Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Nürnberg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 AL 518/07
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 32/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 78/12 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Aufhebung der Bewilligung von Alg bei fehlender Mitteilung einer Aufnahme einer mehr als kurzzeitigen Tätigkeit.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 14.01.2009 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) und die Erstattung von Leistungen einschließlich der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge iHv 6.666,33 EUR wegen einer Tätigkeit als Fahrer mit mindestens 15 Wochenstunden.
Auf den Antrag vom 06.05.2004, mit dem der Kläger unterschriftlich bestätigte, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben, bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 11.05.2004 ab 01.05.2004 für 360 Tage (bis 25.04.2005) Arbeitslosengeld (Alg).
Im Dezember 2004 ging bei der Beklagten eine Bescheinigung über Nebeneinkommen in der Zeit vom 15.11.2004 bis 30.11.2004 iHv 81,82 EUR ein, das der Kläger als Fahrer bei C. (Z) erzielt habe. Eine Tätigkeit von mehr als kurzzeitigem Umfang - 15 Stunden und mehr wöchentlich - sei nicht übertragen worden. Die Tätigkeit mit einem unterschiedlichen, aber unter 165 EUR liegendem Nebeneinkommen werde fortgesetzt. Im Rahmen eines vom Hauptzollamt D-Stadt (HZA) gegen Z durchgeführten Ermittlungsverfahrens hat der Kläger bei einer Zeugeneinvernahme am 30.07.2007 Angaben zu seinen Tätigkeiten bei Z gemacht. Einen Bezug von Alg gab der Kläger bei seiner Vernehmung nicht an. Einen Hinweis auf ein Zeugnisverweigerungsrecht bezüglich Auskünfte, die zu der Gefahr einer eigenen Verfolgung wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit führen könnten, bestätigte er mit seiner Unterschrift. Am 20.11.2007 wurde gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Im Rahmen einer Anhörung durch die Beklagte gab der Kläger bezüglich seiner Beschäftigung bei Z an, er sei lediglich auf geringfügiger Beschäftigungsbasis angestellt gewesen und habe weitaus weniger als 15 Wochenstunden gearbeitet. Dies ergebe sich auch aus den Abrechnungen und dem Arbeitsvertrag. Offenbar habe Z falsche Angaben gemacht.
Mit Bescheid vom 29.08.2007 hob der Beklagte die Bewilligung von Alg ab 09.11.2004 auf. Der Kläger habe eine Beschäftigung mit mehr als 15 Wochenstunden ausgeübt und dies zumindest grob fahrlässig nicht mitgeteilt. Für die Zeit vom 09.11.2004 bis 25.04.2005 sei Alg iHv 4.939,32 EUR sowie Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge iHv 1.727,01 EUR zu erstatten.
In seinem dagegen eingelegten Widerspruch trug der Kläger vor, die Befragung beim HZA sei für ihn eine außerordentliche Stresssituation gewesen, weshalb es ihm durch den psychischen Druck nicht möglich gewesen sei, Zeitpunkte und Arbeitsvorgänge genau zu ordnen. Er werde die Aussage widerrufen. Er habe nicht täglich vier bis fünf Stunden gearbeitet, sondern nur zwei Stunden entweder morgens oder nachmittags. Nachtschichten habe er während der geringfügigen Beschäftigung nicht übernommen. Die Angaben zu den Zeitumfängen der Schüler- und Patientenfahrten stimme nicht. Dies ergebe sich aus dem Arbeitsvertrag und den Abrechnungen. Es sei ihm nicht mehr bewusst gewesen, dass er in diesem Zeitraum arbeitslos gewesen sei.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.10.2007 zurück. Der Kläger habe bereits am 09.11.2004 die Arbeit bei Z aufgenommen. Die Wochenarbeitszeit von mindestens 15 Stunden ergebe sich aus der vom HZA gefertigten und vom Kläger unterschriftlich bestätigten Niederschrift. Der neue Vortrag sei eine reine Schutzbehauptung.
