L 3 U 2908/11

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 3 U 1784/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 U 2908/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 09. Juni 2011 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung einer Verletztenrente unter Anerkennung weiterer Unfallfolgen eines Arbeitsunfalls vom 10.05.2007.

Der am 11.07.1980 geborene Kläger war bei der Firma A. und B. GmbH & Co KG seit dem 02.04.2007 als Lagerarbeiter beschäftigt.

Am 27.05.2007 suchte er um 20.34 Uhr die Notaufnahme der Unfallchirurgischen Klinik des Klinikums D. auf. Der dortige Chefarzt Prof. Dr. C. führte im Durchgangsarztbericht vom 27.05.2005 aus, der Kläger habe über einen Unfall vom 10.05.2007 um 13.00 Uhr berichtet. Er sei über Stahlrohre gelaufen, dabei ausgerutscht und habe sich an der rechten Ferse verletzt. Eine Behandlung habe seither nicht stattgefunden. Der Kläger klage über Schmerzen im Bereich der Mittelfußknochen und des Calcaneus. Der Fuß sei vollständig reizlos, alle Gelenke frei beweglich, die periphere Durchblutung, Motorik und Sensibilität unauffällig, das Gangbild regelrecht, es bestehe keine Hämatomverfärbung. Eine Röntgenaufnahme des rechten Sprunggelenks und des rechten Fußes habe keinen Nachweis einer Fraktur ergeben. Als Diagnose nannte er eine Fußdistorsion rechts, der Kläger sei arbeitsfähig.

Am 16.07.2007 begab sich der Kläger in Behandlung des Orthopäden H ... Im Zwischenbericht vom 17.07.2007 führte dieser aus, beim Kläger bestehe noch ein Druckschmerz im Bereich der rechten Ferse und der Außenseite des rechten Sprunggelenks, jedoch keine Schwellung mehr.

Ab dem 16.07.2007 war der Kläger arbeitsunfähig erkrankt.

Im Zwischenbericht vom 07.08.2007 stellte Prof. Dr. C. die Diagnosen einer Fußwurzeldistorsion rechts sowie einer Kontusion des rechten Fersenbeines. Der Kernspinbefund vom 01.08.2007 zeige ein kleines Knochenödem im Bereich des rechten Fersenbeines sowie im Bereich des körpernahen Anteils des Musculus flexor digitorum brevis rechts. Dies müsse als Kontusion des rechten Fersenbeines gewertet werden. Das Gangbild des Klägers zeige ein Schonhinken, der rechte Fuß könne nicht abgerollt werden. Passiv sei die Beweglichkeit im rechten oberen Sprunggelenk (OSG) und unteren Sprunggelenk (USG) frei beweglich.

Der Arbeitgeber teilte unter dem 16.08.2007 mit, der Kläger habe in der Firma keinen Arbeitsunfall gemeldet. Erst durch den Eingang der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung am 23.07.2008 habe man hiervon Kenntnis erlangt. Der Kläger habe auf Nachfrage telefonisch mitgeteilt, er sei Ende April/Anfang Mai beim Sprung von einer Rohrbox aus ca. 0,5 Meter Höhe mit dem Fuß umgeknickt. Da es hierfür keinen Zeugen gebe, sei weder ein Eintrag ins Verbandsbuch noch eine Unfallmeldung erfolgt.

Der Kläger hat in dem von ihm am 25.08.2007 ausgefüllten Unfallfragebogen angegeben, der Unfall habe sich am 10.05.2007 um die Mittagszeit im Lager ereignet. Sein Vorarbeiter habe sich auf einer mit Stahlrohren gefüllten Box befunden. Er habe zu diesem hochklettern und ihm helfen wollen. Beim Hochklettern sei er ausgerutscht und mit voller Wucht auf seinen Fuß gedappt (gefallen). Der Vorarbeiter könne sich an diesen Vorfall nicht erinnern. Kurz nach dem Unfall habe er einem Arbeitskollegen hierüber berichtet. Nach dem Unfall habe er weiter gearbeitet bis ca. zum 13.07.2007.

Am 11.09.2007 erstellte der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. Tuncay eine ärztliche Unfallmeldung über einen Unfall des Klägers am 10.05.2007. Der Kläger sei am 16.07.2007 bei ihm eingetroffen. Die Beschreibung des Unfallhergangs ist identisch mit dem im Durchgangsarztbericht Prof. Dr. C. vom 27.05.2007. Dr. Tuncay beschrieb einen Druckschmerz der rechten Ferse, leichte Schwellung des rechten OSG ohne offene Verletzung mit unauffälliger Durchblutung, Motorik und Sensibilität.

