L 5 R 3961/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 12 R 1344/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 3961/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 31.8.2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Unter dem 18.12.2008 beantragte der Kläger eine stationäre Rehabilitationsbehandlung. Am 19.1.2009 gab er auf einem die Gewährung von Übergangsgeld betreffenden Formular an, er beziehe Arbeitslosengeld II. Unter Bezugnahme hierauf forderte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 3.2.2009 zur Vorlage eines Bewilligungsbescheids auf. Mit Schreiben vom 21.2.2009 übersandte der Kläger einen Bewilligungsbescheid der Agentur für Arbeit U. über die Bewilligung von Arbeitslosengeld II vom 1.12.2008 bis 31.5.2009.

Der Kläger absolvierte vom 26.1.2009 bis 20.2.2009 eine stationäre Rehabilitationsbehandlung in der F., Bad B. (Entlassungsbericht vom 25.2.2009).

Mit Bescheid vom 17.8.2009 lehnte die Beklagte die Gewährung von Übergangsgeld ab. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger gehöre nicht zum Kreis der gem. § 20 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) anspruchsberechtigten Personen.

Mit Schreiben vom 20.8.2009 machte der Kläger geltend, die Beklagte habe den Gesetzestext des § 20 SGB VI (in der Fassung des Gesetzes vom 23.7.2004, BGBl. I 5. 1842) nicht richtig wiedergegeben. Mit Schreiben vom 11.9.2009 trug er vor, Grund für die Rehabilitationsbehandlung müsse die bei seinem Arbeitsunfall vom 6.2.2007 erlittene Rückenverletzung sein. Die lumbale Schwellung sei jedoch in der F. absichtlich nicht diagnostiziert worden. Außerdem habe man die trügerische Diagnose einer psychosomatischen Erkrankung gestellt. Im Entlassungsbericht vom 25.2.2009 sei nicht erwähnt, dass er Krücken habe benutzen müssen. Wegen des verfälschten Entlassungsberichts habe ihm die Beklagte nichts gezahlt und ihm den verfälschten Gesetzestext des § 20 SGB VI übersandt. Durch Betrug der Dr. K. bleibe sein Arbeitsunfall vom Februar 2007 nicht anerkannt und er warte wegen der Rückenverletzung immer noch auf eine korrekte Behandlung. Die Beklagte solle ihm erklären, warum sie die Rehabilitationsbehandlung vom 26.1.2009 bis 20.2.2009 nach § 15 SGB VI nicht bezahlt habe und wer die Kosten getragen habe. Ein von der Beklagten vorgeschlagenes Beratungsgespräch lehnte der Kläger ab (Schreiben vom 22.9.2009).

Mit Bescheid vom 24.9.2009 lehnte die Beklagte die Gewährung von Übergangsgeld für die Zeit vom 26.1.2009 bis 20.2.2009 nach erneuter Überprüfung (nochmals) ab. Zur Begründung führte sie aus, der Kläger habe laut beiliegendem Versicherungsverlauf vor der Rehabilitationsbehandlung folgende Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt:

Versicherungspflichtige Beschäftigung: 8.7.2002 - 30.6.2003 Versicherungspflichtige Beschäftigung: 22.9.2003 - 30.9.2003 Bezug von Arbeitslosengeld I: 8.10.2003 - 4.4.2004 Bezug von Arbeitslosengeld II: 5.4.2004 - 18.4.2004 Bezug von Arbeitslosengeld II: 10.5.2004 - 20.12.2006 Bezug von Arbeitslosengeld II: ab 1.1.2007

Man habe das Leistungsbegehren unter Berücksichtigung des § 20 SGB VI nochmals geprüft. Arbeitslosengeld II beziehenden Versicherten stehe Übergangsgeld zu, wenn zuvor aus Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen Pflichtbeiträge zur Rentenversicherung gezahlt worden seien. Folge der Anspruch auf Arbeitslosengeld II lückenlos auf den Bezug von Arbeitslosengeld I, sei für die Anspruchsprüfung auf die Verhältnisse vor dem Bezug des Arbeitslosengeldes I abzustellen. Der Kläger erhalte Arbeitslosengeld II nicht lückenlos nach dem Bezug von Arbeitslosengeld I. Lücken bestünden vom 19.4.2004 bis 9.5.2004 und vom 21.12.2006 bis 31.12.2006.

Mit Schreiben vom 24.09.2009 machte der Kläger erneut geltend, die Beklagte habe den Gesetzestext des § 20 SGB VI verfälscht. Die schmerzhafte lumbale Schwellung infolge des Arbeitsunfalls vom 6.2.2007 sei von inkompetenten Ärzten der F. absichtlich nicht diagnostiziert worden. Statt dessen habe man eine psychosomatische Erkrankung behauptet. Man möge die Angelegenheit überprüfen und ihm eine konkrete Erklärung über das Fehlen des Anspruchs auf Übergangsgeld geben.