Dagegen hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Mangels Hinweises auf ein Zeugnisverweigerungsrecht wegen der möglichen Verwirklichung von Straftatbeständen entspreche die Vernehmung durch das HZA nicht rechtsstaatlichen Grundsätzen. Die Aussage werde widerrufen.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Zeuge L. S. (S) angegeben, er habe den Kläger vor seiner Vernehmung im HZA belehrt. Nach der Zeugeneinvernahme habe der Kläger das wie üblich unterschriftlich bestätigt. Nachdem der Kläger den Bezug von Alg verneint habe, habe kein Anlass für eine genauere Belehrung bestanden. Zum damaligen Zeitpunkt habe in keinster Weise festgestanden, in welchem Umfang der Kläger gearbeitet habe. Nach der Aussage der Zeugin A. T. (AT), die ebenfalls für Z gearbeitet hat, habe der Kläger mindestens drei oder vier Sammeltaxieinsätze in der Woche gehabt. Eine Schicht habe acht Stunden gedauert. S habe sie auf die Möglichkeit, sie könne sich bei ihrer Zeugenaussage strafbar machen, hingewiesen. Sie sei bis Februar 2005 bei Z beschäftigt gewesen. Herr M. T. (MT) hat in seiner Zeugeneinvernahme ausgesagt, er habe seit Februar 2005 bei Z gearbeitet. Der Kläger sei für Z auf jeden Fall 15 Stunden tätig gewesen, sicherlich auch manchmal mehr.
Mit Urteil vom 14.01.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Nach den Unterlagen von Z habe der Kläger die Tätigkeit am 09.11.2004 aufgenommen. Insofern habe AT auch angegeben den Kläger bereits im Oktober 2004 bei Z kennengelernt zu haben. Die glaubwürdigen Zeugen AT und MT, die am Ausgang der Rechtsstreits kein Interesse hätten, hätten angegeben, dass der Kläger mindestens 15 Stunden pro Woche gearbeitet habe. Dies ergebe sich auch aus der eigenen Erklärung des Klägers beim HZA. Dabei sei er - ausweislich seiner Unterschrift unter der entsprechenden Belehrung und der Zeugenaussage von S - zuvor auch über ein mögliches Aussageverweigerungsrecht belehrt worden. Den tatsächlichen Umfang seiner Tätigkeit habe der Kläger vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig nicht mitgeteilt. Nach den ihm ausgehändigten Merkblättern hätte er zudem gewusst oder zumindest grob fahrlässig nicht gewusst, dass der Anspruch auf Alg ab 09.11.2004 entfallen sei.
Dagegen hat der Kläger Berufung beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Die Aussage des Klägers beim HZA sei nicht verwertbar. Es sei abwegig, dass dort dessen Straffälligkeit nicht bekannt gewesen sein soll. Eine Belehrung sei zu spät erfolgt. Die objektive Beweislast liege bei der Beklagten. Die Wahrnehmungen der Zeugen beträfen nur einzelne Tage. Naturgemäß seien diese als Taxifahrer auch mit Kunden unterwegs gewesen. Eine daraus vorgenommene "Hochrechnung" sei unzulässig. Er sei keine Nachtschichten gefahren und habe nicht mehr als 15 Stunden in der Woche gearbeitet.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 14.01.2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29.08.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.08.2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Senat Z als Zeugen vernommen. Er hat dabei insbesondere angegeben, der Kläger habe bei ihm anfangs montags bis freitags feste Schülerfahrten im Umfang 2 x 2 Stunden an fünf Tagen in der Woche gemacht. Wann der Kläger mit den Nachtfahrten begonnen habe, könne er nicht mehr genau sagen. Diese habe er am Wochenende gemacht, mitunter möglicherweise auch unter der Woche.
Aus den vom Senat beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft N. (Az ) ergibt sich, dass der Zeuge MT bei seiner Vernehmung durch das HZA angegeben hat, den Kläger beim Taxifahren im Februar 2005 kennen gelernt zu haben. Der Kläger habe von Montag bis Freitag die Kinder zur Schule gebracht und nachmittags wieder abgeholt. Vier- bis fünfmal sei er in der Woche abends ab 18 Uhr Sammeltaxi gefahren. Der Arbeitsumfang sei im Wesentlichen immer gleich gewesen. Dass der Kläger zwar auf 400-EUR-Basis angestellt sei, tatsächlich aber Vollzeit gearbeitet habe, habe ihm der Kläger selbst erzählt. Nach der Aussage der Zeugin A. M. (M) habe der Kläger überwiegend als Nachtfahrer gearbeitet. Tagsüber habe er 2005 oder 2006 Schülerfahrten durchgeführt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Akten der Beklagten, der Staatsanwaltschaft N. (Az ) sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz im streitgegenständlichen Verfahren Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 29.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.08.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die Beklagte war berechtigt die Bewilligung von Alg für die Zeit ab 09.11.2004 gegenüber dem Kläger aufzuheben und die Erstattung des für die Zeit vom 09.11.2004 bis 25.04.2005 erbrachten Alg iHv 4.939,32 EUR sowie den Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge iHv 1.727,01 EUR zu fordern.
Nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) iVm § 330 Abs 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei dessen Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist, der Betroffene eine durch Rechtsvorschrift vorgeschriebene Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderung der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist und die Fristen des § 48 Abs 4 SGB X eingehalten sind.
