Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
15
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 15 SF 277/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Kostenbeschluss
Leitsätze
1. Die Erstattung von Verpflegungskosten/Zehrkosten als allgemeiner Aufwand i.S.d. § 6 Abs. 1 JVEG setzt wegen § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG eine Abwesenheitszeit von mindestens 8 Stunden voraus. Eine Abweichung von dieser zeitlichen Vorgabe ist nicht möglich; eine Härtefallregelung gibt es nicht.
2. Eine Entschädigung für Zeitversäumnis i.S.d. § 20 JVEG hat dann nicht zu erfolgen, wenn sich aus den eigenen Angaben des Antragstellers ergibt, dass er die Zeit nicht anderweitig sinnvoll verwendet hätte, oder wenn es offensichtlich ist, dass ein Nachteil nicht eingetreten ist. Die Anforderungen an die Prüfpflicht der Kostenbeamten sind dabei nur sehr gering.
2. Eine Entschädigung für Zeitversäumnis i.S.d. § 20 JVEG hat dann nicht zu erfolgen, wenn sich aus den eigenen Angaben des Antragstellers ergibt, dass er die Zeit nicht anderweitig sinnvoll verwendet hätte, oder wenn es offensichtlich ist, dass ein Nachteil nicht eingetreten ist. Die Anforderungen an die Prüfpflicht der Kostenbeamten sind dabei nur sehr gering.
Die Entschädigung des Antragstellers für die Wahrnehmung des Termins vor dem Bayer. Landessozialgericht am 26.08.2010 wird auf 0,- EUR festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt eine Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) wegen der Wahrnehmung eines Gerichtstermins, für den sein persönliches Erscheinen angeordnet worden ist. Insbesondere macht er Zehrkosten geltend.
In dem am Bayerischen Landessozialgericht (Bayer. LSG) geführten Rechtsstreit des Antragstellers gegen die Deutsche Rentenversicherung Bund fand am 26.08.2010 ein Erörterungstermin statt; das persönliche Erscheinen des Antragstellers war angeordnet. Der Termin dauerte von 12.10 Uhr bis 13.15 Uhr.
Mit Entschädigungsantrag vom 02.09.2010 beantragte der Antragsteller die Entschädigung (Fahrtkosten, Zehrkosten in Höhe von 14,50 EUR) für das Erscheinen beim Erörterungstermin. Er sei um 8.30 Uhr von zu Hause weggefahren und um 16.30 Uhr wieder zurückgekommen; benutzt habe er öffentliche Verkehrsmittel. Am 08.09.2010 stellte der Antragsteller klar, dass er keine Fahrtkostenerstattung beantrage, da er das Merkzeichen G habe.
Mit Schreiben vom 13.09.2010 lehnte die Kostenbeamtin des Bayer. LSG eine Entschädigung ab. Ein Ersatz von Auslagen für Speisen und Getränke komme nur in Betracht, wenn die Abwesenheit mindestens acht Stunden betrage.
Dagegen hat sich der Antragsteller mit Schreiben vom 23.09.2010 gewandt. Während seiner fast achtstündigen Abwesenheit wegen des Gerichtstermins habe er Auslagen für Speisen und Getränke in Höhe von 14,40 EUR gehabt. Wegen seiner schwerwiegenden Erkrankung hätte er den Gerichtstermin ohne vorheriges Mittagessen nicht wahrnehmen können.
II.
Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier der Berechtigte mit Schreiben vom 23.09.2010 sinngemäß die gerichtliche Festsetzung beantragt.
Die Entschädigung für die Wahrnehmung des Gerichtstermins am 26.08.2010 ist auf 0,- EUR festzusetzen.
Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der von der Kostenbeamtin vorgenommenen Berechnung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Kostenfestsetzung durch die Kostenbeamtin handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof - BGH -, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungswege sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos (ständige Rechtsprechung, vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG, 25. Aufl. 2011, Rdnr. 4.12 - m.w.N.). Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die Kostenfestsetzung im Verwaltungsweg beschränkt zu sein.
