L 5 R 1113/10

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 R 1062/09
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 R 1113/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 27.01.2010 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Erstattung der über den Festbetrag der GKV hinausgehenden Mehrkosten der digitalen Hörgeräte des Klägers.

Der 1954 geborene Kläger ist gelernter Fernmeldehandwerker und als Glasfasermonteur tätig.

Mit Antrag vom 17.12.2007 beantragte er bei der Beklagten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form der Gewährung von Hörgeräten, da er wegen seiner Schwerhörigkeit erhebliche Verständigungsprobleme bei der Auftragsannahme und bei Kunden habe, was zu ständigen Konfrontationen mit seinem Vorgesetzten führe. Bei Teamsitzungen und Schulungsmaßnahmen falle es ihm schwer zu folgen und er müsse immer öfter nachfragen. Die gleiche Problematik ergebe sich beim Telefonieren und bei Verabredungen und Wünschen der Kunden. Die hierfür benötigten Hörgeräte könne er aus eigenen Mitteln nicht finanzieren.

Die Beklagte holte einen Befundbericht des behandelnden HNO-Arztes ein, ließ sich einen Kostenvoranschlag der Hörgeräte Sch. & M. vom 22.10.2007 (Eigenanteil 1.847,00 EUR) vorlegen und lehnte nach Anhörung des sozialmedizinischen Dienstes mit Bescheid vom 21.02.2008 den Antrag ab. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers sei in Bezug auf seine Beschäftigung als Glasfasermonteur ohne qualifizierte Hörhilfe nicht erheblich gefährdet oder gemindert. Eine Kostenübernahme durch den Rentenversicherungsträger sei daher nicht möglich.

Der Kläger legte dagegen am 10.03.2008 Widerspruch ein und wies auf die Gefährdung seines Arbeitsverhältnisses durch die Kommunikationsschwierigkeiten wegen des teilweisen Verlusts seiner Hörfähigkeit hin. Er reichte einen aktueller Befundbericht der Dres. R./M. (HNO) vom 19.03.2008 ein, in dem eine deutliche Hörverschlechterung über die Jahre beschrieben wurde. Ohne Hörgeräte sei kaum eine Konversation möglich. Die alten Hörgeräte seien schon sieben Jahre alt und eine neue Hörgeräteversorgung werde aus HNO-Sicht befürwortet. Als Diagnosen wurden Gehörgangsextostose und Innenohrschwerhörigkeit genannt. Die D. GmbH teilte in einer Auskunft vom 07.04.2008 u. a. mit, für die Arbeit des Klägers sei eine außerordentliche Konzentration erforderlich sowie angestrengtes Sehen (Feinarbeiten). Durch eingeschränktes Hören steige das Gefahrenrisiko in allen Montagebereichen. Auf Anfrage der Beklagten teilte der Betriebsarzt Dr. N., Facharzt für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin, am 26.06.2008 mit, aus betriebsärztlicher Sicht hätten sich keine Änderungen beim Kläger ergeben, die digitale Hörhilfen zwingend erforderlich machten. Grundsätzlich seien aus seiner Sicht noch gut angepasste analoge Hörgeräte anwendbar.

Der Kläger trug noch vor, er sei sowohl im Innen- als auch im Außenbereich eingesetzt, überwiegend im Außenbereich. Es sei erforderlich, dass er etwaige Warnsignale rechtzeitig höre und orte. Bei Außentätigkeiten habe er überwiegend alleine die Montagetätigkeiten auszuführen, weshalb er einer erhöhten Sicherheitsgefährdung ausgesetzt sei, gerade in unmittelbarer Nähe des allgemeinen Straßenverkehrs. Die analogen Hörgeräte seien nicht hinreichend geeignet, hier rechtzeitig Warnsignale etc. zu orten. Dies habe der Betriebsarzt Dr. N. nicht hinreichend berücksichtigt. Der Kläger legte einen Befundbericht der Dres. R./M. vom 27.11.2008 vor, wonach bei ihm eine mittelgradige Innenohrschwerhörigkeit beidseits, zunehmend seit Jahren vorliege und eine Versorgung mit neuen Hörgeräten befürwortet werden, da die alten bereits im Jahr 2000 verordnet worden seien.

Der Kläger beschaffte sich im Mai 2008 digitale Hörgeräte und leistete dafür einen Eigenanteil von 1.847,00 EUR (Rechnung der Hörgeräte Sch. & M. GmbH vom 27.05.2008).