Im Hinblick auf die Beschäftigungsaufnahme des Klägers bei Z am 09.11.2004 ist eine wesentliche Änderung eingetreten, die zur Rechtswidrigkeit der Bewilligung von Alg geführt hat. Ab dem 09.11.2004 hatte der Kläger keinen Anspruch mehr auf Alg, denn er hat eine Beschäftigung mit einem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich ausgeübt und ist damit nicht mehr arbeitslos gewesen.
Nach § 117 Abs 1 Nr 1 SGB III idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24.03.1997 (BGBl I 594) - ab 01.01.2005 nach § 118 Abs 1 Nr 1 SGB III idF des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl I 2848) - setzt der Anspruch auf Alg u.a. Arbeitslosigkeit voraus. Die hierfür notwendige Beschäftigungslosigkeit iSv § 118 Abs 1 Nr 1, Abs 2 Satz 1 SGB III aF (ab 01.01.2005: § 119 Abs 1 Nr 1, Abs 3 Satz 1 SGB III nF) liegt bei Personen vor, die vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, wobei die Ausübung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung unschädlich ist; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt.
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger in der Zeit ab 09.11.2004 eine Tätigkeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich ausgeübt hat. Nach der Zeugenaussage von Z hat der Kläger während seiner Beschäftigung bei ihm Schülerfahrten gemacht, die von montags bis freitags jeweils einen Umfang von täglich 2 x 2 Stunden gehabt haben. Die Aussage von Z entspricht zur Überzeugung des Senats auch der Wahrheit. Seine diesbezüglichen Angaben waren allesamt widerspruchsfrei. Er hat auch kein erkennbares Interesse am Ausgang des Rechtsstreits. Darüber hinaus hat MT bei seiner Vernehmung durch das HZA ebenfalls angegeben, der Kläger habe von Montag bis Freitag die Kinder zur Schule gebracht und nachmittags wieder abgeholt. In seiner Zeugenaussage beim SG hat er zudem ausgesagt, der Kläger sei auf jeden Fall mindestens 15 Stunden bei Z tätig gewesen. Diese Aussagen erscheinen glaubhaft und widerspruchsfrei. Sie wurden ohne ersichtliche persönliche Interessen gemacht. Insofern ist der Senat auch diesbezüglich von der Wahrhaftigkeit überzeugt.
Ohne dass es insofern auf weitere Nacht-, Sammeltaxi- oder Patientenfahrten ankommt, ergibt sich bereits damit, dass der Kläger regelmäßig 15 Stunden und mehr für Z gearbeitet hat. Bei einem Aufwand von ca. 2 x 2 Stunden täglich für die Schülerfahrten ergibt sich ein wöchentlicher Arbeitsumfang von ca. 20 Stunden (5 x 4 Stunden). Der Senat kann es somit auch dahin stehen lassen, ob im Hinblick auf die Aussage des Klägers beim HZA - wie er meint - ein Beweisverwertungsverbot besteht. Eine - vom Kläger beantragte -nochmalige Vernehmung der Zeugen AT und MT durch den Senat hat es nicht bedurft, da die Aussage von AT für die Entscheidung ohne Belang ist und es im Hinblick auf MT als wahr unterstellt werden kann, dass er den Kläger nicht die gesamte Arbeitszeit ununterbrochen gesehen hat. Dennoch konnte er seine Eindrücke schildern und die für ihn daraus resultierenden Einschätzungen zur Arbeit des Klägers dartun.
Die Bewilligung der Leistungen im Zeitraum vom 09.11.2004 bis 25.04.2005 beruhte auf Angaben, die der Kläger zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hat bzw. deren Änderung der Kläger nicht mitgeteilt hat. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Der Betroffene muss schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und deshalb dasjenige nicht beachtet haben, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Es ist auf die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit sowie die besonderen Umstände des Einzelfalls abzustellen. Es ist also nicht ein objektiver, sondern ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab anzulegen; es gilt der subjektive Fahrlässigkeitsbegriff (vgl. BSG, Urteil vom 08.02.2001 - B 11 AL 21/00 R, SozR 3-1300 § 45 Nr 45 - zitiert nach juris -).
