L 3 AL 407/12

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AL 1460/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 407/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 03. Januar 2012 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Verbescheidung eines Widerspruchs, die Feststellung der Rechts-widrigkeit des Verhaltens der Beklagten hinsichtlich der Förderung einer Probearbeit, deren Verpflichtung, zukünftige Anträge und Widersprüche rechtzeitig vor den jeweiligen Ereignissen zu verbescheiden, die Erteilung einer Auskunft über die von ihm gespeicherten personen¬bezogenen Daten sowie die Erstattung der Kosten der Widerspruchsverfahren.

Der am 18.01.1975 geborene Kläger, der sich seit dem 13.09.2011 in Untersuchungshaft befindet, stand mit Unterbrechungen im langjährigen Bezug von Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Er führte und führt deswegen vor dem Sozialgericht Karlsruhe (SG) und dem Landessozialgericht Baden-Württemberg zahlreiche Rechtsstreitigkeiten gegen die Beklagte.

Am 08.12.2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Förderung einer Trainings-maßnahme am 16.12.2010 bei der R. GmbH in G., einem Kunden des Zeitarbeitsunternehmens Job Team. Zwar sei, so der Kläger begründend, eine Trainingsmaßnahme in der Zeitarbeit nicht vertretbar, da sie jedoch nur einen Tag dauere, werde sie zu bewilligen sein. Mit Bescheid vom 13.12.2010 lehnte die Beklagte die beantragte Förderung ab. Der Kläger habe selbst vorgetragen, die Arbeit sei nicht zumutbar, weswegen agenturseitig erhebliche Zweifel daran bestünden, dass die Probearbeit zu einer versicherungspflichtigen Beschäftigung führe.

Hiergegen erhob der Kläger am 16.12.2010 Widerspruch, zu dessen Begründung er vorbrachte, er allein entscheide, wann, wo und was er arbeite. Die Beklagte könne das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses nicht vereiteln. Zuvor hat er der Beklagten am 15.12.2010 mitgeteilt, dass die Probearbeiten am 16.12.2010 nicht stattfände.

Mit Schreiben vom 28.02.2011 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass das Wider-spruchsverfahren eingestellt werde, da ein Probearbeiten nicht stattgefunden habe.

Am 17.11.2010 beantragte der Kläger bei der Beklagten, ihm eine Kopie sämtlicher von ihm erhobener oder gespeicherter personenbezogener Daten zukommen zu lassen. Mit Schreiben vom 09.12.2010 teilte ihm die Beklagte mit, er könne im Rahmen einer persönlichen Vorsprache alle ihn betreffenden Verbis-Vermerke und sonstige Daten einsehen. Bei Bedarf würden ihm Kopien hiervon zur Verfügung gestellt. Ferner enthielt das Schreiben den Hinweis, dass Fahrt- oder sonstige Kosten, die infolge der Akteneinsicht entstehen, nicht erstattet werden. Den hiergegen eingelegten Widerspruch vom 10.12.2010, mit dem sich der Kläger gegen die Nichterstattung von Fahrtkosten wandte und anführte, ihm stünde ein Anspruch auf eine schriftliche Erteilung der von ihm begehrten Auskünfte zu, verwarf die Beklagte mit Wider¬spruchsbescheid vom 24.02.2011 unter der Begründung, das Schreiben vom 09.12.2010 sei kein mit einem Widerspruch anfechtbarer Verwaltungsakt, als unzulässig.

Bereits am 29.11.2010 hatte der Kläger Klage zum SG erhoben - S 11 AL 4955/10 -, mit der er geltend gemacht hat, die Beklagte habe auf seinen Antrag nicht reagiert. Ihm stehe ein Aus-kunftsanspruch zu. Die Inhalte der Auskunft habe die Beklagte, da sie regelmäßig falsche oder unvollkommene Auskünfte erteile, an Eides statt zu versichern. Mit Gerichtsbescheid vom 02.05.2011 wies das SG die Klage ab, eine hiergegen eingelegte Berufung wies der erkennende Senat mit Urteil vom 16.05.2012 - L 3 AL 1870/11 - zurück.

Am 05.04.2011 hat der Kläger Klage zum SG erhoben. Die Beklagte sei, so der Kläger begründend, verpflichtet, über den Widerspruch zu entscheiden. Im Verwaltungsverfahren gelte der Beschleunigungsgrundsatz und somit seien Anträge und Widersprüche rechtzeitig zu ver-bescheiden. Auf die von ihm begehrten Auskunftsansprüche habe er einen gesetzlichen An-spruch.

Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten.

