L 4 KR 4447/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 KR 968/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 4447/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 8. August 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Erstattung der Kosten einer stationären Behandlung vom 15. bis 18. Dezember 2009 in der A. Praxisklinik H. (im Folgenden A-Klinik) in Höhe von EUR 4.630,00

Die 1959 geborene Klägerin ist versicherungspflichtiges Mitglied der beklagten Krankenkasse. Sie bat mit Telefax vom 10. November 2009 um die Genehmigung einer operativen Entfernung der gesamten Schilddrüse wegen einer hyperthyreoten Struma multi nodosa durch Privatdozent Dr. I., A-Klinik, die - jedenfalls im Jahre 2009 - weder eine Hochschulklinik noch ein Plankrankenhaus ist sowie auch nicht über einen Versorgungsvertrag mit den gesetzlichen Krankenkassen verfügt. Die Beklagte unterrichtete die Klägerin telefonisch am 12. und 24. November 2009, dass die Kosten dieser Operation nicht übernommen werden könnten, da es sich bei der A Klinik um eine Privatklinik handle und diese Operation auch an einem zugelassenen Vertragskrankenhaus möglich sei. Die Klägerin erhob Widerspruch. Sie reichte die ärztliche Bescheinigung der Nervenärztin Dr. S. vom 19. Januar 2009 ein, wonach eine bei der Klägerin bestehende schwere Angstsymptomatik im Anschluss an ein Polytrauma 1984 trotz mehrjähriger kontinuierlicher Behandlung nicht vollständig zurückgegangen sei und es wegen der anstehenden Strumektomie medizinisch sinnvoll sei eine chirurgische Klinik zu wählen, die nur einen kurzen stationären Aufenthalt verlange. Die Beklagte lehnte es mit schriftlichem Bescheid vom 26. November 2009 erneut ab, Kosten für den Aufenthalt in der A-Klinik zu übernehmen oder sich an diesen Kosten zu beteiligen und nannte als zugelassene Kliniken das Universitätsklinikum Heidelberg und die Theresienklinik Mannheim.

Die Klägerin befand sich vom 15. bis 18. Dezember 2009 in stationärer Behandlung der A Klinik. Es erfolgte eine "near total Thyreoidektomie in Mini-open-Technik, fadenlos mit Ultraschallschere Focus, Intraop. Neuromonitoring" (Bericht des Privatdozenten Dr. I. vom 18. Dezember 2009). Die A-Klinik berechnete der Klägerin für diesen stationären Aufenthalt EUR 3.280,00 (Rechnung vom 12. Januar 2010; K12Z DRG Fallpauschalenkatalog 2009 [Eingriffe an Schilddrüse, Nebenschilddrüse, Ductus thyreoglossus ohne äußerst schwere oder schwere CC (Komplikationen oder Komorbiditäten)] zuzüglich Wahlleistung Zweibett). Das Weiteren berechneten HNO-Ärztin Dr. Sc. für die präoperative Larynxdiagnostik EUR 88,35 (Rechnung vom 14. Dezember 2009) und die anästhesiologische Gemeinschaftspraxis Dr. U./Dr. K./W. für anästhesiologische Leistungen EUR 335,06 (Rechnung vom 31. Dezember 2009). Diese Rechnungen reichte die Klägerin bei der Beklagten ein mit der sinngemäßen Bitte, die Kosten zu übernehmen. Die Beklagte lehnte es mit Bescheid vom 1. Februar 2010 ab, die der Klägerin aufgrund einer Untersuchung der Stimmbänder entstandenen Kosten zu übernehmen, weil diese Leistungen als Wunsch- und Komfortleistungen nicht erstattungsfähig seien und zu den individuellen Gesundheitsleistungen (IGEL) gehörten. Hiergegen erhob die Klägerin mittels E-Mail Widerspruch.

Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch der Klägerin auf Kostenübernahme einer stationären Krankenhausbehandlung in der A-Klinik zurück (Widerspruchsbescheid vom 10. Februar 2010). Versicherte hätten Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus. Die Krankenhausbehandlung könne ausschließlich durch zugelassene Krankenhäuser zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden. Die A-Klinik sei kein Vertragspartner der gesetzlichen Krankenkassen. Zur Behandlung des Krankheitsbildes der Klägerin stünden auch Vertragseinrichtungen zur Verfügung, die eine medizinische Versorgung hätten sicherstellen können. Sofern aus medizinischer Sicht ein sofortiger Eingriff unumgänglich gewesen wäre, hätte dieser auch in einer Vertragseinrichtung kurzfristig realisiert werden können. Durch die Inanspruchnahme einer nicht zur Vertragsbehandlung zugelassenen Klinik seien ihr (der Beklagten) auch keine Kosten erspart worden, sondern ihr entstünden im Falle einer Kostenerstattung wegen der mit allen Vertragskrankenhäusern vereinbarten Budgets tatsächliche Mehrkosten.

Die Klägerin erhob am 5. März 2010 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) mit dem Begehren, ihr EUR 4.630,00 zu erstatten. Zur Zusammensetzung dieses Betrags verwies sie auf die Rechnungen der A-Klinik vom 12. Januar 2010, der anästhesiologischen Gemeinschaftspraxis Dr. U./Dr. K./W. vom 31. Dezember 2009 sowie auf eine nicht vorgelegte Rechnung des "Privatarztes" Dr. I. über EUR 1.450,00, welche zumindest in Höhe von EUR 1.015,00 anerkannt werden sollte. Sie machte – wie bereits im Wesentlichen mit ihrem Widerspruch – geltend, sie habe sich in der A-Klinik behandeln lassen, weil die Operation (Entfernung der Schilddrüse) dort innerhalb kürzester Zeit habe ausgeführt werden können. Wegen der schweren Angstneurose, unter der sie leide und die trotz mehrjähriger kontinuierlicher Behandlung weiter sehr ausgeprägt sei, zeige sie gegenüber medizinischen Eingriffen und Krankenhausaufenthalten phobische Reaktionen. Die minimal-invasive Technik, die die A-Klinik anwende, bedeute den geringsten Eingriff und die kürzeste Behandlungsdauer, was im Hinblick auf ihre psychische Belastungen berücksichtigt werden müsse. Mit der Behandlung in der A-Klinik habe eine wesentliche Zeitersparnis erzielt werden können. Sie habe sich nur zwei Tage, nämlich am Operationstag und dem Nachsorgetag in der A-Klinik aufgehalten, Anreiseabend und Entlassungsvormittag sollten insoweit nicht berücksichtigt werden. In anderen Kliniken hätte sie sich mindestens vier Tage aufhalten müssen, nach ihren Informationen in einer anderen Klinik bis zu sieben Tagen. Die Beklagte berücksichtige auch nicht die Möglichkeit, dem Versicherten die Mehrkosten ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn er ohne zwingenden Grund ein anderes als in der ärztlichen Einweisung genanntes Krankenhaus wähle, dass es sich dabei um eine Kann-Bestimmung handle sowie dass sie (die Beklagte) jedenfalls die Kosten eines Vertragskrankenhauses zu erstatten habe. Früher, als sie (die Klägerin) noch Mitglied einer Rechtsvorgängerin der Beklagten gewesen sei, sei sie teilambulant in einer Privatklinik behandelt worden und die Kosten seien übernommen worden. Sie legte erneut die ärztliche Bescheinigung der Nervenärztin Dr. S. vom 19. Januar 2009 vor.

Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf den Widerspruchsbescheid entgegen. Die Fallpauschale für eine Strumektomie lege eine Mindestverweildauer von zwei Tagen und eine Höchstverweildauer von sieben Tagen auf der Hauptabteilung fest, so dass bei Vorliegen der medizinischen Voraussetzungen auch eine Entlassung am dritten Tag ohne finanzielle Nachteile für die Klinik möglich sei. Damit, dass es der Klägerin darum gegangen sei, innerhalb kurzer Zeit wieder fit zu sein und ihren Beruf wieder ausüben zu können, seien keine medizinischen Gründe (z.B. Notfall) verbunden, die zwingend eine stationäre Behandlung in einem nicht zur Vertragsbehandlung zugelassenen Krankenhaus rechtfertigen könnten. Aus einer früher von einer anderen Krankenkasse getroffenen Einzelfallentscheidung könne kein Rechtsanspruch ihr (der Beklagten) gegenüber resultieren. Durch die Behandlung in der A-Klinik sei keine wesentliche Zeitersparnis erzielt worden.