Gemäß § 60 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) war der Kläger verpflichtet, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Alg-Bewilligung erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen. Insofern liegt hier eine Sorgfaltspflichtverletzung vor, da der Kläger gegen die ihm im nachweislich ausgehändigten Merkblatt 1 für Arbeitslose, dessen Kenntnisnahme der Kläger unterschriftlich am 06.05.2004 bestätigt hat, bekannt gemachte Mitteilungspflicht bezüglich entsprechender Veränderungen der Arbeitszeit und einer Beschäftigungsaufnahme im Hinblick auf seine Nebentätigkeit verstoßen hat (vgl dazu Urteile des Senats vom 27.05.2004 - L 10 AL 199/02 und 17.12.2007 - L 10 AL 66/07; Schütze in: von Wullfen, SGB X, 7. Aufl, § 45 Rn 57). Das Merkblatt 1 für Arbeitslose (Stand April 2004) enthält auf Seite 11 und Seiten 13 und 14 den unmissverständlichen Hinweis, dass die Aufnahme jeder Beschäftigung unverzüglich mitzuteilen ist. Die Anzeige soll danach zudem im eigenen Interesse des Arbeitslosen vor Beschäftigungsaufnahme erfolgen. Der Kläger war somit vollständig informiert und ihm war die Erheblichkeit der Wochenarbeitszeit bewusst. Auch insoweit weißt das Merkblatt auf Seite 11 klar und deutlich darauf hin, dass der Anspruch auf Alg bei Ausübung einer Tätigkeit mit mindestens 15 Stunden wöchentlich entfällt. Schließlich wurde in den Antragsformularen durch den Kläger unterschrieben, dass er Änderungen unverzüglich anzeigen wird. Die mündliche Verhandlung hat keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass dem Kläger die nötige Einsichtsfähigkeit fehlte, das Merkblatt zu verstehen. Zumindest grobe Fahrlässigkeit lag damit vor.
Die weiteren Voraussetzungen zur Aufhebung gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 SGB X iVm § 330 Abs 3 Satz 1 SGB III sind zur Überzeugung des Senats zudem gegeben. Der Kläger wusste bzw wusste nicht, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes durch die Ausübung der Fahrertätigkeit mit mindestens 15 Stunden wöchentlich weggefallen ist. Das Merkblatt beschreibt auf Seite 11 unmissverständlich, dass bei einer solchen Tätigkeit der Anspruch auf Alg entfällt. Nach dem Eindruck vom Kläger, den sich der Senat insbesondere auch in der mündlichen Verhandlung verschaffen konnte, war diesem sehr wohl bewusst, dass die Beschäftigung bei Z und der Alg-Bezug nicht vereinbar sind. Gerade auch in Bezug auf den Umfang der Tätigkeit, die zumindest zeitweise neben den ca. 20 Stunden Schülerfahrten nach den Zeugenaussagen und Abrechnungen auch noch Anrufsammeltaxifahrten und Nachttaxifahrten umfassten, musste auch für den Kläger offensichtlich sein, dass er nicht mehr arbeitslos und damit nicht mehr anspruchsberechtigt im Hinblick auf das Alg gewesen ist. Da bereits die Voraussetzungen des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X - wie oben ausgeführt - bejaht werden konnten, kann der Senat es dahin stehen lassen, ab welchem konkreten Zeitpunkt eine solche Kenntnis beim Kläger anzunehmen ist.
Die Beklagte hat die Jahresfrist aus § 48 Abs 4 Satz 1 SGB X iVm § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X eingehalten. Ein Ermessen hatte die Beklagte bei der Aufhebung der Leistungsbewilligung nicht; sie war zum Erlass des angefochtenen Verwaltungsaktes und der Aufhebung für die Vergangenheit rechtlich verpflichtet, § 330 Abs 3 Satz 1 SGB III.
Mit Aufnahme der Tätigkeit bei Z war der Kläger daher nicht mehr arbeitslos und der Anspruch auf Alg ist auch für den Zeitraum, in dem der Kläger weniger als 15 Stunden wöchentlich tätig gewesen ist, entfallen (§ 122 Abs 2 Nr 2 SGB III). Er hat sich nicht erneut persönlich arbeitslos gemeldet.
Nach § 50 Abs 1 SGB X hat der Kläger deshalb das im Zeitraum vom 09.11.2004 bis 25.04.2005 zu Unrecht erhaltene Alg im Umfang von 4.939,32 EUR zu erstatten. Die Erstattung der von der Beklagten für den Kläger in diesem Zeitraum geleisteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung iHv 1.727,01 EUR folgt aus § 335 Abs. 1 und 5 SGB III. Der Kläger hat pflichtwidrig die Beschäftigungsaufnahme nicht in vollem Umfang angezeigt, so dass das Erstattungsverlangen hinsichtlich der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung auch nicht unbillig ist (Düe in: Niesel/Brand, SGB III, 5.Aufl, § 335 Rn 9).
Die Berufung war somit als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Berufung nach § 160 Abs 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld (Alg) und die Erstattung von Leistungen einschließlich der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge iHv 6.666,33 EUR wegen einer Tätigkeit als Fahrer mit mindestens 15 Wochenstunden.
