Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 18 R 2592/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 4320/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.08.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt für die Zeit vom 01.07.1977 bis 30.06.1990 die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) sowie der während dieser Zeit erzielten Entgelte.
Die 1951 geborene Klägerin ist berechtigt, die Berufsbezeichnung "Ingenieurökonom" zu führen (Urkunde der Agrar-Ingenieurschule B. vom 20.07.1973). Nach der Verleihung dieser Berechtigung war die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum nach eigenen Angaben (Bl. 27 VA) in folgenden Funktionen tätig:
01.01.1977 - 31.12.1985 Ingenieur f. Montage V. E. Baustoffmaschinen bzw. (05.03.1975 - 31.12.1976) Finanzökonom 01.01.1986 - 15.03.1987 Ingenieurökonom V. E. Baustoffmaschinen 16.03.1987 - 31.08.1987 Gruppenleiter Verwaltung V. Gebäudewirtschaft 01.09.1987 - 01.07.1990 Hauptabteilungsleiter V. Sekundärrohstofferfassung Transport-Umschlag u. D. Lagerung
Nach dem von der Beklagten vorgelegten Registerauszug (Bl. 14 ff. SG-Akte) führte der V. Sekundärrohstofferfassung D. früher die Bezeichnungen "Deutsche Handelszentrale Altstoffe, D. Altstoffhandel", "V. Altstoffhandel D. " und "V. Altrohstoffe D. ". Übergeordnete Verwaltungsorgane waren zunächst die Deutsche Handelszentrale Altstoffe B. bzw. die staatliche Verwaltung für Materialversorgung, nachfolgend das Ministerium für Leichtindustrie, der Wirtschaftsrat des Bezirks D. , das Ministerium für Materialwirtschaft, das Ministerium für Glas- und Keramikindustrie und zuletzt seit März 1990 das Ministerium für Schwerindustrie. Mit Umwandlungserklärung vom 29.06.1990 wurde mit Wirkung zum 01.06.1990 die Umwandlung in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, der S. -Handel D. GmbH, erklärt. Die Meldung zur Eintragung in das Handelsregister erfolgte mit Schreiben vom 29.06.1990, die Eintragung als Rechtsnachfolgerin des V. im Februar 1991 (Bl. 15 SG-Akte).
Der V. Sekundärrohstofferfassung D. gehörte dem VE Kombinat Sekundärrohstofferfassung mit Sitz in B. an (nachfolgend nur noch: Kombinat). Insgesamt gehörten diesem Kombinat verteilt auf das gesamte Gebiet der DDR 15 V. Sekundärrohstofferfassung an, ferner der V. Rationalisierungsmittelbau R. , der V. L. Wollwerke P. und der V. Textil- und Plastverarbeitung Forst (Bl. 31 SG-Akte). Aufgaben des Kombinats waren nach dem Statut aus dem Jahr 1981 (Bl. 26 SG-Akte, nachfolgend: Statut des Kombinats) u.a. die maximale Erfassung von Sekundärrohstoffen aus Haushalten und die Bereitstellung der aufbereiteten Rohstoffe (§ 2 Abs. 1 u. 2). Nach dem Vorbringen der Klägerin gewann der V. Sekundärrohstofferfassung D. Rohstoffe aus der Bevölkerung zurück - z.T. auch durch Ankauf -, sortierte sie und bereitete sie zum Weiterverkauf auf. Haushaltsglas und -plaste wurden zu einem Grundgranulat für die Glas- und plastikverarbeitende Industrie aufbereitet, Altkleider zu Dämmwolle für die Bauindustrie bzw. Ballen für die Holz- und Bekleidungsindustrie, Altpapier zu Ballen für die Papierfabriken und die Zellstoffindustrie, Tierknochen zu einem groben Pulver für die Chemieindustrie (Bl. 34 f., 51 SG-Akte, 25 LSG-Akte). Gegenstand der S. -Handel D. GmbH war nach der Satzung vom 21.06.1990 (Bl. 20 Rückseite ff. SG-Akte) die Erfassung, der Einkauf, die Aufbereitung, die Be- und Verarbeitung und der Handel mit Sekundärrohstoffen, Abprodukten und Abfällen und alle damit zusammenhängenden Tätigkeiten (§ 2).
Eine förmliche Versorgungszusage erhielt die Klägerin zur Zeit der DDR nicht. Seit Januar 2007 bezieht sie nach eigenen Angaben eine Rente.
Den Antrag der Klägerin auf Feststellung von Zusatzversorgungsanwartschaften lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 13.10.2009 und Widerspruchsbescheid vom 10.06.2010).
Deswegen hat die Klägerin am 21.06.2010 beim Sozialgericht Karlsruhe Klage erhoben. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 12.08.2011 abgewiesen. Die Klägerin habe am 30.06.1990 keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt. Bei dem V. Sekundärrohstofferfassung D. habe es sich nicht um einen Produktionsbetrieb im Sinne der Verordnung-AVITech (VO-AVItech) gehandelt. Maßgeblich für die Zuordnung zur industriellen Produktion sei, ob diese dem V. das Gepräge gegeben habe. Entscheidend seien die tatsächlichen Verhältnisse, die auf der Grundlage der tatsächlich übernommenen Aufgaben, der Organisation und der Mittelverwendung zu bestimmen seien. Als Hilfstatsachen könnten Eintragungen, Statuten und Geschäftsunterlagen sowie die Zuordnung zu bestimmten Ministerien von Bedeutung sein. Aus dem Statut des Kombinates lasse sich eine Produktion von Sachgütern als Hauptzweck nicht entnehmen (Verweis auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 01.07.2010, L 31 R 818/08). Soweit in dem V. gesammelte Sekundärrohstoffe weiter verarbeitet worden seien, könne darin keine industrielle Produktion gesehen werden, die dem Betrieb das Gepräge gegeben habe. Es erscheine bereits zweifelhaft, ob die Aufbereitung der gesammelten Güter in Form von Granulat, Dämmwolle, Papierballen und Knochenpulver als Produktion im Sinne eines fordistischen Produktionsmodels einzuordnen sei. Jedenfalls sei angesichts der im Statut genannten Aufgaben der Erfassung und Sammlung der Sekundärrohstoffe eine Produktion von Sachgütern nicht der Hauptzweck des V. gewesen. Im heutigen Sprachgebrauch würde es sich um einen klassischen Recycling-Betrieb handeln, den man ebenfalls nicht als Produktionsbetrieb einordnen würde.
