Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 6 SB 2690/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 3563/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Auf die Berufung des Klägers und seine Klage gegen den Bescheid vom 03. August 2009 werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 07. Juli 2009 abgeändert und der Beklagte unter weiterer Abänderung des Bescheids vom 25. Februar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. September 2008 und des Bescheids vom 03. August 2009 verpflichtet, bei dem Kläger ab dem 01. Januar 2010 einen Grad der Behinderung von 70 (siebzig) sowie die gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "G" (gehbehindert) festzustellen.
2. Im Übrigen werden die Berufung zurück- und die Klage abgewiesen.
3. Der Beklagte erstattet dem Kläger vier Fünftel seiner außergerichtlichen K.en beider Instanzen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 70 statt des zwischenzeitlich zuerkannten von 50 sowie die Feststellung des Merkzeichens "G" (gehbe-hindert).
Bei dem am 07.08.1952 geborenen Kläger war mit Herabsetzungsbescheid des Versorgungsamts Freiburg vom 04.10.1984 ein GdB von 30 festgestellt worden, zu Grunde lagen eine Lungenfunktionsstörung bei Hilus-Lymphknoten-Schwellung nach Tuberkulose sowie eine Adipositas (Gewicht damals 126 kg bei 174 cm Körpergröße). Ein Neufeststellungsantrag vom 23.09.2003 wurde mit Bescheid vom 12.11.2003 abgelehnt, wobei zusätzlich Funktions¬behinderungen des linken Knie- und des rechten Sprunggelenks anerkannt, jedoch nur mit einem Einzel-GdB von 10 bewertet wurden.
Am 11.12.2007 beantragte der Kläger bei dem nunmehr zuständigen Landratsamt Konstanz (LRA) erneut die Erhöhung des GdB sowie die Feststellung der Voraussetzungen des Merkzeichens "G". Das LRA holte ärztliche Unterlagen und Befundberichte ein. Mit dem hier streitigen Bescheid vom 25.02.2008 stellte es einen GdB von 40 fest und lehnte die Zuerkennung des Merkzeichens "G" ab. Es ging hierbei von folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und - nach der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. M. vom 13.02.2008 - Einzel-GdB aus: Lungenfunktionseinschränkung nach Tuberkulose, Adipositas (Ge¬wicht nunmehr 155 kg bei 168 cm Körpergröße [BMI 54,9]) und Schlaf-Ap¬noe-Syndrom (40), Funktionsbehinderung des linken Knie- und des rechten Sprunggelenks (10), Herz¬rhythmusstörungen (10), diätisch einstellbarer Diabetes mellitus (10), Funktionsbehinderung des linken Schultergelenks (10).
Den Widerspruch des Klägers wies das Landesversorgungsamt des beklagten Landes nach Einholung eines Befundberichts des behandelnden Allgemeinmediziners X. mit Widerspruchs-bescheid vom 05.09.2008 zurück.
Der Kläger hat am 10.09.2008 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Das Schlaf-Apnoe-Syndrom verursache ganz erhebliche Komplikationen, müsse aber bereits ohne solche mit einem GdB von 20 bewertet werden. Die Bewegungseinschränkungen des Arms und der übrige orthopädische Befund seien unterbewertet. Ortsübliche Gehstrecken könnten nicht mehr innerhalb des von der Rechtsprechung zu Grunde gelegten Zeitlimits zurückgelegt werden.
Nachdem das beklagte Land der Klage entgegengetreten war, hat das SG die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Wegen des Ergebnisses jener Beweisaufnahme wird auf die Aussagen von Allgemeinarzt X. vom 23.10.2008, HNO-Ärztin Dr. P. vom 23.10.2008, Chirurg Dr. V. vom 22.10.2008, Pneumologin Dr. S. vom 07.11.2008 und Internistin Dr. G. vom 17.11.2008 verwiesen. In Auswertung dieser Aussagen kam Versorgungsarzt Dr. L unter dem 23.02.2009 zu der Feststellung, es liege auch ein Bluthoch¬druck mit hypertensiver Herzkrankheit vor, der mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten sei. Der Beklagte schlug daraufhin im Vergleichswege die Zuerkennung eines GdB von 50 ab Antragstellung vor; dieser Vergleich kam jedoch nicht zu Stande.
Mit dem hier angegriffenen Gerichtsbescheid vom 07.07.2009 hat das SG den Beklagten unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verpflichtet, bei dem Kläger ab dem 11.12.2007 einen GdB von 50 festzustellen. Für die Lungenfunktionseinschränkung, die Adipositas und das Schlaf-Apnoe-Syndrom bestehe für das SG keine Möglichkeit einer Höherbewertung, nachdem Pneu¬mo¬login Dr. S. auf ihrem Fachgebiet überhaupt keine Funktionsbeeinträchtigungen an¬ge-geben habe und HNO-Ärztin Dr. P. nur von einem Obesitas-Hypoventilationssyndrom (Pickwick-Syndrom) mit entsprechender Fragmentierung des Schlafs, jedoch ohne direkte Funktionsbeeinträchtigung berichtet habe. Für die Herzrhythmusstörungen, den Bluthochdruck und die hyper¬ten¬si¬ve Herzkrankheit sei ein Einzel-GdB von 20 anzusetzen. Dr. G. habe nur eine leichte Funktionsbeeinträchtigung genannt. Dies sei nachvollziehbar, nachdem der Kläger eine ergometrische Belastung von 175 Watt erreicht habe. Die Funktionsbeeinträchtigung des linken Knie- und des rechten Sprunggelenks bedinge einen GdB von 10, nachdem - nur - Allgemeinarzt X. eine eingeschränkte Belastbarkeit beider Füße bei Arthrose in beiden Sprunggelenken mitgeteilt habe. Der Diabetes mellitus und die Funktionsbeeinträchtigung des linken Schultergelenks seien ebenfalls mit einem GdB von 10 zutreffend bewertet. Es sei somit nach den Vorgaben der "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG) ein Gesamt-GdB von 50 zu bilden. Die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" lägen nicht vor, nachdem die Aner-kennungskriterien nicht erfüllt seien und Dr. S. auf ihrem Fachgebiet keine Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr gesehen habe.
In Ausführung des Gerichtsbescheids stellte das LRA mit Bescheid vom 03.08.2009 bei dem Kläger ab dem 11.12.2007 einen GdB von 50 fest und lehnte - erneut - die Zuerkennung des Merkzeichens "G" ab.
Am 06.08.2009 hat der Kläger Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er meint, entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) stehe das Merkzeichen "G" auch dann zu, wenn die Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erst durch ein Zusammenwirken von Gesundheitsstörungen und großem Übergewicht erheblich beeinträchtigt sei (Hinweis auf das Urt. v. 24.04.2008, B 9/9a SB 7/06 R). Er trägt vor, bei ihm bestehe mit einem Gewicht von 155 kg bei 168 cm Körpergröße ein großes Übergewicht. Wie auch sein Hausarzt, Allgemeinmediziner X., berichte, sei sein - des Klägers - Gehvermögen trotz Rollsocken auf 1.000 bis 1.500 m eingeschränkt. Ferner rügt der Kläger, das SG habe keine verlässlichen Messwerte hinsichtlich der kardiologischen Erkrankung eingeholt. Auch seien die orthopädischen Beeinträchtigungen nach wie vor unterbewertet.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 07. Juli 2009 abzuändern und den Beklagten unter weiterer Abänderung des Bescheids vom 25. Februar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. September 2008 und des Aus-führungsbescheids vom 03. August 2009 zu verpflichten, bei dem Kläger einen Grad der Behinderung von 70 und die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" ab An-tragstellung festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Ausführungsbescheid vom 03. August 2009 abzuweisen.
Es trägt vor, das Übergewicht des Klägers sei berücksichtigt worden, obwohl es gar keine Behinderung darstelle. Trotz dieses Übergewichts seien bei dem Kläger die Voraussetzungen einer Einschränkung des Gehvermögens nicht gegeben.
Der Senat hat zunächst den Entlassungsbericht der H.-Klinik Bad Säckingen, Dr. P., vom 19.08.2009 über eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme des Klägers vom 27.07. bis 17.08.2009 beigezogen. Hiernach leidet der Kläger an einer Adipositas per magna mit einem Gewicht von anfangs 158 kg und am Ende 148 kg bei 170 cm Körpergröße, einem Z.n. (Zustand nach) wiederholten tiefen Beinvenenthrombosen, einer absoluten Arrhytmie bei Vorhof-flimmern, einem Schlaf-Apnoe-Syndrom und einer Gonarthrose links. Nach Einschätzung von Dr. P. ist der Kläger für seine letzte berufliche Tätigkeit als Heizungs- bzw. Belüf-tungsinstallateur nur noch unter drei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt jedoch noch für sechs Stunden und mehr arbeitstäglich leistungsfähig.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat der Senat sodann ein internistisches Gutachten bei Dr. K., Oberarzt der Inneren Abteilung der W.-Kliniken T., eingeholt. Dieser Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 03.01.2011 folgende Erkrankungen und daraus folgende Behinderungen bei dem Kläger festgestellt und folgende GdB dafür vorgeschlagen: Arterielle Hypertonie im Stadium II mit leichter hypertensiver Herzkrankheit (20), chronisches Vorhofflimmern mit notwendiger gerinnungshemmender Therapie mit Marcumar (20 und 10, zusammen 30), Adipositas Grad III mit metabolischem Syndrom (kein GdB, da die Adipositas zwar als Krankheit anerkannt sei, aber von den VG nicht erfasst sei), rezidivierende Beinvenenthrombosen und Lungenembolie bei Gendefekt (Faktor-II-Mutation) und postthrombotischem Syndrom Grad II (20), Fettleber und Hyerlipidämie (10) sowie Z.n. Lungen-Tbc 1977, Lungenrestriktion durch Adipositas und Schlaf-Apnoe-Syndrom mit kontinuierlicher nächtlicher Überdruckbeatmung (10, 30, 20, insgesamt 40). Der Gesamt-GdB auf internistischem Gebiet betrage 60. Auch die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" lägen vor. Selbstverständlich beeinträchtige die ausgeprägte Adipositas auch das Gehen. Der Kläger habe in einer Gehstreckenbestimmung in 15 Minuten 620 m zurückgelegt und dann wegen Knieschmerzen eine Pause einlegen müssen, anschließend seien weitere 600 m möglich gewesen. Er sei nicht kurzatmig gewesen. Hiernach würde er für 2000 m etwa 65 Minuten benötigen. Allerdings habe er - der Gutachter - Zweifel, dass dies tatsächlich möglich sei. Gehstreckenlimitierend seien vor allem die Knieschmerzen. Diese seien multifaktoriell bedingt, die Adipositas habe an ihnen - nur - Anteil.
