L 8 U 5961/09

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 U 4829/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 U 5961/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27. November 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Gesundheitsstörungen des Klägers als weitere Tropenkrankheiten und deren Folgen bzw. die beim Kläger als Berufskrankheit anerkannten Tropenkrankheiten Amoebiasis und Ascariasis als nicht ausgeheilte Erkrankungen festzustellen sind und dem Kläger deswegen Verletztenrente zusteht.

Der 1946 geborene Kläger stand als beamteter Werkstattlehrer im Schuldienst des Landes N. , das ihn für die Teilnahme an einer entwicklungspolitischen Maßnahme unter Wegfall der Bezüge beurlaubte. Der Kläger hielt sich vom 01.02.1993 bis 31.07.1996 im Rahmen eines von der Bundesrepublik Deutschland finanzierten Projektes im Auftrag des Icon-Instituts in Syrien auf, wo er in dieser Zeit als Ausbildungsberater an einer Technikerschule in Damaskus tätig war. Seit 01.07.2004 befindet sich der Kläger im Ruhestand infolge Dienstunfähigkeit (Verfügung der Bezirksregierung A. vom 14.06.2004 über die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand infolge Dienstunfähigkeit). Die gleichzeitige Bewilligung von Unfallruhegehalt wurde mit Bescheid der Bezirksregierung A. vom 19.05.2005 zurückgenommen, da die zur Dienstunfähigkeit führende Erkrankung während der Beurlaubungszeit im Ausland aufgetreten sei und somit kein Dienstunfall im Sinne des § 31 BeamtVG vorliege. Der Bescheid wurde bestandskräftig (Widerspruchsbescheid der Bezirksregierung A. vom 24.08.2005, Urteil des Verwaltungsgerichts Arnsberg vom 11.01.2006 – 2 K 321/05 –).

Am 09.02.2005 zeigte das Icon-Institut der Beklagten eine Parasiteninfektion des Klägers, die er sich während seines Aufenthalts in Syrien zugezogen habe, als Versicherungsfall an. Vorgelegt wurde die Stellungnahme des Kreisobermedizinalrats Dr. B. vom 04.02.2004, wonach die zur dauernden Dienstunfähigkeit führenden Erkrankungen des Klägers auf seinen Auslandsaufenthalt in Syrien zurückzuführen seien.

Die Ablehnung der Feststellung einer Berufskrankheit nach Nr. 3104 der Berufskrankheiten-Liste (Tropenkrankheiten), weil der Kläger als Beamter im Landesdienst mit der Tätigkeit in Syrien nicht zu dem versicherten Personenkreis gehört habe (Bescheid vom 30.05.2005), nahm die Beklagte unter Berücksichtigung des zwischenzeitlich ergangenen verwaltungsgerichtlichen Urteils vom 11.01.2006 mit Bescheid vom 29.05.2006 zurück.

Die Beklagte veranlasste die Angaben des Klägers zu seinem beruflichen Werdegang und zum Krankheitsverlauf (Schreiben des Klägers vom 20.02.2005 und seine Angaben vom 20.02.2005 im Vordruck der Beklagten). Danach habe er sich im April/Mai 1994 eine Amöbenruhr und Ascarideninfektion zugezogen und leide seither an einer immer wieder auftretenden Durchfallerkrankung. Vorgelegt wurde u.a. der Entlassungsbericht der L.-Klinik vom 02.02.1999 (Diagnosen: Reizmagen, Refluxösophagitis, labile arterielle Hypertonie, allgemeiner Erschöpfungszustand), die Berichte von Dr. Schn. vom 26.10.2000 (Diagnosen: Leberwerterhöhung, Oberbauchbeschwerden, chronisches Belastungssyndrom) und von Dr. M. vom 09.02.2004 (Diagnosen: Chronische Diarrhoe auf dem Boden eines langjährigen Parasitenbefalls, nahezu therapieresistente arterielle Hypertonie, chronische PAN-Gastritis mit Refluxösophagitis II, struma nodosa II, chronisches Wirbelsäulensyndrom, Schwermetallbelastung, ausgeprägte psychophysische Erschöpfung mit depressiver Symptomatik) sowie der Bericht der Tropenmedizinischen Untersuchungsstelle der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit – GTZ – (Tropenmedizinische Untersuchungsstelle) vom 30.07.1996 (serologische Untersuchungen auf Antikörper gegen Amoebiasis, Bilharziose und Malaria sowie Stuhluntersuchung auf Wurmeier negativ). Im weiteren Verlauf des Verfahrens wurden neben anderen Arztunterlagen auch vorgelegt die Laborbefunde des R. Hospitals vom 01.05.1994 (Stuhluntersuchung positiv für Ascaris lumbricoides und Entamoeba histolytica) und 25.10.1994 (Stuhluntersuchung positiv für Entamoeba histolytica).

Die Beklagte holte Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte ein. In seinem Bericht vom 18.04.2006 teilte Dr. M. mit, das Beschwerdebild des Klägers könne in einem direkten Zusammenhang mit der in Syrien aufgetretenen Amöben-Ruhr und Ascaris-Infektion stehen. Ein laborchemischer Nachweis einer akuten Amöben-Ruhr oder Ascaris-Infektion habe nicht gesichert werden können. Dr. Schn. führte in seinem Bericht vom 25.04.2006 aus, eine im Dezember 1996 durchgeführte Stuhluntersuchung auf pathogene Keime sei negativ gewesen. Dr.&61472;T. verwies auf seine Diagnose eines Parasitenbefalls von Darm-Leber, Borreliose und Nahrungsmittelallergien, die er auf die Laborwerte aus Syrien, wachsende Lebercysten sowie die glaubhaften Angaben des Klägers stütze (Bericht vom 25.04.2006). Außerdem holte die Beklagte die ab 1994 erhobenen Befunde und erstellten Befundberichte der Tropenmedizinischen Untersuchungsstelle ein.

