S 4 KN 34/12 U

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 4 KN 34/12 U
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 15 U 473/12
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung und Entschädigung einer BK 2112 der Anlage zur BKV und die Gewährung von Übergangsleistungen streitig.

Aufgrund eines Schriftsatzes des Klägers vom 04.02.2010 (Eingang bei der Beklagten am 22.02.2010) leitete die Beklagte bei dem am 11.10.1957 geborenen Kläger ein Feststellungsverfahren zur BK 2112 ein (Gonarthrose durch eine Tätigkeit im Knien oder ver-gleichbare Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeits-lebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht).

Bei dem Kläger war bereits mit Bescheid vom 17.07.1990 eine BK 2102 (Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten) für das rechte Knie durch die Beklagte anerkannt worden. Hierfür bezieht der Kläger derzeit eine Verletztenrente nach einer MdE von 30 %.

Da der Kläger im Schreiben vom 04.02.2010 die Anerkennung der BK 2102 auch für sein linkes Kniegelenk beantragte, und im Gutachten vom 09.05.2003 der Sachverständige Dr. Sch. für das Sozialgericht Duisburg im Klageverfahren S 2 KN 160/02 U eine schicksalhafte Grunderkrankung im Sinne einer medialen Gonarthrose für das linke Kniegelenk diagnostiziert hatte, leitete die Beklagte ein entsprechendes Feststellungsverfahren zur BK 2112 ein.

Nach Auswertung der Arbeitgeberauskunft stellte der Technische Aufsichtsdienst der Beklagten in seiner Stellungnahme vom 10.02.2011 fest, dass der Kläger insgesamt 13.757 Arbeitsstunden lang Tätigkeiten im Sinne einer Belastung der BK 2112 verrichtet habe. Die letzte gefährdende Tätigkeit des Klägers als Maschinenhauer unter Tage habe im März 2001 stattgefunden.

Die Beklagte holte daraufhin ein Gutachten von Dr. Ch. vom Krankenhaus Bethanien für die Grafschaft Moers zur Aufklärung der medizinischen Voraussetzungen ein. In seinem Gutachten vom 05.07.2011 verwies der Sachverständige darauf, dass es relativ zeitnah zur letzten Gefährdung im März 2001 erforderlich geworden sei, die Implantation einer Schlittenprothese am linken Kniegelenk vorzunehmen. Unstreitig sei auch im Rahmen der vorliegenden und bereits mehrfach durchgeführten gutachterlichen Untersuchungen das linke Kniegelenk betreffend, dass seit 1988 eine zunehmende mediale betonte Gonarthrose des linken Kniegelenkes dokumentiert bzw. im Rahmen von arthroskopischen Therapien beschrieben werde. Des Weiteren dokumentiere die vorliegende Röntgenbildgebung des linken Kniegelenkes im Jahre 2000 und somit kurzfristig vor Implantation des künstlichen Gelenkersatzes links im Herbst 2001 die medial betonte Gonarthrose des linken Kniegelenkes. Unter Abwägung der Argumente für als auch gegen das mögliche Vorliegen einer Berufserkrankung Nr. 2112 sei unter Berücksichtigung der medizinischen und arbeitstechnischen Argumente der Beklagten zu empfehlen, eine Berufserkrankung Nr. 2112 für das linke Kniegelenk bei dem Kläger anzuerkennen. Die MdE aufgrund der Folgen der Berufserkrankung Nr. 2112 für das linke Kniegelenk sei retrospektiv ab dem Operationsdatum (24.08.2001) für den Zeitraum von einem Jahr auf 20 % einzuschätzen.

Nach zustimmender Stellungnahme des beratenden Arztes Dr. G. lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24.08.2011 die Feststellung einer BK 2112 der BKV mit der Begründung ab, der Versicherungsfall sei nicht nach dem 30.09.2002 eingetreten. Gemäß § 6 Abs. 1 BKV könne eine Berufskrankheit Nr. 2112 bei Versicherten, die am 01.07.2009 an einer solchen Krankheit leiden, nur dann anerkannt werden, wenn der Versicherungsfall nach dem 30.09.2002 eingetreten sei. Nach den umfangreichen Ermittlungen, insbesondere dem Gutachten von Dr. Ch. vom 05.07.2011, seien bei dem Kläger sowohl die beruflichen als auch die medizinischen Voraussetzungen zur Anerkennung einer Berufskrankheit Nr. 2112 gegeben. Allerdings bestünde beim Kläger eine Gonarthrose links bereits seit dem 24.08.2001 (Operationsdatum des linken Knies – TEP / Schlittenprothese). Der Versicherungsfall sei somit nicht – wie zwingend gefordert – nach dem 30.09.2002 eingetreten.