Der Beklagte hat nach Eingang dieses Gutachtens vergleichsweise angeboten, ab dem 22.09.2010 einen GdB von 60 anzuerkennen. Er hat insoweit zusätzliche Einzel-GdB von 20 für das postthrombotische Syndrom und Funktionsbehinderung beider Schultergelenke anerkannt. Wie sich aus der von ihm vorgelegten versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Ö. vom 07.04.2011 ergibt, meint der Beklagte, die zusätzlichen Behinderungen seien erst ab der Begutachtung bei Dr. K. nachweisbar und daher erst ab diesem Zeitpunkt anzuerkennen.
Zu den inhaltlichen Einwänden Dr. Ö.s gegen das Gutachten, vor allem gegen die Berücksichtigung der Marcumar-Therapie und gegen die Gehstreckenbestimmung, hat Dr. K. unter dem 02.08.2011 ergänzend Stellung genommen. Hierbei hat er ausgeführt, die Marcumar-Therapie sei unter anderem deswegen zu berücksichtigen, weil die mit ihr behandelte Grunderkrankung, nämlich die Beinvenenthrombosen und die Lungenembolien, nicht mehr vorlägen. Die Gehstreckenbestimmung sei mit einem 6-Minuten-Gehtest vergleichbar, der in der Kardiologie und Pneumologie durchgeführt werde. Die orthopädischen Beeinträchtigungen an den Knien habe er - Dr. K. - als Internist nicht berücksichtigt. Der Kläger klage inzwischen auch über eine Arthrose im rechten Knie und sei deswegen bei verschiedenen Ärzten in Behandlung.
Der Senat hat sodann weitere behandelnde Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen ver-nommen. Orthopäde Dr. R. hat unter dem 15.08.2011 mitgeteilt, der Kläger leide auch an ei¬nem chronischen Wirbelsäulensyndrom in allen drei Segmenten, wobei schwere funktionelle Aus-wir¬kungen an der Halswirbelsäule beständen. Die Gonarthrose habe inzwischen bds. Grad III er-reicht. Die Restbeweglichkeit der Kniegelenke betrage 90-10-90° bei ausgeprägten Knorpelschä¬den. Es beständen ferner eine Coxarthrose II. Grades bds. und eine fortgeschrittene Sprungge¬lenksarthrose. Radiologe Dr. U. hat mit Schreiben vom 22.08.2011 bekundet, bei dem Kläger bestehe bildgebend eine multisegmentale Bandscheibende¬generation mit massiver Osteochondrose, Uncarthrose (Arthrose der Unkovertebralgelenke an der HWS) und relativer Spinalkanalstenose.
Von Amts wegen hat der Senat sodann Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie Dr. D. mit einer Begutachtung des Klägers beauftragt. Dieser Sachverständige ist in seinem Gut¬achten vom 12.12.2011 zu dem Ergebnis gekommen, der Kläger leide an einer Beweglichkeitseinschränkung an drei Wirbelsäulenabschnitten (10 bis 15 % an der HWS, 5 % an der BWS und 30 % an der LWS) ohne Nervenwurzelreizerscheinungen, die mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt gleichgesetzt und daher mit einem GdB von 20 bewertet werden könne. Es bestehe auch eine endgradig eingeschränkte Armhebung (Abduktion und Elevation) in beiden Schultergelenken auf Grund Engpass-Syndroms bds., die unter Berücksichtigung der mechanischen Schädigung der Supraspinatussehne einen GdB von 20 bedinge. Die Bewegungseinschränkungen in beiden Ellenbogengelenken, in beiden Hand¬gelenken sowie in einigen Fingern links und dem Daumen rechts begründeten keinen GdB. Dage¬gen sei die endgradig eingeschränkte Beugung in beiden Kniegelenken, links stärker als rechts, unter Berücksichtigung der anhaltenden Reizerscheinungen links wegen der Knorpelschäden (Grad IV links) mit einem GdB von 20 zu bewerten. Ebenfalls einen GdB von 20 bedinge die Be¬we¬gungs¬ein¬schrän¬kung im rechten unteren und oberen Sprunggelenk auf Grund gravierend ausge¬prägter Arthrose. Unter Berücksichtigung nicht orthopädischer Beeinträchtigungen, die ihrerseits GdB von 40 (Lun-genfunktionseinschränkung, Adipositas, Schlaf-Apnoe-Syndrom) und 20 (Herzrhythmusstörungen) bedingten, sei von einem Gesamt-GdB von 70 auszugehen. Zu dem Merkzeichen "G" hat Dr. D. ausgeführt, er könne diese Frage nur aus Sicht des orthopädischen Fachgebiets beantworten. Hiernach lägen die Voraussetzungen, die nach den VG an das Merkzeichen "G" zu stellen seien, nicht vor. Betrachte man isoliert die Beeinträchtigungen der Lendenwirbelsäule, des linken Knie und des rechten Sprunggelenks, so resultiere daraus an den unteren Gliedmaßen kein GdB von 50. Allerdings hätten die Lungenfunktionsstörung und das beidseitige postthrombotische Syndrom einen weitergehenden einschränkenden Einfluss auf die Gehfähigkeit, wenngleich der Kläger selbst ausführe, es seien die Schmerzsymptomatik im rechten Sprunggelenk, in der Lendenwirbelsäule und im linken Kniegelenk, die seine Gehfähigkeit einschränkten.
Unter dem 29.12.2011 hat der Beklagte vergleichsweise die Zuerkennung eines GdB von 60 ab dem 22.09.2010 und von 70 ab dem 21.11.2011 angeboten. Wegen der diesem Angebot zu Grunde liegenden Behinderungen und Einzel-GdB wird auf die versorgungsärztliche Stellung-nahme von Dr. L. vom 27.12.2011 verwiesen. Diesen Vorschlag hat der Kläger nicht angenommen, nachdem er das Merkzeichen "G" nicht mit umfasst hat (Schriftsatz vom 01.02.2012).
Der Beklagte hat sich unter dem 29.12.2011, der Kläger unter dem 03.01.2012 mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig und weitgehend begründet. Über den Ausführungsbescheid des Beklagten 03.08.2009, der in erweiternder Auslegung des § 153 Abs. 1 i.V.m. § 96 SGG in das laufende Berufungsverfahren einbezogen ist, entscheidet der Senat auf Klage. Dieser Bescheid umfasste nicht nur die Feststellung eines GdB von 50, sondern auch die erneute Ablehnung des Antrags auf Feststellung des Merkzeichens "G".
1. Die rechtlichen Voraussetzungen einer Neufeststellung eines GdB nach § 69 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sowie der für die Ermittlung des konkreten GdB relevanten Vorgaben der VG aus der Anl. zu § 2 der nach § 30 Abs. 17 Bundesversorgungsgesetz (BVG) erlassenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2008 bzw. - bis zum 31.12.2008 - der im Wesentlichen gleichlautenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP)" hat das SG in dem angegriffenen Gerichtsbescheid zutreffend dargestellt. Das Gleiche gilt für die Voraussetzung der Zuerkennung des Merkzeichens "G" nach § 145 Abs. 1 SGB IX. In diesem Bereich hat das SG auch zutreffend darauf hingewiesen, dass für dieses Merkzeichen nicht die in den VG aufgestellten Grundsätze gelten, nachdem eine gesetzliche Verordnungsermächtigung hinsichtlich der Merkzeichen weder in § 30 Abs. 17 BVG noch in anderen Regelungen des BVG oder des SGB IX enthalten ist, sondern dass insoweit allein die gesetzlichen Bestimmungen und die hierzu in ständiger Rechtsprechung zulässig anzuwendenden Verwaltungsvorschriften heranzuziehen sind (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 17.12.2010, L 8 SB 6013/09 m. w. N.). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf diese Ausführungen des SG verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).
2. Bezogen auf den Zeitpunkt seines Erlasses ist der Gerichtsbescheid des SG zu Recht davon ausgegangen, dass bei dem Kläger ab Antragstellung am 11.12.2007 - nur - ein GdB von 50 be-stand. Die Berufung des Klägers ist insoweit zurückzuweisen.
a) Die Lungenfunktionseinschränkung des Klägers bedingt einen GdB von 30.
