Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 1 SO 4450/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Zusatzzahlung als „Invalide der Gruppe 2“ zur russischen Altersrente eines jüdischen Kontingentflüchtlings stellt weder eine anrechnungsfreie Entschädigungsleistung i.S.d. § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII noch eine zweckbestimmte Leistung i.S.d. § 83 Abs. 1 SGB XII dar.
Auch das Gesetz über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge wie auch die Genfer Flüchtlingskonvention rechtfertigen es nicht, von der Anrechnung der Zusatzzahlung als Einkommen abzusehen.
Auch das Gesetz über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge wie auch die Genfer Flüchtlingskonvention rechtfertigen es nicht, von der Anrechnung der Zusatzzahlung als Einkommen abzusehen.
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Berufung wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung höherer Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach den Bestimmungen des Vierten Kapitels des Sozialgesetzbuches - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 01.07.2011 bis zum 31.03.2012. Streitig ist dabei allein, ob die Beklagte zu Recht als Einkommen auch den Teil der russischen Altersrente des Klägers bedarfsdeckend berücksichtigt hat, der als "Zusatzzahlung" als "Invalide der Gruppe 2" bezeichnet ist.
Der am 09.03.1945 in B./A. geborene Kläger, der die russische Staatsangehörigkeit besitzt, reiste am 30.11.2003 als jüdischer Kontingentflüchtling in die Bundesrepublik Deutschland ein. Bis zum 08.03.2010 bezog er Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II). Seit dem 01.03.2010 erhält er von der Beklagten Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel SGB XII.
Für den Monat Juli 2011 setzte die Beklagte diese Leistung auf 621,48 EUR und für die Zeit vom 01.08.2011 bis zum 31.03.2012 auf monatlich 621,28 EUR fest (Bescheid vom 05.07.2011). Dabei berücksichtigte sie bedarfsdeckend als Einkommen des Klägers u.a. seine vom Rentenfond der Russischen Föderation gezahlte Altersrente in Höhe von 167,56 EUR (= Rente in Höhe von 217,56 EUR abzüglich 50,00 EUR notwendiger Ausgaben des Klägers). Dieser Betrag umfasste auch einen nach der Bescheinigung des Rentenfonds der Russischen Föderation Nr. 256 vom 2. Juni 2011 in der Altersrente als "Zusatzzahlung" (einmalige Geldzahlung als Invalider der Gruppe 2) enthaltenen Anteil.
Der dagegen erhobene Widerspruch, mit dem sich der Kläger gegen die Berücksichtigung des Anteils "Zusatzzahlung" wandte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 05.10.2011).
Deswegen hat der Kläger am 25.10.2011 Klage beim SG erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, die Zusatzzahlung zur russischen Rente als Invalider der Gruppe 2 diene einem anderen Zweck als die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung; die Beklagte dürfe die Zuzahlung deshalb nicht als Einkommen bedarfsmindernd anrechnen. Zwar enthalte das Föderalgesetz der Russischen Föderation vom 24.11.1995 Nr. 181-03 keinen ausdrücklichen Leistungszweck außerhalb von Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII. Dennoch diene die ihm als Invaliden der Gruppe 2 gewährte Zusatzzahlung der Deckung eines bestimmten, konkret-individuellen Bedarfs. Der Russische Gesetzgeber habe dieses Gesetz hinsichtlich der Zusatzleistungen für Invaliden durch weitere Gesetze fortentwickelt. Danach hätten Invalide Anspruch auf Sozialhilfe in Form sozialer Leistungen zur Versorgung mit notwendigen Arzneimitteln und medizinischen Waren, Einweisungsscheinen für Kurbehandlungen sowie für Fahrtkosten zum Ort der Behandlung und zurück; außerdem beinhalte die Zusatzzahlung "Maßnahmen der sozialen Unterstützung" in Form von Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Zahnersatz und anderen Bedürfnissen. Diese Leistungen erfolgten nicht generell-abstrakt, sondern konkret-individuell.
