Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 19 R 5662/10
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4611/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 29.09.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung streitig.
Der 1956 in Italien geborene Kläger siedelte im Jahr 1972 in die Bundesrepublik Deutschland über. Ab 1973 war er zunächst als Bauhelfer und sodann ab 1979 als angelernter Maurer beschäftigt. Im Juni 1986 musste er sich einer Bandscheibenoperation im Bereich L4/5 links mit operativer Revision nach Komplikationen unterziehen. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich Beklagte genannt) gewährte dem Kläger nach Durchführung einer stationären Heilbehandlungsmaßnahme eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit vom 30.07. bis 31.12.1987 (Bescheid vom 15.09.1987). Einem Weitergewährungsantrag wurde nicht entsprochen (Bescheid vom 05.01.1988, Widerspruchsbescheid vom 04.03.1988). Nach Durchführung eines weiteren Heilverfahrens im Juli/August 1991 gewährte die Beklagte dem Kläger ab dem 21.08.1991 Rente wegen Berufsunfähigkeit auf Dauer, während eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit abgelehnt wurde (Bescheid vom 09.07.1992, Widerspruchsbescheid vom 12.11.1993). Die Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG; S 6 J 2277/93) und die Berufung beim Landessozialgericht (LSG; L 2 J 521/95) blieben ohne Erfolg (Urteil des SG vom 25.11.1994, Urteil des LSG vom 02.11.1995). Die im Juli 1998 nochmals beantragte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit wurde erneut abgelehnt (Bescheid vom 21.10.1998, Widerspruchsbescheid vom 06.05.1999). Die Klage zum SG (S 6 RJ 1670/99) war wiederrum, ebenso wie die Berufung beim LSG (L 3 RJ 1496/00), erfolglos (Urteil des SG vom 24.01.2000, Urteil des LSG vom 23.10.2002). Darüber hinaus blieb ein Verfahren des Klägers auf Anerkennung einer Berufskrankheit nach der Nr 2108 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung ohne Erfolg (Gerichtsbescheid des SG vom 01.08.2001 - S 9 U 1041/01 -, Urteil des LSG vom 19.03.2003 - L 2 U 3708/01).
Anfang 2010 trat beim Kläger eine Cervikobrachialgie rechts auf, als deren Ursache Ende 2010 spintomographisch ein gedeckter Prolaps im Segment C5/6 festgestellt worden war.
Am 03.05.2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten erneut die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Er gab hierbei an, er beziehe seit März 2010 Arbeitslosengeld II. Er leide bereits seit April 1991 an hohem Blutdruck, Rückenschmerzen mit Bewegungs- und Funktionseinschränkungen, an Schwindelattacken bzw -anfällen sowie an einem dauerhaften Schmerzsyndrom. Er könne deshalb keine Tätigkeiten mehr verrichten. Der Kläger legte mehrere ärztliche Unterlagen sowie den Schwerbehindertenausweis vom 01.12.1987 vor (Grad der Behinderung [GdB] 60 ab dem 18.02.2003, zuvor GdB von 50). Die Beklagte ließ den Kläger daraufhin fachärztlich begutachten. Ärztin für Nervenheilkunde Bechert gelangte in ihrem Gutachten vom 14.07.2010 für den Kläger zu folgenden Diagnosen: Anpassungsstörung und somatoforme Schmerzstörung. Es bestehe kein Hinweis auf neurologische Defizite nach der Bandscheibenoperation 1986. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts könne der Kläger unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Internist Dr. C. gelangte in seinem Gutachten vom 16.07.2010 für den Kläger zu folgenden Diagnosen: Bluthochdruck, Anpassungsstörung und somatoforme Schmerzstörung. Der Kläger sei fachübergreifend in der Lage, eine körperlich leichte bis zeitweilig mittelschwere Arbeit unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen regelmäßig über sechs Stunden täglich auszuüben. Mit Bescheid vom 27.07.2010 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag des Klägers mit der Begründung