Nach Teil B Nr. 8.3 VG (entsprechend Nr. 26.8 AHP) sind Krankheiten der Atmungsorgane mit einem GdB von 20 bis 40 zu bewerten, wenn sie Auswirkungen geringen Grades haben; dies ist der Fall bei das gewöhnliche Maß übersteigender Atemnot - erst - bei mittelschwerer Belastung wie forschem Gehen, einer Absenkung der statischen und dynamischen Messwerte der Lungenfunktionsprüfung um bis zu 1/3 des Sollwerts bei Blutgaswerten im Normbereich. Bei dem Kläger nun liegen nach der sachverständigen Zeugenaussage der Pneumologin Dr. S. vom 07.11.2008 überhaupt keine - merklichen - Beeinträchtigungen vor, sie hat nur eine leichte Re-striktion der Atmung im Rahmen der massiven Adipositas bekundet. Dass der Kläger nicht an Atemnot leidet, hat sich auch bei den Ergometertests bei Dr. G. am 07.01.2008 mit einer Belastbarkeit bis 175 Watt und bei der Gehstreckenbestimmung bei dem Sachverständigen Dr. K. (Gutachten vom 03.01.2011), bei der sich der Kläger uneingeschränkt unterhalten konnte und nicht kurzatmig war, gezeigt. Dass gleichwohl für die Lungenfunktionsbeeinträchtigung ein GdB von 30 anzunehmen ist, beruht nur auf den Ergebnissen der Lungenfunktionsprüfung bei Dr. S. vom 26.09.2008, die eine Absenkung der statischen und dynamischen Messwerte auf unter 2/3 des Sollwerts ergeben haben, nämlich auf 58,4 % bei der Vitalkapazität (VC) und 63,0 % bei der Einsekundenkapazität (FEV1).
b) Für das Schlaf-Apnoe-Syndrom, das der Beklagte anfangs zusammen mit der Lungenfunk-tionseinschränkung bewertet hatte, war zusätzlich ein GdB von 20 anzunehmen. Ein solcher GdB ist nach Teil B Nr. 8.7 VG (Nr. 26.8 AHP) - grundsätzlich zwingend - anzusetzen, wenn eine kontinuierliche nasale Überdruckbeatmung notwendig, aber auch möglich ist. Dies ist bei dem Kläger der Fall. Folgeerscheinungen wie Herzrhythmusstörungen und Hypertonie sind ggfs. gesondert zu berücksichtigen.
c) Die Adipositas selbst, obzwar nach Einschätzung von Ärzten eine Krankheit, bedingt nach Teil B Nr. 15.3 (Nr. 26.15 AHP) keinen GdB.
d) Die Hypertonie und die Herzkrankheit des Klägers hat das SG zu Recht als eine Behinderung zusammengefasst. Zwar können Herzrhythmusstörungen nach Teil B Nr. 9.1.6 VG (Nr. 26.9 AHP) auch gesondert bewertet werden. Treten sie jedoch als Folgeerscheinungen eines Bluthochdrucks auf, sind sie nach Teil B Nr. 9.3 VG (Nr. 26.9 AHP) im Rahmen der Hypertonie mit zu bewerten, da sie Organbeteiligungen in diesem Sinne sind. Bei dem Kläger besteht eine arterielle Hypertonie mit hypertensiver Herzkrankheit. Es liegt also bereits eine mittelschwere Form vor, da Organbeteiligungen über leichte Augenhintergrundveränderungen hinaus vorkommen. Hier¬für ist ein GdB von 20 bis 40 anzusetzen. Jedoch liegen die weiteren für diese Spanne genannten Merkmale nicht vor. So liegt der diastolische Blutdruck nicht mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung; vielmehr wurden bei der Behandlung im Schlaflabor in Radolfzell im Januar 2008 135/90 mmHg bei regelmäßiger Herzaktion und während der Rehabilitation in Bad Säckingen vom 27.07. bis 17.08.2009 sogar nur 110/55 mmHg rechts und 110/55 mmHg links gemessen. Selbst bei der Begutachtung durch Dr. K. wurde ein Blutdruck von lediglich 159/96 mmHg gemessen. Auch Leistungsbeeinträchtigungen bestehen nicht, wie Dr. G. mitgeteilt hat. Vor diesem Hintergrund kommt nur der untere Spannenwert als GdB in Betracht. Dieser Wert schließt nach der ausdrücklichen Anordnung bei Teil B Nr. 9.1.2 VG die Auswirkungen der dauernden Behandlung mit Antikoagulantien (Marcumar) ein.
e) Das postthrombotische Syndrom des Klägers musste - anders als es das SG getan hat - bereits seit Antragstellung mit einem GdB von 20 bewertet werden, wie ihn Dr. K. in seinem Gutachten vom 03.01.2011 vorgeschlagen hat.
Die Faktor-II-Mutation des Klägers, die Dr. K. beschrieben hat, ist eine Thrombophilie. Sie führt zu einer Störung, die zu einem zu schnellen Gerinnen des Blutes führt, im Gegensatz zur Hämophilie und anderen Blutungsleiden mit zu langsamem Gerinnen. Die Behinderung ist daher in die zweite Fallgruppe der bei Teil B Nr. 16.10 (Nr. 26.16 AHP) aufgeführten "sonstigen Blutungsleiden" einzuordnen. Dies ergibt sich auch aus der ausdrücklichen Erwähnung der Throm¬bophilie in dem Zusatz zu den beiden Fallgruppen der Blutungsleiden. Nach dieser Regelung ist ein GdB von 10 vorgesehen, wenn die Krankheit keine wesentlichen Auswirkungen hat, und ein solcher von 20 bis 40 bei mäßigen Auswirkungen. Diese Werte umfassen nach dem Zusatz auch die Behandlung mit Antikoagulantien, wenn die Grundkrankheit noch besteht. Liegt die Grundkrankheit nicht mehr vor, muss aber der Betroffene weiter mit Antikoagulantien behandelt werden, so bedingt dies einen isolierten GdB von 10.
Bei dem Kläger ist es mehrfach zu venösen Thrombosen in den Beinen gekommen, zuletzt 2005 links. Ferner wurde bei ihm im September 2005 eine Lungenembolie diagnostiziert. Nachdem dann bei der Ursachenabklärung 2007 die Faktor-II-Mutation festgestellt worden war, muss der Kläger laufend mit Marcumar behandelt werden. Dies allein würde nur einen GdB von 10 rechtfertigen. Nimmt man jedoch das fortbestehende Risiko neuer Thrombosen ins Auge und berücksichtigt die bleibenden Auswirkungen der Krankheit, die auch Dr. K. festgestellt hat, nämlich vor allem die Ödeme und die anscheinend ausgeprägte Braunverfärbung der Haut an den Beinen, so ist Dr. K.s Vorschlag gerechtfertigt, hier einen GdB von 20 anzusetzen.
Diese Behinderung hat bei dem Kläger schon lange vorgelegen, sie wurde spätestens im Jahre 2007 festgestellt, wie Dr. K. herausgearbeitet hat. Sie ist daher ab diesem Zeitpunkt zu berücksichtigen. Dass sie dem Beklagten zunächst nicht bekannt war und von ihm erst nach dem Gutachten von Dr. K. berücksichtigt werden konnte, ändert daran nichts. Relevant ist der Zeitpunkt, zu dem die Behinderung nachweisbar ist, wobei dieser Nachweis auch rückwirkend geführt werden kann.
f) Dagegen liegt hinsichtlich der Schulterbeschwerden des Klägers - entgegen den Einschätzungen Dr. Ö.s in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 07.04.2011 und des Sachverständigen Dr. D. in dem Gutachten vom 12.12.2011 - kein GdB von 20, sondern nur ein solcher von 10 vor. Noch bei der Begutachtung durch Dr. D. war die Armhebung des Klägers bds. nur geringfügig eingeschränkt. Nach der Neutral-Null-Methode gemessen ergab sich eine Armhebung seitwärts bis 120° und vorwärts sogar von 130° rechts und 135° links. Die Dreh- und Spreizfähigkeit war nicht eingeschränkt. Wie Dr. D. in seinem Gutachten selbst ausführt, könnten diese Werte bei strenger Betrachtung nicht einmal einen GdB von 10 bedingen, denn nach Teil B Nr. 18.13 VG (Nr. 26.18 AHP) ist ein solcher erst bei einer Einschränkung der Armhebung "bis zu 120°", also zwischen 90° und 120°, gerechtfertigt, und auch dies nur, wenn die Dreh- und Spreizfähigkeit entsprechend eingeschränkt ist. Die Ursache dieser Bewegungseinschränkungen - im Falle des Klägers ein Engpasssyndrom mit Schädigungen der Rotatorenmanschette - ist für die Bewertung des GdB unerheblich. Dass der Kläger keine Überkopf-Arbeiten mehr durchführen kann, worauf Dr. D. hingewiesen hat, ist der Einschränkung der Armhebung immanent und ebenfalls unerheblich. Vor diesem Hintergrund kann selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass bei dem Kläger beide Arme betroffen sind, insgesamt nur ein GdB von 10 angenommen werden.
g) Auch die weiteren orthopädischen Beeinträchtigungen des Klägers bedingten bei Antragstellung keinen weiteren GdB von mehr als 10. Insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen des SG an.
h) Legt man diese Werte zu Grunde, nämlich den Einzel-GdB von 30 für die Lungen-funktionseinschränkung und die drei Einzel-GdB von jeweils 20 für das Schlaf-Apnoe-Syndrom, den Bluthochdruck mit Herzkrankheit und die Blutungserkrankung, so ist nur ein Gesamt-GdB von 50 ab Antragstellung gerechtfertigt. Zwar könnte der höchste Einzel-GdB von 30 wegen der weiteren Einzel-GdB um dreimal 10 Punkte erhöht werden (vgl. Teil A Nr. 3 Buchst. c VG), sodass sich ein Gesamt-GdB von 60 ergäbe. Dies ist jedoch nach der Wertung aus Teil A Nr. 3 Buchst. d Doppelbuchst. ee Satz 2 VG nicht gerechtfertigt. Die Auswirkungen der Lungenfunktionseinschränkung und des Schlaf-Apnoe-Syndroms einerseits (Tagesmüdig-keit, mangelhafte Sauerstoffversorgung, Schlafstörungen) sowie der Blutungserkrankung und des Bluthochdrucks mit Herzerkrankung andererseits (bei beiden Komplexen sind die Auswirkungen der Marcumar-Behandlung berücksichtigt) überschneiden sich in einer Weise, dass nur eine zweimalige Erhöhung des höchsten Einzel-GdB von 30 um jeweils 10 Punkte auf dann 50 gerechtfertigt war.
3. Ab Januar 2010, konkret ab dem 01.01.2010, ist dagegen bei dem Kläger der begehrte Gesamt-GdB von 70 festzustellen, wie ihn letztlich auch der Beklagte auf Grund der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. L. vom 27.12.2011 anerkannt hat, wenngleich erst ab einem späteren Zeitpunkt.
a) Der Senat sieht jedoch keine Veränderungen bei jenen Behinderungen, die bereits vor 2010 einen GdB von 20 bedingten, und auch keine Veränderungen bei den Schulterbeschwerden. Die Bewegungsmaße, die hinsichtlich der Schultern nur einen GdB von 10 rechtfertigen, hat noch Dr. D. in seinem Gutachten vom 12.12.2011 mitgeteilt, sodass hier nicht von einer Verschlimmerung im Streitzeitraum auszugehen ist.
b) Es sind jedoch Behinderungen an der Wirbelsäule und den unteren Gliedmaßen hinzugekommen, die jeweils einen GdB von 20 bedingen.
