L 12 R 7/07

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 14 KN 2102/03
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 12 R 7/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 9. Novem-ber 2006 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben auch für das Berufungsverfahren einander keine Kosten zu erstat-ten Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten (noch) über die Berücksichtung eines höheren Leistungszuschlags nach § 85 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) bei der Berechnung der Rente für Berg-leute nach § 45 Abs. 3 SGB VI.

Der im Jahre 1941 geborene Kläger hat den Beruf eines Drehers erlernt. Später qualifizierte er sich zum Hauer und Bergvermesser. Sein beruflicher Werdegang gestaltet sich wie folgt:

- nach dem Ende der Lehre bis März 1960 Dreher - vom April 1960 bis Oktober 1968 Angehöriger des Wachregiments B. - bis April 1969 Dreher beim VEB Bergmann B. B. - vom Mai 1969 bis Juli 1971 Hauer bei der SDAG W. - bis Dezember 1982 Bergvermesser bei der SDAG W. - bis Juli 1987 Grubenzimmerer und Vorsitzender der Abteilungsgewerkschaftsleitung (AGL) bei der SDAG W. - bis September 1992 Bergvermesser bei der Bergsicherung R. - danach selbständiger Makler und Angestellter bei einer privaten Versicherung - unter-brochen - durch Zeiten der Arbeitslosigkeit

Mit Bescheid vom 7. Oktober 1991 bewilligte der Träger der Rentenversicherung / Überlei-tungsanstalt Sozialversicherung Bergmannsvollrente nach § 37 der Verordnung über die Ge-währung und Berechnung von Renten der Sozialversicherung vom 23. November 1979 (GBl. I S. 401) ab August 1991 in Höhe von 871 DM. Der Berechnung lagen 35 Arbeitsjahre, da-von 31 Jahre Bergbauversicherung und 18 Jahre Untertagetätigkeiten zugrunde. Zuvor hatte der Klägern eine Bergmannsrente bei Berufsunfähigkeit nach § 42 der ebengenannten Ver-ordnung in Höhe von 108 DM erhalten.

Mit Bescheid vom 28. November 1992 passte und wertete die Beklagte die Rente in eine sol-che für Bergleute wegen langjähriger Untertagetätigkeit und Vollendung des 50. Lebensjahres um. Hier ermittelte sie für die Rente für Bergleute nach § 45 SGB VI zum Dezember 1991 einen Zahlbetrag von 326,80 DM. Der Berechnung lagen insgesamt 26,0281 Entgeltpunkte zugrunde. Auf den Leistungszuschlag entfielen dabei 2 Entgeltpunkte und ein Teilzahlbetrag von 56,29 DM. Dagegen belief sich der um 6,84 v. H. erhöhte, besitzgeschützte Zahlbetrag der nach den Bestimmungen der DDR geleisteten Bergmannsvollrente zum Dezember 1991 auf 930,58 DM. Entsprechend § 315 a SGB VI zahlte die Beklagte ab 1. Januar 1992 eine Rente in Höhe von 906,72 DM netto. Ausweislich der in den Akten befindlichen Mitteilungen über die Rentenanpassung wurde in der Folge ein Auffüllbetrag nach § 315 a SGB VI weiter geleistet. Mit Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung bei einer privaten Versicherung minderte sich die Rente wegen des Überschreitens der Hinzuverdienstgrenzen nach § 96 a SGB VI.

Nach Erlass von Bescheiden des Bundesverwaltungsamtes, in denen für die Zeit vom 1. April 1963 bis 18. Oktober 1968 eine Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem des MfS sowie die darin erzielten Verdienste festgestellt wurden, berechnete die Beklagte die Rente für Berg-leute mit Bescheid vom 27. Februar 2002 nach Maßgabe des 2. ÄndG-AAÜG ab 1. Mai 1999 neu. Hierbei ergab sich für die nach den allgemeinen Vorschriften des SGB VI errechnete Rente für Bergleute ein Zahlbetrag von 572,93 DM (Stand Mai 1999), wobei die Beklagte für den Leistungszuschlag nach § 85 SGB VI 12 Jahre Untertagetätigkeit bei 1,1250 Entgeltpunk-ten zugrunde legte. Die Vergleichsrente nach § 307 b SGB VI ergab einen Zahlbetrag von 581,57 DM (Stand Mai 1999). Dagegen belief sich der zum 31. Dezember 1995 besitzge-schützte Zahlbetrag nach § 315 a Satz 4 SGB VI auf 1166,20 DM und kam weiterhin bis zum Eintritt in die Altersrente zur Auszahlung.

