Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 12 R 448/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 8/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 124/12 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zum Nachweis polnischer Beitragszeiten nach dem FRG (6/6 Anerkennung)..
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 19.11.2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob bei dem Kläger die Zeit vom 01.06.1978 bis 01.12.1987 als nachgewiesene Beitragszeit zu bewerten ist und somit mit 6/6 statt wie bisher mit 5/6 von der Beklagten bei der Berechnung der Rente wegen Altersteilzeit zu berücksichtigen ist.
Der 1941 geborene Kläger ist am 06.08.1989 aus Polen in die Bundesrepublik Deutschland zugezogen.
Im Rahmen der Ermittlung von Beitragszeiten übermittelte der polnische Sozialversicherungsträger Zeiten nach dem Abkommen vom 09.10.1975, nämlich mit Datum 19.12.1996, 12.05.1997 und zuletzt vom 05.01.2005.
Am 15.10.2003 beantragte der Kläger eine Altersrente nach Altersteilzeit. Mit Bescheid vom 04.02.2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger Altersrente ab 01.01.2004 in Höhe von 982,01 EUR. Die Zeiten vom 01.06.1978 bis 01.12.1987 wurden zu 5/6 anerkannt, weil sie als glaubhaft gemacht galten.
Mit Schreiben vom 23.03.2004 beantragte der Kläger die Überprüfung des Rentenbescheides hinsichtlich der Zeiten vom 01.07.1958 bis 01.12.1987, da diese nur mit 5/6 angerechnet worden seien.
Zuletzt mit Schreiben vom 05.01.2005 bestätigte der polnische Sozialversicherungsträger weitere Zeiten. Mit Bescheid vom 09.09.2005 stellte die Beklagte die Altersrente ab 01.01.2004 neu fest und zwar mit einem Zahlbetrag von 1.021,73 EUR. Die Rente wurde unter Berücksichtigung der Zeit vom 02.11.1956 bis 24.05.1958 (Berufsausbildung, Anrechnung zu 5/6) und von Zeiten im Zeitraum vom 01.08.1970 bis 31.05.1978 neu festgestellt (selbständige Tätigkeit als Taxifahrer, Anrechnung zu 6/6).
Mit Bescheid vom 31.03.2004 teilte die Beklagte mit, dass die Anerkennung weiterer vor dem 02.12.1987 zurückgelegter Zeiten als nachgewiesene Beitragszeit nicht möglich sei, weil eine ungekürzte Anerkennung der Beitragszeiten erst ab dem Ausstellungsdatum des Legimitationsbuches möglich sei; dieses sei erst am 02.12.1987 ausgestellt worden. Dagegen legte der Kläger zur Niederschrift am 24.06.2006 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 08.07.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) Würzburg mit Schreiben vom 26.07.2004 erhoben. Vorgelegt hat der Kläger erneut die Bescheinigung des polnischen Sozialversicherungsträgers vom 05.01.2005. Im Wesentlichen hat er weiter vorgetragen, in der vorgelegten Bestätigung habe der Rentenversicherungsträger bestätigt, dass auch während sämtlicher Zeiten der Krankheit die Pflichtversicherungsbeiträge durch den Arbeitgeber des Klägers fort entrichtet worden seien. Nach der Bescheinigung des polnischen Sozialversicherungsträgers war der Kläger vom 08.06.1973 bis 31.07.1989 als Kraftfahrer in einem Speditions- und Transportunternehmen beschäftigt.
Die Beklagte hat daraufhin erwidert, dass bei Arbeitsunfähigkeit zwar Anspruch auf Krankengeld bestanden habe, Beiträge seien dafür jedoch nicht entrichtet worden.
Im Erörterungstermin am 11.10.2007 hat der Kläger erklärt, dass streitgegenständlich lediglich noch die Zeit vom 01.06.1978 bis 01.12.1987 sei.
