Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 R 32/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Es wird festgestellt, dass das Berufungsverfahren L 4 R 2193/11 durch die Berufungsrücknahme des Klägers vom 29. September 2011 erledigt ist.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. Oktober 2007, wobei zunächst zu entscheiden ist, ob das Berufungsverfahren durch eine vom Kläger erklärte Rücknahme der Berufung erledigt ist.
Der am 1957 geborene Kläger absolvierte in Österreich von 1976 bis 1979 eine Ausbildung zum Maurer. Er war von April 1982 bis April 1999 als Maurer in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt, danach bezog er Sozialleistungen, überwiegend Leistungen wegen Arbeitslosigkeit. Er stellte am 10. Oktober 2007 einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung, nachdem bereits zwei vorangegangene Anträge bestandskräftig abgelehnt worden waren. Die Beklagte ließ den Kläger im Verwaltungsverfahren durch Neurologen und Psychiater Dr. B., Chirurgen Dr. W. und Internisten Dr. M. sozialmedizinisch begutachten. Diese kamen in ihren Gutachten vom 9. September 2008, 10. September 2008 und 10. Oktober 2008 übereinstimmend zu dem Ergebnis, der Kläger sei unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen vollschichtig leistungsfähig. Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 10. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juni 2009 den Rentenantrag ab. Der Kläger verfüge für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts sowie für seinen bisherigen Beruf des Maurers oder die zumutbaren Verweisungsberufe des Bauhofmitarbeiters oder der Bürohilfskraft über ein zeitliches Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich. Die vorliegenden qualitativen Leistungseinschränkungen führten nicht dazu, dass er für keine arbeitsmarktüblichen Tätigkeiten mehr in Betracht komme.
Der Kläger erhob am 18. Juni 2009 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG). Er sei aufgrund einer schwer wiegenden Erkrankung der Wirbelsäule nicht mehr in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Die Beklagte trat der Klage unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid entgegen.
Das SG befragte die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen. Facharzt für Neurochirurgie Dr. Mi. gab in seiner Auskunft vom 9. September 2009 an, der Kläger klage über Lumbalgien und brennende Dysästhesien in den unteren Extremitäten. Es bestünden keine sensomotorischen Defizite. Er sei für mindestens sechs Stunden leistungsfähig für mittelschwere Arbeiten. Dr. Mi. erklärte ausdrücklich, mit der Einschätzung des Gutachtens des Dr. W. übereinzustimmen. Arzt für Innere Medizin Dr. S. gab in seiner Auskunft vom 18. März 2010 an, er betreue den Kläger seit Juli 1988. Der Kläger klage seit über zwei Jahrzehnten über Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule. Auf internistischem Gebiet sei kein pathologischer Befund erhoben worden. Der Kläger sei in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Er stimme dem Gutachten von Dr. W. zu.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 24. Februar 2011 ab. Nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen, den Gutachten aus dem Rentenverfahren und den Auskünften der behandelnden Ärzte im Klageverfahren, liege weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung vor. Der Kläger sei in der Lage, körperlich leichte und mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes regelmäßig täglich für sechs Stunden und mehr auszuüben. Auch liege keine teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vor. Selbst wenn man zugunsten des Klägers von einer beruflichen Qualifikation und Tätigkeit des Maurers als Facharbeiter ausgehe, könne der Kläger auf die nächstniedrigere Qualifikationsgruppe des angelernten Arbeiters verwiesen werden. Die von der Beklagten genannten Tätigkeiten als Bauhofmitarbeiter oder Bürohilfskraft begegneten keinen Bedenken. Diese zumutbare Verweisbarkeit des Klägers sei bereits anlässlich der vorangegangenen Rentenanträge, zuletzt mit Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Juni 2006 - L 5 R 5336/05 - festgestellt und ausführlich dargelegt worden.
Gegen das ihm am 11. Mai 2011 zugestellte Urteil legte der Kläger am 30. Mai 2011 Berufung ein (L 4 R 2193/11). Zur Begründung legte er ein Attest des Dr. S. vom 8. April 2009 vor, in dem dieser eine erhebliche psychosomatische und eine massive narzisstisch-soziopathische Persönlichkeitsstörung, zu welcher die in den Gutachten genannten Erkrankungen geführt hätten, bescheinigte, die durch intensive Psychotherapie behandelt werden müsse. Ansonsten sei die berufliche Wiedereingliederung sehr schwierig.
Im Berufungsverfahren bestimmte die frühere Berichterstatterin einen Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 29. September 2011, zu dem der Kläger mit einer Bekannten erschien. Ausweislich der Niederschrift über den Termin wies die frühere Berichterstatterin darauf hin, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg habe. Der Kläger erklärte daraufhin, er nehme die Berufung zurück. Ausweislich der Niederschrift wurde diese Erklärung dem Kläger vorgespielt und von ihm genehmigt. In der Niederschrift ist weiter vermerkt, dass die frühere Berichterstatterin den Kläger darauf hingewiesen habe, er könne jederzeit einen neuen Rentenantrag stellen. Der Termin dauerte ausweislich der Niederschrift 59 Minuten.
