L 5 KR 4827/11 ER-B

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 14 R 4987/11 ER
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 4827/11 ER-B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 05.10.2011 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für beide Rechtszüge auf 30.679,46 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagen.

Die Antragstellerin ist ein in der Form einer GmbH geführtes Transportunternehmen, deren Geschäftsführer G. W. ist. Faktisch übt dessen Sohn, B. W. , etwa seit dem Jahr 2000 die Tätigkeit des Geschäftsführers aus. Im Mai und Juli 2008 wurden im Rahmen von Verkehrskontrollen die Fahrer M. W., F. K., D. G. und B. P. auffällig, die Fahrten für die Klägerin in deren LKW durchführten. Sie gaben jeweils an, als Subunternehmer für die Antragstellerin selbständig tätig zu sein.

Das Hauptzollamt, Abteilung Schwarzarbeitskontrolle, führte darauf hin am 18.07.2008 eine Betriebsprüfung bei der Antragstellerin durch und befragte im Rahmen der weiteren Ermittlungen die Fahrer mittels entsprechender Fragebögen.

Der Fahrer M. W. (im Folgenden: W) legte einen im November 2006 mit der Antragstellerin geschlossenen schriftlichen Nachunternehmervertrag vor. Darin beauftragte die Antragstellerin ihn mit der Durchführung von Dienstleistungen als Fahrer oder Transporteur. Die Antragstellerin verpflichtete sich zur Auftragsvergabe soweit sie ausreichend eigene Aufträge hatte, W. zur ordnungsgemäßen Ausführung der Aufträge. Er durfte Aufträge jederzeit ablehnen und durfte eigene Arbeitskräfte dafür einsetzen. (§ 1). Der Auftragnehmer haftete für Personen-, Sach- und Vermögensschäden, die durch Ausführung der Arbeit verursacht wurden (§ 4). In § 9 versicherte W. unter der Überschrift "Scheinselbständigkeit", dass er weitere Auftraggeber habe und/oder Mitarbeiter beschäftige. Im Prüfbogen des Hauptzollamts zur Selbständigkeit gab W. an, dass er in W. ein Gewerbe angemeldet habe. Er beschäftige weder Arbeitnehmer noch Aushilfen. Seine Rechnungen an die Antragstellerin schreibe er selbst, die übrige Buchhaltung mache ein Steuerberater. Seit November/Dezember 2006 sei er ausschließlich für die Antragstellerin tätig, an die er durch einen Bekannten (den ebenfalls für die Antragstellerin als Fahrer tätig gewordenen B. P.) vermittelt worden sei. Es sei eine regelmäßige Arbeitszeit vorgegeben. Bestimmte Aufträge könne er ablehnen, Weisungen hinsichtlich seiner Arbeit würden ihm nicht erteilt. Die Aufträge für die Touren erteile ihm ein Disponent der Firma St., die ihrerseits einen Vertrag mit der Antragstellerin habe. Er führe die gleichen Arbeiten aus wie die fest angestellten Arbeitnehmer der Antragstellerin. Wenn er krank sei, rufe er den Disponenten der Firma St. an und informiere die Antragstellerin, damit andere Fahrer eingesetzt werden könnten. Ihm sei zwar die Tätigkeit für weitere Auftraggeber erlaubt, er habe aber tatsächlich keine weiteren Auftraggeber. Die Abrechnung der Aufträge erfolge nach einem Tagessatz von 140 EUR. Er fahre mit einem Fahrzeug der Antragstellerin, die Spritkosten und die Kfz-Versicherung zahle die Antragstellerin bzw. die Firma St ... Er selbst zahle die Beiträge zur Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltung, die private Haftpflichtversicherung und seine Krankenversicherung. Eine Erlaubnis nach dem Güterkraftverkehrsgesetz habe er nicht. Die Frage nach seinem unternehmerischen Risiko beantwortete W. nicht. Er legte die der Antragstellerin gestellten Rechnungen vor. Danach war er im Zeitraum von November 2006 bis Juli 2008 jeweils an 15 bis 23 Tagen im Monat für die Antragstellerin dieselbe Tour gefahren.

F. K. (K) gab gegenüber dem Hauptzollamt an, dass er ein Gewerbe zum Vertrieb von Wasserfiltern angemeldet habe. Die Buchhaltung habe eine Bekannte für ihn gemacht, die Rechnungen an die Antragstellerin habe er selbst geschrieben. Er sei in der Zeit vom 18.10.2006 bis 04.05.2007 für die Antragstellerin tätig gewesen, die Tätigkeit sei über eine Anzeige in der Zypresse zustande gekommen. Ein schriftlicher Vertrag sei nicht geschlossen worden. Er habe pauschal 120 EUR pro Tag abgerechnet. Ein Zeitrahmen für die Erledigung der Aufträge sei nicht vorgegeben gewesen. Tatsächlich sei es nie zu einer Ablehnung eines Auftrags gekommen. Er sei überwiegend für die Spedition B. im Einsatz gewesen, die ihrerseits einen Subunternehmervertrag mit der Antragstellerin gehabt habe. Bei Erkrankung oder Urlaub habe er keinen Ersatzmann stellen müssen. Wünsche für Urlaub seien mitgeteilt worden. Bei Krankheit habe er Herrn W. informiert. Die Antragstellerin habe den LKW und die Betriebsstoffe zur Verfügung gestellt. Er habe zwar Werbung machen dürfen, das aber nicht getan, da die Tätigkeit von vornherein nur kurzfristig habe ausgeübt werden sollen. Der Tagessatz sei auf 120 EUR ausgehandelt worden, dabei sei es egal gewesen, wie viele Touren er am Tag gefahren habe. Eine Erlaubnis nach dem Güterkraftverkehrsgesetz habe er nicht. Alle Kosten seien von der Antragstellerin getragen worden, er selbst habe keine Kosten und kein unternehmerisches Risiko gehabt. Nach den vorgelegten Rechnungen war K. von Oktober 2006 bis April 2007 an jeweils 10 bis 23 Tagen im Monat und im Mai 2007 an drei Tagen für die Antragstellerin tätig.

