Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 SB 586/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 5590/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 08. November 2010 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von wenigstens 50 statt des zuerkannten von 40.
Bei der am 13.11.1949 geborenen Klägerin war zuletzt mit Bescheid vom 05.07.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.03.2006 ein GdB von 30 anerkannt worden. Der damaligen Bewertung lagen degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Bandscheibenschaden und Schulter-Arm-Syndrom (Einzel-GdB 30), Bluthochdruck (10) und eine Fingerpolyarthrose (10) zu Grunde.
Am 06.03.2008 beantragte die Klägerin beim Landratsamt (LRA) Rhein-Neckar-Kreis Neufeststellung. Das LRA holte Befundberichte der behandelnden Ärzte ein. Unter ihrer Auswertung empfahl Versorgungsarzt Dr. E. in seiner Stellungnahme vom 22.06.2008, für die Fingerpolyarthrose und eine Funktionsbeeinträchtigung des Handgelenks einen Einzel-GdB von nunmehr 20 und damit einen Gesamt-GdB von 40 ab Antragstellung anzunehmen. Die von der Klägerin außerdem geltend gemachten psychovegetativen Störungen bedingten keinen GdB. Dementsprechend stellte das LRA mit Bescheid vom 10.07.2008 einen GdB von 40 ab dem 06.03.2008 fest.
Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin außerdem eine Hörminderung mit Tinnitus, eine Gonarthrose und einen Fersensporn geltend. Nach Einholung weiterer ärztlicher Unterlagen, darunter eines Ton- und Sprachaudiogramms vom 23./28.07.2008 bei HNO-Arzt Dr. L., schlug Versorgungsarzt Dr. W. unter dem 11.11.2008 vor, als weitere Behinderungen eine Funktionsbeeinträchtigung beider Kniegelenke, Knorpelschäden am linken Kniegelenk, Fersensporn links (Einzel-GdB 10) und eine Hochtonschwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen (ebenfalls 10) anzuerkennen, jedoch den Gesamt-GdB bei 40 zu belassen. Entsprechend erließ das Landesversorgungsamt des beklagten Landes den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 16.02.2009.
Am 26.02.2009 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Sie hat im wesentlichen vorgetragen, die Behinderungen an Schultern und Händen müssten wenigstens mit einem GdB von 30 und die Behinderungen an den Knieen wenigstens mit einem GdB von 20 bewertet werden. Ferner leide sie an einer Meralgia paraesthetica (Nervenkompression am Leistenband) und versteiften Großzehen rechts und links.
Nachdem der Beklagte der Klage entgegengetreten war, hat das SG zunächst die behandelnden Ärzte der Klägerin, Chirurgen Dr. I. und Orthopäden Dr. M., schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. M. hat unter dem 05.05.2009 unter anderem angegeben, die Behinderungen an Wirbelsäule und Schultern müssten getrennt bewertet werden. An der Wirbelsäule seien mehrere Etagen betroffen.
Das SG hat bei dem Facharzt für Orthopädie Dr. C. das Gutachten vom 04.12.2009 über die Klägerin eingeholt. Darin hat dieser Sachverständige ausgeführt, die Klägerin leide an folgenden Gesundheitsbeeinträchtigungen:
• end- bis mittelgradige Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule aufgrund degenerati¬ver Veränderungen und regionaler Muskelverspannungen, ohne segmentale neurologi¬sche Störungen an den oberen Extremitäten; • allenfalls endgradige Funktionsbeeinträchtigung der BWS und LWS aufgrund einer Fehlstatik und degenerativer Veränderungen, ohne segmentale neurologische Störungen an den unteren Extremitäten / ausgeprägter teilfixierter Rundrücken / kernspintomographisch nachgewiesene lumbale Spinalkanalstenose; • endgradige Funktionseinschränkung der rechten Schulter mit Hinweisen auf Impingement-Syndrom; • Heberdenarthrose der Finger II und V rechts sowie des Fingers II links, bisher ohne wesentliche Funktionseinschränkung; • retropatellarer Knorpelschaden mehr links als rechts, ohne wesentliche Bewegungsein-schränkung der Kniegelenke; • plantarer Fersensporn, Ansatzverkalkung der Achillessehne und Haglund-Exostose links.
Die Meralgia paraesthetica, so Dr. C. weiter, sei bislang nur als Verdachtsdiagnose gestellt. Die Großzehen seien frei beweglich. Die Funktionsbehinderungen der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule hat Dr. C. mit einem GdB von zusammen 30 bewertet. Für alle weiteren Behinderungen hat er Einzel-GdB von jeweils 10 angenommen. Hinsichtlich des Gesamt-GdB von 40 hat er "unter Berücksichtigung der multiplen, wenn auch je für sich geringfügigen Behinderungen" der Einschätzung des Beklagten zugestimmt.
