Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 20 AL 92/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 AL 47/11 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beklagte begehrt die Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Sozialgerichtes Magdeburg (SG) vom 23. Mai 2011.
Der am ... 1955 geborene Kläger bezog ab dem 1. Januar 2001 Arbeitslosengeld und ab dem 22. Juli 2002 Arbeitslosenhilfe von der Beklagten. Laut einer Veränderungsmitteilung des Klägers vom 18. Juli 2003 nahm er ab dem 1. September 2003 eine Beschäftigung als Taxifahrer bei der Firma Taxibetrieb I. L. auf. Durch eine Überschneidungsmitteilung der Sozialversicherungsträger wurde der Beklagten im März 2004 bekannt, dass der Kläger bereits ab dem 13. Juli 2003 als Taxifahrer tätig war. Dabei ging sie davon aus, dass es sich um eine Beschäftigung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von weniger als 15 Stunden handelt und forderte den Arbeitgeber auf, für den Zeitraum vom 13. Juli 2003 bis zum 31. August 2003 Nebenverdienstbescheinigungen auszustellen. Laut den von dem Arbeitgeber ausgestellten Nebenverdienstbescheinigungen hat der Kläger in dem Zeitraum vom 13. Juli 2003 bis zum 31. Juli 2003 und vom 1. August 2003 bis zum 31. August 2003 insgesamt jeweils 18 Stunden für die vorgenannten mehrwöchigen Zeiträume zu einem Arbeitsentgelt in Höhe von 91,89 Euro gearbeitet. Ab dem 1. September 2003 übte der Kläger bei der Fa. L. eine Beschäftigung mit einer Wochenarbeitszeit von über 15 Stunden aus.
Mit Schreiben des Hauptzollamtes M. vom 24. April 2006 wurde der Beklagten mitgeteilt, dass gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachtes des Leistungsbetruges eingeleitet worden sei. Die Beklagte wurde um die Bezifferung des Vermögensschadens gebeten. Den Verdacht des Leistungsbetruges begründete das Hauptzollamt mit den Ergebnissen aus der Auswertung der Aufstellungen der Kilometerleistungen, welche sie im Rahmen der Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume des Arbeitgebers aufgefunden habe. Das Hauptzollamt ging von folgenden Kilometerleistungen und Fahrzeiten aus:
Datum
Kilometer
Fahrzeit in Stunden
(unter Zugrundelegung v. 20,38 km/h i. Durchschnitt)
13. Juli 2003 (Angabe basiert auf Aussage des Klägers)
110
8
17. Juli 2003
40
1,96
18. Juli 2003
90
4,42
19. Juli 2003
85
4,17
Arbeitswoche vom 13.- 19. Juli 2003
325
18,55
20. Juli 2003
130
6,38
21. Juli 2003
90
4,42
22. Juli 2003
65
3,19
26. Juli 2003
75
3,68
Arbeitswoche 20.- 26. Juli 2003
360
17,66
27. Juli 2003
90
4,42
27. Juli 2003
125
6,13
28. Juli2003
255
12,51
29. Juli 2003
75
3,68
30. Juli 2003
85
4,17
31. Juli 2003
110
5,4
31. Juli 2003
240
11,78
1. August 2003
130
6,36
2. August 2003
260
12,76
Arbeitswoche 27. Juli – 2. August 2003
1.370
67,22
3. August 2003
145
7,11
4. August 2003
55
2,7
5. August 2003
50
2,45
6. August 2003
105
5,15
7. August 2003
60
2,94
9. August 2003
75
3,68
Arbeitswoche 3.- 9. August 2003
490
24,04
10. August 2003
125
6,13
11. August 2003
95
4,66
14. August 2003
30
1,47
15. August 2003
135
6,62
16. August 2003
110
5,40
Arbeitswoche 10.- 16.August 2003
495
24,29
17. August 2003
75
3,68
19. August 2003
150
7,36
21. August 2003
75
3,68
22. August 2003
60
2,94
Arbeitswoche vom 17.- 23. August 2003
360
17,66
31. August 2003
185
9,08
Dieser Aufstellung zu Grunde gelegt wurde eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 20,38 km/h.
Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens ließ sich der Kläger in seiner Beschuldigtenvernehmung vom 10. April 2004 dahingehend ein, dass er auf Abruf Kurier-, Taxi- und Krankenfahrten in diesem Zeitraum für seinen Arbeitgeber vorgenommen habe. Der Anfang der Schicht sei festgelegt gewesen, die Beendigung der Schicht habe eigenständig entschieden werden können. Der Kläger gab weiterhin an, dass er am 13. Juli 2003 um 10.00 Uhr mit der Arbeit angefangen und um 18.00 Uhr aufgehört habe. Dieser Arbeitsumfang sei nicht die Regel gewesen. Die Nebenverdienstbescheinigungen seien vom Arbeitgeber ausgefüllt worden, wer diese zur Beklagten gebracht habe und ob er Kenntnis vom Inhalt gehabt habe, wisse er nicht mehr. Die Unterschriften hinter der Aufstellung der Fahrten im Fahrtenbuch seien seine; dass er an diesen Tagen auch tatsächlich gefahren sei, streite er nicht ab.
Mit Anhörungsschreiben vom 19. Oktober 2006 setzte die Beklagte den Kläger in Kenntnis, dass sie von einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 15 Stunden für den Zeitraum vom 17. Juli 2003 bis zum 31. August 2003 ausgehe und gedenke für diesen Zeitraum den Leistungsbescheid aufzuheben sowie die gezahlte Arbeitslosenhilfe zurückfordern zu wollen.
In seiner Stellungnahme gab der Kläger an, dass aufgrund eines Unfalls sein Erinnerungsvermögen an diese Zeit eingeschränkt sei. Er sei sich jedoch sicher, nur als Aushilfe und längere Zeit gar nicht tätig geworden zu sein.
Mit Bescheid vom 9. November 2006 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für den Zeitraum vom 13. Juli 2003 bis zum 31. August 2003 auf und forderte den Kläger zur Rückerstattung von 674,19 Euro zzgl. 97,08 Euro Krankenversicherungsbeiträge (KV-Beiträge) und 11,46 Euro Pflegeversicherungsbeiträge (PV-Beitrag) auf. Dies begründete sie wie folgt: Der Kläger sei der Pflicht zur Mitteilung der Änderung in seinen Verhältnissen, die für die zu gewährenden Leistungen von Erheblichkeit sind, zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 28. November 2006 Widerspruch ein.
Am 1. Februar 2007 erließ die Beklagte einen Änderungsbescheid zum Bescheid vom 9. November 2006, indem nunmehr die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 13. Juli 2003 bis zum 23. August 2003 aufgehoben und der Erstattungsbetrag inclusive der KV- und PV-Beiträge auf 676,68 Euro festgesetzt wurde. Der Widerspruch des Klägers gegen den Erstattungsbescheid vom 9. November 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 1. Februar 2007 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2007 zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Beklagte Folgendes aus: Aufgrund der Beschäftigung bei der Fa. Leddin über eine Wochenarbeitszeit von 15 Stunden, seien die Voraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosenhilfe weggefallen. Dieser Umstand sowie die fehlende Mitteilung über die Beschäftigungsaufnahme würden den Rückforderungsanspruch tragen.
Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 14. März 2007 Klage vor dem Sozialgericht Magdeburg erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen: Er habe in dem streitgegenständlichen Zeitraum weniger als 15 Stunden wöchentlich gearbeitet und nicht mehr als 91,98 Euro je Monat als Einkommen erzielt. Die seitens des Hauptzollamtes M. ermittelte Durchschnittsgeschwindigkeit basiere auf einer willkürlichen Festlegung.
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt und ergänzend auf die Stand- und Wartezeiten im Taxigewerbe verwiesen.
Das SG hat der Klage mit Urteil vom 23. Mai 2011 stattgegeben und den Bescheid der Beklagten vom 9. November 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 1. Februar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2007 aufgehoben und in den Gründen ausgeführt: Aus der Aufstellung des Hauptzollamtes M. ergebe sich nicht, dass der Kläger einer Beschäftigung über 15 Stunden pro Woche nachgegangen sei. Es existierten keine Angaben zu den Fahrzeiten, sodass zu prüfen sei, ob Anhaltspunkte vorliegen, aus denen die Fahrtenzeit geschlossen werden könne. Dabei müsse von einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 40 km pro Stunde ausgegangen werden. Einzig für die Woche vom 27. Juli 2003 bis zum 2. August 2003 sei dann eine Arbeitszeit von mehr als 15 Stunden pro Woche anzunehmen, nämlich 34,25 Stunden. Dies sei jedoch nur eine gelegentliche Abweichung, die unberücksichtig zu bleiben habe. Warte- und Standzeiten seien nicht zu berücksichtigen, da dafür keine Anhaltspunkte ersichtlich seien. Die beweisbelastete Beklagte habe den Beweis der nicht nur gelegentlichen Überschreitung der 15-Stunden-Grenze nicht führen können. Eine Beweislastumkehr zu Lasten des Klägers habe nicht zu erfolgen. Die Berufung hat das SG nicht zugelassen.
Gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem ihr am 7. Juni 2011 zugestellten Urteil hat die Beklagte am 1. Juli 2011 Beschwerde erhoben und vorgetragen: Der Kläger sei in der streitgegenständlichen Zeit nicht arbeitslos gewesen, da er den Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht zur Verfügung gestanden habe. Dem Kläger wäre es vor Aufnahme der Tätigkeit nicht möglich gewesen, im Voraus die Arbeitszeiten anzugeben, mit der Folge, dass die Beklagte aufgrund der fehlenden Kenntnis der Arbeitszeiten nicht in der Lage gewesen wäre, ihn zu vermitteln. Die Grundsätze, die das Bundessozialgericht in einem Urteil vom 29. September 1987 (Az.: 7 Rar 15/86) zu den Voraussetzungen der objektiven Verfügbarkeit aufgestellt hat, seien vom SG nicht beachtet worden. Dem Kläger sei es danach nicht möglich gewesen, gleichzeitig eine mehr als kurzfristige Tätigkeit aufzunehmen, da dieser jederzeit seinem Arbeitgeber zur Verfügung stehen musste. Eine anderweitige Beschäftigung hätte er erst nach einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses eingehen können. Davon ausgehend stelle sich die Rechtsfrage, ob die Tatsache, dass ein Arbeitsloser mit seinem Arbeitgeber eine tägliche Abrufbereitschaft vereinbart hat, der objektiven Verfügbarkeit entgegenstehe. Diese Rechtsfrage habe für die Beklagte auch grundsätzliche Bedeutung, da sie in einer Vielzahl von Fällen relevant sei, in denen seitens der Arbeitsvertragsparteien keine Regelung zur Lage der Arbeitszeit getroffen wurde.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichtes Magdeburg vom 23. Mai 2011 zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er führt zur Begründung aus: Die Abrufbereitschaft stünde der Verfügbarkeit nicht entgegen, da eine anderweitige Beschäftigung nicht innerhalb einer Stundenfrist aufzunehmen wäre. Auf die Beantwortung der Rechtsfrage komme es im vorliegenden Fall nicht an, da die Verfügbarkeit tatsächlich nicht eingeschränkt gewesen sei.
Für weitere Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat zu Recht die Berufung gegen das Urteil vom 23. Mai 2011 nicht zugelassen.
Die Berufung bedurfte der Zulassung, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 Euro nicht erreicht, § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Rückforderungsanspruch beläuft sich auf 676,68 Euro.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Danach ist die Berufung zuzulassen, wenn
die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichtes, des Bundessozialgerichtes, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichtes abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
ein der Beurteilung des Berufungsgerichtes unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegt nicht vor, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Frage sich stellt, dass diese Rechtsfrage noch nicht geklärt ist, weshalb deren Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Berufungsverfahren eine Klärung dieser Rechtsfrage erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss die Beschwerdebegründung mithin eine konkrete Rechtsfrage aufwerfen, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sogenannte Breitenwirkung) darlegen (BSG, Beschluss vom 13.01.2012, Az.: B 11 AL 100/11 B – zitiert nach juris).
Eine Klärungsbedürftigkeit ist nicht gegeben, wenn sich die entscheidende Rechtsfrage unmittelbar und ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt oder nur eine Anwendung schon entwickelter Rechtsgrundsätze auf den Einzelfall darstellt. Weiterhin ist eine Rechtsfrage nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort auf sie so gut wie unbestritten ist oder praktisch von vornherein außer Zweifel steht.
Solche ungeklärten Rechtsfragen wirft der Rechtsstreit nicht auf. Die Rechtsfrage, ob die Tatsache, dass ein Arbeitsloser mit seinem Arbeitgeber eine tägliche Abrufbereitschaft vereinbart hat, arbeitslos oder nicht ist, lässt sich anhand der vom BSG entwickelten Rechtsprechung bzw. des Gesetzeswortlautes beantworten. Es handelt sich um eine Prüfung des jeweiligen Einzelfalles ohne grundsätzliche Bedeutung.
Nach § 119 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung in der Fassung bis zum 31. März 2012 (SGB III) ist ein Arbeitnehmer arbeitslos, der nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht, sich bemüht seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden und den Vermittlungsbemühungen der Arbeitsagentur zur Verfügung steht. Die Ausübung einer Beschäftigung unter 15 Stunden pro Woche schließt nach § 119 Abs. 3 SGB III die Beschäftigungslosigkeit nicht aus.
Für die Frage nach welchen Kriterien zu beurteilen ist, ob eine Beschäftigung unter 15 Stunden pro Woche vorliegt, bestehen auch für Abrufarbeit eine gesicherte höchstrichterliche Rechtsprechung und gesetzliche Vorgaben. Für die Frage der Kurzzeitigkeit der Beschäftigung kommt es auf eine vorausschauende Betrachtung an. Es kommt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts für die grundsätzliche Beurteilung der Bestimmung der Arbeitszeit vorrangig auf die getroffenen Vereinbarungen und eine vorausschauende Betrachtungsweise, die an die Verhältnisse zu Beginn der Beschäftigung anknüpft, an (vgl. BSG, Urteil vom 29. Oktober 2008 – B 11 AL 44/07 R – zitiert nach juris). Dabei sind gelegentliche Abweichungen solche, die nicht in regelmäßiger Wiederkehr auftreten und nicht voraussehbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 14. Juli 1988 – 11/7 Rar 41/87 – zitiert nach juris). Liegen keine Vereinbarungen zu der abzurufenden Arbeitszeit vor und kann der Umfang des abzurufenden Arbeitszeitdeputats nicht anders ermittelt werden, kann auch auf § 12 Abs. 1 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) zurückgegriffen werden, wonach eine Arbeitszeit von zehn Stunden als vereinbart gilt. Ob Umstände vorliegen, die die Annahme einer die Kurzzeitigkeit überschreitenden längeren Wochenarbeitszeit rechtfertigen, ist eine Tatsachenfrage. Dies betrifft die Frage, welche Vereinbarungen hier bestanden und welche Umstände auf eine nicht kurzzeitige Arbeitszeit schließen lassen. Es betrifft auch die Frage, ob es Indizien für das Vorliegen von Standzeiten usw. gab und inwieweit anhand von Kilometerangaben auf die Arbeitszeit rückgeschlossen werden kann. Bei dieser Prüfung ist auch relevant, ob sich der Arbeitnehmer immer für Einsätze bereit halten musste und ob diese Zeit als Arbeitszeit zu qualifizieren ist und ob die Abrufbereitschaft von vornherein darauf angelegt war, die Kurzzeitigkeitsgrenze zu überschreiten. Inwieweit das SG bei seiner Prüfung zutreffend den vorliegenden Sachverhalt subsumiert hat und die genannten Kriterien beachtet hat, ist nicht Gegenstand einer Nichtzulassungsbeschwerde. Grundsätzliche Rechtsfragen stellen sich in diesem Zusammenhang nicht.
Auch in Bezug auf die Voraussetzung, dass der Arbeitslose, den Vermittlungsbemühungen der Arbeitsagentur zur Verfügung steht, stellen sich keine grundsätzlichen Fragen. Die objektive Verfügbarkeit nach § 119 Abs. 5 SGB III umfasst unter anderem, dass der Arbeitnehmer eine versicherungspflichtige mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf, sowie dass Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge geleistet werden kann.
Grundsätzliche Rechtsfragen in Bezug auf die Verfügbarkeit stellen sich bei der Ausübung einer unter 15-Stunden bestehenden Nebentätigkeit in Form eine Abrufarbeitsverhältnisses nicht. Die Beklagte verkennt bei ihrer Beschwerdebegründung, dass sich ihre Argumentation eigentlich gegen die Annahme einer nur kurzzeitigen Beschäftigung richtet. Der Verfügbarkeit steht eine die Arbeitslosigkeit nicht berührende zulässige Nebenbeschäftigung in Form einer kurzzeitigen Beschäftigung nicht entgegen. Es stellen sich jedenfalls keine grundsätzlichen Rechtsfragen.
Den Ausführungen der Beklagten ist zu entnehmen, dass sie davon ausgeht, dass das SG sich in Widerspruch zu einer Entscheidung des BSG vom 29. September 1987 (Az.: 7 RAr 15/86) setze. Eine Divergenz i.S.d. § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG liegt nicht vor.
Nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn das Urteil des SG von einer Entscheidung des LSG, des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung (Divergenz) im Sinne dieser Vorschrift liegt nur vor, wenn das SG einen tragenden abstrakten Rechtssatz gebildet und eine Rechtsfrage in Abweichung von einem abstrakten Rechtssatz der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte entschieden hat. Eine Abweichung ist erst dann zu bejahen, wenn das SG andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat.
Das BSG hatte in dem genannten Urteil darüber zu entscheiden, ob ein Arbeitsloser, der ein Studium an einer Universität betreibt, den Vermittlungsbemühungen der Arbeitsagentur zur Verfügung steht. Als allein maßgebliche Rechts- und Tatsachefrage im vorliegenden Fall wurde seitens des SG die Frage nach der Beschäftigungslosigkeit des Klägers aufgrund einer über 14,9 Wochenstunden ausgeübten Tätigkeit angesehen. Mit den Kriterien der objektiven Verfügbarkeit beschäftigt sich die Entscheidung des SG nicht. Auf dieser Grundlage ist es nicht möglich, dass das SG andere rechtliche Maßstäbe zu dem Begriff der objektiven Verfügbarkeit entwickelt hat, als das BSG. Im Übrigen verkennt die Beklagte, dass die angeführte Entscheidung sich nicht mit der Verfügbarkeit bei einer kurzzeitigen Beschäftigung, sondern mit der bei Ausübung eines vollzeitigen Studiums befasst.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist nicht mit einer Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beklagte begehrt die Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Sozialgerichtes Magdeburg (SG) vom 23. Mai 2011.
Der am ... 1955 geborene Kläger bezog ab dem 1. Januar 2001 Arbeitslosengeld und ab dem 22. Juli 2002 Arbeitslosenhilfe von der Beklagten. Laut einer Veränderungsmitteilung des Klägers vom 18. Juli 2003 nahm er ab dem 1. September 2003 eine Beschäftigung als Taxifahrer bei der Firma Taxibetrieb I. L. auf. Durch eine Überschneidungsmitteilung der Sozialversicherungsträger wurde der Beklagten im März 2004 bekannt, dass der Kläger bereits ab dem 13. Juli 2003 als Taxifahrer tätig war. Dabei ging sie davon aus, dass es sich um eine Beschäftigung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von weniger als 15 Stunden handelt und forderte den Arbeitgeber auf, für den Zeitraum vom 13. Juli 2003 bis zum 31. August 2003 Nebenverdienstbescheinigungen auszustellen. Laut den von dem Arbeitgeber ausgestellten Nebenverdienstbescheinigungen hat der Kläger in dem Zeitraum vom 13. Juli 2003 bis zum 31. Juli 2003 und vom 1. August 2003 bis zum 31. August 2003 insgesamt jeweils 18 Stunden für die vorgenannten mehrwöchigen Zeiträume zu einem Arbeitsentgelt in Höhe von 91,89 Euro gearbeitet. Ab dem 1. September 2003 übte der Kläger bei der Fa. L. eine Beschäftigung mit einer Wochenarbeitszeit von über 15 Stunden aus.
Mit Schreiben des Hauptzollamtes M. vom 24. April 2006 wurde der Beklagten mitgeteilt, dass gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachtes des Leistungsbetruges eingeleitet worden sei. Die Beklagte wurde um die Bezifferung des Vermögensschadens gebeten. Den Verdacht des Leistungsbetruges begründete das Hauptzollamt mit den Ergebnissen aus der Auswertung der Aufstellungen der Kilometerleistungen, welche sie im Rahmen der Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume des Arbeitgebers aufgefunden habe. Das Hauptzollamt ging von folgenden Kilometerleistungen und Fahrzeiten aus:
Datum
Kilometer
Fahrzeit in Stunden
(unter Zugrundelegung v. 20,38 km/h i. Durchschnitt)
13. Juli 2003 (Angabe basiert auf Aussage des Klägers)
110
8
17. Juli 2003
40
1,96
18. Juli 2003
90
4,42
19. Juli 2003
85
4,17
Arbeitswoche vom 13.- 19. Juli 2003
325
18,55
20. Juli 2003
130
6,38
21. Juli 2003
90
4,42
22. Juli 2003
65
3,19
26. Juli 2003
75
3,68
Arbeitswoche 20.- 26. Juli 2003
360
17,66
27. Juli 2003
90
4,42
27. Juli 2003
125
6,13
28. Juli2003
255
12,51
29. Juli 2003
75
3,68
30. Juli 2003
85
4,17
31. Juli 2003
110
5,4
31. Juli 2003
240
11,78
1. August 2003
130
6,36
2. August 2003
260
12,76
Arbeitswoche 27. Juli – 2. August 2003
1.370
67,22
3. August 2003
145
7,11
4. August 2003
55
2,7
5. August 2003
50
2,45
6. August 2003
105
5,15
7. August 2003
60
2,94
9. August 2003
75
3,68
Arbeitswoche 3.- 9. August 2003
490
24,04
10. August 2003
125
6,13
11. August 2003
95
4,66
14. August 2003
30
1,47
15. August 2003
135
6,62
16. August 2003
110
5,40
Arbeitswoche 10.- 16.August 2003
495
24,29
17. August 2003
75
3,68
19. August 2003
150
7,36
21. August 2003
75
3,68
22. August 2003
60
2,94
Arbeitswoche vom 17.- 23. August 2003
360
17,66
31. August 2003
185
9,08
Dieser Aufstellung zu Grunde gelegt wurde eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 20,38 km/h.
Im Rahmen des Ermittlungsverfahrens ließ sich der Kläger in seiner Beschuldigtenvernehmung vom 10. April 2004 dahingehend ein, dass er auf Abruf Kurier-, Taxi- und Krankenfahrten in diesem Zeitraum für seinen Arbeitgeber vorgenommen habe. Der Anfang der Schicht sei festgelegt gewesen, die Beendigung der Schicht habe eigenständig entschieden werden können. Der Kläger gab weiterhin an, dass er am 13. Juli 2003 um 10.00 Uhr mit der Arbeit angefangen und um 18.00 Uhr aufgehört habe. Dieser Arbeitsumfang sei nicht die Regel gewesen. Die Nebenverdienstbescheinigungen seien vom Arbeitgeber ausgefüllt worden, wer diese zur Beklagten gebracht habe und ob er Kenntnis vom Inhalt gehabt habe, wisse er nicht mehr. Die Unterschriften hinter der Aufstellung der Fahrten im Fahrtenbuch seien seine; dass er an diesen Tagen auch tatsächlich gefahren sei, streite er nicht ab.
Mit Anhörungsschreiben vom 19. Oktober 2006 setzte die Beklagte den Kläger in Kenntnis, dass sie von einer wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 15 Stunden für den Zeitraum vom 17. Juli 2003 bis zum 31. August 2003 ausgehe und gedenke für diesen Zeitraum den Leistungsbescheid aufzuheben sowie die gezahlte Arbeitslosenhilfe zurückfordern zu wollen.
In seiner Stellungnahme gab der Kläger an, dass aufgrund eines Unfalls sein Erinnerungsvermögen an diese Zeit eingeschränkt sei. Er sei sich jedoch sicher, nur als Aushilfe und längere Zeit gar nicht tätig geworden zu sein.
Mit Bescheid vom 9. November 2006 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für den Zeitraum vom 13. Juli 2003 bis zum 31. August 2003 auf und forderte den Kläger zur Rückerstattung von 674,19 Euro zzgl. 97,08 Euro Krankenversicherungsbeiträge (KV-Beiträge) und 11,46 Euro Pflegeversicherungsbeiträge (PV-Beitrag) auf. Dies begründete sie wie folgt: Der Kläger sei der Pflicht zur Mitteilung der Änderung in seinen Verhältnissen, die für die zu gewährenden Leistungen von Erheblichkeit sind, zumindest grob fahrlässig nicht nachgekommen.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 28. November 2006 Widerspruch ein.
Am 1. Februar 2007 erließ die Beklagte einen Änderungsbescheid zum Bescheid vom 9. November 2006, indem nunmehr die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit vom 13. Juli 2003 bis zum 23. August 2003 aufgehoben und der Erstattungsbetrag inclusive der KV- und PV-Beiträge auf 676,68 Euro festgesetzt wurde. Der Widerspruch des Klägers gegen den Erstattungsbescheid vom 9. November 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 1. Februar 2007 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2007 zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Beklagte Folgendes aus: Aufgrund der Beschäftigung bei der Fa. Leddin über eine Wochenarbeitszeit von 15 Stunden, seien die Voraussetzungen für die Gewährung von Arbeitslosenhilfe weggefallen. Dieser Umstand sowie die fehlende Mitteilung über die Beschäftigungsaufnahme würden den Rückforderungsanspruch tragen.
Hiergegen hat der Kläger mit Schriftsatz vom 14. März 2007 Klage vor dem Sozialgericht Magdeburg erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen: Er habe in dem streitgegenständlichen Zeitraum weniger als 15 Stunden wöchentlich gearbeitet und nicht mehr als 91,98 Euro je Monat als Einkommen erzielt. Die seitens des Hauptzollamtes M. ermittelte Durchschnittsgeschwindigkeit basiere auf einer willkürlichen Festlegung.
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt und ergänzend auf die Stand- und Wartezeiten im Taxigewerbe verwiesen.
Das SG hat der Klage mit Urteil vom 23. Mai 2011 stattgegeben und den Bescheid der Beklagten vom 9. November 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 1. Februar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2007 aufgehoben und in den Gründen ausgeführt: Aus der Aufstellung des Hauptzollamtes M. ergebe sich nicht, dass der Kläger einer Beschäftigung über 15 Stunden pro Woche nachgegangen sei. Es existierten keine Angaben zu den Fahrzeiten, sodass zu prüfen sei, ob Anhaltspunkte vorliegen, aus denen die Fahrtenzeit geschlossen werden könne. Dabei müsse von einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 40 km pro Stunde ausgegangen werden. Einzig für die Woche vom 27. Juli 2003 bis zum 2. August 2003 sei dann eine Arbeitszeit von mehr als 15 Stunden pro Woche anzunehmen, nämlich 34,25 Stunden. Dies sei jedoch nur eine gelegentliche Abweichung, die unberücksichtig zu bleiben habe. Warte- und Standzeiten seien nicht zu berücksichtigen, da dafür keine Anhaltspunkte ersichtlich seien. Die beweisbelastete Beklagte habe den Beweis der nicht nur gelegentlichen Überschreitung der 15-Stunden-Grenze nicht führen können. Eine Beweislastumkehr zu Lasten des Klägers habe nicht zu erfolgen. Die Berufung hat das SG nicht zugelassen.
Gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem ihr am 7. Juni 2011 zugestellten Urteil hat die Beklagte am 1. Juli 2011 Beschwerde erhoben und vorgetragen: Der Kläger sei in der streitgegenständlichen Zeit nicht arbeitslos gewesen, da er den Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht zur Verfügung gestanden habe. Dem Kläger wäre es vor Aufnahme der Tätigkeit nicht möglich gewesen, im Voraus die Arbeitszeiten anzugeben, mit der Folge, dass die Beklagte aufgrund der fehlenden Kenntnis der Arbeitszeiten nicht in der Lage gewesen wäre, ihn zu vermitteln. Die Grundsätze, die das Bundessozialgericht in einem Urteil vom 29. September 1987 (Az.: 7 Rar 15/86) zu den Voraussetzungen der objektiven Verfügbarkeit aufgestellt hat, seien vom SG nicht beachtet worden. Dem Kläger sei es danach nicht möglich gewesen, gleichzeitig eine mehr als kurzfristige Tätigkeit aufzunehmen, da dieser jederzeit seinem Arbeitgeber zur Verfügung stehen musste. Eine anderweitige Beschäftigung hätte er erst nach einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses eingehen können. Davon ausgehend stelle sich die Rechtsfrage, ob die Tatsache, dass ein Arbeitsloser mit seinem Arbeitgeber eine tägliche Abrufbereitschaft vereinbart hat, der objektiven Verfügbarkeit entgegenstehe. Diese Rechtsfrage habe für die Beklagte auch grundsätzliche Bedeutung, da sie in einer Vielzahl von Fällen relevant sei, in denen seitens der Arbeitsvertragsparteien keine Regelung zur Lage der Arbeitszeit getroffen wurde.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichtes Magdeburg vom 23. Mai 2011 zuzulassen.
Der Kläger beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er führt zur Begründung aus: Die Abrufbereitschaft stünde der Verfügbarkeit nicht entgegen, da eine anderweitige Beschäftigung nicht innerhalb einer Stundenfrist aufzunehmen wäre. Auf die Beantwortung der Rechtsfrage komme es im vorliegenden Fall nicht an, da die Verfügbarkeit tatsächlich nicht eingeschränkt gewesen sei.
Für weitere Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das SG hat zu Recht die Berufung gegen das Urteil vom 23. Mai 2011 nicht zugelassen.
Die Berufung bedurfte der Zulassung, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 Euro nicht erreicht, § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Rückforderungsanspruch beläuft sich auf 676,68 Euro.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Danach ist die Berufung zuzulassen, wenn
die Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichtes, des Bundessozialgerichtes, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichtes abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
ein der Beurteilung des Berufungsgerichtes unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Der Zulassungsgrund des § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegt nicht vor, da die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung bedürftig und fähig ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Frage sich stellt, dass diese Rechtsfrage noch nicht geklärt ist, weshalb deren Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Berufungsverfahren eine Klärung dieser Rechtsfrage erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss die Beschwerdebegründung mithin eine konkrete Rechtsfrage aufwerfen, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sogenannte Breitenwirkung) darlegen (BSG, Beschluss vom 13.01.2012, Az.: B 11 AL 100/11 B – zitiert nach juris).
Eine Klärungsbedürftigkeit ist nicht gegeben, wenn sich die entscheidende Rechtsfrage unmittelbar und ohne Weiteres aus dem Gesetz beantworten lässt oder nur eine Anwendung schon entwickelter Rechtsgrundsätze auf den Einzelfall darstellt. Weiterhin ist eine Rechtsfrage nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort auf sie so gut wie unbestritten ist oder praktisch von vornherein außer Zweifel steht.
Solche ungeklärten Rechtsfragen wirft der Rechtsstreit nicht auf. Die Rechtsfrage, ob die Tatsache, dass ein Arbeitsloser mit seinem Arbeitgeber eine tägliche Abrufbereitschaft vereinbart hat, arbeitslos oder nicht ist, lässt sich anhand der vom BSG entwickelten Rechtsprechung bzw. des Gesetzeswortlautes beantworten. Es handelt sich um eine Prüfung des jeweiligen Einzelfalles ohne grundsätzliche Bedeutung.
Nach § 119 Abs. 1 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch – Arbeitsförderung in der Fassung bis zum 31. März 2012 (SGB III) ist ein Arbeitnehmer arbeitslos, der nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht, sich bemüht seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden und den Vermittlungsbemühungen der Arbeitsagentur zur Verfügung steht. Die Ausübung einer Beschäftigung unter 15 Stunden pro Woche schließt nach § 119 Abs. 3 SGB III die Beschäftigungslosigkeit nicht aus.
Für die Frage nach welchen Kriterien zu beurteilen ist, ob eine Beschäftigung unter 15 Stunden pro Woche vorliegt, bestehen auch für Abrufarbeit eine gesicherte höchstrichterliche Rechtsprechung und gesetzliche Vorgaben. Für die Frage der Kurzzeitigkeit der Beschäftigung kommt es auf eine vorausschauende Betrachtung an. Es kommt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts für die grundsätzliche Beurteilung der Bestimmung der Arbeitszeit vorrangig auf die getroffenen Vereinbarungen und eine vorausschauende Betrachtungsweise, die an die Verhältnisse zu Beginn der Beschäftigung anknüpft, an (vgl. BSG, Urteil vom 29. Oktober 2008 – B 11 AL 44/07 R – zitiert nach juris). Dabei sind gelegentliche Abweichungen solche, die nicht in regelmäßiger Wiederkehr auftreten und nicht voraussehbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 14. Juli 1988 – 11/7 Rar 41/87 – zitiert nach juris). Liegen keine Vereinbarungen zu der abzurufenden Arbeitszeit vor und kann der Umfang des abzurufenden Arbeitszeitdeputats nicht anders ermittelt werden, kann auch auf § 12 Abs. 1 des Gesetzes über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverträge (TzBfG) zurückgegriffen werden, wonach eine Arbeitszeit von zehn Stunden als vereinbart gilt. Ob Umstände vorliegen, die die Annahme einer die Kurzzeitigkeit überschreitenden längeren Wochenarbeitszeit rechtfertigen, ist eine Tatsachenfrage. Dies betrifft die Frage, welche Vereinbarungen hier bestanden und welche Umstände auf eine nicht kurzzeitige Arbeitszeit schließen lassen. Es betrifft auch die Frage, ob es Indizien für das Vorliegen von Standzeiten usw. gab und inwieweit anhand von Kilometerangaben auf die Arbeitszeit rückgeschlossen werden kann. Bei dieser Prüfung ist auch relevant, ob sich der Arbeitnehmer immer für Einsätze bereit halten musste und ob diese Zeit als Arbeitszeit zu qualifizieren ist und ob die Abrufbereitschaft von vornherein darauf angelegt war, die Kurzzeitigkeitsgrenze zu überschreiten. Inwieweit das SG bei seiner Prüfung zutreffend den vorliegenden Sachverhalt subsumiert hat und die genannten Kriterien beachtet hat, ist nicht Gegenstand einer Nichtzulassungsbeschwerde. Grundsätzliche Rechtsfragen stellen sich in diesem Zusammenhang nicht.
Auch in Bezug auf die Voraussetzung, dass der Arbeitslose, den Vermittlungsbemühungen der Arbeitsagentur zur Verfügung steht, stellen sich keine grundsätzlichen Fragen. Die objektive Verfügbarkeit nach § 119 Abs. 5 SGB III umfasst unter anderem, dass der Arbeitnehmer eine versicherungspflichtige mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf, sowie dass Vorschlägen der Agentur für Arbeit zur beruflichen Eingliederung zeit- und ortsnah Folge geleistet werden kann.
Grundsätzliche Rechtsfragen in Bezug auf die Verfügbarkeit stellen sich bei der Ausübung einer unter 15-Stunden bestehenden Nebentätigkeit in Form eine Abrufarbeitsverhältnisses nicht. Die Beklagte verkennt bei ihrer Beschwerdebegründung, dass sich ihre Argumentation eigentlich gegen die Annahme einer nur kurzzeitigen Beschäftigung richtet. Der Verfügbarkeit steht eine die Arbeitslosigkeit nicht berührende zulässige Nebenbeschäftigung in Form einer kurzzeitigen Beschäftigung nicht entgegen. Es stellen sich jedenfalls keine grundsätzlichen Rechtsfragen.
Den Ausführungen der Beklagten ist zu entnehmen, dass sie davon ausgeht, dass das SG sich in Widerspruch zu einer Entscheidung des BSG vom 29. September 1987 (Az.: 7 RAr 15/86) setze. Eine Divergenz i.S.d. § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG liegt nicht vor.
Nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn das Urteil des SG von einer Entscheidung des LSG, des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung (Divergenz) im Sinne dieser Vorschrift liegt nur vor, wenn das SG einen tragenden abstrakten Rechtssatz gebildet und eine Rechtsfrage in Abweichung von einem abstrakten Rechtssatz der in § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte entschieden hat. Eine Abweichung ist erst dann zu bejahen, wenn das SG andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat.
Das BSG hatte in dem genannten Urteil darüber zu entscheiden, ob ein Arbeitsloser, der ein Studium an einer Universität betreibt, den Vermittlungsbemühungen der Arbeitsagentur zur Verfügung steht. Als allein maßgebliche Rechts- und Tatsachefrage im vorliegenden Fall wurde seitens des SG die Frage nach der Beschäftigungslosigkeit des Klägers aufgrund einer über 14,9 Wochenstunden ausgeübten Tätigkeit angesehen. Mit den Kriterien der objektiven Verfügbarkeit beschäftigt sich die Entscheidung des SG nicht. Auf dieser Grundlage ist es nicht möglich, dass das SG andere rechtliche Maßstäbe zu dem Begriff der objektiven Verfügbarkeit entwickelt hat, als das BSG. Im Übrigen verkennt die Beklagte, dass die angeführte Entscheidung sich nicht mit der Verfügbarkeit bei einer kurzzeitigen Beschäftigung, sondern mit der bei Ausübung eines vollzeitigen Studiums befasst.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Diese Entscheidung ist nicht mit einer Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
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