D. G. (G) gab in dem Fragebogen des Hauptzollamtes an, dass er zum 01.08.2008 ein Gewerbe als Einzelfirma angemeldet habe. Seine Buchhaltung mache ein Steuerberater, seine Rechnungen an die Antragstellerin schreibe er selbst. Seit März 2008 sei er laufend für die Antragstellerin tätig, zuvor habe er von Oktober 2007 bis Februar 2008 für die Firma Sch. Aufträge ausgeführt. Es habe Absprachen bezüglich seiner Tätigkeit gegeben. Er habe seine Touren selbst organisiert. Eine regelmäßige Arbeitszeit sei nicht vorgegeben gewesen und er könne bestimmte Aufträge ablehnen. Ein Disponent der Firma Sch. erteile ihm die Anweisungen. Er führe bedingt dieselben Arbeiten aus wie ein fest angestellter Arbeitnehmer. Diese erhielten den LKW schon fertig beladen. Eine Rückgabe von Aufträgen wegen Erkrankung sei nicht vorgekommen. Bei plötzlicher Verhinderung müsse er die Antragstellerin und die Firma Sch. informieren. Es werde nach Tagessätzen von 130 EUR bis 140 EUR abgerechnet und gebe eine Vertragsstrafe bei Verspätung oder Nichtzustellung. Die Aufträge fahre er ausschließlich mit Fahrzeugen der Antragstellerin. Entsprechend habe er auch keine Genehmigung nach dem Güterkraftverkehrsgesetz. Er habe eine Selbstbeteiligung für Schäden bis 500 EUR und Ausgaben für Versicherung, Werbung und Handy. Sein unternehmerisches Risiko bestehe darin, dass er neben diesen Ausgaben keine Sicherheit bei der Vergabe von Aufträgen und im Krankheitsfall habe. G. war im März 2008 an 14 Tagen, im April bis Oktober 2008 an jeweils 16 bis 22 Tagen im Monat tätig, wobei er im Wesentlichen die Tour Sch. 913 fuhr.

B. P. (P) hatte am 09.01.2007 ein Gewerbe mit folgender Tätigkeit angemeldet: Beratung, Vermittlung und Vertretung von Firmen und Personen im Bereich der deutsch-polnischen wirtschaftlichen und kulturellen Zusammenarbeit, selbständiger Kraftfahrer (mit Fremdfahrzeugen) und Monteur. Am 02.02.2009 meldete er zusätzlich eine Tätigkeit als Fliesenleger, Trockenbauer und Hausmeisterservice an. P. erhielt in der Zeit vom 09.01.2007 bis 08.10.2007 Gründungszuschuss von der Bundesagentur für Arbeit für diese Tätigkeit. Im Fragebogen des Hauptzollamtes gab er an, er schreibe seine Rechnungen selbst, die Buchhaltung erledige ein Steuerberater. Seit Januar 2007 sei er für die Antragstellerin tätig, seit September 2008 nur noch sporadisch. Bis einschließlich September 2008 sei er faktisch als Springer tätig gewesen. Vorher sei er bei der Antragstellerin angestellt gewesen, habe sich aber selbständig machen wollen. Zuvor sei er immer nur eine Tour gefahren, als selbständiger Fahrer sei er überall eingesetzt gewesen. Er sei in den Betrieb der Antragstellerin eingegliedert gewesen, der Arbeitsbeginn sei morgens um 6.30 Uhr an der Rampe gewesen, wo beladen werde und man ca. 20 Adressen vom jeweiligen Disponenten erhalte. Als Arbeitsnachweise müsse er nur Rapportzettel über die Anlieferung und Abholung ausfüllen. Wenn er plötzlich verhindert sei, müsse er bei der Antragstellerin und ggfs. beim Disponent Bescheid geben. Er habe selbst Werbung gemacht und sei für ca. fünf weitere Auftraggeber tätig gewesen. Sein Tagessatz habe zwischen 150 EUR und 160 EUR betragen. Die Kosten für eine Betriebshaftpflichtversicherung, eine private Rentenversicherung, die gesetzliche Rentenversicherung und Kranken- und Pflegeversicherung habe er getragen. Für die Fahrten habe er ausschließlich den LKW der Antragstellerin verwendet. Das unternehmerische Risiko sei ziemlich groß. Wenn man krank werde, bekomme man kein Geld. Auch die Wirtschaftskrise wirke sich wegen fehlender Aufträge aus. P. stellte der Antragstellerin im Oktober 2006 20 Tage, im Dezember 2006 sieben Tage, im Januar 2007 zwei Tage, von Dezember 2007 bis August 2008 zwischen acht und 24 Tage im Monat in Rechnung, im September 2008 fünf Tage und ein Vermittlungshonorar und im November 2008 ein Vermittlungshonorar von 150 EUR.

Mit Strafbefehl vom 23.07.2010 verurteilte das Amtsgericht Emmendingen den Sohn des eingetragenen Geschäftsführers, der nach Auffassung des Amtsgerichts tatsächlich die Geschäfte geführt hatte, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten zur Bewährung wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt zu Lasten der Sozialversicherung. Der Strafbefehl ist seit 11.08.2010 rechtskräftig. Der Antragsteller hatte mit Schriftsatz seines damaligen Bevollmächtigten vom 23.06.2010 gegenüber dem Amtsgericht vortragen lassen, die Vorwürfe würden in der Sache nicht bestritten, Die Fahrer seien als selbständige Subunternehmer geführt worden, obwohl es sich tatsächlich um versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse gehandelt habe.

Mit Schreiben vom 06.06.2011 hörte die Antragsgegnerin die Antragstellerin zur beabsichtigten Nacherhebung von Sozialversicherungsbeiträgen und Umlagen in Höhe von 85.785,76 EUR für die vier Fahrer an. Aus den dem Anhörungsschreiben beigefügten Anlagen ergaben sich Nachforderungsbeträge in Höhe von insgesamt 122.884,77 EUR einschließlich Säumniszuschlägen von 37.099 EUR.