Wegen Änderungen des Regelbedarfs und der Aufwendungen des Klägers zu seiner Kranken- und Pflegeversicherung hat die Beklagte den Bescheid vom 05.07.2012 für die Zeit ab dem 01.01.2012 aufgehoben und die Grundsicherungsleistungen für die Monate Januar bis März 2012 auf monatlich 634,98 EUR festgesetzt. Dabei hat sie bedarfsdeckend als Einkommen des Klägers u.a. seine vom Rentenfond der Russischen Föderation gezahlte Altersrente weiterhin in Höhe von 167,56 EUR monatlich berücksichtigt (Bescheid vom 15.03.2012). Der Bescheid enthält die Rechtsbehelfsbelehrung, der Kläger könne gegen den Bescheid innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erheben.
Der Kläger beantragt - teilweise sinngemäß -,
den Bescheid vom 05. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. Oktober 2010 sowie den weiteren Bescheid vom 15. März 2012 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01. Juli 2011 bis zum 31. März 2012 monatlich weitere 45,02 EUR Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ohne Berücksichtigung der Zusatzzahlung zu seiner russischen Altersrente als Einkommen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) ist zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der Kläger hat im streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ohne Anrechnung der Zusatzzahlung zur russischen Altersrente als Einkommen. Hierüber konnte die Kammer gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
1.) Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist neben dem Bescheid vom 05.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.10.2011 - entgegen der darin enthaltenen Rechtsbehelfsbelehrung - auch der Bescheid vom 15.03.2012. Denn durch diesen Bescheid hat die Beklagte den Bescheid vom 05.07.2012 mit Wirkung ab dem 01.10.2012 aufgehoben und die hier streitige Grundsicherungsleistungen für die Zeitspanne vom 01.01.2012 bis zum 31.03.2012 im Sinne des § 96 Abs.1 SGG abgeändert.
2.) Dass der Kläger zu dem grundsätzlich anspruchsberechtigten Personenkreis gehört, dem Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII zustehen, ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten. Er hatte im hier streitigen Zeitraum die Altersgrenze von 65 Lebensjahren (§ 41 Abs. 2 Satz 2 SGB XII) erreicht und konnte seinen monatlichen Bedarf nicht (vollständig) aus eigenem Einkommen und Vermögen bestreiten.
3.) Ebenso unstreitig und unzweifelhaft sind wegen des gesetzlich angeordneten Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1, § 19 Abs. 2 Satz 1, § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB XII) Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nur insoweit zu gewähren, als der Hilfesuchende seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus seinem Einkommen und Vermögen, beschaffen kann. Zum Einkommen gehören gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme dort näher bezeichneter Einkommensarten.
Danach ist die Anrechnung ausländischer Renten als Einkommen gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII auch dann nicht zu beanstanden, wenn diese nicht im Bundesgebiet, sondern im Ausland - hier: in Russland - zufließen; sie sind in diesem Fall zum Kurswert in Euro umzurechnen (vgl. BSG SozR 4-4200 § 11 Nr. 7). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Stellung des Klägers als jüdischer Kontingentflüchtling (vgl. Bay. LSG vom 20.10.2011 - L 18 SO 79/10 - (juris)). Bezogen auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 05.07.2011 entsprach die monatliche Zusatzzahlung von 1.808,80 RUB einem Gegenwert von 45,02 EUR (= 1.808,80 RUB: 40,1786; vgl. Umrechnungskurs vom 03.07.2011, abrufbar im Internet unter http://de.exchange-rates.org/HistoricalRates/E/EUR/03.07.2011).
a) Weder das Abkommen vom 28.07.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. Seite II 1953, 559) noch das Gesetz über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge (HumHiG) billigen dem Kläger einen Status zu, der es rechtfertigen könnte, von der gesetzlich vorgesehenen Anrechnung der russischen Altersrente und des darin enthaltenen Zusatzbetrages auf die Leistungen nach dem SGB XII abzusehen (vgl. Bay. LSG, a.a.O.). Etwas anderes ergibt sich - ungeachtet der Frage, ob diese Bestimmung auf den Kläger Anwendung findet - auch nicht aus Art. 23 der Genfer Flüchtlingskonvention. Nach dieser Bestimmung sind die Vertragsstaaten verpflichtet, den Flüchtlingen, die sich rechtmäßig in ihrem Staatsgebiet aufhalten, auf dem Gebiet der öffentlichen Fürsorge und sonstigen Hilfeleistungen die gleiche Behandlung wie ihren eigenen Staatsangehörigen zu gewähren. Würde die Zusatzzahlung zur russische Rente nicht als Einkommen auf die Leistungen nach dem SGB XII angerechnet werden, würde dies indes keine Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), sondern vielmehr eine Besserstellung des Klägers gegenüber deutschen Staatsangehörigen bedeuten.