Mit Schreiben vom 22. Dezember 2011, eingegangen am 3. Januar 2012, hat der Kläger geltend gemacht, nicht erklärt zu haben, dass er seinen Rentenantrag und die Berufung zurücknehme. Dies habe nur die frühere Berichterstatterin geäußert, weil sie die Berufung für aussichtslos angesehen habe. Er begehre weiterhin Rente ab Antragstellung. Die Gutachten beschrieben nicht seinen tatsächlichen Gesundheitszustand, der auf einem Arbeitsunfall beruhe. Aufgrund seiner psychischen Verfassung in Verbindung mit den körperlichen Beschwerden sei er nicht mehr in der Lage, eine Tätigkeit auszuüben. Der Kläger hat Arztbriefe und Befundberichte vorgelegt.
Mit Schreiben vom 23. Januar 2012 hat der Kläger die frühere Berichterstatterin wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Mit Beschluss vom 20. Februar 2012 hat der Senat ohne Mitwirkung der früheren Berichterstatterin entschieden, dass das Ablehnungsgesuch unbegründet sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Berufungsverfahren L 4 R 2193/11 fortzuführen sowie das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 24. Februar 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 10. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Juni 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. Oktober 2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Klageakte, die Berufungsakte und die Akte des SG sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Das Begehren des Klägers auf Fortsetzung des Berufungsverfahrens L 4 R 2193/11 hat keinen Erfolg. Das Berufungsverfahren ist infolge der vom Kläger im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 29. September 2011 erklärten Berufungsrücknahme in der Hauptsache erledigt.
Die den Rechtsstreit beendende Prozesshandlung findet sich in der Erklärung des Klägers im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 29. September 2011. In der Niederschrift dieses Termins ist festgehalten, dass der Kläger die Berufung zurücknehme. Dies kann - wie hier - vor Rechtskraft eines Urteils erfolgen (vgl. § 156 Abs. 1 SGG). Die Zurücknahme der Berufung führt zum Verlust des Rechtsmittels (§ 156 Abs. 3 Satz 1 SGG).
Der Kläger hat im Erörterungstermin 29. September 2011 eine solche Erklärung tatsächlich abgegeben. Dies folgt aus der Niederschrift über diesen Termin, der insoweit Beweiskraft zukommt (vgl. § 122 SGG i. V. m. § 165 Zivilprozessordnung - ZPO -). Bei der Zurücknahme der Berufung handelt es sich um einen nach § 160 Abs. 3 Nr. 8 ZPO in die Niederschrift aufzunehmenden wesentlichen Vorgang des Gerichtstermins. Erforderlich ist nicht, dass der Kläger die wörtlich festgehaltene Erklärung selbst mündlich so formuliert hat. Es genügt, dass die frühere Berichterstatterin die Rücknahmeerklärung laut diktiert, sie anschließend vorgelesen und den Kläger daraufhin gefragt hat, ob er diese Erklärung so abgebe und der Kläger dies bejaht. Damit ist eine wirksame Prozesserklärung, die den Rechtsstreit beendet hat, abgegeben worden.
Die Zurücknahme der Berufung ist ebenso wie die Rücknahme der Klage eine Prozesshandlung, die das Gericht und die Beteiligten bindet. Sie kann grundsätzlich nicht widerrufen oder wegen Irrtums angefochten werden (vgl. Urteil des Senats vom 10. Februar 2011- L 4 R 545/10 -, nicht veröffentlicht; Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 19. März 2002 - B 9 V 75/01 B in Juris; BSG, Urteil vom 6. April 1960 - 11/9 RV 214/57 - SozR Nr. 3 zu § 119 BGB; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 102 Rdnr. 7c m. N. aus der Rechtsprechung anderer Gerichtshöfe). Die Rücknahmeerklärung kann nur ausnahmsweise widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens erfüllt sind (vgl. z.B. BSG, Beschluss vom 4. November 2009 - B 14 AS 81/08 B - in Juris). Gründe für eine Wiederaufnahme des Verfahrens im Sinne von §§ 179 SGG, 579 oder § 580 ZPO liegen nicht vor.
Es bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Kläger bei der Erklärung der Rücknahme prozessunfähig nach § 71 Abs. 1 SGG, mithin nicht in der Lage gewesen sei, sich durch Verträge zu verpflichten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt Rente wegen Erwerbsminderung ab 1. Oktober 2007, wobei zunächst zu entscheiden ist, ob das Berufungsverfahren durch eine vom Kläger erklärte Rücknahme der Berufung erledigt ist.