Die Beklagte holte das tropenmedizinische, infektiologische und internistische Gutachten vom 31.01.2007 ein. Der Gutachter Dr. S. führte darin aus, es seien die morphologisch nicht zu unterscheidenden Entamoeba histolytica und Entamoaba dispar voneinander abzugrenzen, wobei Letztere nicht in der Lage sei, eine invasive Amoebiasis zu erzeugen. Beim Kläger sei 1994 in Damaskus eine Infektion mit Entamoeba histolytica und Ascariden nur mittels einer mikroskopischen Diagnostik erhoben worden, die mit antibiotischer Intervalltherapie und Wurmmittel behandelt worden sei. Die Kontrolluntersuchung am 25.10.1994 habe nochmals einen Befund von Entamoeba histolytica ergeben, was als Reinfektion zu werten sei, die aber erfolgreich behandelt worden sei. Nachfolgende, von verschiedenen Ärzten veranlasste Stuhluntersuchungen durch unterschiedliche Labore seien negativ gewesen. Die dokumentierte klinische Symptomatik und die vom Kläger angegebenen Beschwerden mit Durchfällen seien zu keinem Zeitpunkt typisch für eine ausgeprägte Amoebiasis gewesen. Eine persistierende Parasiteninfektion, insbesondere eine Infektion mit Amöben könne ausgeschlossen werden. Die in Damaskus am 06.02.1994 diagnostizierte und erfolgreich therapierte Helicobacter-pylori-Infektion habe eine weltweite Verbreitung. In den Industriestaaten steige die Infektionsrate mit dem Alter an. Die Hepatitis A Infektion habe bereits 1982 im Zusammenhang mit der geplanten beruflichen Reise nach Saudi-Arabien vorgelegen, denn die Tropenmedizinische Untersuchungsstelle habe damals Antikörper für eine nicht erst kürzlich durchgemachte Infektion nachgewiesen. Die von Dr. T. diagnostizierte Lyme-Borreliose sei aufgrund des Lymphozyten-Transformationstests nicht gesichert. Zu keinem Zeitpunkt habe auch ein Anhalt für die typischen Krankheitssymptome einer Borreliose bestanden. Dies werde auch durch die negativen serologischen Befunde der eigenen Untersuchung bekräftigt. Eine Campylobacter-Erreger-Infektion, wie vom Kläger geltend gemacht, sei den angeforderten Untersuchungs- und Laborbefunden nicht zu entnehmen. Sie sei auch ubiquitär vorkommend. Die vom Kläger geltend gemachte Dauerinfektion könne einer beschleunigten Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit (BSG) nicht entnommen werden. Den aktenkundigen Laborbefunden sei nur eine diskrete BSG-Erhöhung zu entnehmen, die bereits am 26.05.1986 dokumentiert sei. Das CRP als Entzündungsparameter habe dagegen ohne Ausnahme im Normbereich gelegen. Eine arterielle Hypertonie, Übergewicht, eine Hyperlipidämie, psychophysische Erschöpfungszustände, eine depressive Störung, anamnestisch angegebene Nahrungsmittelallergien u.a. stünden nicht mit der beruflichen Tätigkeit im wesentlichen Zusammenhang.

Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 16.05.2007 eine abgelaufene Amoebiasis sowie eine Ascariasis als Berufskrankheit nach Nr. 3104 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) an. Als Folgen der Berufskrankheit wurden nicht anerkannt eine Hepatitis A und Infektionskrankheiten wie Helicobacter, Lyme-Borreliose, Campylobacter-Enteritis, eine arterielle Hypertonie, psychische Erschöpfungszustände, Nahrungsmittelallergien. Die Gewährung einer Rente wurde abgelehnt.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 16.08.2007 zurückgewiesen wurde. Gegen den am gleichen Tag zur Post gegebenen Widerspruchsbescheid legte der Kläger bei der Beklagten am 17.09.2007 "Beschwerde" ein, die auf telefonische Bitte des damaligen Klägerbevollmächtigten vorsorglich als Klageschrift gewertet werden sollte.

Am 20.09.2007 erhob der Kläger über seinen früheren Bevollmächtigten Klage beim Sozialgericht Karlsruhe mit dem Begehren, die Gesundheitsstörungen Hepatitis A, Infektionskrankheiten wie Helicobacter, Lyme-Borreliose, Campylobacter-Enteritis, eine arterielle Hypertonie, psychische Erschöpfungszustände, Nahrungsmittelallergien als weitere Folgen der Berufskrankheiten Amoebiasis und Ascariasis festzustellen sowie Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um mindestens 50 v.H. zu gewähren. Das Gutachten von Dr. S. sei nicht verwertbar, da er von diesem nur wenige Minuten untersucht worden sei. Das Gutachten habe nicht alle vorliegenden Befunde, insbesondere Stuhluntersuchungen vom Mai und Oktober 1994 in Damaskus berücksichtigt. Aus der in Syrien diagnostizierten HP-Gastritis habe sich eine Refluxkrankheit herausgebildet, die heute noch andauere. Ferner seien rezidive Entzündungen im Urogenitaltrakt, deren Erreger nicht festzustellen seien, zu berücksichtigen. Im Übrigen rügte der Kläger unter Vorlage weiterer medizinischer Unterlagen zahlreiche aus seiner Sicht fehlerhafte Darstellungen und unrichtige Bewertungen im Gutachten von Dr. S ...