Dazu nahm die Antragstellerin durch ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten dahingehend Stellung, die Annahme, dass W., K., G. und P. versicherungspflichtige Arbeitnehmer gewesen seien, sei falsch. Die Rechtsprechung habe einen umfangreichen Indizienkatalog für eine abhängige Beschäftigung aufgestellt. Diese Indizien seien im Einzelfall zu gewichten und müssten sich in ein Gesamtbild einfügen. Auf den vorliegenden Sachverhalt angewendet bedeute das, dass W schon schriftlich einen Nachunternehmervertrag abgeschlossen habe, der für eine selbständige Tätigkeit spreche. Auch die tatsächliche Durchführung des Arbeitsverhältnisses spreche für eine Selbständigkeit. W. bezeichne sich als Selbständiger. Er habe Aufträge ablehnen und seine Arbeitszeit frei gestalten können, sei nicht verpflichtet, Arbeitskleidung der Antragstellerin zu tragen und könne eigene Werbung machen. Es sei nach Tagessatz abgerechnet worden, ein Anspruch auf Gratifikationen habe nicht bestanden. Das spreche für eine selbständige Tätigkeit, weil am Anfang des Monats nicht festgestellt werden könne, wie viel im Monat verdient werde. Das Unternehmerrisiko liege gerade darin, dass W. keine weiteren Aufträge erhalte. Das Argument, dass dieselben Tätigkeiten wie Arbeitnehmer ausgeführt worden seien, sei nicht überzeugend, denn die Antragstellerin habe ihre Tätigkeit auch outsourcen können, wie es z.B. bei Reinigungsdiensten gelegentlich vorkomme. W. habe selbst eine betriebliche Unfallversicherung gehabt. Die Nutzung eines Kfz der Antragstellerin sei nur ein Indiz unter anderen. Einen Anspruch auf bezahlten Urlaub habe es nicht gegeben. Das gleiche gelte für K. und G. Bei P. sei zusätzlich von Bedeutung, dass er einen Existenzgründungszuschuss erhalten habe. Die Agentur für Arbeit habe hinsichtlich der beabsichtigten selbständigen Tätigkeit geprüft, ob diese den Kriterien des § 7 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) entsprach. Er habe nach Rücksprache mit der Antragstellerin auch Hilfskräfte einsetzen dürfen. Außerdem habe er Werbung gemacht. Er habe außerdem für fünf andere Unternehmen Tätigkeiten ausgeübt. Das spreche für eine unternehmerische Tätigkeit. Bei der Prüfung der schriftlichen Zeugenaussagen tauche mehrfach der Eindruck auf, dass die vier Personen die Bedeutung der Fragen auch nicht annähernd verstanden hätten. Insofern müsse eine erneute Vernehmung bzw. Befragung durchgeführt werden. Die Antragstellerin verwies auf das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 29.03.2011 (L 8 AL 152/08), das die Tätigkeit als selbständiger Kraftfahrer akzeptiert habe. Die Antragstellerin erhob die Einrede der Verjährung. Die für die Zeit von Oktober 2006 bis November 2008 geltend gemachten Forderungen seien zumindest teilweise verjährt, § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Satz 2 sei nicht einschlägig, weil die Beitragsschuld nicht vorsätzlich vorenthalten worden sei. Die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit sei sehr schwierig und könne ohne sozialversicherungsrechtliche Kenntnisse nicht geleistet werden.

Mit Bescheid vom 19.08.2011 forderte die Antragsgegnerin von der Antragstellerin Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen in Höhe von 122.717,83 EUR einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 37.044,50 EUR für die Beschäftigung der Fahrer W., K., G. und P. in der Zeit von Oktober 2006 bis Oktober 2008. Die Abrechnung des P. für Januar 2007 über 280 EUR sei wegen des Existenzgründungszuschuss für P. unberücksichtigt geblieben. Bereits aus der rechtskräftigen Verurteilung des tatsächliche Verantwortlichen B. W. durch rechtskräftigen Strafbefehl ergebe sich, dass die Nachforderung rechtmäßig und nicht verjährt sei. Für die abhängige Beschäftigung spreche vor allem, dass die vier Fahrer keine eigenen LKW gefahren seien, sondern die Fahrzeuge der Klägerin. Diese Fahrer hätten überwiegend ihre Arbeitskraft eingesetzt und seien damit funktionsgerecht dienend in der Arbeitsorganisation der Klägerin tätig gewesen. Ein unternehmerisches Risiko mit Gewinn- und Verlustchancen hätten sie nicht getragen. Zudem seien sie mit ihrer vollen Arbeitskraft über einen längeren Zeitraum bei der Antragstellerin tätig gewesen, was gegen eine selbständige Tätigkeit spreche, bei der die Einsätze immer wieder neu verhandelt würden. Das Risiko, für seine Arbeit kein Entgelt zu bekommen oder bei nicht zufriedenstellender Arbeit nicht weiter beschäftigt oder beauftragt zu werden, sei auch von beschäftigten Arbeitsnehmern zu tragen. Auch die Zahlung nach Tagespauschalen entspreche typischerweise der Entlohnung von abhängig Beschäftigten.

Dagegen erhob die Antragstellerin am 18.09.2011 Widerspruch, zu deren Begründung sie im Wesentlichen ihren Vortrag aus dem Anhörungsverfahren wiederholen ließ. Sie beantragte, die Vollziehung vorläufig auszusetzen. Hierzu hat die Antragsgegnerin keine Entscheidung getroffen.

Am 19.09.2011 beantragte die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Zur Begründung wiederholte sie im Wesentlichen ihren Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren. Ergänzend wies sie darauf hin, dass die geltend gemachte Forderung sie in ihrem Bestand bedrohe. Sie könne die Forderung aus Liquiditätsgründen nicht tragen. Sie müsse aufgrund der wirtschaftlichen Lage ohnehin mit Verlusten rechnen.

Mit Beschluss vom 05.10.2011 wies das Sozialgericht den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ab.