Dr. D. hat in seinem Gutachten vom 12.12.2011 Beweglichkeitseinschränkungen an allen drei Abschnitten der Wirbelsäule mitgeteilt, die zwischen 5 % an der BWS und 30 % an der LWS liegen. Auch wenn er ausdrücklich keine Nervenwurzelreizerscheinungen hat feststellen können, die Ausstrahlungsschmerzen in die Gliedmaßen zur Folge hätten, so ist es doch gerechtfertigt, hier von mittelgradigen funktionellen Auswirkungen an (mindestens) einem WS-Abschnitt (nämlich der LWS) auszugehen, die nach Teil B Nr. 18.9 VG (Nr. 26.18 AHP) zu einem GdB von 20 führen. Mittelgradige Auswirkungen in zwei Abschnitten, die einen GdB von 30 bedingen könnten, liegen dagegen nicht vor. Die Bewegungseinschränkungen der HWS und der BWS sind hierfür zu gering, und weitergehende Auswirkungen wie Nervenwurzelreizungen liegen nicht vor.
Auch der GdB von 20 für die Behinderungen des linken Kniegelenks, den Dr. D. vorgeschlagen hat, ist nicht zu beanstanden. Es liegen zwar keine relevanten Bewegungseinschränkungen vor, nachdem der Kläger beide Kniegelenke noch bis zu 115° beugen konnte, nach Teil B Nr. 18.14 (Nr. 26.18 AHP) jedoch erst bei einer - einseitigen - Bewegungseinschränkung bis 90° ein GdB von 0 bis 10 in Betracht kommt. Insofern konnte Dr. D. die Angaben des behandelnden Orthopäden Dr. R., der in seiner Zeugenaussage vom 15.08.2011 von einer Restbeweglichkeit von nur 90° bds. gesprochen hatte, nicht bestätigen. Jedoch hat Dr. D. am linken Kniegelenk eine ausgeprägte Chondromalazie IV. Grades mit anhaltenden Reizungen diagnostiziert. Insoweit hat er Dr. R. bestätigen können, der in seiner Zeugenaussage ebenfalls von einer ausgeprägten Gonarthrose mit Knorpelschäden gesprochen hatte, die er jedoch nur als drittgradig eingestuft hat, dies allerdings an beiden Kniegelenken. Nachdem nach Teil B Nr. 18.14 VG (Nr. 26.18 AHP) eine ausgeprägte Chondromalazie in den Stadien II bis IV mit anhaltenden Reizerscheinungen auch ohne Bewegungseinschränkung einen GdB von 10 bis 30 bedingt, ist es nicht zu beanstanden, hier den Mittelwert von 20 anzunehmen.
Ebenso folgt der Senat - wie auch der Beklagte ausweislich Dr. L.s Stellungnahme - der Bewertung der Beeinträchtigungen des rechten Sprunggelenks mit einem GdB von 20 durch Dr. D ... Nach Teil B Nr. 18.14 VG (Nr. 26.18 AHP) sind Bewegungseinschränkungen im oberen Sprunggelenk mit einem GdB von 10 bei mittlerem Grad (Heben/Senken 0-0-30°) und von 20 bei stärkerem Grad zu bewerten, Bewegungseinschränkungen im unteren Sprunggelenk bedingen - gesondert - einen GdB von 0 bis 10. Nachdem Dr. D. im unteren Sprunggelenk nur noch eine Beweglichkeit in halbem Umfang festgestellt hat, die zutreffend mit einem GdB von 10 zu bewerten ist, und am oberen Sprunggelenk eine Bewegungseinschränkung auf 35°, also nur knapp über der Grenze zu einem GdB von 10, aber zusätzlich erhebliche Knorpelschäden mit einer daraus folgenden Minderbelastbarkeit des Gelenks folgen, ist es nicht zu beanstanden, für die Sprunggelenke einen GdB von 20 anzunehmen.
c) Diese weiteren Behinderungen sind ab Anfang 2010 mit Einzel-GdB von jeweils 20 zu bewerten. Aus den vom Kläger bei der Begutachtung bei Dr. K. vorgelegten Unterlagen und aus den Zeugenaussagen von Dr. R. vom 15.08.2011 und Dr. U. vom 22.08.2011 ergibt sich, dass diese Beschwerden erstmals ab diesem Zeitpunkt ärztlich festgestellt worden sind und damit als nachgewiesen gelten können. Zuerst hatte Dr. U. in seinem Befundbericht vom 28.01.2010 von den erheblichen bzw. erheblich gewordenen Wirbelsäulenschäden berichtet und auch die betroffenen WS-Segmente aufgelistet. Die ebenfalls erheblichen Beeinträchtigungen der rechten Sprunggelenke hat Dr. U. erstmals in seinem Bericht vom 22.04.2010 beschrieben, er hat bereits hier von einer viertgradigen Talo-Navikular-Arthrose gesprochen. Nimmt man in den Blick, dass noch in dem Bericht der Schwarzwald-Baar-Kliniken vom 04.05.2009 (Dr. E.) nur von einer "beginnenden" Sprunggelenksarthrose und einer fortgeschrittenen Gonarthrose am linken Kniegelenk die Rede war, dann muss sich der Zustand der unteren Gliedmaßen in etwa Anfang 2010 massiv verS.ert haben.
d) Wegen dieser drei weiteren Einzel-GdB von jeweils 20 ist der Gesamt-GdB ab Anfang 2010 von 50 auf 70 zu erhöhen. Eine Erhöhung um weitere 10 Punkte auf dann 80 ist dagegen ausgeschlossen, da sich die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen an der Wirbelsäule, vor allem der LWS, den Knien und den Sprunggelenken überschneiden. Außerdem hat der Kläger in diesem Verfahren keinen höheren GdB als 70 begehrt.
4. Auch die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" liegen bei dem Kläger vor, allerdings ebenfalls erst ab dem 01.01.2010.
Nachdem, worauf das SG zutreffend hingewiesen hat, die Vorschriften aus Teil D 1 der VG über dieses Merkzeichen mangels Rechtsgrundlage nicht angewandt werden können, ergibt sich allein aus den Vorschriften des SGB IX und der hierzu ergangenen Rechtsprechung, wann das Merkzeichen "G" zuzuerkennen ist.
Gemäß § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB IX haben schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind, Anspruch auf unentgeltliche Beförderung. Nach § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, wer infolge einer Einschrän-kung des Gehvermögens nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahr für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine solche Wegstrecke etwa zwei Kilometer umfasst, die üblicherweise - also von Gesunden - in etwa einer halben Stunde (30 min) zurückgelegt werden können (BSG, Urt. v. 10.12.1987, 9a RVs 11/87, Juris Rn. 13).
Der Senat geht davon aus, dass der Kläger diese Wegstrecke nicht mehr in der genannten Zeit zurücklegen kann. Angesichts seiner erheblichen Behinderungen an den unteren Gliedmaßen - unabhängig von ihrer konkreten Bewertung mit einem GdB - und des Übergewichts liegt eine solche Einschränkung nahe. Entsprechend hat auch Dr. K. bei seiner Begutachtung im Rahmen der Gehstreckenbestimmung festgestellt, dass der Kläger in etwa 15 Minuten 620 m und nach einer dann wegen der Knieschmerzen nötigen Pause von 5 min weitere 600 m zurücklegen konnte. Auch wenn diese Gehstreckenbestimmung möglicherweise keinem standardisierten Gehtest entsprochen hat, was Dr. Ö. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 07.04.2011 beanstandet hat, so gibt es doch keinen Grund, an den Feststellungen Dr. K.s zu zweifeln. Auch Dr. D. hat in seinem Gutachten darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" nur "formal" nicht vorlägen. Er ist hierbei ersichtlich von den heute nicht mehr geltenden Voraussetzungen der AHP ausgegangen, das Merkzeichen "G" setze einen isolierten GdB von 50 oder wenigstens 40 an den unteren Gliedmaßen voraus. Auch Dr. D. hat aber - überzeugend - darauf hingewiesen, dass die weiteren Behinderungen des Klägers (er hat hierbei insbesondere auf die Lungenfunktionseinschränkung hingewiesen) einen weiteren einschränkenden Einfluss auf die Gehfähigkeit haben.
Entgegen der Ansicht des Beklagten, die allerdings auch auf einer nicht statthaften Anwendung von Teil D Nr. 1 VG fußt, beruht diese Einschränkung der Gehfähigkeit auch auf einer "Behinderung". Dass die Beeinträchtigungen der unteren Gliedmaßen und auch die Lungenfunktionseinschränkung, die der Kläger allerdings selbst nicht als limitierend empfindet, Behinderungen sind, ist offensichtlich und auch zwischen den Beteiligten unstreitig. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist aber auch die Adipositas als gehstreckenlimitierender Faktor anzuerkennen, wenngleich sie selbst keine Behinderung darstellt. Das BSG hat in dem auch vom Kläger genannten Urteil vom 24.04.2008 (B 9/9a SB 7/06 R, Juris, Rn. 14) zutreffend darauf hingewiesen, dass die funktionellen Auswirkungen einer Adipositas per magna nicht nur bei Einschätzung eines aus anderen Ge¬sund¬heitsstörungen folgenden GdB (erhöhend) zu berücksichtigen sind (vgl. heute Teil B Nr. 15.3 VG, damals Nr. 26.15 AHP), sondern auch insoweit, als sie zu einer Einbuße der in § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB IX genannten Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr führen.
Nach Ansicht des Senats liegen die gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "G" bei dem Kläger ebenfalls ab Januar 2010 vor. Wie bereits Dr. K. festgestellt hat, ist der wesentliche limitierende Faktor für die Gehfähigkeit die Beeinträchtigung der unteren Glied-maßen, verbunden mit dem erheblichen Übergewicht, während die Lungenfunktions-einschränkung im Hintergrund steht. Während die Adipositas schon lange bestanden hat, sind jedoch die Beeinträchtigungen der LWS, der Knie- und der Sprunggelenke durch die fort-schreitenden Arthrosen erst ab Januar 2010 so massiv geworden, dass sie das Gehvermögen erheblich beeinträchtigt haben.
5. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf § 193 SGG.
6. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
2. Im Übrigen werden die Berufung zurück- und die Klage abgewiesen.
3. Der Beklagte erstattet dem Kläger vier Fünftel seiner außergerichtlichen K.en beider Instanzen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von 70 statt des zwischenzeitlich zuerkannten von 50 sowie die Feststellung des Merkzeichens "G" (gehbe-hindert).
Bei dem am 07.08.1952 geborenen Kläger war mit Herabsetzungsbescheid des Versorgungsamts Freiburg vom 04.10.1984 ein GdB von 30 festgestellt worden, zu Grunde lagen eine Lungenfunktionsstörung bei Hilus-Lymphknoten-Schwellung nach Tuberkulose sowie eine Adipositas (Gewicht damals 126 kg bei 174 cm Körpergröße). Ein Neufeststellungsantrag vom 23.09.2003 wurde mit Bescheid vom 12.11.2003 abgelehnt, wobei zusätzlich Funktions¬behinderungen des linken Knie- und des rechten Sprunggelenks anerkannt, jedoch nur mit einem Einzel-GdB von 10 bewertet wurden.
Am 11.12.2007 beantragte der Kläger bei dem nunmehr zuständigen Landratsamt Konstanz (LRA) erneut die Erhöhung des GdB sowie die Feststellung der Voraussetzungen des Merkzeichens "G". Das LRA holte ärztliche Unterlagen und Befundberichte ein. Mit dem hier streitigen Bescheid vom 25.02.2008 stellte es einen GdB von 40 fest und lehnte die Zuerkennung des Merkzeichens "G" ab. Es ging hierbei von folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und - nach der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. M. vom 13.02.2008 - Einzel-GdB aus: Lungenfunktionseinschränkung nach Tuberkulose, Adipositas (Ge¬wicht nunmehr 155 kg bei 168 cm Körpergröße [BMI 54,9]) und Schlaf-Ap¬noe-Syndrom (40), Funktionsbehinderung des linken Knie- und des rechten Sprunggelenks (10), Herz¬rhythmusstörungen (10), diätisch einstellbarer Diabetes mellitus (10), Funktionsbehinderung des linken Schultergelenks (10).
Den Widerspruch des Klägers wies das Landesversorgungsamt des beklagten Landes nach Einholung eines Befundberichts des behandelnden Allgemeinmediziners X. mit Widerspruchs-bescheid vom 05.09.2008 zurück.
Der Kläger hat am 10.09.2008 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben. Das Schlaf-Apnoe-Syndrom verursache ganz erhebliche Komplikationen, müsse aber bereits ohne solche mit einem GdB von 20 bewertet werden. Die Bewegungseinschränkungen des Arms und der übrige orthopädische Befund seien unterbewertet. Ortsübliche Gehstrecken könnten nicht mehr innerhalb des von der Rechtsprechung zu Grunde gelegten Zeitlimits zurückgelegt werden.
Nachdem das beklagte Land der Klage entgegengetreten war, hat das SG die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Wegen des Ergebnisses jener Beweisaufnahme wird auf die Aussagen von Allgemeinarzt X. vom 23.10.2008, HNO-Ärztin Dr. P. vom 23.10.2008, Chirurg Dr. V. vom 22.10.2008, Pneumologin Dr. S. vom 07.11.2008 und Internistin Dr. G. vom 17.11.2008 verwiesen. In Auswertung dieser Aussagen kam Versorgungsarzt Dr. L unter dem 23.02.2009 zu der Feststellung, es liege auch ein Bluthoch¬druck mit hypertensiver Herzkrankheit vor, der mit einem Einzel-GdB von 20 zu bewerten sei. Der Beklagte schlug daraufhin im Vergleichswege die Zuerkennung eines GdB von 50 ab Antragstellung vor; dieser Vergleich kam jedoch nicht zu Stande.
Mit dem hier angegriffenen Gerichtsbescheid vom 07.07.2009 hat das SG den Beklagten unter Abänderung der angefochtenen Bescheide verpflichtet, bei dem Kläger ab dem 11.12.2007 einen GdB von 50 festzustellen. Für die Lungenfunktionseinschränkung, die Adipositas und das Schlaf-Apnoe-Syndrom bestehe für das SG keine Möglichkeit einer Höherbewertung, nachdem Pneu¬mo¬login Dr. S. auf ihrem Fachgebiet überhaupt keine Funktionsbeeinträchtigungen an¬ge-geben habe und HNO-Ärztin Dr. P. nur von einem Obesitas-Hypoventilationssyndrom (Pickwick-Syndrom) mit entsprechender Fragmentierung des Schlafs, jedoch ohne direkte Funktionsbeeinträchtigung berichtet habe. Für die Herzrhythmusstörungen, den Bluthochdruck und die hyper¬ten¬si¬ve Herzkrankheit sei ein Einzel-GdB von 20 anzusetzen. Dr. G. habe nur eine leichte Funktionsbeeinträchtigung genannt. Dies sei nachvollziehbar, nachdem der Kläger eine ergometrische Belastung von 175 Watt erreicht habe. Die Funktionsbeeinträchtigung des linken Knie- und des rechten Sprunggelenks bedinge einen GdB von 10, nachdem - nur - Allgemeinarzt X. eine eingeschränkte Belastbarkeit beider Füße bei Arthrose in beiden Sprunggelenken mitgeteilt habe. Der Diabetes mellitus und die Funktionsbeeinträchtigung des linken Schultergelenks seien ebenfalls mit einem GdB von 10 zutreffend bewertet. Es sei somit nach den Vorgaben der "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG) ein Gesamt-GdB von 50 zu bilden. Die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" lägen nicht vor, nachdem die Aner-kennungskriterien nicht erfüllt seien und Dr. S. auf ihrem Fachgebiet keine Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr gesehen habe.
In Ausführung des Gerichtsbescheids stellte das LRA mit Bescheid vom 03.08.2009 bei dem Kläger ab dem 11.12.2007 einen GdB von 50 fest und lehnte - erneut - die Zuerkennung des Merkzeichens "G" ab.
Am 06.08.2009 hat der Kläger Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg eingelegt. Er meint, entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) stehe das Merkzeichen "G" auch dann zu, wenn die Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erst durch ein Zusammenwirken von Gesundheitsstörungen und großem Übergewicht erheblich beeinträchtigt sei (Hinweis auf das Urt. v. 24.04.2008, B 9/9a SB 7/06 R). Er trägt vor, bei ihm bestehe mit einem Gewicht von 155 kg bei 168 cm Körpergröße ein großes Übergewicht. Wie auch sein Hausarzt, Allgemeinmediziner X., berichte, sei sein - des Klägers - Gehvermögen trotz Rollsocken auf 1.000 bis 1.500 m eingeschränkt. Ferner rügt der Kläger, das SG habe keine verlässlichen Messwerte hinsichtlich der kardiologischen Erkrankung eingeholt. Auch seien die orthopädischen Beeinträchtigungen nach wie vor unterbewertet.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 07. Juli 2009 abzuändern und den Beklagten unter weiterer Abänderung des Bescheids vom 25. Februar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. September 2008 und des Aus-führungsbescheids vom 03. August 2009 zu verpflichten, bei dem Kläger einen Grad der Behinderung von 70 und die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" ab An-tragstellung festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Ausführungsbescheid vom 03. August 2009 abzuweisen.
Es trägt vor, das Übergewicht des Klägers sei berücksichtigt worden, obwohl es gar keine Behinderung darstelle. Trotz dieses Übergewichts seien bei dem Kläger die Voraussetzungen einer Einschränkung des Gehvermögens nicht gegeben.
Der Senat hat zunächst den Entlassungsbericht der H.-Klinik Bad Säckingen, Dr. P., vom 19.08.2009 über eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme des Klägers vom 27.07. bis 17.08.2009 beigezogen. Hiernach leidet der Kläger an einer Adipositas per magna mit einem Gewicht von anfangs 158 kg und am Ende 148 kg bei 170 cm Körpergröße, einem Z.n. (Zustand nach) wiederholten tiefen Beinvenenthrombosen, einer absoluten Arrhytmie bei Vorhof-flimmern, einem Schlaf-Apnoe-Syndrom und einer Gonarthrose links. Nach Einschätzung von Dr. P. ist der Kläger für seine letzte berufliche Tätigkeit als Heizungs- bzw. Belüf-tungsinstallateur nur noch unter drei, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt jedoch noch für sechs Stunden und mehr arbeitstäglich leistungsfähig.
Auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers hat der Senat sodann ein internistisches Gutachten bei Dr. K., Oberarzt der Inneren Abteilung der W.-Kliniken T., eingeholt. Dieser Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 03.01.2011 folgende Erkrankungen und daraus folgende Behinderungen bei dem Kläger festgestellt und folgende GdB dafür vorgeschlagen: Arterielle Hypertonie im Stadium II mit leichter hypertensiver Herzkrankheit (20), chronisches Vorhofflimmern mit notwendiger gerinnungshemmender Therapie mit Marcumar (20 und 10, zusammen 30), Adipositas Grad III mit metabolischem Syndrom (kein GdB, da die Adipositas zwar als Krankheit anerkannt sei, aber von den VG nicht erfasst sei), rezidivierende Beinvenenthrombosen und Lungenembolie bei Gendefekt (Faktor-II-Mutation) und postthrombotischem Syndrom Grad II (20), Fettleber und Hyerlipidämie (10) sowie Z.n. Lungen-Tbc 1977, Lungenrestriktion durch Adipositas und Schlaf-Apnoe-Syndrom mit kontinuierlicher nächtlicher Überdruckbeatmung (10, 30, 20, insgesamt 40). Der Gesamt-GdB auf internistischem Gebiet betrage 60. Auch die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" lägen vor. Selbstverständlich beeinträchtige die ausgeprägte Adipositas auch das Gehen. Der Kläger habe in einer Gehstreckenbestimmung in 15 Minuten 620 m zurückgelegt und dann wegen Knieschmerzen eine Pause einlegen müssen, anschließend seien weitere 600 m möglich gewesen. Er sei nicht kurzatmig gewesen. Hiernach würde er für 2000 m etwa 65 Minuten benötigen. Allerdings habe er - der Gutachter - Zweifel, dass dies tatsächlich möglich sei. Gehstreckenlimitierend seien vor allem die Knieschmerzen. Diese seien multifaktoriell bedingt, die Adipositas habe an ihnen - nur - Anteil.