Die Klägerin hat gegen die Feststellungen und Vorschläge von Dr. C. Einwände erhoben und insbesondere gerügt, der Begriff der "wesentlichen" Einschränkungen, den er verwendet habe, sei in den einschlägigen Rechtsgrundlagen nicht zu finden. Die Bewegungseinschränkungen insbesondere an den Kniegelenken seien erheblicher. Die Beeinträchtigungen der Wirbelsäule und jene der Schulter und der Arme dürften nicht zusammengefasst werden, da unterschiedliche Funktionsbereiche betroffen seien. Die Meralgia paraesthetica habe Dr. M. zwischenzeitlich als gesichert diagnostiziert.
Mit Gerichtsbescheid vom 08.11.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat sich hinsichtlich der Bewertung der Behinderungen den Einschätzungen und Vorschlägen von Dr. C. angeschlossen. Mit dem Begriff "wesentlich" habe der Sachverständige lediglich ausgedrückt, dass die Bewegungseinschränkungen der Finger nicht das für einen GdB notwendige Ausmaß erreichten. Die Meralgia paraesthetica sei erst nach der Begutachtung als gesichert diagnostiziert worden, sie dauere daher noch keine sechs Monate an und könne daher nicht als Behinderung anerkannt werden. Die Großzehen seien entgegen den Behauptungen der Klägerin nicht steif.
Gegen diesen Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 06.12.2010 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt. Sie vertieft ihr Vorbringen aus erster Instanz. Ergänzend verweist sie auf Muskelminderungen der Beine und des linken Arms. Sie trägt vor, sie leide auch unter Bluthochdruck. Die Meralgia paraesthetica müsse berücksichtigt werden. An der Schulter bestehe ein Impingement-Syndrom, das einen höheren GdB bedinge.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 08. November 2010 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 10. Juli 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Februar 2009 zu verpflichten, bei ihr einen Grad der Behinderung von 50 ab Antragstellung festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Er verteidigt den angegriffenen Gerichtsbescheid und seine Entscheidungen.
Auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin hat der Senat das fachorthopädische Gutachten vom 28.12.2011 bei Dr. M. eingeholt. Dieser Sachverständige hat bei der Klägerin zahlreiche orthopädische und neurologische Erkrankungen sowie Bluthochdruck und Ohrgeräusche diagnostiziert, auf die Liste auf S. 6 seines Gutachtens wird verwiesen. An der Wirbelsäule hat er ein leichtes HWS-Syndrom mit Schwindelbeschwerden und Tinnitus, ein BWS-Syndrom mit vermehrter Brustkyphose bei Spondylosis deformans der BWS mit Spondylarthrosen, ein LWS-Syndrom mit lumbalen Bandscheibendegenerationen und Lumboischialgien bds. rechts mehr als links und mit einer Spondylosis deformans der LWS sowie ein ISG-Syndrom (Ileosacralgelenk) festgestellt und für die Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule einen GdB von 30 angenommen. Für ein Impingementsyndrom beider Schultern links mehr als rechts mit Supra¬spina¬tus¬sehnensyndrom und AC-Gelenks-Arthrose (Acromio-clavicular-Gelenk) hat er einen GdB von 20 angenommen. Ferner hat er eine Gonarthrose bds. mit Innenmeniskusdegeneration links mehr als rechts festgestellt und mit einem GdB von "10 bis 20" bewertet. Für die übrigen Beeinträchtigungen auf seinem Fachgebiet, nämlich Heberden- und Bochard-Arthrosen an den Fingern beider Hände und Daumensattelgelenksarthrose, eine beginnende Coxarthrose bds., einen Fersenschmerz bds. bei Fersensporn mit Senk-Spreiz-Füßen und Hallux valgus (Großzehenschiefstand) bds. links mehr als rechts sowie die Meralgia paraes¬the¬tica am rechten Oberschenkel hat er jeweils Einzel-GdB von 10 vorgeschlagen. Gegenüber der Begutachtung bei Dr. C. hätten sich die Funktion der linken Schulter und die Befunde des linken Kniegelenks verschlechtert. Außerdem habe eine Kernspintomografie der LWS eine ausgeprägte Spinalkanalstenose an den Segmenten L3/L4 und L4/L5 gezeigt, die die seit Jahren bestehenden Schmerzen erkläre. Die Meralgia paraesthetica sei inzwischen auch durch die Neurologin Dr. B. (Bericht vom 11.11.2009) bestätigt worden. Insgesamt, so Dr. M., sei der GdB unter Berücksichtigung auch der Diagnosen auf anderen Fachgebieten auf 50 zu schätzen.