ab, trotz der bei ihm vorliegenden Krankheiten könne er noch mindestens drei Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung seien danach nicht erfüllt. Nach Auskunft der Bundesagentur für Arbeit (BA) bestehe zudem die Möglichkeit, dem Kläger einen Teilzeitarbeitsplatz in der BRD zu vermitteln, der seinem Leistungsvermögen entspreche. Er habe daher auch unter Berücksichtigung der Lage auf dem Arbeitsmarkt keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Hiergegen legte der Kläger am 02.08.2010 Widerspruch ein und trug zur Begründung vor, er sehe sich nicht in der Lage, mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Er könne weder lange stehen noch sitzen. Auch habe er große Schwierigkeiten mit dem Blutdruck. Schließlich sei es ihm nicht klar, welche Arbeiten die BA ihm noch vermitteln könne. Nach weiterer Stellungnahme des Dr. C. vom 10.08.2010 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 27.10.2010 zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, nach Überprüfung des Sozialmedizinischen Dienstes sei der Kläger in der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Die Beurteilung dieses Leistungsvermögens sei schlüssig und nachvollziehbar. Es komme deshalb nicht darauf an, ob ihm von der BA ein entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden könne. Die Anerkennung als Schwerbehinderter führe zu keinem anderen Ergebnis. Der GdB gebe nur das Ausmaß der Beeinträchtigung der gesundheitlichen Unversehrtheit an und sage nichts darüber aus, wie sich diese auf die Leistungsfähigkeit im Sinne der Rentenversicherung auswirke.
Hiergegen hat der Kläger am 04.011.2010 Klage beim SG erhoben und zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht, aufgrund seiner Erkrankungen leide er unter langwierigem Schwankschwindel sowie unter belastungsabhängigen Schmerzen im Bereich des gesamten Bewegungsapparates. Hinzu kämen belastungsabhängige Schmerzen mit Bewegungseinschränkungen im Bereich des gesamten Rückens und zusätzlich eine Fußheberschwäche links.
Das SG hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts Beweis erhoben durch schriftliche Vernehmung von sachverständigen Zeugen. Facharzt für Orthopädie Dr. K. hat mitgeteilt (Auskunft vom 11.01.2011), der Kläger könne derzeit nur noch leichte körperliche Tätigkeiten unter drei Stunden täglich verrichten. Das maßgebliche Leiden des Klägers liege auf fachorthopädischem Gebiet. Er habe eine MRT veranlasst sowie eine fachneurologische Untersuchung. Er hat die entsprechenden Befundberichte seiner Auskunft beigefügt. Im Befundbericht des Nuklearmediziners Dr. H. vom 29.11.2010 hat dieser mitgeteilt, es bestehe ein intraforaminaler NP-Prolaps C5/6 rechts, eine Spondylose und Unkovertebralarthrose C3/4 bis C5/6 sowie eine ventrale Spondylose der oberen BWS. Neurologe Dr. R. hat angegeben (Auskunft vom 21.01.2011), der Kläger sei am 25.03.2010 ambulant in der neurologischen Ambulanz des Uniklinikums F. behandelt worden. Es bestehe ein geringgradiger Folgeschaden des Bandscheibenvorfalls der LWS mit Wurzelbeteiligung L5 links. Klinische Hinweise auf eine objektivierbare Gleichgewichtsstörung lägen nicht vor. Allerdings bestünden Hinweise für eine peripher-vestibuläre Störung links. Es erscheine möglich, dass der Kläger leichte körperliche Tätigkeiten in vorwiegend sitzender Position verrichten könne. Arzt für Allgemeinmedizin B. hat ausgeführt (Auskunft vom 20.01.2011), der Kläger leide an Hypertonie, Herzrhythmusstörungen und schmerzhaften muskulären Verspannungen im Bereich des Rückens und im Nackenbereich. Der Schwerpunkt liege auf orthopädischem und neurologischem Fachgebiet. Aufgrund der Erkrankungen sei der Kläger nicht mehr in der Lage, einer geregelten Arbeit nachzugehen. Er sei gezwungen, sich häufig hinzulegen.