Auf Antrag des Klägers nach § 109 SGG wurde Professor Dr. H. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Im Hinblick auf die vom Sachverständigen angekündigte Bearbeitungsdauer wurde im allseitigen Einverständnis der Beteiligten mit Beschluss vom 17.07.2008 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.

Mit Eingang des Gutachtens von Professor Dr. H. vom 30.04.2009 wurde das Verfahren von Amts wegen fortgesetzt. Professor Dr. H. diagnostizierte beim Kläger einen Zustand nach (Z. n.) Amoebiasis, 3 Lebercysten am rechten Leberlappen, Z. n. Ascarideninfektion, rezidivierende Durchfälle, Z. n. Borrelia burgdorferi-Infektion, Z. n. Helicobacter pylori-Infektion, Z. n. Epstein-Barr-Virusinfektion, Z. n. Hepatitis A-Virusinfektion und chronisch persistierende Entzündungsaktivität. Die Ascarideninfektion sei mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeheilt. Mit der beruflichen Tätigkeit zwischen 1993 und 1996 in Syrien stünden im wesentlichen Zusammenhang Z. n. Amoebiasis, 3 Lebercysten am rechten Leberlappen, Z. n. Ascarideninfektion, rezidivierende Durchfälle, Z. n. Helicobacter pylori-Infektion mit Ösophagitis sowie die chronisch persistierende Entzündungsaktivität. Es bestehe die Berufskrankheit Nr. 3104. Wegen der Folgen dieser Berufskrankheit liege eine MdE um 30 v.H. vor seit 1996.

Mit Urteil vom 27.11.2009 wies das Sozialgericht die Klage ab. In den Entscheidungsgründen stützte es sich auf das Gutachten von Dr. S ... Professor Dr. H. habe seine Auffassung, die in Abweichung zu der Beurteilung von Dr. S. stehe, nicht einmal ansatzweise begründet.

Gegen das Urteil hat der Kläger am 19.12.2009 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Er wiederholt zur Begründung im wesentlichen sein bisheriges Vorbringen und bezieht sich auf das Gutachten von Professor Dr. H ... Er rügt, dass Dr. S. nicht alle in Syrien erhobenen Befunde und die dort durchgeführten Therapien gewürdigt habe. Trotz medikamentöser Therapie seien in Syrien erneut positive Befunde auf Amöben und Ascaris erhoben worden, weshalb bei der Länge der Behandlung von einem Therapieversagen auszugehen sei und der Parasitenbefall entgegen Dr. S. nicht ausgeheilt sei. Die Erstinfektion an Helicobacter pylori ergebe sich aus dem Befund vom 5./06.02.1994 in Syrien. Der ihn infizierte HP-Stamm sei besonders pathogen, was im Gutachten von Dr. S. nicht diskutiert werde. Die hiergegen notwendige Standardmedikation habe auch gleichzeitig die eingetretene Amöbenerkrankung negativ beeinflusst, da die orale Reinfektion durch Herabsetzung des Säurespiegels im Magen gefördert worden sei. Die nachfolgenden negativen Befunde über einen Parasitenbefall seien nicht aussagekräftig, denn die Stuhluntersuchungen seien grundsätzlich unzulänglich und serologische Untersuchungen unsicher, sie ergäben keinen sicheren Ausschluss für eine fortdauernde Amoebiasis bzw. Ascerideninfektion. Es sei von einem bis heute wachsenden Lebercysten- und -abszesskomplex auszugehen, der ein rezidivierendes Amöben-Leberabszessleiden belege, was Professor Dr. H. zutreffend dargelegt habe. Eine Ascarideninfektion habe Professor Dr. H. nur deshalb nicht bestätigt, weil ihm nicht die vollständigen Befunde vorgelegen hätten, insbesondere wohl nicht die Unterlagen der Tropenmedizinischen Untersuchungsstelle. Er habe aber eine dauernde Entzündungsaktivität mit Erhebung der Labormarker TNF-Alpha und Interleukin 10 nachgewiesen. Ebenso seien die später diagnostizierten Infektionen als Berufskrankheit einzubeziehen, denn Mehrfachinfektionen verschiedener Erreger als Huckepackeinschleppung seien bei der vorliegenden Sachlage üblich. Die im Befund vom 28.07.2006 beschriebene Infektion mit Campylobacter müsse er sich in Syrien zugezogen haben, denn in der Untersuchung der Tropenmedizinischen Untersuchungsstelle vom 13.05.1991 finde sich kein Nachweis von Antikörpern gegen Campylobacter. Die Infektion mit Borrelia burgdorferi und dem Epstein-Barr-Virus seien 2006/2007 diagnostiziert worden und mit hoher Wahrscheinlichkeit in Syrien erfolgt. Er sei mit der Begutachtung durch Dr. S. nicht einverstanden gewesen und habe auf sein informationelles Selbstbestimmungsrecht hingewiesen, worauf er vom Vertreter der Beklagten in dem mündlichen Besprechungstermin erpresst worden sei, einen von der Beklagten zertifizierten Gutachter zu akzeptieren. Er beantrage die Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens von Amts wegen oder nach § 109 SGG, eine ergänzende gutachterliche Stellungnahme durch Professor Dr. H. nach § 109 SGG bzw. dessen Vernehmung als ärztlicher Gutachter und die Vernehmung von Dr. S. als Sachverständiger (Schriftsatz vom 24.05.2012). Die Hepatitis A-Erkrankung werde nicht weiter geltend gemacht (Schriftsatz vom 30.01.2012).