In den Zwischenberichten vom 10.09.2007 und 21.09.2007 stellte Prof. Dr. C. die Diagnosen eines chronischen Schmerzsyndroms, einer Fußwurzeldistorsion rechts, einer Kontusion des rechten Fersenbeins sowie einer depressiven Verstimmung.

Im Zwischenbericht vom 06.10.2007 führte Prof. Dr. C. unter Nennung der gleichen Diagnosen aus, der Kläger berichte weiterhin über Schmerzen im Bereich der rechten Ferse, eine Belastung sei nicht möglich. Er müsse nach kurzer Zeit auf Zehenspitzen gehen. Ein daraufhin erstelltes MRT vom 10.10.2007 wurde dahingehend befundet, das vorbeschriebene dorsal betonte Ödem des Calcaneus bei kleinem plantarem Fersensporn sei nicht mehr nachweisbar, es bestehe noch minimalste Signalanhebung in der Protonendichte im Bereich des Ansatzes des Musculus flexor digitorum brevis, ebenfalls deutlich rückläufig zur Voruntersuchung. Es bestehe eine deutliche Befundbesserung im Vergleich zur Voruntersuchung, allenfalls noch ein winziges Ödem im Ansatzbereich des Musculus flexor digitorum rechts bei kleinem plantarem Fersensporn sowie ein neu aufgetretenes diskretes Ödem der Innenknöchelspitze ohne Beschwerdesymptomatik.

Der Arbeitgeber teilte unter dem 16.10.2007 mit, der Lagermeister bleibe bei der bereits gemachten Aussage, keinen Unfall beobachtet zu haben und auch vom Kläger nicht darüber informiert worden zu sein. Auch die weiteren Mitarbeiter, darunter der vom Kläger benannte Mitarbeiter, hätten keinen Unfall als Augenzeugen beobachtet. Der Kläger befinde sich seit dem 25.07.2007 im Krankenstand.

Der Arbeitskollege des Klägers Kilicvuran (K.) teilte im schriftlichen Zeugenfragebogen unter dem 14.12.2007 mit (Bl. 116), er sei zwar nicht Augenzeuge des Unfalls gewesen, der sich in der ersten oder zweiten Maiwoche ereignet habe. Der Kläger habe ihm jedoch am Unfalltag einige Minuten später hierüber berichtet. Nach dem Unfall habe er den Kläger nur noch humpelnd gehen sehen.

Im ärztlichen Bericht vom 29.09.2007 führte der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie E. aus, beim Kläger bestehe kein Hinweis auf eine Depression, Persönlichkeitsstörung oder weitergehende psychische Erkrankung.

Nach Einholung einer fachärztlichen Stellungnahme des Beratungsarztes Dr. Kopp, auf die Bezug genommen wird, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 07.02.2008 die Gewährung einer Rente wegen eines Arbeitsunfalls ab. Den hiergegen am 03.03.2008 erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 08.05.2008 zurück. Zur Begründung führte sie aus, bei dem Unfall vom 10.05.2007 sei es lediglich zu einer zwischenzeitlich verheilten Prellung und Zerrung des rechten Fußes gekommen. Die vom Kläger beklagten Beschwerden könnten nicht mehr auf den Unfall zurückgeführt werden, sondern beruhten auf einem - organisch nicht erklärbaren - unspezifischen Schmerzsyndrom.

Hiergegen hat der Kläger am 06.06.2008 Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, vor dem Unfall habe er keinerlei Schmerzen im Bereich des rechten Fußes gehabt. Seither habe er erhebliche Schmerzen, die somit als Folgen des Arbeitsunfalles anzuerkennen seien.

Das SG hat Dr. E., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, als sachverständigen Zeugen gehört. In seiner schriftlichen Zeugenaussage vom 01.06.2009 hat dieser angegeben, der Kläger habe sich am 24.09.2007, 15.10.2007 und zuletzt am 19.06.2008 bei ihm vorgestellt. Als Diagnosen nannte er eine Anpassungsstörung bei schwieriger Existenzsituation, einen Zustand nach Unfall mit Restschmerzen im rechten unteren Sprunggelenk sowie ein Schmerzsyndrom nach Prellung des rechten Calcaneus.