Auf den Antrag vom 06.05.2004, mit dem der Kläger unterschriftlich bestätigte, das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten und von seinem Inhalt Kenntnis genommen zu haben, bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 11.05.2004 ab 01.05.2004 für 360 Tage (bis 25.04.2005) Arbeitslosengeld (Alg).
Im Dezember 2004 ging bei der Beklagten eine Bescheinigung über Nebeneinkommen in der Zeit vom 15.11.2004 bis 30.11.2004 iHv 81,82 EUR ein, das der Kläger als Fahrer bei C. (Z) erzielt habe. Eine Tätigkeit von mehr als kurzzeitigem Umfang - 15 Stunden und mehr wöchentlich - sei nicht übertragen worden. Die Tätigkeit mit einem unterschiedlichen, aber unter 165 EUR liegendem Nebeneinkommen werde fortgesetzt. Im Rahmen eines vom Hauptzollamt D-Stadt (HZA) gegen Z durchgeführten Ermittlungsverfahrens hat der Kläger bei einer Zeugeneinvernahme am 30.07.2007 Angaben zu seinen Tätigkeiten bei Z gemacht. Einen Bezug von Alg gab der Kläger bei seiner Vernehmung nicht an. Einen Hinweis auf ein Zeugnisverweigerungsrecht bezüglich Auskünfte, die zu der Gefahr einer eigenen Verfolgung wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit führen könnten, bestätigte er mit seiner Unterschrift. Am 20.11.2007 wurde gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Im Rahmen einer Anhörung durch die Beklagte gab der Kläger bezüglich seiner Beschäftigung bei Z an, er sei lediglich auf geringfügiger Beschäftigungsbasis angestellt gewesen und habe weitaus weniger als 15 Wochenstunden gearbeitet. Dies ergebe sich auch aus den Abrechnungen und dem Arbeitsvertrag. Offenbar habe Z falsche Angaben gemacht.
Mit Bescheid vom 29.08.2007 hob der Beklagte die Bewilligung von Alg ab 09.11.2004 auf. Der Kläger habe eine Beschäftigung mit mehr als 15 Wochenstunden ausgeübt und dies zumindest grob fahrlässig nicht mitgeteilt. Für die Zeit vom 09.11.2004 bis 25.04.2005 sei Alg iHv 4.939,32 EUR sowie Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge iHv 1.727,01 EUR zu erstatten.
In seinem dagegen eingelegten Widerspruch trug der Kläger vor, die Befragung beim HZA sei für ihn eine außerordentliche Stresssituation gewesen, weshalb es ihm durch den psychischen Druck nicht möglich gewesen sei, Zeitpunkte und Arbeitsvorgänge genau zu ordnen. Er werde die Aussage widerrufen. Er habe nicht täglich vier bis fünf Stunden gearbeitet, sondern nur zwei Stunden entweder morgens oder nachmittags. Nachtschichten habe er während der geringfügigen Beschäftigung nicht übernommen. Die Angaben zu den Zeitumfängen der Schüler- und Patientenfahrten stimme nicht. Dies ergebe sich aus dem Arbeitsvertrag und den Abrechnungen. Es sei ihm nicht mehr bewusst gewesen, dass er in diesem Zeitraum arbeitslos gewesen sei.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.10.2007 zurück. Der Kläger habe bereits am 09.11.2004 die Arbeit bei Z aufgenommen. Die Wochenarbeitszeit von mindestens 15 Stunden ergebe sich aus der vom HZA gefertigten und vom Kläger unterschriftlich bestätigten Niederschrift. Der neue Vortrag sei eine reine Schutzbehauptung.
Dagegen hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben. Mangels Hinweises auf ein Zeugnisverweigerungsrecht wegen der möglichen Verwirklichung von Straftatbeständen entspreche die Vernehmung durch das HZA nicht rechtsstaatlichen Grundsätzen. Die Aussage werde widerrufen.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem SG hat der Zeuge L. S. (S) angegeben, er habe den Kläger vor seiner Vernehmung im HZA belehrt. Nach der Zeugeneinvernahme habe der Kläger das wie üblich unterschriftlich bestätigt. Nachdem der Kläger den Bezug von Alg verneint habe, habe kein Anlass für eine genauere Belehrung bestanden. Zum damaligen Zeitpunkt habe in keinster Weise festgestanden, in welchem Umfang der Kläger gearbeitet habe. Nach der Aussage der Zeugin A. T. (AT), die ebenfalls für Z gearbeitet hat, habe der Kläger mindestens drei oder vier Sammeltaxieinsätze in der Woche gehabt. Eine Schicht habe acht Stunden gedauert. S habe sie auf die Möglichkeit, sie könne sich bei ihrer Zeugenaussage strafbar machen, hingewiesen. Sie sei bis Februar 2005 bei Z beschäftigt gewesen. Herr M. T. (MT) hat in seiner Zeugeneinvernahme ausgesagt, er habe seit Februar 2005 bei Z gearbeitet. Der Kläger sei für Z auf jeden Fall 15 Stunden tätig gewesen, sicherlich auch manchmal mehr.
