Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 16 KR 2962/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 2284/12 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 21.05.2012 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen den eine Urteilsberichtigung ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart (SG). In dem zugrundeliegenden Gerichtsverfahren stritten die Beteiligten über die Sozialversicherungspflicht einer "Ferienbeschäftigung".
Der 1989 geborene Antragsteller war zwischen seinem Schulabschluss und dem Beginn eines entwicklungspolitischen Freiwilligendienstes ca. einen Monat bei der B. R. AG beschäftigt. Mit den angefochtenen Bescheid vom 26.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.03.2009 stellte die Antragsgegnerin die Sozialversicherungspflicht der Beschäftigung fest. Hiergegen wandte sich der Antragsteller mit seiner beim SG erhobenen Klage. In der mündlichen Verhandlung vom 25. Oktober 2011 beantragte seine Bevollmächtigte, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 26.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.03.2009 aufzuheben und festzustellen, dass die in der Zeit vom 16.06.2008 bis 18.07.2008 ausgeübte Beschäftigung des Antragstellers bei der B. R. AG in der gesetzlichen Sozialversicherung versicherungsfrei gewesen ist.
Mit Urteil vom 25.10.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Das Urteil, das der Bevollmächtigten des Antragstellers am 07.03.2012 zugestellt worden ist, ist mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen, der zufolge gegen die Entscheidung Berufung eingelegt werden kann.
Mit Schriftsatz vom 12.03.2012 (Eingang beim SG am 14.03.2012) hat der Antragsteller u.a. die Berichtigung des Urteils beantragt. Das Urteil sei bezüglich des von ihm gestellten und von der Antragsgegnerin unterstützten Antrags auf Zulassung der Sprungrevision zu ergänzen, ersatzweise die Berufung im Urteil zuzulassen. In der mündlichen Verhandlung sei darüber gesprochen worden, dass wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage, beide Parteien, abhängig davon, wer unterliege, vorzugsweise in Sprungrevision gehen wollten. Seitens des Gerichts sei dazu bemerkt worden, man solle doch zuerst zum Berufungsgericht gehen. Das Gericht habe also jedenfalls ein Rechtsmittel zulassen wollen. Beim Absetzen des schriftlichen Urteils sei nun aber offensichtlich sowohl die Antragstellung als auch die Entscheidung über den Rechtsmittelzulassungsantrag übersehen worden.
Mit Beschluss vom 21.05.2012 hat das SG den Antrag auf Urteilsberichtigung abgelehnt. Ein Versehen sei bei der Abfassung des Urteils vom 25.10.2011 nicht unterlaufen. Entgegen der Beanstandungen des Antragstellers sei das Urteil nicht lückenhaft. Vielmehr belehre es den Antragsteller in klarer und widerspruchsfreier Weise über die Möglichkeit einer Berufung. Der Text des Urteils weiche insoweit von der getroffenen Entscheidung der Kammer nicht ab. Denn die Kammer sei bei der Entscheidung davon ausgegangen, dass die Berufungsbeschränkung nach § 144 Abs 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Streitfall bereits aufgrund des Streitgegenstandes (Feststellung der Versicherungsfreiheit) nicht eingreife und die Berufung gegen das Urteil deshalb keiner Zulassung bedürfe. Von einer Entscheidung über die Zulassung der Sprungrevision habe die Kammer ebenfalls bewusst abgesehen, nachdem diese in der mündlichen Verhandlung nach einem Hinweis des Kammervorsitzenden auf die fehlenden Zulassungsvoraussetzungen von den Beteiligten nicht mehr beantragt worden sei.
Hiergegen richtet sich die am 30.05.2012 beim Landessozialgericht (LSG) eingereichte Beschwerde des Antragstellers, mit der er geltend macht, das Urteil sei zu berichtigen, da versehentlich keine Entscheidung über den von beiden Beteiligten gestellten Antrag auf Zulassung der Sprungrevision getroffen worden sei. Hilfsweise sei im Hinblick auf die Berufung ("lege Berufung ein") Wiedereinsetzung zu gewähren. Er sei davon ausgegangen, dass die Berufungssumme wegen der insoweit streitigen Rückforderung iHv 480,50 EUR nicht erreicht werde. Wegen des widersprüchlichen Verhaltens des SG sei das eingetretene Fristversäumnis unverschuldet. Nach Gewährung von Wiedereinsetzung sei "beabsichtigt", Berufung einzulegen. Der Antragsteller hat in diesem Zusammenhang Ausführungen zur Berufungsbegründung gemacht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die gemäß §§ 172, 173 SGG statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Das SG hat zu Recht eine Urteilsberichtigung abgelehnt. Die hilfsweise eingelegte Berufung und die in diesem Zusammenhang hilfsweise beantragte Widereinsetzung in den vorigen Stand sind unzulässig.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Entscheidung des SG vom 21.05.2012, in der es die Berichtigung des Urteils vom 25.10.2011 abgelehnt hat, weil die Voraussetzungen des § 138 Abs 1 SGG nicht vorliegen. Nur hierüber kann der Senat gemäß § 172 Abs 1 SGG entscheiden. Die Voraussetzungen des § 138 Abs 1 SGG hat das SG zutreffend verneint. In Kenntnis des Beschwerdevorbringens des Antragstellers schließt sich der Senat den Ausführungen des SG vollumfänglich an und sieht deshalb von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 142 Abs 2 S 3 SGG).