b) Die Zusatzzahlung als Teil der russischen Altersrente entspricht auch keiner der in § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ausdrücklich von der Einkommensanrechnung ausgenommenen Einkommensarten (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 23.01.2012 - L 2 SO 211/12 B -). Denn hierbei handelt es sich neben den Leistungen nach dem SGB XII selbst ausschließlich um Entschädigungsleistungen nach besonderen gesetzlichen Bestimmungen, die dem Ausgleich eines mit dem Verlust körperlicher Unversehrtheit einhergehenden Sonderopfers des Betroffenen für die Allgemeinheit dienen und nicht durch Anrechnung auf Grundsicherungsleistungen entwertet werden sollen (vgl. Bay. LSG, a.a.O.). Dass die dem Kläger zu seiner russischen Altersrente gewährte Zusatzzahlung als "Invalide der Gruppe 2" eine vergleichbare Entschädigungsleistung beinhaltete, etwa aufgrund einer Zugehörigkeit zum Personenkreis der "Blockadeopfer Leningrads" (zur Anrechnungsfreiheit insoweit vgl. SG Augsburg vom 22.12.2011 - S 15 SO 145/11 - (juris)), ist weder vorgetragen noch aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens sonst ersichtlich.
c) Die "Zusatzzahlung" ist schließlich auch nicht nach § 83 Abs. 1 SGB XII von der Einkommensanrechnung ausgenommen. Nach dieser Bestimmung sind Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, nur insoweit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Sozialhilfe im Einzelfall demselben Zweck dient.
aa) Ein "ausdrücklich genannter Zweck" der "Zusatzzahlung", der sich von demjenigen der streitgegenständlichen Grundsicherungsleistungen unterscheidet, ist nicht festzustellen. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) spricht von nicht zweckbestimmtem Einkommen dann, wenn zwar kausal für etwas, aber nicht final zu etwas geleistet werde (vgl. BVerwGE 108, 296). Die andere Leistung wird dann nicht zu einem ausdrücklich genannten Zweck im Sinne des § 83 Abs.1 SGB XII gewährt, wenn die Verwendung einer generell-abstrakten Leistung im Belieben des Empfängers steht und die Leistung nicht individuell-konkret gezielt der Deckung eines bestimmten Bedarfs dient (vgl. Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl. 2012, § 83, Rn. 6). Von einer zweckbestimmten Leistung im Sinne des § 83 Abs. 1 SGB XII kann nur dann gesprochen werden, wenn in den Vorschriften, aufgrund derer die andere Leistung gewährt wird, festgelegt ist, hinsichtlich welcher Bedürfnisse des Empfängers diese andere Leistung gewährt wird. Ein Zweck ist aber nach dem klaren Wortlaut des § 83 Abs. 1 SGB XII nicht bereits dann ausdrücklich bestimmt, wenn (lediglich) ein bestimmtes Anliegen des Regelungsgebers erkennbar ist (vgl. BVerwGE 69, 177, 181). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG - Kammer - NZS 2011, 895 ff.) zur vergleichbaren Regelung in § 11 Abs. 3 Nr. 1, Buchstabe a SGB II in der bis zum 31.03.2011 gültig gewesenen Fassung - seither § 11 a Abs. 3 Satz 1 SGB II - rechtfertigen " nur der ausdrücklich erklärte oder durch Auslegung hinreichend deutlich zu ermittelnde Wille des Gesetzgebers, dass eine öffentlich-rechtliche Leistung nicht zur Sicherung der Lebensunterhalts dienen soll, nicht aber sonstige, nicht normtextbezogene Gesichtspunkte , die zweckbestimmte Einnahme gegenüber sonstigem Einkommen im Rahmen des Sozialgesetzbuches Zweites Buch zu privilegieren. Eine enge Auslegung des Begriffs der zweckbestimmten Einnahme ist auch deshalb sachgerecht, weil es das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG, das durch die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch einfach-rechtlich konkretisiert wird (vgl. insoweit BVerfGE 125, 175 (222 ff.)), gerade nicht gebietet, dass Einnahmen, auf die der Hilfebedürftige tatsächlich zurückgreifen kann, von der Berücksichtigung als Einkommen ausgenommen werden. Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist es vielmehr notwendig, aber auch ausreichend, dass das Existenzminimum gedeckt werden kann, ohne dass es auf den Rechtsgrund der Einnahme oder die subjektive Verwendungsabsicht des Hilfebedürftigen ankäme (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 7. Juli 2010 - 1 BvR 2556/09 -, juris, Rn. 14)."