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Prof. Dr. He. vom 06.06.2011 eingeholt. Dieser gelangte für den Kläger zu folgenden Diagnosen: Brachialgie rechts ohne nervale und muskuläre Ausfallserscheinungen bei Bandscheibenprotrusion und ventraler Spondylose C5/6, am Übergang der Hals- zur Brustwirbelsäule geringfügiges Wirbelgleiten, an der Lendenwirbelsäule mittelgradige Spondylose und geringfügige Chondrose im Segment L4/5 sowie leichte linkskonvexe Skoliose zwischen dem Thorakalsegment T11 und dem Lumbalsegment L5, Zustand 25 Jahre nach einer Bandscheibenoperation in diesem Segment ohne bewiesene nervale und muskuläre Ausfälle sowie erhebliche psychische Anpassungsstörung mit starken Aggravationen. Der Kläger sei von athletischer Statur und durch ein äußerst demonstratives Verhalten aufgefallen, das zu zahlreichen Widersprüchen der Befunde geführt habe. So seien häufig unökonomische, mit keinem Krankheitsbild korrelierende Ausgleichsbewegungen gezeigt worden. Darüber hinaus habe er sehr starke Muskelanspannungen durchgeführt und danach völlige Kraftlosigkeiten an allen Extremitäten und am Rumpf demonstriert. Auch der im Vordergrund stehende gluteale Schmerz sei somatisch nicht erklärbar. So habe der Kläger Schmerzen im glutealen Bereich bei Bewegungen angegeben, die diesen Bereich nicht belasteten. Zwar bestehe eine Bandscheibenvorwölbung im Bereich C5/6. Aber neurologisch und neurographisch bestünden keine nervalen Defizite. Der Kläger könne leichte Tätigkeiten körperlicher Art mit Heben und Tragen von Lasten bis zu zehn Kilogramm im Wechselrythmus zwischen Gehen, Stehen und Sitzen, mit gelegentlichem, aber nicht ständigem Bücken, ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, in ständiger Kälte oder Nässe, verrichten. Sonstige qualitative Leistungseinschränkungen bestünden nicht. Derartige Tätigkeiten könne der Kläger mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Besondere Arbeitsbedingungen seien nicht unerlässlich, auch die Wegstrecke zur Arbeit sei nicht eingeschränkt.
Mit Gerichtsbescheid vom 29.09.2011 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei nach dem Gutachten des Prof. Dr. He. noch in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Gutachter sei von zutreffenden und vollständigen Befunden ausgegangen. Denn auch die Ärzte hätten entsprechende Befunde angegeben. Daraus habe der Gutachter schlüssig die seiner Beurteilung des Leistungsvermögens zugrundeliegenden Funktionsbeeinträchtigungen abgeleitet. Das danach verbleibende Leistungsvermögen führe dazu, dass der Kläger leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Auch Dr. R. habe diese Einschätzung bestätigt. Eine Summierung mehrerer ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liege nicht vor.
Hiergegen richtet sich die am 19.10.2011 beim SG eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung wird vorgetragen, es sei unstreitig, dass er an Bluthochdruck, an einer Anpassungsstörung, an einer somatoformen Schmerzstörung sowie an einem psychovegetativem Schwindel leide. Aufgrund dessen sei er nicht mehr in der Lage, einer Erwerbstätigkeit in nennenswertem Umfang nachzugehen. Er leide an belastungsunabhängigen Schmerzen im Bereich des gesamten Bewegungsapparates sowie unter belastungsabhängigen Schmerzen mit Bewegungseinschränkungen im Bereich des gesamten Rückens. Hinzu kämen Schwindelanfälle sowie eine Fußheberschwäche. Der Gutachter Prof. Dr. He. habe ähnliche Diagnosen festgestellt, sei jedoch fehlerhaft zu der Annahme gelangt, dass er noch mindestens sechs Stunden arbeiten könne. Dies stehe jedoch in eindeutigem Widerspruch zu den Feststellungen der behandelnden Ärzte. Auch Dr. R. habe lediglich angegeben, dass eine Tätigkeit "möglich erscheine". Insofern seien die Schlussfolgerungen des Gutachters nicht nachvollziehbar. Schließlich sei auch ein Gesamt-GdB von 50 ab dem 18.02.2003 anerkannt.
