L 5 KR 4539/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 KR 2423/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 4539/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30.06.2010 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Verpflichtung der Beklagten zur Erstattung von Vorverfahrenskosten im Streit.

Der Kläger war bis zum 31.03.2005 als freiwilliges Mitglied bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der T., krankenversichert.

Der Kläger-Vertreter übersandte der Beklagten mit Schreiben vom 11.07.2005 jeweils einzelne Kostennoten (AS 136-129 Vw-Akten) für sechs Widerspruchsverfahren, die er für den Kläger gegen Bescheide vom 26.11.2004, 14.05.2004, 23.03.2005, 08.04.2005, 11.05.2005 und 30.05.2005 geführt hatte. In diesen Bescheiden ging es, soweit anhand der ungeordneten und nicht vollständigen Akten der Beklagten nachvollziehbar, um die Berechnung und Festsetzung von Beitragsrückständen des Klägers, wozu zum Teil nachträgliche Beitragsfestsetzungen erfolgten. Die jeweils auf den 11.07.2005 datierten Kostennoten des Kläger-Vertreters beliefen sich auf 672,80 EUR für den ersten Widerspruch vom 10.12.2004 gegen den Bescheid vom 26.11.2004 und jeweils 870,- EUR für die weiteren fünf Widerspruchsverfahren (für alle sechs Verfahren insgesamt 5.022,80 EUR).

Am 19.12.2005 erließ die T. eine Kostengrundentscheidung (AS 72 SG-Akten), wonach dem Kläger die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen erstattet würden, und die Zuziehung eines Bevollmächtigten als notwendig anerkannt werde, da den Widersprüchen jeweils abgeholfen worden sei.

Mit Bescheid vom 04.01.2006 (AS 22 LSG-Akte) setzte die Beklagte die zu erstattenden Kosten auf 672,80 EUR fest. Hierbei erstattete sie eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2500 VV RVG in Höhe von 280 EUR, eine Erledigungsgebühr nach Nr. 1005, 1002 VV RVG in Höhe von 280 EUR, eine Auslagenpauschale nach Nr.7002 VV RVG in Höhe von 20 EUR sowie die Mehrwertsteuer in Höhe von 92,80 EUR. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Erhebung der weiteren Widersprüche nach dem Widerspruch vom 10.12.2004 habe keine weiteren eigenständigen Widerspruchsverfahren in Gang gesetzt. Die weiteren Widersprüche seien nach § 86 SGG Gegenstand dieses Widerspruchsverfahrens geworden. Den dagegen erhobenen Widerspruch des Kläger-Vertreters (AS 25 LSG-Akte) wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vorn 27.04.2006 zurück.

Dagegen erhob der Kläger am 27.04.2007 Klage vor dem Sozialgericht Freiburg. Er hielt die Beklagte auch zur Erstattung der Kosten der weiteren Widerspruchsverfahren für verpflichtet. Die weiteren Bescheide seien jeweils mit Rechtsbehelfsbelehrungen versehen gewesen, die auf die Einlegung des Widerspruchs hingewiesen hätten. Widerspruch habe deshalb eingelegt werden müssen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht beantragte der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von weiteren 666,40 EUR.

Mit Urteil vom 30.06.2010 verurteilte das Sozialgericht Freiburg die Beklagte, dem Kläger weitere 228,48 EUR zu zahlen, änderte den Bescheid der Beklagten vom 04.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.04.2006 insoweit ab und wies die Klage im Übrigen ab.

Die Beklagte sei zur Erstattung von Kosten in Höhe von weiteren 228,48 EUR verpflichtet. Nach § 63 Abs. 1 S. 1 SGB X habe der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen habe, soweit der Widerspruch erfolgreich sei, demjenigen, der Widerspruch erhoben habe, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Es könne offen bleiben, ob die Beklagte danach auch zur Erstattung der Kosten der nach dem Widerspruch vom 10.12.2004 gegen die weiteren Bescheide eingelegten Widersprüche verpflichtet gewesen sei. Hierfür sprächen die im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 12.02.2010 (L 4 R 803/09) angeführten, überzeugenden Gründe. Die Verpflichtung der Beklagten zur Kostenerstattung auch der weiteren Widersprüche ergebe sich bereits aus der Kostengrundentscheidung vom 19.12.2005, die auf die eingelegten Widersprüche ausdrücklich Bezug nehme und die Beklagte zur Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen verpflichte. Die Beklagte sei damit zur Erstattung der Kosten auch für die späteren Widersprüche verpflichtet. Nach Nr. 2004 erhalte der Rechtsanwalt in sozialrechtlichen Angelegenheiten, in denen im gerichtlichen Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG) eine Geschäftsgebühr in Höhe von 40 bis 520 EUR. Eine Gebühr von mehr als 240 EUR könne nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig gewesen sei. Hiervon ausgehend entspreche die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers nunmehr im Klageverfahren geforderte Mittelgebühr nicht der Billigkeit. Die zusätzlichen Widersprüche bezögen sich auf den identischen Gegenstand des bereits anhängigen, gegen den Bescheid vom 26.11.2004 gerichteten Widerspruchs vom 10.12.2004. Eine weitere Auseinandersetzung in rechtlicher oder sachlicher Hinsicht sei nicht erforderlich gewesen. Es habe sich mithin unter Berücksichtigung des Umfangs, der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit und aber auch der Bedeutung der Angelegenheit um eine solche von aller einfachster Art gehandelt. Ausgehend von einer Geschäftsgebühr in Höhe von jeweils 40 EUR, der Auslagenpauschale in Höhe von jeweils 8 EUR, der daraus zu entrichtenden Umsatzsteuer in Höhe von jeweils 9,12 EUR ergebe sich eine weitere Zahlungsverpflichtung der Beklagten in Höhe von 228,48 EUR.