Der Beklagte hat sich unter dem 20.03.2012, die Klägerin zuletzt mit Schriftsatz vom 28.03.2012 mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Die rechtlichen Voraussetzungen einer Neufeststellung eines GdB nach § 69 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sowie der für die Ermittlung des konkreten GdB relevanten Vorgaben der "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG) aus der Anl. zu § 2 der nach § 30 Abs. 17 Bundesversorgungsgesetz (BVG) erlassenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2008) bzw. - bis zum 31.12.2008 - der im Wesentlichen gleichlautenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP)" hat das SG in dem angegriffenen Gerichtsbescheid zutreffend dargestellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf jene Ausführungen verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).
2. Gemessen hieran ist bei der Klägerin kein GdB von mehr als 40 festzustellen.
a) Die Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule haben die beiden Sachverständigen Dr. C. und Dr. M. übereinstimmend mit einem GdB von 30 bewertet. Dem ist zuzustimmen.
Nach Teil B Nr. 18.9 VG (Nr. 26.18 AHP) ist ein GdB von 30 bei Wirbelsäulenschäden anzunehmen z. B. bei schweren funktionellen Auswirkungen in einem Abschnitt oder bei mittelgradigen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten. Solche Auswirkungen sind eine Verformung mit häufig rezidivierender oder anhaltender Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren bzw. schweren Grades und häufig rezidivierende und über Tage bzw. Wochen andauernde Wirbelsäulensyndrome.
Bei der Klägerin liegen Funktionsbeeinträchtigungen an allen drei Wirbelsäulenabschnitten vor. Dr. C. hat insoweit die end- bis mittelgradigen Beweglichkeitseinschränkungen an der HWS in den Vordergrund gestellt. Dr. M. hat - bezogen auf die BWS - vor allem auf die vermehrte Kyphosierung der Wirbelsäule hingewiesen. Eine solche Verkrümmung der Wirbelsäule hatte auch schon Dr. C. beschrieben, er hatte auf einen "ausgeprägten" Rundrücken verwiesen, diesem aber isoliert keine Funktionsbehinderungen zugeschrieben. Beide Sachverständige haben außerdem auf den Übergang von LWS zur Sakralwirbelsäule hingewiesen. Dr. C. hat hier von einer "Accentuierung" gesprochen. Dr. M. hat in diesem Bereich - wie auch an der HWS und der BWS - auf deutliche Druckschmerzen und muskulären Hartspann hingewiesen. Die Verformung der Wirbelsäule ist in den VG (bzw. den AHP) ausdrücklich als relevante Funk¬tionsbeeinträchtigung genannt, ohne dass damit etwas über das Ausmaß gesagt wäre. Der Druckschmerz ist nur eingeschränkt als Beeinträchtigung zu bewerten, nachdem er nicht von allein auftritt. Die Beweglichkeit der Klägerin wegen der Wirbelsäulenbeeinträchtigungen ist - wie vor allem Dr. C. gemessen hat - an der LWS und der BWS nur endgradig und allenfalls an der HWS end- bis mittelgradig eingeschränkt. Es ist daher von mittelgradigen Auswirkungen an der HWS und von leichten Auswirkungen an LWS und BWS auszugehen. Dieser Fall kann mittelgradigen Auswirkungen an zwei WS-Abschnitten gleichgestellt werden, die einen GdB von 30 rechtfertigen.
b) Die Beeinträchtigungen der Schulterbehinderung der Klägerin können nicht mit einem GdB von 20 bewertet werden. Insoweit folgt der Senat dem Vorschlag von Dr. C ... Einen GdB von 20 in diesem Bereich hat zwar Dr. M. vorgeschlagen. Seine Feststellungen und Messwerte, die der Senat nicht anzweifelt, können diesen GdB jedoch nicht rechtfertigen. Er hat in seinem Gutachten von einem Schultergeradestand und einer gleichmäßig geformten Muskulatur gesprochen. Für die Armhebungen hat er nach der Neutral-Null-Methode seitwärts 160° rechts und - nur - 100° links sowie vorwärts 170° rechts und 140° links ermittelt. Die Dreh- und Spreizfähigkeit war gegenüber den Normalwerten nicht eingeschränkt. Ähnliche Bewe-gungsmaße sind auch dem Gutachten von Dr. C. zu entnehmen. Nach Teil B Nr. 18.13 VG (Nr. 26.18 AHP) bedingt jedoch erst eine Einschränkung der Armhebung auf 120° einen GdB von 10 und eine Einschränkung auf 90° einen GdB von 20, jeweils mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit. Hiernach ist nur an der linken Schulter eine Einschränkung der Armhebung anzunehmen. Diese kann jedoch allenfalls einen GdB von 10 bedingen, wobei festzuhalten ist, dass die Armhebung vorwärts noch bis 140° möglich ist und die Dreh- und Spreizfähigkeit nicht (gleichermaßen) eingeschränkt ist. Jedenfalls ist auch unter Berücksichtigung der Schmerzen, die die Klägerin wegen des Impingement-Syndroms erleidet, kein höherer GdB als 10 anzunehmen.