Gegen den Bescheid vom 27. Februar 2002 legte der Kläger unter dem 26. März 2002 Wider-spruch ein und bemängelte unter anderem, dass die Anzahl der Jahre mit Untertagetätigkeit zu niedrig bemessen sei. Von 1983 bis Mitte 1987 sei er gewählter Vorsitzender der Abteilungs-gewerkschaftsleitung gewesen. Seine Aufgaben seien mit denjenigen eines Betriebsratsmit-gliedes vergleichbar gewesen. Insoweit müsse eine Anerkennung der Zeit als Untertagtätig-keit nach § 61 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI erfolgen. Gleiches müsse für die Arbeitsunfähigkeitszei-ten und Urlaubstage, die zur Unterbrechung der Untertagetätigkeiten geführt haben, gelten. Mit Widerspruchsbescheid vom 28. August 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach der eingeholten Auskunft der W. GmbH habe der Kläger tatsächlich nur 12 volle Jahre Untertagetätigkeiten ausgeübt.

Auf die Klage hat das Sozialgericht Altenburg nochmals eine Auskunft der W. AG und die Personalakte des Klägers beigezogen. Daraufhin hat die Beklagte die Rente für Bergleute mit Bescheid vom 26. August 2004 neu festgestellt. Auch bei dieser Berechnung erwies sich die um den Auffüllbetrag nach § 315 a SGB VI erhöhte Rente als die höchste. Mit weiterem Be-scheid vom 10. Januar 2006 hat die Beklagte unter Rücknahme eines Bescheides vom 5. De-zember 2005 - Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab 1. Januar 2006 in Höhe von 1128,93 Euro netto bewilligt. Der Rente sind für die allgemeine Rentenversicherung 19,9229 Entgelt-punkte und für die knappschaftliche Versicherung 25,3023 Entgeltpunkte zugrunde gelegt. Davon entfallen auf den Leistungszuschlag 1,125 Entgeltpunkte unter Annahme von 12 Jah-ren Untertagetätigkeit. Über den eingelegten Widerspruch hat die Beklagte noch nicht ent-schieden. In der mündlichen Verhandlung vom 19. Mai 2006 hat das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass die Bescheide über die Bewilligung der Altersrente nach § 96 SGG Ge-genstand des Rechtsstreits geworden seien und die Sache vertagt, um die Bescheide über die Altersrente anzufordern. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 9. November 2006 abgewiesen. Der Kläger könne weder bei der Rente für Bergleute noch bei der Altersrente eine höheren Leistungszuschlag beanspruchen. Nach der Bescheinigung der Wismut AG sei-en nur 12 Jahre zu berücksichtigen. Nach § 254 a SGB VI könnten nur die in der DDR tat-sächlich ausgeübten Untertagetätigkeiten Berücksichtung finden. Insoweit käme eine Gleich-stellung nach § 61 Abs. 2 SGB VI für die Zeit als Vorsitzender der AGL nicht in Frage. Im Übrigen gelte § 61 SGB VI erst ab Januar 1992 und sei für Zeiten im Beitrittsgebiet nicht an-wendbar. Außerdem sei der Kläger auch kein gewähltes Betriebsratsmitglied gewesen.