Mit Schreiben vom 2.10.2009 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 24.9.2009 ein. Unter dem 30.7.2007 habe die Agentur für Arbeit U. bestätigt, dass die Lücken im Bezug von Arbeitslosengeld II vom 19.4.2004 bis 9.5.2004 irrtümlich angenommen worden seien. Wegen dieser Angelegenheit sei ein Widerspruchsverfahren anhängig. Mit Schreiben vom 6.9.2007 sei bestätigt worden, dass auch die angebliche Lücke im Bezug von Arbeitslosengeld II vom 21.12.2006 bis 31.12.2006 in Wahrheit nicht vorliege. Die Rehabilitationsbehandlung sei nicht gezahlt worden, um eine Rückenverletzung, die durch einen Arbeitsunfall wegen unzumutbarer Arbeitsbedingungen verursacht worden sei, unter den Tisch fallen zu lassen.

Nachdem die Beklagte bei der Agentur für Arbeit U. zur Gewährung von Arbeitslosengeld I bzw. Arbeitslosengeld II nachgefragt hatte (Antwortschreiben vom 4.2.2010), wies sie den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26.3.2010 zurück. Übergangsgeld nach § 20 SGB VI stehe dem Kläger nicht zu, da er Arbeitslosengeld II nicht zeitlich lückenlos nach dem Bezug von Arbeitslosengeld I erhalten habe. Es bestünden Lücken im Bezug von Arbeitslosengeld II vom 19.4.2004 bis 9.5.2004 und vom 21.12.2006 bis 31.12.2006.

Am 16.4.2010 erhob der Kläger Klage beim Sozialgericht Ulm. Er trug vor, er habe mit der Übersendung einer CD mit 18 Bildern seiner Rückenverletzung, die durch den Arbeitsunfall am 6.2.2007 verursacht worden sei, den eigentlichen Grund für die Rehabilitationsbehandlung vom 26.1.2009 bis 26.2.2009 nachgewiesen. Da seine Klage gegen korrumpierte Ärzte und gegen die Firma G. L. S. GmbH & Co OHG in U. wegen unzumutbarer Arbeitsbedingungen im Sande verlaufen sei, sei die traumatische Rückenverletzung von der F. nicht diagnostiziert worden. Für eine korrekte Diagnose habe er nach I. fahren müssen, da die deutschen Ärzte seinen Rücken nicht hätten untersuchen wollen. I. Radiologen hätten Bandscheibenvorfälle festgestellt, die die deutschen Ärzte nicht hätten ansehen wollen. In der F. habe man keine weiteren Untersuchungen durchgeführt, um die Bandscheibenvorfälle, die durch unangemessene Tätigkeit bei dem genannten Unternehmen verursacht worden seien, zu vertuschen. Die Beklagte habe deswegen auch durch völliges Fehlen von Transparenz den Betrug der F. bezüglich Deckung des Amtsgerichts begünstigt. Er verklage die Beklagte wegen Begünstigung und der Verfälschung seiner Krankenunterlagen.

Unter dem 12.7.2010 trug der Kläger ergänzend vor, er verstehe nicht, warum in der Klage neben der Gewährung von Übergangsgeld nicht auch eine Gewährung von Schmerzensgeld oder der Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung in Betracht gezogen werde.

Auf Hinweise des Sozialgerichts durch Verfügungen vom 5.7.2010 und 15.7.2010, wonach der Bescheid vom 17.8.2009/Widerspruchsbescheid vom 26.3.2010 (Gewährung von Übergangsgeld) Streitgegenstand sein dürfte, führte der Kläger unter dem 17.7.2010 aus, einen Antrag auf Gewährung von Übergangsgeld habe er bei der Beklagten nicht gestellt. Im Widerspruchsbescheid vom 26.3.2010 sei dies ohne Grund behandelt worden. Der eigentliche Schwerpunkt der Rechtssache bestehe nicht in einem Anspruch auf Übergangsgeld, sondern in der Frage, warum eine medizinische Rehabilitation erst im Januar 2009 in Betracht gezogen worden sei, ferner in der falschen Diagnosestellung der Ärzte, die ihn vom 7.2.2007 bis 25.1.2009 behandelt hätten, was zu einer kontraproduktiven Behandlung während der Rehabilitationsmaßnahme geführt habe und in der Weigerung der A., ihm Einsicht in seine Unterlagen von 2009 zu gewähren. Die Beklagte solle sich den Schwerpunkten und seiner tatsächlichen körperlichen Verfassung annehmen. Sie habe jedoch mutwillig und absichtlich seine Beschwerde gefälscht, damit sich ein anderer Sachverhalt ergebe. Zuvor hatte der Kläger unter dem 12.7.2007 vorgetragen, ihm sei unverständlich, weshalb die Klage neben der Gewährung von Übergangsgeld nicht auch die Gewährung von Schmerzensgeld oder einen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente in Betracht ziehe.

Mit weiterem Schreiben vom 29.7.2010 betonte der Kläger auf erneuten Hinweis des Sozialgerichts vom 28.7.2010 (nur die Gewährung von Übergangsgeld könne zulässigerweise im Klageverfahren verfolgt werden) wiederum, einen Antrag auf Übergangsgeld habe er bei der Beklagten nicht gestellt, weswegen ein entsprechender Ablehnungs- bzw. Widerspruchsbescheid nicht hätte ergehen dürfen.