c) Auch die Gonarthrose der Klägerin links mehr als rechts bedingt nur einen GdB von 10. Dies ist der Wert, den auch Dr. C. angenommen hat. Dr. M. hat selbst ebenfalls nicht einen GdB von 20 vorgeschlagen, sondern "10 bis 20" genannt. Gerechtfertigt ist nur der untere Wert.
Für Bewegungseinschränkungen der Kniegelenke sind nach Teil B Nr. 18.14 VG (Nr. 26.18 AHP) folgende GdB-Bewertungen vorgesehen: bei geringgradigen Einschränkungen (Streckung/ Beu¬gung bis 0-0-90°) einseitig 0 bis 10 und beidseitig 10 bis 20, bei mittelgradigen (0-10-90°) einseitig 20 und beidseitig 40 und bei stärkeren Einschränkungen (0-30-90°) einseitig 30 und beidseitig 50. Ferner sind ausgeprägte Knorpelschäden (z. B. Chondro¬ma¬lazien Stadium II bis IV) mit anhaltenden Reizerscheinungen einseitig ohne Bewegungseinschränkung mit einem GdB von 10 bis 30 und mit Bewegungseinschränkungen einseitig mit einem GdB von 30 bis 40 zu bewerten.
Bei der Klägerin liegen keine Bewegungseinschränkungen in diesem Sinne vor. Auch Dr. M. hat für die Streckung 0° und für die Beugung rechts 130° und links 120° gemessen.
Jedoch besteht zumindest am linken Knie ein retropatellarer Knorpelschaden, also eine Chondromalazie. Einen solchen hatte Dr. C. in seinem Gutachten festgestellt, wenngleich bislang weder eine Arthroskopie noch ein bildgebendes Verfahren erfolgt waren. Nimmt man in den Blick, dass die Klägerin über rezidivierende, also nicht dauerhafte Schmerzen klagt, allerdings am rechten und nicht am linken Knie, kann von einem GdB von 10 ausgegangen werden.
d) Die übrigen Beeinträchtigungen der Klägerin sind in Übereinstimmung mit beiden Gutachtern jeweils mit GdB von 10 zu bewerten. Dies gilt auch für die Arthrose an den Fingergelenken. Hier hat Dr. M. seinen Vorschlag, nur einen GdB von 10 anzunehmen, überzeugend mit den gemessenen Restbeweglichkeiten begründet. Für die Finger sehen die VG (Teil B Nr. 18.13) keine eigenständigen GdB bei Bewegungseinschränkungen vor. Vielmehr ist die Bewertung analog zu den Regelungen für den Verlust ganzer Finger oder Fingerglieder vorzunehmen. Dr. M. hat nur endgradige Bewegungseinschränkungen angegeben, die Klägerin konnte leicht erschwert mit allen Fingern die Daumenkuppen erreichen.
e) Weitere Behinderungen liegen nicht vor. An Ellenbogen- und Handgelenken hat Dr. M. jeweils freie Beweglichkeiten ohne Bewegungsschmerz angenommen.
f) Vor dem Hintergrund des höchsten Einzel-GdB von 30 und der mehreren Einzel-GdB von 10 ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte bei der Klägerin einen Gesamt-GdB von 40 festgestellt hat. Dies entspricht den Regelungen über die Bildung des Gesamt-GdB in Teil A Nr. 3 Buchst. c und d VG, wonach, von Ausnahmen abgesehen, zusätzliche Gesund-heitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen.
3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
4. Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB) von wenigstens 50 statt des zuerkannten von 40.