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs sei nicht anzuordnen, da das Suspensivinteresse der Antragstellerin nicht größer sei als das öffentliche Vollzugsinteresse. Nach der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Prüfung der vorliegenden Unterlagen bestünden keine wesentlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des mit Widerspruch angefochtenen Bescheids vom 19.08.2011 jedenfalls hinsichtlich der Nachforderung von Beiträgen für W., K. und G. Für sie stelle sich das Gesamtbild der Tätigkeit nach den von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien als abhängige Beschäftigung dar. Diese Fahrer seien wirtschaftlich ausschließlich von der Antragstellerin abhängig gewesen, denn sie seien nur für diese tätig gewesen und hätten ihr Geld nur bei ihr verdient. Die Annahme anderer Aufträge sei schon aufgrund der Arbeitsbelastung bei der Antragstellerin nicht möglich gewesen, denn alle drei Fahrer seien tatsächlich im jeweiligen Tätigkeitszeitraum vollumfänglich für die Antragstellerin tätig gewesen. Die Annahme weiterer Aufträge wäre deshalb allenfalls unter Verstoß gegen Vorschriften betreffend Ruhezeiten und die Arbeitszeitgesetzgebung möglich gewesen. Darüber hinaus habe ihnen faktisch die Möglichkeit, andere Aufträge anzunehmen, gefehlt, weil sie über keine eigenen Fahrzeuge verfügt hätten. Trotz ihres Rechts, die Arbeitsleistung auf andere Personen zu delegieren, hätten sie bei Urlaub oder Krankheit keinen Ersatz gestellt. Faktisch sei die Arbeitszeit dadurch vorgegeben gewesen, dass zu einer bestimmten Zeit hätte eingeladen werden müssen. Das unternehmerische Risiko habe sich im Wesentlichen darin erschöpft, bei Krankheit kein Entgelt und bei Auftragsschwierigkeiten der Antragstellerin keine Aufträge mehr zu erhalten. Das Risiko der fehlenden Absicherung bei Krankheit sei kein wesentliches Kriterium, denn es sei Folge der Umgehung der Vorschriften zur Entgeltfortzahlung und der versuchten Umgehung von Beiträgen zur Sozialversicherung und könne deshalb nicht die Umgehung derselben rechtfertigen. Das Fehlen von Aufträgen der Antragstellerin sei ein Risiko, das sie in gleicher Weise als Arbeitnehmer treffen würde, denn als solche seien sie der Gefahr betriebsbedingter Kündigungen ausgesetzt. Die Eingliederung in den Arbeitsablauf der Antragstellerin ergebe sich daraus, dass im Falle der Verhinderung dem Geschäftsführer der Antragstellerin Bescheid hätte gegeben werden müssen. Die Touren hätten nach Art und Umfang im Wesentlichen denjenigen der fest angestellten Arbeitnehmer der Antragstellerin entsprochen. Auch die Laufzeitregelung im mit W. geschlossenen Vertrag stelle sich eher wie eine Klausel in einem befristeten Arbeitsvertrag als wie eine solche mit einem selbständigen Subunternehmer dar. Dasselbe gelte für die Verschwiegenheitspflicht, die in ähnlicher Weise auch in Arbeitsverträgen durchaus üblich sei. Auch die Einrede der Verjährung greife nicht durch. Die Antragsgegnerin habe insofern zu Recht ausgeführt, dass nach summarischer Prüfung der vorliegenden Unterlagen alles für das Vorliegen eines zumindest bedingten Vorsatzes spreche. Nicht zuletzt sei ein solcher bedingter Vorsatz daraus ableitbar, dass die Antragstellerin den Arbeitnehmer W. sogar dazu veranlasst habe, eine Vertragsklausel zur "Scheinselbstständigkeit" des Inhalts zu unterschreiben, dass er weitere Auftraggeber oder Angestellte habe. Daraus sei unproblematisch erkennbar, dass die Antragstellerin sich der Problematik der Scheinselbständigkeit bewusst gewesen sei. Aufgrund des Umfangs der Tätigkeit der als "Subunternehmer" bezeichneten Arbeitnehmer für die Antragstellerin habe die Antragstellerin auch nicht davon ausgehen können, dass diese weitere Auftraggeber gehabt hätten.

Geringe Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 19.08.2011 bestünden hinsichtlich P. Zwar gehe die Antragsgegnerin zutreffend davon aus, dass die Bewilligung von Gründungszuschüssen noch nicht dazu führe, dass die Tätigkeit bei der Antragstellerin als Selbständigkeit angesehen werden könne. P. habe eine Vielzahl von Tätigkeiten als Gewerbe angemeldet, für die er Eingliederungszuschuss erhalten habe. Damit sei aber noch keine Entscheidung darüber getroffen, dass auch seine Tätigkeit als Kraftfahrer ohne eigenes Kraftfahrzeug den Kriterien einer selbständigen Tätigkeit entsprochen habe. Die Bewilligung von Gründungszuschüssen habe über den Bewilligungszeitraum hinaus keine bindende Wirkung betreffend die Einstufung einer Tätigkeit als Beschäftigung im Sinne des § 7 SGB IV. Auch die Mitteilung des P., er habe nunmehr weitere Auftraggeber, begründe keine Zweifel an der Annahme einer abhängigen Beschäftigung. Vielmehr spreche Einiges dafür, dass er bei den weiteren Auftraggebern in Ermangelung eines eigenen Fahrzeugs mit anderen Tätigkeiten betraut gewesen sei als bei der Antragstellerin. Zweifel bestünden hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Bescheids betreffend die Nachforderung von Beiträgen für P. allerdings insofern, als die Antragsgegnerin hier offenbar auch Vermittlungshonorare als Arbeitsentgelt für die Tätigkeit als Kraftfahrer gewertet habe. Insofern bleibe unklar, ob P. im Bezug auf die abgerechnete Vermittlung wirklich als Kraftfahrer oder im Rahmen seiner selbständigen Tätigkeit im Bereich der deutsch-polnischen Beziehungen tätig war. Insofern werde die Antragsgegnerin den Sachverhalt im Widerspruchsverfahren weiter aufklären müssen. Diese Zweifel beträfen letztlich aber nur einen Betrag von rund 239 EUR der erhobenen Sozialversicherungsbeiträge und rechtfertigten deshalb nicht die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 19.08.2011. Der hier möglicherweise zu Unrecht geforderte Betrag falle gegenüber der Gesamtforderung so gering ins Gewicht, dass das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin und der betroffenen Sozialversicherungsträger nicht überwiege.

Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 10.10.2011 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin am 07.11.2011 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung lässt sie im Wesentlichen ausführen, das Sozialgericht gehe offensichtlich davon aus, dass die führende Erwerbsform in der Bundesrepublik die abhängige Beschäftigung sei. Nach der neueren Rechtsprechung müsse aber davon ausgegangen werden, dass eine Tätigkeit als Fahrer grundsätzlich sowohl in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis als auch als selbstständige Tätigkeit ausgeübt werden könne. Eine Tätigkeit der vier Fahrer auch für andere Auftragnehmer sei nicht durch den Umfang ihrer Tätigkeit für die Antragstellerin ausgeschlossen gewesen, beispielsweise habe G. im März 2008 lediglich 14 Tagestouren gefahren und K. zwischen Oktober und November lediglich zwölf Touren. Das unternehmerische Risiko der vier Fahrer trete vor allem im Krankheitsfall und beim Auftragsmangel des Auftraggebers ein. Diese Situation unterscheide sich wesentlich von der des Arbeitnehmers, der im Krankheitsfall abgesichert und durch den Auftragsmangel seines Arbeitgebers zunächst nicht berührt sei. Auch die Schlussfolgerung des Sozialgerichts aus dem Umstand, dass die gleiche Fahrertätigkeit auch von Angestellten der Antragstellerin ausgeübt werde, auf eine abhängige Beschäftigung gehe fehl. Keinesfalls könne eine Tätigkeit, die auch (möglicherweise sogar überwiegend) von Arbeitnehmern ausgeübt werde, nur deswegen, weil sie von Arbeitnehmern ausgeübt werde, als abhängige Beschäftigung bezeichnet werden.

Bei den Darlegungen zur Verjährung gehe das Sozialgericht ohne weitere Auseinandersetzung von einem bedingtem Vorsatz aus. Eine Abgrenzung zwischen der groben Fahrlässigkeit und dem bedingten Vorsatz hätte nahegelegen. Der Schuldvorwurf sei nach gefestigter Rechtsprechung im Hinblick auf die konkrete Person in der konkreten Situation zu formulieren. Dass der Geschäftsführer der Antragstellerin die Subunternehmer bitte, ihm schriftlich mitzuteilen, ob sie weitere Auftraggeber hätten, könne nicht als "Wissen" um eine Scheinselbstständigkeit angesehen werden. Ohne weitere Nachweise könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Geschäftsführer vorsätzlich, und sei es auch nur bedingt vorsätzlich, eine Scheinselbstständigkeit seiner Subunternehmer in Kauf genommen habe. Vielmehr sei davon auszugehen, dass der Geschäftsführer von der Rechtmäßigkeit seines Handelns überzeugt gewesen sei und die Subunternehmer als selbstständig Tätige angesehen habe.

Die sofortige Vollziehung des Nachforderungsbescheids stelle eine unzumutbare Härte für die Antragstellerin dar. Hierzu verweist die Antragstellerin auf eine Stellungnahme ihrer Buchhalterin vom 26.10.2011 zur wirtschaftlichen Lage der GmbH.

Die Antragstellerin beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Freiburg vom 05.10.2011 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 16.09.2011 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 19.08.2011 anzuordnen bzw. festzustellen, dass der Widerspruch aufschiebende Wirkung hat.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen, hilfsweise die Aussetzung nur bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens anzuordnen, mit der Auflage, für die Beitragsforderung in Höhe von 122.717,83 EUR eine Sicherheitsleistung in Gestalt einer selbstschuldnerischen Bankbürgschaft zu stellen, sowie die Forderung für den Fall der Zurückweisung des Widerspruchs mit 4 v.H. zu verzinsen

Sie führt zur Begründung aus, es könne als Beweismittel auf die Feststellungen des Amtsgerichts Emmendingen zurückgegriffen werden. Nicht ausschlaggebend sei, dass der Strafbefehl nicht gegenüber dem Geschäftsführer, sondern dem verantwortlich Handelnden der Beschwerdeführerin erlassen worden sei. Die Beschwerdeführerin habe sich das Verhalten und Handeln der von ihr "bedienten" Personen in entsprechender Anwendung des § 278 Satz 1, 2. Variante des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) zurechnen zu lassen. Das Sozialgericht habe zutreffend darauf hingewiesen, dass kein Unternehmerrisiko bestehe, die Fahrer keine eigenen Fahrzeuge besäßen und auch für die Betriebskosten der überlassenen Fahrzeuge nicht hätten aufkommen müssen. Die Verwertung der eigenen Arbeitskraft begründe kein Unternehmerrisiko. Dieses Risiko trage auch jeder Beschäftigte, insbesondere in einer in Teil- zeit ausgeübten oder befristeten Beschäftigung. Die fehlende soziale Absicherung der Subunternehmer begründe keine Selbständigkeit, vielmehr trete die Absicherung als Rechtsfolge der Feststellung einer abhängigen Beschäftigung kraft Gesetzes ein. Die Vergütung sei aufgrund von Pauschalen erfolgt, die eine unternehmerische Freiheit nicht zuließen, da der Gewinn nicht durch Einsatz der Betriebsmittel habe gesteigert werden können. Zudem hätten die Subunternehmer keine Arbeitnehmer gehabt, so dass sie die vertragliche Gegenleistung persönlich hätten erbringen müssen. Schließlich habe eine Einbindung in die betriebliche Organisation der Beschwerdeführerin bestanden, selbst wenn die Subunternehmer nur zeitweise Tagestouren übernommen hätten. Bei LKW-Fahrern, die ausschließlich für einen Auftraggeber tätig werden würden - zumal die Beschäftigung ganztätig ausgeübt worden sei - , könne nach dem ersten Anschein von einer Einbindung in den Betrieb ausgegangen werden. Bei einer Gesamtwürdigung würden daher die Merkmale einer abhängigen Beschäftigung überwiegen. Auch hinsichtlich der Verjährung der Beitragsforderung bestünden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 19.08.2011. Der Vorsatz sei durch den Strafbefehl des Amtsgerichts Emmendingen vom 11.08.2010 nach Grundsätzen des Anscheinsbeweises belegt. Das Verschulden des Handelnden sei der Antragstellerin wie eigenes Verschulden zuzurechnen. Bei Erlass des Strafbefehls seien die Beitragsforderungen für den Zeitraum vom 04.10.2006 bis 30.11.2008 noch nicht verjährt gewesen. Mangels Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheids komme es auch nicht auf eine wirtschaftliche Härte der sofortigen Beitragszahlung an. Die Vollziehbarkeit von Beitragsforderungen entspreche dem gesetzlichen Regelfall.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des Beschwerdeverfahrens, die Gerichtsakten des Sozialgerichts und die beigezogene Verwaltungsakte der Antragsgegnerin sowie auf die Strafverfahrensakte des Amtsgerichts Emmendingen 5 Cs 4 Js 1 /0 Bezug genommen.