Auch die Hilfsanträge haben keinen Erfolg, da sie bereits unzulässig sind. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Berufung eine Prozesshandlung ist. Die Berufung kann also nicht bedingt ("hilfsweise") eingelegt werden (vgl nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 151 RdNr 2c mwN). Eine solche Bedingung hat der Antragsteller jedoch gestellt: Denn er begehrt nur dann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Hinblick auf die Berufungsfrist und "beabsichtigt" nur dann Berufung einzulegen, wenn die Beschwerde hinsichtlich des ablehnenden Urteilsberichtigungsbeschlusses des SG zurückgewiesen wird. Hierbei handelt es sich um eine unzulässige Bedingung. Darüber hinaus kann die Berufungseinlegung und damit zusammenhängend der Wiedereinsetzungsantrag generell nicht mit einem Beschwerdeverfahren über die ablehnende Berichtigung eines Urteils verknüpft werden.
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 67 SGG) nicht in Betracht gekommen wäre. Denn die Rechtsmittelbelehrung des SG im Urteil vom 25.10.2011 war zutreffend. Der Antragsteller wäre daher nicht ohne Verschulden gehindert gewesen, das in der Rechtsmittelbelehrung angegebene Rechtsmittel (Berufung) einzulegen. Gegebenenfalls hätte sich der Antragsteller rechtzeitig rechtskundig beraten lassen müssen. Mangelnde Rechtskenntnis stellt in aller Regel kein unverschuldetes Hindernis iSd § 67 Abs 1 SGG dar; ein juristisch nicht vorgebildeter Bürger muss bei ihm nicht geläufigen Rechtsfragen grundsätzlich juristischen Rat einholen (vgl BVerwG 07.10.2009, 9 B 83/09, NVwZ-RR 2010, 36 mwN).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen den eine Urteilsberichtigung ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart (SG). In dem zugrundeliegenden Gerichtsverfahren stritten die Beteiligten über die Sozialversicherungspflicht einer "Ferienbeschäftigung".
Der 1989 geborene Antragsteller war zwischen seinem Schulabschluss und dem Beginn eines entwicklungspolitischen Freiwilligendienstes ca. einen Monat bei der B. R. AG beschäftigt. Mit den angefochtenen Bescheid vom 26.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.03.2009 stellte die Antragsgegnerin die Sozialversicherungspflicht der Beschäftigung fest. Hiergegen wandte sich der Antragsteller mit seiner beim SG erhobenen Klage. In der mündlichen Verhandlung vom 25. Oktober 2011 beantragte seine Bevollmächtigte, den Bescheid der Antragsgegnerin vom 26.11.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.03.2009 aufzuheben und festzustellen, dass die in der Zeit vom 16.06.2008 bis 18.07.2008 ausgeübte Beschäftigung des Antragstellers bei der B. R. AG in der gesetzlichen Sozialversicherung versicherungsfrei gewesen ist.
Mit Urteil vom 25.10.2011 hat das SG die Klage abgewiesen. Das Urteil, das der Bevollmächtigten des Antragstellers am 07.03.2012 zugestellt worden ist, ist mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen, der zufolge gegen die Entscheidung Berufung eingelegt werden kann.
Mit Schriftsatz vom 12.03.2012 (Eingang beim SG am 14.03.2012) hat der Antragsteller u.a. die Berichtigung des Urteils beantragt. Das Urteil sei bezüglich des von ihm gestellten und von der Antragsgegnerin unterstützten Antrags auf Zulassung der Sprungrevision zu ergänzen, ersatzweise die Berufung im Urteil zuzulassen. In der mündlichen Verhandlung sei darüber gesprochen worden, dass wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage, beide Parteien, abhängig davon, wer unterliege, vorzugsweise in Sprungrevision gehen wollten. Seitens des Gerichts sei dazu bemerkt worden, man solle doch zuerst zum Berufungsgericht gehen. Das Gericht habe also jedenfalls ein Rechtsmittel zulassen wollen. Beim Absetzen des schriftlichen Urteils sei nun aber offensichtlich sowohl die Antragstellung als auch die Entscheidung über den Rechtsmittelzulassungsantrag übersehen worden.