Gegen das ihr am 09.09.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 05.10.2011 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, die vom Sozialgericht herangezogenen Statuten hätten nicht mit den tatsächlichen Gegebenheiten im Betrieb übereingestimmt und seien zudem von der politischen Führung geprägt gewesen. Der V. Sekundärrohstofferfassung D. habe sich zu einem Produktionsbetrieb entwickelt, der zurückgewonnene und dabei neu erstellte Produkte in Massenproduktion weltweit vermarktet habe. Dabei habe es sich - so eine vorgelegte "Abhandlung" (Bl. 30 LSG-Akte) - im Sinne eines Betriebs zur Rohstoffförderung um eine prozesstechnische Produktion in mengenmäßig großem Umfang gehandelt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.08.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 13.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.06.2010 zu verpflichten, die Zeit vom 01.01.1977 bis zum 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt zur Erwiderung vor, der V. Sekundärrohstofferfassung D. habe nicht zu den industriellen Fertigungsbetrieben, bei denen die erstmalige Realisierung von Investitionsmitteln durch Fertigung eines körperlichen Gegenstandes (Endprodukts) mit dem Ziel und dem Ergebnis, Neues zu schaffen, im Vordergrund gestanden habe, gezählt. Damit falle er nicht unter den "engen" Produktionsbegriff, an dem der für Angelegenheiten nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) nunmehr zuständige 5. Senat des Bundessozialgerichts ausdrücklich festhalte. Sie verweist auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 19.07.2011 (B 5 RS 7/10 R) sowie auf eine Entscheidung des Landessozialgerichts Sachsen Anhalt vom 18.03.2010 (L 1 R 126/07, Bl. 39ff LSG-Akte). Die Behauptung der Klägerin, die sozialistische Ökonomie sei von einem weiten Produktionsbegriff ausgegangen, sei zusatzversorgungsrechtlich ohne Bedeutung. Selbst wenn der ökonomische Sprachgebrauch der DDR am 30.06.1990 den Produktionsbegriff in einem weiten oder erweiterten Sinn verstanden haben sollte, könne dieser nicht zu Grunde gelegt werden, weil er von der Versorgungsordnung nicht inkorporiert worden sei. Die Wertung, dass unter "Produktion" auch "Wiedergewinnung von Rohstoffen/Recycling" verstanden worden sei, möge zwar dem in der DDR vielfach üblichen, offen praktizierten Sprachgebrauch entsprochen haben, werde jedoch dem nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung maßgeblichen Auslegungskriterien, nämlich dem aus den Verordnungen ersichtlichen staatlichen Sprachgebrauch, nicht gerecht. Es sei nicht ersichtlich, dass die für die Auslegung maßgeblichen, zu Bundesrecht gewordenen Regelungen der Altersversorgung der technischen Intelligenz, die sich aus den Texten der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung ergäben, den immer wieder veränderten Schwerpunktsetzungen der Industriepolitik angeglichen worden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 13.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.06.2010, mit dem die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach der Anlage 1 zum AAÜG als Pflichtbeitragszeiten ablehnte, weil dieses Gesetz für die Klägerin nicht anwendbar sei.
Als Anspruchsgrundlage kommt allein § 8 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Nr. 1 AAÜG in Betracht. Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG hat die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme der Anlage 1 bis 27 (§ 8 Abs. 4 Nr. 1 AAÜG) dem Berechtigten durch Bescheid den Inhalt der Mitteilung nach Abs. 2 a.a.O. bekannt zu geben. Diese Mitteilung hat folgende Daten zu enthalten: Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem, das hieraus tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen, die Arbeitsausfalltage sowie alle Tatumstände, die erforderlich sind, um eine besondere Beitragsbemessungsgrenze anzuwenden (§§ 6, 7 AAÜG).
Allerdings hat der Versorgungsträger diese Daten nur festzustellen, wenn das AAÜG anwendbar ist (BSG, Urteil vom 15.06.2010, B 5 RS 10/09 R, juris). Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 10.04.2002, B 4 RA 34/01 R in SozR 3-8570 § 1 Nr. 3) der Fall, wenn am 01.08.1991 (Inkrafttreten des AAÜG) durch eine verbindliche Einzelfallregelung (Versorgungszusage, Einzelfallentscheidung, Einzelvertrag) eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt oder zuerkannt und rechtswidrig zurückgenommen worden war. Eine solche Einzelfallregelung liegt hier nicht vor.
Das BSG hat darüber hinaus in verfassungskonformer Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG entschieden (ständige Rechtsprechung seit Urteil vom 09.04.2002, B 4 RA 31/01 R in SozR 3-8570 § 1 Nr. 2), dass auch alle diejenigen eine Versorgungsanwartschaft "erworben" hatten, denen eine solche Anwartschaft auf eine Versorgung durch Einzelfallregelung am 30.06.1990 hätte zuerkannt werden müssen. Dies war bei denjenigen der Fall, die am 30.06.1990 nach den Regeln des jeweiligen Versorgungssystems in die Versorgung einzubeziehen waren und denen eine Zusage auf Versorgung hätte erteilt werden müssen. Hintergrund des Stichtages 30.06.1990 ist die Tatsache, dass nach dem Recht der DDR und des Einigungsvertrages die Zusatzversorgungssysteme mit Wirkung vom 30.06.1990 geschlossen wurden und damit Neueinbeziehungen nicht mehr erfolgen konnten (BSG, Urteil vom 09.04.2002, B 4 RA 3/02 R in SozR aaO, Nr. 7). Bestand somit nach den Regeln der Versorgungssysteme ein Anspruch auf Einbeziehung, der - beispielsweise durch eine Versorgungszusage - noch nicht erfüllt war, war der 30.06.1990 der letzte Tag, diesen Anspruch zu realisieren. Dann aber mussten zu diesem Zeitpunkt auch die Voraussetzungen für eine Einbeziehung vorliegen. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26.10.2005, 1 BvR 1921/01 u.a.).
Doch auch diese Voraussetzungen sind - worauf das SG und die Beklagte zutreffend hingewiesen haben - bei der Klägerin nicht erfüllt. Denn sie war am 01.08.1991 bezogen auf den Stichtag am 30.06.1990 nicht Inhaberin einer fingierten Versorgungsanwartschaft.
Dieser fiktive bundesrechtliche Anspruch hängt im Bereich der hier einschlägigen AVItech gemäß § 1 der VO-AVItech und § 1 Abs. 1 der 2. Durchführungsbestimmung (DB), soweit diese am 03.10.1990 zu sekundärem Bundesrecht geworden sind, von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab (BSG, Urteil vom 07.09.2006, B 4 RA 41/05 R in SozR 4-8570 § 1 Nr. 11 mit Verweis auf frühere Entscheidungen). Das Feststellungsbegehren der Klägerin musste die Beklagte hier schon deshalb ablehnen, weil der Betrieb, in dem sie am 30.06.1990 beschäftigt war, nicht die betrieblichen Voraussetzungen im Sinne des Versorgungsrechts erfüllte.