Beteiligte eines gerichtlichen Verfahrens sind gemäß § 191 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wie Zeugen zu entschädigen, sofern es sich wie hier um ein gerichtskostenfreies Verfahren im Sinne des § 183 SGG handelt. Die Entschädigung ergibt sich aus dem JVEG. Die Entschädigungstatbestände (für einen Zeugen) sind in § 19 JVEG aufgelistet.
1. Fahrtkosten
Für Fahrtkosten gemäß § 5 JVEG ist keine Entschädigung zu leisten.
Der Kläger hat selbst angegeben, dass ihm als Inhaber des Merkzeichens G bei der Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln keine Kosten entstanden seien, und seinen Entschädigungsantrag, mit dem er ursprünglich auch eine Fahrkostenerstattung beantragt hatte, entsprechend korrigiert.
2. Verpflegungskosten
Verpflegungskosten sind nicht zu erstatten.
Zehr- oder Verpflegungskosten sind als allgemeiner Aufwand im Sinne von § 6 Abs. 1 JVEG erstattungsfähig, wenn sie infolge des gerichtlich angesetzten Termins objektiv notwendig sind. Aus dem Verweis in § 6 Abs. 1 letzter Halbsatz JVEG auf das Tagegeld im Sinne von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 Einkommenssteuergesetz (EStG) wird deutlich, wann und in welcher Höhe Verpflegungskosten in Form einer Zehrkostenpauschale als notwendiger allgemeiner Aufwand zu erstatten sind. Nach der Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG kann erst bei einer Abwesenheit von mindestens acht Stunden ein Tagegeld bewilligt werden. Eine achtstündige Abwesenheit vom Wohnort ist damit auch Voraussetzung für die Zehrkostenpauschale.
Eine durch den Gerichtstermin erforderlich gewordene Abwesenheit von dieser Mindestdauer ist im vorliegenden Fall nach den eigenen Angaben des Antragstellers nicht gegeben gewesen. Vielmehr hat er im Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung vom 23.09.2010 ausdrücklich eine (nur) "fast 8-stündige Abwesenheit", also von weniger als acht Stunden, angegeben. Der Senat geht von der Richtigkeit dieser Angabe aus. Wenn der Antragsteller im Antrag vom 02.09.2010 noch eine Abwesenheit von 8.30 Uhr bis 16.30 Uhr - und damit von acht Stunden - angegeben hat, hat dies für den Senat keinen so großen Beweiswert wie die Angabe des Klägers im Schreiben vom 23.09.2010. Zum einen liegt es nahe, dass im Antrag vom 02.09.2010 vergleichsweise grob geschätzte Zeitangaben gemacht worden sind. Zum anderen muss dem Antragsteller aufgrund des Schreibens der Kostenbeamtin vom 13.09.2010 bewusst gewesen sein, dass seine Abwesenheitszeit von zu Hause "grenzwertig" für die Gewährung der Zehrkostenpauschale ist. Gleichwohl hat der Antragsteller seinen Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung nicht damit begründet, dass die Abwesenheit tatsächlich acht Stunden (oder mehr) betragen habe. Vielmehr hat er eine Abwesenheit von nur "fast" acht Stunden angegeben und seinen Antrag medizinisch damit begründet, dass er erkrankungsbedingt vor dem Gerichtstermin ein Mittagessen habe einnehmen müssen. Auf weitergehende Ermittlungen des Senats zur objektiv erforderlichen Abwesenheitsdauer konnte daher verzichtet werden.
Wegen der nicht nachgewiesenen Abwesenheitsdauer von acht Stunden können dem Antragsteller keine Zehrkosten erstattet werden. Ein Ermessensspielraum, Zehrkosten zu erstatten, wenn die Zeitgrenze von acht Stunden nur geringfügig unterschritten ist, ist nicht eröffnet.