Der am 1957 geborene Kläger absolvierte in Österreich von 1976 bis 1979 eine Ausbildung zum Maurer. Er war von April 1982 bis April 1999 als Maurer in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt, danach bezog er Sozialleistungen, überwiegend Leistungen wegen Arbeitslosigkeit. Er stellte am 10. Oktober 2007 einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung, nachdem bereits zwei vorangegangene Anträge bestandskräftig abgelehnt worden waren. Die Beklagte ließ den Kläger im Verwaltungsverfahren durch Neurologen und Psychiater Dr. B., Chirurgen Dr. W. und Internisten Dr. M. sozialmedizinisch begutachten. Diese kamen in ihren Gutachten vom 9. September 2008, 10. September 2008 und 10. Oktober 2008 übereinstimmend zu dem Ergebnis, der Kläger sei unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen vollschichtig leistungsfähig. Die Beklagte lehnte daraufhin mit Bescheid vom 10. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juni 2009 den Rentenantrag ab. Der Kläger verfüge für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts sowie für seinen bisherigen Beruf des Maurers oder die zumutbaren Verweisungsberufe des Bauhofmitarbeiters oder der Bürohilfskraft über ein zeitliches Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich. Die vorliegenden qualitativen Leistungseinschränkungen führten nicht dazu, dass er für keine arbeitsmarktüblichen Tätigkeiten mehr in Betracht komme.
Der Kläger erhob am 18. Juni 2009 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG). Er sei aufgrund einer schwer wiegenden Erkrankung der Wirbelsäule nicht mehr in der Lage, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Die Beklagte trat der Klage unter Bezugnahme auf den Widerspruchsbescheid entgegen.
Das SG befragte die behandelnden Ärzte des Klägers schriftlich als sachverständige Zeugen. Facharzt für Neurochirurgie Dr. Mi. gab in seiner Auskunft vom 9. September 2009 an, der Kläger klage über Lumbalgien und brennende Dysästhesien in den unteren Extremitäten. Es bestünden keine sensomotorischen Defizite. Er sei für mindestens sechs Stunden leistungsfähig für mittelschwere Arbeiten. Dr. Mi. erklärte ausdrücklich, mit der Einschätzung des Gutachtens des Dr. W. übereinzustimmen. Arzt für Innere Medizin Dr. S. gab in seiner Auskunft vom 18. März 2010 an, er betreue den Kläger seit Juli 1988. Der Kläger klage seit über zwei Jahrzehnten über Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule. Auf internistischem Gebiet sei kein pathologischer Befund erhoben worden. Der Kläger sei in der Lage, leichte bis mittelschwere Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Er stimme dem Gutachten von Dr. W. zu.
Das SG wies die Klage mit Urteil vom 24. Februar 2011 ab. Nach dem Ergebnis der medizinischen Ermittlungen, den Gutachten aus dem Rentenverfahren und den Auskünften der behandelnden Ärzte im Klageverfahren, liege weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung vor. Der Kläger sei in der Lage, körperlich leichte und mittelschwere Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes regelmäßig täglich für sechs Stunden und mehr auszuüben. Auch liege keine teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit vor. Selbst wenn man zugunsten des Klägers von einer beruflichen Qualifikation und Tätigkeit des Maurers als Facharbeiter ausgehe, könne der Kläger auf die nächstniedrigere Qualifikationsgruppe des angelernten Arbeiters verwiesen werden. Die von der Beklagten genannten Tätigkeiten als Bauhofmitarbeiter oder Bürohilfskraft begegneten keinen Bedenken. Diese zumutbare Verweisbarkeit des Klägers sei bereits anlässlich der vorangegangenen Rentenanträge, zuletzt mit Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21. Juni 2006 - L 5 R 5336/05 - festgestellt und ausführlich dargelegt worden.
Gegen das ihm am 11. Mai 2011 zugestellte Urteil legte der Kläger am 30. Mai 2011 Berufung ein (L 4 R 2193/11). Zur Begründung legte er ein Attest des Dr. S. vom 8. April 2009 vor, in dem dieser eine erhebliche psychosomatische und eine massive narzisstisch-soziopathische Persönlichkeitsstörung, zu welcher die in den Gutachten genannten Erkrankungen geführt hätten, bescheinigte, die durch intensive Psychotherapie behandelt werden müsse. Ansonsten sei die berufliche Wiedereingliederung sehr schwierig.