Mit Urteil vom 14.01.2009 hat das SG die Klage abgewiesen. Nach den Unterlagen von Z habe der Kläger die Tätigkeit am 09.11.2004 aufgenommen. Insofern habe AT auch angegeben den Kläger bereits im Oktober 2004 bei Z kennengelernt zu haben. Die glaubwürdigen Zeugen AT und MT, die am Ausgang der Rechtsstreits kein Interesse hätten, hätten angegeben, dass der Kläger mindestens 15 Stunden pro Woche gearbeitet habe. Dies ergebe sich auch aus der eigenen Erklärung des Klägers beim HZA. Dabei sei er - ausweislich seiner Unterschrift unter der entsprechenden Belehrung und der Zeugenaussage von S - zuvor auch über ein mögliches Aussageverweigerungsrecht belehrt worden. Den tatsächlichen Umfang seiner Tätigkeit habe der Kläger vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig nicht mitgeteilt. Nach den ihm ausgehändigten Merkblättern hätte er zudem gewusst oder zumindest grob fahrlässig nicht gewusst, dass der Anspruch auf Alg ab 09.11.2004 entfallen sei.
Dagegen hat der Kläger Berufung beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Die Aussage des Klägers beim HZA sei nicht verwertbar. Es sei abwegig, dass dort dessen Straffälligkeit nicht bekannt gewesen sein soll. Eine Belehrung sei zu spät erfolgt. Die objektive Beweislast liege bei der Beklagten. Die Wahrnehmungen der Zeugen beträfen nur einzelne Tage. Naturgemäß seien diese als Taxifahrer auch mit Kunden unterwegs gewesen. Eine daraus vorgenommene "Hochrechnung" sei unzulässig. Er sei keine Nachtschichten gefahren und habe nicht mehr als 15 Stunden in der Woche gearbeitet.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 14.01.2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29.08.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.08.2007 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Senat Z als Zeugen vernommen. Er hat dabei insbesondere angegeben, der Kläger habe bei ihm anfangs montags bis freitags feste Schülerfahrten im Umfang 2 x 2 Stunden an fünf Tagen in der Woche gemacht. Wann der Kläger mit den Nachtfahrten begonnen habe, könne er nicht mehr genau sagen. Diese habe er am Wochenende gemacht, mitunter möglicherweise auch unter der Woche.
Aus den vom Senat beigezogenen Akten der Staatsanwaltschaft N. (Az ) ergibt sich, dass der Zeuge MT bei seiner Vernehmung durch das HZA angegeben hat, den Kläger beim Taxifahren im Februar 2005 kennen gelernt zu haben. Der Kläger habe von Montag bis Freitag die Kinder zur Schule gebracht und nachmittags wieder abgeholt. Vier- bis fünfmal sei er in der Woche abends ab 18 Uhr Sammeltaxi gefahren. Der Arbeitsumfang sei im Wesentlichen immer gleich gewesen. Dass der Kläger zwar auf 400-EUR-Basis angestellt sei, tatsächlich aber Vollzeit gearbeitet habe, habe ihm der Kläger selbst erzählt. Nach der Aussage der Zeugin A. M. (M) habe der Kläger überwiegend als Nachtfahrer gearbeitet. Tagsüber habe er 2005 oder 2006 Schülerfahrten durchgeführt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die Akten der Beklagten, der Staatsanwaltschaft N. (Az ) sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz im streitgegenständlichen Verfahren Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 29.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.08.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die Beklagte war berechtigt die Bewilligung von Alg für die Zeit ab 09.11.2004 gegenüber dem Kläger aufzuheben und die Erstattung des für die Zeit vom 09.11.2004 bis 25.04.2005 erbrachten Alg iHv 4.939,32 EUR sowie den Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge iHv 1.727,01 EUR zu fordern.
Nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) iVm § 330 Abs 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei dessen Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist, der Betroffene eine durch Rechtsvorschrift vorgeschriebene Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderung der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist und die Fristen des § 48 Abs 4 SGB X eingehalten sind.