Ob in der Person des Klägers eine Erkrankung vorgelegen hat, die ihn dazu gezwungen hat, vor dem Gerichtstermin ein Essen einzunehmen, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben. Denn es würde sich dabei um einen Gesichtspunkt handeln, der für die Entscheidung, ob Zehrkosten zu erstatten sind, nach den gesetzlichen Regelungen keine Bedeutung hat. Insbesondere hat der Gesetzgeber keine Härtefallregelung vorgesehen, die eine ausnahmsweise Kostenerstattung auch bei einer Abwesenheitsdauer von unter acht Stunden oder beim Vorliegen besonderer Gründe erlauben würde.
3. Entschädigung für Zeitversäumnis
Eine Entschädigung für Zeitversäumnis im Sinne des § 20 JVEG ist nicht zu leisten.
Eine Entschädigung für Zeitversäumnis wird - auch bei Beteiligten des sozialgerichtlichen Verfahrens - regelmäßig dann zu erbringen sein, wenn weder ein Verdienstausfall noch Nachteile bei der Haushaltsführung geltend gemacht werden können. Denn bei dieser Entschädigung für sonstige Nachteile ist es nicht erforderlich, dass dem Betroffenen geldwerte Vorteile entgehen (vgl. Meyer/Höver/Bach, a.a.O., Rdnr. 20.5). Zudem besteht mit § 20 letzter Halbsatz JVEG eine widerlegbare gesetzliche Vermutung dahingehend, dass ein Nachteil erstanden ist.
Mit der Frage, wann die gesetzliche Vermutung als widerlegt zu betrachten ist, hat sich der Senat eingehend in seinem grundlegenden Beschluss vom 30.07.2012, Az.: L 15 SF 439/11, auseinander gesetzt. Danach ist lediglich dann, wenn dem Antragsteller "ersichtlich" kein Nachteil entstanden ist, eine Entschädigung für Zeitversäumnis nicht zu leisten. Davon, dass ersichtlich kein Nachteil entstanden ist, ist dann auszugehen, wenn sich aus den eigenen Angaben des Antragstellers ergibt, dass er die Zeit nicht anderweitig sinnvoll verwendet hätte, oder wenn es offensichtlich ist, dass ein Nachteil nicht eingetreten ist. Von ersterem ist dann auszugehen, wenn ein Antragsteller im Antrag nichts angibt, was auf eine Zeitversäumnis hindeutet und nicht einmal durch Ankreuzen der entsprechenden Stelle im Antragsformular zu erkennen gibt, dass ihm eine Zeitversäumnis entstanden ist. Ob der Nichteintritt eines Nachteils aus anderen Gründen ersichtlich, d.h. offensichtlich erkennbar ist, ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Die Anforderungen an die Prüfpflicht der Kostenbeamten sind dabei angesichts der gesetzlichen Vermutung nur sehr gering (vgl. Beschluss des Senats vom 30.07.2012, Az.: L 15 SF 439/11). Denn mit der Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß § 20 JVEG wird auch der Verlust von Freizeit entschädigt, wobei die Verwendung von Freizeit sehr vielgestaltig ist und im Belieben des Einzelnen steht. Eine Beurteilung der Wertigkeit der Freizeitgestaltung steht dem Kostenbeamten genauso wie dem Kostenrichter nicht zu.
Im vorliegenden Fall kann eine Entschädigung für Zeitversäumnis nicht erfolgen, da die gesetzliche Vermutung des § 20 letzter Halbsatz JVEG als widerlegt zu betrachten ist. Der Antragsteller hat weder durch Ankreuzen der entsprechenden Stelle im Antragsformular zu erkennen gegeben, dass ihm eine Zeitversäumnis entstanden ist, noch im Antrag etwas angegeben, das auf eine Zeitversäumnis hindeuten könnte, noch sind irgendwelche anderen Gründe, die eine Zeitversäumnis begründen könnten, offensichtlich erkennbar.