In der schriftlichen Stellungnahme vom 31.07.2009 schilderte der Kläger den Unfall dahingehend, er habe dem Vorarbeiter helfen wollen, Seile an den Kran anzuhängen. Hierbei sei er abgerutscht von der Rohrbox.

In einem Arztbrief über eine Untersuchung des Klägers am 28.06.2010 hat der Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie Dr. F. mitgeteilt, ein am 07.06.2010 erstelltes MRT zeige kein Knochenödem mehr, allerdings eine nicht unerhebliche Achillessehnenansatz-Tendinopathie rechts sowie auch einen plantaren Fersensporn. Beides zeige sich bei der klinischen Untersuchung als schmerzhaft.

Das SG hat das Vorerkrankungsverzeichnis bei der Krankenkasse des Klägers beigezogen und sodann den Facharzt für Chirurgie und Orthopädie Dr. G., Oberarzt an den SLK Kliniken Heilbronn, mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Im unfallchirurgisch-orthopädischen Gutachten vom 18.02.2011 hat dieser ausgeführt, beim Kläger bestünden persistierende Rückfußbeschwerden rechts. Diese seien jedoch nicht Folge eines Arbeitsunfalls vom 10.05.2007. Denn der Ereignisablauf vom 10.05.2007 habe initial zu keinerlei wesentlicher Beschwerdesymptomatik geführt. Der Kläger habe fast drei Wochen weitergearbeitet, ohne einen Arzt zu konsultieren. Bei der Untersuchung am 27.05.2007 hätten sich keinerlei krankhafte Veränderungen oder nachweisbare Funktionsbeeinträchtigungen im Bereich des rechten Fußes oder des Unterschenkels feststellen lassen. Auch röntgenologisch hätten keine nachweisbaren krankhaften Veränderungen bestanden, das Gangbild sei primär als unauffällig beschrieben worden; damit habe keine Brückensymptomatik vorgelegen. Auch der weitere Heilbehandlungsverlauf spreche gegen das Vorliegen einer traumatisch bedingten Schädigung. Hier habe sich eine schmerzbedingte Invalidisierung bei zunehmender Beschwerdesymptomatik gezeigt. Auch die dreimaligen kernspintomographischen Untersuchungen machten eine traumatisch bedingte Schädigung im Bereich des Rückfußes rechts nicht wahrscheinlich. Eine unfallursächliche Genese der vom Kläger aktuell geklagten Beschwerden sei sicher ausgeschlossen. Es sei zudem zu berücksichtigen, dass der Kläger bei der gutachterlichen Untersuchung über identische Beschwerden in beiden Rückfüßen, nunmehr auch links, geklagt habe.

Mit Gerichtsbescheid vom 09.06.2011, auf den Bezug genommen wird, hat das SG die Klage abgewiesen.

Hiergegen hat der Kläger am 12.07.2011 Berufung eingelegt. Er trägt vor, er leide aktuell immer noch unter Schmerzen im Bereich der rechten Ferse und befinde sich wegen seiner Beschwerden durchgehend in ärztlicher Behandlung bei Dr. Tuncay. Dieser gehe davon aus, dass bei dem Unfall sog. Bänderstrukturverletzungen und Mittelfußknochenverschiebungen aufgetreten seien, die jedoch durch die hierzulande verwendeten diagnostischen Methoden nicht ausreichend nachweisbar seien.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 09. Juni 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 07. Februar 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. Mai 2008 zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 10. Mai 2007 unter Anerkennung des Schmerzsyndroms im Bereich des rechten Fußes als Unfallfolge eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um wenigstens 20 v.H. ab dem 17. März 2008 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gem. § 124 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 SGG liegen nicht vor.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das SG hat die auf Anerkennung des Schmerzsyndroms als Unfallfolge (1.) und Gewährung einer Verletztenrente (2.) gerichtete Klage zu Recht abgewiesen.

1. Ein Versicherter kann grundsätzlich vom Unfallversicherungsträger den Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes über das Vorliegen eines Versicherungsfalls und ggf. der diesem zuzurechnenden Unfallfolgen beanspruchen (BSG, Urteil v. 05.07.2007 - B 2 U 17/10 R - juris Rn. 14).

Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Für einen Arbeitsunfall ist danach in der Regel erforderlich (BSG, Urteil v. 30.01.2007 - B 2 U 8/06 R- juris), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen auf Grund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls.