II.

Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und statthaft.

Die Beschwerde hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat den Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Beitragsnachforderung in Höhe von 122.717,83 EUR (einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 37.044,50 EUR) mit zutreffender Begründung abgelehnt.

Gem. § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen (§ 86b Abs. 1 Satz 2 SGG). Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden (§ 86b Abs. 1 Satz 3 SGG).

Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den angefochtenen Bescheid der Antragsgegnerin vom 19.08.2011 kommt nicht in Betracht. Es bestehen derzeit keine ernsthaften Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit. Hierfür ist nicht ausreichend, dass der Erfolg des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg. Ernstliche Zweifel sind vielmehr erst dann begründet, wenn die Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes derart überwiegen, dass der Erfolg des Rechtsbehelfs wahrscheinlicher ist als ein Unterliegen. Der Gesetzgeber hat in den Fällen des § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG durch den ausdrücklichen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs bzw. der Klage das öffentliche Interesse an einem Sofortvollzug höher eingeschätzt als das Privatinteresse an der vorläufigen Nichtzahlung von Beiträgen, um die Funktionsfähigkeit der Leistungsträger zu sichern (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, § 86 a Rdnr. 13).

Solche ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beitrags- und Umlagenachforderung bestehen hier nicht. Die Beitragsforderung ergibt sich grundsätzlich unmittelbar aus der Sozialversicherungspflicht. Dieser unterliegen Personen, die im Sinne des § 7 SGB IV gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 und § 3 Nr. 1 SGB IV. Für die einzelnen Zweige der Sozialversicherung folgt dies spezialgesetzlich ferner aus § 24 Abs. 1, § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) für den Bereich der Arbeitsförderung, aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) für die gesetzliche Krankenversicherung, aus § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) für die gesetzliche Rentenversicherung und aus § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Halbsatz 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) für die soziale Pflegeversicherung.

Die Antragsgegnerin war gemäß 28p Abs. 1 Satz 4 SGB IV befugt und verpflichtet, im Rahmen der Prüfung die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung durch Verwaltungsakt festzustellen bzw. festzusetzen sowie den Widerspruchsbescheid gegenüber dem Antragsteller als Arbeitgeber zu erlassen. Zu entsprechenden Regelungen war sie nach § 28p Abs. 1 Satz 4 SGB IV i.V.m. § 17 LFZG auch hinsichtlich der Umlagen nach dem Lohnfortzahlungsgesetz (LFZG) zuständig (vgl. BSG SozR 3 2400 § 28p Nr. 1). Daran hat sich durch das zum 01.01.2006 in Kraft getretene Gesetz über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen bei Entgeltfortzahlung - Aufwendungsausgleichsgesetz - AAG, das das LFZG in Bezug auf die Rechte und Pflichten der Arbeitgeber ersetzt hat, nichts geändert. Die Umlagen nach dem AAG werden von den am Ausgleich beteiligten Arbeitgebern, also denjenigen, die in der Regel ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten nicht mehr als 30 Arbeitnehmer beschäftigen, einschließlich den Arbeitgebern, die nur Auszubildende beschäftigen (§ 1 Abs. 1 und 3 AAG), aufgebracht (§ 7 Abs. 1 AAG).

Hier bestehen keine ernsthaften Zweifel am Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung der Mitarbeiter, für die Beiträge nachgefordert werden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erfordert das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vor allem durch das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit sowie das Unternehmerrisiko gekennzeichnet. Letzteres besteht in der Gefahr, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens das eingesetzte Kapital zu verlieren; ihm entspricht die Aussicht auf Gewinn, wenn das Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg hat. Abhängig Beschäftigte tragen demgegenüber das Arbeitsplatzrisiko, das in der Gefahr besteht, bei wirtschaftlichem Misserfolg des Unternehmens die Arbeitsstelle einzubüßen.

Die Unterscheidung von Unternehmer- und Arbeitsplatzrisiko ist auch in der Rechtsprechung des Senats ein wichtiges, vielfach entscheidendes Kriterium für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung einer Tätigkeit. Es steht allerdings nicht für sich allein. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, also den rechtlich relevanten Umständen, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung, so wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung, so wie sie rechtlich zulässig ist (dazu nur etwa Senatsurteil vom 08.06.2011, - L 5 R 4078/10 - m. N. auf die Rspr. des BSG; zum sozialversicherungsrechtlichen Status von Kurierfahrern im Besonderen BSG, Urt. v. 22.06.2005, - B 12 KR 28/03 R -; Bayerisches LSG, Urt. v. 26.03.2009, - L 9 AL 33/06 -).

Nach diesen Grundsätzen ist bei summarischer Prüfung das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung wesentlich wahrscheinlicher als das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit.