Mit Beschluss vom 21.05.2012 hat das SG den Antrag auf Urteilsberichtigung abgelehnt. Ein Versehen sei bei der Abfassung des Urteils vom 25.10.2011 nicht unterlaufen. Entgegen der Beanstandungen des Antragstellers sei das Urteil nicht lückenhaft. Vielmehr belehre es den Antragsteller in klarer und widerspruchsfreier Weise über die Möglichkeit einer Berufung. Der Text des Urteils weiche insoweit von der getroffenen Entscheidung der Kammer nicht ab. Denn die Kammer sei bei der Entscheidung davon ausgegangen, dass die Berufungsbeschränkung nach § 144 Abs 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Streitfall bereits aufgrund des Streitgegenstandes (Feststellung der Versicherungsfreiheit) nicht eingreife und die Berufung gegen das Urteil deshalb keiner Zulassung bedürfe. Von einer Entscheidung über die Zulassung der Sprungrevision habe die Kammer ebenfalls bewusst abgesehen, nachdem diese in der mündlichen Verhandlung nach einem Hinweis des Kammervorsitzenden auf die fehlenden Zulassungsvoraussetzungen von den Beteiligten nicht mehr beantragt worden sei.
Hiergegen richtet sich die am 30.05.2012 beim Landessozialgericht (LSG) eingereichte Beschwerde des Antragstellers, mit der er geltend macht, das Urteil sei zu berichtigen, da versehentlich keine Entscheidung über den von beiden Beteiligten gestellten Antrag auf Zulassung der Sprungrevision getroffen worden sei. Hilfsweise sei im Hinblick auf die Berufung ("lege Berufung ein") Wiedereinsetzung zu gewähren. Er sei davon ausgegangen, dass die Berufungssumme wegen der insoweit streitigen Rückforderung iHv 480,50 EUR nicht erreicht werde. Wegen des widersprüchlichen Verhaltens des SG sei das eingetretene Fristversäumnis unverschuldet. Nach Gewährung von Wiedereinsetzung sei "beabsichtigt", Berufung einzulegen. Der Antragsteller hat in diesem Zusammenhang Ausführungen zur Berufungsbegründung gemacht.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Die gemäß §§ 172, 173 SGG statthafte und im Übrigen zulässige Beschwerde des Antragstellers ist unbegründet. Das SG hat zu Recht eine Urteilsberichtigung abgelehnt. Die hilfsweise eingelegte Berufung und die in diesem Zusammenhang hilfsweise beantragte Widereinsetzung in den vorigen Stand sind unzulässig.
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Entscheidung des SG vom 21.05.2012, in der es die Berichtigung des Urteils vom 25.10.2011 abgelehnt hat, weil die Voraussetzungen des § 138 Abs 1 SGG nicht vorliegen. Nur hierüber kann der Senat gemäß § 172 Abs 1 SGG entscheiden. Die Voraussetzungen des § 138 Abs 1 SGG hat das SG zutreffend verneint. In Kenntnis des Beschwerdevorbringens des Antragstellers schließt sich der Senat den Ausführungen des SG vollumfänglich an und sieht deshalb von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 142 Abs 2 S 3 SGG).
Auch die Hilfsanträge haben keinen Erfolg, da sie bereits unzulässig sind. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Berufung eine Prozesshandlung ist. Die Berufung kann also nicht bedingt ("hilfsweise") eingelegt werden (vgl nur Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 151 RdNr 2c mwN). Eine solche Bedingung hat der Antragsteller jedoch gestellt: Denn er begehrt nur dann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Hinblick auf die Berufungsfrist und "beabsichtigt" nur dann Berufung einzulegen, wenn die Beschwerde hinsichtlich des ablehnenden Urteilsberichtigungsbeschlusses des SG zurückgewiesen wird. Hierbei handelt es sich um eine unzulässige Bedingung. Darüber hinaus kann die Berufungseinlegung und damit zusammenhängend der Wiedereinsetzungsantrag generell nicht mit einem Beschwerdeverfahren über die ablehnende Berichtigung eines Urteils verknüpft werden.
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass auch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 67 SGG) nicht in Betracht gekommen wäre. Denn die Rechtsmittelbelehrung des SG im Urteil vom 25.10.2011 war zutreffend. Der Antragsteller wäre daher nicht ohne Verschulden gehindert gewesen, das in der Rechtsmittelbelehrung angegebene Rechtsmittel (Berufung) einzulegen. Gegebenenfalls hätte sich der Antragsteller rechtzeitig rechtskundig beraten lassen müssen. Mangelnde Rechtskenntnis stellt in aller Regel kein unverschuldetes Hindernis iSd § 67 Abs 1 SGG dar; ein juristisch nicht vorgebildeter Bürger muss bei ihm nicht geläufigen Rechtsfragen grundsätzlich juristischen Rat einholen (vgl BVerwG 07.10.2009, 9 B 83/09, NVwZ-RR 2010, 36 mwN).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
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