Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 14 KN 2018/04
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 R 159/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 24. Januar 2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die 1947 geborene Klägerin absolvierte von 1963 bis 1966 erfolgreich eine Ausbildung zum Chemiefacharbeiter und war in diesem Beruf bis November 1976 tätig. Danach machte sie nach eigenen Angaben vom 1. bis 2. Dezember 1976 eine Umschulung zur Verkäuferin und war in diesem Beruf bis 7. März 1991 bei der b. GmbH und (laut Arbeitsvertrag vom 8. März 1991) ab 7. März 1991 bei der O. & C. GbR als Verkäuferin beschäftigt. Das Arbeitsverhält-nis endete wegen Auftragsmangels durch Kündigung der Arbeitgeberin zum 31. Dezember 1993. Seit Januar 1994 war die Klägerin arbeitslos und bezog Leistungen der Bundesagentur für Arbeit. Daneben absolvierte sie nach eigenen Angaben eine Weiterbildung als Finanzwir-tin und nahm dann ab März 1996 eine selbstständige Tätigkeit als Finanzmaklerin auf. Vom 1. November 1998 bis Juni 2000 wurde sie berufsbegleitend zur Finanzwirtin (CoB) ausge-bildet (Diplom vom 24. Juni 2000). Nach den Einkommensteuerbescheiden erzielte sie ab 1996 Einkommen aus Gewerbebetrieb wie folgt: 1996: 12.812 DM, 1997: 28.737 DM, 1998: 18.388 DM, 1999: - 3.039 DM, 2000: 3.020 DM, 2001: 4.267 DM, 2002: - 3.872 Euro, 2003: -3.095 Euro.
Vom 1. Oktober 2002 bis 31. März 2004 bezog sie Krankengeld. Am 25. März 2010 meldete sie ihr Gewerbe wegen Betriebsaufgabe rückwirkend zum 31. Dezember 2002 ab. Mit Be-scheid vom 20. Juli 2011 gewährte die Beklagte ihr ab dem 1. Juli 2011 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Als letzte rentenrechtliche Zeit ist im Versicherungsverlauf die Zeit vom 1. Januar bis 29. Februar 1996 als Zeit der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug vermerkt; der letzte Pflicht-beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung wurde im November 1995 entrichtet. Am 1. Juli 1999 beantragte die Klägerin die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 231 Abs. 5 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) (jetzt: Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV)). Mit Bescheid vom 3. September 1999 befreite diese die Klägerin ab 1. Januar 1999 von der Versicherungs-pflicht nach § 2 Nr. 9 SGB VI. Am 11. August 2003 beantragte sie dort die Klärung ihres Versicherungskontos.
Am 6. April 2004 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente we-gen voller Erwerbsminderung und gab an, sie sei seit dem 1. Juli 2002 wegen endogenen De-pressionen, Schilddrüsen-, Magen-, Wirbelsäulen- und Knochenbeschwerden erwerbsgemin-dert. Seit dem 1. Januar 2002 befinde sie sich in Behandlung bei den Dres. U. und B ... Mit Bescheid vom 1. Juni 2004 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbs-minderung wegen Fehlens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ab und wies mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2004 den Widerspruch zurück. Zur Begründung gab sie an, in dem maßgeblichen Zeitraum vom 6. April 1999 bis 5. April 2004 habe sie keine drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet (§ 43 SGB VI). Die Ausnahmeregelung des § 241 Abs. 2 SGB VI greife nicht ein, weil die Zeiträume vom 1. April bis 31. Dezember 1991 und vom 1. März 1996 bis 31. Dezember 2003 nicht mit renten-rechtlichen Zeiten belegt sind.
Im Klageverfahren hat die Klägerin vorgetragen, sie habe sich vor Aufnahme der selbststän-digen Tätigkeit in Begleitung ihrer Schwester, der Zeugin D. B., bei der BfA beraten lassen. Deren Sachbearbeiter, dessen Name ihr nicht mehr bekannt sei, habe ihr erklärt, dass sie sich nicht weiter zu versichern brauche, da sie - selbst wenn sie dies täte - durch Einzahlung der Beiträge in Höhe von 105,00 DM pro Monat später nur eine geringfügig höhere monatliche Altersrente (ca. 0,50 DM) zusätzlich erhalten würde. Auf die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung zur Erhaltung des Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsschutzes sei sie nicht hinge-wiesen worden. Dann hätte sie sich auf jeden Fall mit dem Mindestbeitrag versichert. Folglich bestehe ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch. Sie sei bei Beginn ihrer Selbstständigkeit zwar voll erwerbsfähig gewesen, es habe jedoch bereits eine psychische Erkrankung vorgele-gen, so dass sie z.B. keine private Berufsunfähigkeitsversicherung habe abschließen können.
Das Sozialgericht (SG) hat eine schriftliche Aussage der Zeugin B. angefordert und ein ortho-pädisches Gutachten des Dr. L. vom 25. August 2006 eingeholt. Danach bestehen auf ortho-pädischem Fachgebiet eine Verschleißerkrankung der Lendenwirbelsäule (Lumbalsyndrom), eine Lumbalskoliose 1. Grades, eine beginnende Verschleißerkrankung in den Kniescheiben-gelenken (retropatellare Chondropathien beidseits) und ein Fibromyalgiesyndrom sowie auf neurologisch psychiatrischem Fachgebiet eine endogene rezidivierende Depression und So-matisierungsstörungen. Die Klägerin sei in der Lage, ganztägig (acht Stunden) leichte Arbei-ten mit Einschränkungen zu verrichten. Die gegenwärtig ausgeübte Tätigkeit als Finanzwirtin biete gute Voraussetzungen, um die genannten Einschränkungen zu berücksichtigen. Der Sachverständige hat dem Gutachten von der Klägerin eingereichte Berichte des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B., des Dr. B. vom 21. September 2004 und der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. A. vom 18. Juli 2006 beigefügt. Des Weiteren hat das SG ein nervenfachärztliches Gutachten des Dr. S. vom 12. März 2007 und eine ergänzende Stellung-nahme vom 18. Juli 2007 eingeholt. Er hat eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung auf dem Boden einer rezidivierenden depressiven Störung mit somatischen Symptomen (gegen-wärtig mittelschwere Episode) und eines degenerativen Wirbelsäulensyndroms mit Lum-balskoliose 1. Grades sowie beginnende Verschleißerkrankung in beiden Kniescheibengelen-ken diagnostiziert. Die Klägerin sei noch in der Lage, regelmäßig ohne die Gefahr einer wei-teren Schädigung der Gesundheit weniger als 3 Stunden körperlich leichte Arbeiten mit Ein-schränkungen zu verrichten. Diese würden attestiert mit dem Zeitpunkt des Gutachtens vom 30. Januar 2007. Retrospektiv sei anzunehmen, dass das Leistungsbild bereits mehrere Jahre bestand, sicherlich seit dem Jahr 2004. Ein direkter Bezug zur Rentenantragstellung sei nicht zu entnehmen, es sei aber anzunehmen, dass auch im Jahr 2003 das Leistungsvermögen in dieser Art und Weise bestand.