Das SG zog den Bericht des Privatdozenten Dr. I. vom 18. Dezember 2009 bei und holte Auskünfte des Theresienkrankenhauses Mannheim und des Universitätsklinikums Heidelberg ein. Dr. Sch., Chefarzt der Allgemeinchirurgie und Viszeralchirurgie des Theresienkrankenhauses Mannheim, gab an (Schreiben vom 12. Juli 2010), bei gegebener Operationsindikation wäre an seiner Klinik eine offene Schilddrüsenresektion erfolgt, wobei es zur Behandlung der Hyperthyreose notwendig wäre, nahezu die gesamte Schilddrüse zu entfernen. Die (angewandte) Operationsmethode sei nicht Operationsstandard und werde in seiner Klinik nicht angewandt. Der voraussichtliche Krankenhausaufenthalt bei komplikationslosem Verlauf betrage drei bis vier Tage postoperativ. Prof. Dr. B., Ärztlicher Direktor der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie des U.-klinikums H., führte in seiner E-Mail vom 27. Juli 2010 aus, er hätte bei dieser Krankheit eine konventionelle, offene Operation mit totaler Thyreoidektomie auf der einen Seite und "near total" auf der anderen Seite gemacht. Die Klägerin hätte sich für etwa zwei bis drei Tage postoperativ in der Klinik aufgehalten. Die angewandte Operation sei auch im Universitätsklinikum Heidelberg möglich.

Das SG wies die Klage mit Urteil vom 8. August 2011 ab. Ein Kostenerstattungsanspruch scheide aus, weil die Erbringung von Krankenhausleistungen in der A-Klinik von der Beklagten nicht als Sachleistung geschuldet gewesen sei. Praxiskliniken seien hinsichtlich des Bettenteils Krankenhäuser im Sinne von § 107 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) und § 2 Nr. 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG). Als solche benötigten sie für die Erbringung stationärer Leistungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ebenfalls einen Versorgungsvertrag nach § 108 Nr. 3 SGB V. Die Klägerin sei zwar krankenhausbehandlungsbedürftig in Form einer vollstationären Behandlung gewesen. Die A-Klinik habe jedoch einen solchen Versorgungsvertrag nicht abgeschlossen, so dass eine stationäre Behandlung dort auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht erfolgen könne. Auch das Wahlrecht nach § 39 Abs. 2 SGB V verhelfe nicht zu einem solchen Anspruch. Denn dieses beschränke sich auf zur Versorgung der Versicherten zugelassene Ärzte und Krankenhäuser, umfasse also nicht auch die Behandlung in Privatkliniken. Eine Kostenerstattung scheide auch aus, weil es sich bei der medizinisch indizierten operativen Behandlung der Schilddrüse um keine unaufschiebbare Maßnahme gehandelt habe. Denn für die Durchführung dieser Operation stünden zugelassene Krankenhäuser in Wohnortnähe der Klägerin zur Verfügung. Die Beklagte hätte durch Erbringung der notwendigen Operation als Sachleistung im Universitätsklinikum Heidelberg dem medizinisch begründeten Bedürfnis der Klägerin auf eine möglichst kurze Verweildauer in einer Klinik hinreichend gerecht werden können. Es liege weder eine Versorgungslücke noch ein Systemversagen vor. Der Anspruch auf Krankenbehandlung sei nicht darauf gerichtet, nur von einem ganz bestimmten, aus Sicht des Versicherten am besten qualifizierten Arzt behandelt zu werden.

Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 8. Oktober 2011 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 13. Oktober 2011 Berufung eingelegt. Die Beklagte habe im Bescheid vom 26. November 2009 nicht darauf hingewiesen, dass die dort genannten Kliniken die minimal invasive Technik anwendeten, so dass sie (die Beklagte) ihr (der Klägerin) die Möglichkeit genommen habe, wenigstens mit einer dieser beiden Kliniken dies abzuklären und sich bestätigen zu lassen, welche Aufenthaltsdauer postoperativ eintreten werde. Während die genannten Kliniken gegenüber dem SG einen voraussichtlichen postoperativen Aufenthalt von drei bis vier Tagen oder zwei bis drei Tagen genannt hätten, habe die stationäre Behandlung in der A-Klinik postoperativ lediglich 1,5 Tage, insgesamt nur 2,5 Tage gedauert, wenn man den Anreisetag und den Abreisetag außer Betracht lasse. Dies sei in ihrem Fall unter Berücksichtigung der ärztlichen Bescheinigung der Nervenärztin Dr. S. vom 19. Januar 2009 von entscheidender Bedeutung. Auf die von der Beklagten angebotenen beiden Krankenhäusern mit ihrem grundsätzlich konservativen Techniken habe sie (die Klägerin) sich nicht einlassen wollen und können, weil aus ihrer (der Klägerin) Sicht aus der Korrespondenz mit der Beklagten und deren Verhalten auf einen Systemmangel zu schließen gewesen sei. Ein Systemversagen liege vor.

Die Klägerin beantragt (sachgerecht gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 8. August 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 26. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Februar 2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr (der Klägerin) EUR 4.630,00 zuzüglich gesetzlicher Zinsen seit dem 1. Januar 2010 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Klägerin hätte sich selbst oder mit Unterstützung ihres behandelnden Arztes nach den von ihr (der Beklagten) angebotenen Therapieformen erkundigen können, was sie (die Klägerin) nicht getan habe. Wenn phobische Reaktionen gegenüber Krankenhäusern als Grund für eine möglichst kurze Aufenthaltsdauer angegeben würden, sei die gesamte Behandlungsdauer mit allen Übernachtungen relevant. Der Aufenthalt in der A Klinik sei mit drei Übernachtungen und vier Behandlungstagen nicht kürzer als die vom Universitätsklinikum Heidelberg angegebene Aufenthaltsdauer von postoperativ zwei bis drei Tagen. Im Übrigen habe die Klägerin im Schreiben vom 10. November 2009 andere Argumente für die stationäre Behandlung in der A-Klinik eingegeben. Wenn die behandelnden Ärzte des zugelassenen Krankenhauses eine bestimmte Therapie als ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich ansähen, um damit das Behandlungsziel zu erreichen, bestehe kein Systemversagen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Senatsakte, die Akte des SG sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Gegenstand des Rechtsstreites ist der Bescheid der Beklagten vom 26. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Februar 2010. Zu entscheiden ist über den von der Klägerin geltend gemachten Zahlungsanspruch von EUR 4.630,00. Diesen insgesamt geltend gemachten Zahlungsanspruch berechnete die Klägerin aus den Einzelbeträgen von EUR 3.280,00 (Rechnung der A-Klinik vom 12. Januar 2010), EUR 335,06 (Rechnung der anästhesiologischen Gemeinschaftspraxis Dr. U./Dr. K./W. vom 31. Dezember 2009) und EUR 1.015,00 (Teilbetrag der nicht vorgelegten Rechnung des Privatdozenten Dr. I. über angeblich EUR 1.450,00). Der geltend gemachte Zahlungsanspruch betrifft nur Kosten der stationären Behandlung vom 15. bis 18. Dezember 2009 in der A-Klinik. Nur über diese Kosten entschied auch die Beklagte in den zuvor genannten Bescheiden. Soweit der Klägerin im Zusammenhang mit der stationären Behandlung Kosten wegen ambulanter Behandlungen entstanden sein sollten, ist hierüber im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden, so dass der Bescheid der Beklagten vom 1. Februar 2010 nicht Gegenstand des Verfahrens ist.

II.