Dagegen richtet sich die Berufung. Der Kläger ist der Meinung, es müsse ein höherer Leis-tungszuschlag Berücksichtung finden. Berechnungsgrundlage für den Leistungszuschlag seien 18 Jahre. Insbesondere müsse die Zeit als Vorsitzender der AGL über § 61 Abs. 2 SGB VI für den Leistungszuschlag anerkannt werden. Gleiches gelte nach § 61 Abs. 3 SGB VI für Arbeitsunfähigkeitszeiten, Urlaub und Teilnahme an Kuren. Die Tätigkeit als Vorsitzender der AGL sei mit derjenigem eines Betriebsratsmitgliedes vergleichbar gewesen. Auch sei der Normzweck vergleichbar, gewählte Funktionsinhaber vor Nachteilen wegen ihres Amtes zu schützen. Nicht ersichtlich sei, aus welchem Grund § 61 SGB VI auf Sachverhalte vor dem 1. Januar 1992 nicht anwendbar sein sollte. Im Übrigen verletze die Auslegung des Sozialge-richts das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 GG.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 9. November 2006 aufzuheben sowie den Bescheid vom 27. Februar 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Au-gust 2003 in der Fassung des Bescheides vom 26. August 2004 abzuändern und die Be-klagte zu verurteilen, bei der Berechnung des Leistungszuschlages nach § 85 SGB VI bei der Rente für Bergleute für die Zeit vom 1. Januar 1992 bis 31. Dezember 2005 18 Jahre an Untertagetätigkeiten zu berücksichtigen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für richtig.

In der mündlichen Verhandlung vom 28. März 2012 hat der Kläger sein Begehren nach Hin-weis des Vorsitzenden auf die Berechnung der Rente für Bergleute beschränkt und weiter erklärt, die Beklagte solle zunächst den Widerspruch gegen den Bescheid über die Bewilli-gung von Altersrente vom 10. Januar 2006 bescheiden. Dies hat der Vertreter der Beklagten zugesagt.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und derjenigen der Be-klagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage - allerdings nur im Ergebnis - zu Recht abgewiesen.

Allerdings folgt die Klageabweisung entgegen der Ansicht der Beklagten und der ursprüng-lich geäußerten Meinung des Senats nicht schon daraus, dass der Kläger auch im Falle eines Obsiegens unter keinem denkbaren Gesichtspunkt höhere Zahlungen aus der umgewerteten und angepassten Rente für Bergleute als von der Beklagten bisher geleistet, beanspruchen könnte. Eine Beschwer des Klägers ergibt sich aus der spezifischen Berechnungsvorschrift des § 315 a SGB VI.

Hiernach ist zunächst der Wert der SGB VI-Rente zum Dezember 1991 zu ermitteln. Gegen-überzustellen ist dem der um 6,84 v. H. erhöhte, besitzgeschützte Zahlbetrag der nach den Bestimmungen der DDR geleisteten Rente. Ist letztgenannter Betrag höher, setzt sich der Rentenzahlbetrag aus dem Wert der SGB VI - Rente und einem Auffüllbetrag - der die Diffe-renz zwischen dem Wert der SGB VI-Rente und dem Zahlbetrag aus der nach den Bestim-mungen der DDR ermittelten Rente abdecken soll - zusammen. Der Wert der SGB VI-Rente wird entsprechend § 65 SGB VI angepasst. Dagegen wird der parallel gezahlte Auffüllbetrag nach § 315 a SGB VI bis 31. Dezember 1995 statisch geleistet. Ist letzteres nicht der Fall ver-bleibt es ab 1. Januar 1996 bei einem Zahlbetrag - zusammengesetzt aus dem vom 1. Januar 1992 bis 31. Dezember 1995 dynamisierten Wert der SGB VI-Rente und dem ab 1. Januar 1992 statisch geleisteten Auffüllbetrag - der solange unverändert fortgezahlt wird, bis die SGB VI-Rente durch Rentenpassungen höher ist.