Mit Widerspruchsbescheid vom 05.03.2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sowohl nach Auffassung der ärztlichen Sachverständigen der Beklagten als auch des Betriebsarztes des Klägers sei in seinem Fall die Hörgeräteversorgung über die Krankenkasse ausreichend. Seine Erwerbsfähigkeit sei ohne die gewünschten qualifizierten Hörhilfen - bezogen auf die derzeit ausgeübte Beschäftigung - nicht erheblich gefährdet bzw. gemindert.

Am 02.04.2009 erhob der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Mannheim. Er vertrat weiterhin die Auffassung, er sei zur Ausübung seines Berufes auf die digitalen Hörgeräte zwingend angewiesen. Digitale Geräte könnten sich selbst nachjustieren. Er habe auch analoge Geräte getestet. Dabei habe er festgestellt, dass die Verständigung nicht gewährleistet gewesen sei und dadurch erhebliche betriebliche Probleme entstanden seien.

Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts befragte das Sozialgericht die HNO-Ärzte Dres. R./M. in M. schriftlich als sachverständige Zeugen. In seiner Stellungnahme vom 27.07.2009 führte Dr. R. aus, der Kläger klage seit 1997 über eine Hörminderung, die über die Jahre deutlich zugenommen habe. Die Innenohrschwerhörigkeit führe beim Kläger trotz Hörgeräten zu einer Hörminderung. Eine digitale Hörgeräteversorgung sei meistens effektiver als eine analoge Versorgung. Da die Arbeitskraft des Kläger erhalten werden solle, würden eher digitale Geräte befürwortet.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 27.01.2010 gab der Kläger an, die Krankenkasse habe den üblichen Festbetrag geleistet. Dagegen sei er nicht vorgegangen. Sein Eigenanteil belaufe sich für beide Hörgeräte zusammen auf etwa 2.000 EUR.

Mit Urteil vom 27.01.2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Hörgeräteversorgung als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben bzw. auf Erstattung der Kosten für die Beschaffung digitaler Hörgeräte. Gemäß § 15 SGB IX sei der zuständige Rehabilitationsträger unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen für eine erforderliche Leistung verpflichtet, wenn der Leistungsberechtigte sich diese selbst beschafft, nachdem der Rehabilitationsträger die Leistung zu Unrecht abgelehnt habe. Die Beklagte habe aber die Versorgung mit digitalen Hörgeräten vorliegend zu Recht abgelehnt. Die Rentenversicherung erbringe Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, um den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wieder einzugliedern (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VI). Neben den versicherungsrechtlichen Voraussetzungen müssten hierfür die sogenannten persönlichen Voraussetzungen des § 10 SGB VI erfüllt sein. Hiernach müsse die Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert sein und es müsse voraussichtlich a) bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden, b) bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden können, c) bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit der Arbeitsplatz durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erhalten werden können (§ 10 Abs. 1 SGB VI). Nach dem Gesamtergebnis der gerichtlichen Sachaufklärung sei jedoch die Versorgung des Klägers mit höherwertigen digitalen Hörgeräten als zum Festbetrag nicht aufgrund der besonderen beruflichen Anforderungen als Fernmeldehandwerker bzw. Glasfasermonteur erforderlich. Der behandelnde HNO-Arzt Dr. R. habe lediglich eine zunehmende Innenohrschwerhörigkeit beschrieben und allgemein ausgeführt, die digitale Hörgeräteversorgung sei meistens effektiver als eine analoge Versorgung. Er befürworte zur Erhaltung der Arbeitskraft des Klägers eher digitale Geräte. Der Betriebsarzt des Klägers habe ausdrücklich dargelegt, gut angepasste analoge Hörgeräte müssten ausreichen. Dementsprechend sei aus HNO-medizinischer Sicht die Erforderlichkeit der vorgenommenen digitalen Hörgeräteversorgung über den Festbetrag hinaus zur Gewährleistung eines ausreichenden Hörvermögens nicht belegt. Darüber hinaus sei auch anhand der Schilderungen des Klägers selbst in der mündlichen Verhandlung am 27.01.2010 deutlich geworden, dass bei Beschränkung der Hörgeräteversorgung auf den Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenkasse keine erhebliche Gefährdung der Erwerbsfähigkeit des Klägers im Hinblick auf seine berufliche Tätigkeit als Fernmeldehandwerker eintrete. Entscheidend in der Tätigkeit des Klägers sei eine sorgfältige und präzise Arbeitsweise mit erheblichen Anforderungen an die Feinmotorik. Das Hörvermögen benötige der Kläger in erster Linie zur Verständigung mit Arbeitskollegen und Kunden, insbesondere zur Entgegennahme von Arbeitsaufträgen, aber auch zur Absprache mit Kollegen, wenn mehrere Personen an verschiedenen Stellen eines Kabels im Rahmen der Reparatur einzelne Arbeiten vornehmen und diese miteinander abstimmen müssten. Außerdem könne ein gutes Hörvermögen, insbesondere auch das Orten der Richtung, aus der ein Geräusch komme, wichtig sein, um bei Arbeiten im Außenbereich Gefahren etwa durch den Straßenverkehr ausweichen zu können. Insgesamt handele es sich aber zur Überzeugung der Kammer bei der Tätigkeit des Klägers nicht um eine Tätigkeit mit besonderen Anforderungen an das Hörvermögen. Die Notwendigkeit, Arbeitsanweisungen entgegenzunehmen und Arbeitsrhythmen mit den Kollegen abzustimmen, bestehe in einer nahezu unübersehbaren Vielfalt von beruflichen Tätigkeiten. Auch Umgebungsgeräusche seien bei einer Vielzahl beruflicher Tätigkeiten vorhanden. Insoweit gingen die an den Kläger in seiner Tätigkeit gestellten Anforderungen über die im Berufs- und Alltagsleben üblicherweise gestellten Anforderungen nicht wesentlich hinaus. Besondere berufsspezifische Anforderungen an das Hörvermögen seien daher nicht zu erkennen, weshalb der Kläger auf die Hörgeräteversorgung durch die Krankenversicherung nach Maßgabe des SGB V zu verweisen sei.

Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 08.02.2010 zugestellte Urteil hat der Kläger am 05.03.2010 Berufung eingelegt und sich auf die Entscheidung des Bundessozialgerichtes vom 21.08.2008 (Az.: B 13 R 33/07 R) bezogen. Danach sei sorgfältig zu ermitteln, wer der "erst angegangene Träger" sei. Falls dieser nicht auch "originär zuständig" sei, sei weiter zu ermitteln, ob dieser innerhalb von 2 Wochen seine Unzuständigkeit festgestellt und den Antrag an einen anderen Reha-Träger weitergeleitet habe. Vorliegend sei mangels anderer Anhaltspunkte die Beklagte der erst angegangene Träger. Es gebe auch keinerlei Anzeichen, dass die Beklagte innerhalb von 2 Wochen ihre Unzuständigkeit festgestellt und den Antrag an die ihrer Meinung nach zuständige Stelle weitergeleitet hat. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts sei die Beklagte sehr wohl zuständig, zumindest deshalb, weil keine Weiterleitung des Antrages erfolgt sei. Nach der genannten Rechtsprechung habe die Beklagte dieselben Leistungen zu erbringen wie die Krankenversicherung. Hierbei sei zu beachten, dass eine Festbetragsregelung insoweit nicht zum Tragen komme, wenn hierdurch kein Hörgerät angeschafft werden könne, dass in der Lage sei, das fehlende Hörvermögen auszugleichen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts müssten auch Kosten für höherwertige Geräte übernommen werden, die für den Ausgleich der Behinderung erforderlich seien. Die Differenzierung nach den berufsspezifischen Anforderungen des Hörvermögens gingen an der Sache vorbei. Der Kläger bezifferte seinen Erstattungsanspruch mit einem Betrag von 1.867,00 EUR und legte hierzu die Rechnung der Hörgeräte Sch. M. GmbH vom 27.05.2008 vor.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 27.01.2010 und den Bescheid der Beklagten vom 21.02.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 05.03.2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm 1.867,00 EUR für seine selbstbeschafften digitalen Hörgeräte der Marke Opticon zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie bezieht sich auf die Gründe des angefochtenen Urteils.

Der Senat hat die Verwaltungsvorgänge der D. über die Kostenerstattung für die streitgegenständlichen Hörgeräte beigezogen. Daraus ergibt sich, dass der Kläger am 19.02.2008 die volle Kostenübernahme für sein Hörgerät beider B. beantragt und die B. mit Bescheid vom 21.07.2010 die Erstattung des über den Festbetrag hinausgehenden Mehrbetrages abgelehnt hat, weil die Übernahme der Mehrkosten nicht vor der Genehmigung der Festbeträge beantragt worden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakten des Sozialgerichts und des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist gem. §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, da der streitige Erstattungsbetrag von 1.867,00 EUR den Beschwerdewert in Höhe von 750 EUR übersteigt. Sie ist auch sonst zulässig (§ 151 SGG).

