung in § 102 Abs. 2 Satz 5 SGB VI stellt klar, dass Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur auf Zeit zu leisten sind, wenn der Rentenanspruch nicht ausschließlich auf dem Gesundheitszustand, sondern auch darauf beruht, dass der Teilzeitarbeitsmarkt verschlossen ist (BSG vom 10. Dezember 2003 - B 5 RJ 64/02 R = SozR 4-2600 § 44 Nr. 1 - juris Rdnr. 34). Die Unfähigkeit der Klägerin, durch Arbeit Einkommen zu erzielen, beruht indes nicht auf der Schwankungen unterworfenen jeweiligen Lage des Arbeitsmarktes, sondern auf dem Fehlen von Verweisungstätigkeiten, die die Klägerin mit ihrem körperlichen Leistungsvermögen unter Berücksichtigung ihrer hochgradigen Sehbehinderung noch verrichten könnte (BSG a.a.O.).
Ausgehend von einem spätestens am 25. Februar 2008 eingetretenen Leistungsfall - spätestens zu diesem Zeitpunkt lagen ausweislich der sachverständigen Zeugenaussage von Prof. Dr. Ro. vom 17. November 2009 die im Gutachten von Dr. Be. später bestätigten maximal erzielbaren Sehschärfen von knapp 0,1 und damit die hochgradige Sehbehinderung vor - begegnet der vom SG gewählte Rentenbeginn vom Kalendermonat an, in welchem die Rente beantragt worden ist (§ 99 Abs. 1 Satz 2 SGB VI), keinen Bedenken.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Hierbei berücksichtigte der Senat im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens, dass die Beklagte in beiden Instanzen unterlegen ist.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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