Übertragen auf den Kläger ergibt sich hieraus folgendes:

Zum 31. Dezember 1995 erhielt der Kläger zu der umgewerteten und angepassten SGB VI-Rente noch immer einen Auffüllbetrag. Ab 1. Januar 1996 zahlte die Beklagte bis zum Beginn der Altersrente dann unverändert einen nach § 315 a Satz 4 SGB VI geschützten Betrag von 1166,20 DM. Bei Obsiegen des Klägers mit der Anerkennung weiterer 6 Jahre der ständigen Arbeiten unter Tage mit einer damit verbundenen Erhöhung des Leistungszuschlags ergebe sich zum Dezember 1991 ein höherer Wert der SGB VI-Rente. Insoweit würden sich die Ent-geltpunkte von bereits anerkannten 1,1250 für den Leistungszuschlag auf 2,6250 erhöhen. Gleichwohl würde damit der besitzgeschützte Zahlbetrag nicht erreicht werden mit der Folge, dass ein - wenn auch niedrigerer - Auffüllbetrag nach § 315 a SGB VI zu zahlen wäre. Indes würde dann eine höhere SGB VI - Rente an den regelmäßigen Anpassungen teilnehmen. Aus der ab 1. Juli 1992 vorgenommenen - im Beitrittsgebiet nicht unerheblichen - Dynamisierung der SGB VI-Rente - folgt dann zwangsläufig, dass der ab 1. Januar 1996 zu zahlende statische Betrag nach § 315 a Satz 4 SGB VI höher als 1166,20 DM wäre.

Der Kläger hat jedoch keinen Anspruch auf höhere Rente für Bergleute unter Berücksichti-gung eines höheren Leistungszuschlags. Die Anerkennung weiterer Jahre von ständigen Ar-beiten unter Tage bzw. gleichgestellter Zeiten ist nicht möglich.

Nach § 85 SGB VI erhalten Versicherte nach sechs Jahren ständiger Arbeiten unter Tage für jedes volle Jahr mit solchen Arbeiten

vom sechsten bis zum zehnten Jahr 0,125 vom elften bis zum zwanzigsten Jahr 0,25 Entgeltpunkte für jedes weitere Jahr 0,375 zusätzliche Entgeltpunkte.

Gemäß § 61 Abs. 1 SGB VI sind ständige Arbeiten unter Tage solche Arbeiten nach dem 31. Dezember 1967, die nach ihrer Natur ausschließlich unter Tage ausgeübt werden.

Nach Abs. 2 werden den ständigen Arbeiten unter Tage gleichgestellt: 1. Arbeiten, die nach dem Tätigkeitsbereich der Versicherten sowohl unter Tage als auch über Tage ausgeübt werden, wenn sie während eines Monats in mindestens 18 Schich-ten überwiegend unter Tage ausgeübt worden sind; Schichten, die in einem Kalender-monat wegen eines auf einen Arbeitstag fallenden Feiertages ausfallen, gelten als überwiegend unter Tage verfahrene Schichten, 2. Arbeiten als Mitglieder der für den Einsatz unter Tage bestimmten Grubenwehr, mit Ausnahme als Gerätewart, für die Dauer der Zugehörigkeit, 3. Arbeiten als Mitglieder des Betriebsrates, wenn die Versicherten bisher ständige Ar-beiten unter Tage oder nach Nummer 1 und 2 gleichgestellte Arbeiten ausgeübt haben und im Anschluss daran wegen der Betriebsratstätigkeit von diesen Arbeiten freige-stellt worden sind.

Als überwiegend unter Tage verfahren gelten auch Schichten, die in einem Kalendermonat wegen 1. krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit, 2. bezahlten Urlaubs oder 3. Inanspruchnahme einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben oder einer Vorsorgekur

ausfallen, wenn in diesem Kalendermonat aufgrund von ständigen Arbeiten unter Tage oder gleichgestellten Arbeiten Beiträge gezahlt worden sind (§ 61 Abs. § 3 SGB VI).

Nach § 254 a SGB VI werden vor dem 1. Januar 1992 im Beitrittsgebiet überwiegend unter Tage ausgeübte Tätigkeiten ständigen Arbeiten unter Tage gleichgestellt.