Der Antragsteller hat daher keinen Anspruch auf Entschädigung wegen der Wahrnehmung des Gerichtstermins am 26.08.2010.
Das Bayer. LSG hat über den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung gemäß § 4
Abs. 7 Satz 1 JVEG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.
Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt eine Entschädigung nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) wegen der Wahrnehmung eines Gerichtstermins, für den sein persönliches Erscheinen angeordnet worden ist. Insbesondere macht er Zehrkosten geltend.
In dem am Bayerischen Landessozialgericht (Bayer. LSG) geführten Rechtsstreit des Antragstellers gegen die Deutsche Rentenversicherung Bund fand am 26.08.2010 ein Erörterungstermin statt; das persönliche Erscheinen des Antragstellers war angeordnet. Der Termin dauerte von 12.10 Uhr bis 13.15 Uhr.
Mit Entschädigungsantrag vom 02.09.2010 beantragte der Antragsteller die Entschädigung (Fahrtkosten, Zehrkosten in Höhe von 14,50 EUR) für das Erscheinen beim Erörterungstermin. Er sei um 8.30 Uhr von zu Hause weggefahren und um 16.30 Uhr wieder zurückgekommen; benutzt habe er öffentliche Verkehrsmittel. Am 08.09.2010 stellte der Antragsteller klar, dass er keine Fahrtkostenerstattung beantrage, da er das Merkzeichen G habe.
Mit Schreiben vom 13.09.2010 lehnte die Kostenbeamtin des Bayer. LSG eine Entschädigung ab. Ein Ersatz von Auslagen für Speisen und Getränke komme nur in Betracht, wenn die Abwesenheit mindestens acht Stunden betrage.
Dagegen hat sich der Antragsteller mit Schreiben vom 23.09.2010 gewandt. Während seiner fast achtstündigen Abwesenheit wegen des Gerichtstermins habe er Auslagen für Speisen und Getränke in Höhe von 14,40 EUR gehabt. Wegen seiner schwerwiegenden Erkrankung hätte er den Gerichtstermin ohne vorheriges Mittagessen nicht wahrnehmen können.
II.
Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt gemäß § 4 Abs. 1 JVEG durch gerichtlichen Beschluss, wenn wie hier der Berechtigte mit Schreiben vom 23.09.2010 sinngemäß die gerichtliche Festsetzung beantragt.
Die Entschädigung für die Wahrnehmung des Gerichtstermins am 26.08.2010 ist auf 0,- EUR festzusetzen.
Die gerichtliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG stellt keine Überprüfung der von der Kostenbeamtin vorgenommenen Berechnung dar, sondern ist eine davon unabhängige erstmalige Festsetzung. Bei der Kostenfestsetzung durch die Kostenbeamtin handelt es sich um eine lediglich vorläufige Regelung, die durch den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung hinfällig wird (vgl. Bundesgerichtshof - BGH -, Entscheidung vom 05.11.1968, Az.: RiZ (R) 4/68). Damit wird eine vorherige Berechnung der Beträge im Verwaltungswege sowohl bei den Einzelpositionen als auch im Gesamtergebnis gegenstandslos (ständige Rechtsprechung, vgl. Meyer/Höver/Bach, JVEG, 25. Aufl. 2011, Rdnr. 4.12 - m.w.N.). Das Gericht hat daher eine vollumfassende Prüfung des Entschädigungsanspruchs vorzunehmen, ohne auf Einwände gegen die Kostenfestsetzung im Verwaltungsweg beschränkt zu sein.
Beteiligte eines gerichtlichen Verfahrens sind gemäß § 191 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wie Zeugen zu entschädigen, sofern es sich wie hier um ein gerichtskostenfreies Verfahren im Sinne des § 183 SGG handelt. Die Entschädigung ergibt sich aus dem JVEG. Die Entschädigungstatbestände (für einen Zeugen) sind in § 19 JVEG aufgelistet.