Bei der am 13.11.1949 geborenen Klägerin war zuletzt mit Bescheid vom 05.07.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.03.2006 ein GdB von 30 anerkannt worden. Der damaligen Bewertung lagen degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit Bandscheibenschaden und Schulter-Arm-Syndrom (Einzel-GdB 30), Bluthochdruck (10) und eine Fingerpolyarthrose (10) zu Grunde.
Am 06.03.2008 beantragte die Klägerin beim Landratsamt (LRA) Rhein-Neckar-Kreis Neufeststellung. Das LRA holte Befundberichte der behandelnden Ärzte ein. Unter ihrer Auswertung empfahl Versorgungsarzt Dr. E. in seiner Stellungnahme vom 22.06.2008, für die Fingerpolyarthrose und eine Funktionsbeeinträchtigung des Handgelenks einen Einzel-GdB von nunmehr 20 und damit einen Gesamt-GdB von 40 ab Antragstellung anzunehmen. Die von der Klägerin außerdem geltend gemachten psychovegetativen Störungen bedingten keinen GdB. Dementsprechend stellte das LRA mit Bescheid vom 10.07.2008 einen GdB von 40 ab dem 06.03.2008 fest.
Im Widerspruchsverfahren machte die Klägerin außerdem eine Hörminderung mit Tinnitus, eine Gonarthrose und einen Fersensporn geltend. Nach Einholung weiterer ärztlicher Unterlagen, darunter eines Ton- und Sprachaudiogramms vom 23./28.07.2008 bei HNO-Arzt Dr. L., schlug Versorgungsarzt Dr. W. unter dem 11.11.2008 vor, als weitere Behinderungen eine Funktionsbeeinträchtigung beider Kniegelenke, Knorpelschäden am linken Kniegelenk, Fersensporn links (Einzel-GdB 10) und eine Hochtonschwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen (ebenfalls 10) anzuerkennen, jedoch den Gesamt-GdB bei 40 zu belassen. Entsprechend erließ das Landesversorgungsamt des beklagten Landes den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 16.02.2009.
Am 26.02.2009 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Sie hat im wesentlichen vorgetragen, die Behinderungen an Schultern und Händen müssten wenigstens mit einem GdB von 30 und die Behinderungen an den Knieen wenigstens mit einem GdB von 20 bewertet werden. Ferner leide sie an einer Meralgia paraesthetica (Nervenkompression am Leistenband) und versteiften Großzehen rechts und links.
Nachdem der Beklagte der Klage entgegengetreten war, hat das SG zunächst die behandelnden Ärzte der Klägerin, Chirurgen Dr. I. und Orthopäden Dr. M., schriftlich als sachverständige Zeugen vernommen. Dr. M. hat unter dem 05.05.2009 unter anderem angegeben, die Behinderungen an Wirbelsäule und Schultern müssten getrennt bewertet werden. An der Wirbelsäule seien mehrere Etagen betroffen.
Das SG hat bei dem Facharzt für Orthopädie Dr. C. das Gutachten vom 04.12.2009 über die Klägerin eingeholt. Darin hat dieser Sachverständige ausgeführt, die Klägerin leide an folgenden Gesundheitsbeeinträchtigungen:
• end- bis mittelgradige Funktionseinschränkung der Halswirbelsäule aufgrund degenerati¬ver Veränderungen und regionaler Muskelverspannungen, ohne segmentale neurologi¬sche Störungen an den oberen Extremitäten; • allenfalls endgradige Funktionsbeeinträchtigung der BWS und LWS aufgrund einer Fehlstatik und degenerativer Veränderungen, ohne segmentale neurologische Störungen an den unteren Extremitäten / ausgeprägter teilfixierter Rundrücken / kernspintomographisch nachgewiesene lumbale Spinalkanalstenose; • endgradige Funktionseinschränkung der rechten Schulter mit Hinweisen auf Impingement-Syndrom; • Heberdenarthrose der Finger II und V rechts sowie des Fingers II links, bisher ohne wesentliche Funktionseinschränkung; • retropatellarer Knorpelschaden mehr links als rechts, ohne wesentliche Bewegungsein-schränkung der Kniegelenke; • plantarer Fersensporn, Ansatzverkalkung der Achillessehne und Haglund-Exostose links.
Die Meralgia paraesthetica, so Dr. C. weiter, sei bislang nur als Verdachtsdiagnose gestellt. Die Großzehen seien frei beweglich. Die Funktionsbehinderungen der Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäule hat Dr. C. mit einem GdB von zusammen 30 bewertet. Für alle weiteren Behinderungen hat er Einzel-GdB von jeweils 10 angenommen. Hinsichtlich des Gesamt-GdB von 40 hat er "unter Berücksichtigung der multiplen, wenn auch je für sich geringfügigen Behinderungen" der Einschätzung des Beklagten zugestimmt.