Im Erörterungstermin am 18.05.2009 hat das SG den Zeugen Herrn C. als Zeugen vernommen. Der Zeuge hat erklärt, er sei mit dem Kläger vom 13.09.1977 bis 03.09.1987 bei dem gemeinsamen Arbeitgeber beschäftigt gewesen. Er hat u.a. angegeben, er wisse nicht, ob der Kläger, wenn er den Bus einmal nicht gesteuert habe, Urlaub gehabt habe oder krank gewesen sei.
Das SG hat weiter eine schriftliche Zeugenaussage von dem Zeugen L. S., der in Polen lebt, eingeholt. Dieser hat am 19.08.2009 erklärt, er habe mit dem Kläger von 1974 bis 1989 in demselben Betrieb als Lastkraftwagenfahrer gearbeitet, er könne sich nicht mehr erinnern, wann der Kläger Urlaub gehabt habe oder krank geschrieben gewesen sei.
Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 19.11.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Zu Recht habe die Beklagte den Überprüfungsantrag gemäß § 44 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) abgelehnt, denn der Rentenbescheid vom 04.02.2004, abgeändert durch den Bescheid vom 09.09.2005, der nach § 96 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Klageverfahrens geworden sei, sei hinsichtlich der Anrechnung der streitbefangenen polnischen Versicherungszeiten vom 01.06.1978 bis 01.12.1987 nicht zu beanstanden.
Die Zeit vom 01.06.1978 bis 01.12.1987 sei lediglich als glaubhaft gemachte Zeit zu berücksichtigen. Der erforderliche Nachweis einer durchgehenden Belegung sei nicht erbracht. Das Legitimationsbuch sei für den genannten Zeitraum nicht vorhanden. Die Bestätigung der Beschäftigungszeiten durch den polnischen Rentenversicherungsträger stelle keinen Nachweis für eine lückenlose Beschäftigung dar, weil in diesen Unterlagen lediglich Ende und Beginn der Beschäftigungszeiten ausgewiesen seien, ohne dass erkennbar wäre, ob und ggf. in welchem zeitlichen Umfang Arbeitsunterbrechungen aufgrund von Krankheitszeiten, bezahlten oder unbezahlten Urlaub etc. erfolgt seien.
Auch die Aussagen der ehemaligen Arbeitskollegen C. und S. seien nicht geeignet, die Kammer davon zu überzeugen, dass der Kläger in der Zeit vom 01.06.1978 bis 01.12.1987 seiner Arbeit ohne Unterbrechungszeiten nachgegangen sei. Der Zeuge C. habe zwar zunächst erklärt, der Kläger habe keine krankheitsbedingten Fehlzeiten gehabt, habe dann aber auf Nachfrage eingeräumt, er wisse nicht, ob der Kläger während seiner (des Zeugen) urlaubs- oder krankheitsbedingten Abwesenheit vom Arbeitsplatz möglicherweise krank gewesen sei oder Urlaub gehabt habe. Er wisse auch nicht, ob der Kläger, wenn er seine Tätigkeit als Busfahrer einmal nicht ausgeübt habe, Urlaub gehabt oder krank gewesen sei. Die Aussage des Herrn C. erweise sich somit als in sich widersprüchlich und sei als nicht glaubhaft zu beurteilen. Die Behauptung des Klägers, er sei vom 01.06.1978 bis 01.12.1987 nie der Arbeit ferngeblieben, habe durch Herrn S. nicht bestätigt werden können, denn dieser habe mitgeteilt, er könne sich nach so langer Zeit nicht mehr erinnern, wann der Kläger krank geschrieben gewesen oder urlaubsbedingt nicht zur Arbeit erschienen sei.
Zur Begründung der hiergegen beim Bayer. Landessozialgericht eingelegten Berufung hat der Kläger erneut die Bestätigungen des polnischen Rentenversicherungsträgers vom 05.01.2005, 12.05.1997 sowie eine Bestätigung der Polizei vom 27.05.2009 vorgelegt, dass ihm das Legitimationsbuch gestohlen worden und deshalb im Jahre 1987 neu ausgestellt worden sei. In der mündlichen Verhandlung am 15.12.2012 hat er weiter vorgetragen, der Bestätigung des polnischen Versicherungsträgers sei zu entnehmen, dass im streitgegenständlichen Zeitraum Beiträge geleistet worden seien.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 19.11.2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 31.03.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.07.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 04.02.2004, geändert durch Bescheid vom 09.09.2005 abzuändern und die Zeit vom 01.06.1978 bis 01.12.1987 als nachgewiesene Beitragszeit zu 6/6 anzurechnen und die Altersrente neu festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 19.11.2009 zurückzuweisen.
Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Rentenakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG), jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht festgestellt, dass die Zeit vom 01.06.1978 bis 01.12.1987 lediglich als glaubhaft gemachte Beitragszeit zu berücksichtigen ist.
Gemäß § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Im Fall der Rücknahme verpflichtet § 44 Abs 4 SGB X den Sozialleistungsträger, die zu Unrecht nicht erbrachten Sozialleistungen längstens für vier Kalenderjahre vor dem Antrag des Leistungsempfängers zu erbringen.
Die Rentenbescheide der Beklagten vom 04.02.2004 und 09.09.2005 sind jedoch rechtmäßig.
Für die in Polen zurückgelegten Versicherungszeiten ist das deutsch-polnische Sozialversicherungsabkommen 1974 - DPSVA 1975 - maßgeblich. Dieses ist auf den Kläger trotz des inzwischen in Kraft getretenen DPSVA vom 08.12.1990 nach dessen Art 27 Abs 2 weiterhin anzuwenden, weil der Kläger seinen Wohnsitz seit 1989 im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland hat und die in Polen vor dem 01.01.1991 erworbenen Ansprüche und Anwartschaften durch das neue Abkommen nicht berührt werden. Nach Art 4 Abs 2 DPSVA 1975 berücksichtigt der Rentenversicherungsträger des Staates, in dem der Berechtigte wohnt, Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten und diesen gleichgestellten Zeiten im anderen Staat so, als ob sie in seinem Staatsgebiet zurückgelegt worden wären. Gemäß Art 2 Abs 1 des Zustimmungsgesetzes zum DPSVA 1975 vom 12.03.1976 (BGBl II Nr 15 vom 16.03.1976, 393) idF durch Art 20 Nr 2 und 3 des Rentenreformgesetzes 1992 - RRG 1992 - vom 18.12.1989 (RRG 1992, BGBl I 2261) idF durch Art 20 des RRG 1999 vom 16.12.1997 (BGBl I 3035) werden die Zeiten, die nach dem polnischen Recht der Rentenversicherung zu berücksichtigen sind, in Anwendung des Fremdrentengesetzes - FRG - und des Fremdrenten- und Auslandsrentenneuregelungsgesetzes - FANG - berücksichtigt.
Gemäß § 15 Abs 1 FRG stehen die bei einem nicht deutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegten Beitragszeiten inländischen Beitragszeiten gleich. Für die Feststellung derartiger Beitragszeiten genügt es gemäß § 4 Abs 1 FRG, dass sie glaubhaft gemacht werden. Eine Tatsache ist dann glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (§ 4 Abs 1 Satz 2 FRG).
Gemäß § 22 Abs 3 FRG sind jedoch für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, die ermittelten Entgeltpunkte um 1/6 zu kürzen. Diese Kürzung beruht auf der durch statistische Untersuchungen gewonnenen Erfahrung, dass auch die durchschnittliche Beitragsdichte im Bundesgebiet nur diesem Umfang von 5/6 entspricht (BSG SozR 5050 § 15 Nrn 4 und 16 mwN). Um eine Besserstellung des fremdrentenberechtigten Personenkreises gegenüber in Deutschland rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmern zu vermeiden, muss eine höhere Beitragsdichte bezüglich etwaiger Fremdrentenzeiten jeweils im Einzelfall nachgewiesen sein. Der Nachweis ist im Sinne eines Vollbeweises zu führen. Ein solcher liegt erst vor, wenn für das Vorliegen der behaupteten rechtserheblichen Tatsachen ein derart hoher, an Gewissheit grenzender Grad an Wahrscheinlichkeit spricht, dass sämtliche begründeten Zweifel demgegenüber aus der Sicht eines vernünftigen, die Lebensverhältnisse klar überschauenden Menschen vollständig zu schweigen haben. Es darf also kein vernünftiger, den Umständen des Einzelfalles begründeter Zweifel mehr bestehen (BSGE 6, 144, BayLSG vom 26.07.2006 - L 16 R 100/02 mwN).