1. Fahrtkosten
Für Fahrtkosten gemäß § 5 JVEG ist keine Entschädigung zu leisten.
Der Kläger hat selbst angegeben, dass ihm als Inhaber des Merkzeichens G bei der Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln keine Kosten entstanden seien, und seinen Entschädigungsantrag, mit dem er ursprünglich auch eine Fahrkostenerstattung beantragt hatte, entsprechend korrigiert.
2. Verpflegungskosten
Verpflegungskosten sind nicht zu erstatten.
Zehr- oder Verpflegungskosten sind als allgemeiner Aufwand im Sinne von § 6 Abs. 1 JVEG erstattungsfähig, wenn sie infolge des gerichtlich angesetzten Termins objektiv notwendig sind. Aus dem Verweis in § 6 Abs. 1 letzter Halbsatz JVEG auf das Tagegeld im Sinne von § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 Einkommenssteuergesetz (EStG) wird deutlich, wann und in welcher Höhe Verpflegungskosten in Form einer Zehrkostenpauschale als notwendiger allgemeiner Aufwand zu erstatten sind. Nach der Regelung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG kann erst bei einer Abwesenheit von mindestens acht Stunden ein Tagegeld bewilligt werden. Eine achtstündige Abwesenheit vom Wohnort ist damit auch Voraussetzung für die Zehrkostenpauschale.
Eine durch den Gerichtstermin erforderlich gewordene Abwesenheit von dieser Mindestdauer ist im vorliegenden Fall nach den eigenen Angaben des Antragstellers nicht gegeben gewesen. Vielmehr hat er im Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung vom 23.09.2010 ausdrücklich eine (nur) "fast 8-stündige Abwesenheit", also von weniger als acht Stunden, angegeben. Der Senat geht von der Richtigkeit dieser Angabe aus. Wenn der Antragsteller im Antrag vom 02.09.2010 noch eine Abwesenheit von 8.30 Uhr bis 16.30 Uhr - und damit von acht Stunden - angegeben hat, hat dies für den Senat keinen so großen Beweiswert wie die Angabe des Klägers im Schreiben vom 23.09.2010. Zum einen liegt es nahe, dass im Antrag vom 02.09.2010 vergleichsweise grob geschätzte Zeitangaben gemacht worden sind. Zum anderen muss dem Antragsteller aufgrund des Schreibens der Kostenbeamtin vom 13.09.2010 bewusst gewesen sein, dass seine Abwesenheitszeit von zu Hause "grenzwertig" für die Gewährung der Zehrkostenpauschale ist. Gleichwohl hat der Antragsteller seinen Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung nicht damit begründet, dass die Abwesenheit tatsächlich acht Stunden (oder mehr) betragen habe. Vielmehr hat er eine Abwesenheit von nur "fast" acht Stunden angegeben und seinen Antrag medizinisch damit begründet, dass er erkrankungsbedingt vor dem Gerichtstermin ein Mittagessen habe einnehmen müssen. Auf weitergehende Ermittlungen des Senats zur objektiv erforderlichen Abwesenheitsdauer konnte daher verzichtet werden.
Wegen der nicht nachgewiesenen Abwesenheitsdauer von acht Stunden können dem Antragsteller keine Zehrkosten erstattet werden. Ein Ermessensspielraum, Zehrkosten zu erstatten, wenn die Zeitgrenze von acht Stunden nur geringfügig unterschritten ist, ist nicht eröffnet.
Ob in der Person des Klägers eine Erkrankung vorgelegen hat, die ihn dazu gezwungen hat, vor dem Gerichtstermin ein Essen einzunehmen, kann als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben. Denn es würde sich dabei um einen Gesichtspunkt handeln, der für die Entscheidung, ob Zehrkosten zu erstatten sind, nach den gesetzlichen Regelungen keine Bedeutung hat. Insbesondere hat der Gesetzgeber keine Härtefallregelung vorgesehen, die eine ausnahmsweise Kostenerstattung auch bei einer Abwesenheitsdauer von unter acht Stunden oder beim Vorliegen besonderer Gründe erlauben würde.