Der Kläger hat einen Arbeitsunfall erlitten, als er am 10.05.2007 bei dem Versuch, auf eine Box mit Stahlrohren zu klettern, ausrutschte und ca. 0,5 m tief auf den rechten Fuß stürzte.

Eine Gesundheitsstörung ist Unfallfolge (im engeren Sinne) eines Versicherungsfalls i.S. des § 8 SGB VII, wenn sie spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls wesentlich verursacht worden ist. Der Anspruch setzt grundsätzlich das "objektive", d.h. aus der nachträglichen Sicht eines optimalen Beobachters gegebene Vorliegen einer Gesundheitsstörung voraus, die spezifisch durch den Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls wesentlich verursacht worden ist (BSG, Urteil v. 05.07.2011 - B 2 U 17/10 R - juris Rn. 27).

Als Unfallfolge in diesem Sinne hat sich der Kläger eine Fußdistorsion rechts zugezogen. Diese ist zwischenzeitlich folgenlos ausgeheilt. Der Senat stützt sich hierbei auf das von Dr. G. am 18.02.2011 erstattete Gutachten sowie die von Prof. Dr. C. am 27.05.2007 erhobenen Befunde. Es mag sein, dass der Kläger unmittelbar nach dem Unfall am 10.05.2007 bzw. in den darauffolgenden Tagen nur noch humpelnd gehen konnte, wobei dies außer dem Arbeitskollegen K. kein weiterer Mitarbeiter angegeben hat. Jedenfalls bis zum 27.05.2007 ist insoweit eine wesentliche Besserung eingetreten. Denn bei der Untersuchung durch Prof. Dr. C. an diesem Tag war der rechte Fuß des Klägers völlig reizlos und alle Gelenke frei beweglich, auch bestand keine Hämatomverfärbung und insbesondere war das Gangbild des Klägers regelrecht.

Das vom Kläger geltend gemachte Schmerzsyndrom im Bereich des rechten Fußes stellt keine Unfallfolge dar.

Ob ein Gesundheitsschaden dem Gesundheitserstschaden des Arbeitsunfalls als Unfallfolge im engeren Sinn zuzurechnen ist (sog haftungsausfüllende Kausalität), beurteilt sich nach der Zurechnungslehre der Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. BSG, a.a.O.; Urteil v. 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R - juris Rn. 12). Die Zurechnung erfolgt danach in zwei Schritten. Zunächst ist die Verursachung der weiteren Schädigung durch den Gesundheitserstschaden im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne festzustellen. Ob die Ursache-Wirkung-Beziehung besteht, beurteilt sich danach nach der Bedingungstheorie. Nach ihr ist eine Bedingung dann notwendige Ursache einer Wirkung, wenn sie aus dem konkret vorliegenden Geschehensablauf nach dem jeweiligen Stand der einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse (Erfahrungssätze) nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Auf dieser ersten Stufe sind alle derartigen notwendigen Bedingungen grundsätzlich rechtlich gleichwertig (äquivalent). Alle festgestellten anderen Bedingungen (und kein Ereignis ist monokausal), die in diesem Sinn nicht notwendig sind, dürfen hingegen bei der nachfolgenden Zurechnungsprüfung nicht berücksichtigt werden.

Ist der Gesundheitserstschaden in diesem Sinne eine notwendige Bedingung des weiteren Gesundheitsschadens, wird dieser ihm aber nur dann zugerechnet, wenn er ihn wesentlich (ausreichend: mit-) verursacht hat. "Wesentlich" (zurechnungsbegründend) ist der Gesundheitserstschaden für den weiteren Gesundheitsschaden nach der in der Rechtsprechung des BSG, wenn er eine besondere Beziehung zum Eintritt dieses Schadens hatte (BSG, a.a.O.; BSG, Urteil v. 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R - juris).

Vorliegend fehlt es bereits an einem Kausalzusammenhang im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinne zwischen dem Erstschaden des Klägers, der Fußdistorsion rechts, und dem Schmerzsyndrom im Bereich des rechten Fußes. Der Senat stützt sich hierbei auf das am 18.02.2011 von Dr. G. erstattete Sachverständigengutachten, dessen Bewertung er sich weitgehend zu eigen macht. Zwar teilt er nicht dessen Beurteilung, das Ereignis vom 10.05.2007 habe schon von vornherein zu keiner wesentlichen Beschwerdesymptomatik geführt, so dass schon das Vorliegen eines Arbeitsunfalls fraglich sei. Denn der Arbeitskollege K. des Klägers hat in seiner schriftlichen Auskunft vom 14.12.2007 angegeben, er habe den Kläger nach dessen Unfall - den er nicht als Augenzeuge wahrgenommen habe - immer humpelnd gehen gesehen. Gleichwohl hat der Kläger fast 3 Wochen weiter gearbeitet und sich erstmals am 27.05.2007 in notfallmäßige Behandlung von Prof. Dr. C. begeben. Dieser hat ein ungestörtes Gangbild beschrieben, er hat klinisch keinen wesentlich krankhaften Befund auf unfallchirurgischem und orthopädischem Fachgebiet feststellen können bis auf die Angaben des Klägers über Schmerzen im Bereich des Mittelfußes und des Fersenbeins. Die angrenzenden Gelenke waren allesamt frei beweglich, es fanden sich weder Durchblutungsstörungen noch Gefühlsstörungen, Blutergussverfärbung oder äußere Verletzungszeichen. Auch röntgenologisch fand sich ein völlig altersentsprechender unauffälliger Befund. Erst fast zwei Monate später hat der Kläger wiederum einen Arzt aufgesucht. Auch der Arzt H. hat bei der Untersuchung des Klägers am 16.07.2007 keine Schwellung, keine Gangunsicherheiten, kein hinkendes Gangbild oder ähnliches feststellen können, er hat lediglich noch einen Druckschmerz an der rechten Ferse und der Außenseite des rechten oberen Sprunggelenks diagnostiziert. Soweit Dr. Tuncay bei der Untersuchung am 16.07.2007 noch eine leichte Schwellung des rechten oberen Sprunggelenks angegeben hat, steht dies im Gegensatz zu dem zeitgleich vom Orthopäden H. erhobenen Befund. Auch hat Dr. Tuncay anlässlich der Untersuchung des Klägers offensichtlich keine Notwendigkeit einer ärztlichen Unfallmeldung an den Träger der Unfallversicherung gesehen, denn diese erfolgte durch ihn erst wiederum fast zwei Monate später am 11.09.2007.

Erst danach bei der Untersuchung am 06.08.2007 durch Prof. Dr. C. war das Gangbild des Klägers barfuß auf ebenem Boden eingeschränkt in der Weise, dass dieser den rechten Fuß nicht abrollen konnte und ein Schonhinken aufgewiesen hat, so dass eine Unterschenkelschale rechts angelegt und die Versorgung mit Unterarm-Gehstützen verordnet werden musste. Für eine Zurechnung dieser Beschwerden wie für die nachfolgend eingetretene erhebliche Zunahme der Beschwerden fehlt es jedoch an einer Brückensymptomatik, d.h. einer kausalen Verknüpfung der Beschwerden des Klägers mit einer traumatisch bedingten Schädigung im Bereich des Rückfußes rechts. Eine solche konnte auch bei den mehrmaligen kernspintomographischen Untersuchungen des Klägers nicht festgestellt werden, wie der Sachverständige Dr. G. überzeugend ausgeführt hat.

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Verletztenrente.

Nach § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit in Folge eines Versicherungsfalls - hier eines Arbeitsunfalls - über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente. Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens (§ 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII). Bei der Bemessung der MdE werden Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, dass sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen in Folge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden (§ 56 Abs. 2 Satz 3 SGB VII).

Nach der Rechtsprechung des BSG ist die Bemessung des Grades der MdE eine Tatsachenfeststellung, die das Gericht gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG nach seiner freien aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung trifft. Dies gilt für die Feststellung der Beeinträchtigung des Leistungsvermögens des Versicherten ebenso wie für die auf der Grundlage medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher oder seelischer Beeinträchtigungen zu treffender Feststellung der ihm verbliebenen Erwerbsmöglichkeiten (BSG, Urteil v. 05.09.2006 - B 2 U 25/05 R - juris Rn. 10 m.w.N.).

Folgen des Arbeitsunfalls liegen beim Kläger nicht mehr vor; insbesondere die persistierenden Rückfußbeschwerden rechts können, wie ausgeführt, nicht kausal auf den Arbeitsunfall zurückgeführt werden. Damit scheidet auch die Gewährung einer Rente aus.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

4. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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