Hiergegen legte der Kläger über seine Bevollmächtigten Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, die MdE betrage auch weiterhin mindestens 20 % und darüber hinaus machte er Übergangsleistungen geltend.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.12.2011 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Zwingende gesetzliche Voraussetzung für die Anerkennung der BK sei gemäß § 6 Abs. 1 der BKV, dass der Versicherungsfall nach dem 30.09.2002 eingetreten sei. Nach dem eingeholten Gutachten vom 05.07.2011 sei der Versicherungsfall der BK 2112 spätestens jedoch am 24.08.2001 eingetreten, als am linken Kniegelenk eine Schlittenprothese ein-gesetzt worden sei. Ein Antrag sei bei der Beklagten erst am 22.02.2010 gestellt worden, so dass schon aufgrund des gesetzlich bestimmten Stichtages eine Anerkennung der Berufskrankheit beim Kläger nicht möglich sei. Soweit in der Widerspruchsbegründung angeführt sei, es sei im Bezug auf die Gonarthrose noch ein Bescheid für die Zeit vor dem Stichtag zu erteilen, weise die Beklagte auf den Wortlaut des § 9 Abs. 2 SGB VII hin. Die Gonarthrose sei nunmehr als Berufskrankheit in der Rechtsverordnung bezeichnet, so dass ein Antrag nur vor Inkrafttreten gestellt werden könne, über den dann noch nach dem bis dahin geltenden Recht zu entscheiden wäre. Hinsichtlich der Übergangsleistungen könne eine nachträglich begünstigende Regelung nicht mehr getroffen werden, da der Unfallversicherungsträger einen solchen Zahlungsanspruch nach Ablauf des Fünf-Jahres-Zeitraumes nach der Tatbestandserfüllung nicht mehr begründen könne. Es könne jedoch dahinstehen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 2 BKV für die Zeit ab 2001 tatsächlich erfüllt wären. Denn auch wenn der Anspruch bestanden haben sollte, sei er mit Ablauf des Fünf-Jahres-Zeitraumes untergegangen. Dies ergebe sich aus dem Sinn und Zweck der Übergangsleistungen. Sie seien ausschließlich eine präventive begleitende Hilfe beim Übergang in eine nicht gefährdende Tätigkeit ausgestaltet. Sie seien weder Schadensersatz noch sonstige Entschädigung für Minderverdienst und wirtschaftliche Nachteile. Dies habe das BSG mit Urteil vom 22.03.2011, Az.: B 2 U 12/10 R entschieden.

Hiergegen hat der Kläger binnen Monatsfrist Klage erhoben. Bei ihm bestünde eine Gonarthrose links bereits seit dem 24.08.2001, Operationsdatum des linken Knies. Wenn die Beklagte derart spitz rechne, sei der Bescheid deshalb rechtswidrig, weil er unvollständig bliebe, eben was eine Berufskrankheit nach neuer Erkenntnis im Einzelfall anbetreffe. Deren Voraussetzungen seien sämtlich gegeben. Der Wortlaut des § 9 Abs. 2 SGB VII stehe keineswegs dagegen. Überdies bestünde Amtsermittlungspflicht. Was die Ablehnung von Übergangsleistungen anbetreffe, so könne eine konkrete Schadenersatzberechnung wie diejenige der Übergangsleistungen nicht deshalb entfallen, weil der Versicherungsträger in Verzug damit geraten sei. Die Rechtsprechung des BSG gehe an der Vorschrift des § 3 Abs. 2 BKV deutlich vorbei. Im Übrigen verstoße das Urteil des Bundessozialgerichts vom 22.03.2011 B 2 U 12/10 R gegen jahrzehntelang gewachsenes Gewohnheitsrecht. Auch werde bei der Auslegung die Vorschrift des § 2 Abs. 2 SGB I verletzt.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2011 zu verurteilen, bei ihm eine BK 2112 der Anlage zur BKV anzuerkennen und zu entschädigen, insbesondere in Form der Verletztenrente und der Übergangsleistungen.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist zur Begründung auf ihren Widerspruchsbescheid.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten, die dem Gericht im Zeitpunkt der Entscheidung vorgelegen haben, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Nach § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Diese Voraussetzungen sind erfüllt.

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger ist durch den angegriffenen Bescheid vom 24.08.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2011 nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG beschwert, weil diese Bescheide nicht rechtswidrig sind. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, bei dem Kläger eine BK 2112 der Anlage zur BKV anzuerkennen und zu entschädigen, bzw.
Übergangsleistungen zu gewähren. Das Gericht sieht nach § 105 Abs. 1 Satz 3, § 136 Abs. 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist stattdessen auf die Begründung des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2009, die es nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage für in vollem Umfang zutreffend erachtet.

Ergänzend verweist das Gericht darauf, dass der Kläger auch im Klageverfahren keine Anhaltspunkte dafür geliefert hat, dass der angegriffene Bescheid rechtswidrig sein sollte. Sein Vorbringen im Schriftsatz vom 20.01.2012 ist nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit des angegriffenen Bescheides darzulegen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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