Mit den von dem Kläger vorgelegte Bescheinigungen - und auch schon im Verwaltungsverfahren vorliegenden Bescheinigungen - des polnischen Sozialversicherungsträgers, insbesondere der vom 05.01.2005 kann der erforderlicher Nachweis nicht erbracht werden, dass während der streitigen Zeiten keine relevanten Unterbrechungen vorgelegen haben. Vielmehr enthalten diese lediglich nur Rahmenangaben, aber keine Aussagen über krankheits- oder urlaubsbedingte Unterbrechungen. Spalte 3 enthält zwar den Begriff "Beitragszeiten". Dies bedeutet jedoch lediglich, dass in diesem Zeitraum eine beitragspflichtige Beschäftigung vorgelegen hat, weist aber nicht eine ununterbrochene Beitragsentrichtung nach. Dafür dient im Regelfall das Legitimationsbuch, das im Fall des Klägers jedoch erst für die Zeit ab 1987 vorliegt.
Ein Nachweis, dass keine wesentlichen Unterbrechungszeiten durch Arbeitsunfähigkeit oder Urlaub stattgefunden haben, kann auch durch Zeugenaussagen erbracht werden. Allerdings schließt sich der Senat dem SG an, dass ein solcher Nachweis durch die Aussagen der Zeugen C. und S. nicht geführt worden ist. Insofern wird in vollem Umfang auf die Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen gemäß § 153 Abs 2 SGG verwiesen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Würzburg vom 19.11.2009 war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob bei dem Kläger die Zeit vom 01.06.1978 bis 01.12.1987 als nachgewiesene Beitragszeit zu bewerten ist und somit mit 6/6 statt wie bisher mit 5/6 von der Beklagten bei der Berechnung der Rente wegen Altersteilzeit zu berücksichtigen ist.
Der 1941 geborene Kläger ist am 06.08.1989 aus Polen in die Bundesrepublik Deutschland zugezogen.
Im Rahmen der Ermittlung von Beitragszeiten übermittelte der polnische Sozialversicherungsträger Zeiten nach dem Abkommen vom 09.10.1975, nämlich mit Datum 19.12.1996, 12.05.1997 und zuletzt vom 05.01.2005.
Am 15.10.2003 beantragte der Kläger eine Altersrente nach Altersteilzeit. Mit Bescheid vom 04.02.2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger Altersrente ab 01.01.2004 in Höhe von 982,01 EUR. Die Zeiten vom 01.06.1978 bis 01.12.1987 wurden zu 5/6 anerkannt, weil sie als glaubhaft gemacht galten.
Mit Schreiben vom 23.03.2004 beantragte der Kläger die Überprüfung des Rentenbescheides hinsichtlich der Zeiten vom 01.07.1958 bis 01.12.1987, da diese nur mit 5/6 angerechnet worden seien.
Zuletzt mit Schreiben vom 05.01.2005 bestätigte der polnische Sozialversicherungsträger weitere Zeiten. Mit Bescheid vom 09.09.2005 stellte die Beklagte die Altersrente ab 01.01.2004 neu fest und zwar mit einem Zahlbetrag von 1.021,73 EUR. Die Rente wurde unter Berücksichtigung der Zeit vom 02.11.1956 bis 24.05.1958 (Berufsausbildung, Anrechnung zu 5/6) und von Zeiten im Zeitraum vom 01.08.1970 bis 31.05.1978 neu festgestellt (selbständige Tätigkeit als Taxifahrer, Anrechnung zu 6/6).
