L 16 R 339/12 NZB

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 12 R 6881/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 339/12 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 1. März 2012 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 7.141, 27 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin macht gegenüber der Beklagten einen Erstattungsanspruch aufgrund einer dem Versicherten gewährten beruflichen Reintegrationsmaßnahme anlässlich eines Arbeitsunfalls vom 25. August 2005 geltend.

Die Klägerin ist eine Berufsgenossenschaft, bei der der Versicherte H R unfallversichert ist. Sie verlangt von der Beklagten, bei der der Versicherte rentenversichert ist, die Erstattung von Leistungen, die die Klägerin anlässlich einer beruflichen Reintegrationsmaßnahme, die am 4. September 2006 begonnen hat und aufgrund andauernder Beschwerden im linken Kniegelenk am 7. November 2006 abgebrochen wurde, erbracht hat. Mit Schreiben vom 28. April 2008 machte die Klägerin einen Erstattungsanspruch iHv insgesamt 7.241,27 EUR gegenüber der Beklagten geltend und führte aus, zum Zeitpunkt der Gewährung der praktischen Reintegrationsmaßnahme sei sie davon ausgegangen, für diese Maßnahme zuständig zu sein. Im Rahmen des Verfahrens sei dann am 28. November 2007 ein Gutachten erstellt worden, aus dem sich ergebe, dass das Unfallereignis vom 25. August 2005 eine Kniegelenksprellung und eine Zerrung ausgelöst habe, die weiteren Beschwerden des Versicherten jedoch nicht durch den Unfall hervorgerufen worden seien. Somit sei die Klägerin bezogen auf die berufliche Reintegrationsmaßnahme unzuständig gewesen. Sie mache daher einen Erstattungsanspruch nach § 104 Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) geltend. Mit Schreiben vom 5. Juni 2008 wies die Beklagte den Anspruch zurück.

Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 7.241,27 gerichtete Klage mit Urteil vom 1. März 2012 abgewiesen und die Berufung gegen dieses Urteil nicht zugelassen, da der Streitwert 7.241,27 EUR betrage. Mit ihrer NZB wendet sich die Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des SG. Auf ihren Schriftsatz vom 23. April 2012 wird Bezug genommen.

Wegen des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen verwiesen.

Die Verwaltungsakte der Klägerin und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen. II.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere bedarf die Berufung gemäß § 144 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) der Zulassung, weil der streitige Betrag nicht die für die zulassungsfreie Berufung erforderlichen Summe von mehr als 10.000,- EUR nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG in der ab dem 1. April 2008 geltenden Fassung des Gesetzes vom 26. März 2008 (BGBl I, 444) erreicht.

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet, da Gründe für eine Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Die Berufung ist zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts (LSG), des Bundessozialgerichts (BSG), des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 144 Absatz 2 Nrn. 1-3 SGG).

Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG zu, da der Rechtsstreit keine Rechtsfragen aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG 10. Aufl., § 144 Rn. 28). Die Begründung des SG, die Klägerin habe nicht als nachrangige, sondern als unzuständige Leistungsträgerin geleistet und als solche keinen Anspruch auf Erstattung der von ihr erbrachten Leistungen betrifft eine Bewertung des Sachverhaltes im Einzelfall und kann schon deshalb keine grundsätzliche Bedeutung aufweisen. Die Klägerin macht hingegen geltend, sie sei nicht unzuständiger Leistungsträger gewesen, sondern erst im Nachhinein habe sich herausgestellt, dass die Folgen des Arbeitsunfalls eine Rehabilitationsmaßnahme in der Zuständigkeit der Klägerin nicht gerechtfertigt hätten. Das BSG hat mit Urteil vom 26. Juni 2007, B 1 KR 34/06 R (zitiert nach juris) bereits entschieden, dass sofern ein erstangegangener Träger in Bejahung seiner Zuständigkeit Rehabilitationsleistungen erbracht hat, dessen Erstattungsansprüche nach §§ 103, 104 SGB X nicht ausgeschlossen sind. Auf diese Rechtsprechung haben sich sowohl das SG Berlin als auch die Klägerin berufen.

Das SG hat ausgeführt, die Klägerin sei verpflichtet gewesen, die Beklagte von dem möglichen Rehabilitationsbedarf des Versicherten in Kenntnis zu setzen. Als erstangegangener Träger sei sie nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet gewesen, den Antrag weiterzuleiten. Das SG hat hierbei übersehen, dass die Klägerin sich zunächst für zuständig hielt und erst nach Einreichung des Gutachtens im November 2007 erkannt hat, dass die für die Maßnahme ursächlichen Gesundheitsschäden des Versicherten nicht Unfallfolge waren, so dass ihr im Nachhinein bewusst wurde, dass sie nicht zuständiger Träger war. Der Sachverhalt stellt sich insofern etwas anders dar, als das SG ihn gewertet hat. Dennoch sind Erstattungsansprüche eines Trägers, der irrtümlich annimmt, er sei zuständig, nicht ausgeschlossen (vgl. BSG, Urteil vom 26. Juni 2007, aaO). Einen dem entgegenstehenden Rechtssatz hat das SG auch nicht aufgestellt.

Die Berufung ist jedoch nicht wegen einer Divergenz im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG zuzulassen. Eine solche liegt nur vor, wenn das SG eine Rechtsauffassung zu Grunde gelegt hat, die von einem durch ein übergeordnetes Gericht in seiner Entscheidung aufgestellten tragenden abstrakten Rechtssatz abweicht und die Entscheidung des SG auf dieser Abweichung beruht, das heißt die Entscheidung des SG anders ausgefallen wäre, wenn die obergerichtliche Rechtsprechung beachtet worden wäre (vgl. Leitherer, aaO, § 144 Rn. 30, § 160 Rn. 13). Eine solche Abweichung ist nicht festzustellen, denn in dem Urteil des SG wird auf die Entscheidung des BSG vom 26. Juli 2007 (- B 1 KR 34/06 R-) hingewiesen und der Sachverhalt wurde unter diese Entscheidung subsumiert. Die von der Klägerin gesehene Fehlerhaftigkeit dieser Subsumtion begründet keine Abweichung im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28. Dezember 2010, L 19 AS 2029/10 NZB). Soweit die Klägerin die inhaltliche Richtigkeit des angefochtenen Urteils angreift, können derartige Einwendungen mit einer Verfahrensrüge im Sinne von § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG nicht zur Entscheidung des Beschwerdegerichts gestellt werden. Eine etwaige inhaltliche Unrichtigkeit stellt auch keinen gesetzlichen Zulassungsgrund dar, der im Rahmen einer NZB zu prüfen wäre. Ein Verfahrensfehler im Sinne von § 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGG ist weder gerügt worden noch ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Gehören in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen, werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben. Die §§ 184 bis 195 SGG finden keine Anwendung, die §§ 154 bis 162 VwGO sind entsprechend anzuwenden. Kläger und Beklagte gehören nicht dem in § 183 SGG genannten Personenkreis an. Gemäß § 197 a SGG iVm § 154 Abs. 2 VwGO hat die Klägerin auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 52 Abs. 1 und 3, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das BSG angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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