In der mündlichen Verhandlung am 24. Januar 2008 hat das SG D. B. als Zeugin vernommen. Bezüglich deren Aussage wird auf die Sitzungsniederschrift vom 24. Januar 2008 Bezug ge-nommen.
Mit Urteil vom 24. Januar 2008 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 1. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2004 verurteilt, der Kläge-rin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung in gesetzlicher Höhe ab dem 1. Mai 2004 zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin sei voll erwerbsgemindert im Sin-ne von § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, weil sie aufgrund ihrer neurologisch-psychiatrischen Er-krankung auf absehbare Zeit außer Stande sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemei-nen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller Er-werbsminderung nach § 241 Abs. 2 SGB VI müssten zum Zeitpunkt des Leistungsfalles am 6. April 2004 (Rentenantrag) im Wege des sogenannten sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs fiktiv angenommen werden, weil ein Mitarbeiter der BfA es anlässlich eines Beratungsge-sprächs im März/April 1996 unterlassen habe, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass sie zur Aufrechterhaltung ihres Anspruchs auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit im Sinne von § 241 Abs. 2 SGB VI freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichten müsse. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei der Zeitraum vom 1. April bis 31. Dezember 1991 lückenlos mit Pflichtbeitragszeiten und damit auch mit Anwartschaftserhaltungszeiten im Sinne von § 241 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 6 SGB VI belegt.
Im Berufungsverfahren vertritt die Beklagte die Ansicht, die Klägerin könne das Vorliegen der Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht nachweisen. Die Glaubwürdigkeit der Zeugin sei schon aufgrund des Verwandtschaftsverhältnisses kritisch zu werten. Sie habe das Beratungsgespräch auch keineswegs detailliert in allen Einzelheiten ge-schildert. Weder sie noch die Klägerin könnten das genaue Datum oder den konkreten Ort der behaupteten Beratung sowie den Namen des Beraters angeben. In der mündlichen Verhand-lung am 17. Mai 2011 hat sie vorgetragen, nach ihren Unterlagen habe die Klägerin im Jahr 1999 einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenver-sicherung gestellt. Ein aufgehobenes Leistungsvermögen im Jahr 2004 lasse sich mit den ein-geholten Gutachten nicht belegen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 24. Januar 2008 aufzuheben und die Kla-ge abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf die Aussage der Zeugin B. in der mündlichen Verhandlung am 24. Januar 2008, wonach die Falschberatung nachgewiesen sei. Die medizinischen Vor-aussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung lägen ebenfalls vor. Sie sei seit 2002 durchgehend arbeitsunfähig; eine Besserung in den Jahren 2004 bis 2007 sei nicht eingetreten. Dies könne Dr. A., bei der sie sich seit 2002 in Behandlung befinde, bestä-tigen. Sie habe seit Ende 1995 nicht mehr in ihrem Beruf arbeiten können und sei seit der Rentenantragstellung am 6. April 2004, wenn nicht sogar schon früher voll erwerbsgemindert. Sie habe bereits im November 1995 bei Aufgabe ihrer Tätigkeit als Verkäuferin unter schwe-ren Depressionen gelitten. Bereits damals habe die volle Erwerbsminde-rung/Erwerbsunfähigkeit vorgelegen. Sie habe vermutlich nie einen Bescheid über die Befrei-ung von der Versicherungspflicht erhalten, jedenfalls könne sie sich krankheitsbedingt daran nicht mehr erinnern. Falls sie einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht ge-stellt habe, hätte die Beklagte sie auf die Folgen der Befreiung hinweisen müssen. In der mündlichen Verhandlung am 2012 hat sie erklärt, den Bescheid vom 3. September 1999 nicht erhalten zu haben.
Der Senat hat eine Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland vom 28. März 2011 beigezogen und in der mündlichen Verhandlung am 17. Mai 2011 Dagmar B. als Zeugin vernommen. Bezüglich deren Aussage wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug ge-nommen. Des Weiteren hat der Senat Befundberichte der Dres. B. vom 9. Februar 2012 und Ursel vom 5. März 2012 beigezogen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Ver-waltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 1. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 2004 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 VI in der Fassung ab 1. Januar 2001 (n.F.), weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.
Nach § 43 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2002 gültigen Fassung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie (1) teilweise erwerbsgemindert sind, (2) in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätig-keit haben und (3) vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Ar-beitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Absatz 1). Versicherte haben bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbs-minderung, wenn sie (1) voll erwerbsgemindert sind, (2) in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tä-tigkeit haben und (3) vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt ha-ben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Ar-beitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch (1) Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Be-hinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und (2) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit ei-ner nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt (Absatz 2). Erwerbs-gemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeits-marktlage nicht zu berücksichtigen (Absatz 3). Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind: 1. Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfä-higkeit, 2. Berücksichtigungszeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für ei-ne versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt, 4. Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sie-ben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung (Absatz 4). Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist (Absatz 5). Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbro-chen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminde-rung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben (Absatz 6).
Der Eintritt einer relevanten Leistungseineschränkung vor dem 30. Januar 2007 ist nicht nach-gewiesen.
Der im erstinstanzlichen Verfahren beauftragte Sachverständige Dr. S. hat in seinem nerven-ärztlichen Gutachten den Eintritt des Leistungsfalles auf den Zeitpunkt der ambulanten Unter-suchung der Klägerin zur Erstellung des Gutachtens am 30. Januar 2007 attestiert. Er äußert zwar die Annahme, der Leistungsfall könne auch schon im Jahr 2004 bzw. 2003 eingetreten sein, letztendlich handelt es sich hier jedoch - wie er selbst ausführt - nicht um eine Feststel-lung, sondern lediglich um eine Annahme aufgrund der subjektiven Angaben der Klägerin. Der Nachweis eines Leistungsfalles vor dem 30. Januar 2007 ist damit nicht erbracht. In dem danach maßgeblichen Zeitraum von 30. Januar 2002 bis 29. Januar 2007 hat die Klägerin kei-ne drei Jahre Pflichtbeitragszeiten in der Rentenversicherung zurückgelegt. Selbst bei einem Leistungsfall im Juli 2002 - wie im Rentenantrag am 6. April 2004 angegeben - wären im dann maßgeblichen Zeitraum vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 2002 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, weil die Klägerin auch in diesem Zeitraum keine drei Jahre Pflichtbeitragszeiten hat. Der Eintritt eines Leistungsfalles bereits im Jahr 1995 oder spätes-tens am 31. März 1998 ist nicht nachgewiesen und aufgrund des tatsächlichen Geschehens auch nicht nachvollziehbar. Das letzte Arbeitsverhältnis der Klägerin als Verkäuferin endete nicht im Jahr 1995, sondern bereits am 31. Dezember 1993 aufgrund Kündigung wegen Auf-tragsmangels. Diese hat während ihrer Arbeitslosigkeit von Januar 1994 bis Februar 1996 eine Weiterbildung zur Finanzwirtin absolviert und im März 1996 eine selbständige Tätigkeit aufgenommen und jedenfalls bis zum Jahr 2001, mit Ausnahme des Jahres 1999, positive Einkünfte erzielt. Daneben absolvierte sie seit 1. November 1998 bis 24. Juni 2000 berufsbe-gleitend eine Ausbildung zur Finanzwirtin an dem C. o. B., die sie mit dem Diplom (CoB) abschloss. Am 15. April 1999 schloss sie mit der T. Finanz Vermittlung AG einen Kooperati-onspartner-Vertrag ab, wonach sie als selbstständiger Handels- und Versicherungsvertreter für die Gesellschaft tätig wird. Auch durch die Angaben in den Befundberichten der Dres. B. vom 9. Februar 2012 und Ursel vom 5. März 2012 ist der Eintritt eines Leistungsfalles bis 31. März 1998 nicht nachweisen. Dr. Ursel, die die Klägerin erstmals am 12. Juli 2001 aufsuchte, gab eine dauernde Arbeitsunfähigkeit seit dem 1. Oktober 2002 an. Dr. B., den die Klägerin erstmals am 14. August 1995 aufsuchte, diagnostizierte eine Depression. Allein die Diagnose begründet allerdings nicht den Eintritt einer Erwerbsminderung bis 31. März 1998.
Eine Verlängerung des Fünf-Jahres-Zeitraums scheidet aus, weil keiner der in § 43 Abs. 4 SGB VI genannten Verlängerungstatbestände vorliegt. Nach dem Versicherungsverlauf der Klägerin sind für die Zeit nach dem 28. Februar 1996 keine weiteren rentenrechtlichen Zeiten vorhanden.
Die Klägerin erfüllt auch nicht alternativ die Voraussetzungen des § 241 Abs. 2 SGB VI (Sonderregelung zu § 43 SGB VI), wonach Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) dann nicht erforderlich sind, wenn Versicherte vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Warte-zeit erfüllt haben und jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit mit Beitragszeiten oder mit den dort genannten anwartschaftserhaltenden Zeiten belegt ist oder wenn die Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) vor dem 1. Januar 1984 eingetreten ist. Für Kalendermo-nate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, ist eine Belegung mit Anwartschaftserhal-tungszeiten nicht erforderlich. Die Klägerin hat die allgemeine Wartezeit, die nach § 50 Abs. 1 SGB VI fünf Jahre beträgt, vor dem 1. Januar 1984 erfüllt. Die Zeit ab 1. März 1996 bis zu dem nachgewiesenen Leistungsfall am 30. Januar 2007 ist aus den bereits genannten Gründen nicht mit rentenrechtlichen Zeiten belegt. Die Erwerbsminderung ist auch nicht vor dem 1. Januar 1984 eingetreten.
Die Klägerin kann die vom 1. März 1996 bis zum Eintritt des Leistungsfalles im Jahr 2007 bestehenden Versicherungslücken nicht mehr durch eine freiwillige Beitragsentrichtung nach dem SGB VI auffüllen. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB VI können sich Personen, die nicht ver-sicherungspflichtig sind, für Zeiten von der Vollendung des 16. Lebensjahres an freiwillig versichern. Freiwillige Beiträge können nach § 197 Abs. 2 SGB VI wirksam bis zum 31. März des Jahres entrichtet werden, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen. Diese Frist wird nach § 198 SGB VI durch ein Beitragsverfahren oder ein Verfahren über einen Renten-anspruch unterbrochen. Den Antrag auf Kontenklärung hat die Klägerin am 11. August 2003 gestellt. Zu diesem Zeitpunkt war die Frist nach § 197 Abs. 2 SGB VI für eine freiwillige Bei-tragszahlung für die Jahre 1996 bis 2002 bereits verstrichen.
Die Klägerin kann auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so ge-stellt werden, dass sie die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 241 Abs. 2 SGB VI erfüllt. Dieses von der Rechtsprechung entwickelte Rechtsinstitut tritt - im Sinne des öf-fentlich-rechtlichen Nachteilsausgleichs - ein, wenn ein Leistungsträger durch die Verletzung einer ihm aus dem Sozialleistungsverhältnis obliegende Haupt- oder Nebenpflicht, insbeson-dere zur Auskunft und Beratung, nachteilige Folgen für die Rechtsposition des Betroffenen herbeigeführt hat und diese Rechtsfolgen durch ein rechtmäßiges Verwaltungshandeln wieder beseitigt werden können. Zwischen der Pflichtverletzung und dem Nachteil für den Betroffe-nen muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen; auf ein Verschulden des Trägers kommt es dagegen nicht an (vgl. BSG, Urteil vom 5. April 2000 - Az.: B 5 RJ 50/98 R m.w.N., nach juris).
Selbst wenn der Senat entsprechend dem Vortrag der Klägerin und der Aussage der Zeugin B. in der mündlichen Verhandlung am 17. Mai 2011 unterstellt, dass sie im März oder Anfang April 1996 um Beratung bei der damaligen BfA nachsuchte und anlässlich des Beratungsge-sprächs nicht auf die Möglichkeit der Erhaltung des Rentenversicherungsschutzes bei Eintritt von Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit durch die Zahlung freiwilliger Rentenversicherungsbei-träge hingewiesen wurde, fehlt es jedenfalls spätestens ab dem 1. Januar 1999 an einem ur-sächlichen Zusammenhang zwischen der an dieser Stelle zu unterstellenden Pflichtverletzung und dem sozialrechtlichen Nachteil - dem Verlust der Anwartschaft auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung - durch die unterbliebene Beitragszahlung.
Die Kausalität muss beim Herstellungsanspruch nach der im Sozialrecht herrschenden Kau-saltheorie der wesentlichen Bedingung unter Abwägung der vom Sozialleistungsträger und dem Versicherten selbst gesetzten Ursachen geprüft werden (vgl. BSG, Urteil vom 26. April 2005 - Az.: B 5 RJ 6/04 R m.w.N., nach juris). Hiervon kann unter Berücksichtigung der im Jahr 1999 eingetretenen rechtlichen Änderungen und des Verhaltens der Klägerin nicht mehr ausgegangen werden. Wesentlich für die fehlende (Pflicht)Beitragszahlung ab dem 1. Januar 1999 ist nicht eine unterstellte Pflichtverletzung der BfA hinsichtlich der Möglichkeit der Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes durch freiwillige Beitragszahlung, sondern der Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 231 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI. Im Hin-blick auf die im Jahr 1999 getroffene Entscheidung der Klägerin, Versicherungsschutz in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht in Anspruch nehmen zu wollen, wäre im Übrigen frag-lich, ob die Kausalität im oben genannten Sinne für die unterlassene Beitragszahlung in dem Zeitraum von März 1996 bis Dezember 1998 bejaht werden könnte. Dies bedarf aber letztend-lich keiner Entscheidung.
Aufgrund des mit Wirkung vom 1. Januar 1999 durch Art. 4 Nr. 3 des Gesetzes zu Korrektu-ren in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19. Dezember 1998 (BGBl. I Seite 3843) eingeführten § 2 Nr. 9 SGB VI wurde die Klägerin als selbststän-dig Tätige versicherungspflichtig in der Rentenversicherung. Danach sind Personen versiche-rungspflichtig, die im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit mit Ausnahme von Familienangehörigen (§ 7 Abs. 4 Satz 3 SGB IV) keinen versicherungspflichtigen Arbeit-nehmer beschäftigen sowie regelmäßig und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind (arbeitnehmerähnliche Selbstständige). Von dem Eintritt der Versicherungspflicht sind die Beteiligten übereinstimmend ausgegangen. Der Senat hat keinen Anhaltspunkt, hieran zu zweifeln. Die Klägerin gab im Rahmen ihres Antrags auf Befreiung von der Versicherungs-pflicht nach § 231 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI vom 14. Juli 1999 an, keinen versicherungspflichti-gen Arbeitnehmer zu beschäftigen, nur für einen Auftraggeber tätig zu sein und legte ihren Kooperationspartner-Vertrag mit der T. Finanz Vermittlung AG vom 15. April 1999 vor. Ent-sprechend ihrem Antrag wurde sie durch den bestandskräftig gewordenen Bescheid der BfA vom 9. September 1999 von der Versicherungspflicht befreit. Soweit sie erstmals mit Schrift-satz vom 20. September 2011 vorgetragen hat, sie habe "wohl vermutlich" nie einen Bescheid über die Befreiung von der Versicherungspflicht erhalten und diesen Vortrag in der mündli-chen Verhandlung dahingehend geändert hat, sie habe diesen Bescheid nicht erhalten, ist dies nicht glaubhaft. Nach § 37 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben (Satz 1). Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zu-gang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen (Satz 2). Aus den Auszügen der Verwaltungsakte der BfA ergibt sich, dass der Bescheid vom 3. September 1999 am selben Tag an die Klägerin übersandt wurde. Ein Rücklauf des Bescheids ist aus der Akte nicht ersichtlich. Allein durch das Anzweifeln und spätere Bestreiten des Zugangs des Bescheids ergeben sich aufgrund des Zeitablaufs und des damaligen Verhaltens der Klägerin keine Zweifel an seinem Zugang. Die Klägerin beanstandete zum damaligen Zeitpunkt nicht, über ihren Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht sei nicht entschieden worden. Sie verhielt sich auch entsprechend der Befreiung von der Versicherungspflicht und entrichte-te keine Pflichtbeiträge. Dieses Verhalten wäre aus damaliger Sicht nicht nachvollziehbar, wenn ihr die Entscheidung über ihren Antrag nicht zugegangen wäre.
Eine Verletzung der Beratungspflicht der damaligen BfA ist bereits deshalb nicht ersichtlich, weil die Klägerin selbst nicht vorträgt, zum damaligen Zeitpunkt vor der Stellung des Befrei-ungsantrages um Beratung nachgesucht zu haben. Die Möglichkeit aufgrund der Neuregelung des § 2 Nr. 9 SGB VI erneut Versicherungsschutz in der gesetzlichen Rentenversicherung auch für den Fall eines Eintritts einer Erwerbsminderung zu erlangen, verlor die Klägerin auf-grund eigener Disposition. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch steht ihr daher nicht zu.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die 1947 geborene Klägerin absolvierte von 1963 bis 1966 erfolgreich eine Ausbildung zum Chemiefacharbeiter und war in diesem Beruf bis November 1976 tätig. Danach machte sie nach eigenen Angaben vom 1. bis 2. Dezember 1976 eine Umschulung zur Verkäuferin und war in diesem Beruf bis 7. März 1991 bei der b. GmbH und (laut Arbeitsvertrag vom 8. März 1991) ab 7. März 1991 bei der O. & C. GbR als Verkäuferin beschäftigt. Das Arbeitsverhält-nis endete wegen Auftragsmangels durch Kündigung der Arbeitgeberin zum 31. Dezember 1993. Seit Januar 1994 war die Klägerin arbeitslos und bezog Leistungen der Bundesagentur für Arbeit. Daneben absolvierte sie nach eigenen Angaben eine Weiterbildung als Finanzwir-tin und nahm dann ab März 1996 eine selbstständige Tätigkeit als Finanzmaklerin auf. Vom 1. November 1998 bis Juni 2000 wurde sie berufsbegleitend zur Finanzwirtin (CoB) ausge-bildet (Diplom vom 24. Juni 2000). Nach den Einkommensteuerbescheiden erzielte sie ab 1996 Einkommen aus Gewerbebetrieb wie folgt: 1996: 12.812 DM, 1997: 28.737 DM, 1998: 18.388 DM, 1999: - 3.039 DM, 2000: 3.020 DM, 2001: 4.267 DM, 2002: - 3.872 Euro, 2003: -3.095 Euro.
Vom 1. Oktober 2002 bis 31. März 2004 bezog sie Krankengeld. Am 25. März 2010 meldete sie ihr Gewerbe wegen Betriebsaufgabe rückwirkend zum 31. Dezember 2002 ab. Mit Be-scheid vom 20. Juli 2011 gewährte die Beklagte ihr ab dem 1. Juli 2011 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen.
Als letzte rentenrechtliche Zeit ist im Versicherungsverlauf die Zeit vom 1. Januar bis 29. Februar 1996 als Zeit der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug vermerkt; der letzte Pflicht-beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung wurde im November 1995 entrichtet. Am 1. Juli 1999 beantragte die Klägerin die Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 231 Abs. 5 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) (jetzt: Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV)). Mit Bescheid vom 3. September 1999 befreite diese die Klägerin ab 1. Januar 1999 von der Versicherungs-pflicht nach § 2 Nr. 9 SGB VI. Am 11. August 2003 beantragte sie dort die Klärung ihres Versicherungskontos.
Am 6. April 2004 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente we-gen voller Erwerbsminderung und gab an, sie sei seit dem 1. Juli 2002 wegen endogenen De-pressionen, Schilddrüsen-, Magen-, Wirbelsäulen- und Knochenbeschwerden erwerbsgemin-dert. Seit dem 1. Januar 2002 befinde sie sich in Behandlung bei den Dres. U. und B ... Mit Bescheid vom 1. Juni 2004 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbs-minderung wegen Fehlens der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen ab und wies mit Widerspruchsbescheid vom 7. Juli 2004 den Widerspruch zurück. Zur Begründung gab sie an, in dem maßgeblichen Zeitraum vom 6. April 1999 bis 5. April 2004 habe sie keine drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet (§ 43 SGB VI). Die Ausnahmeregelung des § 241 Abs. 2 SGB VI greife nicht ein, weil die Zeiträume vom 1. April bis 31. Dezember 1991 und vom 1. März 1996 bis 31. Dezember 2003 nicht mit renten-rechtlichen Zeiten belegt sind.
Im Klageverfahren hat die Klägerin vorgetragen, sie habe sich vor Aufnahme der selbststän-digen Tätigkeit in Begleitung ihrer Schwester, der Zeugin D. B., bei der BfA beraten lassen. Deren Sachbearbeiter, dessen Name ihr nicht mehr bekannt sei, habe ihr erklärt, dass sie sich nicht weiter zu versichern brauche, da sie - selbst wenn sie dies täte - durch Einzahlung der Beiträge in Höhe von 105,00 DM pro Monat später nur eine geringfügig höhere monatliche Altersrente (ca. 0,50 DM) zusätzlich erhalten würde. Auf die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung zur Erhaltung des Berufs- und Erwerbsunfähigkeitsschutzes sei sie nicht hinge-wiesen worden. Dann hätte sie sich auf jeden Fall mit dem Mindestbeitrag versichert. Folglich bestehe ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch. Sie sei bei Beginn ihrer Selbstständigkeit zwar voll erwerbsfähig gewesen, es habe jedoch bereits eine psychische Erkrankung vorgele-gen, so dass sie z.B. keine private Berufsunfähigkeitsversicherung habe abschließen können.
Das Sozialgericht (SG) hat eine schriftliche Aussage der Zeugin B. angefordert und ein ortho-pädisches Gutachten des Dr. L. vom 25. August 2006 eingeholt. Danach bestehen auf ortho-pädischem Fachgebiet eine Verschleißerkrankung der Lendenwirbelsäule (Lumbalsyndrom), eine Lumbalskoliose 1. Grades, eine beginnende Verschleißerkrankung in den Kniescheiben-gelenken (retropatellare Chondropathien beidseits) und ein Fibromyalgiesyndrom sowie auf neurologisch psychiatrischem Fachgebiet eine endogene rezidivierende Depression und So-matisierungsstörungen. Die Klägerin sei in der Lage, ganztägig (acht Stunden) leichte Arbei-ten mit Einschränkungen zu verrichten. Die gegenwärtig ausgeübte Tätigkeit als Finanzwirtin biete gute Voraussetzungen, um die genannten Einschränkungen zu berücksichtigen. Der Sachverständige hat dem Gutachten von der Klägerin eingereichte Berichte des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. B., des Dr. B. vom 21. September 2004 und der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. A. vom 18. Juli 2006 beigefügt. Des Weiteren hat das SG ein nervenfachärztliches Gutachten des Dr. S. vom 12. März 2007 und eine ergänzende Stellung-nahme vom 18. Juli 2007 eingeholt. Er hat eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung auf dem Boden einer rezidivierenden depressiven Störung mit somatischen Symptomen (gegen-wärtig mittelschwere Episode) und eines degenerativen Wirbelsäulensyndroms mit Lum-balskoliose 1. Grades sowie beginnende Verschleißerkrankung in beiden Kniescheibengelen-ken diagnostiziert. Die Klägerin sei noch in der Lage, regelmäßig ohne die Gefahr einer wei-teren Schädigung der Gesundheit weniger als 3 Stunden körperlich leichte Arbeiten mit Ein-schränkungen zu verrichten. Diese würden attestiert mit dem Zeitpunkt des Gutachtens vom 30. Januar 2007. Retrospektiv sei anzunehmen, dass das Leistungsbild bereits mehrere Jahre bestand, sicherlich seit dem Jahr 2004. Ein direkter Bezug zur Rentenantragstellung sei nicht zu entnehmen, es sei aber anzunehmen, dass auch im Jahr 2003 das Leistungsvermögen in dieser Art und Weise bestand.
In der mündlichen Verhandlung am 24. Januar 2008 hat das SG D. B. als Zeugin vernommen. Bezüglich deren Aussage wird auf die Sitzungsniederschrift vom 24. Januar 2008 Bezug ge-nommen.
Mit Urteil vom 24. Januar 2008 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 1. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7. Juli 2004 verurteilt, der Kläge-rin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung in gesetzlicher Höhe ab dem 1. Mai 2004 zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin sei voll erwerbsgemindert im Sin-ne von § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI, weil sie aufgrund ihrer neurologisch-psychiatrischen Er-krankung auf absehbare Zeit außer Stande sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemei-nen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die Erfüllung der versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen voller Er-werbsminderung nach § 241 Abs. 2 SGB VI müssten zum Zeitpunkt des Leistungsfalles am 6. April 2004 (Rentenantrag) im Wege des sogenannten sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs fiktiv angenommen werden, weil ein Mitarbeiter der BfA es anlässlich eines Beratungsge-sprächs im März/April 1996 unterlassen habe, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass sie zur Aufrechterhaltung ihres Anspruchs auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit im Sinne von § 241 Abs. 2 SGB VI freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichten müsse. Entgegen der Ansicht der Beklagten sei der Zeitraum vom 1. April bis 31. Dezember 1991 lückenlos mit Pflichtbeitragszeiten und damit auch mit Anwartschaftserhaltungszeiten im Sinne von § 241 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 6 SGB VI belegt.
Im Berufungsverfahren vertritt die Beklagte die Ansicht, die Klägerin könne das Vorliegen der Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht nachweisen. Die Glaubwürdigkeit der Zeugin sei schon aufgrund des Verwandtschaftsverhältnisses kritisch zu werten. Sie habe das Beratungsgespräch auch keineswegs detailliert in allen Einzelheiten ge-schildert. Weder sie noch die Klägerin könnten das genaue Datum oder den konkreten Ort der behaupteten Beratung sowie den Namen des Beraters angeben. In der mündlichen Verhand-lung am 17. Mai 2011 hat sie vorgetragen, nach ihren Unterlagen habe die Klägerin im Jahr 1999 einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenver-sicherung gestellt. Ein aufgehobenes Leistungsvermögen im Jahr 2004 lasse sich mit den ein-geholten Gutachten nicht belegen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 24. Januar 2008 aufzuheben und die Kla-ge abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf die Aussage der Zeugin B. in der mündlichen Verhandlung am 24. Januar 2008, wonach die Falschberatung nachgewiesen sei. Die medizinischen Vor-aussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung lägen ebenfalls vor. Sie sei seit 2002 durchgehend arbeitsunfähig; eine Besserung in den Jahren 2004 bis 2007 sei nicht eingetreten. Dies könne Dr. A., bei der sie sich seit 2002 in Behandlung befinde, bestä-tigen. Sie habe seit Ende 1995 nicht mehr in ihrem Beruf arbeiten können und sei seit der Rentenantragstellung am 6. April 2004, wenn nicht sogar schon früher voll erwerbsgemindert. Sie habe bereits im November 1995 bei Aufgabe ihrer Tätigkeit als Verkäuferin unter schwe-ren Depressionen gelitten. Bereits damals habe die volle Erwerbsminde-rung/Erwerbsunfähigkeit vorgelegen. Sie habe vermutlich nie einen Bescheid über die Befrei-ung von der Versicherungspflicht erhalten, jedenfalls könne sie sich krankheitsbedingt daran nicht mehr erinnern. Falls sie einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht ge-stellt habe, hätte die Beklagte sie auf die Folgen der Befreiung hinweisen müssen. In der mündlichen Verhandlung am 2012 hat sie erklärt, den Bescheid vom 3. September 1999 nicht erhalten zu haben.
Der Senat hat eine Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland vom 28. März 2011 beigezogen und in der mündlichen Verhandlung am 17. Mai 2011 Dagmar B. als Zeugin vernommen. Bezüglich deren Aussage wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug ge-nommen. Des Weiteren hat der Senat Befundberichte der Dres. B. vom 9. Februar 2012 und Ursel vom 5. März 2012 beigezogen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Ver-waltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 1. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. Juli 2004 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 VI in der Fassung ab 1. Januar 2001 (n.F.), weil die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.
Nach § 43 SGB VI in der ab dem 1. Januar 2002 gültigen Fassung haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie (1) teilweise erwerbsgemindert sind, (2) in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätig-keit haben und (3) vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Ar-beitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (Absatz 1). Versicherte haben bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbs-minderung, wenn sie (1) voll erwerbsgemindert sind, (2) in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tä-tigkeit haben und (3) vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt ha-ben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Ar-beitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch (1) Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Be-hinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können und (2) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit ei-ner nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt (Absatz 2). Erwerbs-gemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeits-marktlage nicht zu berücksichtigen (Absatz 3). Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind: 1. Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfä-higkeit, 2. Berücksichtigungszeiten, 3. Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für ei-ne versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt, 4. Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sie-ben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung (Absatz 4). Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist (Absatz 5). Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbro-chen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminde-rung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben (Absatz 6).
Der Eintritt einer relevanten Leistungseineschränkung vor dem 30. Januar 2007 ist nicht nach-gewiesen.
Der im erstinstanzlichen Verfahren beauftragte Sachverständige Dr. S. hat in seinem nerven-ärztlichen Gutachten den Eintritt des Leistungsfalles auf den Zeitpunkt der ambulanten Unter-suchung der Klägerin zur Erstellung des Gutachtens am 30. Januar 2007 attestiert. Er äußert zwar die Annahme, der Leistungsfall könne auch schon im Jahr 2004 bzw. 2003 eingetreten sein, letztendlich handelt es sich hier jedoch - wie er selbst ausführt - nicht um eine Feststel-lung, sondern lediglich um eine Annahme aufgrund der subjektiven Angaben der Klägerin. Der Nachweis eines Leistungsfalles vor dem 30. Januar 2007 ist damit nicht erbracht. In dem danach maßgeblichen Zeitraum von 30. Januar 2002 bis 29. Januar 2007 hat die Klägerin kei-ne drei Jahre Pflichtbeitragszeiten in der Rentenversicherung zurückgelegt. Selbst bei einem Leistungsfall im Juli 2002 - wie im Rentenantrag am 6. April 2004 angegeben - wären im dann maßgeblichen Zeitraum vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 2002 die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, weil die Klägerin auch in diesem Zeitraum keine drei Jahre Pflichtbeitragszeiten hat. Der Eintritt eines Leistungsfalles bereits im Jahr 1995 oder spätes-tens am 31. März 1998 ist nicht nachgewiesen und aufgrund des tatsächlichen Geschehens auch nicht nachvollziehbar. Das letzte Arbeitsverhältnis der Klägerin als Verkäuferin endete nicht im Jahr 1995, sondern bereits am 31. Dezember 1993 aufgrund Kündigung wegen Auf-tragsmangels. Diese hat während ihrer Arbeitslosigkeit von Januar 1994 bis Februar 1996 eine Weiterbildung zur Finanzwirtin absolviert und im März 1996 eine selbständige Tätigkeit aufgenommen und jedenfalls bis zum Jahr 2001, mit Ausnahme des Jahres 1999, positive Einkünfte erzielt. Daneben absolvierte sie seit 1. November 1998 bis 24. Juni 2000 berufsbe-gleitend eine Ausbildung zur Finanzwirtin an dem C. o. B., die sie mit dem Diplom (CoB) abschloss. Am 15. April 1999 schloss sie mit der T. Finanz Vermittlung AG einen Kooperati-onspartner-Vertrag ab, wonach sie als selbstständiger Handels- und Versicherungsvertreter für die Gesellschaft tätig wird. Auch durch die Angaben in den Befundberichten der Dres. B. vom 9. Februar 2012 und Ursel vom 5. März 2012 ist der Eintritt eines Leistungsfalles bis 31. März 1998 nicht nachweisen. Dr. Ursel, die die Klägerin erstmals am 12. Juli 2001 aufsuchte, gab eine dauernde Arbeitsunfähigkeit seit dem 1. Oktober 2002 an. Dr. B., den die Klägerin erstmals am 14. August 1995 aufsuchte, diagnostizierte eine Depression. Allein die Diagnose begründet allerdings nicht den Eintritt einer Erwerbsminderung bis 31. März 1998.
Eine Verlängerung des Fünf-Jahres-Zeitraums scheidet aus, weil keiner der in § 43 Abs. 4 SGB VI genannten Verlängerungstatbestände vorliegt. Nach dem Versicherungsverlauf der Klägerin sind für die Zeit nach dem 28. Februar 1996 keine weiteren rentenrechtlichen Zeiten vorhanden.
Die Klägerin erfüllt auch nicht alternativ die Voraussetzungen des § 241 Abs. 2 SGB VI (Sonderregelung zu § 43 SGB VI), wonach Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) dann nicht erforderlich sind, wenn Versicherte vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Warte-zeit erfüllt haben und jeder Kalendermonat vom 1. Januar 1984 bis zum Kalendermonat vor Eintritt der Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit mit Beitragszeiten oder mit den dort genannten anwartschaftserhaltenden Zeiten belegt ist oder wenn die Erwerbsminderung oder Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) vor dem 1. Januar 1984 eingetreten ist. Für Kalendermo-nate, für die eine Beitragszahlung noch zulässig ist, ist eine Belegung mit Anwartschaftserhal-tungszeiten nicht erforderlich. Die Klägerin hat die allgemeine Wartezeit, die nach § 50 Abs. 1 SGB VI fünf Jahre beträgt, vor dem 1. Januar 1984 erfüllt. Die Zeit ab 1. März 1996 bis zu dem nachgewiesenen Leistungsfall am 30. Januar 2007 ist aus den bereits genannten Gründen nicht mit rentenrechtlichen Zeiten belegt. Die Erwerbsminderung ist auch nicht vor dem 1. Januar 1984 eingetreten.
Die Klägerin kann die vom 1. März 1996 bis zum Eintritt des Leistungsfalles im Jahr 2007 bestehenden Versicherungslücken nicht mehr durch eine freiwillige Beitragsentrichtung nach dem SGB VI auffüllen. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB VI können sich Personen, die nicht ver-sicherungspflichtig sind, für Zeiten von der Vollendung des 16. Lebensjahres an freiwillig versichern. Freiwillige Beiträge können nach § 197 Abs. 2 SGB VI wirksam bis zum 31. März des Jahres entrichtet werden, das dem Jahr folgt, für das sie gelten sollen. Diese Frist wird nach § 198 SGB VI durch ein Beitragsverfahren oder ein Verfahren über einen Renten-anspruch unterbrochen. Den Antrag auf Kontenklärung hat die Klägerin am 11. August 2003 gestellt. Zu diesem Zeitpunkt war die Frist nach § 197 Abs. 2 SGB VI für eine freiwillige Bei-tragszahlung für die Jahre 1996 bis 2002 bereits verstrichen.
Die Klägerin kann auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so ge-stellt werden, dass sie die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 241 Abs. 2 SGB VI erfüllt. Dieses von der Rechtsprechung entwickelte Rechtsinstitut tritt - im Sinne des öf-fentlich-rechtlichen Nachteilsausgleichs - ein, wenn ein Leistungsträger durch die Verletzung einer ihm aus dem Sozialleistungsverhältnis obliegende Haupt- oder Nebenpflicht, insbeson-dere zur Auskunft und Beratung, nachteilige Folgen für die Rechtsposition des Betroffenen herbeigeführt hat und diese Rechtsfolgen durch ein rechtmäßiges Verwaltungshandeln wieder beseitigt werden können. Zwischen der Pflichtverletzung und dem Nachteil für den Betroffe-nen muss ein ursächlicher Zusammenhang bestehen; auf ein Verschulden des Trägers kommt es dagegen nicht an (vgl. BSG, Urteil vom 5. April 2000 - Az.: B 5 RJ 50/98 R m.w.N., nach juris).
Selbst wenn der Senat entsprechend dem Vortrag der Klägerin und der Aussage der Zeugin B. in der mündlichen Verhandlung am 17. Mai 2011 unterstellt, dass sie im März oder Anfang April 1996 um Beratung bei der damaligen BfA nachsuchte und anlässlich des Beratungsge-sprächs nicht auf die Möglichkeit der Erhaltung des Rentenversicherungsschutzes bei Eintritt von Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit durch die Zahlung freiwilliger Rentenversicherungsbei-träge hingewiesen wurde, fehlt es jedenfalls spätestens ab dem 1. Januar 1999 an einem ur-sächlichen Zusammenhang zwischen der an dieser Stelle zu unterstellenden Pflichtverletzung und dem sozialrechtlichen Nachteil - dem Verlust der Anwartschaft auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung - durch die unterbliebene Beitragszahlung.
Die Kausalität muss beim Herstellungsanspruch nach der im Sozialrecht herrschenden Kau-saltheorie der wesentlichen Bedingung unter Abwägung der vom Sozialleistungsträger und dem Versicherten selbst gesetzten Ursachen geprüft werden (vgl. BSG, Urteil vom 26. April 2005 - Az.: B 5 RJ 6/04 R m.w.N., nach juris). Hiervon kann unter Berücksichtigung der im Jahr 1999 eingetretenen rechtlichen Änderungen und des Verhaltens der Klägerin nicht mehr ausgegangen werden. Wesentlich für die fehlende (Pflicht)Beitragszahlung ab dem 1. Januar 1999 ist nicht eine unterstellte Pflichtverletzung der BfA hinsichtlich der Möglichkeit der Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes durch freiwillige Beitragszahlung, sondern der Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 231 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI. Im Hin-blick auf die im Jahr 1999 getroffene Entscheidung der Klägerin, Versicherungsschutz in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht in Anspruch nehmen zu wollen, wäre im Übrigen frag-lich, ob die Kausalität im oben genannten Sinne für die unterlassene Beitragszahlung in dem Zeitraum von März 1996 bis Dezember 1998 bejaht werden könnte. Dies bedarf aber letztend-lich keiner Entscheidung.
Aufgrund des mit Wirkung vom 1. Januar 1999 durch Art. 4 Nr. 3 des Gesetzes zu Korrektu-ren in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte vom 19. Dezember 1998 (BGBl. I Seite 3843) eingeführten § 2 Nr. 9 SGB VI wurde die Klägerin als selbststän-dig Tätige versicherungspflichtig in der Rentenversicherung. Danach sind Personen versiche-rungspflichtig, die im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit mit Ausnahme von Familienangehörigen (§ 7 Abs. 4 Satz 3 SGB IV) keinen versicherungspflichtigen Arbeit-nehmer beschäftigen sowie regelmäßig und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig sind (arbeitnehmerähnliche Selbstständige). Von dem Eintritt der Versicherungspflicht sind die Beteiligten übereinstimmend ausgegangen. Der Senat hat keinen Anhaltspunkt, hieran zu zweifeln. Die Klägerin gab im Rahmen ihres Antrags auf Befreiung von der Versicherungs-pflicht nach § 231 Abs. 5 Nr. 1 SGB VI vom 14. Juli 1999 an, keinen versicherungspflichti-gen Arbeitnehmer zu beschäftigen, nur für einen Auftraggeber tätig zu sein und legte ihren Kooperationspartner-Vertrag mit der T. Finanz Vermittlung AG vom 15. April 1999 vor. Ent-sprechend ihrem Antrag wurde sie durch den bestandskräftig gewordenen Bescheid der BfA vom 9. September 1999 von der Versicherungspflicht befreit. Soweit sie erstmals mit Schrift-satz vom 20. September 2011 vorgetragen hat, sie habe "wohl vermutlich" nie einen Bescheid über die Befreiung von der Versicherungspflicht erhalten und diesen Vortrag in der mündli-chen Verhandlung dahingehend geändert hat, sie habe diesen Bescheid nicht erhalten, ist dies nicht glaubhaft. Nach § 37 Abs. 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) gilt ein schriftlicher Verwaltungsakt, der im Inland durch Post übermittelt wird, am dritten Tag nach der Aufgabe zur Post als bekannt gegeben (Satz 1). Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; im Zweifel hat die Behörde den Zu-gang des Verwaltungsaktes und den Zeitpunkt des Zugangs nachzuweisen (Satz 2). Aus den Auszügen der Verwaltungsakte der BfA ergibt sich, dass der Bescheid vom 3. September 1999 am selben Tag an die Klägerin übersandt wurde. Ein Rücklauf des Bescheids ist aus der Akte nicht ersichtlich. Allein durch das Anzweifeln und spätere Bestreiten des Zugangs des Bescheids ergeben sich aufgrund des Zeitablaufs und des damaligen Verhaltens der Klägerin keine Zweifel an seinem Zugang. Die Klägerin beanstandete zum damaligen Zeitpunkt nicht, über ihren Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht sei nicht entschieden worden. Sie verhielt sich auch entsprechend der Befreiung von der Versicherungspflicht und entrichte-te keine Pflichtbeiträge. Dieses Verhalten wäre aus damaliger Sicht nicht nachvollziehbar, wenn ihr die Entscheidung über ihren Antrag nicht zugegangen wäre.
Eine Verletzung der Beratungspflicht der damaligen BfA ist bereits deshalb nicht ersichtlich, weil die Klägerin selbst nicht vorträgt, zum damaligen Zeitpunkt vor der Stellung des Befrei-ungsantrages um Beratung nachgesucht zu haben. Die Möglichkeit aufgrund der Neuregelung des § 2 Nr. 9 SGB VI erneut Versicherungsschutz in der gesetzlichen Rentenversicherung auch für den Fall eines Eintritts einer Erwerbsminderung zu erlangen, verlor die Klägerin auf-grund eigener Disposition. Ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch steht ihr daher nicht zu.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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