3. Entschädigung für Zeitversäumnis
Eine Entschädigung für Zeitversäumnis im Sinne des § 20 JVEG ist nicht zu leisten.
Eine Entschädigung für Zeitversäumnis wird - auch bei Beteiligten des sozialgerichtlichen Verfahrens - regelmäßig dann zu erbringen sein, wenn weder ein Verdienstausfall noch Nachteile bei der Haushaltsführung geltend gemacht werden können. Denn bei dieser Entschädigung für sonstige Nachteile ist es nicht erforderlich, dass dem Betroffenen geldwerte Vorteile entgehen (vgl. Meyer/Höver/Bach, a.a.O., Rdnr. 20.5). Zudem besteht mit § 20 letzter Halbsatz JVEG eine widerlegbare gesetzliche Vermutung dahingehend, dass ein Nachteil erstanden ist.
Mit der Frage, wann die gesetzliche Vermutung als widerlegt zu betrachten ist, hat sich der Senat eingehend in seinem grundlegenden Beschluss vom 30.07.2012, Az.: L 15 SF 439/11, auseinander gesetzt. Danach ist lediglich dann, wenn dem Antragsteller "ersichtlich" kein Nachteil entstanden ist, eine Entschädigung für Zeitversäumnis nicht zu leisten. Davon, dass ersichtlich kein Nachteil entstanden ist, ist dann auszugehen, wenn sich aus den eigenen Angaben des Antragstellers ergibt, dass er die Zeit nicht anderweitig sinnvoll verwendet hätte, oder wenn es offensichtlich ist, dass ein Nachteil nicht eingetreten ist. Von ersterem ist dann auszugehen, wenn ein Antragsteller im Antrag nichts angibt, was auf eine Zeitversäumnis hindeutet und nicht einmal durch Ankreuzen der entsprechenden Stelle im Antragsformular zu erkennen gibt, dass ihm eine Zeitversäumnis entstanden ist. Ob der Nichteintritt eines Nachteils aus anderen Gründen ersichtlich, d.h. offensichtlich erkennbar ist, ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Die Anforderungen an die Prüfpflicht der Kostenbeamten sind dabei angesichts der gesetzlichen Vermutung nur sehr gering (vgl. Beschluss des Senats vom 30.07.2012, Az.: L 15 SF 439/11). Denn mit der Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß § 20 JVEG wird auch der Verlust von Freizeit entschädigt, wobei die Verwendung von Freizeit sehr vielgestaltig ist und im Belieben des Einzelnen steht. Eine Beurteilung der Wertigkeit der Freizeitgestaltung steht dem Kostenbeamten genauso wie dem Kostenrichter nicht zu.
Im vorliegenden Fall kann eine Entschädigung für Zeitversäumnis nicht erfolgen, da die gesetzliche Vermutung des § 20 letzter Halbsatz JVEG als widerlegt zu betrachten ist. Der Antragsteller hat weder durch Ankreuzen der entsprechenden Stelle im Antragsformular zu erkennen gegeben, dass ihm eine Zeitversäumnis entstanden ist, noch im Antrag etwas angegeben, das auf eine Zeitversäumnis hindeuten könnte, noch sind irgendwelche anderen Gründe, die eine Zeitversäumnis begründen könnten, offensichtlich erkennbar.
Der Antragsteller hat daher keinen Anspruch auf Entschädigung wegen der Wahrnehmung des Gerichtstermins am 26.08.2010.
Das Bayer. LSG hat über den Antrag auf gerichtliche Kostenfestsetzung gemäß § 4
Abs. 7 Satz 1 JVEG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.
Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 4 Abs. 8 JVEG).
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