L 18 AL 227/12 B RG

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 35 AL 2944/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 18 AL 227/12 B RG
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Anhörungsrüge der Klägerin gegen den Beschluss des Senats vom 23. Juli 2012 – L 18 AL 196/12 B PKH – wird als unzulässig verworfen. Kosten sind im Anhörungsrügeverfahren nicht zu erstatten.

Gründe:

Die Anhörungsrüge der Klägerin gegen den Beschluss vom 23. Juli 2012 – L 18 AL 196/12 B PKH – ist unzulässig und war entsprechend zu verwerfen. Zwar ist die Rüge statthaft und in der gesetzlichen Frist des § 178a Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben worden. Die Klägerin hat jedoch das Vorliegen der in § 178a Abs.1 Satz 1 Nr. 2 SGG genannten Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht hinreichend dargetan.

Nach § 178a Abs. 1 Satz 1 SGG ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist (Nr. 1) und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (Nr. 2). Mithin ist es Zulässigkeitsvoraussetzung einer Anhörungsrüge, dass die Klägerin das Vorliegen der Voraussetzungen (auch) des § 178a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG schlüssig darlegt (vgl. BSG, Beschluss vom 7. April 2005 – B 7a AL 38/05 B = SozR 4-1500 § 178a Nr 2; BSG SozR 4-1500 § 178a Nr 6). Letzteres ist vorliegend nicht der Fall.

Die Klägerin hat nämlich jedenfalls nicht dargetan, dass das Beschwerdegericht ihren Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt habe. Im Kern wendet sie sich lediglich gegen die inhaltliche Richtigkeit des Beschlusses vom 23. Juli 2012 und des zugrunde liegenden Beschlusses des Sozialgerichts (SG) vom 23. Mai 2012 und hält in der Sache eine von der Begründung dieser Beschlüsse abweichende rechtliche Würdigung für zutreffend. Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verpflichtet ebenso wie § 62 SGG die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Gebot rechtlichen Gehörs soll als Prozessgrundrecht sicherstellen, dass die Entscheidung frei von Fehlern ergeht, welche ihren Grund in unterlassener Kenntnisnahme und Nichtberücksichtigung des Sachvortrags der Beteiligten haben. Dieses Gebot verpflichtet die Gerichte allerdings nicht, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen (vgl. BVerfG (Kammer), Beschluss vom 4.9.2008 – 2 BvR 2162/07, 2 BvR 2271/07BVerfGK 14, 238 = WM 2008, 2084 f, unter Hinweis auf BVerfGE 64, 1, 12 und BVerfGE 87, 1, 33 = SozR 3-5761 Allg Nr. 1 S 4). Die Gerichte sind auch nicht verpflichtet, jedes Vorbringen eines Beteiligten ausdrücklich zu bescheiden; es muss nur das Wesentliche der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dienende Vorbringen in den Entscheidungsgründen verarbeitet werden (stRspr. des BVerfG, s zB BVerfG (Kammer), Beschluss vom 20. Februar 2008 – 1 BvR 2722/06BVerfGK 13, 303 = juris RdNr 9 ff mwN; Beschluss vom 31. März 2006 – 1 BvR 2444/04BVerfGK 7, 485, 488).

Die für die Zulässigkeit des außerordentlichen Rechtsbehelfs einer Anhörungsrüge erforderliche Darlegung des Vorliegens der Voraussetzungen einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör muss diesen Gehalt des Gebots berücksichtigen; es bedarf mithin einer in sich schlüssigen Darstellung, dass trotz der genannten Grenzen des Prozessgrundrechts eine Verletzung des rechtlichen Gehörs in entscheidungserheblicher Weise vorliege. Diesen Anforderungen wird das Vorbringen der Klägerin nicht gerecht. Ihre Darlegungen beschränken sich im Wesentlichen darauf, erneut die aus ihrer Sicht fehlende Anhörung vor Erlass des streitigen Aufhebungs- und Erstattungsbescheides zu rügen. Mit diesem Vorbringen haben sich indes sowohl das SG als auch das Beschwerdegericht auseinandergesetzt, so dass ein Gehörsverstoß nicht ersichtlich ist. Das SG hat ausdrücklich auf die Nachholung der Anhörung durch das Widerspruchsverfahren hingewiesen, in dem die schon seinerzeit rechtskundig vertretene Klägerin ausreichend Gelegenheit hatte, sich (auch) zu dem Vorwurf der groben Fahrlässigkeit zu äußern, dies jedoch nicht getan hat (vgl. zur möglichen Nachholung BSG, Urteil vom 7. Juli 2011 – B 14 AS 144/10 R – juris – mwN). Der Senat, der die Rechtsauffassung des SG teilt, hat insoweit ohne weitere Begründung von der Möglichkeit der Verweisung auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses gemäß § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG Gebrauch gemacht. Soweit die Klägerin nunmehr – erstmals – mit ihrer Anhörungsrüge vorträgt, eine grobe Fahrlässigkeit würde bereits aus Krankheitsgründen ausscheiden, kann dieses erstmalige Vorbringen schon begrifflich keinen Gehörsverstoß im Hinblick auf die zeitlich vor diesem Vorbringen verlautbarte Beschwerdeentscheidung begründen. Im Übrigen ist nicht ansatzweise ersichtlich, dass die Klägerin durch ihre krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit (AU) gehindert gewesen wäre, zumindest schriftlich oder telefonisch diese AU der Beklagten anzuzeigen oder durch einen Bevollmächtigten anzeigen zu lassen. Ihre Erkrankung hat sie jedenfalls nicht daran gehindert, am 17. Mai 2011 beim Jobcenter persönlich (!) vorzusprechen, sich bei einem anderen Arbeitgeber zu bewerben und ihr Ausbildungsverhältnis im April 2011 zu kündigen. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 178a Abs. 4 Satz 3 SGG).
Rechtskraft
Aus
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