S 4 KN 596/11 U

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Duisburg (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Duisburg (NRW)
Aktenzeichen
S 4 KN 596/11 U
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 4 U 468/12
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist die Kostenerstattung für die Medikamente Aspirin Protect, Rifun und Benalapril.

Der am 04.04.1937 geborene Kläger bezieht von der Beklagten wegen einer anerkannten Berufskrankheit der Ziffer 4111 der Anlage zur BKV (chronische obstruktive Bronchitis oder Emphysem von Bergleuten unter Tage im Steinkohlenbergbau bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Dosis von in der Regel 100 Feinstaubjahren) eine Verletztenrente nach einer MdE von 30 % seit dem 01.01.2005. Mit Bescheid vom 29.09.2009 erkannte die Beklagte als Folgen der Berufskrankheit eine Einschränkung der Lungenfunktion an. Unabhängig von der Berufskrankheit bestünde eine koronare Herzkrankheit, ein Zustand nach Hinterwandinfarkt sowie ein Zustand nach ACVB-Operation.

Mit Schreiben vom 15.09.2010 beantragte der Kläger die Kostenübernahme der ihm verordneten Medikamente Aspirin Protect, Rifun und Benalapril. Sein Hausarzt verordne ihm seit Jahren die Medikamente, die er wegen der Berufskrankheit seit Jahren einnehmen müsse. Er habe nunmehr eine Zuzahlung für die Medikamente in Höhe von 34,67 EUR leisten müssen. Die Medikamentenverordnung werde vom Lungenfacharzt Dr. L. in Gelsenkirchen sowie von dem Kardiologen Dr. H. in Moers festgelegt. Durch die Vielzahl der Medikamente sei sein Magen in Mitleidenschaft geraten. Einige hätten Magenreizungen hervorgerufen. "Rifun" sei verträglich und störe den Medikamentenablauf nicht. Die Verträglichkeit bei Aspirin und Benalapril sei sehr gut; auch hier komme kein anderes Präparat in Frage. Er bitte um Stellungnahme, ob die Beklagte die Zuzahlungskosten für die aufgeführten Präparate übernehme.

Mit Bescheid vom 12.11.2010 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für Aspirin Protect, Rifun und Benalapril mit der Begründung ab, dass es sich um Medikamente handele, die zur Behandlung der bk-unabhängigen Leiden verordnet worden seien. Bei dem Kläger bestünden nämlich unabhängig von der Berufskrankheit 4111 eine koronare Herzkrankheit, ein Zustand nach Hinterwandinfarkt sowie ein Zustand nach ACVB-Operation.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, es sei bekannt, dass eine Erkrankung der Lunge mit den Jahren eine Herzerkrankung nach sich ziehe, da beide Organe als Einheit zu sehen seien. Die Herzerkrankung sei als Folgeerkrankung nach 2000 entstanden, weil die Lunge durch die Berufskrankheit nicht mehr so funktioniere wie es sein sollte.

Die Beklagte holte hierzu eine Stellungnahme nach Aktenlage von ihrem beratenden Arzt Dr. Sch. ein. In seiner Stellungnahme vom 01.12.2010 führte Dr. Sch. aus, bk-unabhängig bestünden bei dem Kläger eine koronare Herzkrankheit bei Zustand nach Hinterwandinfarkt 2006 und Stent-PTCA 2008 sowie anschließender ACVB-Operation am 25.06.2008. Bereits bei einer Untersuchung durch Prof. Dr. W. am 21.04.1986 hätten sich eine Grenzwerthypertonie und röntgenologisch Zeichen einer fortgeschrittenen Aortensklerose beim Kläger gefunden. Aspirin Protect und Benalapril dienten ausschließlich der Behandlung der bk-unabhängigen Krankheitsbilder. Beide Medikamente seien im Anschluss an die koronare Bypass-Operation bereits verordnet worden. Rifun sei ein wirksames Arzneimittel zur Behandlung einer Refluxkrankheit und der damit verbundenen Magensymptome. Auch dieses Leiden sei eindeutig bk-unabhängig. Das ebenfalls zur bronchopulmonalen Behandlung eingesetzte Viani forte verursache erfahrungsgemäß keine Magenbeschwerden.