bb) Nach diesen Maßstäben ist den vom Kläger angeführten Bestimmungen des Föderalgesetzes der Russischen Föderation vom 24.11.1995 Nr.181-03 (Art.1, Art.2, Art. 27) ein solcher ausdrücklich benannter Leistungszweck, der außerhalb der Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII liegt, nicht zu entnehmen. Dies räumt auch der Kläger selbst ein. Vielmehr wird nach diesen Bestimmungen in generell-abstrakter Weise Behinderten in der Russischen Föderation Sozialschutz durch wirtschaftliche und rechtliche Maßnahmen sowie Maßnahmen der Sozialunterstützung gewährt, wobei wirtschaftliche Maßnahmen u.a. auch Geldauszahlungen umfassen. Nach dem vom Kläger wiedergegebenen Inhalt dieser Bestimmungen wird ihm aber mit dieser Geldauszahlung (Zusatzzahlung als Invalider der Gruppe 2) eine Leistung gewährt, die er nach seinem Belieben verwenden kann, die jedoch nicht individuell-konkret gezielt zur Deckung eines ganz bestimmten Bedarfs des Klägers dient. Den von ihm angeführten Vorschriften des Föderalgesetzes der Russischen Föderation zum Sozialschutz der Behinderten in der Russischen Föderation kann allein ein - rechtlich unerhebliches (vgl. hierzu BSG, SozR 4-3500 § 82 Nr. 6) - bloßes Gesetzesmotiv für die Einführung dieser Leistung ohne eine im Gesetz definierte konkrete Verwendungsbestimmung entnommen werden. Diese Leistungen werden lediglich "für etwas" gewährt, jedoch nicht "final zu etwas" (vgl. Schmitt in juris-PK SGB XII, Stand 07.03.2012, § 83 SGB XII, Rn. 10 m.w.N.).
cc) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den im Schriftsatz vom 23.02.2012 zuletzt noch angeführten weiteren Gesetzen der Russischen Föderation und den darin angeführten Leistungsinhalten. Denn auch insoweit handelt es sich nach Auffassung des erkennenden Gerichts lediglich um abstrakte Leistungsinhalte im Sinne einer - allenfalls betragsmäßig festgelegten - generellen bzw. pauschalen Leistungsgewährung, ohne dass wegen der vom Kläger angeführten Zahlungsteilbeträge ein hinreichend konkreter Bezug gerade zu seinem individuellen Bedarf und aufgrund eines Sonderopfers erkennbar ist. Überdies entsprechen die vom Kläger angeführten Leistungsinhalte (Versorgung mit Arzneimitteln und medizinische Waren, Zahnersatz, Einweisungsscheine für Kurbehandlungen, Fahrtkosten zu medizinischen Behandlungen) im Ergebnis den im Regelbedarf enthaltenen Leistungen zur "Gesundheitspflege" (Abt. 6 der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben i.S.d. Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe vom 24.03.2011 - BGBl. I Seite 453 -). Aufwendungen für "Fahrten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln" sind in der Abteilung "Verkehr" (Abt. 7 der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben) ebenfalls als Teil des Regelbedarfs berücksichtigt. Die "anderen Bedürfnisse" entsprechen damit den übrigen im Regelbedarf enthaltenen Bedarfspositionen zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts des Klägers.
c) Schließlich ist vorliegend auch zu berücksichtigen, dass der Kläger bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse., K., kranken- und pflegeversichert ist. Damit ist sein Bedarf an medizinischer Versorgung, der u.a. die Behandlung einer Krankheit (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V)) durch ärztliche und zahnärztliche Behandlung, Versorgung mit Zahnersatz, Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie Leistungen zur medizinischen Rehabilitation umfasst (§ 27 ff. SGB V), vollständig gedeckt, und es bedarf auch von daher keiner einkommensmindernden Berücksichtigung der Zusatzzahlung zu seiner russischen Altersrente.