Der Beklagte hat nach Eingang dieses Gutachtens vergleichsweise angeboten, ab dem 22.09.2010 einen GdB von 60 anzuerkennen. Er hat insoweit zusätzliche Einzel-GdB von 20 für das postthrombotische Syndrom und Funktionsbehinderung beider Schultergelenke anerkannt. Wie sich aus der von ihm vorgelegten versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Ö. vom 07.04.2011 ergibt, meint der Beklagte, die zusätzlichen Behinderungen seien erst ab der Begutachtung bei Dr. K. nachweisbar und daher erst ab diesem Zeitpunkt anzuerkennen.
Zu den inhaltlichen Einwänden Dr. Ö.s gegen das Gutachten, vor allem gegen die Berücksichtigung der Marcumar-Therapie und gegen die Gehstreckenbestimmung, hat Dr. K. unter dem 02.08.2011 ergänzend Stellung genommen. Hierbei hat er ausgeführt, die Marcumar-Therapie sei unter anderem deswegen zu berücksichtigen, weil die mit ihr behandelte Grunderkrankung, nämlich die Beinvenenthrombosen und die Lungenembolien, nicht mehr vorlägen. Die Gehstreckenbestimmung sei mit einem 6-Minuten-Gehtest vergleichbar, der in der Kardiologie und Pneumologie durchgeführt werde. Die orthopädischen Beeinträchtigungen an den Knien habe er - Dr. K. - als Internist nicht berücksichtigt. Der Kläger klage inzwischen auch über eine Arthrose im rechten Knie und sei deswegen bei verschiedenen Ärzten in Behandlung.
Der Senat hat sodann weitere behandelnde Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen ver-nommen. Orthopäde Dr. R. hat unter dem 15.08.2011 mitgeteilt, der Kläger leide auch an ei¬nem chronischen Wirbelsäulensyndrom in allen drei Segmenten, wobei schwere funktionelle Aus-wir¬kungen an der Halswirbelsäule beständen. Die Gonarthrose habe inzwischen bds. Grad III er-reicht. Die Restbeweglichkeit der Kniegelenke betrage 90-10-90° bei ausgeprägten Knorpelschä¬den. Es beständen ferner eine Coxarthrose II. Grades bds. und eine fortgeschrittene Sprungge¬lenksarthrose. Radiologe Dr. U. hat mit Schreiben vom 22.08.2011 bekundet, bei dem Kläger bestehe bildgebend eine multisegmentale Bandscheibende¬generation mit massiver Osteochondrose, Uncarthrose (Arthrose der Unkovertebralgelenke an der HWS) und relativer Spinalkanalstenose.
Von Amts wegen hat der Senat sodann Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie Dr. D. mit einer Begutachtung des Klägers beauftragt. Dieser Sachverständige ist in seinem Gut¬achten vom 12.12.2011 zu dem Ergebnis gekommen, der Kläger leide an einer Beweglichkeitseinschränkung an drei Wirbelsäulenabschnitten (10 bis 15 % an der HWS, 5 % an der BWS und 30 % an der LWS) ohne Nervenwurzelreizerscheinungen, die mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt gleichgesetzt und daher mit einem GdB von 20 bewertet werden könne. Es bestehe auch eine endgradig eingeschränkte Armhebung (Abduktion und Elevation) in beiden Schultergelenken auf Grund Engpass-Syndroms bds., die unter Berücksichtigung der mechanischen Schädigung der Supraspinatussehne einen GdB von 20 bedinge. Die Bewegungseinschränkungen in beiden Ellenbogengelenken, in beiden Hand¬gelenken sowie in einigen Fingern links und dem Daumen rechts begründeten keinen GdB. Dage¬gen sei die endgradig eingeschränkte Beugung in beiden Kniegelenken, links stärker als rechts, unter Berücksichtigung der anhaltenden Reizerscheinungen links wegen der Knorpelschäden (Grad IV links) mit einem GdB von 20 zu bewerten. Ebenfalls einen GdB von 20 bedinge die Be¬we¬gungs¬ein¬schrän¬kung im rechten unteren und oberen Sprunggelenk auf Grund gravierend ausge¬prägter Arthrose. Unter Berücksichtigung nicht orthopädischer Beeinträchtigungen, die ihrerseits GdB von 40 (Lun-genfunktionseinschränkung, Adipositas, Schlaf-Apnoe-Syndrom) und 20 (Herzrhythmusstörungen) bedingten, sei von einem Gesamt-GdB von 70 auszugehen. Zu dem Merkzeichen "G" hat Dr. D. ausgeführt, er könne diese Frage nur aus Sicht des orthopädischen Fachgebiets beantworten. Hiernach lägen die Voraussetzungen, die nach den VG an das Merkzeichen "G" zu stellen seien, nicht vor. Betrachte man isoliert die Beeinträchtigungen der Lendenwirbelsäule, des linken Knie und des rechten Sprunggelenks, so resultiere daraus an den unteren Gliedmaßen kein GdB von 50. Allerdings hätten die Lungenfunktionsstörung und das beidseitige postthrombotische Syndrom einen weitergehenden einschränkenden Einfluss auf die Gehfähigkeit, wenngleich der Kläger selbst ausführe, es seien die Schmerzsymptomatik im rechten Sprunggelenk, in der Lendenwirbelsäule und im linken Kniegelenk, die seine Gehfähigkeit einschränkten.
Unter dem 29.12.2011 hat der Beklagte vergleichsweise die Zuerkennung eines GdB von 60 ab dem 22.09.2010 und von 70 ab dem 21.11.2011 angeboten. Wegen der diesem Angebot zu Grunde liegenden Behinderungen und Einzel-GdB wird auf die versorgungsärztliche Stellung-nahme von Dr. L. vom 27.12.2011 verwiesen. Diesen Vorschlag hat der Kläger nicht angenommen, nachdem er das Merkzeichen "G" nicht mit umfasst hat (Schriftsatz vom 01.02.2012).
Der Beklagte hat sich unter dem 29.12.2011, der Kläger unter dem 03.01.2012 mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers, über die der Senat nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig und weitgehend begründet. Über den Ausführungsbescheid des Beklagten 03.08.2009, der in erweiternder Auslegung des § 153 Abs. 1 i.V.m. § 96 SGG in das laufende Berufungsverfahren einbezogen ist, entscheidet der Senat auf Klage. Dieser Bescheid umfasste nicht nur die Feststellung eines GdB von 50, sondern auch die erneute Ablehnung des Antrags auf Feststellung des Merkzeichens "G".
1. Die rechtlichen Voraussetzungen einer Neufeststellung eines GdB nach § 69 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sowie der für die Ermittlung des konkreten GdB relevanten Vorgaben der VG aus der Anl. zu § 2 der nach § 30 Abs. 17 Bundesversorgungsgesetz (BVG) erlassenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2008 bzw. - bis zum 31.12.2008 - der im Wesentlichen gleichlautenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP)" hat das SG in dem angegriffenen Gerichtsbescheid zutreffend dargestellt. Das Gleiche gilt für die Voraussetzung der Zuerkennung des Merkzeichens "G" nach § 145 Abs. 1 SGB IX. In diesem Bereich hat das SG auch zutreffend darauf hingewiesen, dass für dieses Merkzeichen nicht die in den VG aufgestellten Grundsätze gelten, nachdem eine gesetzliche Verordnungsermächtigung hinsichtlich der Merkzeichen weder in § 30 Abs. 17 BVG noch in anderen Regelungen des BVG oder des SGB IX enthalten ist, sondern dass insoweit allein die gesetzlichen Bestimmungen und die hierzu in ständiger Rechtsprechung zulässig anzuwendenden Verwaltungsvorschriften heranzuziehen sind (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 17.12.2010, L 8 SB 6013/09 m. w. N.). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf diese Ausführungen des SG verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).
2. Bezogen auf den Zeitpunkt seines Erlasses ist der Gerichtsbescheid des SG zu Recht davon ausgegangen, dass bei dem Kläger ab Antragstellung am 11.12.2007 - nur - ein GdB von 50 be-stand. Die Berufung des Klägers ist insoweit zurückzuweisen.
a) Die Lungenfunktionseinschränkung des Klägers bedingt einen GdB von 30.
Nach Teil B Nr. 8.3 VG (entsprechend Nr. 26.8 AHP) sind Krankheiten der Atmungsorgane mit einem GdB von 20 bis 40 zu bewerten, wenn sie Auswirkungen geringen Grades haben; dies ist der Fall bei das gewöhnliche Maß übersteigender Atemnot - erst - bei mittelschwerer Belastung wie forschem Gehen, einer Absenkung der statischen und dynamischen Messwerte der Lungenfunktionsprüfung um bis zu 1/3 des Sollwerts bei Blutgaswerten im Normbereich. Bei dem Kläger nun liegen nach der sachverständigen Zeugenaussage der Pneumologin Dr. S. vom 07.11.2008 überhaupt keine - merklichen - Beeinträchtigungen vor, sie hat nur eine leichte Re-striktion der Atmung im Rahmen der massiven Adipositas bekundet. Dass der Kläger nicht an Atemnot leidet, hat sich auch bei den Ergometertests bei Dr. G. am 07.01.2008 mit einer Belastbarkeit bis 175 Watt und bei der Gehstreckenbestimmung bei dem Sachverständigen Dr. K. (Gutachten vom 03.01.2011), bei der sich der Kläger uneingeschränkt unterhalten konnte und nicht kurzatmig war, gezeigt. Dass gleichwohl für die Lungenfunktionsbeeinträchtigung ein GdB von 30 anzunehmen ist, beruht nur auf den Ergebnissen der Lungenfunktionsprüfung bei Dr. S. vom 26.09.2008, die eine Absenkung der statischen und dynamischen Messwerte auf unter 2/3 des Sollwerts ergeben haben, nämlich auf 58,4 % bei der Vitalkapazität (VC) und 63,0 % bei der Einsekundenkapazität (FEV1).