Mit Schreiben vom 12.01.2011 ließ der Kläger über seine Bevollmächtigten mitteilen, dass er seit 1985 Kortison aufgrund seiner Lungenerkrankung einnehmen müsse, weshalb auch sein Magen in Mitleidenschaft gezogen worden sei. Ebenso sei das Herz durch die Lungenerkrankung angegriffen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 13.10.2011 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Aspirin Protect und Benalapril dienten ausschließlich der Behandlung der Herzerkrankung. Diese stehe mit der Berufskrankheit in keinem Zusammenhang, sondern sei auf eine Verkalkung der Herzkranzgefäße zurückzuführen. Rifun sei ein Arzneimittel zur Behandlung einer Refluxkrankheit, bei der es zu einer Entzündung der Speiseröhre aufgrund eines anormal langen Rückflusses von Magensäure komme. Diese Erkrankung könne nicht durch die medikamentöse Behandlung der Lungenerkrankung hervorgerufen werden. Daher habe der Kläger keinen Anspruch auf Kostenerstattung für die Medikamente Aspirin Protect, Rifun und Benalapril.

Hiergegen hat der Kläger binnen Monatsfrist Klage erhoben. Er vertritt weiterhin die Auffassung, dass die Beklagte ihn von der Zuzahlung zu den Medikamenten befreien müsse.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2011 zu verurteilen, ihm aus Anlass der anerkannten BK 4111 die Kosten der verordneten Medikamente Aspirin Protect, Rifun und Benalapril zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verweist zur Begründung auf ihren Widerspruchsbescheid.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die Gerichts- und Verwaltungsakten, die vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger ist durch den angegriffenen Bescheid vom 12.11.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2011 nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG (Sozialgerichtsgesetz) beschwert, denn er hat keinen Anspruch auf Kostenerstattung für die verordneten Medikamente Aspirin Protect, Rifun und Benalapril.

Zu Recht hat die Beklagte es abgelehnt, die Zuzahlung der ihm verordneten Medikamente zu erstatten. Nach § 26 Abs. 1 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) haben Versicherte Anspruch auf Heilbehandlung, die nach § 27 Abs. 1 Nr. 4 SGB VII auch die Versorgung mit Arzneimitteln umfasst. Eine Leistungspflicht der Beklagten ist aber erst dann anzunehmen, wenn die Notwendigkeit der Versorgung mit den entsprechenden Arzneimitteln zumindest im Sinne einer wesentlichen Teilursache auf den Versicherungsfall der Berufskrankheit BK 4111 zurückzuführen wäre. In der gesetzlichen Unfallversicherung werden nämlich nur solche Gesundheitsschäden entschädigt, die ursächlich auf den Arbeitsunfall oder die Berufskrankheit zurückzuführen sind. Nach der im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Kausaltheorie der rechtlich wesentlichen Bedingung sind als Ursachen und Mitursachen im Rechtssinne unter Abwägung ihres verschiedenen Wertes nur die Bedingungen anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. BSGE 1, 76 ff.). Der Ursachenzusammenhang muss wahrscheinlich sein. Darunter ist zu verstehen, dass nach vernünftiger Abwägung aller Umstände den für den Zusammenhang sprechenden Gesichtspunkten ein deutliches Übergewicht zukommt, so dass darauf die richterliche Überzeugung gegründet werden kann (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. BSG SozR 4-2007 § 8 Nr. 14 m. w. N.).

Beim Kläger ist durch den Bescheid vom 29.09.2009 eine BK 4111 mit einem Versicherungsfall vom 21.04.1986 anerkannt. Als Folge ist die Einschränkung der Lungenfunktion von der Beklagten anerkannt worden, darüber hinaus bestehen bei dem Kläger unabhängig von dieser Berufserkrankung eine koronare Herzerkrankung, ein Zustand nach Hinterwandinfarkt sowie ein Zustand nach ACVB-Operation. Die ihm verordneten Medikamente Benalapril und Aspirin Protect sind Medikamente, die zur Behandlung der arteriellen Hypertonie (Bluthochdruck) und der Herzinsuffizienz eingesetzt werden. Das Medikament Rifun ist ein sogenannter Protonenpumpenhemmer zur Behandlung einer Refluxkrankheit (Magenschutz). Zu Recht hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass die Herzerkrankung des Klägers nicht mit der anerkannten Berufskrankheit 4111 in einem Zusammenhang steht, sondern auf einer Verkalkung der Herzkranzgefäße zurückzuführen ist. Auch die Magenerkrankung kann nicht durch die medikamentöse Behandlung der Lungenerkrankung hervorgerufen werden.

Das Gericht verweist zur Vermeidung von Wiederholungen im Übrigen auf die Begründung des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2011, der es sich in vollem Umfang anschließt, § 136 Abs. 3 SGG.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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