S 10 R 1000/12 ER

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 1000/12 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Zeitarbeitsfirmen, die Leiharbeitnehmern zu Unrecht weniger Lohn gezahlt haben als die Entleiher ihren Stammbelegschaften, müssen wegen der Tarifunfähigkeit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Perso-nalserviceagenturen (CGZP), die die Unwirksamkeit des die Grundlage für die niedrigen Löhne bildenden Tarifvertrages zur Folge hat, bis zur Grenze der Verjährung in § 25 Abs. 1 SGB IV Sozialversicherungsbeiträge auf die Differenz nachzahlen.
2. Die Tatsache, dass das BAG mit seinem Beschluss vom 14.12.2010 (Az: 1 ABR 19/10) die Tarifunfähigkeit der CGZP nur gegenwartsbezogen festgestellt hat, rechtfertigt hier nicht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Unter Berück-sichtigung der dortigen Erwägungen bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Tarifunfähigkeit der CGZP auch zum streitigen Zeitpunkt, mit der Folge, dass aufgrund des Equal-Pay-Grundsatzes höhere Arbeitsentgeltansprüche bestanden haben.
1. Der Antrag wird abgelehnt. 2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Der Streitwert wird auf 204.701,66 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs vom 13.03.2012 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 15.02.2012, mit welchem für den Zeitraum vom 01.01.2007 bis zum 31.12.2009 Sozialversicherungsbeiträge i. H. v. insgesamt 409.403,33 EUR nachgefordert werden.

Die Antragstellerin ist in der Rechtsform einer GmbH im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung tätig. Die Tarifverträge der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) und des Arbeitgeberverbandes mittelständischer Personal-dienstleister e. V. (AMP) waren im Nachforderungszeitraum Grundlage der Arbeitsverträge zwischen der Antragstellerin und deren (Leih-)Arbeitnehmern.

Mit Schreiben vom 13.08.2010 erklärte die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin, dass die für den Prüfzeitraum vom 01.06.2006 bis zum 31.12.2009 durchgeführte Betriebsprüfung nach stichprobenweiser Überprüfung der vorgelegten Unterlagen und Aufzeichnungen keine Beanstandungen bezüglich der Versicherungs- und Beitragspflicht im Sinne der Sozialversicherung ergeben habe.

Mit Beschluss vom 01.04.2009 hat das Arbeitsgericht Berlin - 35 BV 17008/08 - festgestellt, dass die CGZP nicht tariffähig ist. Mit Beschluss vom 07.12.2009 hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg - 23 TaBV 1016/09 - die Entscheidung im Wesentlichen bestätigt. Nachdem das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Beschluss vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10 - die Rechtsbeschwerden der CGZP, des AMP sowie der Bundesvereinigung Deutscher Dienstleistungsunternehmen e. V. (BVD) gegen den Beschluss des LAG Berlin-Brandenburg vom 07.12.2009 - 23 TaBV 1016/09 - zurückgewiesen hatte, hat sich die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 21.12.2010 an die Antragstellerin gewandt und unter anderem mitgeteilt, es lasse sich derzeit nicht mit letzter Sicherheit sagen, wie die Frage der Rückwirkung dieser Entscheidung des BAG auf Beitragsansprüche, die seit Januar 2006 fällig geworden sind, zu beantworten sei. Um Schaden von den Sozialversicherungen abzuwenden, sehe sie sich deshalb verpflichtet, hiermit fristwahrend die Ansprüche auf entgangene Sozialversicherungsbeiträge noch im Jahr 2010 geltend zu machen. Die Antragstellerin sei daher verpflichtet, selbständig unverzüglich zu überprüfen, welche Beitrags- und Meldepflichten im Nachgang zu diesem Urteil zu erfüllen seien. Es sei beabsichtigt, im Jahr 2011 eine Betriebsprüfung durchzuführen.

Mit Bescheid vom 15.02.2012 erklärte die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin, es ergebe sich aufgrund der in der Zeit vom 12.12.2011 bis 23.12.2011 durchgeführten Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 01.01.2007 bis 31.12.2009 eine Nachforderung in Höhe von 409.403,33 EUR. Nach der stichprobenweise durchgeführten Prüfung ergäben sich Beitragsansprüche aufgrund der Unwirksamkeit des angewandten Tarifvertrages und des daraus resultierenden equal-pay-Anspruchs der betroffenen Beschäftigten (§ 10 Abs. 4 des Arbeitnehmer¬¬überlassungsgesetzes - AÜG - i. V. m. § 22 Sozialgesetzbuch Viertes Buch - SGB IV -). Das BAG habe die Tarif¬unfähigkeit der CGZP festgestellt. Dies habe die Unwirksamkeit der geschlossenen Tarifverträge zur Folge. Beitragsbemessungsgrundlage für die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge sei damit der Arbeitsentgeltanspruch eines vergleichbaren Stammarbeitnehmers in dem Entleihbetrieb nach § 10 Abs. 4 AÜG. Es seien Beiträge zur Sozialversicherung auf der Grundlage der Differenz zwischen dem gemeldeten und dem Beitragsanspruch zugrunde gelegten Arbeitsentgelt und dem vergleichbaren Arbeitsentgelt eines Stammarbeitnehmers in dem jeweiligen Entleihbetrieb und Überlassungszeitraum für jeden Leiharbeitnehmer individuell nachzuerheben. Nach § 28f Abs. 2 Satz 3 SGB IV könne der prüfende Rentenversicherungsträger - wie im vorliegenden Fall geschehen - die Höhe der Arbeitsentgelte schätzen, wenn diese nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermittelt werden könnten. Nach ihren Ermittlungen betrage die durchschnittliche Lohndifferenz zwischen Leiharbeitnehmern und vergleichbaren Stammarbeitnehmern in Entleihbetrieben je nach Mitarbeitergruppe und Kalenderjahr zwischen 5,27 % und 12,58 %. Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten auf den entsprechenden Bescheid vom 15.02.2012 verwiesen.