Die tatsächlich überwiegend unter Tage ausgeübten Tätigkeiten als Hauer, Bergvermesser und Grubenzimmerer hat die Beklagte - gestützt auf die im Klageverfahren eingeholte Auskunft der Wismut AG - korrekt mit vollen 12 Jahren festgestellt. Mit der Berücksichtigung der Ar-beitsunfähigkeitszeiten und der Tätigkeit als Vorsitzenden der AGL will der Kläger eine An-erkennung über § 61 Abs. 2 Nr. 3 bzw. Abs. 3 SGB VI erreichen.

Entgegen der Ansicht des Sozialgerichts ist eine Anerkennung nicht schon deswegen ausge-schlossen, weil nur tatsächlich unter Tage ausgeübte Tätigkeiten im Beitrittsgebiet bei der Berechnung des Leistungszuschlages Berücksichtung finden könnten. Insbesondere folgt dies nicht aus der Regelung des § 254 a SGB VI. Sie bezweckte nur eine Gleichstellung der über-wiegenden Untertagetätigkeit mit den ständigen Arbeiten unter Tage, weil das Recht der DDR den Begriff der ständigen Arbeiten unter Tage nicht kannte, aber eine gewisse Ähnlichkeit zu überwiegend Untertage ausgeübten Tätigkeiten bestand. Ferner sollte mit § 254 a SGB VI klargestellt werden, dass bei einer Rente nach dem SGB VI andere den Untertagetätigkeiten gleichgestellte Beschäftigungen nach § 41 der 1. Durchführungsbestimmung zur Rentenver-ordnung vom 23. November 1979 (GBl. I Nr. 43 S. 413) für die Berechnung des Leistungszu-schlages außer Betracht bleiben (vgl. BSG, Urteil vom 16. Mai 2001 - B 8 KN 10/00 R). Normzweck des § 254 a SGB VI kann es aber nicht sein, für den Leistungszuschlag relevante Tatbestände nach § 61 Abs. 2 und 3 SGB VI, die im Beitrittsgebiet bis zum 31. Januar 1991 zurückgelegt worden sind, auszuschließen. Anderenfalls käme es nach der Ansicht des Senats zu einem nicht gerechtfertigten Verstoß gegen das in Art. 3 Grundgesetz (GG) normierte Gleichbehandlungsgebot.

Aus dem eben zitierten Urteil des BSG folgt nichts anderes. In dem vom BSG entschiedenen Fall war der Versicherte bei einem Chemiefaserwerk und damit außerhalb des Bergbaus be-schäftigt. Soweit ersichtlich unterfiel der Versicherte § 41 Abs. 1 i der 1. DB. Sofern es in dem Leitsatz zu 1 in dem Urteil des BSG heißt, den Leistungszuschlag nach § 85 SGB VI erhalten - auch unter Berücksichtigung der Sonderregelung des § 254 a SGB VI - nur Versi-cherte, die tatsächlich Untertage tätig waren, kann dies nach der Auffassung des Senats unter Heranziehen der Entscheidungsgründe nur so verstanden werden, dass nach dem Recht der DDR den Untertagetätigkeiten gleichgestellte Beschäftigungen, die tatsächlich Übertage, ge-gebenenfalls sogar außerhalb des Bergbaus ausgeübt worden sind, unter Umständen im Rah-men des RÜG Berücksichtigung finden könne, nicht jedoch bei einer nach den Bestimmungen des SGB VI berechneten Rente. Dem Urteil des BSG lässt sich aber keinesfalls entnehmen, dass die nach § 61 Abs. 2 und 3 SGB VI gleichgestellten Tatbestände für im Beitrittsgebiet bis zum 31. Dezember 1991 zurückgelegte Zeiten kategorisch ausgeschlossen sind, weil sie eben de facto nicht Untertage ausgeübt worden sind. Das BSG hatte auch keinerlei Veranlas-sung hierzu Stellung zu nehmen. Die gleichgestellten Zeiten nach den § 61 Abs. 2 und 3 SGB VI knüpfen an Untertagetätigkeiten an. Der Versicherte konnte aber keinerlei Untertagetätig-keiten vorweisen, so dass es schon denknotwendig an einem Anknüpfungspunkt für einen Gleichstellungstatbestand fehlte.