4.) Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und musste das Begehren des Klägers erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Anlass, die Berufung zuzulassen (§ 144 Abs. 2 SGG), bestand nicht.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung höherer Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach den Bestimmungen des Vierten Kapitels des Sozialgesetzbuches - Sozialhilfe - (SGB XII) für die Zeit vom 01.07.2011 bis zum 31.03.2012. Streitig ist dabei allein, ob die Beklagte zu Recht als Einkommen auch den Teil der russischen Altersrente des Klägers bedarfsdeckend berücksichtigt hat, der als "Zusatzzahlung" als "Invalide der Gruppe 2" bezeichnet ist.
Der am 09.03.1945 in B./A. geborene Kläger, der die russische Staatsangehörigkeit besitzt, reiste am 30.11.2003 als jüdischer Kontingentflüchtling in die Bundesrepublik Deutschland ein. Bis zum 08.03.2010 bezog er Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II). Seit dem 01.03.2010 erhält er von der Beklagten Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel SGB XII.
Für den Monat Juli 2011 setzte die Beklagte diese Leistung auf 621,48 EUR und für die Zeit vom 01.08.2011 bis zum 31.03.2012 auf monatlich 621,28 EUR fest (Bescheid vom 05.07.2011). Dabei berücksichtigte sie bedarfsdeckend als Einkommen des Klägers u.a. seine vom Rentenfond der Russischen Föderation gezahlte Altersrente in Höhe von 167,56 EUR (= Rente in Höhe von 217,56 EUR abzüglich 50,00 EUR notwendiger Ausgaben des Klägers). Dieser Betrag umfasste auch einen nach der Bescheinigung des Rentenfonds der Russischen Föderation Nr. 256 vom 2. Juni 2011 in der Altersrente als "Zusatzzahlung" (einmalige Geldzahlung als Invalider der Gruppe 2) enthaltenen Anteil.
Der dagegen erhobene Widerspruch, mit dem sich der Kläger gegen die Berücksichtigung des Anteils "Zusatzzahlung" wandte, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 05.10.2011).
Deswegen hat der Kläger am 25.10.2011 Klage beim SG erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, die Zusatzzahlung zur russischen Rente als Invalider der Gruppe 2 diene einem anderen Zweck als die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung; die Beklagte dürfe die Zuzahlung deshalb nicht als Einkommen bedarfsmindernd anrechnen. Zwar enthalte das Föderalgesetz der Russischen Föderation vom 24.11.1995 Nr. 181-03 keinen ausdrücklichen Leistungszweck außerhalb von Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII. Dennoch diene die ihm als Invaliden der Gruppe 2 gewährte Zusatzzahlung der Deckung eines bestimmten, konkret-individuellen Bedarfs. Der Russische Gesetzgeber habe dieses Gesetz hinsichtlich der Zusatzleistungen für Invaliden durch weitere Gesetze fortentwickelt. Danach hätten Invalide Anspruch auf Sozialhilfe in Form sozialer Leistungen zur Versorgung mit notwendigen Arzneimitteln und medizinischen Waren, Einweisungsscheinen für Kurbehandlungen sowie für Fahrtkosten zum Ort der Behandlung und zurück; außerdem beinhalte die Zusatzzahlung "Maßnahmen der sozialen Unterstützung" in Form von Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Zahnersatz und anderen Bedürfnissen. Diese Leistungen erfolgten nicht generell-abstrakt, sondern konkret-individuell.
Wegen Änderungen des Regelbedarfs und der Aufwendungen des Klägers zu seiner Kranken- und Pflegeversicherung hat die Beklagte den Bescheid vom 05.07.2012 für die Zeit ab dem 01.01.2012 aufgehoben und die Grundsicherungsleistungen für die Monate Januar bis März 2012 auf monatlich 634,98 EUR festgesetzt. Dabei hat sie bedarfsdeckend als Einkommen des Klägers u.a. seine vom Rentenfond der Russischen Föderation gezahlte Altersrente weiterhin in Höhe von 167,56 EUR monatlich berücksichtigt (Bescheid vom 15.03.2012). Der Bescheid enthält die Rechtsbehelfsbelehrung, der Kläger könne gegen den Bescheid innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erheben.