Hiergegen erhob die Antragstellerin am 13.03.2012 Widerspruch, auf den wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird.

Am 13.03.2012 hat die Antragstellerin am Sozialgericht Karlsruhe die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids der Antragsgegnerin im Hinblick auf die Nacherhebung von Sozialversicherungsbeiträgen für die Zeit vor der Entscheidung des BAG vom 14.12.2010, weshalb mehr für als gegen die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides der Antragsgegnerin spreche und damit ein Erfolg des Widerspruchs im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher als ein Misserfolg sei. Es gebe bisher keine rechtskräftige Feststellung der auch rückwirkenden Tarifunfähigkeit der CGZP im Zeitraum vor dem 14.12.2010 und somit im maßgeblichen Prüfzeitraum. Eine derartige rechtskräftige Feststellung sei jedoch erforderlich. Das BAG habe die Tarifunfähigkeit lediglich für die Gegenwart festgestellt, sodass diese Entscheidung nur ex-nunc wirke und eine Rückwirkung nicht in Betracht komme. Die Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg vom 09.01.2012 - 24 TaBV 1285/11 -, wonach die CGZP auch in der Vergangenheit nicht tariffähig gewesen sei, sei noch nicht rechtskräftig. Selbst wenn eine Beschränkung für die Vergangenheit nicht verhängt würde, könnten Beitragsnachforderungen für die Vergangenheit erst ab Rechtskraft der Entscheidung des LAG Berlin-Brandenburg 4 Jahre rückwirkend geltend gemacht werden, sodass Beitragsnachforderungen für das Jahr 2007 dann ausgeschlossen wären. Die Antragsgegnerin habe mit dem Schreiben vom 21.12.2010 zudem keinen verjährungshemmenden Tatbestand geschaffen. Vor der Entscheidung des BAG sei auch keine Bösgläubigkeit eingetreten, sodass nicht die dreißigjährige Verjährungsfrist zur Anwendung komme. Zu diesem Zeitpunkt habe es nur die Erkenntnis gegeben, dass die CGZP gegenwartsbezogen tarifunfähig gewesen sei. Auch habe die Antragstellerin auf die Wirksamkeit des Tarifvertrags der CGZP schutzwürdig vertraut, sodass dieser unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes für die Vergangenheit aufrecht zu erhalten sei. Zudem habe das Bundessozialgericht (BSG) bereits in seiner Entscheidung vom 18.11.1980 - 12 RK 59/79 - klargestellt, dass zum einen die Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung für Arbeitgeber zu Vertrauensschutz führen könne, und zum anderen, dass auch ein vorangegangenes Verhalten der Verwaltung einen Vertrauensschutz für den Schuldner begründen könne, so dass eine Beitragsnachforderung für zurückliegende Zeiten ausgeschlossen sei. Des Weiteren stellten Nachforderungen für den Zeitraum vor dem 14.12.2010 einen Fall der echten Rückwirkung dar, welcher nach Artikel 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) verboten sei. Das Vertrauen in die Tariffähigkeit einer Organisation sei schutzwürdig, solange diese nicht durch ein Arbeitsgericht rechtskräftig abgesprochen worden sei. Auch sei die vom BAG anerkannte Rechtsfigur des fehlerhaften Tarifvertrags zu berücksichtigen. Es liege auch eine nachträglich rückwirkende Loherhöhung und Einmalzahlung vor, so dass nicht das Entstehungsprinzip, sondern das Zuflussprinzip gelte. Außerdem entstehe ein equal pay-Anspruch erst mit einer Wahlentscheidung des Zeitarbeitnehmers für den equal pay-Anspruch und gegen die mit dem Arbeitgeber vertraglich vereinbarten Arbeitsbedingungen. Dem Beitragsbescheid vom 15.02.2012 stehe auch das Schreiben vom 13.08.2010 für den identischen Zeitraum entgegen, sodass die Beitragsforderung insoweit verwirkt sei. Dies stelle ein widersprüchliches Verhalten dar, weswegen die Antragstellerin Vertrauensschutz genieße. Die Antragsgegnerin hätte in Ihrem Schreiben vom 13.08.2010 auch einen Vorbehalt späterer Prüfungen aussprechen müssen.