Der Kläger beantragt - sachdienlich gefasst -,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 29.09.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 27.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.10.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.05.2010 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Das Gutachten des Prof. Dr. He. sei schlüssig. Der anerkannte GdB nach dem Schwerbehindertenrecht beziffere lediglich das allgemeine Ausmaß der gesundheitlichen Beeinträchtigung auf alle Lebensbereiche und sage nichts darüber aus, ob auch das erwerbsbezogene Leistungsvermögen relevant eingeschränkt sei.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 27.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.10.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat weder ab dem 01.05.2010 noch ab einem späteren Zeitpunkt Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, da er noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf den er verweisbar ist, mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 SGB VI in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Dabei hat der Senat - entsprechend dem Berufungsantrag des Klägers - nur darüber zu entscheiden, ob der Kläger die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung erfüllt.
Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Nach diesen Maßstäben ist der Kläger, wie das SG zutreffend entschieden hat, unter Berücksichtigung der vom SG und der Beklagten vorgenommenen Ermittlungen nicht voll erwerbsgemindert, weil er noch in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf den er verweisbar ist, unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dies ergibt sich aus dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des Prof Dr. He., dem der Senat - wie auch das SG - folgt. Im Berufungsverfahren hat der Kläger im Wesentlichen sein Vorbringen im Klageverfahren wiederholt, sodass der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Gerichtsbescheids Bezug nimmt. Der Senat schließt sich den Entscheidungsgründen des SG in vollem Umfang an, sodass von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs 2 SGG abgesehen wird.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält deshalb weitere Ermittlungen, insbesondere die Einholung eines weiteren Gutachtens, nicht mehr für erforderlich. Das vorliegende Gutachten von Prof. Dr. He. hat dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 Zivilprozessordnung (ZPO)). Das Gutachten geht von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthält keine unlösbare inhaltliche Widersprüche. Dabei hat der Gutachter insbesondere auf die starken Aggravationen des Klägers hingewiesen, die zu zahlreichen Widersprüchen bei der Befunderhebung geführt haben. So hat der Kläger häufig unökonomische, mit keinem Krankheitsbild korrelierende Ausgleichsbewegungen gezeigt. Darüber hinaus hat er sehr starke Muskelanspannungen durchgeführt und danach völlige Kraftlosigkeiten an allen Extremitäten und am Rumpf demonstriert. Auch der im Vordergrund stehende gluteale Schmerz ist somatisch nicht erklärbar. Die Aggravationstendenzen wurden von den behandelnden Ärzten Dr. K. und Bass in ihren sachverständigen Zeugenaussagen nicht berücksichtigt, sodass der Senat deren Leistungseinschätzung nicht für überzeugend hält. Der Senat folgt vielmehr dem forensisch tätigen Gutachter Prof. Dr. He., der die Angaben und Befunde des Klägers kritisch gewürdigt hat.
Soweit der Kläger sein Berufungsvorbingen weiterhin auf einen psychovegetativen Schwindel stützt, weist der Senat darauf hin, dass weder Dr. R. noch die im Verwaltungsverfahren gehörte Gutachterin Bechert, deren Gutachten im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden konnte, vestibuläre, cerebelläre oder periphere Gleichgewichtsstörungen feststellen konnten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung streitig.