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Erstattung seines Eigenanteils an den digitalen Hörgeräten zu Recht abgelehnt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf diese Leistung. Das Sozialgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Der beklagte Rentenversicherungsträger ist nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX als erstangegangener Rehabilitationsträger im Verhältnis zum Kläger zur Prüfung aller in Betracht zu ziehenden rehabilitationsrechtlichen Anspruchsgrundlagen verpflichtet. Nach dieser Vorschrift verliert der materiell-rechtlich - eigentlich - zuständige Rehabilitationsträger im Außenverhältnis zum Versicherten oder Leistungsempfänger seine originäre Zuständigkeit für eine Teilhabeleistung, sobald der zuerst angegangene Rehabilitationsträger eine i.S. von § 14 Abs. 1 SGB IX fristgerechte Zuständigkeitsklärung versäumt hat und demzufolge die Zuständigkeit nach allen in Betracht kommenden rehabilitationsrechtlichen Rechtsgrundlagen auf ihn übergegangen ist. Diese Zuständigkeit nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX erstreckt sich im Außenverhältnis zwischen dem Kläger und dem erstangegangenen Rehabilitationsträger auf alle Rechtsgrundlagen, die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind (BSG, Urteil vom 20.10.2009 - B 5 R 5/07 R - in Juris). Zuständig ist derjenige Träger, der von dem Versicherten bzw. Leistungsbezieher erstmals mit dem zu beurteilenden Antrag auf Bewilligung einer Leistung zur Teilhabe befasst worden ist, hier also die beklagte D. (BSG 25.06.2009 - B 3 KR 4/08 R - in Juris). Denn der Kläger hat seinen Antrag bei der Beklagten am 17.12.2007 gestellt, einen Antrag bei der Krankenkasse auf Übernahme der den Festbetrag übersteigenden Mehrkosten hingegen erst am 22.02.2010. Aus § 14 SGB IX folgt deshalb auch, dass eine Beiladung der zuständigen Krankenkasse nicht erforderlich war, weil sich der Anspruch des Klägers ausschließlich gegen den beklagten Rentenversicherungsträger richtet.

Im Rahmen ihrer Zuständigkeit als Träger von Leistungen zur Teilhabe kommen zunächst Ansprüche nach dem für die Beklagte selbst geltenden Leistungsgesetz, dem Sozialgesetzbuch Sechstes Buch -SGB VI-, in Betracht. Die Versorgung mit Hilfsmitteln, zu denen Hörgeräte zählen, gehört zum Leistungskatalog der von den Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung zu erbringenden medizinischen Rehabilitation (§ 15 Abs. 1 Satz 1 SGB VI i. V. mit §§ 26 Abs. 2 Nr. 6, 31 SGB IX) und, soweit sie nicht als medizinische Leistung erbracht werden können, unter bestimmten Voraussetzungen auch zu den Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 33 Abs. 8 Nr. 4 i. V. mit Abs. 2 Nr. 1 und 6 SGB IX). Hilfsmittel werden im Regelfall als Sachleistung erbracht (BSG, Urteil vom 21.08.2008 - B 13 R 33/07 R - in Juris). Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 4 SGB IX ist der Rehabilitationsträger aber unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zur Erstattung der Aufwendungen verpflichtet, wenn er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (zur Anwendbarkeit des § 15 Abs. 1 SGB IX für den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung BSG, Urteil vom 21.08.2008, a.a.O.).