Im Hinblick auf die Beschäftigungsaufnahme des Klägers bei Z am 09.11.2004 ist eine wesentliche Änderung eingetreten, die zur Rechtswidrigkeit der Bewilligung von Alg geführt hat. Ab dem 09.11.2004 hatte der Kläger keinen Anspruch mehr auf Alg, denn er hat eine Beschäftigung mit einem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich ausgeübt und ist damit nicht mehr arbeitslos gewesen.
Nach § 117 Abs 1 Nr 1 SGB III idF des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes vom 24.03.1997 (BGBl I 594) - ab 01.01.2005 nach § 118 Abs 1 Nr 1 SGB III idF des Dritten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2003 (BGBl I 2848) - setzt der Anspruch auf Alg u.a. Arbeitslosigkeit voraus. Die hierfür notwendige Beschäftigungslosigkeit iSv § 118 Abs 1 Nr 1, Abs 2 Satz 1 SGB III aF (ab 01.01.2005: § 119 Abs 1 Nr 1, Abs 3 Satz 1 SGB III nF) liegt bei Personen vor, die vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen, wobei die Ausübung einer weniger als 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung unschädlich ist; gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer bleiben unberücksichtigt.
Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger in der Zeit ab 09.11.2004 eine Tätigkeit von mindestens 15 Stunden wöchentlich ausgeübt hat. Nach der Zeugenaussage von Z hat der Kläger während seiner Beschäftigung bei ihm Schülerfahrten gemacht, die von montags bis freitags jeweils einen Umfang von täglich 2 x 2 Stunden gehabt haben. Die Aussage von Z entspricht zur Überzeugung des Senats auch der Wahrheit. Seine diesbezüglichen Angaben waren allesamt widerspruchsfrei. Er hat auch kein erkennbares Interesse am Ausgang des Rechtsstreits. Darüber hinaus hat MT bei seiner Vernehmung durch das HZA ebenfalls angegeben, der Kläger habe von Montag bis Freitag die Kinder zur Schule gebracht und nachmittags wieder abgeholt. In seiner Zeugenaussage beim SG hat er zudem ausgesagt, der Kläger sei auf jeden Fall mindestens 15 Stunden bei Z tätig gewesen. Diese Aussagen erscheinen glaubhaft und widerspruchsfrei. Sie wurden ohne ersichtliche persönliche Interessen gemacht. Insofern ist der Senat auch diesbezüglich von der Wahrhaftigkeit überzeugt.
Ohne dass es insofern auf weitere Nacht-, Sammeltaxi- oder Patientenfahrten ankommt, ergibt sich bereits damit, dass der Kläger regelmäßig 15 Stunden und mehr für Z gearbeitet hat. Bei einem Aufwand von ca. 2 x 2 Stunden täglich für die Schülerfahrten ergibt sich ein wöchentlicher Arbeitsumfang von ca. 20 Stunden (5 x 4 Stunden). Der Senat kann es somit auch dahin stehen lassen, ob im Hinblick auf die Aussage des Klägers beim HZA - wie er meint - ein Beweisverwertungsverbot besteht. Eine - vom Kläger beantragte -nochmalige Vernehmung der Zeugen AT und MT durch den Senat hat es nicht bedurft, da die Aussage von AT für die Entscheidung ohne Belang ist und es im Hinblick auf MT als wahr unterstellt werden kann, dass er den Kläger nicht die gesamte Arbeitszeit ununterbrochen gesehen hat. Dennoch konnte er seine Eindrücke schildern und die für ihn daraus resultierenden Einschätzungen zur Arbeit des Klägers dartun.
Die Bewilligung der Leistungen im Zeitraum vom 09.11.2004 bis 25.04.2005 beruhte auf Angaben, die der Kläger zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig gemacht hat bzw. deren Änderung der Kläger nicht mitgeteilt hat. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Der Betroffene muss schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt und deshalb dasjenige nicht beachtet haben, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss. Es ist auf die persönliche Urteils- und Kritikfähigkeit sowie die besonderen Umstände des Einzelfalls abzustellen. Es ist also nicht ein objektiver, sondern ein subjektiver Sorgfaltsmaßstab anzulegen; es gilt der subjektive Fahrlässigkeitsbegriff (vgl. BSG, Urteil vom 08.02.2001 - B 11 AL 21/00 R, SozR 3-1300 § 45 Nr 45 - zitiert nach juris -).