Der 1956 in Italien geborene Kläger siedelte im Jahr 1972 in die Bundesrepublik Deutschland über. Ab 1973 war er zunächst als Bauhelfer und sodann ab 1979 als angelernter Maurer beschäftigt. Im Juni 1986 musste er sich einer Bandscheibenoperation im Bereich L4/5 links mit operativer Revision nach Komplikationen unterziehen. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich Beklagte genannt) gewährte dem Kläger nach Durchführung einer stationären Heilbehandlungsmaßnahme eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit vom 30.07. bis 31.12.1987 (Bescheid vom 15.09.1987). Einem Weitergewährungsantrag wurde nicht entsprochen (Bescheid vom 05.01.1988, Widerspruchsbescheid vom 04.03.1988). Nach Durchführung eines weiteren Heilverfahrens im Juli/August 1991 gewährte die Beklagte dem Kläger ab dem 21.08.1991 Rente wegen Berufsunfähigkeit auf Dauer, während eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit abgelehnt wurde (Bescheid vom 09.07.1992, Widerspruchsbescheid vom 12.11.1993). Die Klage zum Sozialgericht Freiburg (SG; S 6 J 2277/93) und die Berufung beim Landessozialgericht (LSG; L 2 J 521/95) blieben ohne Erfolg (Urteil des SG vom 25.11.1994, Urteil des LSG vom 02.11.1995). Die im Juli 1998 nochmals beantragte Rente wegen Erwerbsunfähigkeit wurde erneut abgelehnt (Bescheid vom 21.10.1998, Widerspruchsbescheid vom 06.05.1999). Die Klage zum SG (S 6 RJ 1670/99) war wiederrum, ebenso wie die Berufung beim LSG (L 3 RJ 1496/00), erfolglos (Urteil des SG vom 24.01.2000, Urteil des LSG vom 23.10.2002). Darüber hinaus blieb ein Verfahren des Klägers auf Anerkennung einer Berufskrankheit nach der Nr 2108 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung ohne Erfolg (Gerichtsbescheid des SG vom 01.08.2001 - S 9 U 1041/01 -, Urteil des LSG vom 19.03.2003 - L 2 U 3708/01).
Anfang 2010 trat beim Kläger eine Cervikobrachialgie rechts auf, als deren Ursache Ende 2010 spintomographisch ein gedeckter Prolaps im Segment C5/6 festgestellt worden war.
Am 03.05.2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten erneut die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. Er gab hierbei an, er beziehe seit März 2010 Arbeitslosengeld II. Er leide bereits seit April 1991 an hohem Blutdruck, Rückenschmerzen mit Bewegungs- und Funktionseinschränkungen, an Schwindelattacken bzw -anfällen sowie an einem dauerhaften Schmerzsyndrom. Er könne deshalb keine Tätigkeiten mehr verrichten. Der Kläger legte mehrere ärztliche Unterlagen sowie den Schwerbehindertenausweis vom 01.12.1987 vor (Grad der Behinderung [GdB] 60 ab dem 18.02.2003, zuvor GdB von 50). Die Beklagte ließ den Kläger daraufhin fachärztlich begutachten. Ärztin für Nervenheilkunde Bechert gelangte in ihrem Gutachten vom 14.07.2010 für den Kläger zu folgenden Diagnosen: Anpassungsstörung und somatoforme Schmerzstörung. Es bestehe kein Hinweis auf neurologische Defizite nach der Bandscheibenoperation 1986. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts könne der Kläger unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Internist Dr. C. gelangte in seinem Gutachten vom 16.07.2010 für den Kläger zu folgenden Diagnosen: Bluthochdruck, Anpassungsstörung und somatoforme Schmerzstörung. Der Kläger sei fachübergreifend in der Lage, eine körperlich leichte bis zeitweilig mittelschwere Arbeit unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen regelmäßig über sechs Stunden täglich auszuüben. Mit Bescheid vom 27.07.2010 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag des Klägers mit der Begründung ab, trotz der bei ihm vorliegenden Krankheiten könne er noch mindestens drei Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein. Die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung seien danach nicht erfüllt. Nach Auskunft der Bundesagentur für Arbeit (BA) bestehe zudem die Möglichkeit, dem Kläger einen Teilzeitarbeitsplatz in der BRD zu vermitteln, der seinem Leistungsvermögen entspreche. Er habe daher auch unter Berücksichtigung der Lage auf dem Arbeitsmarkt keinen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Hiergegen legte der Kläger am 02.08.2010 Widerspruch ein und trug zur Begründung vor, er sehe sich nicht in der Lage, mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Er könne weder lange stehen noch sitzen. Auch habe er große Schwierigkeiten mit dem Blutdruck. Schließlich sei es ihm nicht klar, welche Arbeiten die BA ihm noch vermitteln könne. Nach weiterer Stellungnahme des Dr. C. vom 10.08.2010 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 27.10.2010 zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, nach Überprüfung des Sozialmedizinischen Dienstes sei der Kläger in der Lage, leichte bis mittelschwere Arbeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Die Beurteilung dieses Leistungsvermögens sei schlüssig und nachvollziehbar. Es komme deshalb nicht darauf an, ob ihm von der BA ein entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden könne. Die Anerkennung als Schwerbehinderter führe zu keinem anderen Ergebnis. Der GdB gebe nur das Ausmaß der Beeinträchtigung der gesundheitlichen Unversehrtheit an und sage nichts darüber aus, wie sich diese auf die Leistungsfähigkeit im Sinne der Rentenversicherung auswirke.