Gegen das seinem Prozessbevollmächtigten am 10.09.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24.09.2010 Berufung eingelegt. Er macht im Wesentlichen geltend, entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei nicht die Mindestgebühr nach Nr. 2400 VV RVG anzusetzen. Unabhängig von dem Gegenstand der einzelnen Widerspruchsverfahren müsse der rechtliche Sachverhalt immer geprüft werden. Es seien auch jeweils Schriftsätze aufgesetzt worden. Zudem hätten Besprechungen mit dem Mandanten stattgefunden. Die Bedeutung der Angelegenheit sei für den Mandanten zumindest durchschnittlich gewesen. Die Mindestgebühr sei nur bei einfachsten Angelegenheiten anzusetzen. Hierzu gehöre die Verfassung eines Widerspruches sicherlich nicht. Damit erscheine die geforderte hälftige Mittelgebühr für die hier noch streitbefangenen Verfahren angemessen.

Der Kläger hat schriftlich beantragt (sachdienlich gefasst),

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 30.06.2010 und den Bescheid der Beklagten vom 04.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.04.2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, weitere 666,40 EUR zu erstatten.

Die Beklagte hat schriftlich beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Das Sozialgericht habe zutreffend ausgeführt, dass es sich entgegen der Auffassung des Klägers bei den Widersprüchen unter Berücksichtigung des Umfangs, der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, sowie der Bedeutung der Angelegenheit um eine solche von aller einfachster Art gehandelt habe. Der Kläger habe daher keinen weitergehenden Anspruch auf Kostenerstattung.

Mit Schreiben vom 10.1.2012 hat die Berichterstatterin den Bevollmächtigten des Klägers darauf hingewiesen, dass der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Ziff. 1 SGG von 750 EUR nicht erreicht wird und die Berufung daher - ungeachtet der unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung - unzulässig ist. Mit weiterem Schreiben vom 07.05.2012 wurden die Beteiligten darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, über die Berufung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter zu entscheiden.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten sowie auf die Gerichtsakten des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

II.

Der Senat weist die Berufung des Klägers durch Beschluss nach § 158 SGG zurück, weil sie bereits unstatthaft ist und der Senat eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt.

Weder das Sozialgericht noch der Senat haben die Berufung gegen die angegriffene Entscheidung zugelassen. Der Wert des Beschwerdegegenstands der auf Gewährung von weiteren Vorverfahrenskosten gerichteten Klage übersteigt auch nicht 750,00 EUR. Die insoweit unzutreffende Rechtsmittelbelehrung des angegriffenen Urteils stellt keine Entscheidung des Sozialgerichts über die Zulassung der Berufung dar (Meyer-Ladewig, SGG, 10. Aufl., § 144 RdNr. 44 m.w.N.).

Bei einer Klage auf Gewährung einer Geldleistung ist der Wert des Beschwerdegegenstandes im Berufungsverfahren (§ 144 Abs. 1 SGG) lediglich nach dem Geldbetrag zu berechnen, um den unmittelbar gestritten wird. Rechtliche oder wirtschaftliche Folgewirkungen der Entscheidung über den eingeklagten Anspruch bleiben außer Ansatz (BSG, Beschluss vom 06.02.1997 - 14/10 BKg 14/96 -, veröffentlicht in Juris mit Nachweis).

Gegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung waren nach dem dort gestellten Klageantrag weitere Vorverfahrenskosten in Höhe von 666,40 EUR. Einen Betrag in dieser Höhe wollte der Kläger vom Senat zugesprochen bekommen (vgl. Berufungsschrift vom 24.09.2010). Der in § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG vorgegebene Beschwerdewert von 750 EUR ist damit nicht erreicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG), liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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