Nach Anhörung der Beteiligten (gerichtliches Schreiben vom 03.05.2011, dem Kläger am 05.05.2011 zugestellt) hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 03.01.2012 abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es ausgeführt, Befangenheitsgesuche des Klägers, die dieser während des Verfahrens am 26.04.2011 und am 30.08.2011 gestellt habe, hinderten es nicht daran, in der Sache zu entscheiden, da sie offensichtlich rechtsmissbräuchlich seien. Die Anträge zielten einzig darauf ab, den Kammervorsitzenden vom vorliegenden Verfahren auszuschließen, um die Bearbeitung des Verfahrens durch einen anderen Richter zu erreichen. Dem Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht sei nicht zu entsprechen, da dieser gleichfalls als grob rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren sei. Auch inhaltlich führe die Klage für den Kläger nicht zum Erfolg. Die Beklagte sei nicht verpflichtet, über den Widerspruch des Klägers vom 16.12.2010 mit Widerspruchsbescheid zu entscheiden, da sich das Begehren, die Förderung der Probearbeit am 16.12.2010 bei der R. GmbH, erledigt habe. Die Beklagte sei auch nicht verpflichtet, gewesen, die Probearbeit zu fördern, sie habe ermessensfehlerfrei entschieden, dass die Förderung nicht zu einem nach § 121 SGB III zumutbaren Beschäftigungsverhältnis führen werde. Aus diesem Grund sei das Verhalten der Beklagten auch nicht rechtswidrig. Die weiteren Anträge seien bereits unzulässig, dem vorbeugenden Rechtsschutzbegehren fehle das er¬forderliche besondere Rechtsschutzbedürfnis, dem Antrag, Auskunft über die personenbezo¬genen Daten zu erhalten stehe die Rechtshängigkeit des Verfahrens - S 11 AL 4955/10 - ent¬gegen.

Gegen den am 10.01.2012 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 16.01.2012 Berufung eingelegt. Zu deren Begründung verweist er auf die aus seiner Sicht zutreffenden Gründe seines Widerspruchs und seiner Klage. Im Übrigen habe das SG gegen § 60 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verstoßen.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 03. Januar 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Widerspruch vom 15. Dezember 2010 zu verbescheiden, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet war, die Probearbeit am 16.Dezember 2010 zu fördern, festzustellen, dass das Verhalten der Beklagten rechtswidrig war, die Beklagte zu verpflichten, zukünftige Anträge und Widersprüche rechtzeitig vor den jeweiligen Ereignissen zu verbescheiden, die Beklagte unter Abänderung des Schreibens vom 09. Dezember 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. Februar 2011 zu verurteilen, ihm die begehrten Auskünfte zu erteilen und zukünftig die Fahrtkosten im Rahmen von Ladungen zu erstatten und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der Widerspruchsverfahren zu erstatten.

Die Beklagte hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.

Der Senat hat dem Kläger die Möglichkeit eröffnet, Einsicht in die Verfahrens- und Ver-waltungsakten zu nehmen, indem er die Akten in die Justizvollzugsanstalt S. übersandt hat. Der Kläger hat hiervon am 01.06.2012 Gebrauch gemacht. Unter dem 27.06.2012 hat der Senat, auf einen Antrag des Klägers hin, ein Vorführungsersuchen an die Justiz¬vollzugsanstalt S. gerichtet.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz, die bei der Beklagten für den streitgegenständlichen Vorgang geführte Verwaltungsakte, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 18.07.2012 wurden, sowie die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom 18.07.2012 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung führt für den Kläger nicht zum Erfolg.

Der Senat konnte über die Berufung entscheiden, obschon der sich in Untersuchungshaft be-findliche Kläger zu der mündlichen Verhandlung am 18.07.2012 nicht erschienen ist (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 21.09.2011 - L 3 AL 2514/10 -, Urteil vom 19.10.2011 - L 3 AL 3913/11 -; Beschlüsse des Bundessozialgerichts [BSG] vom 12.03.2012 in den vom Kläger dort betriebenen Verfahren - B 11 AL 43/11 BH - und - B 11 AL 44/11 BH -). Soweit der Kläger beantragt hat, ihn zur mündlichen Verhandlung vorzuführen, hat der Senat dem entsprochen und unter dem 27.06.2012 ein Vorführungsersuchen an die Justizvollzugsanstalt S. gerichtet. Wenn sich der Kläger, dessen persönliches Erscheinen nicht angeordnet war, nunmehr kurzzeitig - am Sitzungstag - dahingehend entscheidet, sich nicht ausführen zu lassen, ist er wie jeder andere Prozessbeteiligte zu behandeln, dem das Erscheinen zur mündlichen Verhandlung frei¬gestellt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 21.06.1983 - 4 RJ 3/83 - veröffentlicht in juris); der Senat ist nicht daran gehindert ist, in der Sache zu entscheiden.

Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Soweit der Kläger begehrt, die Beklagte unter Abänderung des Schreibens vom 09.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.02.2011 zu verurteilen, ihm Auskünfte be-treffend der über ihn gespeicherten Daten zu erteilen und die Fahrtkosten für die Ein¬sichtnahme bei der Beklagten zu übernehmen, war die Klage bereits deswegen unzulässig, weil dem Be-gehren des Klägers die Rechtskraft des Urteils des erkennenden Senats vom 16.05.2012 - L 3 AL 1870/11 - entgegen steht. In diesem Urteil hat der Senat bereits entschieden, dass die Ent-scheidung der Beklagten über den Antrag des Klägers vom 17.11.2010 im Schreiben vom 09.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2011 rechtmäßig war. Dieses Urteil, mit dem über den gleichen Streitgegenstand entschieden wurde, bindet gemäß § 141 Abs. 1 Nr. 1 SGG die Beteiligten.

Auch soweit sich der Kläger mit dem Begehren an das Gericht wendet, die Beklagte zu verurteilen, seinen Widerspruch vom 16.12.2010 zu verbescheiden, war die Klage bereits un-zulässig. Nach § 88 Abs. 2 SGG ist, wenn über einen Widerspruch innerhalb von drei Monaten ohne zureichenden Grund nicht entschieden ist, eine Untätigkeitsklage zulässig. Voraussetzung dafür, dass über einen Widerspruch zu entscheiden ist, ist jedoch, dass der ange¬griffene Verwaltungsakt seine Wirksamkeit nicht verloren hat. Der Bescheid vom 13.12.2010, mit dem die Beklagte den Antrag des Klägers, eine eintägige Probearbeit bei der R. GmbH zu fördern, abgelehnt hat, hat sich jedoch bereits dadurch, dass die für den 16.12.2010 avisierte Probearbeit tatsächlich nicht stattgefunden hat, i.S.d. § 39 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) erledigt. Der Bescheid hat mit der Absage der Probearbeit keine Rechtsfolgen mehr entfaltet. Die Beklagte war deswegen nicht mehr verpflichtet, den Widerspruch des Klägers zu verbescheiden (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 09.11.2005 - L 6 AL 60/04 - veröffentlicht in juris), weswegen die Untätigkeitsklage bereits unzulässig war.

Soweit der Kläger in Zusammenhang mit der Leistungsablehnung betreffend der Förderung der Probearbeit beantragt, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet war, die Probearbeit am 16.12.2010 zu fördern, er mithin einen Fortsetzungsfeststellungsantrag stellt, ist dieser gleich-falls unzulässig. Dem Senat ist, in Ermangelung eines substantiierten Vortrages, nicht ersichtlich, dass sich der Kläger auf das gemäß § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG erforderliche berechtigte Interesse (vgl. hierzu: Urteil des erkennenden Senats vom 18.04.2012 - L 3 AL 1767/11 -) berufen kann. Im Besonderen kann sich der Kläger nicht auf ein solches unter dem Ge¬sichtspunkt der Wiederholungsgefahr berufen, da es in Ansehung des beendeten Leistungs-bezuges völlig ungewiss ist, ob in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse vorliegen wie im Zeitpunkt des Erlasses der vorliegenden Leistungsablehnung. Da ein Urteil überdies weder eine rechtliche noch eine tatsächliche Präjudizialität (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 18.05.2011 - B 3 KR 7/10 R - veröffentlicht in juris) entfalten würde, kann sich der Kläger nicht auf ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse berufen; der Antrag war bereits unzulässig.

Dem daneben vom Kläger formulierten Antrag, festzustellen, dass das Verhalten der Beklagten rechtswidrig gewesen sei, einem allgemeinen Feststellungsantrag, fehlt das erforderlichen Feststellungsinteresse.

Mit dem Begehren, die Beklagte zu verpflichten, zukünftige Anträge zügig, unter Beachtung des Beschleunigungsgrundsatzes, zu verbescheiden, macht der Kläger vorbeugenden Rechtsschutz geltend. Ein solcher erfordert jedoch, dass der Betroffene ein gerade auf die Inanspruchnahme vorbeugenden Rechtsschutzes gerichtetes Rechtsschutzinteresse darlegt, das regelmäßig nicht gegeben ist, solange er auf den nachträglichen Rechtsschutz verwiesen werden kann. (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 15.11.1995 - 6 RKa 17/95 - veröffentlicht in juris). Da jedoch nicht ersichtlich ist, das ein Zuwarten zu nicht ohne Weiteres revidierbaren Nachteilen beim Kläger führen würde, kann dieser kein qualifiziertes Rechtsschutzbedürfnis für sich reklamieren; der Antrag ist, wie vom SG zutreffend entschieden, bereits unzulässig.

Nachdem der Widerspruch des Klägers nicht erfolgreich i.S.d. § 63 SGB X war, ist die Beklagte auch nicht verpflichtet, dem Kläger die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu erstatten.

Der angefochtene Gerichtsbescheid unterliegt im Übrigen auch keinen Verfahrensfehlern. Soweit der Kläger hierzu angeführt hat, das SG habe unzulässigerweise selbst über seine Be-fangenheitsgesuche entschieden, ist dies nicht zu beanstanden, da, wie in den zahlreichen Ver-fahren des Klägers bereits vielfach vom Senat entschieden wurde, das SG berechtigterweise selbst über die Befangenheitsgesuche des Klägers vom 26.04.2011 und vom 30.08.2011 entschieden hat. Auch war das SG nicht verpflichtet, dem Kläger eine Mehrfertigung der Gerichts- und Verwaltungsakten zu überlassen.

Die Berufung ist mithin zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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