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 27.11.2009 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 16.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.08.2007 abzuändern und Infektionskrankheiten wie Helicobacter, Lyme-Borreliose, Campylobacter-Enteritis, Amoebiasis, Entamoeba histolytica, Ascarideninfektion, Helicobacter pylori-Infektion mit Ösophagitis, Borrelia burgdorferi-Infektion, Epstein-Barr-Virus-Infektion sowie als deren Folgen arterielle Hypertonie, psychische Erschöpfungszustände und Nahrungsmittelallergien als Berufskrankheit nach Nr. 3104 der Anlage 1 zur BKV festzustellen und die Beklagte zu verurteilen, Verletztenrente nach einer MdE von wenigstens 50 v.H. zu gewähren, hilfsweise stelle er die Beweisanträge aus dem Schriftsatz vom 24.05.2012 einschließlich der vom Berufungskläger in der Anlage 2 zum Schriftsatz formulierten weiteren Anträge.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist auf das Gutachten von Dr. S. , das schlüssig ergeben habe, dass die Infektion in Syrien mit Amöben und Askariden folgenlos ausgeheilt sei. Das Gutachten von Prof. Dr. H. sei nicht überzeugend. Ein zeitlicher Zusammenhang der Infektionen oder bestimmter Folgeerkrankungen sei nicht ausreichend, um einen wesentlichen Zusammenhang herzustellen.

Der Senat hat Dr. He. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört (schriftliche Aussage vom 17.06.2011).

Die Verwaltungsakten der Beklagten und die Akten des Sozialgerichts sind beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden. Auf diese Unterlagen und auf die vor dem Senat angefallene Akte im Berufungsverfahren wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und insoweit zulässig.

Der Senat geht davon aus, dass der im Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 24.05.2012 neugefasste Antrag insoweit, als nunmehr die Feststellung weiterer Gesundheitsstörungen unmittelbar als Berufskrankheit – und nicht wie zuvor als mittelbare Folge der anerkannten Amoebiasis und Ascariasis – begehrt wird, lediglich der Klarstellung des sinngemäß auch bisher so zu verstehenden Klageantrags dient. Soweit der Antrag jedoch um die Feststellung der weiteren Gesundheitsstörung "Epstein-Barr-Virus-Infektion", die im Antrag der Berufungsschrift vom 19.12.2009 nicht enthalten war, erweitert wurde, handelt es sich um eine Klageänderung im Sinne von § 99 Abs. 1 SGG, die das Gericht nicht für sachdienlich hält. Die Klageänderung betrifft zwar die gleiche Anspruchsgrundlage und bezieht sich auf die bisherige Tatsachengrundlage (Infektionen in Syrien). Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten ist es jedoch keine zulässige Klageerweiterung im Sinne von § 99 Abs. 3 SGG, denn es handelt sich auch um die Änderung des Klagegrundes. Streitgegenstand ist nun eine andere -weitere- Erkrankung. Über diese hat die Beklagte noch nicht entschieden. Im angefochtenen Bescheid ist hierüber nichts erwähnt. Die Klage wäre daher mangels anfechtbarer Ausgangsentscheidung nicht zulässig, was einer endgültigen Streitklärung im vorliegenden Verfahren entgegenstünde. Der geänderte Berufungsantrag ist insoweit mangels Sachdienlichkeit nicht zulässig.

Die Berufung ist jedoch mit dem insoweit zulässigen Berufungsbegehren nicht begründet. Das Sozialgericht hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 16.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.08.2007, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, weitere Gesundheitsstörungen als Berufskrankheit nach Nr. 3104 der Anlage I zur BKV anzuerkennen und dem Kläger Leistungen zu gewähren, ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung der geltend gemachten Gesundheitsstörungen als Tropenkrankheit bzw. als mittelbare Folge anerkannter Berufskrankheiten. Anspruch auf Verletztenrente hat der Kläger ebenfalls nicht.

Im vorliegenden Fall sind noch die bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) anzuwenden, da sich der geltend gemachte Versicherungsfall, das Auftreten der Berufskrankheit, 1994 und somit vor Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 01. Januar 1997 ereignet hatte (§ 212 SGB VII).

Als Arbeitsunfall gilt gem. § 551 Abs. 1 Satz 1 RVO auch eine Berufskrankheit. Berufskrankheiten sind die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als solche bezeichnet und die ein Versicherter bei einer versicherten Tätigkeit erleidet (§ 551 Abs. 1 Satz 2 RVO). Dabei wird die Bundesregierung ermächtigt, solche Krankheiten als Berufskrankheit zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind (§ 551 Abs. 1 Satz 3 RVO). Danach ist nicht die Berufskrankheiten-Verordnung vom 31.10.1997 (BKV), die aufgrund der Vorschriften des SGB VII erlassen worden ist, sondern die bis 30.11.1997 geltende Siebte Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) vom 20.06.1968 zu Grunde zu legen, deren Anlage 1 aber gleichlautend auch in Nr. 3104 Tropenkrankheiten als Berufskrankheit erfasst hatte.