Der Kläger beantragt - teilweise sinngemäß -,
den Bescheid vom 05. Juli 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05. Oktober 2010 sowie den weiteren Bescheid vom 15. März 2012 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01. Juli 2011 bis zum 31. März 2012 monatlich weitere 45,02 EUR Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ohne Berücksichtigung der Zusatzzahlung zu seiner russischen Altersrente als Einkommen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie erachtet die angefochtenen Bescheide für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte der Beklagten sowie den der Prozessakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) ist zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Der Kläger hat im streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ohne Anrechnung der Zusatzzahlung zur russischen Altersrente als Einkommen. Hierüber konnte die Kammer gemäß § 124 Abs. 2 SGG mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
1.) Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist neben dem Bescheid vom 05.07.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.10.2011 - entgegen der darin enthaltenen Rechtsbehelfsbelehrung - auch der Bescheid vom 15.03.2012. Denn durch diesen Bescheid hat die Beklagte den Bescheid vom 05.07.2012 mit Wirkung ab dem 01.10.2012 aufgehoben und die hier streitige Grundsicherungsleistungen für die Zeitspanne vom 01.01.2012 bis zum 31.03.2012 im Sinne des § 96 Abs.1 SGG abgeändert.
2.) Dass der Kläger zu dem grundsätzlich anspruchsberechtigten Personenkreis gehört, dem Leistungen nach dem Vierten Kapitel SGB XII zustehen, ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten. Er hatte im hier streitigen Zeitraum die Altersgrenze von 65 Lebensjahren (§ 41 Abs. 2 Satz 2 SGB XII) erreicht und konnte seinen monatlichen Bedarf nicht (vollständig) aus eigenem Einkommen und Vermögen bestreiten.
3.) Ebenso unstreitig und unzweifelhaft sind wegen des gesetzlich angeordneten Nachrangs der Sozialhilfe (§ 2 Abs. 1, § 19 Abs. 2 Satz 1, § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB XII) Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nur insoweit zu gewähren, als der Hilfesuchende seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere aus seinem Einkommen und Vermögen, beschaffen kann. Zum Einkommen gehören gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme dort näher bezeichneter Einkommensarten.
Danach ist die Anrechnung ausländischer Renten als Einkommen gemäß § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII auch dann nicht zu beanstanden, wenn diese nicht im Bundesgebiet, sondern im Ausland - hier: in Russland - zufließen; sie sind in diesem Fall zum Kurswert in Euro umzurechnen (vgl. BSG SozR 4-4200 § 11 Nr. 7). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Stellung des Klägers als jüdischer Kontingentflüchtling (vgl. Bay. LSG vom 20.10.2011 - L 18 SO 79/10 - (juris)). Bezogen auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids vom 05.07.2011 entsprach die monatliche Zusatzzahlung von 1.808,80 RUB einem Gegenwert von 45,02 EUR (= 1.808,80 RUB: 40,1786; vgl. Umrechnungskurs vom 03.07.2011, abrufbar im Internet unter http://de.exchange-rates.org/HistoricalRates/E/EUR/03.07.2011).
a) Weder das Abkommen vom 28.07.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. Seite II 1953, 559) noch das Gesetz über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge (HumHiG) billigen dem Kläger einen Status zu, der es rechtfertigen könnte, von der gesetzlich vorgesehenen Anrechnung der russischen Altersrente und des darin enthaltenen Zusatzbetrages auf die Leistungen nach dem SGB XII abzusehen (vgl. Bay. LSG, a.a.O.). Etwas anderes ergibt sich - ungeachtet der Frage, ob diese Bestimmung auf den Kläger Anwendung findet - auch nicht aus Art. 23 der Genfer Flüchtlingskonvention. Nach dieser Bestimmung sind die Vertragsstaaten verpflichtet, den Flüchtlingen, die sich rechtmäßig in ihrem Staatsgebiet aufhalten, auf dem Gebiet der öffentlichen Fürsorge und sonstigen Hilfeleistungen die gleiche Behandlung wie ihren eigenen Staatsangehörigen zu gewähren. Würde die Zusatzzahlung zur russische Rente nicht als Einkommen auf die Leistungen nach dem SGB XII angerechnet werden, würde dies indes keine Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), sondern vielmehr eine Besserstellung des Klägers gegenüber deutschen Staatsangehörigen bedeuten.