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB VI i.V. mit §§ 26 Abs. 2 Nr. 6 und 31 SGB IX werden als Leistungen zur medizinischen Rehabilitation unter anderem Hilfsmittel zur Verfügung gestellt. Nach § 16 SGB VI werden zur Teilhabe am Arbeitsleben die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit unter anderem behinderter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Zu den Leistungen gehören insbesondere Hilfen zur Erlangung oder Erhaltung eines Arbeitsplatzes einschließlich der Kosten für Hilfsmittel, die wegen der Art oder Schwere der Behinderung unter anderem zur Berufsausübung oder zur Erhöhung der Sicherheit auf dem Weg von und zum Arbeitsplatz und am Arbeitsplatz erforderlich sind, es sei denn, dass eine Verpflichtung des Arbeitgebers besteht oder solche Leistungen als medizinische Leistung erbracht werden können (§ 33 Abs. 3 Nr. 1 i.V. mit Abs. 8 Nr. 4 SGB IX). Ob die Hörgeräteversorgung eine medizinische Leistung zur Rehabilitation darstellt (so das BSG, Urteil vom 21.08.2008, a.a.O.) oder eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben, kann hier dahinstehen. Denn diese Ansprüche kommen nur in Betracht, wenn entweder ein berufsbedingter Mehrbedarf vorhanden ist, der über die allgemeine Hörgeräteversorgung hinausgeht, oder die Hörgeräte nur für die Berufsausübung erforderlich sind (zu letzterem BSG, Urteil vom 17.12.2009 - B 3 KR 20/08 R - in Juris). Ist dies nicht der Fall, weil die berufliche Eingliederung auch mit einem Hörgerät zum Festpreis (§ 36 SGB V) gewährleistet ist, scheiden Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, die auf eine berufliche Eingliederung des Versicherten abzielen (§ 9 Abs. 1 SGB VI), ebenso aus wie Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Hinzu kommt, dass bei den vom Rentenversicherungsträger zu erbringenden medizinischen Leistungen zur Rehabilitation die für die Krankenkassen maßgebenden Wirtschaftlichkeitsgrundsätze in entsprechender Weise gelten. Erfüllt deshalb ein zum Festbetrag erhältliches Hörgerät auch die Bedingungen und Anforderungen des Arbeitsplatzes, muss die Beklagte im Rahmen ihrer Leistungspflicht nach § 14 SGB IX weder nach SGB V ("eigentliche" Zuständigkeit der Krankenkasse) noch nach SGB VI ("eigentliche" Zuständigkeit der Beklagten) mehr erbringen (BSG 21.2008, B 13 R 33/07, SozR 4-3250 § 14 Nr 7).

Besondere berufsspezifische Anforderungen an das Hörvermögen des Klägers sind nicht festzustellen. Nach den dem Senat vorliegenden ärztlichen Aussagen ist nicht nachweisbar, dass er an einer Hörminderung leidet, die sich spezifisch im Bereich seiner Berufsausübung auswirkt, und er deshalb auf die Versorgung mit digitalen Hörgeräten angewiesen ist. Der Senat gelangt vielmehr auf der Grundlage der Auskunft des Betriebsarztes Dr. N. vom 26.06.2008 zu der Feststellung, dass eine Versorgung mit digitalen Hörgeräten aus beruflichen Gründen nicht zwingend erforderlich war, sondern dass gut angepasste analoge Hörgeräte eine ausreichende Versorgung darstellen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Aussage des behandelnden HNO-Arztes Dr. R. vom 27.07.2009 an das Sozialgericht, da dieser - worauf das Sozialgericht insoweit zutreffend abgestellt hatte - lediglich allgemein darauf hingewiesen hatte, dass eine digitale Hörgeräteversorgung "meistens" effektiver als eine analoge Versorgung sei. Ob und warum ein solcher Effekt auch beim Kläger bei einer Versorgung mit digitalen Hörgeräten im Vergleich zum Einsatz von analogen Hörgeräten eintreten würde, hat er nicht dargelegt, sondern die Anwendung digitaler Hörgeräte lediglich im Hinblick auf die Erhaltung der Arbeitskraft befürwortet. Eine berufsbedingte Notwendigkeit der Versorgung mit digitalen Hörgeräten ist daher nicht festzustellen.

Zu den Rechtsgrundlagen, die bei einer sich aus § 14 SGB IX ergebenden Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers zu prüfen sind, gehören auch die Vorschriften im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Dem steht nicht entgegen, dass die Krankenkassen Hilfsmittel als Krankenbehandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V) und nicht als medizinische Rehabilitationsleistung erbringen (BSG 21.08.2008 - B 13 R 33/07 R -; ausführlich und m.w.N. Sächsisches LSG 04.10.2011 - L 5 R 228/11 - jeweils in Juris). Die Auswirkungen bei der oder auf die Berufsausübung für die Hilfsmittelgewährung sind nach dem SGB V unbeachtlich (BSG 17.12.2009 - B 3 KR 20/08 R - in Juris).