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur sog. betrieblichen Voraussetzung, der der Senat nach eigener Prüfung folgt, hängt das Bestehen einer fingierten Versorgungsanwartschaft davon ab, ob eine Tätigkeit in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens ausgeübt wurde. Hierunter fallen nur Produktionsdurchführungsbetriebe, die ihr Gepräge durch die industrielle Massenproduktion erhalten haben (BSG, Urteil vom 19.07.2011, B 5 RS 7/10 R, in juris). Die Begrenzung auf industrielle Produktionsbetriebe erklärt sich historisch aus der besonderen Bedeutung, die dieser Sektor der Volkswirtschaft zum Zeitpunkt des Erlasses der VO-AVItech und der 2. DB in den Jahren 1950/51 für den Aufbau einer zentralen Planwirtschaft nach Ende des Zweiten Weltkrieges in der sowjetischen Besatzungszone bzw. der späteren DDR hatte (BSG, Urteil vom 09.04.2002, B 4 RA 41/01 R in SozR 3-8570 § 1 Nr. 6). Qualifizierten Kräften sollte gerade im Bereich der Industrie, die - unabhängig davon, ob der Begriff des fordistischen Produktionsmodells gebraucht wurde - auch in der DDR im Sinne der Herstellung von Erzeugnissen (Sachgütern) auf der Basis industrieller Massenproduktion verstanden wurde, ein Beschäftigungsanreiz geboten werden. Versorgungsrechtlich werden daher nur diesem Kriterium genügende VEBe erfasst. Dagegen sind Entwicklungen des Sprachgebrauchs in sonstigen Bereichen, insbesondere dem Wirtschaftsrecht, die den Produktionsbegriff ausdehnen, ohne Bedeutung (BSG, Urteil vom 19.07.2011, a.a.O.). Mithin ist auch nicht auf den in der von der Klägerin (ohne nähere Quellenangabe) vorgelegten Abhandlung dargestellten Begriff der prozesstechnischen Produktion in einem Betrieb zur Rohstoffförderung abzustellen.
Unter Beachtung der dargestellten Maßstäbe gab eine Sachgüterproduktion auf der Basis industrieller Massenproduktion dem V. Sekundärrohstofferfassung D. jedenfalls nicht das Gepräge. Dagegen spricht schon der Name (so auch für den V. Sekundärrohstofferfassung Halle LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 18.03.2010, L 1 R 126/07, Bl. 39 LSG-Akte; sowie für den V. Sekundärrohstofferfassung B. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 01.07.2010, L 31 R 818/08, in juris, die ebenfalls dem Kombinat angehörten). Im Statut des Kombinats wird die Sicherung der maximalen Erfassung von Sekundärrohstoffen aus Haushalten als erste Aufgabe genannt (§ 2 Abs. 1; ebenso § 9 Abs. 2 der Verordnung zur umfassenden Nutzung von Sekundärrohstoffen vom 11.12.1980, Bl. 45f. SG-Akte). Auch in der Satzung der S. -Handel D. GmbH, die die Rechtsnachfolge der V. Sekundärrohstofferfassung D. antrat, wird als erster Gegenstand des Unternehmens die Erfassung von Sekundärrohstoffen, Abprodukten und Abfällen aufgeführt. Die Erfassung der Sekundärrohstoffe stellte aber ebenso wenig wie die sodann durchgeführte Sortierung der Stoffe eine industrielle Produktion dar - neu produziert wurde hier nichts. Es ging vielmehr um eine Dienstleistung. Auch der Handel mit den erfassten Sekundärrohstoffen war dem Dienstleistungsbereich und nicht dem produzierenden Bereich zuzuordnen. Ein weiteres Indiz für die Schwerpunktsetzung außerhalb der Produktion ist daher, dass der Handel in den 1950er Jahren für den V. noch namensgebend war und der V. - so die Beklagte (Bl. 37 SG-Akte) - der Wirtschaftsgruppe 52211 "Produktionsmittelhandel mit Erzeugnissen der Industrie - ohne Lebensmittelindustrie" zugeordnet war.
Soweit der V. Sekundärrohstofferfassung D. eine Aufbereitung (s. § 2 Abs. 2 des Statuts des Kombinats, s. auch § 2 der Satzung der S. -GmbH) der erfassten Stoffe vornahm, teilt der Senat die Auffassung der Klägerin, der Betrieb habe sich dadurch insgesamt zu einem Produktionsbetrieb entwickelt, nicht. Der Senat ist vielmehr davon überzeugt, dass die Erfassung, die Sortierung und der Handel mit den Sekundärrohstoffen nicht aber die Aufbereitung zu Granulat, Faserballen, Dämmwolle und Knochenmehl dem V. bis zuletzt das Gepräge gaben. Hinsichtlich der konkreten Arbeitsschritte legt der Senat im Übrigen auch die Angaben der Klägerin und nicht nur, wie von ihr in der Berufungsbegründung hinsichtlich der Entscheidung des Sozialgerichts bemängelt, das - eventuell politisch geprägte - Statut zu Grunde. Ausgangspunkt der Aufbereitung war auch nach dem Vorbringen der Klägerin stets die Erfassung und Sortierung der Sekundärrohstoffe. Der V. Sekundärrohstofferfassung D. war zuletzt unter dem Dach des Kombinats einer von 15 Betrieben, die - wie sich aus ihrer räumlichen Verteilung ergibt - primär eine flächendeckende Erfassung der Sekundärrohstoffe sichern sollten (s. auch "Aufgaben, Rechte und Pflichten der Kombinatsbetriebe" nach § 5 Abs. 2 zweiter und neunter Spiegelstrich des Statuts des Kombinats). Dem Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt, das den V. Sekundärrohstofferfassung Halle mit Sitz in Zeitz betrifft (Urteil vom 18.03.2010, a.a.O.), entnimmt der Senat ferner, dass auch in diesem Betrieb Papiergroßballen und Alttextilien gepresst sowie Glasbruch und Thermoplaste granuliert wurden. Dies spricht gegen eine besondere Spezialisierung des V. Sekundärrohstofferfassung D. bei der Aufbereitung von Sekundärrohstoffen und damit auch gegen eine besondere Prägung durch die Aufbereitung. Leitgedanke waren mithin auch für den Betrieb, in dem die Klägerin tätig war, nicht die industrielle Herstellung von Sachgütern in Massenproduktion, sondern die flächendeckende Erschließung von Rohstoffreserven, Stärkung der Rohstoffbasis, Erhöhung des Verwertungsgrades von Sekundärrohstoffen sowie die Durchsetzung geschlossener Stoffkreisläufe (s. die Präambel zur Verordnung zur umfassenden Nutzung von Sekundärrohstoffen vom 11.12.1980, a.a.O. und § 2 Abs. 2 und 3 des Statuts des Kombinats). Gegen eine konkrete Spezialisierung des V. Sekundärrohstofferfassung D. spricht weiter, dass zum Kombinat auch der V. Rationalisierungsmittelbau R. , der V. L. Wollwerke P. und der V. Textil- und Plasteverarbeitung Forst gehörten, die im Unterschied zu den VEBen Sekundärrohstofferfassung bereits dem Namen nach eine Spezialisierung hinsichtlich einer Aufbereitung aufwiesen. Für die prägende Bedeutung der Erfassung der Sekundärrohstoffe im gesamten Kombinat spricht ferner, dass der Erfassung in der Leitung des Kombinats ein eigenständiges Fachdirektorat zugeordnet war, während die Aufbereitung mit dem Absatz in einem Direktorat zusammengefasst war (§ 4 Abs. 4 des Statuts des Kombinats). Zudem fehlte es gänzlich an einer - nach den Erfahrungen der Beklagten (Bl. 13 SG-Akte) bei Produktionsbetrieben zu erwartenden - eigenständigen Fachdirektion für einen Bereich "Produktion".