Mit Bescheid vom 31.03.2004 teilte die Beklagte mit, dass die Anerkennung weiterer vor dem 02.12.1987 zurückgelegter Zeiten als nachgewiesene Beitragszeit nicht möglich sei, weil eine ungekürzte Anerkennung der Beitragszeiten erst ab dem Ausstellungsdatum des Legimitationsbuches möglich sei; dieses sei erst am 02.12.1987 ausgestellt worden. Dagegen legte der Kläger zur Niederschrift am 24.06.2006 Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 08.07.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Dagegen hat der Kläger Klage zum Sozialgericht (SG) Würzburg mit Schreiben vom 26.07.2004 erhoben. Vorgelegt hat der Kläger erneut die Bescheinigung des polnischen Sozialversicherungsträgers vom 05.01.2005. Im Wesentlichen hat er weiter vorgetragen, in der vorgelegten Bestätigung habe der Rentenversicherungsträger bestätigt, dass auch während sämtlicher Zeiten der Krankheit die Pflichtversicherungsbeiträge durch den Arbeitgeber des Klägers fort entrichtet worden seien. Nach der Bescheinigung des polnischen Sozialversicherungsträgers war der Kläger vom 08.06.1973 bis 31.07.1989 als Kraftfahrer in einem Speditions- und Transportunternehmen beschäftigt.
Die Beklagte hat daraufhin erwidert, dass bei Arbeitsunfähigkeit zwar Anspruch auf Krankengeld bestanden habe, Beiträge seien dafür jedoch nicht entrichtet worden.
Im Erörterungstermin am 11.10.2007 hat der Kläger erklärt, dass streitgegenständlich lediglich noch die Zeit vom 01.06.1978 bis 01.12.1987 sei.
Im Erörterungstermin am 18.05.2009 hat das SG den Zeugen Herrn C. als Zeugen vernommen. Der Zeuge hat erklärt, er sei mit dem Kläger vom 13.09.1977 bis 03.09.1987 bei dem gemeinsamen Arbeitgeber beschäftigt gewesen. Er hat u.a. angegeben, er wisse nicht, ob der Kläger, wenn er den Bus einmal nicht gesteuert habe, Urlaub gehabt habe oder krank gewesen sei.
Das SG hat weiter eine schriftliche Zeugenaussage von dem Zeugen L. S., der in Polen lebt, eingeholt. Dieser hat am 19.08.2009 erklärt, er habe mit dem Kläger von 1974 bis 1989 in demselben Betrieb als Lastkraftwagenfahrer gearbeitet, er könne sich nicht mehr erinnern, wann der Kläger Urlaub gehabt habe oder krank geschrieben gewesen sei.
Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 19.11.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Zu Recht habe die Beklagte den Überprüfungsantrag gemäß § 44 Abs 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) abgelehnt, denn der Rentenbescheid vom 04.02.2004, abgeändert durch den Bescheid vom 09.09.2005, der nach § 96 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Klageverfahrens geworden sei, sei hinsichtlich der Anrechnung der streitbefangenen polnischen Versicherungszeiten vom 01.06.1978 bis 01.12.1987 nicht zu beanstanden.
Die Zeit vom 01.06.1978 bis 01.12.1987 sei lediglich als glaubhaft gemachte Zeit zu berücksichtigen. Der erforderliche Nachweis einer durchgehenden Belegung sei nicht erbracht. Das Legitimationsbuch sei für den genannten Zeitraum nicht vorhanden. Die Bestätigung der Beschäftigungszeiten durch den polnischen Rentenversicherungsträger stelle keinen Nachweis für eine lückenlose Beschäftigung dar, weil in diesen Unterlagen lediglich Ende und Beginn der Beschäftigungszeiten ausgewiesen seien, ohne dass erkennbar wäre, ob und ggf. in welchem zeitlichen Umfang Arbeitsunterbrechungen aufgrund von Krankheitszeiten, bezahlten oder unbezahlten Urlaub etc. erfolgt seien.