Der Kläger, der von seiner Krankenkasse für sein neues Hörgerät bereits den üblichen Festbetrag erhalten hat, hat gegenüber der Beklagten gemäß § 14 SGB IX i.V.m. §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3, 33 SGB V keinen Anspruch auf Versorgung mit (teureren) digitalen Hörgeräten über den Festbetrag hinaus. Nach § 33 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen.

Die Versorgung mit Hörgeräten dient dem unmittelbaren Behinderungsausgleich und demzufolge sind Hörgeräte grundsätzlich erforderlich i.S.v. § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V, weil es nach dem Stand der Medizintechnik (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) die bestmögliche Angleichung an das Hörvermögen Gesunder erlaubt und damit im allgemeinen Alltagsleben einen erheblichen Gebrauchsvorteil gegenüber anderen Hörhilfen bietet (BSG, Urteil vom 17.12.2009, a.a.O.). Begrenzt ist dieser Anspruch allerdings durch das Wirtschaftlichkeitsgebot des § 12 Abs. 1 SGB V. Zur Umsetzung des Wirtschaftlichkeitsgebotes hat der Gesetzgeber auch im Bereich der Hilfsmittelversorgung mit § 36 SGB V eine Festbetragsregelung eingeführt. Dadurch wird die Leistungspflicht der Krankenkasse (und mittelbar auch des Rentenversicherungsträgers) begrenzt. Die Krankenkasse muss nach § 33 Abs. 7 SGB V die mit den Hörgeräteakustikern vertraglich vereinbarten Preise übernehmen. Für Hilfsmittel, für die - wie vorliegend für Hörgeräte - ein Festbetrag festgesetzt wurde, können nach § 127 Abs. 4 SGB V auch vertraglich keine höheren Preise als die Festbeträge vereinbart werden. Eine Festbetragsfestsetzung ist nach der Rechtsprechung des BSG nur dann nicht rechtmäßig, wenn eine objektiv ausreichende Versorgung zum Festbetrag unmöglich ist. Objektiv ausreichend ist der Festbetrag, wenn die Vergütung - von atypischen Ausnahmen abgesehen - die erforderliche Versorgung prinzipiell jedes betroffenen Versicherten abdeckt. Der Leistungsträger ist deshalb nicht verpflichtet, in jedem Einzelfall zu prüfen, ob ausnahmsweise Anlass zur Versorgung mit Hilfsmitteln ohne Festbetragsbindung besteht. Das Festbetragsregime setzt aber dennoch nicht die Verantwortung der Leistungsträger für die Leistungsverschaffung im Rahmen des Sachleistungsprinzips außer Kraft, sondern modifiziert nur das Entscheidungsverfahren zur Bestimmung der angemessenen Leistungsvergütung. Maßgebend für die gerichtliche Beurteilung des Festbetrages in tatsächlicher Hinsicht ist der Versorgungsbedarf, wie er von dem zu entscheidenden Einzelfall ausgehend für jeden Betroffenen in vergleichbarer Lage allgemein besteht. Hiervon ausgehend, ist für die Gruppe von Schwersthörgeschädigten mit einem beidseitigen Hörverlust von nahezu 100 % eine Festbetragsregelung als nicht ausreichend anzusehen (BSG, Urteil vom 17.12.2009, a.a.O.).

Der Kläger leidet nach der Auskunft des behandelnden HNO-Arztes Dr. R. vom 19.03.2008 an einer mittelgradigen Innenohrschwerhörigkeit beidseits. Es bestehen keine Zweifel, dass der Kläger, der bereits seit dem Jahr 2000 Hörgeräte trägt, im Jahr 2008 auch weiterhin eine Hörgeräteversorgung benötigt hat. Es liegt andererseits aber auch keine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit mit einem Hörverlust von nahezu 100% vor. Dass objektivierbare Hörverbesserungen durch die Benutzung eines digitalen Hörgeräts auch beim Kläger eintreten, lässt sich den dem Senat vorliegenden Akten nicht entnehmen. Der Senat geht deshalb davon aus, dass die Versorgung des Klägers mit einem Gerät zum Festbetrag zum Ausgleich der Hörbehinderung ausreicht. Unerheblich ist deshalb, ob der Kläger beim Test der Hörgeräte mit dem digitalen Gerät besser zurechtgekommen ist, als mit dem analogen Gerät. Der Anspruch auf Leistungen nach dem SGB V erstreckt sich nicht auf eine optimale Versorgung, sondern ist auf die jeweils erforderlichen Hilfsmittel beschränkt.

Die Berufung des Klägers bleibt damit ohne Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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