Die Berufung der Klägerin, über die der Senat im Einverständnis beider Beteiligter nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist zulässig. Die Klägerin hat die Berufung form- und fristgerecht eingelegt. Die Berufung ist auch statthaft. Der Wert des Beschwerdegegenstandes des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG von EUR 750,00 ist überschritten. Denn die Klägerin begehrt die Erstattung eines Betrages von EUR 4.630,00.

III.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 26. November 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. Februar 2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung des geltend gemachten Erstattungsbetrags von EUR 4.630,00.

1. Der Senat lässt dahingestellt, ob hinsichtlich des Teilbetrags von EUR 1.015,00 aufgrund der nicht vorgelegten Rechnung des Privatdozenten Dr. I. über angeblich EUR 1.450,00 die Klage überhaupt zulässig ist. Zum einen hat die Klägerin nach den vorliegenden Verwaltungsakten diese angebliche Rechnung bei der Beklagten nicht eingereicht, so dass die Beklagte hierüber bislang nicht entscheiden konnte. Zum anderen ist bei einem Kostenerstattungsanspruch zu belegen, dass die Kosten tatsächlich entstanden und von demjenigen, der die Erstattung begehrt, auch tatsächlich gezahlt worden sind. Jedenfalls steht der Klägerin aus materiell-rechtlichen Gründen der geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht zu.

2. Da die Klägerin nicht nach § 13 Abs. 2 SGB V anstelle der Sach- oder Dienstleistungen Kostenerstattung gewählt hat, kommt als Anspruchsgrundlage für einen Kostenerstattungsanspruch nur § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V in Betracht. Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V sind einem Versicherten von der Krankenkasse Kosten für eine selbstbeschaffte Leistung in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind, soweit die Leistung notwendig war. Die stationäre Behandlung vom 15. bis 18. Dezember 2009 war weder eine unaufschiebbare Leistung (a) noch hat die Beklagte diese als Leistung zu Unrecht abgelehnt (b). Die Klägerin hat auch keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihr einen Teil der Kosten dieser stationären Behandlung erstattet (c).

a) Die stationäre Behandlung in der A-Klinik war nicht unaufschiebbar im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Alternative 1 SGB V. Eine Leistung ist unaufschiebbar, wenn eine Leistungserbringung im Zeitpunkt ihrer tatsächlichen Durchführung so dringlich ist, dass aus medizinischer Sicht keine Möglichkeit eines nennenswerten zeitlichen Aufschubs bis zu einer Entscheidung der Krankenkasse mehr besteht. Die medizinische Dringlichkeit ist indessen nicht allein ausschlaggebend. Denn neben der Unaufschiebbarkeit wird vorausgesetzt, dass die Krankenkasse die in Rede stehenden Leistungen nicht rechtzeitig erbringen konnte. Davon kann im Regelfall nur ausgegangen werden, wenn sie mit dem Leistungsbegehren konfrontiert war und sich dabei ihr Unvermögen herausgestellt hat. Nur da, wo eine vorherige Einschaltung der Krankenkasse vom Versicherten nach den Umständen des Falles nicht verlangt werden konnte, darf die Unfähigkeit zur rechtzeitigen Leistungserbringung unterstellt werden (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 25. September 2000 - B 1 KR 5/99 R - SozR 3-2500 § 13 Nr. 22; Urteil vom 2. November 2007 - B 1 KR 14/07 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 15). Grund hierfür ist wiederum, dass nur bei einer Vorabprüfung die Krankenkassen ihre Gesundheitsgefahren und wirtschaftlichen Risiken vorbeugenden Beratungsaufgaben erfüllen können, die Versicherten vor dem Risiko der Beschaffung nicht zum Leistungskatalog gehörender Leistungen zu schützen und gegebenenfalls aufzuzeigen, welche Leistungen an Stelle der begehrten in Betracht kommen.