Sofern das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil ausführt, dass das SGB VI erst zum 1. Januar 1992 in Kraft getreten sei, ist dies zutreffend. Nicht gefolgt werden kann dem Sozial-gericht aber dahingehend, dass Sachverhalte, die sich vor dem 1. Januar 1992 im Beitrittsge-biet ereignet haben, bei der Berechnung einer Rente nach dem SGB VI außer Betracht zu blei-ben haben. Auch dies würde zu einem Verstoß gegen Art. 3 GG führen.

Trotz der obigen Ausführungen kann der Kläger mit seinem Begehren letztendlich nicht durchdringen.

Eine direkte Anwendung des § 61 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI scheidet aus, weil der Kläger in der Zeit von Januar 1982 bis Juli 1987 als Vorsitzender der AGL nicht die Funktion eines Be-triebsratsmitgliedes im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) inne hatte. Zu disku-tieren ist jedoch eine analoge Anwendung des § 61 Abs. 2 Nr. 3 SGB VI. Ein Analogieschluss setzt voraus, dass die geregelte Norm analogiefähig ist, das Gesetz eine planwidrige Rege-lungslücke enthält und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, er wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von denselben Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen. Mithin ist Analogie die Übertragung der Rechtsfolge eines geregelten Tatbestands auf einem ihn ähnlichen, aber ungeregelten Tatbestand (vgl. BSG, Urteil vom 25. August 2011 - B 11 AL 30710 R).

Die Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Funktion eines Vorsitzenden einer AGL / Be-triebsgewerkschaftsleitung (BGL) unterscheidet sich in wesentlichen Punkten von derjenigen eines Betriebsratmitgliedes. Dies wird schon allein daran deutlich, dass nur Mitglieder der Gewerkschaft wählen und gewählt werden durfte, nicht jedoch alle Betriebsangehörigen. Auch der Aufgabenbereich lässt wenig Berührungspunkte erkennen. Der Kläger hat zu sei-nem Aufgabenfeld befragt unter anderem angegeben, er habe die Gewerkschaftsbeiträge kas-siert, Urlaubsplätze vergeben, die Krankenbetreuung und Kurbeschickung organisiert, bei der Anerkennung von Arbeitsunfällen mitgewirkt und sei für die Lohnfestsetzung verantwortlich gewesen. Überdies habe er als Mitglied der Konfliktkommission über arbeitsrechtliche Strei-tigkeiten mitentschieden. Schwerpunkt der Tätigkeit sei aber der Wettbewerb, d. h. die Ge-währleistung bzw. die Übererfüllung der Norm gewesen.

In der Gesamtschau lassen sich wenig Gemeinsamkeiten zu der Tätigkeit eines Betriebsrats-mitgliedes erkennen. Vielmehr wirkte der Kläger in seiner Funktion als Vorsitzender der AGL eher als "verlängerter Arm" des Betriebs bzw. Staates. Dies passt denn auch zur ideolo-gischen Sichtweise der DDR. Die Gewerkschaft war keine Arbeitnehmervertretung gegenüber der Betriebsleitung, weil wegen der Verstaatlichung der Produktionsmittel ein Gegensatz zwi-schen Betriebsleitung und Belegschaft offiziell nicht existierte.

Die von dem Kläger außerdem geltend gemachten Zeiten der Arbeitsunfähigkeit, des Urlaubs und von Kuren während seiner Untertagetätigkeit können bei der Berechnung des Leistungs-zuschlags nach § 61 Abs. 3 SGB VI keine Berücksichtigung finden. § 61 Abs. 3 SGB VI setzt voraus, dass bei den genannten Arbeitsausfallzeiten, Beiträge gezahlt wurden. Nach § 17 der Verordnung zur Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 17. November 1977 (GBl. I Nr. 35 S. 373) bestand für Tage des Arbeitsausfalls, denen der Werktätige keinen Verdienst erzielte, keine Beitragspflicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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