Auch die Aussagen der ehemaligen Arbeitskollegen C. und S. seien nicht geeignet, die Kammer davon zu überzeugen, dass der Kläger in der Zeit vom 01.06.1978 bis 01.12.1987 seiner Arbeit ohne Unterbrechungszeiten nachgegangen sei. Der Zeuge C. habe zwar zunächst erklärt, der Kläger habe keine krankheitsbedingten Fehlzeiten gehabt, habe dann aber auf Nachfrage eingeräumt, er wisse nicht, ob der Kläger während seiner (des Zeugen) urlaubs- oder krankheitsbedingten Abwesenheit vom Arbeitsplatz möglicherweise krank gewesen sei oder Urlaub gehabt habe. Er wisse auch nicht, ob der Kläger, wenn er seine Tätigkeit als Busfahrer einmal nicht ausgeübt habe, Urlaub gehabt oder krank gewesen sei. Die Aussage des Herrn C. erweise sich somit als in sich widersprüchlich und sei als nicht glaubhaft zu beurteilen. Die Behauptung des Klägers, er sei vom 01.06.1978 bis 01.12.1987 nie der Arbeit ferngeblieben, habe durch Herrn S. nicht bestätigt werden können, denn dieser habe mitgeteilt, er könne sich nach so langer Zeit nicht mehr erinnern, wann der Kläger krank geschrieben gewesen oder urlaubsbedingt nicht zur Arbeit erschienen sei.
Zur Begründung der hiergegen beim Bayer. Landessozialgericht eingelegten Berufung hat der Kläger erneut die Bestätigungen des polnischen Rentenversicherungsträgers vom 05.01.2005, 12.05.1997 sowie eine Bestätigung der Polizei vom 27.05.2009 vorgelegt, dass ihm das Legitimationsbuch gestohlen worden und deshalb im Jahre 1987 neu ausgestellt worden sei. In der mündlichen Verhandlung am 15.12.2012 hat er weiter vorgetragen, der Bestätigung des polnischen Versicherungsträgers sei zu entnehmen, dass im streitgegenständlichen Zeitraum Beiträge geleistet worden seien.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 19.11.2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 31.03.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.07.2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 04.02.2004, geändert durch Bescheid vom 09.09.2005 abzuändern und die Zeit vom 01.06.1978 bis 01.12.1987 als nachgewiesene Beitragszeit zu 6/6 anzurechnen und die Altersrente neu festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 19.11.2009 zurückzuweisen.
Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Rentenakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG), jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht festgestellt, dass die Zeit vom 01.06.1978 bis 01.12.1987 lediglich als glaubhaft gemachte Beitragszeit zu berücksichtigen ist.
Gemäß § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Im Fall der Rücknahme verpflichtet § 44 Abs 4 SGB X den Sozialleistungsträger, die zu Unrecht nicht erbrachten Sozialleistungen längstens für vier Kalenderjahre vor dem Antrag des Leistungsempfängers zu erbringen.
Die Rentenbescheide der Beklagten vom 04.02.2004 und 09.09.2005 sind jedoch rechtmäßig.
Für die in Polen zurückgelegten Versicherungszeiten ist das deutsch-polnische Sozialversicherungsabkommen 1974 - DPSVA 1975 - maßgeblich. Dieses ist auf den Kläger trotz des inzwischen in Kraft getretenen DPSVA vom 08.12.1990 nach dessen Art 27 Abs 2 weiterhin anzuwenden, weil der Kläger seinen Wohnsitz seit 1989 im Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland hat und die in Polen vor dem 01.01.1991 erworbenen Ansprüche und Anwartschaften durch das neue Abkommen nicht berührt werden. Nach Art 4 Abs 2 DPSVA 1975 berücksichtigt der Rentenversicherungsträger des Staates, in dem der Berechtigte wohnt, Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten und diesen gleichgestellten Zeiten im anderen Staat so, als ob sie in seinem Staatsgebiet zurückgelegt worden wären. Gemäß Art 2 Abs 1 des Zustimmungsgesetzes zum DPSVA 1975 vom 12.03.1976 (BGBl II Nr 15 vom 16.03.1976, 393) idF durch Art 20 Nr 2 und 3 des Rentenreformgesetzes 1992 - RRG 1992 - vom 18.12.1989 (RRG 1992, BGBl I 2261) idF durch Art 20 des RRG 1999 vom 16.12.1997 (BGBl I 3035) werden die Zeiten, die nach dem polnischen Recht der Rentenversicherung zu berücksichtigen sind, in Anwendung des Fremdrentengesetzes - FRG - und des Fremdrenten- und Auslandsrentenneuregelungsgesetzes - FANG - berücksichtigt.