Die Verrichtung einer - grundsätzlich - versicherten Tätigkeit (sachlicher Zusammenhang) muss zu Einwirkungen von Belastungen, Schadstoffen oder Ähnlichem auf den Körper geführt haben (Einwirkungskausalität) und die Einwirkungen müssen eine Krankheit verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität). Die Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung", "Einwirkungen" und "Krankheit" müssen im Sinne des Vollbeweis, also mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit, vorliegen (vgl. BSG Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 9/08 R -, juris).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Sozialgericht zutreffend die Feststellungsklage auf Anerkennung der Infektionskrankheiten Helicobacter, Lyme-Borreliose, Campylobacter-Enteritis sowie arterieller Hypertonie, psychische Erschöpfungszustände und Nahrungsmittelallergien abgewiesen. Der Senat verweist auf die rechtlich nicht zu beanstandenden Ausführungen im angefochtenen Urteil (§ 153 Abs. 2 SGG), denen sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt.

Das teilweise wiederholende Vorbringen im Berufungsverfahren zwingt zu keiner anderen Beurteilung.

Der Senat lässt dahinstehen, ob die Berufung teilweise bereits deshalb unbegründet ist, weil für die beantragte Feststellung der Gesundheitsstörungen Amoebiasis, Entamoeba histolytica und Ascarideninfektion kein Rechtsschutzbedürfnis besteht, weil im angefochtenen Bescheid die Erkrankungen Amoebiasis und Ascariasis festgestellt sind. Der Umstand, dass im angefochtenen Bescheid diese Erkrankungen als folgenlos ausgeheilt bezeichnet werden, ist für die Feststellung des Versicherungsfalls einer Erkrankung belanglos, sondern erlangt erst rechtliche Bedeutung für die Frage, ob bzw. ab wann ein Leistungsfall aufgrund dieser Erkrankung vorliegt, z.B. eine hieraus resultierende rentenrelevante MdE um 20 v.H.

Der Senat ist jedoch mit dem Sozialgericht aufgrund des nachvollziehbaren Gutachtens von Dr. S. , das er im Rahmen des Urkundenbeweises verwertet, zu der Überzeugung gelangt, dass fortbestehende Folgen der Amoebiasis und Ascariasis nicht nachgewiesen sind. Insbesondere ist ein solcher Nachweis durch den als Tropenmediziner über eine besondere Sachkunde verfügende Gutachter Dr. S. unter Einbeziehung des ebenso sachkundigen Labors der Tropenklinik P. Krankenhaus in T., wie auch der besonders sachkundigen Tropenmedizinischen Untersuchungsstelle der GTZ nicht zu führen gewesen. Ein Parasitenbefall ist auch in mehreren anderen Nachuntersuchungen, die durch verschiedene Ärzte veranlasst und durch verschiedene Labors durchgeführt worden sind - wie im Tatbestand des Urteils dargestellt -, ausgeschlossen worden. Dies hat das Sozialgericht im angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt. Für den Senat ist daher wenig überzeugend, dass eine unsachgemäße Erhebung von Stuhlproben oder eine unqualifizierte Anwendung der labormedizinischen Nachweismethoden in allen Fällen zu falsch negativen Ergebnissen geführt haben sollen. Tatsächliche Anhaltspunkte hierfür hat der Kläger auch nicht vorgetragen. Der allgemeine Hinweis auf die (labor-) medizinisch gebotene Sorgfalt zur Vermeidung der vom Kläger ausgeführten Fehleranfälligkeiten gibt keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen. Sein Hinweis auf die generelle eingeschränkte Aussagekraft von Laborbefunden bei tropischen Infektionskrankheiten unter Bezugnahme auf einschlägige medizinische Leitlinien geht insoweit fehl, als damit ein positiver Nachweis einer noch akut andauernden Infektionskrankheit auch nicht geführt ist. Andererseits stützt Dr. S. seine Beurteilung nicht allein auf den labormedizinischen Befund, sondern auch auf das aus dem aktenkundigen medizinischen Unterlagen ersichtliche klinische Bild und auf die vom Kläger selbst vorgetragene Beschwerdesymptomatik, wonach jedenfalls die nach 1996 aufgetretenen Darmbeschwerden und Durchfälle nicht mit einer Amoebiasis übereinstimmten. Auch die klinische Symptomatik für einen Leberabszess lag nicht vor. Ein Leberabszess als häufige Folge einer Amoebiasis ist beim Kläger zu keinem Zeitpunkt diagnostiziert worden. Soweit der Kläger auf die auch von Dr. S. diagnostizierte Lebercyste verweist, die sich wohl weiter ausgebreitet hat, wurde damit keine Folge einer Amoebiasis beschrieben, wie sich dem Gutachten von Dr. S. entnehmen lässt. Dies steht in Übereinstimmung mit der medizinischen Lehrmeinung (vgl. Pschyrembel online -Klinisches Wörterbuch-, Stichwort "Leberabszess", wo Lebercysten ausdrücklich als Differenzialdiagnosen zum Leberabszess genannt sind), weshalb die gutachtlichen Darlegungen von Dr. S. den Senat überzeugen. Ob in dessen Gutachten die Krankheitsentwicklung des Klägers in Syrien nicht vollständig wiedergegeben worden ist, weil jeweils trotz medikamentöser Behandlung noch positive Laborbefunde zu einem Wurm- und Amöbenbefall erhoben worden sind, ist insoweit nicht entscheidungserheblich. Denn die gutachterliche Schlussfolgerung, dass letztlich der Parasitenbefall erfolgreich therapiert worden ist, ist auf die eigene Untersuchung des Gutachters und seine überzeugende Würdigung auch der nach dem Syrienaufenthalt erhobenen, aktenkundigen Befunde gestützt, wie oben dargelegt.

Die Feststellung einer Gesundheitsstörung "Helicobacter, Helicobacter pylori-Infektion mit Ösophagitis" als Berufskrankheit nach Nr. 3104 scheitert, wie das Sozialgericht im angefochtenen Urteil zutreffend ausführt, daran, dass die Helicobacter pylori-Infektion eine weltweite Verbreitung hat und nicht nahezu ausschließlich in den Tropen oder Subtropen auftritt. Das Tatbestandsmerkmal "Tropenkrankheit" der Berufskrankheit-Nr. 3104 ist daher nicht erfüllt. Darüber hinaus ist nicht mit an hinreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die zwar erstmals 1994 in Syrien diagnostizierte Helicobacter-Infektion auch in Syrien erfolgt ist. Eine hinreichend wahrscheinliche Einwirkungskausalität ist somit nicht belegt. Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt (vgl. BSGE 45, 286); eine Möglichkeit verdichtet sich dann zur Wahrscheinlichkeit, wenn nach der herrschenden medizinisch wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den ursächlichen Zusammenhang spricht (BSGE 60, 58 m.w.N.). Ein wahrscheinlicher Zusammenhang zwischen der nachgewiesenen Einwirkung durch Helicobacter und der versicherten Tätigkeit in Syrien ist nach den Darlegungen von Dr. S. nicht mit dem deutlichen Übergewicht gegenüber der Möglichkeit eines anderen denkbaren Zusammenhangs anzunehmen. Denn aufgrund der weiten Verbreitung der Helicobacter-Infektion auch in den Industrienationen und aufgrund des Geburtsjahrgangs des Klägers ist nach der von Dr. S. mitgeteilten medizinischen Erfahrung eher von einer bereits in Deutschland erfolgten Infektion des der unmittelbaren Nachkriegsgeneration angehörenden Klägers auszugehen, der darüber hinaus auch bereits vor seinem Syrienaufenthalt vor 1993 sich privat bei Urlaubsreisen in den Tropen bzw. Subtropen aufgehalten hat, was seinen Angaben bei der Untersuchung durch Dr. S. zu Urlaubsreisen in die dort genannten Länder entnommen werden kann. Damit sprechen nicht mehr Umstände für als gegen den beruflichen Zusammenhang. Ein Kausalzusammenhang ist insbesondere nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Schließlich liegen aktuell keine Helicobacterbesiedelungen mehr vor, wie den Befunden von Prof. Dr. W. vom 25.09.2006 (Bl. 271 LSG-Akte) und von Dr. Hö. vom 27.01.2011 (Bl. 273 LSG-Akte) entnommen werden kann.

Die nach eigenem Vorbringen des Klägers erstmals 2006 diagnostizierte Borrelien-Infektion ist ebenso wenig mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf die 1993-1996 ausgeübte versicherte Tätigkeit in Syrien zurückzuführen. Abgesehen davon, dass diese Infektion nach den überzeugenden Ausführungen von Dr. S. nicht hinreichend sicher nachgewiesen ist, worauf das Sozialgericht im angefochtenen Urteil mit überzeugender Begründung abgestellt hat, liegen auch keinerlei Anhaltspunkte vor, die eine der Diagnosestellung um 10 Jahre vorausgehende Infektion in Syrien zu begründen vermögen. Eine Infektion mit Borrelien in Deutschland ist nicht ungewöhnlich, worauf Dr. S. mit Verweis auf die ebenso ubiquitär vorkommende Lyme- Borreliose überzeugend abstellt. Allein die Behauptung des Klägers, eine "Huckepackeinschleppung" mehrerer Erreger sei bei tropischen Infektionskrankheiten üblich, vermag einen solchen Zusammenhang nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit herzustellen. Ob überhaupt eine tropische Borrelieninfektion (vgl. das Merkblatt zur Berufskrankheit Nr. 3104, Lfd Nr. 3 des Anhangs, BArbBl. 7/2005, S. 48ff) anzunehmen wäre, kann dahinstehen, wenngleich Dr. S. das Beschwerdebild einer (Lyme-)Borreliose beim Kläger gerade nicht hat diagnostizieren können. Nach Angaben des Klägers bei der Untersuchung durch Dr. S. hielt er sich auch während seines Syrien-Aufenthalts bei privaten Urlaubsreisen für Tage bis Wochen noch in anderen südlichen Ländern auf. Auf eine akute Infektion hinweisende Umstände, wie z.B. einen Zecken- oder Nagetierbiss oder Kleiderlausbefall, sind vom Kläger nicht vorgetragen worden. Gleiches träfe auf die vom Kläger mit insoweit unzulässiger Berufung geltend gemachte Feststellung einer Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus zu, der durch Professor Dr. Se. erstmals 2007 diagnostiziert worden sein soll.