Die Unaufschiebbarkeit der stationären Behandlung in der A-Klinik ist nicht gegeben, weil diese nicht kurzfristig erbracht werden musste. Die Klägerin plante diese stationäre Behandlung im Voraus und befasste auch vorab die Beklagte mit dem Begehren, diese stationäre Behandlung als Sachleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zu gewähren.

b) Die Beklagte lehnte die stationäre Behandlung in der A-Klinik auch nicht zu Unrecht im Sinne von § 13 Abs. 3 Satz 1 Alternative 2 SGB V ab. Denn die Klägerin hatte keinen Sachleistungsanspruch auf diese stationäre Behandlung in der A-Klinik.

Nach ständiger Rechtsprechung reicht der in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung (hier stationäre Behandlungen in der A-Klinik) zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung (§ 2 Abs. 2 Satz 1 SGB V) zu erbringen haben (vgl. BSG, Urteile vom 24. September 1996 - 1 RK 33/95 - SozR 3 2500 § 13 Nr. 11; vom 7. November 2006 - B 1 KR 24/06 R - SozR 4-2500 § 27 Nr. 12; vom 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 12). Versicherte haben gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V umfasst die Krankenbehandlung (notwendige) Krankenhausbehandlung im Sinne des § 39 SGB V. Gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus im Sinn von § 108 SGB V. Außer Hochschulkliniken (Nr. 1) und Plankrankenhäusern (Nr. 2) gehören hierzu (Nr. 3) Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen haben. Zu diesem Kreis der zugelassenen Krankenhäuser gehörte die A-Klinik zum Zeitpunkt der stationären Behandlung im Dezember 2009 nicht. Die A-Klinik ist weder eine Hochschulklinik noch ist sie im Krankenhausplan aufgenommen noch unterhält sie einen Versorgungsvertrag.

Die Beschränkung der zugelassenen Leistungserbringer kann nur für Notfälle (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 9. Oktober 2001 - B 1 KR 6/01 R - SozR 3-2500 § 13 Nr. 25) und im Fall von Systemversagen durchbrochen werden. Weder ein Notfall (aa) noch ein Systemversagen (bb) sind gegeben.

aa) Ein Notfall liegt nur dann vor, wenn ein unvermittelt aufgetretener Behandlungsbedarf sofort befriedigt werden muss und ein zugelassenes Krankenhaus nicht aufgesucht werden kann (vgl. BSG, Urteile vom 18. Juli 2006 - B 1 KR 24/05 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 9 und 14. Dezember 2006 - B 1 KR 8/06 R - SozR 4-2500 § 13 Nr. 12). Der Annahme eines Notfalls steht schon entgegen, dass die Klägerin die stationäre Behandlung in der A-Klinik vorab plante.

bb) Auch ein Systemversagen in dem Sinne, dass kein zugelassenes Krankenhaus zur Verfügung stand, das zur Behandlung der bei der Klägerin diagnostizierten Erkrankung der Schilddrüse in der Lage gewesen wäre, lag nicht vor. Die Behandlung der Klägerin wäre auch in einem zugelassenen Krankenhaus möglich gewesen, nämlich beispielsweise im Universitätsklinikum Heidelberg und Theresienkrankenhaus Mannheim. Beide zugelassenen Krankenhäuser nannte die Beklagte im Ablehnungsbescheid vom 26. November 2009 der Klägerin. Die Klägerin hätte aufgrund dessen die Möglichkeit gehabt, sich bei diesen beiden Krankenhäusern hinsichtlich der operativen Möglichkeiten und der Dauer der stationären Behandlung zu erkundigen. Erforderliche Informationen hätte die Klägerin des Weiteren auch durch Rücksprache mit dem Arzt/den Ärzten, der/die sie wegen der Erkrankung der Schilddrüse behandelt hatte/n und den operativen Eingriff für indiziert hielt/en, erlangen können. Eine weitergehende Beratungs- oder Hinweispflicht der Beklagten bestand nicht.