Die Antragstellerin beantragt,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 13.03.2012 gegen den Bescheid vom 15.02.2012 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Aufgrund der Entscheidung des BAG vom 14.12.2010 sei die CGZP auch für vor der Entscheidung liegende Zeiträume nicht tariffähig. Auch werde die Tarifunfähigkeit nur deklaratorisch festgestellt. Es bestehe auch kein Vertrauensschutz. Auch sei der gute Glaube an die Tariffähigkeit einer Vereinigung nicht geschützt. Des Weiteren gelte das Entstehungsprinzip. Entscheidend sei außerdem, ob die Tarifunfähigkeit materiell rechtlich im Prüfzeitraum vorgelegen habe. Die Beiträge seien auch nicht verjährt und die frühere Betriebsprüfung stehe der Neufestsetzung nicht entgegen.

Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die vorgelegte Akte der Antragsgegnerin sowie die Gerichtsakte einschließlich der der Antragsschrift beigefügten Anlagen verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag ist unbegründet.

1. Gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entfällt die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben, einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten. Die aufschiebende Wirkung kann gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG durch das Gericht der Hauptsache auf Antrag ganz oder teilweise angeordnet werden. Dabei sind die Erfolgsaussichten des Widerspruchs und der Klage sowie das Einzel- und das öffentliche Interesse gegeneinander abzuwägen: Je größer die Erfolgsaussichten in der Hauptsache, umso geringere Anforderungen sind an das Aussetzungsinteresse des Antragstellerin zu stellen. Sofern der Verwaltungsakt bereits nach summarischer Prüfung offensichtlich rechtswidrig ist, besteht ein öffentliches Interesse an seiner Vollziehung nicht und das Aufschubinteresse hat Vorrang. In den anderen Fällen verbleibt es bei der gesetzlichen Anordnung des Entfallens der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs und der Anfechtungsklage. Dem Gesetz ist ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zu Lasten des Suspensiveffekts zu entnehmen, da der Gesetzgeber die sofortige Vollziehung als Regelfall angeordnet hat. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung muss daher eine mit gewichtigen Argumenten zu begründende Ausnahme bleiben (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 86b SGG, Rn. 12c ff.; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.03.2009, L 16 (11) B 4/07 R ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 09.07.2009, L 2 U 3/09 B ER).

An diesen Maßstäben orientiert ist der Antrag als unbegründet abzulehnen. Denn für eine Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs kann weder eine überwiegende Erfolgsaussicht (hierzu unter a) noch eine unbillige Härte (hierzu unter b) festgestellt werden.

a) Der Bescheid vom 15.02.2012 ist nicht offensichtlich rechtswidrig, sodass das Suspensivinteresse der Antragstellerin das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin nicht überwiegt.

Die Rechtsgrundlage für den Bescheid vom 15.02.2012 ergibt sich aus § 28p Abs. 1 SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen mindestens alle vier Jahre. Die Prüfung soll in kürzeren Zeitabständen erfolgen, wenn der Arbeitgeber dies verlangt. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.

Für die Beiträge abhängig Beschäftigter ist in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung jeweils das Arbeitsentgelt des Beschäftigten Bemessungs-grundlage für die Festsetzung der Beiträge (vgl. § 226 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V -, § 57 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - SGB XI - i. V. m. § 226 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 162 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI -, § 342 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB III -). Als Arbeitsentgelt gelten nach § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Be-schäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Die Beitragsansprüche der Versicherungsträger entstehen, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).

Nach § 10 Abs. 4 AÜG ist der Verleiher verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren. Soweit ein auf das Arbeitsverhältnis anzuwendender Tarifvertrag abweichende Regelungen trifft (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3, § 9 Nr. 2 AÜG), hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die nach diesem Tarifvertrag geschuldeten Arbeitsbedingungen zu gewähren. Soweit ein solcher Tarifvertrag die festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer für jede Arbeitsstunde das im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers für eine Arbeitsstunde zu zahlende Arbeitsentgelt zu gewähren. Im Falle der Unwirksamkeit der Vereinbarung zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer nach § 9 Nr. 2 AÜG hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren.

Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben bestehen keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheids vom 15.02.2012.

aa) Der Beitragserhebung steht nicht das Schreiben vom 13.08.2010 entgegen. Bei diesem Schreiben handelt es sich nach Auffassung der Kammer um eine schlichte Mitteilung über das Ergebnis der bei der Antragstellerin zum damaligen Zeitpunkt durchgeführten Betriebsprüfung für den Prüfungszeitraum vom 01.06.2006 bis 31.12.2009. Sie beruhte auf den Vorgaben der Verordnung über die Berechnung, Zahlung, Weiterleitung, Abrechnung und Prüfung des Gesamtsozialversicherungs-beitrages (Beitragsverfahrensverordnung - BVV), denn § 7 Abs. 4 Satz 1 BVV legt fest, das Ergebnis der Prüfung dem Arbeitgeber schriftlich mitzuteilen. Das Schreiben erschöpft sich hier in der Mitteilung, dass die stichprobenweise durchgeführte Prüfung keine Feststellungen ergeben habe. Es enthält deshalb im Vergleich zu dem im vorliegenden Verfahren angefochtenen Bescheid über die Verpflichtung zur Nachzahlung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen vom 15.02.2012 ganz offensichtlich schon keine Regelung eines Einzelfalls, denn die damalige Erklärung des Rentenversicherungsträgers ist nach ihrem objektiven Sinngehalt nicht auf die Setzung einer potentiell verbindlichen Rechtsfolge (d.h. auf die Begründung, Änderung, Aufhebung oder verbindliche Feststellung von Rechten) gerichtet, sondern enthält eine bloße Mitteilung der von der Behörde im Rahmen der Prüfung festgestellten Tatsachen. Eine solche Prüfungsmitteilung ist deshalb in Abgrenzung von Entscheidungen der Rentenversicherungsträger zur Versicherungs- und Beitragspflicht - z.B. über die tatsächliche Nachforderung von Beiträgen, die nach den Feststellungen der Betriebsprüfung geschuldet werden - kein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 SGB X (vgl. auch SG Stralsund, Beschluss vom 05.03.2012, S 3 R 80/12 ER).

Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung wäre allerdings auch dann nicht anzuordnen, wenn man zugunsten der Antragstellerin der Prüfmitteilung vom 13.08.2010 die Qualität eines Verwaltungsaktes zumessen würde.

Der Regelungsgehalt von Bescheiden über die Nachforderung von Sozialversi-cherungsbeiträgen und Umlagen, die der Rentenversicherungsträger nach durch-geführter Betriebsprüfung gestützt auf § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlässt, erschöpft sich in der Nachforderung der Beiträge und Umlagen, die der Arbeitgeber nach den Feststellungen der Betriebsprüfung schuldet, aber noch nicht gezahlt hat. Eine den (geprüften) Arbeitgeber begünstigende Regelung des Inhalts, weitere Beiträge und Umlagen würden für den geprüften Zeitraum nicht (nach)erhoben, enthalten diese Bescheide nicht; sie kann ihnen auch im Wege der Auslegung (entsprechend §§ 133, 157 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -) nicht beigelegt werden. Vielmehr haben Betriebsprüfungen gemäß § 28p SGB IV unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger in der Rentenversicherung davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm "Entlastung" zu erteilen. Auch den Prüfberichten kommt keine andere Bedeutung zu. Die Betriebsprüfung ist in ihrer tatsächlichen Durchführung auf eine Entlastungsfunktion des Arbeitgebers auch nicht eingerichtet. Die Prüfbehörden sind selbst in kleinen Betrieben zu einer vollständigen Überprüfung der versicherungs¬rechtlichen Verhältnisse aller Versicherten nicht verpflichtet und dürfen sich demzufolge auf Stichprobenprüfungen beschränken. Das legt § 11 Abs. 1 Satz 1 BVV - und zwar für den Regelfall - ausdrücklich so fest. Auch den Prüfberichten kommt keine andere Bedeutung zu. Ihr Adressat ist nicht der Ar-beitgeber. Sie halten das Ergebnis der Prüfung vielmehr nur für den zuständigen, die Betriebsprüfung durchführenden Versicherungsträger fest und haben nicht etwa die Funktion eines Entlastungsnachweises mit Außenwirkung (vgl. BSG, Urteil vom 14.7.2004, B 12 KR 7/04 R; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.04.2011, L 5 R 1004/10; SG Würzburg, Beschluss vom 07.02.2012, S 6 R 74/12 ER).

Insbesondere auch auf Grund des ausdrücklichen Hinweises auf die stichprobenweise Prüfung konnte die Antragstellerin durch das Schreiben vom 13.08.2010 von weiteren Beitragsforderungen nicht befreit werden.

bb) Dem Beitragsbescheid vom 15.02.2012 steht auch nicht entgegen, dass die Tarif-fähigkeit der CGZP auch für die Vergangenheit (noch) nicht abschließend rechtskräftig positiv oder negativ feststeht.