Gemäß § 15 Abs 1 FRG stehen die bei einem nicht deutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegten Beitragszeiten inländischen Beitragszeiten gleich. Für die Feststellung derartiger Beitragszeiten genügt es gemäß § 4 Abs 1 FRG, dass sie glaubhaft gemacht werden. Eine Tatsache ist dann glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (§ 4 Abs 1 Satz 2 FRG).
Gemäß § 22 Abs 3 FRG sind jedoch für Beitrags- oder Beschäftigungszeiten, die nicht nachgewiesen sind, die ermittelten Entgeltpunkte um 1/6 zu kürzen. Diese Kürzung beruht auf der durch statistische Untersuchungen gewonnenen Erfahrung, dass auch die durchschnittliche Beitragsdichte im Bundesgebiet nur diesem Umfang von 5/6 entspricht (BSG SozR 5050 § 15 Nrn 4 und 16 mwN). Um eine Besserstellung des fremdrentenberechtigten Personenkreises gegenüber in Deutschland rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmern zu vermeiden, muss eine höhere Beitragsdichte bezüglich etwaiger Fremdrentenzeiten jeweils im Einzelfall nachgewiesen sein. Der Nachweis ist im Sinne eines Vollbeweises zu führen. Ein solcher liegt erst vor, wenn für das Vorliegen der behaupteten rechtserheblichen Tatsachen ein derart hoher, an Gewissheit grenzender Grad an Wahrscheinlichkeit spricht, dass sämtliche begründeten Zweifel demgegenüber aus der Sicht eines vernünftigen, die Lebensverhältnisse klar überschauenden Menschen vollständig zu schweigen haben. Es darf also kein vernünftiger, den Umständen des Einzelfalles begründeter Zweifel mehr bestehen (BSGE 6, 144, BayLSG vom 26.07.2006 - L 16 R 100/02 mwN).
Mit den von dem Kläger vorgelegte Bescheinigungen - und auch schon im Verwaltungsverfahren vorliegenden Bescheinigungen - des polnischen Sozialversicherungsträgers, insbesondere der vom 05.01.2005 kann der erforderlicher Nachweis nicht erbracht werden, dass während der streitigen Zeiten keine relevanten Unterbrechungen vorgelegen haben. Vielmehr enthalten diese lediglich nur Rahmenangaben, aber keine Aussagen über krankheits- oder urlaubsbedingte Unterbrechungen. Spalte 3 enthält zwar den Begriff "Beitragszeiten". Dies bedeutet jedoch lediglich, dass in diesem Zeitraum eine beitragspflichtige Beschäftigung vorgelegen hat, weist aber nicht eine ununterbrochene Beitragsentrichtung nach. Dafür dient im Regelfall das Legitimationsbuch, das im Fall des Klägers jedoch erst für die Zeit ab 1987 vorliegt.
Ein Nachweis, dass keine wesentlichen Unterbrechungszeiten durch Arbeitsunfähigkeit oder Urlaub stattgefunden haben, kann auch durch Zeugenaussagen erbracht werden. Allerdings schließt sich der Senat dem SG an, dass ein solcher Nachweis durch die Aussagen der Zeugen C. und S. nicht geführt worden ist. Insofern wird in vollem Umfang auf die Ausführungen des SG in den Entscheidungsgründen gemäß § 153 Abs 2 SGG verwiesen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Würzburg vom 19.11.2009 war deshalb zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved