Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 2603/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 123/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Verbescheidung zweier Widersprüche. Ferner wendet er sich dagegen, dass die Beklagte einen Ablehnungsbescheid zurückgenommen hat und gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Aufrechnungsbescheides.
Der am 18.01.1975 geborene Kläger, der sich seit dem 13.09.2011 in Untersuchungshaft befindet, stand mit Unterbrechungen im langjährigen Bezug von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Er führte und führt deswegen vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) und dem Landessozialgericht Baden-Württemberg zahlreiche Rechtsstreitigkeiten gegen die Beklagte.
Nachdem der Kläger vom 01.02. - 30.03.2011 bei der Fa. R., Calw, versicherungspflichtig beschäftigt war, meldete er sich am 01.04.2011 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Im Rahmen des förmlichen Antragsformulars gab er an, soweit er zuvor der Datenerfassung zugestimmt habe, widerrufe er dies ausdrücklich. Mit Bescheid vom 14.04.2011 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag des Klägers unter der Begründung, ohne das Einverständnis des Klägers, die für den Leistungsbezug erforderlichen Daten zu speichern, sei eine Verbescheidung nicht möglich, ab. Werde die Zustimmung nachträglich erteilt, ergebe sich, so die Beklagte in einem ergänzenden Hinweis, eine andere Beurteilung. Nachdem der Kläger am 19.04.2011 hiergegen Widerspruch erhob, erklärte er am 03.05.2011, die Erfassung personenbezogener Daten zu erlauben, woraufhin die Beklagte den Bescheid vom 14.04.2011 mit Bescheid vom 18.05.2011 zurücknahm und dem Kläger mit Bescheid vom selben Tag Arbeitslosengeld ab dem 05.04.2011 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 36,46 EUR für 46 Kalendertage bewilligte. Für die Zeit vom 01. - 04.04.2011 stellt sie das Ruhen des Anspruchs wegen des Erhalts einer Urlaubsabgeltung fest.
Den gegen den Bescheid vom 18.05.2011 betreffend der Zurücknahme des Bescheides vom 14.04.2011 am 20.05.2011 erhobenen Widerspruch verwarf die Beklagte mit Wider-spruchsbescheid vom 10.06.2011 als unzulässig. Die Mitteilung vom 18.05.2011 sei kein Ver-waltungsakt, da hierdurch weder Rechte des Klägers begründet, geändert, entzogen oder fest-gestellt worden seien.
Nach einem Urteil des LSG vom 13.08.2008 - L 12 AL 507/09 - ist der Kläger verpflichtet, in der Zeit vom 25.07. – 30.09.2005 zu Unrecht bezogenes Arbeitslosengeld i.H.v. 1.827,54 EUR an die Beklagte zurückzuerstatten. Mit Bescheid vom 18.05.2011 erklärte die Beklagte die Aufrechnung der restlichen Erstattungsforderung i.H.v. 402,82 EUR gegen das dem Kläger ab dem 05.04.2011 gewährte Arbeitslosengeld i.H.v. täglich 18,23 EUR. Gleichfalls unter dem 18.05.2011 ordnete die Beklagte die sofortige Vollziehung des Aufrechnungsbescheides an. Den hiergegen erhobenen Widerspruch vom 20.05.2011 verwarf die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.07.2011 als unzulässig. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei, so die Beklagte begründend, kein mit einem Widerspruch anfechtbarer Verwaltungsakt.
Bereits am 20.05.2011 erhob der Kläger u.a. gegen den Aufrechnungsbescheid der Beklagten und die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit vom 18.05.2011 Klage zum SG - S 11 AL 2228/11 -, die dort unverändert anhängig ist.
Am 16.06.2011 hat der Kläger erneut Klage zum SG - S 11 AL 2603/11 - erhoben, mit der er die Verpflichtung der Beklagten, seine Widersprüche vom 20.05.2011 im Widerspruchsverfahren (W 318/11) und gegen den "Sofortvollzugsbescheid" zu verbescheiden sowie die Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 10.06.2011 bzw. des formlosen Schreibens vom 20.05.2011 geltend gemacht hat. Die Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 14.04.2011 und die Anord¬nung des Sofortvollzugs vom 18.05.2011 seien Verwaltungsakte. Die Widersprüche seien somit zulässig. Die Beklagte habe hierüber sachlich zu entscheiden.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten.
Nach Anhörung der Beteiligten (gerichtliches Schreiben vom 20.07.2011, dem Kläger am 25.07.2011 zugestellt) hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 23.12.2011 abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, dass ein Befangenheitsgesuch des Klägers, das dieser während des Verfahrens am 30.08.2011 gestellt habe, es nicht daran hindere, in der Sache zu entscheiden, da es offensichtlich rechtsmissbräuchlich seien. Der Antrag zielte einzig darauf ab, den Kammervorsitzenden vom vorliegenden Verfahren auszuschließen, um die Bearbeitung des Verfahrens durch einen anderen Richter zu erreichen. Inhaltlich führe die Klage nicht zum Erfolg. Die vom Kläger verfolgten Untätigkeitsklagen seien unbegründet, da die Beklagte über die Widersprüche des Klägers bereits mit Widerspruchsbescheiden vom 10.06.2011 und vom 15.07.2011 entschieden habe. Der Antrag, die Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 14.04.2011 aufzuheben, sei unzulässig, weil der Kläger hierdurch nicht be¬schwert werde. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei kein Verwaltungsakt, der im Wege eines Widerspruchs angefochten werden könne, weswegen die Beklagte den Widerspruch des Klägers zu Recht als unzulässig verworfen habe. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet, dem Kläger die Kosten der Widerspruchsverfahren zu erstatten.
Gegen den am 28.12.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 09.01.2012 Berufung eingelegt. Das SG habe gegen § 60 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verstoßen. Im Übrigen verfolge er seine Anträge, denen das SG, so der Kläger, nichts entgegen zu setzen wusste, weiter. Die Bescheide seien mangels Begründung und Anhörung rechtswidrig.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Dezember 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, seine Widersprüche vom 20. Mai 2011 gegen die Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 14. April 2011 und gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Aufrechnungsbescheides vom 18. Mai 2011 zu ver-bescheiden, den Bescheid vom 18. Mai 2011 in der Gestalt des Wider¬spruchsbescheids vom 10.06.2011 und die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheids vom 18. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Juli 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der Widerspruchsverfahren zu erstatten.
Die Beklagte hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.
Der Senat hat dem Kläger die Möglichkeit eröffnet, Einsicht in die Verfahrens- und Verwal-tungsakten zu nehmen, indem er die Akten in die Justizvollzugsanstalt S. übersandt hat. Der Kläger hat hiervon am 01.06.2012 Gebrauch gemacht. Unter dem 27.06.2012 hat der Senat, auf einen Antrag des Klägers hin, ein Vorführungsersuchen an die Justizvollzugsanstalt S. gerichtet.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die bei der Beklagten für den streitgegenständlichen Vorgang geführte Verwaltungsakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 18.07.2012 wurden, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 18.07.2012 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung führt für den Kläger nicht zum Erfolg. form- und fristgerecht eingelegte (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Senat konnte über die Berufung entscheiden, obschon der sich in Untersuchungshaft befindliche Kläger zu der mündlichen Verhandlung am 18.07.2012 nicht erschienen ist (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 21.09.2011 - L 3 AL 2514/10 -, Urteil vom 19.10.2011 - L 3 AL 3913/11 -; Beschlüsse des Bundessozialgerichts [BSG] vom 12.03.2012 in den vom Kläger dort betriebenen Verfahren - B 11 AL 43/11 BH - und - B 11 AL 44/11 BH -). Soweit der Kläger beantragt hat, ihn zur mündlichen Verhandlung vorzuführen, hat der Senat dem entsprochen und unter dem 27.06.2012 ein Vorführungsersuchen an die Justizvollzugsanstalt S. gerichtet. Wenn sich der Kläger, dessen persönliches Erscheinen nicht angeordnet war, nunmehr kurzzeitig - am Sitzungstag - dahingehend entscheidet, sich nicht ausführen zu lassen, ist er wie jeder andere Prozessbeteiligte zu behandeln, dem das Erscheinen zur mündlichen Verhandlung freige¬stellt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 21.06.1983 - 4 RJ 3/83 - veröffentlicht in juris); der Senat ist nicht daran gehindert ist, in der Sache zu entscheiden.
Die form- und fristgerecht eingelegte (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die vom Kläger erhobenen Untätigkeitsklagen (§ 88 Abs. 2 SGG) waren, da die Beklagte über die Widersprüche des Klägers mit Widerspruchsbescheiden vom 10.06.2011 und vom 15.07.2011 entschieden hatte, bereits unzulässig. Dies gilt auch, als dies im Hinblick auf den Widerspruch des Klägers gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung erst während des Klageverfahrens erfolgt ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 88, Rn. 11).
Soweit sich der Kläger gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des Auf-rechnungsbescheides vom 18.05.2011 wendet, ist die Klage bereits wegen doppelter Rechts-hängigkeit unzulässig. Der Kläger hat die Anordnung bereits am 20.05.2011 im Verfahren - S 11 AL 2228/11 - angefochten. Mit der am 16.06.2011 anhängig gemachten erstinstanzlichen Klage - S 11 AL 2603/11 - hat der Kläger erneut die Anordnung vom 18.05.2011 in Gestalt des Wider¬spruchsbescheides vom 15.07.2011 angefochten, weswegen die Klage insofern den gleichen Streitgegenstand betrifft. Die Klage war daher gemäß § 202 SGG i.V.m. § 17 Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz bereits wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig (vgl. BSG, Urteil vom 05.07.1978 - 1 RJ 4/78 - veröffentlicht in juris; Leitherer, a.a.O., § 94, Rn. 7). Der Senat weist ergänzend darauf hin, dass das Begehren, die Anordnung der sofortigen Voll-ziehbarkeit vom 18.05.2011 aufzuheben, zulässigerweise nicht im Rahmen der vom Kläger hierzu erhobenen Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG verfolgt werden kann. Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit stellt keinen Verwaltungsakt i.S.d. § 31 SGB Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) dar (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86a, Rn. 17a). Neben den Rechtsbehelfen des § 86b SGG ist die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage nicht möglich, da § 54 SGG durch die Sonderregelungen der §§ 86a und 86b SGG verdrängt wird (Urteil des erkennenden Senats vom 28.03.2012 - L 3 AL 3915/11 - m.w.N.).
Soweit sich der Kläger dagegen wendet, dass die Beklagte unter dem 20.05.2011 den Bescheid vom 14.04.2011, mit dem sie (zunächst) die Gewährung von Arbeitslosengeld wegen des fehlenden Einverständnisses des Klägers, personenbezogene leistungsrelevante Daten speichern zu dürfen, abgelehnt hat, zurückgenommen hat, hat das SG die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Es ist auch dem Senat, insb. in Ansehung des Umstandes, dass die Beklagte mit einem weiteren Bescheid vom 18.05.2011 Arbeitslosengeld bewilligt hat, nicht ersichtlich, dass der Kläger durch die Rücknahme des Ablehnungsbescheides beschwert ist (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Der Klage fehlte hiernach das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.
Da die Widersprüche des Klägers nicht erfolgreich i.S.d. § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X waren, ist die Beklagte auch nicht zur Erstattung der Kosten des Klägers zu verurteilen.
Der angefochtene Gerichtsbescheid unterliegt im Übrigen auch keinen Verfahrensfehlern. Soweit der Kläger hierzu angeführt hat, das SG habe unzulässigerweise selbst über seine Be-fangenheitsgesuche entschieden, ist dies nicht zu beanstanden, da, wie in den zahlreichen Verfahren des Klägers bereits vielfach vom Senat entschieden wurde, das SG berechtigterweise selbst über das Befangenheitsgesuch des Klägers vom 30.08.2011 entschieden hat.
Die Berufung ist mithin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Verbescheidung zweier Widersprüche. Ferner wendet er sich dagegen, dass die Beklagte einen Ablehnungsbescheid zurückgenommen hat und gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Aufrechnungsbescheides.
Der am 18.01.1975 geborene Kläger, der sich seit dem 13.09.2011 in Untersuchungshaft befindet, stand mit Unterbrechungen im langjährigen Bezug von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Er führte und führt deswegen vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) und dem Landessozialgericht Baden-Württemberg zahlreiche Rechtsstreitigkeiten gegen die Beklagte.
Nachdem der Kläger vom 01.02. - 30.03.2011 bei der Fa. R., Calw, versicherungspflichtig beschäftigt war, meldete er sich am 01.04.2011 bei der Beklagten arbeitslos und beantragte die Gewährung von Arbeitslosengeld. Im Rahmen des förmlichen Antragsformulars gab er an, soweit er zuvor der Datenerfassung zugestimmt habe, widerrufe er dies ausdrücklich. Mit Bescheid vom 14.04.2011 lehnte die Beklagte daraufhin den Antrag des Klägers unter der Begründung, ohne das Einverständnis des Klägers, die für den Leistungsbezug erforderlichen Daten zu speichern, sei eine Verbescheidung nicht möglich, ab. Werde die Zustimmung nachträglich erteilt, ergebe sich, so die Beklagte in einem ergänzenden Hinweis, eine andere Beurteilung. Nachdem der Kläger am 19.04.2011 hiergegen Widerspruch erhob, erklärte er am 03.05.2011, die Erfassung personenbezogener Daten zu erlauben, woraufhin die Beklagte den Bescheid vom 14.04.2011 mit Bescheid vom 18.05.2011 zurücknahm und dem Kläger mit Bescheid vom selben Tag Arbeitslosengeld ab dem 05.04.2011 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 36,46 EUR für 46 Kalendertage bewilligte. Für die Zeit vom 01. - 04.04.2011 stellt sie das Ruhen des Anspruchs wegen des Erhalts einer Urlaubsabgeltung fest.
Den gegen den Bescheid vom 18.05.2011 betreffend der Zurücknahme des Bescheides vom 14.04.2011 am 20.05.2011 erhobenen Widerspruch verwarf die Beklagte mit Wider-spruchsbescheid vom 10.06.2011 als unzulässig. Die Mitteilung vom 18.05.2011 sei kein Ver-waltungsakt, da hierdurch weder Rechte des Klägers begründet, geändert, entzogen oder fest-gestellt worden seien.
Nach einem Urteil des LSG vom 13.08.2008 - L 12 AL 507/09 - ist der Kläger verpflichtet, in der Zeit vom 25.07. – 30.09.2005 zu Unrecht bezogenes Arbeitslosengeld i.H.v. 1.827,54 EUR an die Beklagte zurückzuerstatten. Mit Bescheid vom 18.05.2011 erklärte die Beklagte die Aufrechnung der restlichen Erstattungsforderung i.H.v. 402,82 EUR gegen das dem Kläger ab dem 05.04.2011 gewährte Arbeitslosengeld i.H.v. täglich 18,23 EUR. Gleichfalls unter dem 18.05.2011 ordnete die Beklagte die sofortige Vollziehung des Aufrechnungsbescheides an. Den hiergegen erhobenen Widerspruch vom 20.05.2011 verwarf die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.07.2011 als unzulässig. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei, so die Beklagte begründend, kein mit einem Widerspruch anfechtbarer Verwaltungsakt.
Bereits am 20.05.2011 erhob der Kläger u.a. gegen den Aufrechnungsbescheid der Beklagten und die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit vom 18.05.2011 Klage zum SG - S 11 AL 2228/11 -, die dort unverändert anhängig ist.
Am 16.06.2011 hat der Kläger erneut Klage zum SG - S 11 AL 2603/11 - erhoben, mit der er die Verpflichtung der Beklagten, seine Widersprüche vom 20.05.2011 im Widerspruchsverfahren (W 318/11) und gegen den "Sofortvollzugsbescheid" zu verbescheiden sowie die Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 10.06.2011 bzw. des formlosen Schreibens vom 20.05.2011 geltend gemacht hat. Die Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 14.04.2011 und die Anord¬nung des Sofortvollzugs vom 18.05.2011 seien Verwaltungsakte. Die Widersprüche seien somit zulässig. Die Beklagte habe hierüber sachlich zu entscheiden.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten.
Nach Anhörung der Beteiligten (gerichtliches Schreiben vom 20.07.2011, dem Kläger am 25.07.2011 zugestellt) hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 23.12.2011 abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, dass ein Befangenheitsgesuch des Klägers, das dieser während des Verfahrens am 30.08.2011 gestellt habe, es nicht daran hindere, in der Sache zu entscheiden, da es offensichtlich rechtsmissbräuchlich seien. Der Antrag zielte einzig darauf ab, den Kammervorsitzenden vom vorliegenden Verfahren auszuschließen, um die Bearbeitung des Verfahrens durch einen anderen Richter zu erreichen. Inhaltlich führe die Klage nicht zum Erfolg. Die vom Kläger verfolgten Untätigkeitsklagen seien unbegründet, da die Beklagte über die Widersprüche des Klägers bereits mit Widerspruchsbescheiden vom 10.06.2011 und vom 15.07.2011 entschieden habe. Der Antrag, die Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 14.04.2011 aufzuheben, sei unzulässig, weil der Kläger hierdurch nicht be¬schwert werde. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei kein Verwaltungsakt, der im Wege eines Widerspruchs angefochten werden könne, weswegen die Beklagte den Widerspruch des Klägers zu Recht als unzulässig verworfen habe. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet, dem Kläger die Kosten der Widerspruchsverfahren zu erstatten.
Gegen den am 28.12.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 09.01.2012 Berufung eingelegt. Das SG habe gegen § 60 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verstoßen. Im Übrigen verfolge er seine Anträge, denen das SG, so der Kläger, nichts entgegen zu setzen wusste, weiter. Die Bescheide seien mangels Begründung und Anhörung rechtswidrig.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23. Dezember 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, seine Widersprüche vom 20. Mai 2011 gegen die Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 14. April 2011 und gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Aufrechnungsbescheides vom 18. Mai 2011 zu ver-bescheiden, den Bescheid vom 18. Mai 2011 in der Gestalt des Wider¬spruchsbescheids vom 10.06.2011 und die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bescheids vom 18. Mai 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. Juli 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der Widerspruchsverfahren zu erstatten.
Die Beklagte hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.
Der Senat hat dem Kläger die Möglichkeit eröffnet, Einsicht in die Verfahrens- und Verwal-tungsakten zu nehmen, indem er die Akten in die Justizvollzugsanstalt S. übersandt hat. Der Kläger hat hiervon am 01.06.2012 Gebrauch gemacht. Unter dem 27.06.2012 hat der Senat, auf einen Antrag des Klägers hin, ein Vorführungsersuchen an die Justizvollzugsanstalt S. gerichtet.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die bei der Beklagten für den streitgegenständlichen Vorgang geführte Verwaltungsakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 18.07.2012 wurden, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 18.07.2012 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung führt für den Kläger nicht zum Erfolg. form- und fristgerecht eingelegte (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Senat konnte über die Berufung entscheiden, obschon der sich in Untersuchungshaft befindliche Kläger zu der mündlichen Verhandlung am 18.07.2012 nicht erschienen ist (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 21.09.2011 - L 3 AL 2514/10 -, Urteil vom 19.10.2011 - L 3 AL 3913/11 -; Beschlüsse des Bundessozialgerichts [BSG] vom 12.03.2012 in den vom Kläger dort betriebenen Verfahren - B 11 AL 43/11 BH - und - B 11 AL 44/11 BH -). Soweit der Kläger beantragt hat, ihn zur mündlichen Verhandlung vorzuführen, hat der Senat dem entsprochen und unter dem 27.06.2012 ein Vorführungsersuchen an die Justizvollzugsanstalt S. gerichtet. Wenn sich der Kläger, dessen persönliches Erscheinen nicht angeordnet war, nunmehr kurzzeitig - am Sitzungstag - dahingehend entscheidet, sich nicht ausführen zu lassen, ist er wie jeder andere Prozessbeteiligte zu behandeln, dem das Erscheinen zur mündlichen Verhandlung freige¬stellt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 21.06.1983 - 4 RJ 3/83 - veröffentlicht in juris); der Senat ist nicht daran gehindert ist, in der Sache zu entscheiden.
Die form- und fristgerecht eingelegte (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Die vom Kläger erhobenen Untätigkeitsklagen (§ 88 Abs. 2 SGG) waren, da die Beklagte über die Widersprüche des Klägers mit Widerspruchsbescheiden vom 10.06.2011 und vom 15.07.2011 entschieden hatte, bereits unzulässig. Dies gilt auch, als dies im Hinblick auf den Widerspruch des Klägers gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung erst während des Klageverfahrens erfolgt ist (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 88, Rn. 11).
Soweit sich der Kläger gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des Auf-rechnungsbescheides vom 18.05.2011 wendet, ist die Klage bereits wegen doppelter Rechts-hängigkeit unzulässig. Der Kläger hat die Anordnung bereits am 20.05.2011 im Verfahren - S 11 AL 2228/11 - angefochten. Mit der am 16.06.2011 anhängig gemachten erstinstanzlichen Klage - S 11 AL 2603/11 - hat der Kläger erneut die Anordnung vom 18.05.2011 in Gestalt des Wider¬spruchsbescheides vom 15.07.2011 angefochten, weswegen die Klage insofern den gleichen Streitgegenstand betrifft. Die Klage war daher gemäß § 202 SGG i.V.m. § 17 Abs. 1 Gerichtsverfassungsgesetz bereits wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig (vgl. BSG, Urteil vom 05.07.1978 - 1 RJ 4/78 - veröffentlicht in juris; Leitherer, a.a.O., § 94, Rn. 7). Der Senat weist ergänzend darauf hin, dass das Begehren, die Anordnung der sofortigen Voll-ziehbarkeit vom 18.05.2011 aufzuheben, zulässigerweise nicht im Rahmen der vom Kläger hierzu erhobenen Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG verfolgt werden kann. Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit stellt keinen Verwaltungsakt i.S.d. § 31 SGB Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) dar (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 86a, Rn. 17a). Neben den Rechtsbehelfen des § 86b SGG ist die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage nicht möglich, da § 54 SGG durch die Sonderregelungen der §§ 86a und 86b SGG verdrängt wird (Urteil des erkennenden Senats vom 28.03.2012 - L 3 AL 3915/11 - m.w.N.).
Soweit sich der Kläger dagegen wendet, dass die Beklagte unter dem 20.05.2011 den Bescheid vom 14.04.2011, mit dem sie (zunächst) die Gewährung von Arbeitslosengeld wegen des fehlenden Einverständnisses des Klägers, personenbezogene leistungsrelevante Daten speichern zu dürfen, abgelehnt hat, zurückgenommen hat, hat das SG die Klage zu Recht als unzulässig abgewiesen. Es ist auch dem Senat, insb. in Ansehung des Umstandes, dass die Beklagte mit einem weiteren Bescheid vom 18.05.2011 Arbeitslosengeld bewilligt hat, nicht ersichtlich, dass der Kläger durch die Rücknahme des Ablehnungsbescheides beschwert ist (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG). Der Klage fehlte hiernach das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis.
Da die Widersprüche des Klägers nicht erfolgreich i.S.d. § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X waren, ist die Beklagte auch nicht zur Erstattung der Kosten des Klägers zu verurteilen.
Der angefochtene Gerichtsbescheid unterliegt im Übrigen auch keinen Verfahrensfehlern. Soweit der Kläger hierzu angeführt hat, das SG habe unzulässigerweise selbst über seine Be-fangenheitsgesuche entschieden, ist dies nicht zu beanstanden, da, wie in den zahlreichen Verfahren des Klägers bereits vielfach vom Senat entschieden wurde, das SG berechtigterweise selbst über das Befangenheitsgesuch des Klägers vom 30.08.2011 entschieden hat.
Die Berufung ist mithin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
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