b) Für das Schlaf-Apnoe-Syndrom, das der Beklagte anfangs zusammen mit der Lungenfunk-tionseinschränkung bewertet hatte, war zusätzlich ein GdB von 20 anzunehmen. Ein solcher GdB ist nach Teil B Nr. 8.7 VG (Nr. 26.8 AHP) - grundsätzlich zwingend - anzusetzen, wenn eine kontinuierliche nasale Überdruckbeatmung notwendig, aber auch möglich ist. Dies ist bei dem Kläger der Fall. Folgeerscheinungen wie Herzrhythmusstörungen und Hypertonie sind ggfs. gesondert zu berücksichtigen.
c) Die Adipositas selbst, obzwar nach Einschätzung von Ärzten eine Krankheit, bedingt nach Teil B Nr. 15.3 (Nr. 26.15 AHP) keinen GdB.
d) Die Hypertonie und die Herzkrankheit des Klägers hat das SG zu Recht als eine Behinderung zusammengefasst. Zwar können Herzrhythmusstörungen nach Teil B Nr. 9.1.6 VG (Nr. 26.9 AHP) auch gesondert bewertet werden. Treten sie jedoch als Folgeerscheinungen eines Bluthochdrucks auf, sind sie nach Teil B Nr. 9.3 VG (Nr. 26.9 AHP) im Rahmen der Hypertonie mit zu bewerten, da sie Organbeteiligungen in diesem Sinne sind. Bei dem Kläger besteht eine arterielle Hypertonie mit hypertensiver Herzkrankheit. Es liegt also bereits eine mittelschwere Form vor, da Organbeteiligungen über leichte Augenhintergrundveränderungen hinaus vorkommen. Hier¬für ist ein GdB von 20 bis 40 anzusetzen. Jedoch liegen die weiteren für diese Spanne genannten Merkmale nicht vor. So liegt der diastolische Blutdruck nicht mehrfach über 100 mmHg trotz Behandlung; vielmehr wurden bei der Behandlung im Schlaflabor in Radolfzell im Januar 2008 135/90 mmHg bei regelmäßiger Herzaktion und während der Rehabilitation in Bad Säckingen vom 27.07. bis 17.08.2009 sogar nur 110/55 mmHg rechts und 110/55 mmHg links gemessen. Selbst bei der Begutachtung durch Dr. K. wurde ein Blutdruck von lediglich 159/96 mmHg gemessen. Auch Leistungsbeeinträchtigungen bestehen nicht, wie Dr. G. mitgeteilt hat. Vor diesem Hintergrund kommt nur der untere Spannenwert als GdB in Betracht. Dieser Wert schließt nach der ausdrücklichen Anordnung bei Teil B Nr. 9.1.2 VG die Auswirkungen der dauernden Behandlung mit Antikoagulantien (Marcumar) ein.
e) Das postthrombotische Syndrom des Klägers musste - anders als es das SG getan hat - bereits seit Antragstellung mit einem GdB von 20 bewertet werden, wie ihn Dr. K. in seinem Gutachten vom 03.01.2011 vorgeschlagen hat.
Die Faktor-II-Mutation des Klägers, die Dr. K. beschrieben hat, ist eine Thrombophilie. Sie führt zu einer Störung, die zu einem zu schnellen Gerinnen des Blutes führt, im Gegensatz zur Hämophilie und anderen Blutungsleiden mit zu langsamem Gerinnen. Die Behinderung ist daher in die zweite Fallgruppe der bei Teil B Nr. 16.10 (Nr. 26.16 AHP) aufgeführten "sonstigen Blutungsleiden" einzuordnen. Dies ergibt sich auch aus der ausdrücklichen Erwähnung der Throm¬bophilie in dem Zusatz zu den beiden Fallgruppen der Blutungsleiden. Nach dieser Regelung ist ein GdB von 10 vorgesehen, wenn die Krankheit keine wesentlichen Auswirkungen hat, und ein solcher von 20 bis 40 bei mäßigen Auswirkungen. Diese Werte umfassen nach dem Zusatz auch die Behandlung mit Antikoagulantien, wenn die Grundkrankheit noch besteht. Liegt die Grundkrankheit nicht mehr vor, muss aber der Betroffene weiter mit Antikoagulantien behandelt werden, so bedingt dies einen isolierten GdB von 10.
Bei dem Kläger ist es mehrfach zu venösen Thrombosen in den Beinen gekommen, zuletzt 2005 links. Ferner wurde bei ihm im September 2005 eine Lungenembolie diagnostiziert. Nachdem dann bei der Ursachenabklärung 2007 die Faktor-II-Mutation festgestellt worden war, muss der Kläger laufend mit Marcumar behandelt werden. Dies allein würde nur einen GdB von 10 rechtfertigen. Nimmt man jedoch das fortbestehende Risiko neuer Thrombosen ins Auge und berücksichtigt die bleibenden Auswirkungen der Krankheit, die auch Dr. K. festgestellt hat, nämlich vor allem die Ödeme und die anscheinend ausgeprägte Braunverfärbung der Haut an den Beinen, so ist Dr. K.s Vorschlag gerechtfertigt, hier einen GdB von 20 anzusetzen.
Diese Behinderung hat bei dem Kläger schon lange vorgelegen, sie wurde spätestens im Jahre 2007 festgestellt, wie Dr. K. herausgearbeitet hat. Sie ist daher ab diesem Zeitpunkt zu berücksichtigen. Dass sie dem Beklagten zunächst nicht bekannt war und von ihm erst nach dem Gutachten von Dr. K. berücksichtigt werden konnte, ändert daran nichts. Relevant ist der Zeitpunkt, zu dem die Behinderung nachweisbar ist, wobei dieser Nachweis auch rückwirkend geführt werden kann.
f) Dagegen liegt hinsichtlich der Schulterbeschwerden des Klägers - entgegen den Einschätzungen Dr. Ö.s in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 07.04.2011 und des Sachverständigen Dr. D. in dem Gutachten vom 12.12.2011 - kein GdB von 20, sondern nur ein solcher von 10 vor. Noch bei der Begutachtung durch Dr. D. war die Armhebung des Klägers bds. nur geringfügig eingeschränkt. Nach der Neutral-Null-Methode gemessen ergab sich eine Armhebung seitwärts bis 120° und vorwärts sogar von 130° rechts und 135° links. Die Dreh- und Spreizfähigkeit war nicht eingeschränkt. Wie Dr. D. in seinem Gutachten selbst ausführt, könnten diese Werte bei strenger Betrachtung nicht einmal einen GdB von 10 bedingen, denn nach Teil B Nr. 18.13 VG (Nr. 26.18 AHP) ist ein solcher erst bei einer Einschränkung der Armhebung "bis zu 120°", also zwischen 90° und 120°, gerechtfertigt, und auch dies nur, wenn die Dreh- und Spreizfähigkeit entsprechend eingeschränkt ist. Die Ursache dieser Bewegungseinschränkungen - im Falle des Klägers ein Engpasssyndrom mit Schädigungen der Rotatorenmanschette - ist für die Bewertung des GdB unerheblich. Dass der Kläger keine Überkopf-Arbeiten mehr durchführen kann, worauf Dr. D. hingewiesen hat, ist der Einschränkung der Armhebung immanent und ebenfalls unerheblich. Vor diesem Hintergrund kann selbst unter Berücksichtigung der Tatsache, dass bei dem Kläger beide Arme betroffen sind, insgesamt nur ein GdB von 10 angenommen werden.
g) Auch die weiteren orthopädischen Beeinträchtigungen des Klägers bedingten bei Antragstellung keinen weiteren GdB von mehr als 10. Insoweit schließt sich der Senat den Ausführungen des SG an.
h) Legt man diese Werte zu Grunde, nämlich den Einzel-GdB von 30 für die Lungen-funktionseinschränkung und die drei Einzel-GdB von jeweils 20 für das Schlaf-Apnoe-Syndrom, den Bluthochdruck mit Herzkrankheit und die Blutungserkrankung, so ist nur ein Gesamt-GdB von 50 ab Antragstellung gerechtfertigt. Zwar könnte der höchste Einzel-GdB von 30 wegen der weiteren Einzel-GdB um dreimal 10 Punkte erhöht werden (vgl. Teil A Nr. 3 Buchst. c VG), sodass sich ein Gesamt-GdB von 60 ergäbe. Dies ist jedoch nach der Wertung aus Teil A Nr. 3 Buchst. d Doppelbuchst. ee Satz 2 VG nicht gerechtfertigt. Die Auswirkungen der Lungenfunktionseinschränkung und des Schlaf-Apnoe-Syndroms einerseits (Tagesmüdig-keit, mangelhafte Sauerstoffversorgung, Schlafstörungen) sowie der Blutungserkrankung und des Bluthochdrucks mit Herzerkrankung andererseits (bei beiden Komplexen sind die Auswirkungen der Marcumar-Behandlung berücksichtigt) überschneiden sich in einer Weise, dass nur eine zweimalige Erhöhung des höchsten Einzel-GdB von 30 um jeweils 10 Punkte auf dann 50 gerechtfertigt war.
3. Ab Januar 2010, konkret ab dem 01.01.2010, ist dagegen bei dem Kläger der begehrte Gesamt-GdB von 70 festzustellen, wie ihn letztlich auch der Beklagte auf Grund der versorgungsärztlichen Stellungnahme von Dr. L. vom 27.12.2011 anerkannt hat, wenngleich erst ab einem späteren Zeitpunkt.
a) Der Senat sieht jedoch keine Veränderungen bei jenen Behinderungen, die bereits vor 2010 einen GdB von 20 bedingten, und auch keine Veränderungen bei den Schulterbeschwerden. Die Bewegungsmaße, die hinsichtlich der Schultern nur einen GdB von 10 rechtfertigen, hat noch Dr. D. in seinem Gutachten vom 12.12.2011 mitgeteilt, sodass hier nicht von einer Verschlimmerung im Streitzeitraum auszugehen ist.
b) Es sind jedoch Behinderungen an der Wirbelsäule und den unteren Gliedmaßen hinzugekommen, die jeweils einen GdB von 20 bedingen.