Die begehrte Feststellung einer Campylobacter-Enteritis als Tropenerkrankung scheitert bereits daran, dass es sich nach Dr. S. auch insoweit um eine ubiquitär vorkommende Erkrankung handelt, die der Einstufung als Tropenkrankheit entgegensteht. Darüber hinaus ist eine solche Infektion nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen. Insoweit verweist der Senat auf die Darlegungen im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts. Der anlässlich der Begutachtung des Klägers durch Dr. S. erhobene Laborbefund der Tropenklinik T. vom 06.07. und 07.07.2006 ergab keinen Nachweis von Campylobacter spp, wie im Gutachten ausdrücklich ausgeführt ist. Das Berufungsvorbringen des Klägers, die von Prof. Se. im Juli 2006 erfolgte "neue Befundung" für eine Infektion mit Campylobacter müsse auf den Aufenthalt in Syrien bezogen werden, weil eine solche Infektion von der Tropischen Untersuchungsstelle im Befund vom 13.05.1991 nicht aufgeführt worden sei, führt zu keiner anderen Beurteilung. Der im Klageverfahren vorgelegte Laborbefund von Professor Dr. Se. vom 27.07.2006 enthält entgegen dem Vorbringen des Klägers keinen Hinweis auf eine Campylobacter-Infektion. Darüber hinaus wäre eine im Jahr 2006 diagnostizierte Infektion nicht mit dem erforderlichen Grad der Wahrscheinlichkeit auf den Aufenthalt von 1993-1996 in Syrien zurückzuführen. Der im Auftrag von Heilpraktiker E. eingeholte Befund der Laborgemeinschaft Dres. St. und Si. , M. , vom 12.02.1998 enthält ebenso noch keinerlei Hinweise auf das Vorliegen von Antikörpern oder sonstiger Zeichen einer Infektionserkrankung, weshalb das medizinische Labor seinen Bericht mit der Anmerkung versehen hatte: Unauffällige Ergebnisse ohne Hinweis auf eine mukokutane oder systemische, latente oder auch manifeste Infektion. Auch sonst finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass ein im Juli 2006 erhobener Befund auf eine mindestens 10 Jahre zuvor erfolgte Infektion in Syrien zurückgeführt werden kann.

Eine Schistosomeninfektion war nicht Streitgegenstand geworden; die Ausführungen im Schreiben des Klägers vom 28.06.2012 sind daher unbeachtlich. Darüber hinaus ist der vom Kläger angeführte Laborbefund vom 07.07.2006 (Bl. 261, 262 LSG-Akte) nicht positiv für Schistosomeneier im Urin oder für einen serologischen Nachweis einer bestehenden oder abgelaufenen schistosomenbedingte Bilharziose.

Da keine akuten, im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit des Klägers stehende Tropenkrankheiten nachgewiesen sind, kann dahinstehen, ob die vom Kläger geltend gemachten Gesundheitsstörungen arterielle Hypertonie, psychische Erschöpfungszustände und Nahrungsmittelallergie nachweislich vorliegen. Als mittelbare Folgen einer feststellungsfähigen Tropenkrankheit kommen sie nicht in Betracht, worauf bereits Dr. S. überzeugend hingewiesen hat.

Das Gutachten von Professor Dr. H. ist dagegen nicht überzeugend. Selbst wenn die von ihm dargelegte erhöhte chronische Entzündungsaktivität vorliegen sollte, die Dr. S. noch verneint hatte, ist damit eine noch (sub)akut wirkende Amoebiasis nicht überzeugend begründet. Auf die widersprüchliche Diagnosestellung "Zustand nach" für die von Professor Dr. H. genannten unterschiedlichen Infektionskrankheiten einerseits und der gleichwohl angenommenen noch akuten Auswirkungen hat das Sozialgericht bereits zutreffend hingewiesen. Darüber hinaus hat der Sachverständige nicht nachvollziehbar abgegrenzt, weshalb die seiner Auffassung nach eine erhöhte Entzündungsaktivität anzeigenden Labormarker sich allein oder wesentlich mitursächlich auf die Diagnose Z.n. Amoebiasis bezieht. Die Diagnose Z.n. Helicobacter pylori mit Ösophagitis ist weder als Tropenkrankheit anzusehen noch wäre sie mit hinreichender Sicherheit auf die versicherte Tätigkeit zu beziehen, weshalb sie als mögliche Ursache der – unterstellten – erhöhten Entzündungsaktivität für den vorliegenden Rechtsstreit ohne rechtlichen Belang ist. Ebenso wenig ist von Professor Dr. H. begründet worden, weshalb die von ihm diagnostizierten Lebercysten, die gegenüber dem von Dr. S. erhobenen Befund zugenommen haben, auf seine Diagnose eines Z.n. Amoebiasis zurückzuführen sind.

Ein Anspruch auf Verletztenrente besteht wegen der anerkannten Berufskrankheit nicht. Der Senat lässt dahinstehen, ob auch insoweit die RVO oder nach dem Übergangsrecht gemäß § 214 Abs. 3 SGB VII doch SGB VII anwendbar ist, weil für einen früheren Versicherungsfall die Rente erstmals nach Inkrafttreten des SGB VII festzusetzen wäre. Sowohl nach § 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO wie auch nach § 56 SGB VII wird eine Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung in der dem Grad der Erwerbsminderung entsprechenden Höhe gewährt, wenn und solange ein Versicherter in Folge eines Versicherungsfalls in seiner Erwerbsfähigkeit um wenigstens 20 v. H. gemindert ist. Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger nicht vor. Die auf seine Gesundheitsstörungen zurückzuführenden Funktionseinschränkungen sind keine Folge einer Berufskrankheit.