Im Berufungsverfahren bestimmte die frühere Berichterstatterin einen Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 29. September 2011, zu dem der Kläger mit einer Bekannten erschien. Ausweislich der Niederschrift über den Termin wies die frühere Berichterstatterin darauf hin, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg habe. Der Kläger erklärte daraufhin, er nehme die Berufung zurück. Ausweislich der Niederschrift wurde diese Erklärung dem Kläger vorgespielt und von ihm genehmigt. In der Niederschrift ist weiter vermerkt, dass die frühere Berichterstatterin den Kläger darauf hingewiesen habe, er könne jederzeit einen neuen Rentenantrag stellen. Der Termin dauerte ausweislich der Niederschrift 59 Minuten.
Mit Schreiben vom 22. Dezember 2011, eingegangen am 3. Januar 2012, hat der Kläger geltend gemacht, nicht erklärt zu haben, dass er seinen Rentenantrag und die Berufung zurücknehme. Dies habe nur die frühere Berichterstatterin geäußert, weil sie die Berufung für aussichtslos angesehen habe. Er begehre weiterhin Rente ab Antragstellung. Die Gutachten beschrieben nicht seinen tatsächlichen Gesundheitszustand, der auf einem Arbeitsunfall beruhe. Aufgrund seiner psychischen Verfassung in Verbindung mit den körperlichen Beschwerden sei er nicht mehr in der Lage, eine Tätigkeit auszuüben. Der Kläger hat Arztbriefe und Befundberichte vorgelegt.
Mit Schreiben vom 23. Januar 2012 hat der Kläger die frühere Berichterstatterin wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Mit Beschluss vom 20. Februar 2012 hat der Senat ohne Mitwirkung der früheren Berichterstatterin entschieden, dass das Ablehnungsgesuch unbegründet sei.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Berufungsverfahren L 4 R 2193/11 fortzuführen sowie das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 24. Februar 2011 und den Bescheid der Beklagten vom 10. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3. Juni 2009 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 1. Oktober 2007 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, weiter hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Klageakte, die Berufungsakte und die Akte des SG sowie den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Das Begehren des Klägers auf Fortsetzung des Berufungsverfahrens L 4 R 2193/11 hat keinen Erfolg. Das Berufungsverfahren ist infolge der vom Kläger im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 29. September 2011 erklärten Berufungsrücknahme in der Hauptsache erledigt.
Die den Rechtsstreit beendende Prozesshandlung findet sich in der Erklärung des Klägers im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 29. September 2011. In der Niederschrift dieses Termins ist festgehalten, dass der Kläger die Berufung zurücknehme. Dies kann - wie hier - vor Rechtskraft eines Urteils erfolgen (vgl. § 156 Abs. 1 SGG). Die Zurücknahme der Berufung führt zum Verlust des Rechtsmittels (§ 156 Abs. 3 Satz 1 SGG).
Der Kläger hat im Erörterungstermin 29. September 2011 eine solche Erklärung tatsächlich abgegeben. Dies folgt aus der Niederschrift über diesen Termin, der insoweit Beweiskraft zukommt (vgl. § 122 SGG i. V. m. § 165 Zivilprozessordnung - ZPO -). Bei der Zurücknahme der Berufung handelt es sich um einen nach § 160 Abs. 3 Nr. 8 ZPO in die Niederschrift aufzunehmenden wesentlichen Vorgang des Gerichtstermins. Erforderlich ist nicht, dass der Kläger die wörtlich festgehaltene Erklärung selbst mündlich so formuliert hat. Es genügt, dass die frühere Berichterstatterin die Rücknahmeerklärung laut diktiert, sie anschließend vorgelesen und den Kläger daraufhin gefragt hat, ob er diese Erklärung so abgebe und der Kläger dies bejaht. Damit ist eine wirksame Prozesserklärung, die den Rechtsstreit beendet hat, abgegeben worden.
Die Zurücknahme der Berufung ist ebenso wie die Rücknahme der Klage eine Prozesshandlung, die das Gericht und die Beteiligten bindet. Sie kann grundsätzlich nicht widerrufen oder wegen Irrtums angefochten werden (vgl. Urteil des Senats vom 10. Februar 2011- L 4 R 545/10 -, nicht veröffentlicht; Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 19. März 2002 - B 9 V 75/01 B in Juris; BSG, Urteil vom 6. April 1960 - 11/9 RV 214/57 - SozR Nr. 3 zu § 119 BGB; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl., § 102 Rdnr. 7c m. N. aus der Rechtsprechung anderer Gerichtshöfe). Die Rücknahmeerklärung kann nur ausnahmsweise widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens erfüllt sind (vgl. z.B. BSG, Beschluss vom 4. November 2009 - B 14 AS 81/08 B - in Juris). Gründe für eine Wiederaufnahme des Verfahrens im Sinne von §§ 179 SGG, 579 oder § 580 ZPO liegen nicht vor.
Es bestehen keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass der Kläger bei der Erklärung der Rücknahme prozessunfähig nach § 71 Abs. 1 SGG, mithin nicht in der Lage gewesen sei, sich durch Verträge zu verpflichten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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