b) Die Zusatzzahlung als Teil der russischen Altersrente entspricht auch keiner der in § 82 Abs. 1 Satz 1 SGB XII ausdrücklich von der Einkommensanrechnung ausgenommenen Einkommensarten (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 23.01.2012 - L 2 SO 211/12 B -). Denn hierbei handelt es sich neben den Leistungen nach dem SGB XII selbst ausschließlich um Entschädigungsleistungen nach besonderen gesetzlichen Bestimmungen, die dem Ausgleich eines mit dem Verlust körperlicher Unversehrtheit einhergehenden Sonderopfers des Betroffenen für die Allgemeinheit dienen und nicht durch Anrechnung auf Grundsicherungsleistungen entwertet werden sollen (vgl. Bay. LSG, a.a.O.). Dass die dem Kläger zu seiner russischen Altersrente gewährte Zusatzzahlung als "Invalide der Gruppe 2" eine vergleichbare Entschädigungsleistung beinhaltete, etwa aufgrund einer Zugehörigkeit zum Personenkreis der "Blockadeopfer Leningrads" (zur Anrechnungsfreiheit insoweit vgl. SG Augsburg vom 22.12.2011 - S 15 SO 145/11 - (juris)), ist weder vorgetragen noch aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens sonst ersichtlich.
c) Die "Zusatzzahlung" ist schließlich auch nicht nach § 83 Abs. 1 SGB XII von der Einkommensanrechnung ausgenommen. Nach dieser Bestimmung sind Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, nur insoweit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Sozialhilfe im Einzelfall demselben Zweck dient.
aa) Ein "ausdrücklich genannter Zweck" der "Zusatzzahlung", der sich von demjenigen der streitgegenständlichen Grundsicherungsleistungen unterscheidet, ist nicht festzustellen. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) spricht von nicht zweckbestimmtem Einkommen dann, wenn zwar kausal für etwas, aber nicht final zu etwas geleistet werde (vgl. BVerwGE 108, 296). Die andere Leistung wird dann nicht zu einem ausdrücklich genannten Zweck im Sinne des § 83 Abs.1 SGB XII gewährt, wenn die Verwendung einer generell-abstrakten Leistung im Belieben des Empfängers steht und die Leistung nicht individuell-konkret gezielt der Deckung eines bestimmten Bedarfs dient (vgl. Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 4. Aufl. 2012, § 83, Rn. 6). Von einer zweckbestimmten Leistung im Sinne des § 83 Abs. 1 SGB XII kann nur dann gesprochen werden, wenn in den Vorschriften, aufgrund derer die andere Leistung gewährt wird, festgelegt ist, hinsichtlich welcher Bedürfnisse des Empfängers diese andere Leistung gewährt wird. Ein Zweck ist aber nach dem klaren Wortlaut des § 83 Abs. 1 SGB XII nicht bereits dann ausdrücklich bestimmt, wenn (lediglich) ein bestimmtes Anliegen des Regelungsgebers erkennbar ist (vgl. BVerwGE 69, 177, 181). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG - Kammer - NZS 2011, 895 ff.) zur vergleichbaren Regelung in § 11 Abs. 3 Nr. 1, Buchstabe a SGB II in der bis zum 31.03.2011 gültig gewesenen Fassung - seither § 11 a Abs. 3 Satz 1 SGB II - rechtfertigen " nur der ausdrücklich erklärte oder durch Auslegung hinreichend deutlich zu ermittelnde Wille des Gesetzgebers, dass eine öffentlich-rechtliche Leistung nicht zur Sicherung der Lebensunterhalts dienen soll, nicht aber sonstige, nicht normtextbezogene Gesichtspunkte , die zweckbestimmte Einnahme gegenüber sonstigem Einkommen im Rahmen des Sozialgesetzbuches Zweites Buch zu privilegieren. Eine enge Auslegung des Begriffs der zweckbestimmten Einnahme ist auch deshalb sachgerecht, weil es das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums aus Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 GG, das durch die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch einfach-rechtlich konkretisiert wird (vgl. insoweit BVerfGE 125, 175 (222 ff.)), gerade nicht gebietet, dass Einnahmen, auf die der Hilfebedürftige tatsächlich zurückgreifen kann, von der Berücksichtigung als Einkommen ausgenommen werden. Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist es vielmehr notwendig, aber auch ausreichend, dass das Existenzminimum gedeckt werden kann, ohne dass es auf den Rechtsgrund der Einnahme oder die subjektive Verwendungsabsicht des Hilfebedürftigen ankäme (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 7. Juli 2010 - 1 BvR 2556/09 -, juris, Rn. 14)."
bb) Nach diesen Maßstäben ist den vom Kläger angeführten Bestimmungen des Föderalgesetzes der Russischen Föderation vom 24.11.1995 Nr.181-03 (Art.1, Art.2, Art. 27) ein solcher ausdrücklich benannter Leistungszweck, der außerhalb der Leistungen der Grundsicherung nach dem Vierten Kapitel des SGB XII liegt, nicht zu entnehmen. Dies räumt auch der Kläger selbst ein. Vielmehr wird nach diesen Bestimmungen in generell-abstrakter Weise Behinderten in der Russischen Föderation Sozialschutz durch wirtschaftliche und rechtliche Maßnahmen sowie Maßnahmen der Sozialunterstützung gewährt, wobei wirtschaftliche Maßnahmen u.a. auch Geldauszahlungen umfassen. Nach dem vom Kläger wiedergegebenen Inhalt dieser Bestimmungen wird ihm aber mit dieser Geldauszahlung (Zusatzzahlung als Invalider der Gruppe 2) eine Leistung gewährt, die er nach seinem Belieben verwenden kann, die jedoch nicht individuell-konkret gezielt zur Deckung eines ganz bestimmten Bedarfs des Klägers dient. Den von ihm angeführten Vorschriften des Föderalgesetzes der Russischen Föderation zum Sozialschutz der Behinderten in der Russischen Föderation kann allein ein - rechtlich unerhebliches (vgl. hierzu BSG, SozR 4-3500 § 82 Nr. 6) - bloßes Gesetzesmotiv für die Einführung dieser Leistung ohne eine im Gesetz definierte konkrete Verwendungsbestimmung entnommen werden. Diese Leistungen werden lediglich "für etwas" gewährt, jedoch nicht "final zu etwas" (vgl. Schmitt in juris-PK SGB XII, Stand 07.03.2012, § 83 SGB XII, Rn. 10 m.w.N.).
cc) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den im Schriftsatz vom 23.02.2012 zuletzt noch angeführten weiteren Gesetzen der Russischen Föderation und den darin angeführten Leistungsinhalten. Denn auch insoweit handelt es sich nach Auffassung des erkennenden Gerichts lediglich um abstrakte Leistungsinhalte im Sinne einer - allenfalls betragsmäßig festgelegten - generellen bzw. pauschalen Leistungsgewährung, ohne dass wegen der vom Kläger angeführten Zahlungsteilbeträge ein hinreichend konkreter Bezug gerade zu seinem individuellen Bedarf und aufgrund eines Sonderopfers erkennbar ist. Überdies entsprechen die vom Kläger angeführten Leistungsinhalte (Versorgung mit Arzneimitteln und medizinische Waren, Zahnersatz, Einweisungsscheine für Kurbehandlungen, Fahrtkosten zu medizinischen Behandlungen) im Ergebnis den im Regelbedarf enthaltenen Leistungen zur "Gesundheitspflege" (Abt. 6 der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben i.S.d. Gesetzes zur Ermittlung der Regelbedarfe vom 24.03.2011 - BGBl. I Seite 453 -). Aufwendungen für "Fahrten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln" sind in der Abteilung "Verkehr" (Abt. 7 der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben) ebenfalls als Teil des Regelbedarfs berücksichtigt. Die "anderen Bedürfnisse" entsprechen damit den übrigen im Regelbedarf enthaltenen Bedarfspositionen zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts des Klägers.
c) Schließlich ist vorliegend auch zu berücksichtigen, dass der Kläger bei der Allgemeinen Ortskrankenkasse., K., kranken- und pflegeversichert ist. Damit ist sein Bedarf an medizinischer Versorgung, der u.a. die Behandlung einer Krankheit (§ 11 Abs. 1 Nr. 4 des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V)) durch ärztliche und zahnärztliche Behandlung, Versorgung mit Zahnersatz, Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln sowie Leistungen zur medizinischen Rehabilitation umfasst (§ 27 ff. SGB V), vollständig gedeckt, und es bedarf auch von daher keiner einkommensmindernden Berücksichtigung der Zusatzzahlung zu seiner russischen Altersrente.
4.) Aus eben diesen Gründen sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig und musste das Begehren des Klägers erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 und 4 SGG.
Anlass, die Berufung zuzulassen (§ 144 Abs. 2 SGG), bestand nicht.
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