Die Klägerin hat gegen die Feststellungen und Vorschläge von Dr. C. Einwände erhoben und insbesondere gerügt, der Begriff der "wesentlichen" Einschränkungen, den er verwendet habe, sei in den einschlägigen Rechtsgrundlagen nicht zu finden. Die Bewegungseinschränkungen insbesondere an den Kniegelenken seien erheblicher. Die Beeinträchtigungen der Wirbelsäule und jene der Schulter und der Arme dürften nicht zusammengefasst werden, da unterschiedliche Funktionsbereiche betroffen seien. Die Meralgia paraesthetica habe Dr. M. zwischenzeitlich als gesichert diagnostiziert.
Mit Gerichtsbescheid vom 08.11.2010 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat sich hinsichtlich der Bewertung der Behinderungen den Einschätzungen und Vorschlägen von Dr. C. angeschlossen. Mit dem Begriff "wesentlich" habe der Sachverständige lediglich ausgedrückt, dass die Bewegungseinschränkungen der Finger nicht das für einen GdB notwendige Ausmaß erreichten. Die Meralgia paraesthetica sei erst nach der Begutachtung als gesichert diagnostiziert worden, sie dauere daher noch keine sechs Monate an und könne daher nicht als Behinderung anerkannt werden. Die Großzehen seien entgegen den Behauptungen der Klägerin nicht steif.
Gegen diesen Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 06.12.2010 Berufung zum Landessozialgericht eingelegt. Sie vertieft ihr Vorbringen aus erster Instanz. Ergänzend verweist sie auf Muskelminderungen der Beine und des linken Arms. Sie trägt vor, sie leide auch unter Bluthochdruck. Die Meralgia paraesthetica müsse berücksichtigt werden. An der Schulter bestehe ein Impingement-Syndrom, das einen höheren GdB bedinge.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 08. November 2010 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 10. Juli 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Februar 2009 zu verpflichten, bei ihr einen Grad der Behinderung von 50 ab Antragstellung festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Er verteidigt den angegriffenen Gerichtsbescheid und seine Entscheidungen.
Auf Antrag und Kostenrisiko der Klägerin hat der Senat das fachorthopädische Gutachten vom 28.12.2011 bei Dr. M. eingeholt. Dieser Sachverständige hat bei der Klägerin zahlreiche orthopädische und neurologische Erkrankungen sowie Bluthochdruck und Ohrgeräusche diagnostiziert, auf die Liste auf S. 6 seines Gutachtens wird verwiesen. An der Wirbelsäule hat er ein leichtes HWS-Syndrom mit Schwindelbeschwerden und Tinnitus, ein BWS-Syndrom mit vermehrter Brustkyphose bei Spondylosis deformans der BWS mit Spondylarthrosen, ein LWS-Syndrom mit lumbalen Bandscheibendegenerationen und Lumboischialgien bds. rechts mehr als links und mit einer Spondylosis deformans der LWS sowie ein ISG-Syndrom (Ileosacralgelenk) festgestellt und für die Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule einen GdB von 30 angenommen. Für ein Impingementsyndrom beider Schultern links mehr als rechts mit Supra¬spina¬tus¬sehnensyndrom und AC-Gelenks-Arthrose (Acromio-clavicular-Gelenk) hat er einen GdB von 20 angenommen. Ferner hat er eine Gonarthrose bds. mit Innenmeniskusdegeneration links mehr als rechts festgestellt und mit einem GdB von "10 bis 20" bewertet. Für die übrigen Beeinträchtigungen auf seinem Fachgebiet, nämlich Heberden- und Bochard-Arthrosen an den Fingern beider Hände und Daumensattelgelenksarthrose, eine beginnende Coxarthrose bds., einen Fersenschmerz bds. bei Fersensporn mit Senk-Spreiz-Füßen und Hallux valgus (Großzehenschiefstand) bds. links mehr als rechts sowie die Meralgia paraes¬the¬tica am rechten Oberschenkel hat er jeweils Einzel-GdB von 10 vorgeschlagen. Gegenüber der Begutachtung bei Dr. C. hätten sich die Funktion der linken Schulter und die Befunde des linken Kniegelenks verschlechtert. Außerdem habe eine Kernspintomografie der LWS eine ausgeprägte Spinalkanalstenose an den Segmenten L3/L4 und L4/L5 gezeigt, die die seit Jahren bestehenden Schmerzen erkläre. Die Meralgia paraesthetica sei inzwischen auch durch die Neurologin Dr. B. (Bericht vom 11.11.2009) bestätigt worden. Insgesamt, so Dr. M., sei der GdB unter Berücksichtigung auch der Diagnosen auf anderen Fachgebieten auf 50 zu schätzen.