Auch die Aufenthaltsdauer in der A-Klinik mit vier Tagen (einschließlich Aufnahme- und Entlassungstag) unterscheidet sich nicht wesentlich von der Aufenthaltsdauer im Universitätsklinikum Heidelberg. Bei einer postoperativen Aufenthaltsdauer von zwei bis drei Tagen (siehe die vom SG eingeholte Auskunft des Prof. Dr. B. vom 27. Juli 2010) hätte sich unter zusätzlicher Berücksichtigung des Aufnahmetages eine Aufenthaltsdauer von drei bis vier Tagen ergeben. Das Anliegen der Klägerin, wegen ihrer behaupteten psychischen Erkrankung eine möglichst kurze stationäre Aufenthaltsdauer zu haben, hätte damit auch erfüllt werden können. Der Kalkulation der Fallpauschale K12Z DRG Fallpauschalenkatalog 2009 liegt eine mittlere Verweildauer von 4,2 Tagen zugrunde. Die von den beiden zugelassenen Krankenhäusern, die die Beklagte der Klägerin im Bescheid vom 26. November 2009 benannte, angegebene Aufenthaltsdauer liegt damit im Bereich der mittleren Verweildauer.

c) Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine teilweise Übernahme der Kosten. Insbesondere steht ihr auch kein Anspruch auf die Kosten zu, die in einem zugelassenen Krankenhaus für die stationäre Behandlung angefallen wären. Das BSG hat für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass die Grundsätze des Leistungserbringerrechts einem auf den Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag oder der ungerechtfertigten Bereicherung gestützten Anspruch gegen den Kostenträger entgegenstehen, wenn Leistungen an Versicherte erbracht werden, zu denen der Leistungserbringer nach diesen Grundsätzen nicht berechtigt ist (z.B. zum Leistungsrecht: Urteil vom 28. März 2000 - B 1 KR 21/99 R - SozR 3-2500 § 13 Nr. 21; zum Vertragsarztrecht: Urteil vom 08. September 2004 - B 6 KA 14/03 R - SozR 4-2500 § 39 Nr. 3). Ihre Steuerungsaufgabe könnten die Regelungen über die Zulassung zur Leistungserbringung nicht erfüllen, wenn das Privatkrankenhaus die gesetz- oder vertragswidrig bewirkten Leistungen über einen Wertersatzanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung im Ergebnis dennoch vergütet bekäme. Nach der genannten ständigen Rechtsprechung des BSG zum Vertragsarztrecht und zum Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung haben Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher oder sonstiger Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machen, innerhalb dieses Systems die Funktion, zu gewährleisten, dass sich die Leistungserbringung nach den für die vertragsärztliche Versorgung geltenden gesetzlichen Regelungen und vertraglichen Bestimmungen vollzieht. Dies wird dadurch erreicht, dass dem Vertragsarzt oder dem Vertragskrankenhaus als sonstigem Leistungserbringer für Leistungen, die unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirkt werden, auch dann keine Vergütung zusteht, wenn diese Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht worden sind.

Ein Kostenerstattungsanspruch besteht insoweit schließlich auch nicht deshalb, weil die Krankenkasse dadurch, dass die Klägerin Leistungen außerhalb des Leistungssystems der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch genommen hat, vermeintlich Aufwendungen anderer Art erspart hat. Dies würde auch dazu führen, dass die krankenversicherungsrechtliche Beschränkung auf bestimmte Formen der Leistungserbringung letztlich durch den Anspruch auf (teilweise) Kostenerstattung ohne Weiteres durchbrochen werden könnte (BSG, Beschluss vom 26. Juli 2004 - B 1 KR 30/04 B -, in juris).

Eine teilweise Erstattung der Kosten einer stationären Behandlung in einem nicht zugelassenen Krankenhaus kann auch nicht auf § 39 Abs. 2 SGB V gestützt werden. Nach dieser Vorschrift können Versicherten die Mehrkosten ganz oder teilweise auferlegt werden, wenn sie ohne zwingenden Grund ein anderes als ein in der ärztlichen Einweisung genanntes Krankenhaus wählen. § 39 Abs. 2 SGB V setzt voraus, dass der Versicherte das zugelassene Krankenhaus frei wählen darf und greift mithin nur ein, wenn der Versicherte ein anderes zugelassenes Krankenhaus wählt, nicht aber wie die Klägerin im vorliegenden Fall ein nicht zugelassenes Krankenhaus.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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