Soweit der V. Sekundärrohstofferfassung D. organisatorisch zuletzt verschiedenen Ministerien für Industrie zugeordnet war, kommt dem bei der Prüfung seines Gepräges nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts demgegenüber keine konstitutive Bedeutung zu. Die organisatorische Zuordnung wurde vom Bundessozialgericht durchgehend als weder notwendiges noch hinreichendes Hilfskriterium allenfalls bestätigend herangezogen (Urteil vom 19.07.2011, a.a.O.).
Angesichts der nicht vorhandenen Prägung durch die Aufbereitung kann der Senat dahingestellt lassen, ob die im V. Sekundärrohstofferfassung D. nach dem Vorbringen der Klägerin durchgeführte Aufbereitung - wobei die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat präzisiert hat, dass die Aufbereitung zunächst nur in dem V. Rationalisierungsmittelbau R. , dem V. L. Wollwerke P. und dem V. Textil- und Plasteverarbeitung Forst stattfand und erst später teilweise, insbesondere hinsichtlich der Herstellung von Grundgranulaten aus Glas und Plaste, auch direkt im V. Sekundärrohstofferfassung D. erfolgte - überhaupt nach den vom Bundessozialgericht aufgestellten Maßstäben als industrielle Produktion angesehen werden kann. Dagegen bestehen durchgreifende Bedenken. Vom Bundessozialgericht wurde bestätigt, dass eine betriebliche Tätigkeit, die auf Fertigung von Gütern aus Gebrauchtteilen gerichtet ist, keine industrielle Güterproduktion im Sinne der VO-AVItech darstellt (Urteil vom 24.04.2008, B 4 RS 31/07 R, in juris). Anknüpfend daran sieht der Senat in den von der Klägerin dargestellten Aufbereitungsmethoden von Sekundärrohstoffen keine Produktion von Gütern, denn hier ist nichts wesentlich Neues (s. auch das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 29.08.2006, L 21 RA 179/03, in juris, das für die Annahme eines Produktionsbetriebs nach dem versorgungsrechtlichen Sprachgebrauch die Herstellung eines Neu- und Endproduktes, eines "aliuds" voraussetzt) entstanden. Durch die Aufbereitung änderte sich der Charakter der Stoffe nicht, sie waren und blieben Sekundärrohstoffe. Die Aufbereitung blieb im Vergleich zum erfassten Ausgangsmaterial auf niedrigschwelligem Niveau und erfolgte ohne wesentliche Substanzveränderung letztlich nur, um die Vermarktung zu vereinfachen.
Dies gilt vor allem für das gesammelte Altpapier, das nach der Erfassung und Sortierung lediglich zu Ballen gepresst wurde. Durch das Pressen ist - nach der Erfassung und Sortierung - nichts wesentlich Neues entstanden, die Ballen blieben (gepresstes) Altpapier. Nichts anderes gilt für das gesammelte Leinen und die Wolle. Zwar wurden diese nach der Sortierung, bevor sie zu Ballen gepresst wurden, zerrissen und z.T. (Wolle) grob gesponnen. Die Stoffe behielten jedoch ihren Charakter als Sekundärrohstoffe, die Aufbereitungsschritte stellten sich - auch verglichen mit der erstmaligen Produktion der Sekundärrohstoffe, sprich Kleidung, der Erfassung und der Sortierung - als überschaubar dar und änderten bezogen auf den erfassten Sekundärrohstoff "Altkleider" nur das äußere Erscheinungsbild. Entsprechendes gilt auch für die Aufbereitung von Haushaltsglas und -plaste zu einem Grundgranulat und der Tierknochen zu Pulver. Auch hier wurde nach der Erfassung und Sortierung durch das Mahlen und die Granulation der Charakter als Sekundärrohstoffe nicht verändert, die Aufbereitungsschritte waren - wiederum verglichen mit der erstmaligen Produktion, der Erfassung und Sortierung - überschaubar und änderten nur das äußere Erscheinungsbild der erfassten Stoffe (so im Ergebnis auch LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 18.03.2010, a.a.O.).
Soweit aus Altkleidern, die nicht aus Leinen oder Wolle bestanden, eine Dämmwolle hergestellt wurde, ist einzuräumen, dass diesbezüglich das Vorliegen einer Produktion im versorgungsrechtlichen Sprachgebrauch eher angenommen werden könnte, da im Vergleich zur Ausgangssubstanz (erstmalig) ein neues Endprodukt hergestellt wurde. Dies kann jedoch dahingestellt bleiben, da es - wie bereits dargestellt - auch bei Annahme einer (industriellen) Produktion hinsichtlich aller Sekundärrohstoffe bei der Prägung des Betriebes durch die Erfassung, Sortierung und Handel mit den Sekundärrohstoffen, d.h. der Prägung durch den Dienstleistungscharakter verbliebe. Erst Recht gilt dies, wenn eine industrielle Produktion nur für den eben genannten Teilbereich (Dämmwolle) angenommen wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt für die Zeit vom 01.07.1977 bis 30.06.1990 die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) sowie der während dieser Zeit erzielten Entgelte.
Die 1951 geborene Klägerin ist berechtigt, die Berufsbezeichnung "Ingenieurökonom" zu führen (Urkunde der Agrar-Ingenieurschule B. vom 20.07.1973). Nach der Verleihung dieser Berechtigung war die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum nach eigenen Angaben (Bl. 27 VA) in folgenden Funktionen tätig:
01.01.1977 - 31.12.1985 Ingenieur f. Montage V. E. Baustoffmaschinen bzw. (05.03.1975 - 31.12.1976) Finanzökonom 01.01.1986 - 15.03.1987 Ingenieurökonom V. E. Baustoffmaschinen 16.03.1987 - 31.08.1987 Gruppenleiter Verwaltung V. Gebäudewirtschaft 01.09.1987 - 01.07.1990 Hauptabteilungsleiter V. Sekundärrohstofferfassung Transport-Umschlag u. D. Lagerung
Nach dem von der Beklagten vorgelegten Registerauszug (Bl. 14 ff. SG-Akte) führte der V. Sekundärrohstofferfassung D. früher die Bezeichnungen "Deutsche Handelszentrale Altstoffe, D. Altstoffhandel", "V. Altstoffhandel D. " und "V. Altrohstoffe D. ". Übergeordnete Verwaltungsorgane waren zunächst die Deutsche Handelszentrale Altstoffe B. bzw. die staatliche Verwaltung für Materialversorgung, nachfolgend das Ministerium für Leichtindustrie, der Wirtschaftsrat des Bezirks D. , das Ministerium für Materialwirtschaft, das Ministerium für Glas- und Keramikindustrie und zuletzt seit März 1990 das Ministerium für Schwerindustrie. Mit Umwandlungserklärung vom 29.06.1990 wurde mit Wirkung zum 01.06.1990 die Umwandlung in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, der S. -Handel D. GmbH, erklärt. Die Meldung zur Eintragung in das Handelsregister erfolgte mit Schreiben vom 29.06.1990, die Eintragung als Rechtsnachfolgerin des V. im Februar 1991 (Bl. 15 SG-Akte).
Der V. Sekundärrohstofferfassung D. gehörte dem VE Kombinat Sekundärrohstofferfassung mit Sitz in B. an (nachfolgend nur noch: Kombinat). Insgesamt gehörten diesem Kombinat verteilt auf das gesamte Gebiet der DDR 15 V. Sekundärrohstofferfassung an, ferner der V. Rationalisierungsmittelbau R. , der V. L. Wollwerke P. und der V. Textil- und Plastverarbeitung Forst (Bl. 31 SG-Akte). Aufgaben des Kombinats waren nach dem Statut aus dem Jahr 1981 (Bl. 26 SG-Akte, nachfolgend: Statut des Kombinats) u.a. die maximale Erfassung von Sekundärrohstoffen aus Haushalten und die Bereitstellung der aufbereiteten Rohstoffe (§ 2 Abs. 1 u. 2). Nach dem Vorbringen der Klägerin gewann der V. Sekundärrohstofferfassung D. Rohstoffe aus der Bevölkerung zurück - z.T. auch durch Ankauf -, sortierte sie und bereitete sie zum Weiterverkauf auf. Haushaltsglas und -plaste wurden zu einem Grundgranulat für die Glas- und plastikverarbeitende Industrie aufbereitet, Altkleider zu Dämmwolle für die Bauindustrie bzw. Ballen für die Holz- und Bekleidungsindustrie, Altpapier zu Ballen für die Papierfabriken und die Zellstoffindustrie, Tierknochen zu einem groben Pulver für die Chemieindustrie (Bl. 34 f., 51 SG-Akte, 25 LSG-Akte). Gegenstand der S. -Handel D. GmbH war nach der Satzung vom 21.06.1990 (Bl. 20 Rückseite ff. SG-Akte) die Erfassung, der Einkauf, die Aufbereitung, die Be- und Verarbeitung und der Handel mit Sekundärrohstoffen, Abprodukten und Abfällen und alle damit zusammenhängenden Tätigkeiten (§ 2).
Eine förmliche Versorgungszusage erhielt die Klägerin zur Zeit der DDR nicht. Seit Januar 2007 bezieht sie nach eigenen Angaben eine Rente.
Den Antrag der Klägerin auf Feststellung von Zusatzversorgungsanwartschaften lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 13.10.2009 und Widerspruchsbescheid vom 10.06.2010).
Deswegen hat die Klägerin am 21.06.2010 beim Sozialgericht Karlsruhe Klage erhoben. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 12.08.2011 abgewiesen. Die Klägerin habe am 30.06.1990 keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt. Bei dem V. Sekundärrohstofferfassung D. habe es sich nicht um einen Produktionsbetrieb im Sinne der Verordnung-AVITech (VO-AVItech) gehandelt. Maßgeblich für die Zuordnung zur industriellen Produktion sei, ob diese dem V. das Gepräge gegeben habe. Entscheidend seien die tatsächlichen Verhältnisse, die auf der Grundlage der tatsächlich übernommenen Aufgaben, der Organisation und der Mittelverwendung zu bestimmen seien. Als Hilfstatsachen könnten Eintragungen, Statuten und Geschäftsunterlagen sowie die Zuordnung zu bestimmten Ministerien von Bedeutung sein. Aus dem Statut des Kombinates lasse sich eine Produktion von Sachgütern als Hauptzweck nicht entnehmen (Verweis auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 01.07.2010, L 31 R 818/08). Soweit in dem V. gesammelte Sekundärrohstoffe weiter verarbeitet worden seien, könne darin keine industrielle Produktion gesehen werden, die dem Betrieb das Gepräge gegeben habe. Es erscheine bereits zweifelhaft, ob die Aufbereitung der gesammelten Güter in Form von Granulat, Dämmwolle, Papierballen und Knochenpulver als Produktion im Sinne eines fordistischen Produktionsmodels einzuordnen sei. Jedenfalls sei angesichts der im Statut genannten Aufgaben der Erfassung und Sammlung der Sekundärrohstoffe eine Produktion von Sachgütern nicht der Hauptzweck des V. gewesen. Im heutigen Sprachgebrauch würde es sich um einen klassischen Recycling-Betrieb handeln, den man ebenfalls nicht als Produktionsbetrieb einordnen würde.