Die Antragsgegnerin durfte ihrer Entscheidung die Unwirksamkeit des Tarifvertrages unterstellen, mit der Folge, dass die Antragstellerin als Verleiher nach § 10 Abs. 4 AÜG verpflichtet war, ihren Leiharbeitnehmern für die Zeit der Überlassung an den Entleiher das im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltende höhere Arbeitsentgelt zu gewähren. Eine Abweichung vom equal-pay-Grundsatz ist nur durch tarifliche Bestimmungen möglich. Voraussetzung derartiger tariflicher Bestimmungen, die eine Abweichung vom equal-pay-Grundsatz ermöglichen, ist die Wirksamkeit des Tarifvertrages. Schließt eine Vereinigung ohne Tariffähigkeit einen Tarifvertrag ab, ist dieser Tarifvertrag von Anfang an unwirksam und damit nichtig. Die Entscheidung über die Tariffähigkeit einer Vereinigung nach §§ 2a Abs. 1 Nr. 4, 97 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) begründet oder beendet nicht erst die Tariffähigkeit, sondern stellt die Tariffähigkeit oder Tarifunfähigkeit nur fest. Das wird auch aus der Regelung in § 97 Abs. 5 ArbGG deutlich, wonach das Gericht das Verfahren bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG auszusetzen hat, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig ist. Diese Verpflichtung zur Aussetzung des Verfahrens wäre weitgehend sinnlos und überflüssig, wenn die Entscheidung über die Tariffähigkeit oder Tarifunfähigkeit einer Vereinigung nur für die Zeit nach der Verkündung der Entscheidung von Bedeutung wäre. Damit wirkt die Feststellung der Tariffähigkeit bzw.- unfähigkeit nicht konstitutiv, sondern le-diglich deklaratorisch. Dies bedeutet vorliegend, dass es der Antragstellerin nicht möglich gewesen war, vom equal-pay-Grundsatz abzuweichen, falls die am hier einbezogenen Tarifvertrag beteiligte CGZP tarifunfähig war. Durch die dadurch bedingte Unwirksamkeit des Tarifvertrages ist eine Abweichung vom equal-pay-Grundsatz ausgeschlossen. Die Antragstellerin hat dann von dem höheren Arbeitsentgelt Beiträge zu entrichten (vgl. SG Würzburg, Beschluss vom 07.02.2012, S 6 R 74/12 ER).

Die Frage, ob eine Vereinigung tariffähig ist, ist abschließend von den Arbeitsgerichten zu prüfen. Nach § 97 Abs. 5 ArbGG hat das Gericht, wenn die Entscheidung eines Rechtsstreits davon abhängt, ob eine Vereinigung tariffähig oder ob die Tarifzuständigkeit einer Vereinigung gegeben ist, das Verfahren bis zur Erledigung des Beschlussverfahrens vor dem Arbeitsgericht nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 ArbGG auszusetzen. Ohne Rücksicht auf Verfahrensart und Gegenstand ist jedes Verfahren auszusetzen, in welchem sich die Frage der Tariffähigkeit oder Tarifzuständigkeit einer Vereinigung als Vorfrage stellt (vgl. BAG, Beschluss vom 25.09.1996, 1 ABR 25/96; BVerwG, Beschluss vom 25.07.2006, 6 P 17/05). Vorliegend hängt die von der Antragsgegnerin verfügte Nacherhebung der Beiträge davon ab, ob der zur Rechtfertigung der Abweichung vom equal-pay-Grundsatz von der Antragstellerin herangezogene Tarifvertrag tatsächlich unwirksam ist, weil die CGZP tatsächlich tarifunfähig war. Da die Antragsgegnerin die Tarifunfähigkeit der CGZP - mangels Antragsberechtigung - nicht unmittelbar feststellen lassen kann, bleibt ihr nur die Möglichkeit, diese zu unterstellen und für den Fall des Bestreitens durch die andere Partei im Klageverfahren die Aussetzung nach § 97 Abs. 5 AÜG anzuregen. Die Antragsgegnerin war somit berechtigt, bei ihrer Entscheidung die Unwirksamkeit des Tarifvertrages zu unterstellen. Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes kann auch das Gericht unterstellen, dass die CGZP nicht tariffähig ist. Im Hinblick auf die Rege-lung des § 97 Abs. 5 ArbGG wäre das hiesige Verfahren an sich auszusetzen, um den hiesigen Beteiligten die Einleitung des Verfahrens nach § 97 Abs. 5 ArbGG zu ermöglichen. Ein derartiges Vorgehen ist jedoch im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit eines Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes nicht geboten. Von daher hat das Gericht, das sich im Rahmen eines einstweiligen Rechtschutzes mit dieser Vorfrage befassen muss, im Wege der summarischen Prüfung zu prüfen, ob ein entsprechendes Verfahren vor den Arbeitsgerichten erfolgreich sein wird, falls im Klageverfahren eine entsprechende Aussetzung erfolgt. Davon ist vorliegend nicht auszugehen. Das Bundesarbeitsgericht mag in seinem Beschluss vom 14.12.2010 die Frage der Tariffähigkeit nur gegenwartsbezogen beantwortet haben. Die tragenden Gründe sind jedoch ohne Weiteres auf die Zeit davor zu übertragen. Davon unabhängig hat das Bundesarbeitsgericht offen gelassen, ob die CGZP überhaupt von tariffähigen Arbeitnehmerkoalitionen geschlossen wurde und ob die CGZP überhaupt über soziale Mächtigkeit verfügt hat. Daher ist - im Rahmen der hiesigen summarischen Prüfung - davon auszugehen ist, dass die CGZP von Anfang an tarifunfähig war und die geschlossenen Tarifverträge damit unwirksam sind (vgl. SG Würzburg, Beschluss vom 07.02.2012, S 6 R 74/12 ER; LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.09.2011, 7 Sa 1318/11).

cc) Die Beitragsansprüche der Versicherungsträger entstehen, sobald ihre im Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmten Voraussetzungen vorliegen (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Von der Tarifunfähigkeit der am hier einbezogenen Tarifvertrag beteiligten CGZP ausgehend, war der Tarifvertrag von Anfang an unwirksam und eine Abweichung vom equal-pay-Grundsatz nicht möglich. Eine höhere Lohnforderung der Leiharbeitnehmer bestand somit von Anfang an.

dd) Dem steht auch nicht ein arbeitsrechtlicher Vertrauensschutz entgegen. Denn der gute Glaube an die Tariffähigkeit einer Vereinigung wird nicht geschützt (BAG, Urteil vom 15.11.2006, 10 AZR 665/05). Darüber hinaus hat die Antragstellerin von der Möglichkeit des § 10 Abs. 4 AÜG Gebrauch gemacht, indem sie den Tarifvertrag der CGZP einbezogen hat. Damit ist sie von der gesetzlich vorgesehenen Regelung des gleichen Lohns für gleiche Arbeit abgewichen. Das damit verbundene und eingegangene Geschäftsrisiko hat die Antragstellerin bewusst in Kauf genommen. Sie kann sich daher nicht darauf berufen, nunmehr von der Unwirksamkeit des einbezogenen Tarifvertrages überrascht worden zu sein, vor allem weil die von der CGZP abgeschlossenen Tarifverträge von Anfang an nicht unumstritten waren. Die Antragstellerin kann auch nicht besser dastehen als ein Verleiher, der von Anfang an equal-pay geleistet hat oder einen unbestrittenen anderen Tarifvertrag von Anfang an angewandt hat. Die Verwirklichung eines bewusst eingegangenen Geschäftsrisikos hat derjenige zu tragen, der es eingegangen ist - somit die Antragstellerin (vgl. auch SG Würzburg, Beschluss vom 07.02.2012, S 6 R 74/12 ER).

ee) Im Übrigen können auch unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen die Einwände der Antragstellerin im Hinblick auf eine Vermutung der materiellen Richtigkeitsgewähr von Tarifverträgen sowie einer Rechtsfigur des fehlerhaften Tarifvertrages nicht überzeugen (vgl. auch BAG, Beschluss vom 28.03.2006, 1 ABR 58/04; LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 07.12.2009, 23 TaBV 1016/09).

ff) Entgegen der Darlegung der Antragstellerin kann vorliegend auch nicht von dem Entstehungsprinzip zu Gunsten des Zuflussprinzips abgesehen werden.

Bei der Berechnung der Beiträge für eine nachträgliche Lohnzahlung ist zu un-terscheiden, ob es sich um die verspätete Zahlung geschuldeten Lohnes oder um die nachträgliche Zahlung rückwirkend erhöhten Lohnes handelt (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.1964, 3 RK 74/60). War der Tarifvertrag unwirksam, konnte vom equal-pay-Grundsatz nicht abgewichen werden. Damit bestand von Anfang an ein Anspruch auf den höheren Lohn. Bei der nachträglichen Lohnzahlung handelt es sich somit um die verspätete Zahlung geschuldeten Lohnes, was besonders deutlich wird, wenn ein entsprechender Leiharbeitnehmer gegen den Verleiher unter Verweis auf den equal-pay-Grundsatz Lohnklage erhebt. Im Fall seines Obsiegens wird der Verleiher nicht zur Gewährung eines Lohnerhöhung verurteilt, sondern zur Zahlung des geschuldeten Lohns aus der Vergangenheit. Es kommt hier nicht darauf an, ob der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt zahlt und ob der Arbeitnehmer das Arbeitsentgelt verlangt hat oder es noch verlangen kann; d.h. Bemessungsgrundlage ist nicht das vom Arbeitgeber gezahlte, sondern das von ihm ohne Rücksicht auf die Durchsetzbarkeit geschuldete Arbeitsentgelt. Insoweit kommt es auch nicht auf den Zeitpunkt der Auszahlung an. Aus einem in der Vergangenheit entstandenen Arbeitsentgelt wird aufgrund seiner nachträglich kumulierten Auszahlung kein einmalig gezahltes Arbeitsentgelt. Auch das angeführte, verfassungsrechtlich garantierte, Rückwirkungsverbot greift deshalb hier nicht zu Gunsten der Antragstellerin ein. Soweit die Antragstellerin in diesem Zusammenhang geltend macht, dass die Entscheidung des BAG als "konstitutiv" zu bezeichnen sei, überzeugt dieser Einwand nicht, weil die Entscheidung des BAG die Tariffähigkeit der CGZP materiell-rechtlich betrachtet nicht beendet, sondern diese lediglich deklaratorisch feststellt (vgl. auch SG Stralsund, Beschluss vom 05.03.2012, S 3 R 80/12 ER; SG Würzburg, Beschluss vom 07.02.2012, S 6 R 74/12 ER).

gg) Die mit Beitragsbescheid vom 15.02.2012 verfügte Beitragsforderung ist auch noch nicht verjährt.

In der Frage der Verjährung von Beitragsforderungen unterscheidet § 25 Abs. 1 SGB IV zwischen einer kurzen vierjährigen und einer langen dreißigjährigen Verjährungsfrist. Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren dagegen nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV in 30 Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Die Verjährung wird aber durch eine Prüfung gehemmt (§ 25 Abs. 2 Satz 2 SGB IV). Als Beginn der Hemmung legt § 25 Abs. 2 Satz 4 SGB IV den Tag des Beginns der Prüfung fest. Darunter versteht das Gesetz den Tag, an dem der oder die mit der Prüfung Beauftragte im Betrieb oder bei der Abrechnungsstelle erscheint, um die Prüfung vorzunehmen. Dass dies - und nicht etwa die Prüfankündigung - Beginn der Prüfung im Sinne des Gesetzes ist, ergibt sich aus dem Umkehrschluss zu § 25 Abs. 2 Satz 5 SGB IV: Muss demnach der ursprünglich vorgesehene Termin verschoben werden, ist der in der Prüf¬ankündigung vorgesehene Tag für den Eintritt der Hemmung maßgeblich, es sei denn, die prüfende Stelle hat den Umstand, dass die Prüfung nicht beginnen konnte, zu vertreten (vgl. SG Würzburg, Beschluss vom 07.02.2012, S 6 R 74/12 ER).

Im vorliegenden Fall wurde die Betriebsprüfung in der Zeit vom 12.12.2011 bis 23.12.2011 durchgeführt, sodass bereits nach der vierjährigen Verjährungsfrist Beitragsforderungen für das Jahr 2007 nicht verjährt sind.

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die anfänglich gegebenenfalls vorhandene Gutgläubigkeit keinen Vertrauensschutz begründet, wenn nach Fälligkeit, aber noch vor Ablauf der kurzen Verjährungsfrist Vorsatz hinzutritt (vgl. BSG, Urteil vom 30.03.2000, B 12 KR 14/99 R). Insoweit reicht es aus, wenn der Beitragspflichtige die Beiträge mit bedingtem Vorsatz vorenthalten hat, er also seine Beitragspflicht nur für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat. Mit Beschluss vom 01.04.2009 - 35 BV 17008/08 - hat das Arbeitsgericht Berlin festgestellt, dass die CGZP nicht tariffähig ist. Mit Beschluss vom 07.12.2009 - 23 TaBV 1016/09 - hat das LAG Berlin-Brandenburg die Entscheidung im Wesentlichen bestätigt. Das BAG hat mit Beschluss vom 14.12.2010 - 1 ABR 19/10 - die Rechtsbeschwerden der CGZP, des AMP sowie der BVD gegen den Beschluss des LAG Berlin-Brandenburg vom 07.12.2009 - 23 TaBV 1016/09 - zurückgewiesen. Im Hinblick darauf, dass die Gültigkeit des Tarifvertrages zwischen der CGZP und dem AMP Geschäftsgrundlage der Antragstellerin war, weil im Hinblick auf die Einbeziehung nur dessen Gültigkeit die Abweichung vom equal-pay-Grundsatz rechtfertigen konnte, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragstellerin von den Inhalt der Gerichtsentscheidungen erst nach dem 31.12.2010 überrascht wurde. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Antragstellerin spätestens ab dem Beschluss des BAG vom 14.12.2010 die dadurch bedingte höhere Beitragspflicht auch für die Vergangenheit für möglich gehalten, die Nichtabführung der Beiträge aber billigend in Kauf genommen hat (vgl. auch SG Würzburg, Beschluss vom 07.02.2012, S 6 R 74/12 ER).

hh) Dem Beitragsbescheid vom 15.02.2012 steht auch nicht ein sozialrechtlicher Vertrauensschutz entgegen. Das Rechtsinstitut der Verwirkung ist als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 BGB) auch für das Sozial-versicherungsrecht und insbesondere für die Nachforderung von Beiträgen zur Sozialversicherung für zurückliegende Zeiten anerkannt. Die Verwirkung setzt als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung voraus, dass der Berechtigte die Ausübung seines Rechts während eines längeren Zeitraumes unterlassen hat und weitere besondere Umstände hinzutreten, die nach den Besonderheiten des Einzelfalles und des in Betracht kommenden Rechtsgebietes das verspätete Geltendmachen des Rechts nach Treu und Glauben dem Verpflichteten gegenüber als illoyal erscheinen lassen. Solche die Verwirkung auslösenden "besonderen Umstände" liegen vor, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten (Verwirkungsverhalten) darauf vertrauen durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde (Vertrauensgrundlage) und der Verpflichtete tatsächlich darauf vertraut hat, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet hat (Vertrauensverhalten), dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (vgl. BSG, Urteil vom 30.11.1978, 12 RK 6/76). Das gleiche gilt bei Änderungen einer höchstrichterlichen Rechtsprechung, von deren Maßgeblichkeit bisher nicht nur die Einzugsstellen der Beiträge, sondern auch die Beitragspflichtigen, insbesondere die selbst abrechnenden Arbeitgeber, ausgegangen waren und die sie deshalb ihrer Beitragsentrichtung zugrunde gelegt hatten (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.1980, 12 RK 59/79). Im vorliegenden Fall fehlt es an einem Verwirkungsverhalten der Antragsgegnerin. Sowohl Arbeitgeber wie Ar-beitnehmer können aus vergangenen Betriebsprüfungen grundsätzlich keine Rechte herleiten. Betriebsprüfungen haben - wie bereits ausgeführt - unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollen einerseits Beitragsausfälle verhindern helfen, andererseits die Versicherungsträger in der Rentenversicherung davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstehen. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung kommt den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezwecken insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm "Entlastung" zu erteilen. Ein derartiger Vertrauenstatbestand ist vorliegend nicht gegeben. Auf Grund der stichprobenweise durchgeführten Prüfung konnte die Antragstellerin nicht darauf vertrauen, dass die für den Zeitraum vom 01.06.2006 bis 31.12.2009 durchgeführte Prüfung und dort nicht festgestellte Umstände der Schlusspunkt der Feststellungen für den Zeitraum sind. Auch konnte daraus nicht ein Vertrauen auf die zutreffende Abführung der Beiträge auf der Grundlage des übertariflichen Lohns geschaffen werden. Auch aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin erst nach Entscheidung des BAG eine Prüfung angekündigt hat, folgt nichts anderes. Für die Zeit davor fehlt es an einem qualifizierten Element, das Vertrauen bei der Antragstellerin hätte bilden können. Allein die Nichtprüfung reicht zur Bildung von Vertrauen nicht aus. Hätte insoweit auf Seiten der Antragstellerin der Wunsch nach Sicherheit bestanden, hätte sie im Übrigen auch eine entsprechende Prüfung verlangen können, § 28p Abs. 1 Satz 2 SGB IV. Auch eine Änderung einer höchst¬richterlichen Rechtsprechung, von deren Maßgeblichkeit bisher nicht nur die Einzugsstellen der Beiträge, sondern auch die Beitragspflichtigen, insbesondere die selbst abrechnenden Arbeitgeber, ausgegangen waren und die sie deshalb ihrer Beitragsentrichtung zugrunde gelegt hatten, ist nicht gegeben. Eine Änderung der höchst¬richterlichen Rechtsprechung, die unmittelbar das Beitragsrecht betrifft, liegt nicht vor. Da die erstmalige Befassung mit einer Rechtsfrage keine Änderung der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung darstellen kann, kann auch ein Vertrauensschutztatbestand nicht vorliegen. Das Bundesarbeitsgericht hatte zur Tariffähigkeit einer Spitzenorganisation auf Arbeitnehmerseite noch nicht zu entscheiden gehabt. Gab es zu einer Rechtsfrage bisher aber keine Entscheidung, kann sich die Rechtsprechung auch nicht geändert haben. Ein Vertrauenstatbestand ist mithin nicht gegeben (vgl. auch SG Würzburg, Beschluss vom 07.02.2012, S 6 R 74/12 ER).

Demnach bestehen keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheids vom 15.02.2012. Nach der gesetzlichen Grundentscheidung gegen den Suspensiveffekt (§ 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG) ist daher vom Überwiegen des Vollzugsinteresses auszugehen. Besondere Gründe, die vorliegend ausnahmsweise ein Absehen von dem Vollzugsinteresse an einen voraussichtlich rechtmäßigen Beitragsbescheid bedingen könnten, liegen nicht vor.

Im Übrigen sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, die auf eine unzutreffende Festsetzung der Höhe der nachzuzahlenden Beiträge schließen lassen.

b) Es liegt auch keine unbillige Härte vor. Insbesondere vor dem Hintergrund der Mög-lichkeiten, die § 76 Abs. 2 SGB IV bietet, sind keine Gesichtspunkte ersichtlich, welche die Annahme einer unbilligen Härte rechtfertigen könnten (vgl. LSG Sachsen, Beschluss vom 20.08.2010, L 1 KR 118/09 B ER). Auch im Falle ernsthafter Liquiditätsprobleme stellt die Vollziehung eines Beitragsbescheids keine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte i. S. v. § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG dar, denn die Beitragslast trifft jeden Beitragspflichtigen unabhängig von seiner Vermögens- und Einkommenslage (vgl. LSG Thüringen, Beschluss vom 09.03.2006, L 6 R 967/05 ER, Rn. 24).

Letztendlich hat die Antragstellerin auch nicht vorgetragen, dass sie durch die vorläufige Zahlungsverpflichtung in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht wäre, noch sind hier aus den Umständen Anhaltspunkte hierfür ersichtlich.

Demnach ist der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin vom 13.03.2012 gegen den Beitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 15.02.2012 anzuordnen, abzulehnen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 4, 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG). Im Hinblick darauf, dass es sich um eine Entscheidung im einstweiligen Rechts-schutzverfahren handelt, wird der Streitwert auf den halben Wert der Forderung und damit auf 204.701,66 EUR festgesetzt.
Rechtskraft
Aus
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