Es ist nicht erkennbar, dass die vier Fahrer, deren Nachversicherung die Antragsgegnerin festgesetzt hat, bei ihrer Tätigkeit ein Unternehmerrisiko getragen hätten, das über das Risiko des Einsatzes der eigenen Arbeitskraft hinausgegangen wäre. Der Senat vermag nicht zu erkennen, dass die Fahrer in irgendeiner Weise Wagniskapital eingesetzt haben. Insbesondere haben sie ihre Tätigkeit nicht mit eigenen LKW ausgeübt, sondern stets Fahrzeuge der Antragstellerin genutzt, die auch die Sprit- und Nebenkosten für diese Fahrzeuge getragen hat. Die Tätigkeit von W., K., G. und P. hat sich von derjenigen der angestellten Fahrer der Antragstellerin nicht unterschieden. Dies haben W. und G. gegenüber dem Hauptzollamt in ihren Fragebogen ausdrücklich bestätigt, G. hat lediglich darauf hingewiesen, dass die LKW der angestellten Fahrer bereits beladen gewesen seien. Die Fahrertätigkeit zur Auslieferung und Abholung von Waren unterschied sich hingegen nicht. Insbesondere die Angaben des P., er sei zuvor bereits mit derselben Tätigkeit bei der Antragstellerin angestellt gewesen, lässt erkennen, dass es sich um die gleiche Tätigkeit wie die der angestellten Fahrer gehandelt hat. Die vier Fahrer haben damit wie alle Arbeitnehmer allein ihre Arbeitskraft genutzt und deshalb nur das Risiko des Verlusts ihrer Arbeitsstelle getragen, nicht jedoch das Verlustrisiko eines Unternehmers. Dementsprechend waren ihnen unternehmerische Gewinnaussichten, etwa durch Einflussnahme auf den Preis ihrer Leistungen, auch nicht eröffnet. Es war ausschließlich Sache der Antragstellerin, durch das Auftreten am Markt Frachtaufträge hereinzuholen und diese organisatorisch umzusetzen. Damit unterschieden sich die Fahrer W., K., G. und P. von anderen Arbeitnehmern zu ihrem Nachteil nur dadurch, dass sich ein auftretender Arbeitsmangel bei der Antragstellerin unmittelbar und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist auf ihre Tätigkeit ausgewirkt hätte, sie also Arbeitnehmer ohne Kündigungsschutz gewesen waren, während angestellte Fahrer lediglich im Rahmen der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsvorschriften hätten entlassen werden können. Sofern von Seiten der Fahrer angegeben worden ist, dass sie das Risiko krankheitsbedingter Einnahmeausfälle hätten tragen müssen, spricht dies ebenfalls nicht für eine selbständige Tätigkeit. Die Antragsgegnerin hat insoweit zu Recht darauf hingewiesen, dass dies die Folge der fehlenden Anmeldung zur Sozialversicherung trotz abhängiger Beschäftigung ist, nicht aber ein sachgerechtes Unterscheidungskriterium zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit.

Werbung für ihre Fahrertätigkeit haben W., K. und G. nicht betrieben; soweit P. im Rahmen der Ermittlungen des Hauptzollamtes angegeben hat, er habe Werbung betrieben und sei auch für fünf weitere Auftraggeber tätig gewesen, hat das Sozialgericht zu Recht in Betracht gezogen, dass P. auch andere Tätigkeiten gewerblich ausgeübt hat. Maßgeblich für die Nachversicherungspflicht ist aber die für die Antragstellerin ausgeübte Tätigkeit, unabhängig davon, welchen Tätigkeiten P. daneben noch nachgegangen ist. Diese unterscheidet sich von den Tätigkeiten von W., K. und G. aber nicht. Dass P. als angestellter Fahrer bei der Antragstellerin nur eine Tour gefahren ist und in dem maßgeblichen Nachversicherungszeitraum (Oktober und Dezember 2006 sowie Dezember 2007 bis November 2008) verschiedene Auslieferungsziele hat anfahren müssen, stellt kein für die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit maßgebliches Kriterium dar, sondern beruht auf betriebsorganisatorischen Entscheidungen der Antragstellerin. Die Zeiten, in denen P. einen Gründungszuschuss (09.01.2007 bis 08.10.2007) erhalten hat, sind von der Antragsgegnerin bei der Nachversicherung nicht berücksichtigt worden. P. hat in diesem Zeitraum auch lediglich an zwei Tagen Fahrertätigkeiten für die Antragstellerin ausgeübt. Aus diesem Grund können für die Qualifizierung der ab Dezember 2007 wieder aufgenommenen Fahrertätigkeit bei der Antragstellerin keine Schlussfolgerung aus der Tätigkeit, für die der Gründungszuschuss gewährt worden ist, gezogen werden, da es mit Ausnahme der beiden Tage im Januar 2007 keine Überschneidungen zwischen diesen Tätigkeiten gab. Die Antragstellerin kann sich deshalb auch nicht auf die Entscheidung des Bayerischen LSG vom 29.03.2011 (L 8 AL 152/08) berufen, da dort die Tätigkeit, für die der Gründungszuschuss gewährt worden war, in Streit stand.

Auch die vereinbarte Vergütung spricht gegen eine selbständige Tätigkeit. Alle vier Fahrer haben für die Antragstellerin zu einer als Tagessatz festgelegten Vergütung gearbeitet. Spielraum für eine Effizienzsteigerung ihrer Arbeit, wie er für einen selbständigen Unternehmer typisch wäre, bestand daher nicht. Dass sie ihre Vergütungsansprüche gegenüber der Antragstellerin durch Monatsrechnungen geltend gemacht haben, betrifft lediglich formale Äußerlichkeiten der Entgeltzahlung und ist für die materielle Einstufung des Entgelts als Arbeitsentgelt oder Unternehmervergütung nicht ausschlaggebend.

Der zwischen W. und der Antragsstellerin geschlossene Nachunternehmervertrag ist für die Qualifizierung der Tätigkeit nicht maßgeblich, da es nicht auf den Willen der Beteiligten ankommt, sondern auf die Würdigung der tatsächlichen Ausgestaltung der Tätigkeit. Diese spricht bei W. ebenso wie bei den anderen drei Fahrern für eine abhängige Beschäftigung.