Der Senat sieht keine Veranlassung zu weiteren Ermittlungen. Die Beweisanträge des Klägers werden abgelehnt. Der Senat sieht sich an der Verwertung des Gutachtens von Dr. S. nicht gehindert. Ein Verstoß gegen das Gutachterauswahlrecht nach § 200 Abs. 2 SGB VII ist nicht ersichtlich, unabhängig davon, ob ein solcher Verstoß ein Verwertungsverbot begründen würde. Nach dem aktenkundigen Protokoll zum Besprechungstermin am 23.05.2006 in Karlsruhe (Dienstreisebericht) wurde in Anwesenheit des Klägers durch den damaligen Klägerbevollmächtigten das Einverständnis mit einer Begutachtung im P. -Krankenhaus erklärt, nachdem zuvor auch andere Kliniken (z.B. Tropenklinik in H. ) und Gutachter angesprochen worden waren. Daraus ergibt sich, dass die Gutachtenserstattung durch einen Arzt dieser Klinik, ohne dass er persönlich benannt werden musste, genehmigt war. Eine "erpresste" Zustimmung, wie vom Kläger vorgetragen, ist dem Verwaltungshandeln der Beklagten nicht zu entnehmen, denn verständlicherweise besteht die Behörde auf der Einschaltung sachkompetenter Ärzte. Außerdem könnte ein Verfahrensfehler nicht mehr gerügt werden. Das Besprechungsprotokoll war dem Klägerbevollmächtigten übersandt worden. Fehler wurden nicht gerügt, auch nicht nach Bekanntgabe des Gutachtensauftrages oder nach Abschluss der gutachterlichen Untersuchungen. Diesbezügliche Einwände wurden bis zum Ende des Verwaltungsverfahrens keine erhoben, weshalb die Rüge im nachfolgenden Verfahren ausgeschlossen ist (vgl. BSG, Urteil vom 20.07.2010 B 2 U 17/09 R , juris). Ein Verstoß gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht ist weder im Verwaltungsverfahren noch im sozialgerichtlichen Verfahren gerügt worden. Vielmehr hatte sich der Kläger ausdrücklich mit der Einsichtnahme und Bekanntgabe ärztlicher Untersuchungsbefunde einverstanden erklärt. Darüber hinaus wäre eine bislang nicht hinreichend konkretisierte Rüge nach § 200 Abs. 2, 2. HS. SGB VII im Berufungsverfahren präkludiert (vgl. Urteil des Senats vom 25.02.2011 - L 8 U 2815/10 -, juris).

Die vom Kläger beantragte Einholung eines weiteren Gutachtens ist nicht erforderlich. Das Gutachten von Dr. S. ist aus den oben angeführten Gründen überzeugend.

Ebenso wenig besteht Anlass zur Einholung eines weiteren Gutachtens nach § 109 SGG, nachdem bereits das Gutachten von Professor Dr. H. vom Sozialgericht eingeholt worden ist. Das Antragsrecht ist damit verbraucht. Gründe, die eine grundsätzlich nicht gebotene wiederholende Begutachtung nach § 109 SGG (vgl. Keller in Meyer Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 109 RdNr. 10b) rechtfertigen, sind nicht überzeugend vorgetragen. Eine nochmalige Anhörung von Professor Dr. H. nach § 109 SGG kann ebenso wenig beansprucht werden. Die Behauptung des Klägers, Dr. H. seien nicht alle Unterlagen zur Verfügung gestanden, entbehrt der tatsächlichen Grundlage, denn das Sozialgericht hatte alle Akten dem Sachverständigen zur Gutachtenserstattung übersandt, insbesondere war in den versandten Akten das auch die Laborbefunde der Tropenmedizinischen Untersuchungsstelle wiedergebende Gutachten von Dr. S. enthalten. Eine Anforderung des Sachverständigen an das Gericht, weitere Unterlagen beizuziehen, ist nicht ergangen.

Eine ergänzende Anhörung von Professor Dr. H. oder von Dr. S. war auch von Amts wegen nicht zu veranlassen.

Zwar steht einem Beteiligten nach § 116 SGG i.V.m. §§ 402, 397 ZPO das Recht zu, dem Sachverständigen diejenigen Fragen vorlegen zu lassen, die er zur Aufklärung der Sache als dienlich erachtet. Das Gericht kann den Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens zum Termin laden (§ 118 SGG, § 411 Abs. 3 ZPO). Dabei müssen die dem Sachverständigen zu stellenden Fragen vom Beteiligten nicht formuliert werden. Es reicht aus, die erläuterungsbedürftigen Punkte hinreichend konkret zu bezeichnen. Die Sachdienlichkeit einer angekündigten Frage ist insbesondere dann zu bejahen, wenn sich die Frage im Rahmen des Beweisthemas hält und nicht abwegig oder bereits eindeutig beantwortet ist; andernfalls kann das Begehren rechtsmissbräuchlich sein (BSG, Beschluss vom 19.11.2009 - B 13 R 247/09 B -, Juris).

Die schriftliche oder mündliche ergänzende Befragung des Gutachters Dr. S. oder des Sachverständigen Professor Dr. H. ist nicht geboten, denn entscheidungserhebliche, aufklärungsbedürftige Lücken der Gutachtenserstattung sind für den Senat nicht erkennbar und hat der Kläger nicht substantiiert vorgetragen, insbesondere sind die - im Übrigen auch nicht hinreichend konkret - benannten Punkte des in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Schreibens des Klägers vom 28.06.2012 nicht sachdienlich in diesem Sinne. Darüber hinaus ist nach den zitierten Vorschriften Dr. S. nicht ergänzend als Sachverständiger zu hören, denn er ist als Verwaltungsgutachter und nicht als gerichtlich bestellter Sachverständiger tätig geworden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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