Dr. D. hat in seinem Gutachten vom 12.12.2011 Beweglichkeitseinschränkungen an allen drei Abschnitten der Wirbelsäule mitgeteilt, die zwischen 5 % an der BWS und 30 % an der LWS liegen. Auch wenn er ausdrücklich keine Nervenwurzelreizerscheinungen hat feststellen können, die Ausstrahlungsschmerzen in die Gliedmaßen zur Folge hätten, so ist es doch gerechtfertigt, hier von mittelgradigen funktionellen Auswirkungen an (mindestens) einem WS-Abschnitt (nämlich der LWS) auszugehen, die nach Teil B Nr. 18.9 VG (Nr. 26.18 AHP) zu einem GdB von 20 führen. Mittelgradige Auswirkungen in zwei Abschnitten, die einen GdB von 30 bedingen könnten, liegen dagegen nicht vor. Die Bewegungseinschränkungen der HWS und der BWS sind hierfür zu gering, und weitergehende Auswirkungen wie Nervenwurzelreizungen liegen nicht vor.
Auch der GdB von 20 für die Behinderungen des linken Kniegelenks, den Dr. D. vorgeschlagen hat, ist nicht zu beanstanden. Es liegen zwar keine relevanten Bewegungseinschränkungen vor, nachdem der Kläger beide Kniegelenke noch bis zu 115° beugen konnte, nach Teil B Nr. 18.14 (Nr. 26.18 AHP) jedoch erst bei einer - einseitigen - Bewegungseinschränkung bis 90° ein GdB von 0 bis 10 in Betracht kommt. Insofern konnte Dr. D. die Angaben des behandelnden Orthopäden Dr. R., der in seiner Zeugenaussage vom 15.08.2011 von einer Restbeweglichkeit von nur 90° bds. gesprochen hatte, nicht bestätigen. Jedoch hat Dr. D. am linken Kniegelenk eine ausgeprägte Chondromalazie IV. Grades mit anhaltenden Reizungen diagnostiziert. Insoweit hat er Dr. R. bestätigen können, der in seiner Zeugenaussage ebenfalls von einer ausgeprägten Gonarthrose mit Knorpelschäden gesprochen hatte, die er jedoch nur als drittgradig eingestuft hat, dies allerdings an beiden Kniegelenken. Nachdem nach Teil B Nr. 18.14 VG (Nr. 26.18 AHP) eine ausgeprägte Chondromalazie in den Stadien II bis IV mit anhaltenden Reizerscheinungen auch ohne Bewegungseinschränkung einen GdB von 10 bis 30 bedingt, ist es nicht zu beanstanden, hier den Mittelwert von 20 anzunehmen.
Ebenso folgt der Senat - wie auch der Beklagte ausweislich Dr. L.s Stellungnahme - der Bewertung der Beeinträchtigungen des rechten Sprunggelenks mit einem GdB von 20 durch Dr. D ... Nach Teil B Nr. 18.14 VG (Nr. 26.18 AHP) sind Bewegungseinschränkungen im oberen Sprunggelenk mit einem GdB von 10 bei mittlerem Grad (Heben/Senken 0-0-30°) und von 20 bei stärkerem Grad zu bewerten, Bewegungseinschränkungen im unteren Sprunggelenk bedingen - gesondert - einen GdB von 0 bis 10. Nachdem Dr. D. im unteren Sprunggelenk nur noch eine Beweglichkeit in halbem Umfang festgestellt hat, die zutreffend mit einem GdB von 10 zu bewerten ist, und am oberen Sprunggelenk eine Bewegungseinschränkung auf 35°, also nur knapp über der Grenze zu einem GdB von 10, aber zusätzlich erhebliche Knorpelschäden mit einer daraus folgenden Minderbelastbarkeit des Gelenks folgen, ist es nicht zu beanstanden, für die Sprunggelenke einen GdB von 20 anzunehmen.
c) Diese weiteren Behinderungen sind ab Anfang 2010 mit Einzel-GdB von jeweils 20 zu bewerten. Aus den vom Kläger bei der Begutachtung bei Dr. K. vorgelegten Unterlagen und aus den Zeugenaussagen von Dr. R. vom 15.08.2011 und Dr. U. vom 22.08.2011 ergibt sich, dass diese Beschwerden erstmals ab diesem Zeitpunkt ärztlich festgestellt worden sind und damit als nachgewiesen gelten können. Zuerst hatte Dr. U. in seinem Befundbericht vom 28.01.2010 von den erheblichen bzw. erheblich gewordenen Wirbelsäulenschäden berichtet und auch die betroffenen WS-Segmente aufgelistet. Die ebenfalls erheblichen Beeinträchtigungen der rechten Sprunggelenke hat Dr. U. erstmals in seinem Bericht vom 22.04.2010 beschrieben, er hat bereits hier von einer viertgradigen Talo-Navikular-Arthrose gesprochen. Nimmt man in den Blick, dass noch in dem Bericht der Schwarzwald-Baar-Kliniken vom 04.05.2009 (Dr. E.) nur von einer "beginnenden" Sprunggelenksarthrose und einer fortgeschrittenen Gonarthrose am linken Kniegelenk die Rede war, dann muss sich der Zustand der unteren Gliedmaßen in etwa Anfang 2010 massiv verS.ert haben.
d) Wegen dieser drei weiteren Einzel-GdB von jeweils 20 ist der Gesamt-GdB ab Anfang 2010 von 50 auf 70 zu erhöhen. Eine Erhöhung um weitere 10 Punkte auf dann 80 ist dagegen ausgeschlossen, da sich die Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen an der Wirbelsäule, vor allem der LWS, den Knien und den Sprunggelenken überschneiden. Außerdem hat der Kläger in diesem Verfahren keinen höheren GdB als 70 begehrt.
4. Auch die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" liegen bei dem Kläger vor, allerdings ebenfalls erst ab dem 01.01.2010.
Nachdem, worauf das SG zutreffend hingewiesen hat, die Vorschriften aus Teil D 1 der VG über dieses Merkzeichen mangels Rechtsgrundlage nicht angewandt werden können, ergibt sich allein aus den Vorschriften des SGB IX und der hierzu ergangenen Rechtsprechung, wann das Merkzeichen "G" zuzuerkennen ist.
Gemäß § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB IX haben schwerbehinderte Menschen, die infolge ihrer Behinderung in ihrer Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt sind, Anspruch auf unentgeltliche Beförderung. Nach § 146 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ist in seiner Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr erheblich beeinträchtigt, wer infolge einer Einschrän-kung des Gehvermögens nicht ohne erhebliche Schwierigkeiten oder nicht ohne Gefahr für sich oder andere Wegstrecken im Ortsverkehr zurückzulegen vermag, die üblicherweise noch zu Fuß zurückgelegt werden. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine solche Wegstrecke etwa zwei Kilometer umfasst, die üblicherweise - also von Gesunden - in etwa einer halben Stunde (30 min) zurückgelegt werden können (BSG, Urt. v. 10.12.1987, 9a RVs 11/87, Juris Rn. 13).
Der Senat geht davon aus, dass der Kläger diese Wegstrecke nicht mehr in der genannten Zeit zurücklegen kann. Angesichts seiner erheblichen Behinderungen an den unteren Gliedmaßen - unabhängig von ihrer konkreten Bewertung mit einem GdB - und des Übergewichts liegt eine solche Einschränkung nahe. Entsprechend hat auch Dr. K. bei seiner Begutachtung im Rahmen der Gehstreckenbestimmung festgestellt, dass der Kläger in etwa 15 Minuten 620 m und nach einer dann wegen der Knieschmerzen nötigen Pause von 5 min weitere 600 m zurücklegen konnte. Auch wenn diese Gehstreckenbestimmung möglicherweise keinem standardisierten Gehtest entsprochen hat, was Dr. Ö. in der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 07.04.2011 beanstandet hat, so gibt es doch keinen Grund, an den Feststellungen Dr. K.s zu zweifeln. Auch Dr. D. hat in seinem Gutachten darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen des Merkzeichens "G" nur "formal" nicht vorlägen. Er ist hierbei ersichtlich von den heute nicht mehr geltenden Voraussetzungen der AHP ausgegangen, das Merkzeichen "G" setze einen isolierten GdB von 50 oder wenigstens 40 an den unteren Gliedmaßen voraus. Auch Dr. D. hat aber - überzeugend - darauf hingewiesen, dass die weiteren Behinderungen des Klägers (er hat hierbei insbesondere auf die Lungenfunktionseinschränkung hingewiesen) einen weiteren einschränkenden Einfluss auf die Gehfähigkeit haben.
Entgegen der Ansicht des Beklagten, die allerdings auch auf einer nicht statthaften Anwendung von Teil D Nr. 1 VG fußt, beruht diese Einschränkung der Gehfähigkeit auch auf einer "Behinderung". Dass die Beeinträchtigungen der unteren Gliedmaßen und auch die Lungenfunktionseinschränkung, die der Kläger allerdings selbst nicht als limitierend empfindet, Behinderungen sind, ist offensichtlich und auch zwischen den Beteiligten unstreitig. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist aber auch die Adipositas als gehstreckenlimitierender Faktor anzuerkennen, wenngleich sie selbst keine Behinderung darstellt. Das BSG hat in dem auch vom Kläger genannten Urteil vom 24.04.2008 (B 9/9a SB 7/06 R, Juris, Rn. 14) zutreffend darauf hingewiesen, dass die funktionellen Auswirkungen einer Adipositas per magna nicht nur bei Einschätzung eines aus anderen Ge¬sund¬heitsstörungen folgenden GdB (erhöhend) zu berücksichtigen sind (vgl. heute Teil B Nr. 15.3 VG, damals Nr. 26.15 AHP), sondern auch insoweit, als sie zu einer Einbuße der in § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB IX genannten Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr führen.
Nach Ansicht des Senats liegen die gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "G" bei dem Kläger ebenfalls ab Januar 2010 vor. Wie bereits Dr. K. festgestellt hat, ist der wesentliche limitierende Faktor für die Gehfähigkeit die Beeinträchtigung der unteren Glied-maßen, verbunden mit dem erheblichen Übergewicht, während die Lungenfunktions-einschränkung im Hintergrund steht. Während die Adipositas schon lange bestanden hat, sind jedoch die Beeinträchtigungen der LWS, der Knie- und der Sprunggelenke durch die fort-schreitenden Arthrosen erst ab Januar 2010 so massiv geworden, dass sie das Gehvermögen erheblich beeinträchtigt haben.
5. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf § 193 SGG.
6. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
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