Der Beklagte hat sich unter dem 20.03.2012, die Klägerin zuletzt mit Schriftsatz vom 28.03.2012 mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die von dem Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten sowie auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin, über die der Senat nach § 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Die rechtlichen Voraussetzungen einer Neufeststellung eines GdB nach § 69 Abs. 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sowie der für die Ermittlung des konkreten GdB relevanten Vorgaben der "Versorgungsmedizinischen Grundsätze" (VG) aus der Anl. zu § 2 der nach § 30 Abs. 17 Bundesversorgungsgesetz (BVG) erlassenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10.12.2008) bzw. - bis zum 31.12.2008 - der im Wesentlichen gleichlautenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht (AHP)" hat das SG in dem angegriffenen Gerichtsbescheid zutreffend dargestellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf jene Ausführungen verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).
2. Gemessen hieran ist bei der Klägerin kein GdB von mehr als 40 festzustellen.
a) Die Funktionsbeeinträchtigungen der Wirbelsäule haben die beiden Sachverständigen Dr. C. und Dr. M. übereinstimmend mit einem GdB von 30 bewertet. Dem ist zuzustimmen.
Nach Teil B Nr. 18.9 VG (Nr. 26.18 AHP) ist ein GdB von 30 bei Wirbelsäulenschäden anzunehmen z. B. bei schweren funktionellen Auswirkungen in einem Abschnitt oder bei mittelgradigen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten. Solche Auswirkungen sind eine Verformung mit häufig rezidivierender oder anhaltender Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren bzw. schweren Grades und häufig rezidivierende und über Tage bzw. Wochen andauernde Wirbelsäulensyndrome.
Bei der Klägerin liegen Funktionsbeeinträchtigungen an allen drei Wirbelsäulenabschnitten vor. Dr. C. hat insoweit die end- bis mittelgradigen Beweglichkeitseinschränkungen an der HWS in den Vordergrund gestellt. Dr. M. hat - bezogen auf die BWS - vor allem auf die vermehrte Kyphosierung der Wirbelsäule hingewiesen. Eine solche Verkrümmung der Wirbelsäule hatte auch schon Dr. C. beschrieben, er hatte auf einen "ausgeprägten" Rundrücken verwiesen, diesem aber isoliert keine Funktionsbehinderungen zugeschrieben. Beide Sachverständige haben außerdem auf den Übergang von LWS zur Sakralwirbelsäule hingewiesen. Dr. C. hat hier von einer "Accentuierung" gesprochen. Dr. M. hat in diesem Bereich - wie auch an der HWS und der BWS - auf deutliche Druckschmerzen und muskulären Hartspann hingewiesen. Die Verformung der Wirbelsäule ist in den VG (bzw. den AHP) ausdrücklich als relevante Funk¬tionsbeeinträchtigung genannt, ohne dass damit etwas über das Ausmaß gesagt wäre. Der Druckschmerz ist nur eingeschränkt als Beeinträchtigung zu bewerten, nachdem er nicht von allein auftritt. Die Beweglichkeit der Klägerin wegen der Wirbelsäulenbeeinträchtigungen ist - wie vor allem Dr. C. gemessen hat - an der LWS und der BWS nur endgradig und allenfalls an der HWS end- bis mittelgradig eingeschränkt. Es ist daher von mittelgradigen Auswirkungen an der HWS und von leichten Auswirkungen an LWS und BWS auszugehen. Dieser Fall kann mittelgradigen Auswirkungen an zwei WS-Abschnitten gleichgestellt werden, die einen GdB von 30 rechtfertigen.
b) Die Beeinträchtigungen der Schulterbehinderung der Klägerin können nicht mit einem GdB von 20 bewertet werden. Insoweit folgt der Senat dem Vorschlag von Dr. C ... Einen GdB von 20 in diesem Bereich hat zwar Dr. M. vorgeschlagen. Seine Feststellungen und Messwerte, die der Senat nicht anzweifelt, können diesen GdB jedoch nicht rechtfertigen. Er hat in seinem Gutachten von einem Schultergeradestand und einer gleichmäßig geformten Muskulatur gesprochen. Für die Armhebungen hat er nach der Neutral-Null-Methode seitwärts 160° rechts und - nur - 100° links sowie vorwärts 170° rechts und 140° links ermittelt. Die Dreh- und Spreizfähigkeit war gegenüber den Normalwerten nicht eingeschränkt. Ähnliche Bewe-gungsmaße sind auch dem Gutachten von Dr. C. zu entnehmen. Nach Teil B Nr. 18.13 VG (Nr. 26.18 AHP) bedingt jedoch erst eine Einschränkung der Armhebung auf 120° einen GdB von 10 und eine Einschränkung auf 90° einen GdB von 20, jeweils mit entsprechender Einschränkung der Dreh- und Spreizfähigkeit. Hiernach ist nur an der linken Schulter eine Einschränkung der Armhebung anzunehmen. Diese kann jedoch allenfalls einen GdB von 10 bedingen, wobei festzuhalten ist, dass die Armhebung vorwärts noch bis 140° möglich ist und die Dreh- und Spreizfähigkeit nicht (gleichermaßen) eingeschränkt ist. Jedenfalls ist auch unter Berücksichtigung der Schmerzen, die die Klägerin wegen des Impingement-Syndroms erleidet, kein höherer GdB als 10 anzunehmen.
c) Auch die Gonarthrose der Klägerin links mehr als rechts bedingt nur einen GdB von 10. Dies ist der Wert, den auch Dr. C. angenommen hat. Dr. M. hat selbst ebenfalls nicht einen GdB von 20 vorgeschlagen, sondern "10 bis 20" genannt. Gerechtfertigt ist nur der untere Wert.
Für Bewegungseinschränkungen der Kniegelenke sind nach Teil B Nr. 18.14 VG (Nr. 26.18 AHP) folgende GdB-Bewertungen vorgesehen: bei geringgradigen Einschränkungen (Streckung/ Beu¬gung bis 0-0-90°) einseitig 0 bis 10 und beidseitig 10 bis 20, bei mittelgradigen (0-10-90°) einseitig 20 und beidseitig 40 und bei stärkeren Einschränkungen (0-30-90°) einseitig 30 und beidseitig 50. Ferner sind ausgeprägte Knorpelschäden (z. B. Chondro¬ma¬lazien Stadium II bis IV) mit anhaltenden Reizerscheinungen einseitig ohne Bewegungseinschränkung mit einem GdB von 10 bis 30 und mit Bewegungseinschränkungen einseitig mit einem GdB von 30 bis 40 zu bewerten.
Bei der Klägerin liegen keine Bewegungseinschränkungen in diesem Sinne vor. Auch Dr. M. hat für die Streckung 0° und für die Beugung rechts 130° und links 120° gemessen.
Jedoch besteht zumindest am linken Knie ein retropatellarer Knorpelschaden, also eine Chondromalazie. Einen solchen hatte Dr. C. in seinem Gutachten festgestellt, wenngleich bislang weder eine Arthroskopie noch ein bildgebendes Verfahren erfolgt waren. Nimmt man in den Blick, dass die Klägerin über rezidivierende, also nicht dauerhafte Schmerzen klagt, allerdings am rechten und nicht am linken Knie, kann von einem GdB von 10 ausgegangen werden.
d) Die übrigen Beeinträchtigungen der Klägerin sind in Übereinstimmung mit beiden Gutachtern jeweils mit GdB von 10 zu bewerten. Dies gilt auch für die Arthrose an den Fingergelenken. Hier hat Dr. M. seinen Vorschlag, nur einen GdB von 10 anzunehmen, überzeugend mit den gemessenen Restbeweglichkeiten begründet. Für die Finger sehen die VG (Teil B Nr. 18.13) keine eigenständigen GdB bei Bewegungseinschränkungen vor. Vielmehr ist die Bewertung analog zu den Regelungen für den Verlust ganzer Finger oder Fingerglieder vorzunehmen. Dr. M. hat nur endgradige Bewegungseinschränkungen angegeben, die Klägerin konnte leicht erschwert mit allen Fingern die Daumenkuppen erreichen.
e) Weitere Behinderungen liegen nicht vor. An Ellenbogen- und Handgelenken hat Dr. M. jeweils freie Beweglichkeiten ohne Bewegungsschmerz angenommen.
f) Vor dem Hintergrund des höchsten Einzel-GdB von 30 und der mehreren Einzel-GdB von 10 ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte bei der Klägerin einen Gesamt-GdB von 40 festgestellt hat. Dies entspricht den Regelungen über die Bildung des Gesamt-GdB in Teil A Nr. 3 Buchst. c und d VG, wonach, von Ausnahmen abgesehen, zusätzliche Gesund-heitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen.
3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
4. Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
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