Gemäß § 60 Abs 1 Satz 1 Nr 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) war der Kläger verpflichtet, Änderungen in den Verhältnissen, die für die Alg-Bewilligung erheblich sind, unverzüglich mitzuteilen. Insofern liegt hier eine Sorgfaltspflichtverletzung vor, da der Kläger gegen die ihm im nachweislich ausgehändigten Merkblatt 1 für Arbeitslose, dessen Kenntnisnahme der Kläger unterschriftlich am 06.05.2004 bestätigt hat, bekannt gemachte Mitteilungspflicht bezüglich entsprechender Veränderungen der Arbeitszeit und einer Beschäftigungsaufnahme im Hinblick auf seine Nebentätigkeit verstoßen hat (vgl dazu Urteile des Senats vom 27.05.2004 - L 10 AL 199/02 und 17.12.2007 - L 10 AL 66/07; Schütze in: von Wullfen, SGB X, 7. Aufl, § 45 Rn 57). Das Merkblatt 1 für Arbeitslose (Stand April 2004) enthält auf Seite 11 und Seiten 13 und 14 den unmissverständlichen Hinweis, dass die Aufnahme jeder Beschäftigung unverzüglich mitzuteilen ist. Die Anzeige soll danach zudem im eigenen Interesse des Arbeitslosen vor Beschäftigungsaufnahme erfolgen. Der Kläger war somit vollständig informiert und ihm war die Erheblichkeit der Wochenarbeitszeit bewusst. Auch insoweit weißt das Merkblatt auf Seite 11 klar und deutlich darauf hin, dass der Anspruch auf Alg bei Ausübung einer Tätigkeit mit mindestens 15 Stunden wöchentlich entfällt. Schließlich wurde in den Antragsformularen durch den Kläger unterschrieben, dass er Änderungen unverzüglich anzeigen wird. Die mündliche Verhandlung hat keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass dem Kläger die nötige Einsichtsfähigkeit fehlte, das Merkblatt zu verstehen. Zumindest grobe Fahrlässigkeit lag damit vor.
Die weiteren Voraussetzungen zur Aufhebung gemäß § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 SGB X iVm § 330 Abs 3 Satz 1 SGB III sind zur Überzeugung des Senats zudem gegeben. Der Kläger wusste bzw wusste nicht, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes durch die Ausübung der Fahrertätigkeit mit mindestens 15 Stunden wöchentlich weggefallen ist. Das Merkblatt beschreibt auf Seite 11 unmissverständlich, dass bei einer solchen Tätigkeit der Anspruch auf Alg entfällt. Nach dem Eindruck vom Kläger, den sich der Senat insbesondere auch in der mündlichen Verhandlung verschaffen konnte, war diesem sehr wohl bewusst, dass die Beschäftigung bei Z und der Alg-Bezug nicht vereinbar sind. Gerade auch in Bezug auf den Umfang der Tätigkeit, die zumindest zeitweise neben den ca. 20 Stunden Schülerfahrten nach den Zeugenaussagen und Abrechnungen auch noch Anrufsammeltaxifahrten und Nachttaxifahrten umfassten, musste auch für den Kläger offensichtlich sein, dass er nicht mehr arbeitslos und damit nicht mehr anspruchsberechtigt im Hinblick auf das Alg gewesen ist. Da bereits die Voraussetzungen des § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X - wie oben ausgeführt - bejaht werden konnten, kann der Senat es dahin stehen lassen, ab welchem konkreten Zeitpunkt eine solche Kenntnis beim Kläger anzunehmen ist.
Die Beklagte hat die Jahresfrist aus § 48 Abs 4 Satz 1 SGB X iVm § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X eingehalten. Ein Ermessen hatte die Beklagte bei der Aufhebung der Leistungsbewilligung nicht; sie war zum Erlass des angefochtenen Verwaltungsaktes und der Aufhebung für die Vergangenheit rechtlich verpflichtet, § 330 Abs 3 Satz 1 SGB III.
Mit Aufnahme der Tätigkeit bei Z war der Kläger daher nicht mehr arbeitslos und der Anspruch auf Alg ist auch für den Zeitraum, in dem der Kläger weniger als 15 Stunden wöchentlich tätig gewesen ist, entfallen (§ 122 Abs 2 Nr 2 SGB III). Er hat sich nicht erneut persönlich arbeitslos gemeldet.
Nach § 50 Abs 1 SGB X hat der Kläger deshalb das im Zeitraum vom 09.11.2004 bis 25.04.2005 zu Unrecht erhaltene Alg im Umfang von 4.939,32 EUR zu erstatten. Die Erstattung der von der Beklagten für den Kläger in diesem Zeitraum geleisteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung iHv 1.727,01 EUR folgt aus § 335 Abs. 1 und 5 SGB III. Der Kläger hat pflichtwidrig die Beschäftigungsaufnahme nicht in vollem Umfang angezeigt, so dass das Erstattungsverlangen hinsichtlich der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung auch nicht unbillig ist (Düe in: Niesel/Brand, SGB III, 5.Aufl, § 335 Rn 9).
Die Berufung war somit als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Berufung nach § 160 Abs 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
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