Hiergegen hat der Kläger am 04.011.2010 Klage beim SG erhoben und zur Begründung im Wesentlichen geltend gemacht, aufgrund seiner Erkrankungen leide er unter langwierigem Schwankschwindel sowie unter belastungsabhängigen Schmerzen im Bereich des gesamten Bewegungsapparates. Hinzu kämen belastungsabhängige Schmerzen mit Bewegungseinschränkungen im Bereich des gesamten Rückens und zusätzlich eine Fußheberschwäche links.
Das SG hat zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts Beweis erhoben durch schriftliche Vernehmung von sachverständigen Zeugen. Facharzt für Orthopädie Dr. K. hat mitgeteilt (Auskunft vom 11.01.2011), der Kläger könne derzeit nur noch leichte körperliche Tätigkeiten unter drei Stunden täglich verrichten. Das maßgebliche Leiden des Klägers liege auf fachorthopädischem Gebiet. Er habe eine MRT veranlasst sowie eine fachneurologische Untersuchung. Er hat die entsprechenden Befundberichte seiner Auskunft beigefügt. Im Befundbericht des Nuklearmediziners Dr. H. vom 29.11.2010 hat dieser mitgeteilt, es bestehe ein intraforaminaler NP-Prolaps C5/6 rechts, eine Spondylose und Unkovertebralarthrose C3/4 bis C5/6 sowie eine ventrale Spondylose der oberen BWS. Neurologe Dr. R. hat angegeben (Auskunft vom 21.01.2011), der Kläger sei am 25.03.2010 ambulant in der neurologischen Ambulanz des Uniklinikums F. behandelt worden. Es bestehe ein geringgradiger Folgeschaden des Bandscheibenvorfalls der LWS mit Wurzelbeteiligung L5 links. Klinische Hinweise auf eine objektivierbare Gleichgewichtsstörung lägen nicht vor. Allerdings bestünden Hinweise für eine peripher-vestibuläre Störung links. Es erscheine möglich, dass der Kläger leichte körperliche Tätigkeiten in vorwiegend sitzender Position verrichten könne. Arzt für Allgemeinmedizin B. hat ausgeführt (Auskunft vom 20.01.2011), der Kläger leide an Hypertonie, Herzrhythmusstörungen und schmerzhaften muskulären Verspannungen im Bereich des Rückens und im Nackenbereich. Der Schwerpunkt liege auf orthopädischem und neurologischem Fachgebiet. Aufgrund der Erkrankungen sei der Kläger nicht mehr in der Lage, einer geregelten Arbeit nachzugehen. Er sei gezwungen, sich häufig hinzulegen.
Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts hat das SG das Gutachten des Facharztes für Orthopädie Prof. Dr. He. vom 06.06.2011 eingeholt. Dieser gelangte für den Kläger zu folgenden Diagnosen: Brachialgie rechts ohne nervale und muskuläre Ausfallserscheinungen bei Bandscheibenprotrusion und ventraler Spondylose C5/6, am Übergang der Hals- zur Brustwirbelsäule geringfügiges Wirbelgleiten, an der Lendenwirbelsäule mittelgradige Spondylose und geringfügige Chondrose im Segment L4/5 sowie leichte linkskonvexe Skoliose zwischen dem Thorakalsegment T11 und dem Lumbalsegment L5, Zustand 25 Jahre nach einer Bandscheibenoperation in diesem Segment ohne bewiesene nervale und muskuläre Ausfälle sowie erhebliche psychische Anpassungsstörung mit starken Aggravationen. Der Kläger sei von athletischer Statur und durch ein äußerst demonstratives Verhalten aufgefallen, das zu zahlreichen Widersprüchen der Befunde geführt habe. So seien häufig unökonomische, mit keinem Krankheitsbild korrelierende Ausgleichsbewegungen gezeigt worden. Darüber hinaus habe er sehr starke Muskelanspannungen durchgeführt und danach völlige Kraftlosigkeiten an allen Extremitäten und am Rumpf demonstriert. Auch der im Vordergrund stehende gluteale Schmerz sei somatisch nicht erklärbar. So habe der Kläger Schmerzen im glutealen Bereich bei Bewegungen angegeben, die diesen Bereich nicht belasteten. Zwar bestehe eine Bandscheibenvorwölbung im Bereich C5/6. Aber neurologisch und neurographisch bestünden keine nervalen Defizite. Der Kläger könne leichte Tätigkeiten körperlicher Art mit Heben und Tragen von Lasten bis zu zehn Kilogramm im Wechselrythmus zwischen Gehen, Stehen und Sitzen, mit gelegentlichem, aber nicht ständigem Bücken, ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, in ständiger Kälte oder Nässe, verrichten. Sonstige qualitative Leistungseinschränkungen bestünden nicht. Derartige Tätigkeiten könne der Kläger mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Besondere Arbeitsbedingungen seien nicht unerlässlich, auch die Wegstrecke zur Arbeit sei nicht eingeschränkt.
Mit Gerichtsbescheid vom 29.09.2011 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei nach dem Gutachten des Prof. Dr. He. noch in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Gutachter sei von zutreffenden und vollständigen Befunden ausgegangen. Denn auch die Ärzte hätten entsprechende Befunde angegeben. Daraus habe der Gutachter schlüssig die seiner Beurteilung des Leistungsvermögens zugrundeliegenden Funktionsbeeinträchtigungen abgeleitet. Das danach verbleibende Leistungsvermögen führe dazu, dass der Kläger leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts noch mindestens sechs Stunden täglich verrichten könne. Auch Dr. R. habe diese Einschätzung bestätigt. Eine Summierung mehrerer ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liege nicht vor.
Hiergegen richtet sich die am 19.10.2011 beim SG eingelegte Berufung des Klägers. Zur Begründung wird vorgetragen, es sei unstreitig, dass er an Bluthochdruck, an einer Anpassungsstörung, an einer somatoformen Schmerzstörung sowie an einem psychovegetativem Schwindel leide. Aufgrund dessen sei er nicht mehr in der Lage, einer Erwerbstätigkeit in nennenswertem Umfang nachzugehen. Er leide an belastungsunabhängigen Schmerzen im Bereich des gesamten Bewegungsapparates sowie unter belastungsabhängigen Schmerzen mit Bewegungseinschränkungen im Bereich des gesamten Rückens. Hinzu kämen Schwindelanfälle sowie eine Fußheberschwäche. Der Gutachter Prof. Dr. He. habe ähnliche Diagnosen festgestellt, sei jedoch fehlerhaft zu der Annahme gelangt, dass er noch mindestens sechs Stunden arbeiten könne. Dies stehe jedoch in eindeutigem Widerspruch zu den Feststellungen der behandelnden Ärzte. Auch Dr. R. habe lediglich angegeben, dass eine Tätigkeit "möglich erscheine". Insofern seien die Schlussfolgerungen des Gutachters nicht nachvollziehbar. Schließlich sei auch ein Gesamt-GdB von 50 ab dem 18.02.2003 anerkannt.
Der Kläger beantragt - sachdienlich gefasst -,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 29.09.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 27.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.10.2010 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.05.2010 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Das Gutachten des Prof. Dr. He. sei schlüssig. Der anerkannte GdB nach dem Schwerbehindertenrecht beziffere lediglich das allgemeine Ausmaß der gesundheitlichen Beeinträchtigung auf alle Lebensbereiche und sage nichts darüber aus, ob auch das erwerbsbezogene Leistungsvermögen relevant eingeschränkt sei.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 27.07.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.10.2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat weder ab dem 01.05.2010 noch ab einem späteren Zeitpunkt Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, da er noch in der Lage ist, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf den er verweisbar ist, mindestens sechs Stunden täglich auszuüben.
Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach § 43 SGB VI in der ab 01.01.2008 geltenden Fassung des Art 1 Nr 12 RV-Altersgrenzenanpassungsgesetz vom 20.04.2007 (BGBl I, 554). Dabei hat der Senat - entsprechend dem Berufungsantrag des Klägers - nur darüber zu entscheiden, ob der Kläger die Voraussetzungen für eine Rente wegen voller Erwerbsminderung erfüllt.
Versicherte haben nach § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Sowohl für die Rente wegen teilweiser als auch für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ist Voraussetzung, dass die Erwerbsfähigkeit durch Krankheit oder Behinderung gemindert sein muss. Entscheidend ist darauf abzustellen, in welchem Umfang ein Versicherter durch Krankheit oder Behinderung in seiner körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und in welchem Umfang sich eine Leistungsminderung auf die Fähigkeit, erwerbstätig zu sein, auswirkt. Bei einem Leistungsvermögen, das dauerhaft eine Beschäftigung von mindestens sechs Stunden täglich bezogen auf eine Fünf-Tage-Woche ermöglicht, liegt keine Erwerbsminderung im Sinne des § 43 Abs 2 SGB VI vor. Wer noch sechs Stunden unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts arbeiten kann, ist nicht erwerbsgemindert; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs 3 SGB VI).
Nach diesen Maßstäben ist der Kläger, wie das SG zutreffend entschieden hat, unter Berücksichtigung der vom SG und der Beklagten vorgenommenen Ermittlungen nicht voll erwerbsgemindert, weil er noch in der Lage ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf den er verweisbar ist, unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Dies ergibt sich aus dem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten des Prof Dr. He., dem der Senat - wie auch das SG - folgt. Im Berufungsverfahren hat der Kläger im Wesentlichen sein Vorbringen im Klageverfahren wiederholt, sodass der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Gerichtsbescheids Bezug nimmt. Der Senat schließt sich den Entscheidungsgründen des SG in vollem Umfang an, sodass von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe nach § 153 Abs 2 SGG abgesehen wird.
Der Sachverhalt ist vollständig aufgeklärt. Der Senat hält deshalb weitere Ermittlungen, insbesondere die Einholung eines weiteren Gutachtens, nicht mehr für erforderlich. Das vorliegende Gutachten von Prof. Dr. He. hat dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs 1 Zivilprozessordnung (ZPO)). Das Gutachten geht von zutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen aus, enthält keine unlösbare inhaltliche Widersprüche. Dabei hat der Gutachter insbesondere auf die starken Aggravationen des Klägers hingewiesen, die zu zahlreichen Widersprüchen bei der Befunderhebung geführt haben. So hat der Kläger häufig unökonomische, mit keinem Krankheitsbild korrelierende Ausgleichsbewegungen gezeigt. Darüber hinaus hat er sehr starke Muskelanspannungen durchgeführt und danach völlige Kraftlosigkeiten an allen Extremitäten und am Rumpf demonstriert. Auch der im Vordergrund stehende gluteale Schmerz ist somatisch nicht erklärbar. Die Aggravationstendenzen wurden von den behandelnden Ärzten Dr. K. und Bass in ihren sachverständigen Zeugenaussagen nicht berücksichtigt, sodass der Senat deren Leistungseinschätzung nicht für überzeugend hält. Der Senat folgt vielmehr dem forensisch tätigen Gutachter Prof. Dr. He., der die Angaben und Befunde des Klägers kritisch gewürdigt hat.
Soweit der Kläger sein Berufungsvorbingen weiterhin auf einen psychovegetativen Schwindel stützt, weist der Senat darauf hin, dass weder Dr. R. noch die im Verwaltungsverfahren gehörte Gutachterin Bechert, deren Gutachten im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden konnte, vestibuläre, cerebelläre oder periphere Gleichgewichtsstörungen feststellen konnten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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