Soweit das Sozialgericht Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verbeitragung auch von abgerechneten Vermittlungshonoraren des P. (525 EUR im September 2008 und 150 EUR im November 2008) geäußert hat, teilt der Senat diese Zweifel, allerdings auch die Einschätzung des Sozialgerichts, dass die auf diese Honorare entfallenden Sozialversicherungsbeiträge so gering sind, dass sie gegenüber der Gesamthöhe der Nachforderung nicht in Gewicht fallen und deshalb die Aussetzung der sofortigen Vollziehung nicht rechtfertigen können.

Dass die Fahrertätigkeit von W., K., G. und P. auch nach der eigenen Einschätzung der Antragstellerin eine abhängige Beschäftigung dargestellt hat, entnimmt der Senat der Einlassung ihres Bevollmächtigten im Strafverfahren. Dieser hat noch vor Erlass des Strafbefehls mit Schreiben an das Amtsgericht Emmendingen vom 23.06.2010 ausdrücklich eingeräumt, dass die Vorwürfe in der Sache nicht bestritten würden und dass die Fahrer als selbständige Subunternehmer geführt worden seien, obwohl es sich tatsächlich um versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse gehandelt habe. Wenn die Antragstellerin nunmehr im gegen die Nacherhebung der Sozialversicherungsbeiträge geführten Verfahren von dieser Position abrückt, mag dies prozesstaktisch begründet sein, vermag den Senat aber wenig zu überzeugen.

Insbesondere bezüglich der von der Antragstellerin erhobenen Verjährungseinrede ist die Einlassung im Strafverfahren zu würdigen. Die vierjährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV für die Beiträge aus dem Jahr 2006, die bei Erlass des Nachforderungsbescheids am 19.08.2011 verstrichen gewesen wäre, findet hier keine Anwendung. Nach summarischer Prüfung spricht vieles dafür, dass diese Beiträge stattdessen der 30jährigen Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV unterliegen, da die Antragstellerin die Beiträge - zumindest bedingt - vorsätzlich vorenthalten haben dürfte. Dies ergibt sich zum einen aus der unmissverständlichen Einlassung im Strafverfahren, aus der zu entnehmen ist, dass dem für die Antragstellern tatsächlich handelnden Sohn des Geschäftsführers G. W., B. W. , durchaus bewusst gewesen war, dass die vier Fahrer einer abhängigen Beschäftigung bei der Antragstellerin nachgegangen sind. Hierfür spricht auch die Klausel in § 9 des Nachunternehmervertrages zwischen W. und der Antragstellerin. Wenn sich diese unter der Vertragsregelung "Scheinselbständigkeit" vom Fahrer bzw. Transporteur versichern lässt, dass dieser weitere Auftraggeber hat und/oder Mitarbeiter beschäftigt, belegt dies, dass der Antragstellerin die Problematik der Scheinselbständigkeit nicht nur bekannt war, sondern dass sie dem Vorwurf einer solchen durch die entsprechende Vertragsklausel gezielt vorbeugen wollte. In Anbetracht des Umfangs der Tätigkeit der vier Fahrer, die jeweils weitgehend einer Vollzeittätigkeit entsprach, musste es der Antragstellerin aber klar gewesen sein, dass die unterzeichnete formelhafte Erklärung nicht den tatsächlichen Verhältnissen der Fahrer entsprochen hat.

III.

Die Vollziehung des Nachforderungsbescheids hat eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte für die Antragstellerin nicht zur Folge. Eine unbillige Härte setzt voraus, dass der Abgabenschuldner unverhältnismäßig hart getroffen wird, weil durch die sofortige Vollziehung ein Nachteil entsteht, der über die typischen Folgen sofortiger Zahlung hinausgeht und zu einem später nicht oder nur schwer rückgängig zu machenden Schaden führt. (vgl. etwa LSG Bayern, Beschl. v. 6.5.2009, - L 5 B 731/08 R ER -; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 26.10.2007, - L 16 B 20/07 KR ER -). Insoweit kommt vor allem die Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz des Schuldners in Betracht.

Existenznot des Unternehmens wegen der sofortigen Nachzahlung der nicht abgeführten Sozialversicherungsbeiträge ist hier nicht glaubhaft gemacht. Die Antragstellerin hat die angeblich drohende Existenznot vielmehr nur unsubstantiiert behauptet. Aus der vorgelegten Erklärung der Buchhalterin vom 26.10.2011 ergibt sich lediglich die Vermutung einer Auswirkung auf die Existenz des Unternehmens. Andererseits wird aber für das Jahr 2012 ein positives Geschäftsergebnis erwartet. Vor diesem Hintergrund ist eine Existenzgefährdung auch angesichts der Höhe der Nachforderung nicht naheliegend, zumal mit den zum Betrieb der Antragstellerin gehörenden Fahrzeugen ein erhebliches Betriebskapital gegeben ist. Wenn die Antragstellerin zugleich darauf hinweisen lässt, dass man auch bei der schlechten Wirtschaftlage aufgrund der Finanzkrise von voreiligen Kündigungen habe absehen wollen, so kam ihr bisher bei der Kostenkalkulation der Einsatz der nicht sozialversicherungspflichtig beschäftigten Fahrer zugute. Offenbar meint die Antragstellerin, das bisherige Unternehmenskonzept ohne den Einsatz von (Schein-)Selbständigen nicht hinreichend profitabel fortführen zu können. Darauf kommt es freilich nicht an; maßgeblich ist allein, ob die sofortige Vollziehung der Beitragsnachforderung zu einer unbilligen Härte führt; das ist indes nicht der Fall.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 4, 52 Abs. 1 GKG. Maßgeblich ist ein Viertel - nicht ein Drittel - des Nachforderungsbetrags von 122.717,83 EUR (Senatsbeschluss vom 14.02.2007, - L 5 KR 2854/06 W-A, juris; seitdem ständige Senatsrechtsprechung), das sind 30.679,46 EUR. Die Streitwertfestsetzung im angefochtenen Beschluss des Sozialgerichts wird entsprechend abgeändert (§ 63 Abs. 3 Satz 1 GKG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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