Mit Gerichtsbescheid vom 31.8.2011 wies das Sozialgericht die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, die Klage sei unzulässig. Der Kläger habe ursprünglich den Bescheid vom 17.8.2009 bzw. den Bescheid vom 24.9.2009 und den Widerspruchsbescheid vom 26.3.2010 (irrtümlich mit dem Datum des 25.3.2010 bezeichnet) über die Ablehnung von Übergangsgeld für die Zeit der Rehabilitationsbehandlung in der F. Bad B. (26.1.2009 bis 20.2.2009) angefochten. Weitergehende Regelungen seien in den genannten Bescheiden nicht getroffen worden. Neben der Gewährung von Übergangsgeld sei Gegenstand des Klageverfahrens (allenfalls noch) ein vom Kläger im Schriftsatz vom 12.7.2010 angesprochener Anspruch auf Erwerbsminderungsrente. Der Kläger habe unter dem 17.7.2010, 29.7.2010 und 15.7.2011 bekräftigt, Übergangsgeld nicht beantragt zu haben und einen solchen Anspruch auch vor Gericht nicht verfolgen zu wollen. Er habe daher offensichtlich kein Rechtsschutzbedürfnis an einer gerichtlichen Überprüfung der genannten Bescheide. Hinsichtlich des im Schriftsatz vom 12.7.2010 erstmals erwähnten Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung habe ein Verwaltungsverfahren nicht stattgefunden. Die Klage sei daher insgesamt unzulässig.

Auf den ihm am 2.9.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 12.9.2011 Berufung eingelegt. Er trägt vor, ein Formblatt zur Prüfung des Anspruchs auf Übergangsgeld habe er der Beklagten nicht übersandt. Er habe mit Schreiben vom 19.1.2009 nur die Übernahme von Taxikosten beantragt, da er wegen seiner Rückenleiden seit November 2007 auf Krücken angewiesen sei. Diesen Antrag habe die Beklagte nicht nur abgelehnt, sondern außerdem seinen Reha-Antrag vom 18.12.2008 aufgrund der Verordnung der Dr. K. vom 7.8.2008 wegen Arbeitsunfall vom 6.2.07 absichtlich falsch bearbeitet. Das Sozialgericht boykottiere seine Klagen. Im Schreiben vom 15.06.2012 teilte er mit, Gegenstand seiner Klage sei nicht das Übergangsgeld, sondern eine Falschdiagnose, aufgrund deren er von der F. im Februar 2009 fehlerhaft als arbeitsfähig beurteilt worden sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Ulm vom 31.8.2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 17.8.2009 in der Fassung des Bescheids vom 24.9.2009 und des Widerspruchsbescheids vom 26.3.2010 zu verurteilen, ihm Übergangsgeld für die Dauer der medizinischen Rehabilitationsbehandlung in der F., Bad B., vom 26.1.2009 bis 20.2.2009 zu gewähren und ihm außerdem eine Rente wegen Erwerbsminderung zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Auf Anfrage des Senats teilte sie mit, dass das Übergangsgeld bei Beziehern von Arbeitslosengeld II grundsätzlich der Höhe nach dem zuvor bezogenen Arbeitslosengeld II entspricht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze sowie die Akten der Beklagten, des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gem. §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch sonst zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Das Sozialgericht hat dem Vorbringen des Klägers den Streitgegenstand des Gerichtsverfahrens zutreffend entnommen und in prozessrechtlicher Hinsicht auch zutreffend gewürdigt. Die Klage ist hinsichtlich der Gewährung von Übergangsgeld und von Erwerbsminderungsrente mangels Rechtsschutzbedürfnisses bzw. mangels vorgängigen Verwaltungsverfahrens nicht zulässig (vgl. § 54 Abs. 1 sowie § 78 Abs. 1 SGG). Der Senat nimmt hierfür auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Gerichtsbescheids Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG). Der Mangel der Zulässigkeit der Klage führt zur Unbegründetheit der Berufung. Ergänzend sei angemerkt:

Die Frage, aus welchen Gründen dem Kläger die stationäre Rehabilitationsbehandlung in der F., Bad B., gewährt worden war, kann nicht zum (selbständigen) Gegenstand eines sozialgerichtlichen Verfahrens gemacht werden; eine hierauf gerichtete Klage ist nicht statthaft. Dies gilt auch für die Gründe, von denen sich die dortigen Ärzte bei ihrer Diagnosestellung haben leiten lassen. Nicht Streitgegenstand des vorliegenden (Berufungs-)Verfahrens sind auch unfallversicherungsrechtliche Sachverhalte bzw. damit in Zusammenhang stehende Begehren des Klägers. Hierüber hatte das Sozialgericht in dem am 16.04.2010 anhängig gemachten Verfahren nicht und hat der Senat im Berufungsverfahren ebenfalls nicht zu befinden. Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung sind nicht gegen die Beklagte als Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung geltend zu machen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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