Gegen das ihr am 09.09.2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 05.10.2011 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, die vom Sozialgericht herangezogenen Statuten hätten nicht mit den tatsächlichen Gegebenheiten im Betrieb übereingestimmt und seien zudem von der politischen Führung geprägt gewesen. Der V. Sekundärrohstofferfassung D. habe sich zu einem Produktionsbetrieb entwickelt, der zurückgewonnene und dabei neu erstellte Produkte in Massenproduktion weltweit vermarktet habe. Dabei habe es sich - so eine vorgelegte "Abhandlung" (Bl. 30 LSG-Akte) - im Sinne eines Betriebs zur Rohstoffförderung um eine prozesstechnische Produktion in mengenmäßig großem Umfang gehandelt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 12.08.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 13.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.06.2010 zu verpflichten, die Zeit vom 01.01.1977 bis zum 30.06.1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte trägt zur Erwiderung vor, der V. Sekundärrohstofferfassung D. habe nicht zu den industriellen Fertigungsbetrieben, bei denen die erstmalige Realisierung von Investitionsmitteln durch Fertigung eines körperlichen Gegenstandes (Endprodukts) mit dem Ziel und dem Ergebnis, Neues zu schaffen, im Vordergrund gestanden habe, gezählt. Damit falle er nicht unter den "engen" Produktionsbegriff, an dem der für Angelegenheiten nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) nunmehr zuständige 5. Senat des Bundessozialgerichts ausdrücklich festhalte. Sie verweist auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 19.07.2011 (B 5 RS 7/10 R) sowie auf eine Entscheidung des Landessozialgerichts Sachsen Anhalt vom 18.03.2010 (L 1 R 126/07, Bl. 39ff LSG-Akte). Die Behauptung der Klägerin, die sozialistische Ökonomie sei von einem weiten Produktionsbegriff ausgegangen, sei zusatzversorgungsrechtlich ohne Bedeutung. Selbst wenn der ökonomische Sprachgebrauch der DDR am 30.06.1990 den Produktionsbegriff in einem weiten oder erweiterten Sinn verstanden haben sollte, könne dieser nicht zu Grunde gelegt werden, weil er von der Versorgungsordnung nicht inkorporiert worden sei. Die Wertung, dass unter "Produktion" auch "Wiedergewinnung von Rohstoffen/Recycling" verstanden worden sei, möge zwar dem in der DDR vielfach üblichen, offen praktizierten Sprachgebrauch entsprochen haben, werde jedoch dem nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung maßgeblichen Auslegungskriterien, nämlich dem aus den Verordnungen ersichtlichen staatlichen Sprachgebrauch, nicht gerecht. Es sei nicht ersichtlich, dass die für die Auslegung maßgeblichen, zu Bundesrecht gewordenen Regelungen der Altersversorgung der technischen Intelligenz, die sich aus den Texten der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung ergäben, den immer wieder veränderten Schwerpunktsetzungen der Industriepolitik angeglichen worden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß den §§ 143, 144, 151 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 13.10.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.06.2010, mit dem die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem nach der Anlage 1 zum AAÜG als Pflichtbeitragszeiten ablehnte, weil dieses Gesetz für die Klägerin nicht anwendbar sei.
Als Anspruchsgrundlage kommt allein § 8 Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Nr. 1 AAÜG in Betracht. Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG hat die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme der Anlage 1 bis 27 (§ 8 Abs. 4 Nr. 1 AAÜG) dem Berechtigten durch Bescheid den Inhalt der Mitteilung nach Abs. 2 a.a.O. bekannt zu geben. Diese Mitteilung hat folgende Daten zu enthalten: Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem, das hieraus tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen, die Arbeitsausfalltage sowie alle Tatumstände, die erforderlich sind, um eine besondere Beitragsbemessungsgrenze anzuwenden (§§ 6, 7 AAÜG).
Allerdings hat der Versorgungsträger diese Daten nur festzustellen, wenn das AAÜG anwendbar ist (BSG, Urteil vom 15.06.2010, B 5 RS 10/09 R, juris). Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt dieses Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Dies ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 10.04.2002, B 4 RA 34/01 R in SozR 3-8570 § 1 Nr. 3) der Fall, wenn am 01.08.1991 (Inkrafttreten des AAÜG) durch eine verbindliche Einzelfallregelung (Versorgungszusage, Einzelfallentscheidung, Einzelvertrag) eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt oder zuerkannt und rechtswidrig zurückgenommen worden war. Eine solche Einzelfallregelung liegt hier nicht vor.
Das BSG hat darüber hinaus in verfassungskonformer Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG entschieden (ständige Rechtsprechung seit Urteil vom 09.04.2002, B 4 RA 31/01 R in SozR 3-8570 § 1 Nr. 2), dass auch alle diejenigen eine Versorgungsanwartschaft "erworben" hatten, denen eine solche Anwartschaft auf eine Versorgung durch Einzelfallregelung am 30.06.1990 hätte zuerkannt werden müssen. Dies war bei denjenigen der Fall, die am 30.06.1990 nach den Regeln des jeweiligen Versorgungssystems in die Versorgung einzubeziehen waren und denen eine Zusage auf Versorgung hätte erteilt werden müssen. Hintergrund des Stichtages 30.06.1990 ist die Tatsache, dass nach dem Recht der DDR und des Einigungsvertrages die Zusatzversorgungssysteme mit Wirkung vom 30.06.1990 geschlossen wurden und damit Neueinbeziehungen nicht mehr erfolgen konnten (BSG, Urteil vom 09.04.2002, B 4 RA 3/02 R in SozR aaO, Nr. 7). Bestand somit nach den Regeln der Versorgungssysteme ein Anspruch auf Einbeziehung, der - beispielsweise durch eine Versorgungszusage - noch nicht erfüllt war, war der 30.06.1990 der letzte Tag, diesen Anspruch zu realisieren. Dann aber mussten zu diesem Zeitpunkt auch die Voraussetzungen für eine Einbeziehung vorliegen. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26.10.2005, 1 BvR 1921/01 u.a.).
Doch auch diese Voraussetzungen sind - worauf das SG und die Beklagte zutreffend hingewiesen haben - bei der Klägerin nicht erfüllt. Denn sie war am 01.08.1991 bezogen auf den Stichtag am 30.06.1990 nicht Inhaberin einer fingierten Versorgungsanwartschaft.
Dieser fiktive bundesrechtliche Anspruch hängt im Bereich der hier einschlägigen AVItech gemäß § 1 der VO-AVItech und § 1 Abs. 1 der 2. Durchführungsbestimmung (DB), soweit diese am 03.10.1990 zu sekundärem Bundesrecht geworden sind, von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab (BSG, Urteil vom 07.09.2006, B 4 RA 41/05 R in SozR 4-8570 § 1 Nr. 11 mit Verweis auf frühere Entscheidungen). Das Feststellungsbegehren der Klägerin musste die Beklagte hier schon deshalb ablehnen, weil der Betrieb, in dem sie am 30.06.1990 beschäftigt war, nicht die betrieblichen Voraussetzungen im Sinne des Versorgungsrechts erfüllte.
Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur sog. betrieblichen Voraussetzung, der der Senat nach eigener Prüfung folgt, hängt das Bestehen einer fingierten Versorgungsanwartschaft davon ab, ob eine Tätigkeit in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens ausgeübt wurde. Hierunter fallen nur Produktionsdurchführungsbetriebe, die ihr Gepräge durch die industrielle Massenproduktion erhalten haben (BSG, Urteil vom 19.07.2011, B 5 RS 7/10 R, in juris). Die Begrenzung auf industrielle Produktionsbetriebe erklärt sich historisch aus der besonderen Bedeutung, die dieser Sektor der Volkswirtschaft zum Zeitpunkt des Erlasses der VO-AVItech und der 2. DB in den Jahren 1950/51 für den Aufbau einer zentralen Planwirtschaft nach Ende des Zweiten Weltkrieges in der sowjetischen Besatzungszone bzw. der späteren DDR hatte (BSG, Urteil vom 09.04.2002, B 4 RA 41/01 R in SozR 3-8570 § 1 Nr. 6). Qualifizierten Kräften sollte gerade im Bereich der Industrie, die - unabhängig davon, ob der Begriff des fordistischen Produktionsmodells gebraucht wurde - auch in der DDR im Sinne der Herstellung von Erzeugnissen (Sachgütern) auf der Basis industrieller Massenproduktion verstanden wurde, ein Beschäftigungsanreiz geboten werden. Versorgungsrechtlich werden daher nur diesem Kriterium genügende VEBe erfasst. Dagegen sind Entwicklungen des Sprachgebrauchs in sonstigen Bereichen, insbesondere dem Wirtschaftsrecht, die den Produktionsbegriff ausdehnen, ohne Bedeutung (BSG, Urteil vom 19.07.2011, a.a.O.). Mithin ist auch nicht auf den in der von der Klägerin (ohne nähere Quellenangabe) vorgelegten Abhandlung dargestellten Begriff der prozesstechnischen Produktion in einem Betrieb zur Rohstoffförderung abzustellen.
Unter Beachtung der dargestellten Maßstäbe gab eine Sachgüterproduktion auf der Basis industrieller Massenproduktion dem V. Sekundärrohstofferfassung D. jedenfalls nicht das Gepräge. Dagegen spricht schon der Name (so auch für den V. Sekundärrohstofferfassung Halle LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 18.03.2010, L 1 R 126/07, Bl. 39 LSG-Akte; sowie für den V. Sekundärrohstofferfassung B. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 01.07.2010, L 31 R 818/08, in juris, die ebenfalls dem Kombinat angehörten). Im Statut des Kombinats wird die Sicherung der maximalen Erfassung von Sekundärrohstoffen aus Haushalten als erste Aufgabe genannt (§ 2 Abs. 1; ebenso § 9 Abs. 2 der Verordnung zur umfassenden Nutzung von Sekundärrohstoffen vom 11.12.1980, Bl. 45f. SG-Akte). Auch in der Satzung der S. -Handel D. GmbH, die die Rechtsnachfolge der V. Sekundärrohstofferfassung D. antrat, wird als erster Gegenstand des Unternehmens die Erfassung von Sekundärrohstoffen, Abprodukten und Abfällen aufgeführt. Die Erfassung der Sekundärrohstoffe stellte aber ebenso wenig wie die sodann durchgeführte Sortierung der Stoffe eine industrielle Produktion dar - neu produziert wurde hier nichts. Es ging vielmehr um eine Dienstleistung. Auch der Handel mit den erfassten Sekundärrohstoffen war dem Dienstleistungsbereich und nicht dem produzierenden Bereich zuzuordnen. Ein weiteres Indiz für die Schwerpunktsetzung außerhalb der Produktion ist daher, dass der Handel in den 1950er Jahren für den V. noch namensgebend war und der V. - so die Beklagte (Bl. 37 SG-Akte) - der Wirtschaftsgruppe 52211 "Produktionsmittelhandel mit Erzeugnissen der Industrie - ohne Lebensmittelindustrie" zugeordnet war.
Soweit der V. Sekundärrohstofferfassung D. eine Aufbereitung (s. § 2 Abs. 2 des Statuts des Kombinats, s. auch § 2 der Satzung der S. -GmbH) der erfassten Stoffe vornahm, teilt der Senat die Auffassung der Klägerin, der Betrieb habe sich dadurch insgesamt zu einem Produktionsbetrieb entwickelt, nicht. Der Senat ist vielmehr davon überzeugt, dass die Erfassung, die Sortierung und der Handel mit den Sekundärrohstoffen nicht aber die Aufbereitung zu Granulat, Faserballen, Dämmwolle und Knochenmehl dem V. bis zuletzt das Gepräge gaben. Hinsichtlich der konkreten Arbeitsschritte legt der Senat im Übrigen auch die Angaben der Klägerin und nicht nur, wie von ihr in der Berufungsbegründung hinsichtlich der Entscheidung des Sozialgerichts bemängelt, das - eventuell politisch geprägte - Statut zu Grunde. Ausgangspunkt der Aufbereitung war auch nach dem Vorbringen der Klägerin stets die Erfassung und Sortierung der Sekundärrohstoffe. Der V. Sekundärrohstofferfassung D. war zuletzt unter dem Dach des Kombinats einer von 15 Betrieben, die - wie sich aus ihrer räumlichen Verteilung ergibt - primär eine flächendeckende Erfassung der Sekundärrohstoffe sichern sollten (s. auch "Aufgaben, Rechte und Pflichten der Kombinatsbetriebe" nach § 5 Abs. 2 zweiter und neunter Spiegelstrich des Statuts des Kombinats). Dem Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt, das den V. Sekundärrohstofferfassung Halle mit Sitz in Zeitz betrifft (Urteil vom 18.03.2010, a.a.O.), entnimmt der Senat ferner, dass auch in diesem Betrieb Papiergroßballen und Alttextilien gepresst sowie Glasbruch und Thermoplaste granuliert wurden. Dies spricht gegen eine besondere Spezialisierung des V. Sekundärrohstofferfassung D. bei der Aufbereitung von Sekundärrohstoffen und damit auch gegen eine besondere Prägung durch die Aufbereitung. Leitgedanke waren mithin auch für den Betrieb, in dem die Klägerin tätig war, nicht die industrielle Herstellung von Sachgütern in Massenproduktion, sondern die flächendeckende Erschließung von Rohstoffreserven, Stärkung der Rohstoffbasis, Erhöhung des Verwertungsgrades von Sekundärrohstoffen sowie die Durchsetzung geschlossener Stoffkreisläufe (s. die Präambel zur Verordnung zur umfassenden Nutzung von Sekundärrohstoffen vom 11.12.1980, a.a.O. und § 2 Abs. 2 und 3 des Statuts des Kombinats). Gegen eine konkrete Spezialisierung des V. Sekundärrohstofferfassung D. spricht weiter, dass zum Kombinat auch der V. Rationalisierungsmittelbau R. , der V. L. Wollwerke P. und der V. Textil- und Plasteverarbeitung Forst gehörten, die im Unterschied zu den VEBen Sekundärrohstofferfassung bereits dem Namen nach eine Spezialisierung hinsichtlich einer Aufbereitung aufwiesen. Für die prägende Bedeutung der Erfassung der Sekundärrohstoffe im gesamten Kombinat spricht ferner, dass der Erfassung in der Leitung des Kombinats ein eigenständiges Fachdirektorat zugeordnet war, während die Aufbereitung mit dem Absatz in einem Direktorat zusammengefasst war (§ 4 Abs. 4 des Statuts des Kombinats). Zudem fehlte es gänzlich an einer - nach den Erfahrungen der Beklagten (Bl. 13 SG-Akte) bei Produktionsbetrieben zu erwartenden - eigenständigen Fachdirektion für einen Bereich "Produktion".
Soweit der V. Sekundärrohstofferfassung D. organisatorisch zuletzt verschiedenen Ministerien für Industrie zugeordnet war, kommt dem bei der Prüfung seines Gepräges nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts demgegenüber keine konstitutive Bedeutung zu. Die organisatorische Zuordnung wurde vom Bundessozialgericht durchgehend als weder notwendiges noch hinreichendes Hilfskriterium allenfalls bestätigend herangezogen (Urteil vom 19.07.2011, a.a.O.).
Angesichts der nicht vorhandenen Prägung durch die Aufbereitung kann der Senat dahingestellt lassen, ob die im V. Sekundärrohstofferfassung D. nach dem Vorbringen der Klägerin durchgeführte Aufbereitung - wobei die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat präzisiert hat, dass die Aufbereitung zunächst nur in dem V. Rationalisierungsmittelbau R. , dem V. L. Wollwerke P. und dem V. Textil- und Plasteverarbeitung Forst stattfand und erst später teilweise, insbesondere hinsichtlich der Herstellung von Grundgranulaten aus Glas und Plaste, auch direkt im V. Sekundärrohstofferfassung D. erfolgte - überhaupt nach den vom Bundessozialgericht aufgestellten Maßstäben als industrielle Produktion angesehen werden kann. Dagegen bestehen durchgreifende Bedenken. Vom Bundessozialgericht wurde bestätigt, dass eine betriebliche Tätigkeit, die auf Fertigung von Gütern aus Gebrauchtteilen gerichtet ist, keine industrielle Güterproduktion im Sinne der VO-AVItech darstellt (Urteil vom 24.04.2008, B 4 RS 31/07 R, in juris). Anknüpfend daran sieht der Senat in den von der Klägerin dargestellten Aufbereitungsmethoden von Sekundärrohstoffen keine Produktion von Gütern, denn hier ist nichts wesentlich Neues (s. auch das Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 29.08.2006, L 21 RA 179/03, in juris, das für die Annahme eines Produktionsbetriebs nach dem versorgungsrechtlichen Sprachgebrauch die Herstellung eines Neu- und Endproduktes, eines "aliuds" voraussetzt) entstanden. Durch die Aufbereitung änderte sich der Charakter der Stoffe nicht, sie waren und blieben Sekundärrohstoffe. Die Aufbereitung blieb im Vergleich zum erfassten Ausgangsmaterial auf niedrigschwelligem Niveau und erfolgte ohne wesentliche Substanzveränderung letztlich nur, um die Vermarktung zu vereinfachen.
Dies gilt vor allem für das gesammelte Altpapier, das nach der Erfassung und Sortierung lediglich zu Ballen gepresst wurde. Durch das Pressen ist - nach der Erfassung und Sortierung - nichts wesentlich Neues entstanden, die Ballen blieben (gepresstes) Altpapier. Nichts anderes gilt für das gesammelte Leinen und die Wolle. Zwar wurden diese nach der Sortierung, bevor sie zu Ballen gepresst wurden, zerrissen und z.T. (Wolle) grob gesponnen. Die Stoffe behielten jedoch ihren Charakter als Sekundärrohstoffe, die Aufbereitungsschritte stellten sich - auch verglichen mit der erstmaligen Produktion der Sekundärrohstoffe, sprich Kleidung, der Erfassung und der Sortierung - als überschaubar dar und änderten bezogen auf den erfassten Sekundärrohstoff "Altkleider" nur das äußere Erscheinungsbild. Entsprechendes gilt auch für die Aufbereitung von Haushaltsglas und -plaste zu einem Grundgranulat und der Tierknochen zu Pulver. Auch hier wurde nach der Erfassung und Sortierung durch das Mahlen und die Granulation der Charakter als Sekundärrohstoffe nicht verändert, die Aufbereitungsschritte waren - wiederum verglichen mit der erstmaligen Produktion, der Erfassung und Sortierung - überschaubar und änderten nur das äußere Erscheinungsbild der erfassten Stoffe (so im Ergebnis auch LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 18.03.2010, a.a.O.).
Soweit aus Altkleidern, die nicht aus Leinen oder Wolle bestanden, eine Dämmwolle hergestellt wurde, ist einzuräumen, dass diesbezüglich das Vorliegen einer Produktion im versorgungsrechtlichen Sprachgebrauch eher angenommen werden könnte, da im Vergleich zur Ausgangssubstanz (erstmalig) ein neues Endprodukt hergestellt wurde. Dies kann jedoch dahingestellt bleiben, da es - wie bereits dargestellt - auch bei Annahme einer (industriellen) Produktion hinsichtlich aller Sekundärrohstoffe bei der Prägung des Betriebes durch die Erfassung, Sortierung und Handel mit den Sekundärrohstoffen, d.h. der Prägung durch den Dienstleistungscharakter verbliebe. Erst Recht gilt dies, wenn eine industrielle Produktion nur für den eben genannten Teilbereich (Dämmwolle) angenommen wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved